Lassiter 2532 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2532 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Dieser verdammte Sturm! Lassiter beugte sich tiefer über den Rücken seines Appaloosas und stieß ihm die Fersen in die Flanken. Schwaden aus rötlichem Sand wirbelten um ihn herum, legten sich über seine Haut und krochen unter das Halstuch, das er sich vor Mund und Nase gebunden hatte.
Sein Reittier flog förmlich dahin, aber sie waren trotzdem nicht schnell genug. Der Sandsturm holte sie ein! Himmel und Erde verschmolzen zu Staub. Jeder Atemzug wurde zur Qual. Sie brauchten dringend einen Unterschlupf, sonst ...
Da tauchte wie aus dem Nichts etwas Großes, Dunkles vor ihm auf und fegte ihn mit ungeheurer Wucht von seinem Pferd. In dieser Wüste lauerte der Tod - und etwas, das noch viel schlimmer war ...


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Seitenzahl: 140

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Lassiter und der heilige Tod

Vorschau

Impressum

Lassiterund derheilige Tod

Dieser verdammte Sturm! Lassiter beugte sich tiefer über den Rücken seines Appaloosas und stieß ihm die Fersen in die Flanken. Schwaden aus rötlichem Sand wirbelten um ihn herum, legten sich über seine Haut und krochen unter das Halstuch, das er sich vor Mund und Nase gebunden hatte.

Sein Reittier flog förmlich dahin, aber sie waren trotzdem nicht schnell genug. Der Sandsturm holte sie ein! Himmel und Erde verschmolzen zu Staub. Jeder Atemzug wurde zur Qual. Sie brauchten dringend einen Unterschlupf, sonst ...

Da tauchte wie aus dem Nichts etwas Großes, Dunkles vor ihm auf und fegte ihn mit ungeheurer Wucht von seinem Pferd.

In dieser Wüste lauerte der Tod – und etwas, das noch viel schlimmer war ...

Irgendetwas schlug dem Mann der Brigade Sieben mit voller Wucht gegen die Brust.

Bevor er es sich versah, wurde er aus dem Sattel geschleudert und stürzte rücklings auf den Boden. Sein Hut flog davon. Die Luft wurde zischend aus seinen Lungen gepresst. Ein unangenehmes Knirschen raste durch seinen Schädel.

Lassiter überschlug sich, konnte weder atmen noch sich bewegen.

War dies das Ende? Verloren in einer staubigen Einsamkeit, in der man seine ausgebleichten Knochen vermutlich erst in vielen Jahren finden würde? Wo er höchstens den Geiern und Kojoten als Festmahl dienen würde?

Blutrote Nebelschwaden waberten vor seinen Augen.

Und dann... kam der Schmerz.

Wie eine glühende Klinge bohrte er sich in seine Eingeweide.

»Aaargh.« Lassiter ballte die Hände zu Fäusten und ertrotzte sich mit einem tiefen Atemzug wieder Luft. Endlich sah er wieder klar – und traute seinen Augen trotzdem nicht, denn auf einmal zeichneten sich Umrisse über ihm ab. Umrisse, die es eigentlich nicht geben durfte. Ein Totenschädel! Leere Augenhöhlen schienen seinen Blick in sich hineinzusaugen. Die bleichen Zähne waren zu einem bizarren Lächeln verzerrt. Staubwolken ließen die Erscheinung verschwimmen.

Ein Schädel? Unmöglich!

Lassiter schüttelte schwer den Kopf, wie ein Büffel am Wasserloch. Er kniff die Lider zusammen und riss sie wieder auf.

Verschwunden.

Der Schädel war fort.

Natürlich war er das. Seine Augen mussten ihm einen Streich gespielt haben. Hier draußen gab es nichts als Sand und vielleicht die eine oder andere verlorene Seele, die sich vor dem langen Arm des Gesetzes verbarg.

Und die Halunken, wegen denen er hierher geschickt worden war.

Seit vielen Jahren ritt er im Auftrag einer geheimen Organisation und ging Verbrechen auf den Grund, an denen sich die örtlichen Sternträger die Zähne ausbissen. Die Brigade Sieben hatte ihren Sitz in Washington und war nur einigen wenigen eingeweihten Mittelsmännern bekannt. Ihre Agenten arbeiteten allein. Das kam Lassiter entgegen. Er verließ sich am liebsten nur auf sich selbst – und auf den 38er Remington an seiner Hüfte.

