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Kersey, der Kassierer am Bankschalter, blickte auf, als die Tür aufging. Die rothaarige Frau, die in den Vorraum trat, war jung und hübsch, aber sie trug Männerhosen und einen Gürtel, an dem ein großer Revolver hing. "Mit Waffe kein Zutritt!", rief Kersey ihr zu.
Die Frau lachte. "He, Mister, Sie werden sich doch nicht vor einer Lady fürchten, oder?"
"Ich hab die Vorschriften nicht gemacht." Kersey wies auf den Aushang mit dem Waffenverbot. "Lassen Sie Ihren Colt draußen, hier drin brauchen Sie ihn ohnehin nicht."
"Das sehe ich anders." Die Frau zog blank, und ehe der Clerk nach dem Sicherheitsmann rufen konnte, knallte ein Schuss.
Die Kugel traf Kersey in die Brust. Er fiel vom Stuhl und krachte kopfüber auf die Dielen. Er sah nicht mehr, dass die Bankräuberin auch Rob Carter, den Sicherheitsmann, mit zwei Schüssen niederstreckte ...
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Seitenzahl: 132
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Galgen- Jennys letzter Coup
Vorschau
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Boada / Norma
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7517-0488-5
www.bastei.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Galgen-Jennys letzter Coup
Kersey, der Kassierer am Bankschalter, blickte auf, als die Tür aufging. Die rothaarige Frau, die in den Vorraum trat, war jung und hübsch, aber sie trug Männerhosen und einen Gürtel, an dem ein großer Revolver hing. »Mit Waffe kein Zutritt!«, rief Kersey ihr zu.
Die Frau lachte. »He, Mister, Sie werden sich doch nicht vor einer Lady fürchten, oder?«
»Ich hab die Vorschriften nicht gemacht.« Kersey wies auf den Aushang mit dem Waffenverbot. »Lassen Sie Ihren Colt draußen, hier drin brauchen Sie ihn ohnehin nicht.«
»Das sehe ich anders.« Die Frau zog blank, und ehe der Clerk nach dem Sicherheitsmann rufen konnte, knallte ein Schuss.
Die Kugel traf Kersey in die Brust. Er fiel vom Stuhl und krachte kopfüber auf die Dielen. Er sah nicht mehr, dass die Bankräuberin auch Rob Carter, den Sicherheitsmann, mit zwei Schüssen niederstreckte...
Jenny Perks warf einen Blick zur Tür. Jim und Frank, ihre Kumpane, sicherten den Eingang. Beide trugen ihre Winchester schussbereit. Die Leute auf der Straße stoben auseinander wie spritzendes Fett. Sie rannten um ihr Leben. Niemand wollte sterben.
Der Aufschrei einer Frau erscholl. Ein Mann im schwarzen Gehrock zerrte ein Mädchen mit Zöpfen in einen überdachten Hauseingang.
Yeah! Jenny lächelte böse. Sie liebte es, wenn die Menschen vor ihr und ihren Jungs Angst hatten. Es bescherte ihr ein Gefühl von Macht und morbider Glückseligkeit.
Jetzt kam es darauf an, die Sache so schnell wie möglich zu beenden.
Ohne eine Gefühlsregung stieg Jenny über die Leiche des Sicherheitsmannes hinweg. Sie hob die Schranke und schlüpfte hinter den Bankschalter. Der Clerk lag reglos zu ihren Füßen. Er atmete nicht mehr. Offenbar hatte ihn die Kugel ins Herz getroffen.
Unter dem Pult sah Jenny die bereitgelegte Pistole, ein zweischüssiger Derringer. Der Kassierer war nicht mehr dazu gekommen, sie zu benutzen.
»Greenhorn! Wenn ich weiß, ich bin langsam, dann beeil' ich mich ein bisschen«, höhnte Jenny und schob seinen Stuhl zur Seite.
Mit einem Ruck zog sie die Schublade unter dem Pult auf.
Wie erwartet, waren die metallenen Fächer prall mit Münzen und Geldscheinen gefüllt. Der Spitzel, der ihr den Tipp verkauft hatte, hatte sich nicht geirrt. Heute lag besonders viel Bares in der Filiale der Ronson & Hodges Bank.
