Lassiter 2549 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2549 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Ein Jahrzehnt vor den glorreichen Tagen des Klondike-Goldrauschs war Fortymile jener Ort, an dem mancher sein Glück und andere ihr Verhängnis fanden. Es waren furchtlose Männer wie Jack McQuesten und Arthur Harper, die damals am Lauf des Yukon River hinaufzogen und den Sandbänken jene goldene Verheißung entrissen, die bald Hunderttausende nach Alaska locken sollte.
Nach McQuesten und Harper kam Frank D. Holland.
Er war ein Goldgräber von altem Schlag: zäh, tapfer und derart verschlagen, dass er jedermann in skrupellose Geschäfte verwickeln konnte. Manche Seele trieb er ins Verderben. Er war der Schakal von Fortymile.
Bis ihm eine Frau namens "Dutch Kate" Wilson das Fürchten lehrte ...


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Seitenzahl: 132

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Kein Frieden am Yukon

Vorschau

Impressum

Kein Friedenam Yukon

Ein Jahrzehnt vor den glorreichen Tagen des Klondi‍ke-Goldrauschs war Fortymile jener Ort, an dem mancher sein Glück und andere ihr Verhängnis fanden. Es waren furchtlose Männer wie Jack McQuesten und Ar‍t‍h‍u‍r Harper, die damals am Lauf des Yukon River hinaufzogen und den Sandbänken jene goldene Verheißung entrissen, die bald Hunderttausende nach Alaska locken sollte.

Nach McQuesten und Harper kam Frank D. Holland.

Er war ein Goldgräber von altem Schlag: zäh, tapfer und derart verschlagen, dass er jedermann in skrupellose Geschäfte verwickeln konnte. Manche Seele trieb er ins Verderben. Er war der Schakal von Fortymile.

Bis ihm eine Frau namens »Dutch Kate« Wilson das Fürchten lehrte ...

»Seht euch dieses Mannweib an!«

Die Männer rings um John Rogers lachten leise auf, als der Goldgräber die Passstraße hinunter deutete und seinem Pferd gleichzeitig die Sporen in den Leib rammte. Er wies auf die einzige Frau in der Seilschaft, die seit fünf Tagen auf dem Weg nach Fortymile war.

»Hör auf, zu spotten!«, brummt ein älterer Goldsucher namens George Lambert, den alle bloß »Tuck« riefen. Er stützte sich auf die Packtaschen seines Pferdes. »Seid glücklich, dass überhaupt ein Frauenzimmer seinen gepflegten Fuß nach Alaska setzt! Wollt ihr ewig mit den Einheimischen herumalbern?«

Die Belustigung unter den Männern verflog so schnell, wie sie gekommen war. Sie wich der grimmigen Strenge, die diese schneebedeckten Gebirgszüge einforderten, solange man am Leben bleiben und ins Yukon-Territorium gelangen wollte. Vor Rogers und seiner Seilschaft hatte es Hunderte versucht und waren gescheitert.

»Geht weiter!«, brummte der Goldgräber und dirigierte seine Packpferde mit einigen Rutenschlägen den vereisten Hang hinauf. Er hatte sich unten am Dampfschiff zähe Biester geben lassen, die anders als Rogers' Leute an Schneestürme und brüllende Grizzlys gewöhnt waren. »Wollt ihr hier oben Wurzeln schlagen? – Was ist mit Ihnen, Miss? Brauchen Sie Hilfe?«

Eine Horde Grizzlys war in der vergangenen Nacht bis zu ihrem Lager vorgedrungen und hatte sich nur mit Gebrüll und hellen Fackeln verscheuchen lassen. Die Bären waren von Miss Wilson entdeckt worden.

»Keineswegs, Mr. Rogers!«, gab die junge Frau mit dem brünetten Haar zurück. Sie trug Hosen wie die Männer und hatte sich ein Schaffell um die Schultern gegurtet. »Mir war nur nach einem Stück Proviant! Ich bin gleich wieder bei Ihnen!«

Das Lastpferd der jungen Miss war sorgfältiger und akkurater gepackt als die meisten anderen Gäule der Seilschaft, und Rogers war im Stillen voller Bewunderung über die Fertigkeiten der jungen Frau. Er wollte Miss Wilson lediglich auf ihren Platz verweisen, weshalb er einen härteren Ton als nötig anschlug. »Los, dann kommen Sie! Wir können nicht warten, weil Sie der Hunger packt! Sie hatten versprochen, dass Sie uns kein Klotz am Bein sind!«

Die attraktive Holländerin hatte Rogers tatsächlich versprochen, dass sie die Seilschaft durch ihre Teilnahme nicht aufhalten würde. Sie war überzeugt gewesen, dass sie das Gleiche leisten konnte wie ein Mann, und hatte all ihre Kleider in ein einziges Bündel geschnürt.