Seine nächste Mission wartete in Santa Fé auf ihn. Im Augenblick sah es jedoch nicht so, als würde er sein Ziel erreichen. Sein Pferd war längst in den tosenden Schwaden verschwunden. Mit ihm waren die Winchester, sein Wasser und all seine Vorräte dahin!

Lassiter zerbiss einen Fluch zwischen den Zähnen.

Er sprang auf seine Füße und zog sein Halstuch höher über Mund und Nase, weil ihm der elende Sand das Atmen schwermachte. Dann drehte er sich um.

Was zum Geier hatte ihn getroffen?

Ein Mesquitebaum zeichnete sich undeutlich vor ihm ab. Gut zwanzig Fuß hoch und mit einem mächtigen, in sich verdrehten Stamm. Cluster aus honigfarbenen Blüten hafteten an den Ästen. Einer davon hing so tief, dass er Lassiter getroffen und vom Pferd gerissen hatte. Ohne den Sandsturm hätte er ihn schon meilenweit voraus erkennen müssen, so jedoch... Heiliger Rauch! Eine Bewegung zu seiner Rechten ließ die Hand des großen Mannes an seine Waffe schnellen.

An einem der Äste baumelte etwas... oder jemand?

Das Holz knirschte, als würde es zu ihm sprechen.

Lassiter biss sich auf die Lippe und stapfte darauf zu. Er musste sich nach vorn beugen und gegen den Sturm stemmen, der seine Haut wundrieb. Seine Augen tränten, wundgerieben von Sand und Sturm. Der Sand verschluckte das Tageslicht, ließ die Dämmerung früh hereinbrechen. Doch als er näherkam, verdichteten sich die Umrisse vor ihm zu denen eines Menschen.

Oder zu dem, was von ihm noch übrig war.

Lassiter sog die Luft ein.

Jemand hatte den Unglücklichen aufgehängt und ihm die Stiefel geraubt. Seine nackten Füße waren nur noch blutige Klumpen. Die Bissspuren verrieten, dass sich Kojoten an dem Toten gütlich getan hatten. Das Hanfseil hatte sich tief in den Hals des Fremden eingegraben. Die Kleidung hing in Fetzen von dem sehnigen Körper herab. Ein Mann. So viel ließ sich sagen. Das war aber auch schon alles. Sein Gesicht war kaum mehr als solches zu erkennen, nachdem Raubvögel über ihn hergefallen waren. Sie hatten große Brocken aus seinen Wangen gehackt. Die blutigen Augenhöhlen ließen Lassiter hoffen, dass der Unbekannte schon tot gewesen war, als die Beutegreifer ihn entdeckt hatten.

»Lieber Himmel«, flüsterte er. »Wer hat dir das angetan, du armer Teufel?«

Das Tosen des Sturms verschluckte seine Worte.

Sorgfältig musterte er seine Umgebung. Wer auch immer den Unbekannten hier aufgehängt hatte, war sicherlich längst fort. Jedoch... Weiter vorn malte sich etwas Großes, Dunkles in den rötlichen Sandschwaden ab.

Lassiter kämpfte sich weiter und stand kurz darauf vor einer verkohlten Ruine. Wie geschwärzte Totenfinger ragten die Überreste auf: ein Wohnhaus. Es war vom Feuer verwüstet worden. Vom Anbau mit dem Stall waren wenig mehr als schwarze Balken übrig. Auf der Veranda stieß der Agent auf eine weitere Leiche. Eine Frau. In ähnlich schlimmem Zustand wie der Mann. Auch an ihr hatten sich Raubtiere zu schaffen gemacht, und die dunklen Einschusslöcher in ihrem Kleid verrieten, dass ihr Tod kein natürlicher gewesen war. Ob das Feuer ein Zufall gewesen war? Wohl kaum. Nein, das jemand hatte den Siedlern das Lebenslicht gewaltsam ausgepustet und anschließend ihr Heim vernichtet, als wollte er die Sache endgültig machen.

Sie waren nicht die ersten Opfer.

Schon seit einigen Jahren gärte es in New Mexico.

Früher hatte es hier zahlreiche kleine Ranches gegeben, die alle ihr Auskommen hatten. Doch Wassermangel, Unwetter und Übergriffe von Apachen und Mexikanern hatten den Viehzüchtern zugesetzt und viele Leben gekostet. Etliche hatten aufgegeben, waren mit ihren Familien fortgezogen, andere wiederum hatten ihr Land und ihre Tiere übernommen und waren immer reicher und mächtiger geworden. So waren riesige Ranches entstanden. Und sie sollten noch größer werden. Die Rinderbarone wollten immer mehr Land an sich bringen und bedrängten die verbliebenen Viehzüchter, ihnen ihren Grund und Boden zu überlassen. Sie wollten mehr Macht, mehr Einfluss, die Preise für ihr Vieh selbst bestimmen. Viele hatten dem Druck bereits nachgegeben.

