Lassiter 2506 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2506 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Sie nannten sie die Stadt der Sünden. Die maroden Häuser standen dichtgedrängt in einem Felsental der Jawbreak Mountains, und jeder, der von Mawville heraufkam, musste an den faulenden Bretterwänden und schlammverschmierten Bürgersteigen vorbei. Er konnte ihnen nicht entgehen, wie auch sonst niemand in Corkberry Hill seinem Schicksal entkam.
Der Whiskey führte das Regiment in der Stadt. Er floss in Strömen hinter der Theke des Bowles und rief jeden Mann von Corkberry beim Namen. Er feixte, sang, tanzte, warf die Röcke und schenkte sich wie von selbst nach, während an den Pokertischen das Hab und Gut schmolz wie der verharschte Schnee am Jawbreak Peak.
Der Whiskey war der Teufel in bernsteinfarbenem Gewand ...

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Seitenzahl: 130

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Pulverdunst über Sin City

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9988-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

PulverdunstüberSin City

Sie nannten sie die Stadt der Sünden. Die maroden Häuser standen dichtgedrängt in einem Felsental der Jawbreak Mountains, und jeder, der von Mawville heraufkam, musste an den faulenden Bretterwänden und schlammverschmierten Bürgersteigen vorbei. Er konnte ihnen nicht entgehen, wie auch sonst niemand in Corkberry Hill seinem Schicksal entkam.

Der Whiskey führte das Regiment in der Stadt. Er floss in Strömen hinter der Theke des Bowles und rief jeden Mann von Corkberry beim Namen. Er feixte, sang, tanzte, warf die Röcke und schenkte sich wie von selbst nach, während an den Pokertischen das Hab und Gut schmolz wie der verharschte Schnee am Jawbreak Peak.

Der Whiskey war der Teufel in bernsteinfarbenem Gewand ...

Vorgestern war Taylor gar nicht nach Hause gekommen.

Er hatte den halben Abend im Bowles gesessen und war danach mit dem Darryl-Jack und dem schwachsinnigen Burt hinunter zum Fluss gelaufen, wo sie weiter gesoffen hatten. Er hatte es Marcy haarklein erzählt, als hätte er sich nicht volllaufen lassen, sondern den Pazifik auf einem Floß überquert.

Fünfzehn Jahre waren sie inzwischen verheiratet.

Die Hochzeit hatte mitten in Corkberry Hill stattgefunden, vor der Townhall, die zu diesem Zweck mit allem geschmückt worden war, was man an den kargen Hängen der Jawbreak Mountains finden konnte. Eine Handvoll Bitterwurzblüten war Marcys Brautstrauß gewesen.

»Geh mir aus der Sonne!«, lallte Taylor und fuchtelte im Schein der Petroleumlampe mit dem rechten Arm herum. Er hatte die Mädchen geweckt, als er über die Schwelle getaumelt war und sich den Schädel am Türbalken gestoßen hatte. Eine Rötung auf seiner Stirn zeugte noch immer von seiner Dummheit. »Wirst mir doch nicht die letzte Freude missgönnen, Weib! Oder? Wirst du nicht, wie, Mibi?«

Marcy nahm ihrem Mann übel, dass er betrunken jene Koseform für sie verwandte, die sie sonst höchstens im Bett benutzten. Er hatte sie Mibi genannt, als sie einander kennengelernt hatten, und aus seinem Mund hatte es sich so verdorben angehört, dass es Marcy trotz des kindlichen Tonfalls gefallen hatte.

»Hörst du nicht?«, wurde Taylor lauter und zog die Brauen zusammen. Von seinem jugendlichen Teint und den blitzenden Augen hatte der Whiskey nicht viel übriggelassen. »Ich will bloß dieses eine Glas... dieses eine Glas, Marcy. Es geht nur um ein Glas.«

Es war das zwanzigste Glas an diesem Abend.

Er hatte den Whiskey an allerlei Orten versteckt, an denen er täglich vorbeikam, und manchmal sah Marcy ihren Mann sogar vor dem Frühstück trinken. Er lehnte oft mit der Schulter am Türstock, verbarg die Flasche vor ihr und lächelte so unschuldig, dass sich ihr Herz zusammenkrampfte. Sie sah Taylor noch in diesem Schatten von einem Mann, der ihr jeden Tag gegenübertrat.