»Sind Sie bisher enttäuscht worden?«, rief Kate und stemmte die Arme in die Seiten. »Die Grizzlys wären über das Lager hergefallen, hätte ich sie letzte Nacht nicht gesehen.« Sie deutete über die Schulter. »Die Bären folgen uns noch.«

Rogers zog die Stirn in Falten. »Noch immer? Wann haben Sie den letzten Meister Petz gesehen?«

»Vor etwa einer Stunde«, erwiderte Kate und zog an den Zügeln ihres Packpferdes. »Sie hielten sich eine Viertelmeile unterhalb von uns. Ich hätte einen von ihnen schießen können.« Sie lächelte und manövrierte sich und das Pferd an Rogers vorbei. »Aber was hätte es uns genutzt?«

»Einer davon wäre tot«, stellte Rogers trocken fest. »Sie hätten abdrücken können und haben es nicht getan? Wollten Sie, dass wir Männer die Arbeit erledigen?«

Das rundliche Gesicht der Holländerin bekam einen säuerlichen Ausdruck. »Sehen Sie in mir ein Weib, das auf Männer angewiesen ist? Ich schieße keinen Bären, solange er uns nicht bedroht. Ich bin mir keiner Schuld bewusst.« Sie schaute zu den anderen Männern. »Ziehen wir weiter?«

Die Seilschaft stieg zum ersten Gipfel hinauf, der auf tausend Fuß lag und trotz der milden Temperaturen mit Eis überzogen war. Eines der Pferde geriet ins Rutschen und war erst mittels langen Zuredens wieder zu beruhigen. Als es festen Tritt gefunden hatte, sorge Miss Wilson abermals für Aufregung.

»Weg da!«, stieß sie Rogers zur Seite und riss das Gewehr aus dem Futteral. Sie sprang mit beiden Beinen voran in den lockeren Schnee und watete ein Stück den Hang hinunter. »Dort drüben! Sehen Sie?«

Erst in dieser Sekunde erblickte Rogers die beiden Grizzlybären, die sich mit aufgestelltem Nackenfell angeschlichen hatten. Sie waren gegen den Wind gelaufen, der jedes ihrer Geräusche verschlungen hatte.

»Gott im Himmel!«, rief Lambert und lud ebenfalls sein Gewehr. Er sprang zu Wilson in den Schnee hinunter und drehte sich zu Rogers um. »Auf diese Frau sollten wir öfter hören! Sie scheint einen Sinn für die Bestien zu haben! Los, kommt! Helfen wir ihr!«

Nacheinander banden die Männer ihre Pferde an, machten ihre Gewehre schussbereit und bezogen an der Bergflanke Stellung. Sie nahmen den größeren der beiden Grizzlys ins Visier und brachten ihn mit fünf Schüssen zur Strecke.

Das andere Tier richtete sich die brüllend auf und ging auf die Seilschaft los.

Die Konturen des mächtigen Bergbewohners lösten sich im stiebenden Schnee auf, sodass Rogers für einige Sekunden nicht wusste, wohin er zielen sollte. Er watete ebenfalls durch den Schnee, sah den Bären plötzlich wieder und drückte ab.

Seine Kugel zischte pfeifend über das Raubtier hinweg.

Gleichzeitig gab Kate Wilson zwei tödliche Schüsse ab und senkte den Karabiner. Sie hatte den Grizzly in die Brust und in den Schädel getroffen. Der Bär brüllte vor Schmerz auf, überschlug sich in seinem Lauf und blieb reglos im tiefen Schnee liegen.

