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Die Männer vom Hooks Point waren hartgesottene Kerle, die sich nichts vormachen ließen. Sie kannten den Missouri und die tief eingeschnittenen Seitentäler, aus denen im Winter das Schmelzwasser herabschoss. Sie wussten besser als jeder andere, dass es am Fluss kein brauchbares Versteck gab.
"Ein halbes Jahr?", wiederholte Jack, den alle wegen seiner krummen Nase "Eagle" nannten. "Keiner übersteht die Winterhälfte an der Mündung zum Missouri."
Der Mann ihm gegenüber war gutgekleidet und sprach mit ruhiger Stimme. "Niemand verdient auch so viel wie bei mir, Jack."
Der Krummnasige sah sich nach seinen Leuten um, die sich träge auf ihre Gewehre stützten. Sie hatten genug vom ewigen Gerede. "Einverstanden", sagte er. "Bis zum Abend ist die Familie erledigt."
"Lasst Feuer und Schwefel auf sie regnen", knurrte der Gutgekleidete.
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Feuer und Schwefel
Vorschau
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Gabriel / Bassols
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7517-0688-9
www.bastei.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Feuer und Schwefel
Die Männer vom Hooks Point waren hartgesottene Kerle, die sich nichts vormachen ließen. Sie kannten den Missouri und die tief eingeschnittenen Seitentäler, aus denen im Winter das Schmelzwasser herabschoss. Sie wussten besser als jeder andere, dass es am Fluss kein brauchbares Versteck gab.
»Ein halbes Jahr?«, wiederholte Jack, den alle wegen seiner krummen Nase »Eagle« nannten. »Keiner übersteht die Winterhälfte an der Mündung zum Missouri.«
Der Mann ihm gegenüber war gutgekleidet und sprach mit ruhiger Stimme. »Niemand verdient auch so viel wie bei mir, Jack.«
Der Krummnasige sah sich nach seinen Leuten um, die sich träge auf ihre Gewehre stützten. Sie hatten genug vom ewigen Gerede. »Einverstanden«, sagte er. »Bis zum Abend ist die Familie erledigt.«
»Lasst Feuer und Schwefel auf sie regnen«, knurrte der Gutgekleidete.
Fast vierzig Morgen umfasste die Ranch der Clarks und gehörte damit zu den kleineren Rinderzuchten, wie es sie häufig am Missouri gab. Die Herden zählten meist vier- oder fünfhundert Kopf Vieh und weideten bis in die Berghänge hinauf. Sie waren ein gewohnter Anblick zwischen dem Mud Spring River und dem Arrow Creek, die beide vom Süden her in den Missouri mündeten.
»Nun lauf schon!«, rief die blonde Melissa Clark und zog ihre Schwester Martha am Arm hinter sich her. »Du bist die lahmste Rinderhüterin, die mir je begegnet ist! Du wirst bis hinauf zur Herde getrost einschlafen!«
Das matte Abendlicht spielte im Haar der beiden Schwestern, die höher und höher den Steamboat Rock hinaufliefen, von dem aus man bis zur Jährlingsherde schauen konnte. Sie waren außer Atem und ruhten auf der felsigen Gebirgskuppe aus.
Tief unten im Tal schimmerte die Ranch.
Der alte Clark hatte das Ranchhaus und eine Handvoll anderer Gebäude dicht an die Flussbiegung gebaut und einen Graben hinunter zum Missouri gezogen, der sich jedoch nur zu zwei Dritteln geflutet hatte. Das Wasserrad hinter der Scheune stand still, solange Martha sich zurückerinnern konnte.
»Ein lahmes Huhn bist du!«, schalt Melissa ihre ältere Schwester und legte ihr den Arm um die Schultern. »Noch nie hast du mich geschlagen! Du musst flotter werden, Martha!« Sie schmiegte sich an Marthas Schulter. »Mutter hat es auch schon gesagt.«
Die Eltern von Martha und Melissa glichen zu diesem Zeitpunkt zwei winzigen schwarzen Flecken, die sich unten am Flussufer durch das wogende Gras bewegten. Sie hatten mit der Ernte der Salbeisträucher begonnen, deren Zweige getrocknet in den Speicher kamen.