Diese Familie hier womöglich nicht.

Sie hatten sich an ihr Zuhause geklammert.

Und teuer dafür bezahlt.

Lassiter mahlte mit seinen Zähnen.

Der Sturm nahm noch an Stärke zu. Knirschend riss ein Teil des Daches ab und schlug auf dem Boden auf. Das Krachen wurde vom Sturm übertönt, aber es machte deutlich, dass er sich nicht länger als unbedingt nötig hier aufhalten sollte.

Lassiter strebte zur Koppel hinüber.

Keine Pferde. Kein Leben.

Diese Ranch war ein Ort des Todes geworden.

Falls der oder die Mörder irgendeine Spur hinterlassen hatten, so war diese vom Sandsturm zugeweht oder fortgerissen worden.

Hier konnte er nichts mehr ausrichten...

Plötzlich gaukelte ein Licht vor ihm. Es schaukelte auf und ab wie ein Irrlicht.

Rettung oder Verderben? Hier draußen war beides möglich!

Der Totenschädel kam Lassiter wieder in den Sinn. Er war ihm so echt erschienen, aber sein Verstand musste ihm etwas vorgegaukelt haben. Lassiter glaubte an Feuer und Blei, jedoch nicht an Geister und wandelnde Tote. Nein, was auch immer er da gesehen hatte, musste sich erklären lassen. Irgendwie.

Heiliger Rauch! Sein Schädel brummte, als wären Hornissen darin eingezogen. Von dem Zusammenstoß mit diesem elenden Baum schmerzte ihm die Brust wie nach einem Ringkampf mit einem Schwarzbären. Es war ein Wunder, dass er ihm nicht ein paar Rippen gebrochen hatte.

Ein Licht konnte andere Menschen bedeuten.

Lassiter zog seinen Remington und kämpfte sich näher an das Licht heran.

Vor ihm schälte sich ein Reiter aus dem Sandsturm. Er hielt eine Lampe und die Zügel in seiner Rechten und einen Revolver in seiner Linken. Ein Staubmantel wirbelte hinter ihm auf. Zwischen dem breitkrempigen Hut und dem hochgezogenen Bandana waren nur zwei braune Augen zu erkennen, die sich forschend auf den großen Mann richteten. Über die Nüstern des Fuchses war schützend ein Tuch gebunden worden. Trotzdem schnaubte das müde Pferd widerwillig.

»Nehmen Sie Ihre Hände hoch, Mister!«, gellte eine Stimme.

Sie gehörte einer Frau!

Lassiter blickte in die Mündung des Revolvers und schwenkte im selben Moment bedeutungsvoll seine eigene Waffe. Er würde den Teufel tun und seine Hände heben. Falls die Fremde etwas mit dem Mord an dem Viehzüchter und seiner Frau zu tun hatte, wollte er gewappnet sein.

Ihr Blick war misstrauisch. Ihre Augen waren gerötet. Sie hob die Lampe, leuchtete in seine Richtung. »Wer sind Sie?« Sie musste rufen, um sich über das Tosen des Sturms Gehör zu verschaffen. »Und was wollen Sie hier?«

»Mein Name ist Lassiter. Ich bin auf dem Weg nach Santa Fé.«

»Bei diesem Wetter?«

»Als ich aufgebrochen bin, war der Himmel noch klar.«

»Wo ist Ihr Pferd?«

»Es ist auf und davon gelaufen, als ich einen unangenehmen Zusammenstoß mit einem Mesquitebaum hatte.«

Ihre Augen verengten sich. »Und die Hendersons?«

»Wer ist das?«

»Die Familie, die hier lebt. Wo sind sie?«

»Falls es sich um einen Mann und eine Frau handelt, dann sind sie beide tot. Ich habe zwei Leichen gefunden.«

»Woher weiß ich, dass Sie die beiden nicht umgebracht haben?«

»Die beiden sind schon länger als einen Tag tot.«

Sie schaute ihm prüfend in die Augen. Ihr Blick war offen, jedoch voller Argwohn. Kein Wunder bei den Geschichten, die man sich über diese Gegend erzählte.

