Lassiter 2487 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2487 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Knochenbrecher. So wurde Doc Willard in der Stadt genannt. Dabei hatte er schon mehr Menschen zusammengeflickt, als er zählen konnte. Nur sich selber konnte er nicht helfen. Diesmal nicht.
Halb blind vor Schmerz taumelte er die Churchstreet hinunter. Seine versengte Kleidung dünstete den Gestank von Rauch und Tod aus. Tränen stürzten ihm aus dem verbliebenen Auge. Und sein von Qual umnebelter Verstand kreiste um ein einziges Ziel: die Menschen in Drake Crossing zu warnen. Die Siedler ahnten noch nichts von dem Verhängnis, das ihm auf den Fersen war ...

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Seitenzahl: 132

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Ein heißer Job in Calico

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Sanjulian/Bassols

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9304-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ein heißer Job in Calico

Knochenbrecher. So wurde Doc Willard in der Stadt genannt. Dabei hatte er schon mehr Menschen zusammengeflickt, als er zählen konnte. Nur sich selber konnte er nicht helfen. Diesmal nicht.

Halb blind vor Schmerz taumelte er die Churchstreet hinunter. Seine versengte Kleidung dünstete den Gestank von Rauch und Tod aus. Tränen stürzten ihm aus dem verbliebenen Auge. Und sein von Qual umnebelter Verstand kreiste um ein einziges Ziel: die Menschen in Drake Crossing zu warnen. Die Siedler ahnten noch nichts von dem Verhängnis, das ihm auf den Fersen war …

»Hölle und Verdammnis erwarten jeden, der Blut vergießt.« Reverend James Sullivan beugte sich auf seiner Kanzel vor und machte eine bedeutungsvolle Pause, ehe er fortfuhr: »Wer aber ein Leben im Frieden führt, der wird auch Frieden haben.«

Seine Stimme hallte von den Kirchenwänden wieder und fand ihr Echo in gedämpftem Gemurmel. Die Siedler schienen nicht überzeugt zu sein. Er zerbiss einen Fluch auf den Lippen – und sandte sogleich einen entschuldigenden Blick zur Decke.

An seiner Predigt über Vergebung hatte er mehrere Abende lang gesessen. Die Zeilen waren ihm nicht leicht aus der Feder geflossen. Eine verräterische Stimme in seinem Hinterkopf hatte ihn geradezu ausgelacht. Es war jedoch seine tiefste Überzeugung, auf dem richtigen Weg zu sein.

So ließ er nun seinen Blick über die Reihen seiner Gemeinde schweifen und hob bedeutungsvoll eine Hand. »Wer zum Schwert greift, der kommt durch das Schwert um, heißt es. Darum vergesst nicht: Gewalt ist keine Lösung …«

»Sagen Sie das mal meiner Frau, wenn ich spätabends aus dem Saloon nach Hause komme, Reverend«, tönte es aus der hinteren Reihe.

Gelächter brandete durch die Kirche.

James Sullivan warf dem Farmer einen strengen Blick zu.

»Über deine Verfehlungen, Jedediah Oxley, werden wir morgen im Beichtstuhl sprechen.«

»Geht klar, Reverend.« Der Farmer grinste. »Das könnte länger dauern. Vielleicht sollte ich uns Whiskey mitbringen.«

Seine Bemerkung brachte ihm einen Stoß in die Seite ein. Seine Ehefrau warf ihm einen Blick zu, der einen dampfenden Bohneneintopf in Sekundenschnelle hätte gefrieren lassen.

Seine Mundwinkel zuckten.

O Herr, gib mir Geduld! James Sullivan schlang die Hände um seine Bibel und überlegte, wie er fortfahren sollte.

In seiner Kirche drängten sich vierundzwanzig Siedler in den engen Reihen. Die Luft roch nach Staub, Schweiß und Kerzenwachs. Ganz vorn saß seine Frau und hielt ihre jüngste Tochter auf dem Schoß. Betty sandte ihm ein Lächeln, welches sein Inneres sogleich in Butter verwandelte. Harry und George saßen neben ihrer Mutter, mit blitzblanken Wangen nach dem samstäglichen Bad. Ja, er war ein glücklicher Mann. Nach all den dunklen Jahren hatte Betty das Licht in sein Leben gebracht, und er war entschlossen, es für immer festzuhalten.