»Wie gemein!«, maulte Martha und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Du hast viel längere Beine und läufst jeden zweiten Tag den Hügel hinauf! Vater hat dich schon ›Rocket‹ getauft!«
Der Wallach Rocket war bislang das schnellste Pferd im Stall der Clarks gewesen und vor einem guten Monat für hundertsiebzig Dollar auf der Viehauktion von Fort Benton weggegangen. Die Familie hatte einen jungen Hengst dafür bekommen, der sich bald über die Stuten hermachen sollte.
»Besser Rocket als lahmes Huhn!«, zog Melissa ihre Schwester auf und rannte davon. Sie sprang auf einen Felsvorsprung und schirmte die Augen gegen die Sonne ab. »Rauch, Matrose! Ich sehe Rauch über dem Missouri!«
Die dünne Rauchsäule zwischen den Felswänden des Eightmile- und des Wild-Horse-Massivs hatten die Schwestern schon im Tal bemerkt. Der Qualm gehörte vermutlich zu einem der Flussdampfer, die jede Woche den Missouri herunterkamen und Handelsgut der Blackfoot-Stämme nach Osten brachten. Die Dampfer trugen europäische Namen wie Paris und Rome und gehörten einem Franzosen, der in Fort Peck lebte.
»Eine halbe Meile hat er noch«, schätzte Martha und trat neben ihre Schwester. »Er wird zu spät an den Holmes Islands sein. Er wird es nicht rechtzeitig schaffen.«
Seit einiger Zeit machten sich Martha und Melissa einen Spaß daraus, auf die Ankunftszeiten der Dampfer an den Holmes Islands zu wetten. Der Fergus New Courier brachte die Zeiten jeden Sonntag. Die letzten Wochen über hatte Melissa gewonnen, doch davor hatte Martha gutes Gespür bewiesen.
»Hand drauf!«, sagte Melissa und kniff die Lippen zusammen. »Ich sage, dass er's packt! Er hat's bis jetzt jedes Mal hinbekommen!«
Die Schwestern sprangen Hand in Hand den Berg hinunter und langten soeben beim alten Schmiedehaus an, als der Flussdampfer hinter der Biegung in Sicht kam. Er war von weißem Dampf umhüllt, der vom böigen Wind über das Deck geweht wurde. An der Bugspitze stand der Lotse und wies zur Ranch der Clarks hinüber.
»Paris«, entzifferte Melissa den Namen des Dampfers. »Es ist die Paris! Ob der Junge aus Perth wieder an Bord ist?«
Ohne auf eine Antwort zu warten, spurtete Melissa davon und war bei Vater und Mutter, ehe Martha überhaupt den Rock raffen konnte. Die Eltern dämpften den Überschwang ihrer Zweitältesten, indem sie sich Zeit damit ließen, ihre Arbeiten einzustellen.
Dann sah Martha die Bewaffneten.
Sie waren ein Trupp aus fünf schaurig dreinblickenden Kerlen, die hinter dem Lotsen Aufstellung nahmen. Die Männer trugen Gewehre über die Schultern und beäugten das Geschehen am Flussufer.
Plötzlich stießen die Fremden den Lotsen ins Wasser.
Das Lot flog dem Bediensteten davon, als er in der Luft mit den Armen ruderte, und sprang wie ein flacher Stein übers Wasser. Der Lotse klatschte mit einer Fontäne in den Missouri und kam mit einem Aufschrei wieder an die Oberfläche.
Einer der Männer schoss mit dem Colt auf ihn.
Die Kugel durchschlug dem Lotsen den Schädel und brachte ihn auf der Stelle um. Eine schwarzrote Lache breitete sich im Wasser aus.
Im nächsten Moment krachten weitere Schüsse.
Sie trafen Marthas Mutter und ihren Vater zuerst, dann ihre Schwester Melissa, die mit einem überraschten Aufschrei nach hinten kippte und liegenblieb. Sie blutete unterhalb der Brust und schrie nicht ein einziges Mal um Hilfe.
Alles geschah so schnell, dass Martha nichts davon begriff.
