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Das Gilbart’s Starch war der dreckigste Saloon in ganz Kansas und dennoch jeden Abend bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Rindertreiber saßen meist auf der einen, die Händler und Fuhrwerksvermieter auf der anderen Seite. Sie fanden selten zum Poker zusammen, und wenn sie es taten, ging es hoch her.
"Zwanzig auf den Tisch!", brüllte ein beleibter Mietstallbesitzer und warf Thomas Jackson mehrere Vierteldollar zu. "Raus mit dem Blatt, Junge! Raus damit!"
Der Cowboy blieb ruhig und zählte sein eigenes Vermögen durch. Er konnte einen weiteren Gewinn gut gebrauchen. Der Mord an Miss Lottie E. Jenkins war ein teures Unterfangen. "Zwanzig für Sie, Mister! Ich lege weitere zwanzig drauf!"
Der Mann vom Mietstall zögerte einen Moment und ging mit. "Meinetwegen, du Teufel, sollst du haben! Sollst du haben!"
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2021
Cover
Späte Rache
Vorschau
Impressum
SpäteRache
Das Gilbart's Starch war der dreckigste Saloon in ganz Kansas und dennoch jeden Abend bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Rindertreiber saßen meist auf der einen, die Händler und Fuhrwerksvermieter auf der anderen Seite. Sie fanden selten zum Poker zusammen, und wenn sie es taten, ging es hoch her.
»Zwanzig auf den Tisch!«, brüllte ein beleibter Mietstallbesitzer und warf Thomas Jackson mehrere Vierteldollar zu. »Raus mit dem Blatt, Junge! Raus damit!«
Der Cowboy blieb ruhig und zählte sein eigenes Vermögen durch. Er konnte einen weiteren Gewinn gut gebrauchen. Der Mord an Miss Lottie E. Jenkins war ein teures Unterfangen. »Zwanzig für Sie, Mister! Ich lege weitere zwanzig drauf!«
Der Mann vom Mietstall zögerte einen Moment und ging mit. »Meinetwegen, du Teufel, sollst du haben! Sollst du haben!«
Am Morgen des 28. Oktober 1880 war Lottie E. Jenkins so blendend gelaunt, dass sie den Gedanken daran, am gleichen Tag sterben zu müssen, rundweg abgelehnt hätte. Sie stand auf der Veranda des zweistöckigen Holzbaus, in dem die Kansas Women's Temperance League ihren Sitz hatte, und ging den Entwurf ihrer Rede durch.
Neben Lottie stand Mrs. Wolfe, die sich um die Schriftangelegenheiten des Frauenbundes kümmerte. Sie hatte Lottie darum gebeten, ihr eine Abschrift der Rede anzufertigen. »Meine Güte, Miss Jenkins, Sie müssen doch verstehen, dass ich meine Arbeit erledigen müssen! Sie können sich in Wichita nicht aufführen, als hätten Sie keine Manieren!«
Lottie war in ihre Rede vertieft und hörte den tadelnden Unterton nicht. »... möchte ich die Farmer dieses Bundesstaates auffordern, sich nicht länger ... Oder besser: sich nicht auch noch ... Was meinen Sie, Mrs. Wolfe?«
Die Schriftführerin schüttelte den Kopf und verdrehte gleichzeitig die Augen. Sie hatte die League in Wichita mitbegründet, widmete sich allerdings seit langem nur noch der Korrespondenz. »Sie müssen wissen, was Sie diesem wütenden Männervolk sagen, Miss. Ich würde Ihnen raten, die strittigen Passagen zu streichen und dafür –«
»Dafür die Segel zu streichen?«, schnitt Lottie der älteren Frau das Wort ab. Sie rollte das Redemanuskript zusammen und steckte es in die Rocktasche. »Mir schreibt kein Mann vor, ob und wie ich meine Stimme erhebe. Dieses Land geht ohne uns Frauen vor die Hunde.«
Vier Stunden darauf hatten sich auf der Kreuzung von Mainstreet und Bowell-Street über hundert Männer versammelt.