»Geh bald schlafen!«, sagte Marcy sanft und gutmütig, denn jeder andere Ton hätte Taylor nur gegen sie aufgebracht und einen Streit vom Zaun gebrochen. »Ich warte auf dich. Ich warte jede Nacht auf dich.«

Taylor quittierte ihr zärtliches Geständnis mit einem herzhaften Rülpser, den er damit verstärkte, dass er zuvor die Luft anhielt. Er grinste, setzte die Flasche an und trank sie bis auf einen fingerdicken Rest am Boden leer. Der Whiskey trieb ihm die Röte auf die Wangen.

Sie hatten aus Liebe geheiratet.

Die ersten Wochen in Corkberry Hill hatte Taylor noch als Frachtangestellter für die Mountaineer Freight Company gearbeitet, danach hatte er für Smith's Steine geklopft. Er war fleißig und aufmerksam gewesen, hatte Marcy umworben und ihr eines Tages einen Brief zugesteckt. Er hatte sich ungelenk darin ausgedrückt, aber Mary hatte ihm eine Chance gegeben und war mit ihm zum Glowdon Peak hinaufgestiegen.

»Noch einen!«, knurrte Taylor und setzte die Flasche abermals an. Er verfehlte die Lippen, goss sich den Whiskey über die Brust und verfluchte sein Missgeschick. »Hol mich der Teufel, Marcy! Jetzt ist alles aufs Hemd geflossen!«

Die Flasche rutschte ihm aus der Hand, rollte über die Dielen und hinterließ eine schimmernde Whiskeyspur auf dem Holz. Sie schlug klingend gegen den Fuß des Wandschranks.

»Komm bald ins Bett!«, wiederholte Marcy und verließ kopfschüttelnd den Raum. Sie sah nach den Mädchen, die sich in ihre Decken vergraben hatten. Als sie das Licht in der Waschkammer entzündete, hörte sie Taylor in der Küche husten.

Dann war ein dumpfer Aufprall zu hören.

Durch Marcys Adern raste plötzlich ein brennender Schmerz, der umso qualvoller wurde, je stärker sie sich der Küche näherte. Sie wusste von anderen Männern, die in Corkberry Hill umgekommen waren und denen Doc Sallmayr einen schlechten Lebenswandel attestiert hatte.

Taylor durfte es nicht erwischen.

Er mochte ein Dummkopf und ein unbelehrbarer Säufer sein, doch er war auch Marcys Mann und der Vater von Dicey und Lillie. Er saß manchmal an Diceys Bett, streichelte seiner Jüngsten über die kranke Brust und sang ihr ein Lied vor.

Er durfte nicht –

Doch es war bereits zu spät.

Als Marcy in der Küche eintraf, lag Taylor vornüber gefallen auf den Dielen und regte sich nicht mehr. Er hatte offenbar versucht, nach der umgekippten Whiskeyflasche zu greifen, und hatte dabei das Gleichgewicht verloren. Er lag mit dem Gesicht auf dem Holz, aus seinem Mundwinkel rann Speichel.

Taylor...

Die junge Frau, die sich nie und nimmer als Witwe hatte sehen wollen, fiel vor dem Toten auf die Knie und hielt ihm einen Finger unter die Nase. Sie spürte keinen Luftzug, nicht eine einzige Bewegung, die Hoffnung hätte schüren können. Sie spürte nur den kalten Tod in der Küche.

Schluchzend brach Marcy zusammen.

Sie legte sich auf Taylors Rücken, der noch warm war, und schlug ihren Mann mit den Fäusten, bis ihre Kräfte nachließen. Sie stellte sich den Tag ihrer Hochzeit vor, den Bitterwurzstrauch und die Worte des Reverends, dann Taylors sanftes Gesicht und die Versprechen, die sie einander gegeben hatten.

Taylor hatte seines nicht gehalten.