Jenny stopfte die Wertsachen wahllos in ihren Beutel. Eine Goldmünze fiel zu Boden und rollte gegen den Kopf des Kassierers. Jenny bückte sich nicht. Sie schätzte die Beute auf weit über tausend Dollar. Damit konnte man eine Weile gut leben.
Auf der Straße brandete Hufgetrappel auf.
Verdammt! Jenny riss den Kopf hoch. Kam ihnen jemand in die Quere? Der Spitzel hatte doch gesagt, der Marshal sei mit einem Aufgebot Freiwilliger in den Peanut Hills, um den Killer Brad the Devil zu jagen.
In diesem Augenblick krachten mehrere Schüsse.
Jenny erkannte den Klang von den Winchester-Gewehren, mit denen Jim und Frank ausgerüstet waren.
Gab es Schwierigkeiten? Jenny packte den Beutel fester, rannte zum Ausgang und riss die Tür auf.
Die Front Street war wie leer gefegt. Alle Passanten hatten sich in Sicherheit gebracht. Bis auf die zwei Reiter, die gerade um die Ecke preschten.
»Was waren das für Typen?«, rief Jenny.
Aus dem Lauf von Jim Thorpes Gewehr züngelte Rauch. »Irgendwelche Viehtreiber«, sagte er. »Kamen zufällig vorbei. Nicht weiter gefährlich. Als wir losballerten, haben sie sich fast in die Hosen gemacht!«
»Hauen wir ab!«, rief Frank Leppard.
Er hielt Jennys Rotbraunen an der Leine. Sie band den Beutel an den Sattel, saß auf und riss das Pferd rabiat herum.
»Nach Hause?«, fragte Jim.
Jenny starrte ihn an. Jim Thorpe war ein kaum mittelgroßer Mann von knapp dreißig Jahren. Bei einer Schießerei in Wichita hatte er das linke Ohr verloren. »Hast du 'nen Knall?«, knurrte sie. »Doch nicht nach Hause! Zuerst geht's runter zum Fluss. Spuren verwischen. Das müsstest du doch wissen.«
»Okay, Babe.« Jim Thorpe lenkte sein Pferd vom Zügelholm weg.
Jenny übernahm die Führung. Mit lauten Zurufen jagte sie den Rotbraunen die ungepflasterte Straße entlang. Der aufgewirbelte Sand flog über die Sidewalks hinweg bis an die Wände der Häuser. Hinter manchen Fenstern sah Jenny verängstigte Gesichter. Die Menschen waren eingeschüchtert, niemand leistete Gegenwehr.
Feiglinge! Ihr könnt mir alle mal den Buckel runter rutschen!
Wenig später hatte das Trio die Stadtgrenze erreicht. Der Overland Trail führte nach Nordwesten, doch sie wandten sich gen Osten. In scharfem Galopp ritten die Banditen in Richtung Ridge River.
Jenny Perks preschte den Männern voran. Jim und Frank hatte Mühe, das Tempo zu halten, das sie vorgab. »Lauf, Brownie!«, spornte sie ihr Pferd an. »Zeig den Jungs, wie schnell du bist!«
Es war an einem Freitag, dem Dreizehnten, in San Miguel, Territorium Arizona.
☆
Jedes Mal, wenn sie einen erfolgreichen Coup gelandet hatte, überkam Jenny Perks ein ungeheures Gefühl der Zufriedenheit und – der Wollust.
Dann brauchte sie körperliche Zuwendung, und das nicht knapp.
Sie saßen zu dritt am Lagerfeuer in ihrem Hideout, tief im Labyrinth des Green Canyon. Jim Thorpe hatte Steaks gegrillt, und Jenny hatte aus Tomaten, Zwiebeln und Kräutern einen appetitlichen Salat bereitet. Derweil hatte Frank Leppard die Drinks zubereitet: Mint Julep aus feinstem Straight Bourbon, Zitrone und frischen Minzblättchen.
Die Cocktails schmeckten vorzüglich, wie in einer exklusiven Bar im French Quarter von New Orleans.
Nach dem dritten Drink bekam Jenny einen Mordsschub. Sie war jetzt so scharf, dass sie es mit dem alten Referenten Lakehurst getrieben hätte, wenn kein anderer Mann greifbar gewesen wäre.
Während Frank und Jim darüber palaverten, wofür sie ihren Anteil vom Bankraub ausgeben wollten, stemmte Jenny sich auf und ging in die Blockhütte. Sie merkte, dass sie einen kleinen Schwips hatte.