Sie stand wie angewurzelt im Gras, starrte auf ihre tote Schwester und ihre Eltern, die mit matter Stimme nach ihr riefen. Sie konnte sich nicht rühren. Sie konnte nicht ihrem Vater zu Hilfe eilen, der den Arm nach ihr ausstreckte. Sie konnte nicht zu ihrer Mutter stürmen, die –
Eine Kugel zischte klingend an Marthas Ohr vorbei.
Die Patrone war von einem der Bewaffneten abgefeuert worden, die von der Paris aus an Land kamen und das Feuer auf die Ranchgehilfen eröffneten. Die beiden jungen Männer aus Oregon starben ebenso schnell wie Melissa.
Endlich war Marthas Bann gelöst.
Sie rannte vor den Eindringlingen davon, die über die Bugreling der Paris sprangen und zu dem toten Rancherehepaar liefen.
Tot!, dachte Martha und schaute sich nicht um. Sie sind tot! Sie sind tot!
✰
Auf dem oberen Missouri fuhren die Lastkähne inzwischen zu selten, als dass der Eightmile-Saloon seinen alten Glanz hätte bewahren können. Er war in einem heruntergekommenen Holzbau untergebracht, der sich neben den Docks von Claggetsville befand und zu früheren Zeiten ein Warenlager der Missouri Trading Company gewesen war.
Über dem Tresen hing noch ein rostiger Lasthaken, von dem eine leckgeschlagene Petroleumlampe und ein Seil aus Pferdehaar baumelten. Die junge Frau neben Lassiter hatte sich den Strick geschnappt und zog etliche Male daran.
»Verflucht, Gladys!«, knurrte der Mann der Brigade Sieben und wischte sich das heruntergetropfte Petroleum von der Wange. Er packte seine Begleiterin bei den Hüften und zog sie an sich. »Du hast nichts als Unsinn in deinem hübschen Köpfchen.«
Die schlanke Tänzerin mit den zierlichen Schultern rückte ihre schwarze Korsage zurecht und setzte ein gelangweiltes Lächeln auf. Sie hauchte dem breitschultrigen Agenten einen Kuss auf die Wange und biss ihm ins am Ohr. »Du willst noch deine heiße Nacht, oder nicht?«
Hätte Lassiter diese Frage aufrichtig beantwortet, er hätte Gladys ein inbrünstiges »Teufel, ja!« zugeraunt. Sein letztes Rendezvous lag eine gute Woche zurück und hatte im texanischen Panhandle stattgefunden. Er hatte sich mit einer Rancherswitwe eingelassen, die ihm seine Schmeicheleien mit einem feurigen Ritt vergolten hatte.
Doch Lassiter war wegen eines Auftrags in Claggetsville.
Er hatte die entsprechenden Telegramme aus dem Hauptquartier erhalten, als er im Morgengrauen die Fähre nach Williston genommen hatte. Die Kuverts mit den Abschriften waren versiegelt gewesen und hatten je einen Bogen mit kurzen Anweisungen enthalten. Eine davon hatte gelautet, dass sich Lassiter in Claggetsville mit Ellen Petty, der Besitzerin des Eightmile-Saloons, treffen sollte.
»Scheinbar hast du dich anders entschieden«, sagte Gladys beleidigt und ließ sich ein Glas Scotch bringen. Sie leerte den Drink in einem Zug. »Sie sind ein anstrengender Mann, Mr. Lassiter.«
»Kennst du eine Ellen?«, fragte Lassiter unvermittelt. »Ellen Petty? Sie muss die Eigentümerin dieses ... Schuppens ... hier sein.«
Verschwörerisch blinzelte ihn Gladys unter ihren blonden Locken hindurch an. Sie schob das Glas zur Seite und ließ sich wieder auf den Hocker sinken. »Dieser ... Schuppen ... ist ihr ganzer Stolz. Sie wird dich in hohem Bogen auf die Straße befördern, wenn du so über den Saloon sprichst.«
Der Barkeeper war ein mürrischer Mann Mitte fünfzig, der jeden Drink im Voraus kassierte. Er knallte einen Whiskey auf den Tresen, strich die bereitliegenden Münzen ein und ging wieder.