Sie waren dem Aufruf der Kansas Women's Temperance League gefolgt, die jedem Anwesenden eine freie Stunde im Rechtsanwaltsbüro Spalding & Smith versprochen hatte. Die Gespräche bei den Rechtsanwälten waren unter Farmern begehrt, die etwas gegen die schlechte Preislage bei Mais und Bohnen unternehmen wollten.
Auf Lottie waren die Männer dennoch schlecht zu sprechen.
»Scher dich von der Bühne, Krawallmacherin!«, schrie es aus der ersten Reihe, als Lottie die Stufen zum Rednerpult hinaufstieg. Der Mann erntete Pfiffe und Beifall. »Schert euch alle zum Teufel! Euretwegen bekommen wir bald keinen Bourbon mehr!«
Durch die Menge ging ein raunender Tumult, an den Lottie inzwischen gewöhnt war. Sie hatte fast zwanzig Reden für die Temperance League gehalten und jeden ihrer Zuhörer davon überzeugt, dass ein Verbot der Alkoholproduktion, wie es verschiedentlich gefordert wurde, von Nutzen wäre.
»Lasst sie reden!«, verschaffte sich ein anderer Mann Gehör. Er hob den rechten Arm, von dem nur noch ein Stumpf vorhanden war. »Hab' den Arm am Dampfrad verloren! War damals besoffen, Leute! Nehmt euch ein Beispiel an mir und hört ihr zu!« Er sah zur Bühne. »Miss Jenkins, bitte fangen Sie an!«
Zögerlich trat Lottie an das Pult und legte sich den Entwurf zurecht. Sie sprach üblicherweise frei und wob Geschichten mit ein, die man ihr zugetragen hatte. An diesem Morgen jedoch fiel ihr kaum etwas ein.
Dennoch lauschte ihr die Menge.
Sie sprach über das Waisenhaus in Boughton, in dem Kinder und manchmal Frauen von Trunkenbolden untergebracht wurden. Sie redete über eine junge Farmerin aus Ohio, die mit ihrem Mann nach Kansas gekommen war und binnen eines Jahres sämtlichen Besitz verloren hatte. Sie appellierte an das Gewissen der Männer.
Kein Widerspruch regte sich.
Manchmal sah Lottie ein oder zwei Männer vom Platz gehen, oft mit einer abfälligen Geste, die unbemerkt blieb. Sie konnte die gelangweilten Rindertreiber verstehen, die gingen, weil sie noch keine Frauen hatten. Sie konnte auch die notorischen Säufer verstehen, die sich ihre Rede nicht anhören wollten.
»Seid tapfer, hochverehrte Männer!«, rief Lottie mit lauter Stimme zum Abschluss. Sie stützte sich auf das Pult und beugte sich nach vorn. »Ihr alle habt Verantwortung für eure Frauen! Jeder Dollar, den ihr im Saloon versauft, fehlt euren Kindern und euren Gattinnen! Sie können nicht ohne euch leben!«
Auf der Kreuzung herrschte andachtsvolle Stille, die nun kein Störenfried mehr unterbrach. Lottie hatte alle Kraft aufgewandt, um die Männer zu überzeugen, und die Mühe hatte sich gelohnt. Sie hatte die Herzen dieser Kerle, die –
Ohrenbetäubend entlud sich ein Gewehr in der Menge.
Der Schütze stand vierzig oder fünfzig Fuß von der Bühne entfernt, hatte den Karabiner abrupt in die Höhe gerissen und den Abzug durchgezogen. Er starrte Lotte mit zorniger Miene an und nahm die Waffe herunter.
Die Kugel hatte Lottie in den Hals getroffen.
Vom brünetten Haar der jungen Frau war ein Stück davongeflogen, als hätte jemand blitzschnell eine Sichel geschwungen. Die Patrone hatte Lottie den Hals aufgerissen und eine fingerlange Wunde hinterlassen.
Lottie spürte das feuchte Blut.
Sie fühlte es ihre Haut hinabrinnen, fasste mit einer Hand nach der Wunde und griff in das verletzte Fleisch. Sie starrte in die Menge, die wie sie den Atem anhielt. Sie starrte auf die beiden Männer, die den Gewehrschützen gepackt hatten und festhielten.