Aus der Truhe holte sie ihr Nuttenkostüm, so wie sie es nannte. Sie wusste, dass Männer mit den Augen fühlen konnten. Dicke Baumwollhosen und eine derbe Cowboybluse waren nicht die rechte Bekleidung für ein erotisches Intermezzo.
Jenny zog sich nackt aus, warf ihre Sachen auf den Boden und glitt in das rote Bustier, den Strapsgürtel und die dunkelgrauen Strümpfe.
Dann kämmte sie ihr Haar und malte sich die Lippen rot. Zum Schluss stellte sie sich vor den Wandspiegel und betrachtete sich kritisch.
Noch immer waren die Spuren des Henkerseils an ihrem Hals zu sehen. Dabei war es schon über ein Jahr her, dass man versucht hatte, sie in Fort Worth zu hängen. Doch Frank und Jim hatten die Hinrichtung in letzter Sekunde verhindert. Mit einer waghalsigen Befreiungsaktion hatten sie ihr das Leben gerettet.
Jenny seufzte schwer. Trotz des Makels am Hals fand sie ihren Anblick überaus aufreizend.
Plötzlich stand Frank Leppard in der Tür. Sie sah ihn im Spiegel.
»Mein Gott, Jenny-Babe!«, entfuhr es ihm. »Hast du dich aber fein gemacht! Da stockt einem ja das Blut in den Adern.«
Jenny freute sich über das Lob. Sie genoss es, wie die gierigen Blicke des Mannes über ihren Körper streiften. Leicht nach vorn gebeugt, ließ sie ihren großen Busen in den Körbchen des Korsetts wippen.
Frank trat Schweiß auf die Stirn. »Tod und Teufel«, keuchte er.
Sie stellte sich wieder gerade hin. »Hol Jim, Frank«, kommandierte sie.
»Gleich.« Er schleuderte seinen Hut in die Ecke und baute sich vor ihr auf. »Zuerst will ich dich küssen, Babe«, sagte er.
»Aber nicht am Hals«, warnte sie.
Frank kam ganz nahe, senkte den Kopf und leckte abwechselnd an den Ansätzen ihrer Brüste.
Jenny holte tief Luft. Als Frank ihre Wonneproppen zu kneten begann, schob sie ihn unsanft zurück.
»Hol Jim!« Sie liebte es, wenn beide Männer sich ihr widmeten. Beide zugleich. So verfuhren sie seit über zwei Jahren. Sie waren ein eingespieltes Team. Damit keine Eifersucht zwischen ihren Jungs aufkam, passte Jenny auf, dass keiner der zwei beim Sex benachteiligt wurde. Frank und Jim akzeptierten das. Streit hatte es deswegen noch nie gegeben.
Frank ging hinaus und kam mit Jim zurück.
Beide Männer betrachteten sie mit unverhohlener Begierde. Jim öffnete seinen Gürtel, während er kein Auge von ihr ließ. Frank befeuchtete ständig mit der Zunge seine Lippen.
Die Erregung der Männer gefiel Jenny. Sie stemmte die Hände auf die Hüftknochen. Kokett drehte sie sich um die eigene Achse. »Ich hab mich für euch extra hübsch gemacht!«, rief sie aus.
»Du bist die Schönste!«, keuchte Jim. »Gegen dich sind alle Huren westlich des Mississippi hässliche Watschelenten.«
Jenny lächelte. Komplimente dieser Art törnten sie an, und wie! »Nur die Huren?«, fragte sie. »Was ist mit den anderen Weibern?«
»Keine kann dir das Wasser reichen«, stellte Frank fest.
»Genau das wollte ich hören«, antwortete sie. »Kommt zu mir, Jungs!« Sie streckte die Arme aus.
Die Männer streiften hastig ihre Kleidung ab. Jim verhedderte sich in seinem Hemd und fluchte ärgerlich. Jenny musste kichern. Frank griff ihr zwischen die Beine und wölbte seine Hand um ihr behaartes Schambein.
»Du bist schon richtig in Fahrt«, sagte er.
»Nicht nur ich.« Sie langte nach seinem Sporn, der sich ihr entgegenstreckte.