Er hatte versprochen, ihr beizustehen, bis der Tod sie scheiden würde, aber das konnte und durfte nicht bedeuten, dass man sich dem Tod in die Arme werfen durfte. Marcy trat nach der Whiskeyflasche und schleuderte sie quer durch die Küche.

»Taylor«, wimmerte Marcy. »Taylor...«

Vor den Bretterfassaden von Mawville lagen die fauligen Blätter des letzten Herbstes, der mit Stürmen und peitschendem Regen über Montana hinweggezogen war. Er hatte die Ahornbäume entlaubt, die jenseits der Stadt auf einem Hügel standen und die einzige Landmarke waren, die Lassiter auf seinem Ritt in das gottverlassene Nest am Fuße Rocky Mountains erkannt hatte.

»Keinen Drink?«, fragte Sarah-Ann Fisher und schob ihren wohlproportionierten Leib neben Lassiter auf das Kanapee. Sie legte ihm einen Arm um die Schultern und küsste ihn. »Ich hatte darauf gehofft, dass wir mehr als nur eine Nacht zusammen verbringen.«

Der Mann der Brigade Sieben starrte weiter aus dem Fenster.

Er hatte das letzte Telegramm aus dem Hauptquartier in Spencer erhalten und war noch am selben Abend in den Sattel gestiegen. Der Mietstallbesitzer hatte ihm den Weg hinauf nach Mawville beschrieben und ihm den Namen von Sarah-Ann genannt.

»Ich kann nicht bleiben«, entgegnete Lassiter und drehte den Kopf zu der Tavernenbesitzerin. »Ich muss Geschäfte erledigen, die keinen Aufschub dulden.«

Außer dem hauchdünnen Negligé hatte sich Sarah-Ann nichts übergeworfen, als sie aus dem Bett gestiegen und in der Ecke der Kammer einen Kaffee aufgebrüht hatte. Sie hatte mit ihrem marmorhaft festen Hintern die Kaffeemühle gedreht und Lassiter dabei einen koketten Blick zugeworfen.

»Geschäfte«, sagte die hübsche Brünette jetzt und kniff die Lippen zusammen. »Immer geht es den Kerlen um Geschäfte. Du weißt nichts davon, wie es für eine Frau ist, die in Mawville allein ist. Ich bekomme drei Anträge jede Woche.«

Ein Lächeln stahl sich auf Lassiters Lippen. »Nur drei? Die meisten Männer in Mawville müssen blind sein.«

»Blind oder versoffen«, seufzte Sarah-Ann und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Sie stellte die Kaffeetasse auf das Nachtschränkchen und fuhr mit der Hand über seine Brust. »Wie wär's mit einer zweiten Runde? Du solltest deine Geschäfte entspannt angehen.«

Das Schäferstündchen in der Nacht war heißblütig und voller Variationen gewesen; ganz so, als hätte Sarah-Ann geahnt, worauf Lassiter stand. Sie hatte es sich in Hündchenstellung besorgen lassen, danach an der Wand und am Ende mit der Zunge. Sie hatte geschrien, dass es die ganze Taverne gehört hätte, wären der Schankraum um diese frühe Stunde nicht schon verwaist gewesen.

»Du solltest heiraten«, flüsterte Lassiter und erwiderte den Kuss. »Jeder Mann könnte sich glücklich schätzen, wenn er eine Frau wie dich hat. Du bist ein Jackpot, Liebes.«

»Hör auf!«, flüsterte Sarah-Ann und kniete sich zwischen die Beine des großen Mannes. Sie blies ihn nach allen Regeln der Kunst.

Einige Minuten darauf trieben Lassiter und sie es erneut.

Sie rollten sich auf dem Dielenboden hin und her, bis Sarah-Ann die Oberhand gewann und ihren Gast aus Spencer ritt. Sie stemmte die Arme in die Seiten, drückte den Rücken und warf das lange Haar zurück. Bei jedem Stoß gab sie einen leisen Seufzer von sich.

»O Lassiter!«, stöhnte Sarah-Ann und krallte Lassiter die Nägel in die Haut. Sie ließ nicht los, bis sie ein brütend heißer Höhepunkt durchflutete, der jeden Muskel in ihrem Becken spannte. »Verdammt, das ist gut...«

Gleich darauf kam es auch Lassiter.

