Lassiter 2500 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2500 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Der Jubiläumsband!

"Nein! Lassiter, bleib bei mir!" Amber Steele vergrub ihre Hände in Lassiters Hemd und schüttelte ihn, doch der Agent der Brigade Sieben rührte sich nicht mehr. Während ihr der peitschende Regen über die Brüstung der Freiheitsstatue hinweg ins Gesicht schlug, legte sie das Ohr auf seine Brust und hoffte auf ein Wunder.
Doch Lassiters Herz hatte aufgehört zu schlagen, und als Amber in sein bleiches Gesicht sah, wirkten die Züge des Agenten so reglos und wächsern wie eine Totenmaske. Sie riss die Fäuste zum dunklen Himmel hinauf und schrie aus Leibeskräften ihre Verzweiflung hinaus.
Lassiter hatte alles gegeben, um Tausende zu retten. Buchstäblich.

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EPUB
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Seitenzahl: 148

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Anschlag

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Rozbyshaka / shutterstock; Alvara / Norma

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9693-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Lassiter-Jubiläums-Band 2500

Der Anschlag

»Nein! Lassiter, bleib bei mir!« Amber Steele vergrub ihre Hände in Lassiters Hemd und schüttelte ihn, doch der Agent der Brigade Sieben rührte sich nicht mehr. Während ihr der peitschende Regen über die Brüstung der Freiheitsstatue hinweg ins Gesicht schlug, legte sie das Ohr auf seine Brust und hoffte auf ein Wunder.

Doch Lassiters Herz hatte aufgehört zu schlagen, und als Amber in sein bleiches Gesicht sah, wirkten die Züge des Agenten so reglos und wächsern wie eine Totenmaske. Sie riss die Fäuste zum dunklen Himmel hinauf und schrie aus Leibeskräften ihre Verzweiflung hinaus.

Lassiter hatte alles gegeben, um Tausende zu retten. Buchstäblich.

Jupiter Springs, West Virginia, vor zehn Tagen

»Sie dreckiger Hurensohn!«

Während Lassiter den Remington ins Holster schob, löste sich eine ältere Frau aus der Menge der Zuschauer auf dem Sidewalk und stolperte auf die Mainstreet, bevor sie sich wimmernd auf den reglos am Boden Liegenden warf.

Einer der Deputies folgte ihr und wollte der Frau unter die Arme greifen, doch als er Lassiters Kopfschütteln bemerkte, verharrte er in der Bewegung und blieb neben ihr stehen.

Die Frau strich dem Toten weinend durch das Haar, bevor sie den Kopf hob und rief: »Warum holt denn niemand den Doc? Verdammt, tut doch etwas! Mein Junge lebt noch, ich weiß es genau!«

Lassiter glaubte, dass das Gegenteil der Fall war. Er hatte Jimmy Lockridges linke Brust getroffen – wenn nicht mitten ins Herz, dann dicht daneben.

Wer so etwas überlebte, würde wohl Jesus statt Jimmy heißen und hätte nicht versucht, ihn mit einer Parker Gun ins Jenseits zu befördern.

Als er sich abwenden wollte, bemerkte er plötzlich, wie die Stiefel des jungen Outlaws zu zittern begannen, und hob ungläubig die Augenbrauen.

»Da seht ihr's!«, kreischte die verzweifelte Mutter. »In Gottes Namen, wo bleibt der Arzt?«

Ein kleiner Mann mit Bowlerhut, einer Ledertasche in der rechten Hand und einem dünnen Schnauzbart, der wie ein Fadenvorhang über dem fliehenden Kinn hing, sprang auf die Straße und kniete vor der Frau und dem jungen Banditen nieder. Er schob Marjorie Lockridge sanft, aber bestimmt zurück und beugte sich hinunter.

Das Zucken der Füße setzte aus, und Lassiter glaubte zu erkennen, wie Jimmys Körper erschlaffte.