Da trat Jim hinzu, und sie nahm seinen Ständer in die andere Hand. Die Männer küssten ihr Gesicht, Frank links, Jim die rechte Wange. Jenny bewegte ihr Becken vor und zurück. Ihre Gefühle sprudelten fast über, so erregt war sie.
»Leg dich auf den Boden, Frank«, stöhnte sie. »Du weißt schon, wie.«
»Okay, Babe.« Frank Leppard legte sich rücklings vor das Bett. Jenny kauerte sich mit den Knien über sein Gesicht, sodass er ihr sensibelstes Körperteil mit Mund und Zunge verwöhnen konnte.
Jenny vergaß auch Jim nicht. An seinem Ständer zog sie ihn zu sich. Jim folgte ihrem Willen wie ein gut dressierter Hund an der Leine.
Jenny leckte über ihre Lippen, dann öffnete sie den Mund und sah Jim groß an.
Jim wusste genau, was zu tun war. Er brachte seine Männlichkeit in die Waagerechte, sodass Jenny sich nicht den Hals verrenken musste.
Eine ganze Weile verblieben sie in dieser Haltung. Als Jenny merkte, dass Frank auf einmal heftiger stöhnte, unterbrach sie das Liebesspiel. Sie wollte noch nicht, dass er kam.
»Frank, ich will dich in mir spüren.« Sie stand auf und zeigte auf das Bett. »Ich will dich reiten.«
Ohne ein Wort ging Frank zu der breiten Liege und begab sich in Positur. Jim trank einen Schluck aus der Whiskeyflasche. »Lass mir auch noch was von Jenny übrig, Hombre«, sagte er gutmütig.
»Du kannst mich küssen, bis Frank fertig ist«, erklärte Jenny.
Jim Thorpe nickte beflissen. Während Jenny auf Frank hinaufstieg und einfädelte, setzte er sich ans Kopfende und nahm ihr Gesicht in die Hände. Er küsste sie mit der Zunge, das beherrschte er ziemlich gut, und sie blieb ihm nichts schuldig.
Nach kurzer Zeit spürte sie, wie ihr Höhepunkt nahte. »Nimm mich härter, Frank!«, rief sie. »Stoß so fest zu, wie du kannst!«
»Lass mich oben liegen«, japste er.
Sie wechselten die Stellung. Jenny hob die Beine zu einem offenen Dreieck. Während Jim sie küsste und nebenbei ihre aus dem Bustier gerutschten Brüste massierte, stieß Frank seinen Sporn mit voller Wucht in sie hinein.
Jenny schrie vor Lust, aber nur wenige Sekunden. Dann spürte sie, wie der süße Schmerz durch ihren Körper fuhr. Sie presste die Lippen zusammen und drückte die Augen fest zu.
Eine Weile blieb sie noch reglos liegen und genoss das herrliche Gefühl des Erfülltseins mit allen Sinnen. Schließlich rappelte sie sich auf, ging zum Waschständer und machte sich frisch.
Nach dem Liebesspiel saßen alle drei vor dem Haus am Lagerfeuer. Es war dunkel geworden, und die Bäume ringsum raschelten geheimnisvoll mit ihrem Laub. Von irgendwoher ertönte melodischer Vogelgesang. Von weit her heulte ein Coyote.
»Ein Wetterchen zum Eierlegen«, sagte Jim und reckte die Hände in die Luft. »Ich werde draußen schlafen, unter freiem Himmel.«
Frank Leppard nickte. »Da schließe ich mich an.«
Jenny gähnte ungeniert. Eine bleierne Schwere hatte sie befallen. Sie war zum Umfallen müde. Das Liebesabenteuer hatte sie ziemlich geschlaucht.
»Für mich wird es Zeit.« Sie stemmte sich auf. »Ich hau mich aufs Ohr. Wer von euch ist morgen mit dem Frühstück dran?«
»Samstags bin ich an der Reihe«, erklärte Jim.
»Ich will Rühreier mit Speck«, sagte Jenny. »Den Speck extra kross, wenn ich bitten darf.«
»Sollst du haben, Babe.« Jim fummelte grienend an seinem verunstalteten Ohr. »Träum was Schönes, meine Süße. Am besten, etwas von Frank und mir.«
»Werd mir Mühe geben.« Jenny warf ihren beiden Gefährten einen Handkuss zu, dann huschte sie ins Haus.