Er warf Sarah-Ann auf den Rücken, drang ein letztes Mal tief in sie ein und gab jede Beherrschung auf. Er blickte seiner jungen Geliebten in die Augen und fragte sich für eine Sekunde, ob er sie nicht tatsächlich heiraten sollte.

»Steig runter!«, sagte Sarah-Ann danach und schälte sich unter ihm hervor. Sie zog sich rasch an und begutachtete ihre Schminke vor dem Spiegel. »In einer Stunde muss ich im Büro des Bürgermeisters ein. Er will mit mir über die Taverne reden.« Sie rieb sich etwas Pulver auf die Wangen. »Manch einem ist ein gut gehendes Lokal in Mawville ein Dorn im Auge.«

»Kannst du mich vorher zu William Kuster bringen?«, erkundigte sich Lassiter und griff nach seinem Hemd. Das Holster mit dem Remington darin hing am Stützbalken der Wandschräge. »Er will mit mir reden. Ich kenne nur seinen Namen.«

»Kuster?«, fragte Sarah-Ann und setzte den Pinsel ab. »Der Maschinist von der Franklin Lumber Co.? Was willst du von ihm?«

Die Brigade Sieben hatte Lassiter im Telegramm einen Mittelsmann benannt, der ihn mit den Einzelheiten seines Auftrags vertraut machen sollte. Das Hauptquartier hatte William Kuster vorgeschlagen, der zu früheren Zeiten Friedensrichter gewesen war und sich inzwischen offenbar als Maschinist durchschlug.

»Er ist ein alter Freund«, log Lassiter und wusste, dass Kuster dazu entsprechend instruieren musste. »Ich will ihm ein geschäftliches Angebot machen. Er ist ein guter Geschäftspartner.«

Seufzend brachte Sarah-Ann ihr Vorhaben zu Ende und schminkte sich so verführerisch, dass Lassiter erneut Begierde verspürte. Er legte der Brünetten den Arm um die Schulter und zog sie zu sich heran.

»Nicht doch!«, protestierte Sarah-Ann und wehrte ihn spielerisch ab. »Du hattest deine Gelegenheit, Mr. Lassiter. Ich will nicht mit verwischter Schminke vor dem Bürgermeister stehen.«

Die wenigen Stunden, die sie sich vor ihrem Rendezvous gekannt hatten, waren in größter Eile verstrichen. Sie waren zu einer Anhöhe nördlich der Stadt hinaufgestiegen, hatten einander eine Weile bei den Händen gehalten und sich Belangloses erzählt. Oben auf der Hügelkuppe hatte Sarah-Ann Lassiter geküsst und ihm ins Ohr geflüstert, dass er die Nacht bei ihr verbringen könnte.

Der große Mann hatte nicht gezaudert.

»Der Bürgermeister wird nichts bemerken«, versprach Lassiter und lotste Sarah-Ann zum Bett. Er nahm ihr den Schal vom Hals, den sie sich bereits umgelegt hatte, und schob ihr den Rock über die Knie. »Er ist ein alter Mann, den die Eskapaden einer jungen Frau kaum kümmern dürften.«

»Du irrst dich gewaltig«, widersprach Sarah-Ann und gab gleichzeitig jeden Widerstand aus. »Manche alten Männer sind geradezu besessen von mir. Ich mache ihnen keine schönen Augen, glaub' mir. Sie kommen ganz von selbst darauf.«

Ohne ein weiteres Wort sanken sie wieder zwischen die Kissen und zogen einander aus. Sie sahen einander in die Augen, dann griff Sarah-Ann Lassiter zwischen die Beine und rieb seinen Pint steif. Sie hörte nicht damit auf, bis er prall zwischen ihren Fingern aufragte.

»Leg dich hin!«, befahl Lassiter in ruhigem und bestimmtem Ton. »Ich will kein Widerwort hören, bis wir fertig sind. Ich will nur dich hören, Sarah-Ann.«

Spielerisch legte Sarah-Ann sich die Hand auf den Mund und lachte mit den Augen. Sie spreizte die Beine und spitzte die Lippen zum Kuss.