»Miss!«, rief Rogers überrascht aus und zog den Hut. »Ich schätze doch, dass wir Ihnen zu Dank verpflichtet sind. Sie müssen das beste Auge diesseits von Anchorage haben.« Er lachte grimmig. »Sie werden's ins Alaska leicht haben!«

Die Holländerin hängte sich das Gewehr um und stapfte zu dem toten Bären. Sie schnitt ihm die Kehle durch, maß mit fünf Schritten dessen Länge ab und blieb zufrieden davor stehen. »Der Kerl wird ein hübsches Fell abgeben! Fünfzig Dollar gibt's dafür wenigstens!«

Dawson, Alaska, ein Jahr darauf

Der Spuckwettbewerb der Dampfschiffmatrosen ging in die vierte Runde, als May Dobbs der ganzen Sache überdrüssig wurde. Die Männer hatten sich eine Kerbe im Deckenpfosten zum Ziel erkoren und spien reihum aus. Sie tanzten und feixten dabei, mit den Armen untergehakt, und tranken den letzten Whisky aus.

»Holde Sirene vom Yukon!«, brüllte der Älteste und verfehlte die Marke nur um Haaresbreite. Er schlug seinen Kumpanen auf die Schulter und sah nach May. »Wie wär's mit uns beiden, Kleine! Viermal hab' ich gewonnen! Viermal schon, Mädchen!«

May zog die Brauen hoch und wischte den Tisch ab. »Solche Talente kann ich nicht brauchen, Herb! Die Queen of Georgia geht bald! Müsst ihr nicht zurück an Bord?«

Der Saloon im Skagway Inn war für diese Stunde spärlich besucht, was vermutlich an dem auf Grund gelaufenen Dampfer lag, der mitten in der Nacht die Untiefen am Garner Creek durchfahren hatte. Fast fünfzig Leute waren gestrandet und behalfen sich mit Proviant aus der Ladung.

»Heute nicht mehr, May!«, rief ein anderer Matrose und spuckte. Er streckte der Chinesin das Glas entgegen. »Füll's uns auf, Hübsche! Die Queen of Georgia ist zur Rettung ausgefahren! Kommt erst morgen zurück!«

Seufzend schenkte May dem Matrosen ein und behielt dabei den einzigen anderen Gast im Auge. Er saß weitab von den spielenden Männern an einem Ecktisch, trank bloß Tee und einen heißen Cognac und sah hin und wieder zu ihr herüber. Er war gutaussehend, breitschultrig und hatte stechend blaue Augen.

»May!«, brüllte ein dritter Matrose, der kräftiger als die anderen Männer war. Er galt als jähzornig und unberechenbar. »Bringst du nicht bald frischen Whisky, schlagen wir dir die Bude klein! Ich will saufen, Mädchen!« Er griente. »Oder hast du was dagegen, Schlitzäuglein?«

Bei der abschätzigen Bezeichnung, die May an diesem Abend nicht zum ersten Mal hörte, stand der Fremde auf und trat an den Tisch der Matrosen. Er packte den Kräftigeren beim Kragen, zerrte ihn vom Stuhl und verpasste ihm einen saftigen Kinnhaken. Die anderen Männer waren derart überrumpelt, dass sie kein vernünftiges Wort über die Lippen brachen.

»Hör zu, du kleiner Dreckshund!«, sagte der Fremde in schneidendem Ton. Er setzte dem beleibten Matrosen den Stiefel auf die Brust und drückte ihn auf die Dielen hinunter. »Wenn ich dich dieses Wort noch einmal sagen höre, ertränke ich dich draußen im Yukon, verstanden? – Ihr anderen, ihr verschwindet! Ihr habt die Lady gehört!«

Einer der Matrosen lallte einige Widerworte, bevor er über den Tisch stürzte und neben seinen kräftigen Gefährten stürzte. Er rappelte sich auf, hob drohend die Faust und zog sich mit den anderen Männern langsam zur Tür zurück.

Im nächsten Moment war May mit dem Fremden allein.

Sie räumte verlegen den Tisch ab, machte einen Satz über die Hinterlassenschaften des Spuckwettbewerbs und stapelte die leeren Gläser ineinander. Der breitschultrige Unbekannte holte seine Jacke vom Tisch, griff hinein und holte zwei Vierteldollar daraus hervor.