Das Leben hatte seinen Körper mit Narben gezeichnet, als hätte das Schicksal selbst einen stählernen Griffel geführt. Tiefer noch reichten die Narben auf seiner Seele.

Aufgewachsen war er in einem Waisenhaus im Osten, in dem es mehr Schläge als Essen gegeben hatte. Mit zwölf Jahren war er ausgerissen und hatte sich in den Westen durchgeschlagen. Das Leben dort war jedoch ein anderes, als er es sich erhofft hatte. Es gab keinen schnellen Reichtum. Jedenfalls nicht für ihn. Er hatte auf der Straße gelebt.

Gestohlen, um nicht zu verhungern.

Gemordet, um nicht umgebracht zu werden.

Bis er Betty begegnet war.

Für sie wollte er der Mann sein, den sie brauchte. Er hatte seine Waffen abgelegt und sich geschworen, keinen Tropfen Blut mehr zu vergießen. Seit sieben Jahren führten sie ein beschauliches Leben in Drakes Crossing. Das fruchtbare Flusstal bot ihnen Wasser im Überfluss. Das Klima war mild und die Erde fruchtbar. Einen Wermutstropfen gab es jedoch …

Plötzlich flog die Kirchentür auf und schlug krachend gegen die Wand. Ein hagerer Mann wankte durch die Öffnung herein.

»Sie sind hier!«, gellte er.

Dann knickten seine Beine unter ihm ein.

Das Entsetzen fuhr James Sullivan in alle Glieder.

»Doc Willard?« Die Siedler sprangen von ihren Plätzen auf.

Ja, es war der Arzt, aber er war nicht zu erkennen: Sein bärtiges Gesicht war von Brandwunden übersät. Seine Züge zerflossen wie heißes Kerzenwachs. Sein linkes Auge … verloren! Seine Kleidung war rußgeschwärzt, Teile davon schienen gar mit seiner Haut verschmolzen zu sein. Und seine Lunge rasselte wie ein zerfetzter Blasebalg.

Dass er noch lebte, grenzte an ein Wunder!

»Bringt Wasser! Schnell!« James Sullivan kniete sich neben den Verletzten.

Der krallte eine von Brandblasen übersäte Hand in seinen Kragen.

»Sie müssen … die Siedler … wegschaffen, Reverend«, röchelte er. »Sie kommen!«

Ein heiseres Stöhnen noch. Dann Stille.

Der Kopf des Arztes sackte zur Seite.

Sein Blick ging in die Ewigkeit.

Erschüttert schloss James Sullivan das verbliebene Auge des Toten und faltete seine Hände. Stumm empfahl er die Seele des Verblichenen seinem Schöpfer.

Jedediah Oxley trat neben ihn und knetete seine Mütze in den Händen.

»Ist er …«

»Ja. Er ist tot.«

»Scheiße, Reverend. Doc Willard war ein guter Mann. Hat nie an sich gedacht. Einmal ist er sogar in einem Blizzard zu uns rausgekommen, als ich mir beim Holzmachen fast das Bein abgehackt hatte. Das hier … das ist nicht fair!«

»Du hast recht. Das ist es nicht.«

»Wissen Sie, was er mit seinen letzten Worten gemeint hat? Sie kommen? Wer soll das sein?«

Der Reverend nickte, aber er brachte die Worte kaum heraus. Sie klemmten wie ein kalter Klumpen in seinem Hals.

»Ich vermute, er hat von den Handlangern von Mister Robineaux gesprochen. Sie sind auf dem Weg hierher.«

Einige Siedler schnappten nach Luft.

Andere fluchten verhalten.

Sie alles wussten, was das bedeutete.

James Sullivan wandte sich an den Farmer. »Hol Marshal Grimsley, Jed.«

»Der Marshal liegt krank im Bett, Reverend.«

»Darauf können wir jetzt keine Rücksicht nehmen. Sag ihm, er wird gebraucht.«

»Werde sehen, was ich tun kann.« Der Farmer stülpte seine Mütze auf den Kopf, wandte sich um und stapfte los.