»Bringst du mich zu ihr?«, fragte Lassiter und schwenkte den Whiskey unter der Nase. Er roch eine holzige Note, die dafür sprach, dass man ihm nichts Gepanschtes serviert hatte. »Ich brauche eine Stunde mit ihr.«
Aus dem Telegramm wusste Lassiter, dass Miss Petty bislang nichts von seiner Ankunft wusste. Sie war lediglich darüber instruiert worden, dass sie ein Kontaktmann aufsuchen würde. Die Anwerbung der Saloonbesitzerin musste erst vor wenigen Wochen erfolgt sein.
Gladys hielt ihren Tresennachbarn hin. »Kommt darauf an, Mr. Lassiter ... Kommt darauf an, ob ich Ihnen helfen will.« Sie setzte Lassiter einen Finger auf die Brust. »Sie werden sich in meinem Bett beweisen müssen.«
✰
Der Beweis in Gladys' beengter Schlafkammer fiel stürmisch aus.
Die Kleider der Tänzerin lagen rings um das Bett verstreut, ebenso Stiefel, Weste und Hemd des Mannes der Brigade Sieben. Der Holstergurt mit dem glänzenden Remington darin hing an einem Haken an der Tür, der Kragenbinder war um einen Pfosten des Stahlbetts geschnürt.
Schweißgebadet saß Gladys auf Lassiter.
Sie trug das blonde Haar zu einem Zopf geflochten, stützte sich mit beiden Armen auf der Brust ihres Liebhabers ab und schrie ihre Lust heraus. Sie klammerte sich mit den Schenkeln fest und neigte den Kopf zur Seite. »Noch nicht genug? Willst du noch mehr?«
Statt etwas zu entgegnen, packte Lassiter seine junge Geliebte und küsste sie. Er warf Gladys herum, drückte sie in die Kissen, bis die hübsche Blondine vor Erregung keuchte, und schob ein Bein zwischen ihre Schenkel. »Von einer Frau wie dir kriegt man nie genug.«
»So?«, stöhnte Gladys und schlang Lassiter beide Arme um den Hals. »Du willst nicht bloß, dass ich dich zu Ellen bringe?«
Sie presste das Becken gegen Lassiters Lenden, hielt sich am Bettrahmen fest und schloss die Augen. Sie genoss die festen, abgehackten Stöße, die ihren wohlgeformten Körper erschütterten und unweigerlich zur Ekstase trieben.
»Sei still!«, zischte Lassiter und packte Gladys bei der Taille. Er nahm seine Saloonbekanntschaft hart und ohne Gnade. »Was wäre ich für ein Kerl, wenn's mir dabei nur ums Geschäft ginge!«
Lauter und lauter wurden Gladys' Schreie, je länger sie mit dem großen Mann schlief, der gar nicht versucht hatte, sie mit Komplimenten zu umgarnen. Sie hatten sich im Saloon blind verstanden. Er hatte ihr ein paar Gläser ausgegeben, und sie hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass der Abend zwischen den Kissen enden würde.
»Fester!«, schrie Gladys und vergrub die Hände im Laken. Sie drückte den Rücken ins Hohlkreuz, wodurch ihre schmalen Schulterblätter zur Geltung kamen. »Schone mich nicht, Lassiter ... schone mich nicht!«
Eine Viertelstunde ging ihr Liebesspiel.
Sie wechselten lediglich einmal die Stellung, blickten sich danach fest in die Augen und kamen beinahe zur gleichen Zeit. Die Bühnentänzerin sank mit rotglühendem Gesicht ins Bett und lächelte zufrieden.