»Sie müssen nicht zahlen«, sagte May und lächelte. »Sie haben mich vor einer Nacht schwerer Arbeit bewahrt. Ich wäre diese Dummköpfe nie losgeworden.« Sie legte das Tuch beiseite. »Wie heißen Sie, Sir?«

Der Fremde legte die beiden Vierteldollarmünzen auf die Theke und setzte den Hut auf. »Lassiter, Miss. Mein Name ist Lassiter.«

Das Kuvert aus dem Hauptquartier war ungewöhnlich prall gefüllt und wurde durch einen Eilkurier zugestellt, der die beschwerliche Route von Beaver Creek aus genommen hatte. Auf der Verschlusslasche haftete das Wachssiegel des Justizministeriums, das sich gewöhnlich nur telegraphisch mit Bob Newell in Verbindung setzte.

»Sieben Dollar, Sir«, sagte der Bote und hielt die Hand auf. »Man hat mir gesagt, dass Sie meine Bezahlung vornehmen. Ich muss darauf bestehen. Ich bitte um Verzeihung.«

Schweigend zählte Newell die Dollars ab und reichte sie dem Boten. Er hatte schon höhere Preise für eine Expresssendung aus Washington bezahlt. »Nehmen Sie, Junge, und gehen Sie! Ich muss diesen Brief öffnen. Ich bin dir dankbar, dass du dich so rasch auf dem Weg gemacht hast.«

Das Expressgeschäft im Yukon-Territorium brummte, seitdem die ersten Minencamps oben bei Fortymile aufgemacht hatten. Es gab Banken, die Schuldscheine allein für die Nachricht, dass irgendwo Gold gefunden worden sei, ausstellten und den oft mittellosen Goldwäschern damit das Werkzeug bezahlten.

Manches Bankhaus machte damit ein gutes Geschäft, und Newell konnte sich als Eigentümer der Newell Transportation Co. darüber freuen, dass reger Postverkehr mit Fortymile und Dawson bestand. Er hatte inzwischen vierzig Kutschen und ein Dampfboot unter Vertrag.

Das Kuvert der Brigade Sieben war doppelt versiegelt.

Inzwischen stand Newell beinahe zehn Jahr im Dienst der Geheimorganisation, die im ganzen Land heikle Aufträge ausführte und das Wohlergehen der Nation sicherte. Er hatte sich dem Justizministerium aus Überzeugung angeboten, nachdem er erfahren hatte, dass in Alaska Vertrauensmänner der Regierung gesucht wurden.

»Schau einer an!«, murmelte Newell zu sich selbst und zog die Unterlagen aus dem dunkelbraunen Papierumschlag. Er hatte sich nicht getäuscht. Allein der erste Stoß waren beinahe zwanzig Seiten mit Abschriften von Informantenprotokollen. »Ich muss mir einen geeigneten Mann dafür besorgen.«

Die Agenten der Brigade Sieben, mit denen Newell bisher zu tun gehabt hatte, waren schweigsame und in höchstem Maße begabte Männer gewesen, die sich auf ihr Handwerk verstanden. Sie arbeiteten still und effizient und schreckten auch vor Bluttaten nicht zurück, sofern es die Mission erforderlich machte.

Lassiter.

Aus dem Hauptquartier legte man Newell einen Mann ans Herz, der sich gegenwärtig in Dawson aufhielt und für die Mission außerordentlich gut befähigt zu sein schien. Er befand sich derzeit im Skagway Inn und genoss im Hauptquartier einen überragend guten Ruf.

Je länger Newell jedoch in den Unterlagen blätterte, desto größer wurden seine Zweifel.

Er konnte keinen Schürzenjäger und Frauenhelden auf eine Mission schicken, die höchstes Fingerspitzengefühl und eine wohlüberlegte Strategie erforderte. Er musste einen Kandidaten finden, der sich im Yukon-Territorium auskannte und sich der Sache mit Leib und Seele verschrieb.

Der Befehl aus dem Hauptquartier indes war eindeutig.

Unter keinen Umständen sollte ein anderer Agent als Lassiter mit diesem Auftrag betraut werden, und die notwendige Unterredung sollte so bald wie möglich stattfinden. Die Order vom Kommandostab der Brigade Sieben war vom Justizminister gesondert beglaubigt worden.