James Sullivan starrte auf den Toten nieder.

Das Gesicht des Arztes … wie weggeschmolzen!

Raunen erfüllte die Kirche und schwoll an wie die Wasser des Drake Creek im Frühling. Die Siedler sprachen durcheinander.

»Wir müssen uns wehren … haben wir mit eigenen Händen aufgebaut … das lassen wir uns nicht wegnehmen!«

»Hört mir zu!« James Sullivan richtete sich auf. Mit seinen eins neunzig überragte er die meisten Siedler. Dazu war seine Stimme laut genug, um in den hintersten Winkel des Gotteshauses zu dringen. »Wir wissen nicht, was passiert ist …«

»Aber sicher wissen wir das«, unterbrach ihn Arthur Bloom. »Dahinter steckt dieser Schurke Robineaux. Er will uns mürbemachen, bis wir von hier verschwinden.«

»Ganz richtig!«, kam es von hinten. »So ist es.«

»Mister Robineaux will seine Eisenbahn über unser Land bauen, um den Umweg durch die Berge zu sparen. Zuerst wollte er uns unsere Farmen mit Geld abluchsen, jetzt schickt er seine Männer. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern. Das hier ist unser Zuhause. Wir werden dafür kämpfen!«

»Kämpfen? Wir sind Siedler, Arthur«, gab der Reverend zu bedenken, »keine Krieger.«

»Wenn es sein muss, dann sind wir eben beides!«

»Wenn wir alle standhaft bleiben und unser Land nicht verkaufen, müssen die Schienen woanders verlegt werden. Dann braucht es kein Blutvergießen. Lasst uns ausharren.« James Sullivan fing einen angstvollen Blick von seiner Frau auf. Betty drückte ihre kleine Tochter an sich und schien sich in dieser Angelegenheit keineswegs so sicher zu sein wie er.

Diese verdammte Eisenbahngesellschaft!

Genauer gesagt, die Twin Peaks Railroad Company.

Einer ihrer Investoren, Charles Robineaux, versuchte seit Wochen, ihnen ihren Grund und Boden abzuschwatzen. Eine Familie war spurlos verschwunden, hatte Haus und Vieh zurückgelassen. Niemand wusste, was aus ihnen geworden war. Daraufhin hatte andere Siedler aufgegeben und ihr Land an die Eisenbahn verkauft. Der größte Teil jedoch war geblieben. Das hier war ihre Stadt. Ihr Zuhause.

»Jemand sollte diesem Mistkerl Robineaux das Licht auspusten!«, rief Arthur Bloom und erntete zustimmendes Gemurmel.

»Wir sind keine Mörder«, beschwichtigte der Reverend. »Lasst uns versuchen, uns friedlich mit ihm zu einigen.«

»Friedlich? Schauen Sie sich unseren Doc an! Sieht so etwa der Frieden dieser Mistkerle aus? Ich sage Ihnen: Das Jüngste Gericht wird uns wie ein Kaffeekränzchen vorkommen, wenn diese Halunken in unsere Stadt einmarschieren!«

James Sullivan presste seine Kiefer so fest aufeinander, dass es in seinen Ohren knirschte. Unwillkürlich zuckte seine rechte Hand zu seiner Hüfte, griff jedoch ins Leere.

Ruhig Blut, ermahnte er sich selbst. Gewalt ist keine Lösung. Das ist sie nie … Oder?

Die Siedler verfielen in eine lebhafte Debatte.

»Wir müssen uns wehren!«

»Dieser Verbrecher wird nicht nachgeben, bis wir alle tot oder verschwunden sind!«

Plötzlich drang durch die offene Tür das Schlagen von Pferdehufen herein.

Der Reverend strebte zum Portal und trat hinaus in den warmen Sonnenschein. Im nächsten Augenblick fuhr er zurück, als hätte er einen Skorpion auf seiner Stiefelspitze entdeckt. Es war jedoch kein Spinnentier, das sämtliche Alarmglocken in seinem Schädel läuten ließ. Nein. Es war die Staubwolke, die im Osten der Stadt aufgewirbelt wurde.

Dort näherte sich ein Reitertrupp!

Ein Dutzend Männer mussten es sein. Vielleicht mehr.