Dann schwanden Lottie die Sinne.
Sie sackte am Rednerpult zusammen, hielt sich kraftlos am Holz fest und rutschte auf die Bühnenbretter hinunter. Sie konnte den stahlblauen Himmel über Wichita sehen. Sie konnte das Tuscheln der versammelten Männer vernehmen.
Schreiend stürmte Mrs. Wolfe die Treppe hinauf.
✰
Die junge Brünette im Vorzimmer von Gouverneur John St. John hieß Harriet und schrieb gerade an einem Brief, als der Mann der Brigade Sieben als letzter Besucher an diesem Tag eintrat. Sie hatte ein Telegramm von Lassiter erhalten und lächelte den großgewachsenen Fremden scheu an. »Sie werden einen Augenblick warten müssen, Mr. Lassiter.«
Geduldig setzte sich Lassiter auf einen Stuhl an der Wand und betrachtete das Ölgemälde über Harriets Schreibtisch. Das Werk zeigte die »Mayflower«, die in stürmischer See geraten war und von einem mutigen Kapitän auf Kurs gehalten wurde. Unter dem »Mayflower«-Gemälde stand eine Kommode mit einem Trockengesteck darauf.
»Der Gouverneur wird Sie gleich empfangen«, sagte Harriet und lächelte abermals scheu. Sie hatte sanfte Rehaugen und einen schmalen, hübsch geschwungenen Mund. »Sind Sie geschäftlich in Kansas?«
»Auf gewisse Weise«, sagte Lassiter und verschränkte die Hände im Schoß. »Ich erledige einen Auftrag für Gouverneur St. John. War Mr. Bitters bereits bei Mr. St. John?«
Das Hauptquartier in Washington D.C. hatte Lassiter telegraphisch mitgeteilt, dass Ed Bitters aus Topeka, Kansas, ihn erwartete. Der Mittelsmann galt als Vertrauter von Gouverneur John St. John und war Lassiter als Auftraggeber zugeteilt worden. Der Zug nach Kansas war noch in den Nachtstunden gefahren.
»Bisher dreimal«, sagte Harriet und setzte ein schwungvolles Signum unter den Brief. »Er pflegt ein gutes Verhältnis mit dem Gouverneur. Es ist nicht ungewöhnlich, dass er im Büro ist.« Sie blickte kokett über den Schreibtisch. »Sind Sie verheiratet, Mr. Lassiter?«
Der große Mann aus Washington lächelte. »Nicht dass ich wüsste, Miss. Ich schätze die Unabhängigkeit.« Er stand auf und lief zum Tisch hinüber. »Wie steht es mit Ihnen?«
»Weder verliebt noch verlobt«, gab Harriet spitz zurück. Sie stellte den Federhalter in den Ständer, schraubte das Tuscheglas zu und faltete mit ihren zarten Händen den Brief zusammen. »Man trifft in Kansas Rinderzüchter oder Rindertreiber, ab und an einen Drogisten oder einen durchreisenden Handelsmann. Eine Frau muss hier Augen und Ohren aufhalten.«
Sie schob den Brief in ein Kuvert, versiegelte es und blickte Lassiter verträumt an. Als sie den Brief zu den übrigen legen wollte, öffnete sich die Tür zum Gouverneursbüro. Das Haupt eines schmalen Mannes mit einem zottigen Schnurrbart erschien darin. »Miss Clarks? Sie müssen mir die Railroad-Sache noch einmal schicken. Ich bin nicht –« Sein Blick sprang zu Lassiter. »Mister? Wollen Sie zu mir?«
Im gleichen Augenblick betrat ein untersetzter Mann in einem staubigen Ledermantel das Vorzimmer. Er nickte St. John und Harriet zu und stürmte an Lassiter vorbei.
Der Gouverneur lächelte erfreut. »Mr. Bitters! Ed! Es freut mich, dass Sie gekommen sind.« Er wies zu Lassiter. »Ich denke, unser Gast aus Washington ist bereits eingetroffen. Eine günstigere Gelegenheit für einen Umtrunk wird sich uns nicht bieten.«
Harriet senkte beschämt den Blick, versprach leise, dass sie eine Flasche Bourbon bringen würde, und stahl sich an Lassiter vorbei zum Wandschrank. Die Männer betraten unterdessen das Gouverneursbüro.