Der Termin mit dem Bürgermeister war dahin.

Aus dem Fabrikgebäude der Franklin Lumber Co. drang schwarzer Qualm, der sich in Schwaden über den Hof legte und die angebundenen Pferde in Unruhe versetzte. Er biss Lassiter in den Augen und roch nach Schwefel und verbrannter Kohle.

»Siebzig Morgen Wald!«, rief William Kuster neben Lassiter und rieb sich ebenfalls die Augenwinkel. Er war ein kleiner Mann mit rundlichem Kopf und platter Nase, die er sich zudem ständig schnäuzte. »Im letzten Sommer waren es sogar hundert Morgen. Ich sage Ihnen, die Franklin Lumber Co. hat das kräftigste Sägewerk in der Gegend. Ich bin verflucht stolz auf unsere Kessel, die ständig unter Dampf stehen.« Er hustete. »Das Franklin-Holz geht bis nach New York und Boston, Sir.«

»Lassiter«, sagte der Mann der Brigade Sieben schon zum zweiten Mal. »Einfach nur Lassiter. Den Sir heben Sie sich besser für das Hauptquartier auf, Bill.«

»Wie Sie wollen, Mister... äh... Lassiter«, gab Kuster zur Antwort und schritt voraus. Er zeigte Lassiter die Halle mit dem Sägegatter, das sein Werk ohrenbetäubend laut verrichtete. Er schrie bei jedem Wort. »Gutes Holz... Es macht gute Dollars!... Ich sollte die Anstellung bei der Brigade Sieben an den Nagel hängen!«

»Sie sollten uns aus der Halle bringen!«, schrie Lassiter gegen das lärmende Gatter an. »Ich muss meinen Auftrag erfahren, Bill. Sie sollten alles darüber wissen.«

Durch eine Seitentür traten sie auf den staubigen Hinterhof des Sägegatters hinaus und liefen zwischen Stapeln frisch geschlagener Baumstämme hindurch. Die Männer der Franklin Lumber hatten die Äste daran abgeschlagen und von einem Teil der Stämme die Rinde geschält.

»Sie müssen nach Corkberry Hill hinauf«, meinte Kuster und wies mit dem Kinn zu den Bergen. »Ein Häuflein Häuser unterhalb vom Jawbreak Peak. Bin ein paar Mal dort gewesen, ist keine Messe, darf ich Ihnen versichern.« Er seufzte. »Seit ein paar Monaten gibt's immer wieder Tote dort oben.«

»Tote?«, echote Lassiter und setzte den Fuß auf einen der Baumstämme. Er sah zum mächtigen Massiv der Jawbreak Mountains hinüber, die sich wie ein steinerner Wall in den Himmel erhoben. »Wie viele?«

»Fast zwanzig Männer«, sagte Kuster mit ernster Miene. »Sie sind allesamt am Whiskey gestorben. Die Leute aus Mawville nennen Corkberry Hill die Stadt der Sünden.« Er schaute ebenfalls zu den Bergen hinauf. »Die Sin City von Montana.«

»Ein paar Whiskey zu viel sind keine Sünde«, erwiderte Lassiter und setzte den Weg zum Fluss fort. Der ratternde Tumult des Sägewerks blieb hinter den Männern zurück.

»Nicht ein paar Whiskey«, pflichtete Kuster seinem Besucher bei. »Aber einige Flaschen am Tag sind's vermutlich schon. Die Frauen dieser Männer verarmen, die Kinder ziehen in Lumpen durch die Straßen. Es gibt kaum eine Familie in Corkberry Hill, die nicht am Whiskey leidet.«

Der Mawville Creek war ein schmaler Wasserstrom in einem steinigen Bett, das einen weiten Bogen um die Häuser der Stadt beschrieb. Der Fluss war rot vom Eisen, das er aus dem Gestein wusch. An manchen Stellen war er dunkel wie Blut.

»Wollen Sie diesen Männern den Whiskey nehmen?«, fragte Lassiter und schob mit der Stiefelspitze einen Stein ins Wasser. Er hob den Kopf und sah Kuster an. »Weshalb ist keine Prohibition verhängt worden?«