»Genug?«, fragte Lassiter und zog die Unterhose hoch. »Reicht es für einen Besuch bei Ellen?«
Mit gespielter Empörung warf Gladys ein Kissen nach ihm und kicherte. »Für so eine Nacht würde ich dich ins Büro des Präsidenten bringen.« Sie richtete sich auf. »Zieh dich gut an! Sie mag es nicht, wenn jemand aussieht, als wär' er gerade unter einem Fuhrwerk hervorgekrochen.«
»Kommst du nicht mit mir?«, fragte Lassiter und griff nach seiner Hose. Er stülpte die Beine um und stieg hinein. »Du könntest ein gutes Wort für mich einlegen.«
Gladys schaute ihn mit funkelnden Augen an. »Willst du sie auch noch verführen? Du hast kaum Widersacher in Claggetsville.« Sie seufzte laut auf. »In dieser Stadt treiben sich nur Säufer und Langweiler herum.«
Mittlerweile trug Lassiter sein Hemd und schnallte sich den Revolvergurt darum. »Ich brauche jemanden, der mir die Brücke tritt. Ich kenne Ellen nicht. Sie wird misstrauisch sein.«
Den eigentlichen Grund für seine Bitte nannte Lassiter nicht.
Neben dem Missionsbefehl hatten die Telegramme des Hauptquartiers auch eine Warnung vor Ellen Petty enthalten, die offensichtlich einige führende Männer der Brigade Sieben gegen sich hatte. Es würde Lassiter zum Vorteil sein, wenn er sich zunächst einen Eindruck verschaffte, ehe er sich zu erkennen gab.
»Gern«, sagte Gladys und stand auf. »Ich komme gern mit.«
✰
Die letzte Begegnung mit seinem Vater hatte Joe Buckland in denkbar schlechter Erinnerung. Er hatte mit dem alten George Buckland auf einem Steg unterhalb des Eagle Rock gestanden und zu den Kipps Rapids hinübergeschaut. Die sprudelnden Stromschnellen hatten das Schweigen des Alten noch unerträglicher gemacht.
»Reich mir den Hammer!«, knurrte Joes Vater jetzt und hielt erwartungsvoll die Hand auf. Er kniete über einem Schild, das er am Fluss aufstellen wollte. »Der verflixte Nagel will nicht ins Holz. Ich werd' ihm eins über den Schädel ziehen müssen!«
Der rostige Hammer lag neben Joes rechtem Stiefel und war dennoch unerreichbar weit fort. Er war eines jener Werkzeuge, die der alte Buckland seinem Jungen nie anvertraute. Er hielt Joe für einen Versager und Tunichtgut und demütigte ihn damit, dass er ihn zum Handlanger machte.
»Bist du eingeschlafen?«, donnerte der alte Buckland und schaute auf. Er war alt geworden mit seinem fleischigen Gesicht und dem filzigen Haar, das höchstens entfernt daran erinnerte, dass er einst der begehrteste Junggeselle im Fergus County gewesen war. »Gib mir den verdammten Hammer! Oder muss ich erst –«
»Hol ihn dir selbst!«, schnitt Joe seinem Vater das Wort ab und schob die Hände in die Taschen. Er würde stehenbleiben und den Zorn des Alten verrauchen lassen. »Ich bin fünfundzwanzig Jahre, Vater. Ich muss dir nichts mehr bringen.«
Verächtlich stöhnend erhob sich Buckland und griff selbst nach dem Hammer. Er ließ ihn gekonnt durch die Luft wirbeln, fing ihn wieder auf und grinste. »Aus dir wird nichts werden, mein Junge. Aus dir wird nichts werden, verdammt.«
Er pfiff vor sich hin und kniete sich wieder über sein Schild, von dem Joe nur wusste, dass es für die Missouri Association bestimmt war. Auf der anderen Brettseite prangte das Emblem der Handelskooperation, die Joes Vater gegründet hatte und der inzwischen fast hundert Siedler am oberen Missouri angehörten.
»Willst du nichts darüber wissen?«, rief George Buckland und stellte die Hammerschläge ein. »Immerhin sollst du irgendwann erben, was ich dir vermache. Die Kooperation könnte zu deinem Werk werden.« Er drehte das Schild um und wies auf das ovale Kooperationsabzeichen, in dem ein Flussdampfer angedeutet war. »Du hast dich nie um die wichtigen Dinge gekümmert, Joe.«
Sie stritten seit Jahr und Tag über die Kooperation, die der ganze Stolz von Joes Vater war und ihm aufgrund des Alters allmählich zu entgleiten drohte. Er hatte den Posten des Rechnungsführers schon abgeben müssen und wollte, dass Joe wenigstens den Vorsitz behielt.