Der Doc tat sein Bestes, und es vergingen zwei Minuten, bevor er den Kopf schüttelte und die Mutter mit einem bedauernden Blick bedachte. »Es tut mir leid, Ma'am...«

Sheriff Foster trat neben Lassiter und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ihnen blieb keine Wahl, Lassiter. Der Bursche ist auf Sie losgegangen wie ein tollwütiger Hund.«

Der Brigadeagent nickte mit regloser Miene und machte kehrt. Foster folgte ihm.

»Dafür fährst du zur Hölle, du Schwein!«, hörten beide Mrs. Lockridges hasserfüllte Stimme hinter sich, und der Sternträger verzog die Lippen, während er Lassiter von der Seite musterte. »Ich verfluche dich und den Tag, an dem du geboren wurdest!«

»Für sie sind ihre Jungs wohl nur harmlose Schlitzohren«, knurrte der Sheriff. »Mütter haben eben eine eigene Sicht der Dinge, wenn es um die Früchte ihres Leibes geht.«

»Sie hat alle ihre vier Söhne verloren, Foster«, erwiderte Lassiter. »Innerhalb von drei Tagen. Ich bin der letzte, der ihr einen Vorwurf machen will.«

Unwillkürlich blickten sie zu den drei Särgen hinüber, die vor dem Laden des Undertakers eine makabre Ausstellung boten.

Chet, Gunter, Harry. Jimmys Brüder, die Jupiter Springs über Monate terrorisieren konnten, bevor Foster, seine Deputies und Lassiter sie in der vorletzten Nacht endlich zur Strecke gebracht hatten.

»Sorgen Sie dafür, dass die Toten unter die Erde gebracht werden«, sagte Lassiter. »Es ist widerlich, Sie derart zur Schau zu stellen, Foster. Gut möglich, dass das Jimmy erst dazu gebracht hat, auf mich loszugehen.«

Der Sheriff zuckte die Achseln. »War nicht meine Idee. Und Sie sind erst seit ein paar Tagen in der Stadt, Lassiter. Wenn Sie wüssten, was die Lockridges hier alles veranstaltet haben...«

»Sie sind tot, verdammt!«, zischte Lassiter. »Und wir leben nicht mehr im Mittelalter.«

»Sicher, schon gut.« Foster hob beschwichtigend die Arme. »Nur... bei solchen Bestien wie Chet und Harry...« Er zögerte einen Moment, bevor er fortfuhr: »Da wollen sich die Leute einfach sicher sein, verstehen Sie? Dass diese Bastarde nicht plötzlich wieder die Augen öffnen und die Hände um die Kehle eines ihrer Kinder schließen.«

Lassiter dachte an die letzten Zuckungen des jungen Jimmy und legte die Stirn in Falten, enthielt sich aber einer Antwort.

Als sie durch die Schwingtür in den Saloon traten, wandten sich ihnen sämtliche Gesichter zu, und nach ein paar Sekunden des Schweigens begannen die Anwesenden zu applaudieren.

Foster grinste breit und nickte den Leuten zu, während Lassiter am Tresen Platz nahm und dem Bartender mit einer stummen Geste anzeigte, dass er einen doppelten Whiskey haben wollte.

Der Agent war froh, dass die Gäste im Saloon wenigstens auf ein Schulterklopfen verzichteten und stattdessen respektvoll Abstand hielten, während raunende Gespräche einsetzten.

Foster stellte sich neben ihn und wartete, bis der Bartender ihnen die Gläser zuschob.

»Die Stadt wurde von einer Plage befreit, Lassiter«, brummte er, seinen Drink in der Hand. »Ohne Sie hätten wir das nicht geschafft.«

Lassiter nickte. Er griff nach dem Whiskey, und sie stießen an.

»Wie wäre es, wenn Sie noch ein paar Tage hier blieben? Ich habe das Gefühl, Jupiter Springs würde sich darüber freuen, sich erkenntlich zu zeigen.«

Lassiter dachte an Loreley, die vermutlich oben bereits auf ihn wartete und schon in der letzten Nacht nahezu alles erfüllt hatte, was er sich an Erkenntlichkeiten vorstellen konnte in diesem Kaff.