»Meinetwegen«, knurrte Newell und schob die Akten in das Kuvert zurück. »Soll es dieser Lassiter eben werden.«

Unter dem leuchtend roten Deckenschirm brannten zwei helle Petroleumlampen, die hinter der Papierwand wie Kutschlaternen aussahen. Sie tauchten die Kammer, die May Dobbs bewohnte, in flackerndes Zwielicht und erleuchteten spärlich das Bett, in dem die Chinesin und ihr Liebhaber lagen. Als May sich zu Lassiter umdrehte, hatte sie sich bereits ihres Kimonos entledigt.

»Du wirst frieren«, sagte Lassiter und nahm die zierliche Asiatin in die Arme. Er küsste sie und schob ihr sanft eine Hand zwischen die Beine. »Es sei denn, wir halten uns gegenseitig warm.«

»Woran denkst du?«, flüsterte May und räkelte sich in Lassiters Armen. »Du wirst mehr aufbieten müssen als eine Umarmung.«

Der Mann der Brigade Sieben lächelte und zog May an sich. Er hatte sich nicht lange bitten lassen, als seine Bekanntschaft den Saloon verschlossen und Lassiter gebeten hatte, sie zu begleiten. »Ich biete alles auf, wonach du dich sehnst.«

Die schwarzhaarige Chinesin war mit einem Pazifikdampfer nach San Francisco gekommen, hatte sie Lassiter auf dem Heimweg erzählt, und sie wollte nach New York, zu entfernten Verwandten, die ein Häuschen am Hudson River besaßen. Die meiste Zeit grübelte sie über die vierzig Dollar nach, die sie für die Reise benötigte, und für zehn Dollar mit einem Mann, den sie mochte, ins Bett zu steigen, kam ihr nicht verwerflich vor.

Lassiter hatte ihr zwanzig Dollar gegeben.

Zärtlich revanchierte sich May für seine Großzügigkeit, indem sie sich graziös auf ihn schwang und mit weit gespreizten Schenkeln langsam ritt. Sie hatte seinen steifen Pint bewundert, der sich buchstäblich aus der Hose gedrängt hatte, als das Saloongirl sich entkleidete.

»O Lassiter!«, hauchte May jetzt und beugte sich zu Lassiter hinunter. Sie zitterte vor Ekstase und umfasste sein Gesicht mit beiden Händen. »Du wirst mir nie wieder aus dem Sinn gehen, wenn du so weitermachst... Ich könnte dich mitnehmen wollen nach New York.«

Sein Taktgefühl riet Lassiter, sich zu derlei Träumereien nicht zu äußern, bevor das Schäferstündchen vorüber war. Er würde May enttäuschen müssen, wie er unzählige Frauen zuvor hatte abweisen müssen, um seine Aufträge für die Brigade Sieben nicht zu gefährden. Er war verdammt dazu, sich allein seiner Pflicht zu widmen.

»Härter!«, seufzte May und schloss die Augen. Sie krallte die Nägel in seine Brust und stöhnte auf. »Du hättest mir früher begegnen sollen... Schon viel früher...«

Die Brüste der Chinesin waren fest und makellos rund. Sie sprangen vor Lassiter auf und ab, der bei diesem Anblick kaum noch an sich halten konnte. Zu seinem Glück erging es May nicht anders.

Sie gelangten zur gleichen Zeit zum Höhepunkt.

Erschöpft sank May auf ihren Geliebten nieder, als plötzlich zwei schwere Faustschläge die Kammertür erschütterten. Die Asiatin schreckte auf und sprang vom Bett. »Wer ist da? Ich erwarte keinen Besuch.«

»Bob Newell«, lautete die Antwort. »Von der Newell Transportation Corporation.«

»Bob?«, rief May aus und schnürte das Korsett vor dem Bauch. Sie bedeutete Lassiter mit einer Geste, dass er aus dem Bett verschwinden solle. »Wie... was führt Sie zu mir? Der Saloon ist geschlossen, und ich –«

»Sparen Sie sich die Ausflüchte!«, drang es durch die Tür. »Ich weiß, dass Sie mit Lassiter zusammen sind. Ich muss mit ihm sprechen.« Newell knurrte etwas Unverständliches. »Auf der Stelle, Miss.«

»Hätten Sie nicht warten können?«

Die Mainstreet von Dawson verwaist und von feinem Regen benässt, als die Männer das Haus von May Dobbs verließen und einige Zeit schweigend nebeneinanderher liefen. Newell hatte das Kuvert dabei, das per Eilkurier aus Washington gekommen war.