In Gedanken war sie schon bei der Einkaufstour in Phoenix. Endlich konnte sie sich das Weitschussgewehr kaufen, auf das sie schon lange ein Auge geworfen hatte: eine Sharps Borchardt mit Zielfernrohr. Prima! Mal sehen, was es im General Store noch alles zu bewundern gab.
Jenny streifte ihr Nuttenkostüm ab, legte sich auf das breite Bett und zog die Decke bis ans Kinn.
Es dauerte nicht lange, und sie war fest eingeschlafen. Ihr letzter Gedanke hatte ihrem Rundgang in der komfortablen Waffenabteilung des Central-Kaufhauses in Phoenix gegolten.
Gemeinsam mit ihren Jungs würde sie sich in der Stadt ein paar schöne Tage gönnen.
Doch es sollte anders kommen.
☆
Der Killer Brad Evans blickte mit zusammengekniffenen Augen zu dem Blockhaus hinüber.
Die rothaarige Frau war gerade ins Haus gegangen. Die beiden Männer rollten ihre Schlafsäcke neben dem verlöschenden Lagerfeuer aus. Sie machten sich zum Schlafen fertig. Wie es aussah, verzichteten sie auf eine Nachtwache.
Die drei fühlten sich völlig sicher. Ein Leichtsinn ohnegleichen! Evans grinste schief.
Er lag einen knappen Steinwurf vom Haus entfernt am dicken Stamm einer Schwarzeiche. Auf seiner Flucht vor dem Aufgebot des Marshals war er irgendwie in das Labyrinth der Canyons geraten und hatte hier die einsame Blockhütte entdeckt. Dem Anschein nach gehörte das Haus einer Bande, die den Ort als Unterschlupf gewählt hatte. Die Frau war wirklich ein Leckerbissen: rote Haare, eine Topfigur und ordentlich Holz vor der Hütte. Als sie sich im Strapsgürtel und dem Bustier in der Tür gezeigt hatte, war Brad Evans in Schnappatmung verfallen.
Am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte sich an dem Geschehen im Haus beteiligt.
Die Lustschreie der Rotblonden waren ihm unter die Haut gegangen. Die beiden Kerle, die sie begleiteten, waren wirklich Glückspilze.
Vielleicht sollte ich mir auch eine Gefährtin suchen, sagte er sich.
Brad Evans, auch Brad the Evil genannt, war Einzelgänger, seit jeher. Bisher war er damit ganz gut gefahren. Seine Devise lautete hit and run. Zuschlagen und schnell verschwinden. Seit über zehn Jahren lief es bei ihm wie am Schnürchen. Noch nie hatte man ihn geschnappt, nicht einen einzigen Tag hatte er im Gewahrsam eines Sternträgers verbracht.
Doch heute wäre es beinahe passiert.
Das Aufgebot, das der Marshal von San Miguel aus dem Boden gestampft hatte, war ihm gefährlich nahe auf die Pelle gerückt. Wahrscheinlich hätte man ihn dingfest gemacht, wenn der Marshal auf diesen hünenhaften Kerl mit dem Remington gehört hätte. Doch der Blödmann von einem Sternträger hatte den Ratschlag des Remington-Mannes in den Wind geschlagen und war mit seinen Männern in eine andere Richtung geritten.
Das hatte ihm, Brad Evans, einen gehörigen Vorsprung verschafft. Schließlich hatten seine Verfolger völlig die Orientierung verloren. Vom Gipfel eines Bergkegels hatte Evans beobachtet, wie der Trupp unverrichteter Dinge nach San Miguel zurück ritt.
Evans hob den Kopf und schnupperte.
Die drei Outlaws hatten Fleisch gegrillt, und der köstliche Duft lag noch immer in der Luft.
Evans hatte seit dem Morgen keinen Bissen gegessen. Er hatte Hunger wie ein Wolf. Womöglich waren noch Reste von der Mahlzeit übrig geblieben.
Er schluckte schwer. Durst hatte er auch. Das Wasser aus dem Bach, das er getrunken hatte, war nicht gerade das Gelbe vom Ei gewesen.
Im Haus gab es bestimmt Whiskey, dachte er und leckte sich die Lippen.
Vor der Hütte war es still geworden. Die beiden Männer schienen eingeschlafen zu sein. Von der Frau im Haus war auch nichts zu hören.
Lautlos griff Evans nach seinem Messer.