Er grinste schief und schüttelte leicht den Kopf. »Danke, Foster. Aber ich fürchte, ich muss morgen wieder aufbrechen.«

Das war zwar vorgeschützt, erwies sich aber schon bald als Tatsache.

Als es an der Zimmertür klopfte und sie die Stimme ihres Vaters vernahm, ging Loreleys lustvoller Seufzer in einen erstickten Laut des Entsetzens über.

»Lassiter?«, erklang es von draußen. »Entschuldigen Sie, aber ich habe hier eine Depesche für Sie. Darf ich eintreten? Es scheint dringend zu sein.«

Die Augen der Sheriffstochter schienen aus den Höhlen treten zu wollen, während sie den Kopf schüttelte und Lassiter flehend anstarrte.

»Ähm, Sheriff, ich... Wäre es möglich, unten auf mich zu warten? Ich komme in ein paar Minuten.«

Sekunden verstrichen, in denen Lassiter seine Hände über den nackten Körper der jungen Frau gleiten ließ, die ihn dabei unter halb geschlossenen Lidern anschaute, als wären seine Liebkosungen eine besonders perfide Form der Folter.

Sie atmete gepresst ein und aus. Er sah ihr an, dass sie es ernst meinte, und ließ die Hände sinken.

Endlich kam die Antwort von der anderen Seite der Tür: »In Ordnung. Ich bin unten im Schankraum.«

Als die schweren Schritte auf dem Korridor allmählich leiser wurden, ließ sich Loreley erleichtert auf seine Brust fallen und kicherte erstickt an seinem Hals. »Himmel, wenn Dad uns so erwischt hätte...«

Lassiters Hände legten sich auf Loreleys nackten Rücken und wanderten kurz darauf tiefer, bis sie ihre festen Pobacken umschlossen.

Sie stöhnte auf, als er sie an sich zog und sein hartes Geschlecht dabei tiefer in ihren Schoß drang.

»Wir haben noch ein paar Minuten, Honey«, murmelte er mit rauer Stimme.

»Meinst du das ernst?«, fragte sie überrascht, doch er spürte, wie die Lust ihren Körper bereits wieder erbeben ließ.

Statt einer Antwort küsste er ihren Hals. Sie stöhnte leise auf und vergrub ihre Hände in seinem Haar, während sie leicht ihr Becken kreisen ließ. »Ja... aah. Jaaa...«

Lassiter musste kaum etwas dazu beitragen, dass Loreley sich zum Höhepunkt brachte. Sie übernahm das Ruder und ging dabei so geschickt vor, dass der Agent sich lediglich darauf konzentrieren musste, nicht den Verstand zu verlieren.

Es dauerte länger als ein paar Minuten, und als sie endlich gemeinsam über den Gipfel getragen wurden, brachte ein neuerliches Klopfen an der Zimmertür ihre Erregung schlagartig zum Erliegen.

»Mr. Lassiter? Der Sheriff fragt nach Ihnen!«

Die Stimme klang ein wenig ungehalten, und Lassiter warf Loreley einen entschuldigenden Blick zu, bevor er die Beine aus dem Bett schwang und nach seinen Hosen langte.

»Okay, ich bin gleich da.«

Er schlüpfte in die Stiefel, streifte sich sein Hemd über und band den Revolvergurt mit dem Remington um seine Hüften.

»Sorry, aber ich muss jetzt wirklich mit deinem Vater reden.«

Loreley zog die dünne Decke über ihr Dekolleté und sah ihm zu, wie er seine Denimjacke anzog.

»Klar. Falls du um meine Hand anhalten willst, dürftest du bei Dad derzeit auf offene Ohren stoßen.«

Als er sich umwandte und sie kaum verhohlenes Entsetzen in seinem Blick bemerkte, fiel es Loreley schwer, nicht loszuprusten.