James Sullivan fuhr herum und eilte zu seiner Frau.

»Betty? Nimm die Kinder und verlass die Kirche durch den Hinterausgang. Geht nach Hause und schließt euch dort ein. Hörst du? Und lauft, so schnell ihr könnt.«

»Aber warum denn? James? Was ist los?«

»Keine Zeit für Erklärungen. Nimm die übrigen Frauen mit. Beeilt euch! Ihr müsst hier weg!«

Ihre Augen weiteten sich.

»So schlimm ist es?«, wisperte sie.

»Ich weiß es nicht. Wäre möglich.«

»Sind sie es also?«

»Ich fürchte, ja.«

»O James, bitte sei vorsichtig.«

»Das verspreche ich dir. Ich komme nach, sobald ich kann. Und jetzt verschwindet von hier. Rasch!«

Er wartete, bis Betty mit den übrigen Frauen und den Kindern gegangen war. Dann trat er wieder vor die Kirche. Die übrigen Siedler gesellten sich zu ihm. Niemand von ihnen sagte ein Wort, aber die Anspannung unter ihnen war beinahe greifbar.

In eine Staubwolke gehüllt, näherten sich die Reiter.

James Sullivan ballte die Hände zu Fäusten.

Er spürte, dass eine Entscheidung nahte.

Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung auf dem nahen Hügel wahr. Dort oben stieg Rauch auf.

Über dem Haus von Doc Willard!

War es ein Fehler, noch immer auf eine friedliche Einigung zu hoffen? Falls ja, so war es nun zu spät, um damit zu hadern.

Die Reiter nahmen ihre Pferde vor der Kirche auf. Ihr Wortführer war ein drahtiger Mann im grauen Staubmantel. Schwarze Augen dominierten sein kantiges Gesicht. Unter seinem Hut quollen dichte dunkle Haare hervor. Sein Gewehr steckte noch im Sattelschuh, und seine Hände ruhten entspannt auf dem Knauf des Sattels. Seine ganze Körperhaltung drückte aus: Seht her, wie friedlich ich bin.

Sein stechender Blick verriet jedoch etwas ganz anderes.

»Ich bin Nate Hunt«, stellte er sich vor, »und ich arbeite für die Twin Peaks Eisenbahngesellschaft. Ich bin befugt, jedem Siedler fünfhundert Dollar zu bezahlen, der bis zum Ende des Monats seine Sachen packt und die Stadt verlässt.«

Gemurmel wallte unter den Siedlern auf.

James Sullivan machte einen Schritt nach vorn.

»Wir werden nicht weggehen. Richten Sie das Ihrem Boss von uns aus. Er muss einen anderen Weg für die Schienen finden.«

»Wollen Sie das nicht erst mit den Siedlern besprechen, Reverend? Vielleicht sehen sie diese Dinge etwas anders?«

»Sicher nicht. Es wurde schon vor Wochen alles besprochen. Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir bleiben hier.«

»Glauben Sie mir, Reverend«, gab der Besucher gedehnt zurück, »das ist ein großer Fehler.«

»Was ist denn hier los?« Marshal Grimsley schob sich an den Reitern vorbei und schaute zwischen dem Trupp und den Siedlern hin und her. Sein Gesicht war so grau wie der Himmel im November. Ein säuerlicher Geruch ging von ihm aus.

»Doc Willard ist tot, Marshal.« James Sullivan deutete hinter sich zur Kirche. »Auf eine elende Art und Weise gestorben.«

Marshal Grimsley murmelte etwas, das nicht zu verstehen war. Dann wandte er sich an den Wortführer des Trupps.

»Und was tun Sie hier?«

Der Angesprochene richtete sich im Sattel auf und musterte ihn sekundenlang. Ohne ein Wort zu sagen, zog er seinen 45er Colt aus dem Gurt, bog den Hammer zurück und richtete den Lauf auf den Marshal. Und bevor jemand etwas tun oder sagen konnte, feuerte er!

Das Bleistück raste aus dem Lauf und schlug in den Bauch des Marshals ein. Der Getroffene wurde nach hinten gerissen, stürzte in den Staub und presste stöhnend die Hände auf seinen Leib. Blut quoll zwischen seinen Fingern hindurch.