Sekundenlang schwiegen sie beide, umfangen vom Tosen des Sturms.

»Einer von uns muss anfangen, dem anderen zu vertrauen«, meinte Lassiter und senkte seinen Remington. Er hatte nicht übermäßig laut gesprochen, deshalb war es möglich, dass sie ihn nicht verstanden hatte, aber die Geste verstand sie sehr wohl.

Sie hob das Kinn – und dann tat sie es ihm gleich.

»Und wer sind Sie, Ma'am?«

Ihre Augen blitzten auf. »Ich bin Allie. Allie Reynolds.«

»Was treibt Sie bei diesem Wetter hierher?«

»Ich bin auf der Suche nach meinem Vater.« Die Worte waren kaum heraus, als sich weitere Teile der Dachkonstruktion lösten und herabstürzten. Ein Brocken traf Miss Reynolds am Kopf. Mit einem Wehlaut sank sie auf ihrem Pferd zusammen. Sie wäre gefallen, wenn er nicht gedankenschnell zugegriffen und sie gehalten hätte.

»Halten Sie sich fest!« Lassiter steckte seine Waffe in den Gürtel, schwang sich hinter Allie auf das Pferd und fasste nach dem Zügel. »Hier ist es nicht sicher. Wir müssen weg. Kennen Sie vielleicht einen Unterschlupf in der Nähe?«

Sie nickte und deutete ihm vage die Richtung an: Nordosten.

»Also schön. Verschwinden wir von hier! Und zwar schnell!«

Ein scharfer Ritt brachte sie zu einer Ranch südlich von Santa Fé.

Das Adobehaus duckte sich unter krumme Mesquite-Bäume. Der Sturm hatte inzwischen an Kraft verloren, fegte jedoch noch immer wie eine unsichtbare Faust über die Hügel. Er zerrte an den Bäumen, dass sie sich knirschend neigten, und wirbelte Sand und Staub auf. Hier und da klammerten sich dornige Büsche an den Boden. Einzeln, wie willkürlich hingestreut.

Nur einen Steinwurf vom Haus entfernt stand der Stall. Aus dem Inneren drang das Stampfen von Pferden. Lassiter ließ den Fuchs anhalten und half Allie beim Absteigen. Dann führte er ihr Reittier in den Stall, nahm ihm den Sattel ab und gab ihm Wasser. Es senkte den Kopf über das kühle Nass und nahm es auf, als gäbe es kein Morgen. Lassiter strich ihm über den Hals.

»Du hast uns gut getragen, Großer. Ohne dich wären wir aufgeschmissen gewesen. Nun ruh dich aus.« Damit verließ er den Stall wieder.

Unterwegs hatte Allie ihm zu verstehen gegeben, dass es im Umkreis von dreißig Meilen keinen sicheren Lagerplatz für die Nacht gab. Nur Hügel, Staub und Einsamkeit. Der Sturm konnte noch stundenlang weiterwüten, deshalb gab es nur einen einzigen Ort, an dem sie Schutz finden konnten: die Ranch ihrer Familie.

»Wenn wir draußen übernachten, werden wir sterben.« Die schlichte Wahrheit ihrer Worte hatte keinen Widerspruch zugelassen.

Allie klammerte sich an den Holm neben der Viehtränke.

»Können Sie gehen?« Lassiter nahm sie am Arm.

Sie nickte und kämpfte sich durch den Sturm bis zum Haus durch.

Als die Tür hinter ihnen zufiel, fühlte sich die nachfolgende Stille an, als wären sie plötzlich taub geworden.

Allie zog ihr Halstuch nach unten. Darunter hatte sich ein schmales, von der Sonne gebräuntes Gesicht mit anmutigen Zügen verborgen. Dominiert wurde es von sinnlich geschwungenen roten Lippen, die den Blick des großen Mannes auf sich zogen. Sie nahm den Hut ab und schüttelte ihre langen, rotblonden Haare aus. Dann streifte sie den Staubmantel ab. Die Verwandlung war verblüffend. Anstelle der schmächtigen Gestalt, die wenig mehr Substanz als ein Schatten hatte, stand nun plötzlich eine bildschöne Frau vor ihm. Sie hatte eine schlanke Figur, die an genau den Stellen gerundet war, die einem Mann gefielen. Ihre hoch aufgerichtete Haltung verriet, dass sie sich nicht so leicht unterkriegen ließ. Und das, obwohl sie gewiss Schmerzen hatte. An ihrer Schläfe zeichnete sich eine blutende Wunde ab.