Lassiter benötigte ein paar Augenblicke, bevor er den Schalk in ihrer Miene erkannte und seinerseits ein Grinsen aufsetzte.

»Es war schön mit dir«, murmelte er und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.

Sie zwinkerte. »Ich weiß... aber du warst auch nicht so übel.«

Lassiter musterte sie stirnrunzelnd.

»Nicht übel?«

Loreley zuckte die Achseln und ließ dabei wie zufällig die Bettdecke herabsinken. Ihre vollen Brüste schienen Lassiter herauszufordern.

Der presste die Lippen zusammen. »Verstehe, Loreley... reizender Versuch, aber ich muss trotzdem gehen – so leid es mir tut. Alles Gute!«

Ein leises Seufzen war zu vernehmen, bevor er in den Korridor trat und die Tür hinter sich schloss.

Als er die Stufen hinunter in den Schankraum hinter sich brachte, blickte er dabei bereits in die ungeduldige Miene des einzigen Gastes am Tresen.

»Sorry, Sheriff«, entschuldigte sich Lassiter und nahm neben dem Sternträger Platz. »Um der Wahrheit die Ehre zu geben... ich dachte, ich könnte mal ein paar Stunden zur Ruhe kommen.«

Foster starrte ihn eine Weile an; lange genug, um Lassiter mutmaßen zu lassen, dass der Sheriff ahnte, warum er sich verspätet hatte.

Deshalb öffnete der Lassiter die Lippen zu einer entschuldigenden Erklärung – und schloss sie wieder, als Foster ihm einen Umschlag entgegenhielt.

»Was ist das?«

»Keine Ahnung«, brummte Foster. »Vertraulich? Nur für Sie bestimmt?«

Ein kurzer Blick auf den Umschlag bewog Lassiter zu einem kurzen Nicken, denn genau das stand auf dem Kuvert.

»Okay...«

Er riss den Umschlag auf und überflog den Brief, der sich darin verbarg. Dabei wanderten seine Augenbrauen mit jeder Zeile ein Stück höher.

»Schlechte Nachrichten?«, fragte der Sternträger, bevor er einen langen Schluck aus seinem Kaffeebecher nahm.

Lassiter ließ die Depesche sinken und zuckte die Achseln.

»Eher lästige. Man verlangt in New York nach mir.«

Foster hob fragend die Augenbrauen. »Sie müssen sofort aufbrechen, stimmt's?«

»Sieht ganz danach aus.«

»Der nächste Zug nach Norden trifft in einer halben Stunde ein.« Foster grinste humorlos, bevor er sich über die Bartstoppeln strich. »Also sollten Sie sich wohl beeilen.«

Lassiter nickte, bevor die Männer sich die Hände schüttelten und der Agent der Brigade Sieben den Schankraum verließ, um die Mainstreet zu überqueren und die Stufen zur Bahnstation hinaufzusteigen.

»Bon Voyage«, murmelte Sheriff Foster und griff nach seinem Kaffee.

Washington, D.C., sechs Tage vor dem Anschlag

Schwere Schwaden würzigen Zigarrenrauchs lagen in der Luft des Salons, und die Männer, die um den runden Tisch aus blankpoliertem Mahagoni gruppiert waren, schwiegen bedächtig, während sie die edlen Cohibas genossen, die ihnen der Herr des Hauses aus dem Humidor angeboten hatte.

Es war ein Ritual, das jedem ihrer Zusammenkünfte vorausging, und niemand wäre auf die Idee gekommen, seine Stimme zu erheben, bevor die Zigarren geraucht und der kostbare, zwanzig Jahre alte schottische Whiskey aus den Kristallgläsern getrunken waren.

Schließlich war es so weit, und der Gastgeber, ein hochgewachsener Mann mit aristokratischen Zügen, gestutztem Vollbart und graumeliertem Haar, das straff aus der Stirn nach hinten gekämmt war, erhob sich aus seinem Lehnsessel und stützte die Hände auf die Tischplatte. Er ließ seinen Blick kurz über die Anwesenden wandern, bevor er auf dem Gesicht eines untersetzten Mannes in mittleren Jahren verharrte.