Die Siedler schrien und spritzten auseinander. Sie versuchten zu fliehen, aber nun zeigte es sich, dass der Trupp bestens vorbereitet war. Wie auf ein stummes Kommando hin zogen die Reiter ihre Waffen und schossen aus allen Rohren!

Ihre Revolver spuckten Feuer und Blei.

Die Gewehre jagten Ladung um Ladung auf die Männer.

Mehrere Siedler fielen im Kugelhagel.

James Sullivan hatte gleich nach dem ersten Schuss geistesgegenwärtig den Siedler am Kragen gepackt, der ihm am nächsten stand. Es war Jed Oxley. Mit ihm warf er sich zur Seite und duckte sich hinter zwei Wasserfässern ab. Kugeln rasten über sie hinweg, zackten in das Holz und durchsiebten die Fässer. Wasser spritzte.

Und das Krachen riss nicht ab!

»Diese elenden Mistkerle!« Der Farmer richtete sich auf, spähte über die Fässer.

»Bleib unten!«, zischte James Sullivan und packte seinen Arm.

Zu spät!

Eine Kugel zackte dem Farmer geradewegs zwischen die Augen. Er sackte in den Staub und starrte blicklos in den blauen Arizonahimmel.

»Jed! Nein!« Der Reverend beugte sich über ihn, aber dem Farmer konnte er nicht mehr helfen.

In seinem Schädel jagten die Gedanken wild umher.

Diese Kerle haben uns ihre Gesichter gezeigt. Sie haben also gewiss nicht vor, einen von uns am Leben zu lassen. Wir müssen uns verteidigen, sonst erleben wir den Abend nicht mehr. Aber wie? Und womit? Keiner der Siedler trägt eine Waffe. Sie haben nicht einmal eine Klinge bei sich. Wie aber sollen wir mit bloßen Händen gegen diese Kerle bestehen, die bis an die Zähne bewaffnet sind? Wie … Oh! Am liebsten hätte er sich die Fäuste auf die Ohren gepresst, um die entsetzlichen Schreie nicht mehr hören zu müssen.

Der Gestank von Pulver und Blut breitete sich aus.

Und mit einem Mal schien sich sein Blut in Eis zu verwandeln.

Das hier, das ist meine Schuld. Ich habe den Siedlern gepredigt, auf jegliche Art von Gewalt zu verzichten. Und nun werden sie abgeschlachtet wie Vieh. Mein Gott, was habe ich getan? Was habe ich nur getan?

Er fuhr in die Höhe, nicht länger auf sein eigenes Leben achtend. Vor ihm breitete sich Bild des Elends aus. Der Vorplatz der Kirche war mit Leichen übersät. Reiter preschten den fliehenden Siedlern hinterher und ließen niemanden entkommen. Ihre Schüsse rissen nicht ab.

Hinter einer Viehtränke lugte ein Kind hervor. Ein Junge von noch nicht ganz zehn Jahren. Der Sohn von Jed Oxley!

»Bleib, wo du bist, Toby!«, warnte James Sullivan. Er schnellte aus seiner Deckung und stürmte über die Churchstreet. Kugeln zischten an ihm vorbei, verfehlten ihn jedoch. Rasch hechtete er hinter die Tränke und zog den Jungen mit sich zu Boden.

Toby blickte aus verweinten Augen zu ihm hoch.

»W-was ist mit meinem Dad, Reverend?«

James Sullivan antwortete nicht. Stattdessen hob er den Jungen auf den Arm und blickte sich um.

Wo würde Toby in Sicherheit sein? Wo?

Inzwischen breitete sich Rauch über der ganzen Stadt aus. Wie unheimliche Totenfinger kroch er durch die Straßen. Und die Schwaden wurden dichter! Ein beißender Geruch stieg dem Reverend in die Nase. Hinter den Häusern der Churchstreet flackerte es orangefarben. Feuer! Die Stadt brannte!

Diese Kerle sind nicht hergekommen, um mit uns zu reden. Das war nur eine Ablenkung. Während ein Trupp zu uns gekommen ist, haben ihre Kumpane in der Stadt Feuer gelegt! Sie werden unsere Siedlung dem Erdboden gleichmachen!