»Sie können für die Nacht hierbleiben, Lassiter«, sagte sie.

In diesem Augenblick polterten Schritte auf der Treppe. Eine Frau in einem blauen Kleid wirbelte herunter. Sie mochte einige Jahre jünger als Allie sein. Ihre blonden Locken waren aufgesteckt, aber einige Strähnen hatten sich aus dem Knoten gelöst, ringelten sich um ihre Stirn und verrieten einen gewissen Eigensinn. Sie stockte auf der vorletzten Stufe, als sie Lassiter bemerkte. Ihre Augen weiteten sich, und sekundenlang klappte ihr Mund auf.

»Ida?« Allies Stimme war sanft. »Das ist Lassiter. Er wird den Sturm bei uns abwarten. Lassiter? Meine Schwester. Ida.«

Ihre Schwester hatte nur Augen für sie. »Du bist ja verletzt! Ich habe dir gesagt, du solltest bei diesem Wetter lieber nicht reiten.«

»Ich musste es tun. Nach dem Sturm werden sämtliche Spuren fort sein. Das war meine einzige Chance.«

»Und? Konntest du etwas herausfinden?«

»Leider nicht.« Ein Schatten schien auf das Gesicht der jungen Viehzüchterin zu fallen. »Ich werde morgen in aller Frühe wieder losreiten.«

Die Schultern ihrer Schwester sanken nach unten. Verzweiflung grub sich in ihr Gesicht ein. »Ich... werde gehen und mich um das Abendessen kümmern«, sagte sie leise und wandte sich ab, ehe jemand noch etwas sagen konnte.

Als sie fort war, schaute Lassiter Allie forschend an.

»Was ist mit Ihrem Vater geschehen?«

»Er ist verschwunden.« Sie schüttelte sich leicht, als wollte sie einen unliebsamen Gedanken vertreiben. Dabei schwankte sie plötzlich.

Lassiter fasste sie am Arm. »Wir sollen Ihre Wunde versorgen. Ich habe einige Erfahrungen damit. Wenn Sie es mir erlauben, werde ich mich darum kümmern.«

Allie blickte auf seine Hände. Was auch immer sie sah, schien ihr zu gefallen, denn sie nickte und stieg ihm voraus die Treppe nach oben. Ihr Zimmer war klein, aber behaglich. Ein Quilt lag auf dem Bett. Allie zündete die Lampe auf der Kommode an, und sogleich wurde der Raum in behagliches Licht getaucht.

Ein Krug mit Wasser stand neben einer Schüssel.

Lassiter schüttete etwas hinein und nahm den weichen Lappen, der hier bereitlag. Behutsam tupfte er ihre Schläfe ab. Sie sog scharf den Atem ein, sagte aber nichts, hielt ganz still. »Es blutet nicht mehr. Das ist gut«, stellte er fest. »Die Verletzung ist lang, aber nicht sehr tief. Es sollte keine Narbe bleiben.«

»Danke, Lassiter.«

»Ist Ihnen flau? Oder sehen Sie verschwommen?«

»Nein. Es geht mir wieder gut.«

»Aber Ihnen war schwindelig. Womöglich sollten Sie sich etwas hinlegen.«

»Vielleicht, ja.« Ein Lächeln flog über ihr Gesicht und verriet, dass ihr der Sinn nach etwas anderem stand. Sie nahm ihm den Lappen aus der Hand und zog ihn neben sich auf das Bett. Ihre Augen verdunkelten sich, wie der Himmel es getan hatte, kurz bevor der Sturm losgebrochen war.

Vor den Fenstern toste noch immer das Unwetter. Hier drinnen war es hell und behaglich.

Allie fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. Womöglich tat sie das nicht bewusst, aber der Anblick ihrer rosigen Zunge auf den vollen Lippen war so reizvoll, dass Lassiters Pint mit einem Mal strammstand wie eine Eins. Ihr dunkelblaues Kleid aus dünnem Stoff schmiegte sich wie eine zweite Haut an ihren Körper. Ihre üppigen Brüste hoben und senkten sich unter ihren verräterisch schnellen Atemzügen.

Lassiters Beinkleid spannte mächtig. Allie war purer Sex! Unter ihrer herben Oberfläche verbarg sich eine sinnliche Frau, die nicht gern allein war. Das spürte er.

»Hier draußen ist es oft sehr einsam«, flüsterte sie. »Es verirrt sich selten jemand zu uns heraus, und noch seltener ein Mann wie du.«

»Ein Mann wie ich?«