»Würdest du uns über den Stand der Dinge in New York unterrichten, Patrick?«

Der Angesprochene nickte und erhob sich. »Selbstverständlich, Reginald.« Er räusperte sich. »Das Schiff mit den Franzosen hat den Hafen von Bordeaux planmäßig verlassen. Mit dem Eintreffen in New York wird daher in drei Tagen gerechnet. Unser Mann ist informiert, die Ampullen befinden sich bereits in Point X – Operation Jericho wird also in Kürze beginnen...«

Sein Nebenmann, ein breitschultriger Hüne mit Walrossbart, der als einziger am Tisch keinen maßgeschneiderten Dreiteiler, sondern lediglich eine Weste und eine Lederjacke über dem weißen Hemd trug, das bis zur Brust offen war, schnaubte ungeduldig. »Ich weiß nicht, ob ich hier der einzige bin, der nicht informiert wurde... aber dürfte ich jetzt erst einmal erfahren, worum es sich bei dieser Operation eigentlich handelt?«

»Natürlich, Jock«, erwiderte der Gastgeber kühl. »Obwohl dieser vorwurfsvolle Unterton unangebracht ist. Schließlich warst du fast ein halbes Jahr in Südamerika und dort nicht zu erreichen. An uns liegt es also keineswegs, wenn du erst jetzt über das Unternehmen in Kenntnis gesetzt werden kannst.«

Der Jock genannte wedelte ungeduldig mit der rechten Hand durch die Luft. »Okay, okay... ich nehme an, es geht um diese gottverdammte Lady Liberty, die uns von den Froschfressern untergejubelt wurde, oder?«

»Das hast du in deiner unnachahmlichen Ausdrucksweise auf den Punkt gebracht«, bestätigte der Grauhaarige indigniert. »Am 28. Oktober wird die Statue mit beispiellosem Brimborium in New York enthüllt werden, obwohl wir wahrlich alles Menschenmögliche unternommen haben, um diesen demütigenden Zirkus zu verhindern.«

»Die Franzmänner werden sich als Segensbringer feiern lassen, als würde ihnen immer noch ein Drittel der USA gehören«, knurrte ein hagerer älterer Herr mit schütterem Haupthaar und ungesunder Gesichtsfarbe, deren gelblicher Ton auf eine Lebererkrankung schließen ließ.

»Sie tun tatsächlich so, als brächten sie uns ein Geschenk, dabei wurde der gesamte Sockel mit amerikanischem Geld finanziert!«, ergänzte sein Nebenmann, der kerzengerade auf seinem Stuhl saß, als ob er in jeder Sekunde damit rechnete, aufspringen und sich zur Wehr setzen zu müssen. Er fuhr sich durch die dunklen Locken, bevor er wie ein Ankläger in einem Gerichtsprozess einen langen Finger in die Luft reckte. »Es ist eine bodenlose Frechheit, diese Geschmacksverirrung in den größten Hafen unseres Landes zu pflanzen! Als müssten uns ausgerechnet die Franzosen erklären, was Freiheit bedeutet!«

Zustimmendes Gemurmel ertönte, und Jock, dessen breiter Akzent ihn als Texaner auswies, breitete die schaufelartigen Hände aus. »In Ordnung, Gentlemen. Wir sind uns schon lange einig darüber, dass die Statue ein Tritt in die Eier jedes aufrechten Patrioten ist. Seit dieses hirnverbrannte Projekt vor fast zehn Jahren aus der Taufe gehoben wurde, um genau zu sein. Aber was habt ihr jetzt ausbaldowert? Wollt ihr das hässliche Ding etwa in die Luft jagen?«

Das Lächeln des Grauhaarigen wirkte nachsichtig, aber auch ein wenig herablassend. »Naheliegend. Aber auch ein wenig grobschlächtig, findest du nicht, Jock? Außerdem bestünde die Gefahr, dass eine solche Zerstörungswut die völlig falsche Reaktion hervorruft. Dieses gefühlsduselige Fieber der Verbrüderung mit den Kolonialisten, das gerade vor allem New York heimsucht, könnte dadurch eher noch ins Delirium gesteigert werden. Nein«, er schüttelte entschieden den Kopf, »wir haben uns etwas anderes einfallen lassen. Etwas, das die Grundfeste der USA zum Wanken bringen und nachhaltig dafür sorgen wird, dass unser Land wieder zur Besinnung kommt.«

»Operation Jericho wird natürlich einige Opfer fordern«, gab der untersetzte Mann namens Patrick zu. »Einige hundert möglicherweise.«

»Wohl eher einige tausend, Patrick«, widersprach der Gastgeber mit schmalem Lächeln. »Es gibt keinen Grund zur Bescheidenheit. Schließlich soll ein Zeichen gesetzt werden, das weit beeindruckender ausfällt als die Fackel in der Faust der französischen Kupferschlampe.«

»Das mag tragisch sein für die Betroffenen, doch sie opfern sich für ein höheres Ziel«, sagte der hagere Alte, wobei seine brüchige Stimme von Ergriffenheit erfüllt war. »Nach Jericho wird man die Franzosen aus dem Land jagen, jeden einzelnen von ihnen!«

»Diese schmierigen Hurensöhne werden froh sein, wenn man ihnen nicht die Kehlen durchschneidet«, ereiferte sich der nervöse Jüngere neben ihm und lächelte zähnefletschend. »Das wird sie lehren, auf Amerikaner herabzuschauen.«

»Ihr scheint euch eurer Sache ja ziemlich gewiss zu sein«, brummte der Texaner und runzelte skeptisch die Stirn. »Aber was immer ihr auch vorhabt – was macht euch so sicher, dass man den Franzosen die Schuld dafür geben wird?«

»Ganz einfach, Jock«, erwiderte der Grauhaarige mit humorlosem Lächeln. »Weil es Franzosen sein werden, die New York ins Chaos stürzen und die Katastrophe auslösen.«

Atlantischer Ozean, 120 Seemeilen vor der Ostküste der USA

An Bord der Marianne, fünf Tage vor dem Anschlag

»Alles in Ordnung, mon cher?«

Marlene Dubois strich ihrem Geliebten sanft über die Schulter, und er warf ihr einen kurzen Blick zu, bevor er nickte.

»Naturellement«, murmelte er und schaute zurück auf die grauen Wellen, die sich bis zum Horizont zogen. Im Westen sank die Sonne in die Fluten des Atlantiks hinab, doch hinter dem von grauen Wolken verhangenen Himmel war sie nur als fahler, schmutzig gelber Fleck zu erkennen.

Sie standen vorn auf der verwaisten Bugterrasse des Unterdecks, das den Passagieren dritter Klasse vorbehalten war. Von oben klang Kammermusik an ihre Ohren, die vom scharfen Wind verblasen wirkte, als käme sie aus einer Geisterwelt.

»Was machen die anderen?«, fragte er, nur, um etwas zu sagen.

Sie zuckte die Achseln und legte die Unterarme auf die Reling, während der Wind ihr das tiefschwarze Haar aus der Stirn blies und es wie einen Schleier aus glänzender Seide hinter dem Kopf flattern ließ.

»Robert liest seinen Proudhon«, erwiderte sie nach einer Weile. »LaRousse und Beatrice spielen immer noch Schach, und sie scheint nach wie vor zu glauben, ihn irgendwann schlagen zu können.« Ihr leises, glockenhelles Lachen verriet, was sie von dieser Überzeugung hielt. »Und Geoffrey kotzt sich mal wieder die Seele aus dem Leib.«

Der Mann neben ihr schmunzelte und strich sich über den Oberlippenbart. »Hast du ihm die Tabletten gegeben?«

»Sicher. Aber sie scheinen nicht zu wirken, Simon.«