»Wie Sie wissen«, begann St. John umgehend, »stehen dem Bundesstaat Kansas demnächst große Änderungen bevor. Als Befürworter und Unterstützer der Temperenzbewegung setze ich durch, dass die Verfassung dieses Staates eine Ergänzung erhält, die jegliche Herstellung und Abfüllung von Alkohol unter Strafe stellt.«
Bitters sah zu Lassiter und applaudierte dem Gouverneur höflich. Er hatte den Mantel ausgezogen und über die Stuhllehne gehängt. »Ausgesprochen mutig, Gouverneur St. John. Die Prohibition wird Kummer in diesem Staat lindern.«
Sie verfielen in Schweigen, als Harriet eintrat und jedem der Anwesenden einen Drink servierte. Sie strich Lassiter, als sie dessen Glas absetzte, sanft über den Arm und lächelte.
»Miss Clarks«, sagte Gouverneur St. Johns und nickte freundlich. »Wir wollen das Glas auf die ungenannte Zahl von Frauen erheben, die an der Trunkenheit leiden. Nicht jeder Mann kann den Bourbon aus Genuss trinken, wie wir es gerade tun.«
»Kaum ein Ehemann, Gouverneur«, meinte Harriet und schloss die Tür hinter sich. Die Männer prosteten einander zu und tranken jeder einen Schluck des guten Kentucky-Bourbons.
»Die Brigade Sieben ist von uns gerufen worden«, sagte Bitters und schaute zu Lassiter. »Vor einer Woche ist in Wichita fast eine Frau ermordet worden, die öffentlich über die Prohibition gesprochen hat. Sie wurde von einer Kugel am Hals getroffen und kann seither nicht mehr sprechen.«
»Miss Lottie E. Jenkins«, ergänzte Gouverneur St. Johns. »Sie ist eine glühende Verfechterin der Prohibition und eine große Hilfe für mich. Sie muss ihre Fähigkeiten als Sprecherin unbedingt wiedererlangen.« Er heftete den Blick auf Lassiter. »Womit Sie ins Spiel kommen, Sir.«
Schweigend nickte Lassiter und beugte sich nach vorn.
»Das Holy-Bible-Hospital liegt hundertfünfzig Meilen von Wichita entfernt«, übernahm wieder Bitters das Reden. Er zog einen braunen Umschlag aus dem Mantel und reichte ihn Lassiter. »Es ist die einzige Einrichtung dieser Art und verfügt über erfahrene Ärzte, die Frauen wie Miss Jenkins gesunden lassen können. Die Brigade möchte, dass Sie die junge Frau dahin eskortieren.« Er hob die Brauen. »Unter höchster Diskretion, Mr. Lassiter.«
Das Kuvert war mit allerhand Dokumenten aus dem Hauptquartier gefüllt. Einige der Schriftstücke waren aus vertraulich eingestuft, andere waren falsche Schreiben aus dem Gouverneursbüro, die Lassiter helfen würden, eine Tarnung aufrechtzuerhalten. »Wie lange habe ich Zeit dafür? Ist man hinter Miss Jenkins noch her?«
»Wir gehen nicht von einem einzelnen Täter aus«, sagte Gouverneur St. John. »Der Schütze von Wichita hält den Mund über seine Tat. Er wollte dem Sheriff nicht das Mindeste darüber sagen. Wir haben ihm sogar den Galgen angedroht.« Er seufzte. »Es steht zu befürchten, dass man Miss Jenkins erneut angreifen wird.«
»Nicht unter meinem Schutz«, versprach Lassiter und steckte das Kuvert ein. »Ich bringe Miss Jenkins wohlbehalten ins Hospital.«
»An Ihren Qualitäten zweifeln wir nicht«, sagte Bitters und rieb die Lippen gegeneinander. »Wir haben dennoch beschlossen, dass wir Ihnen einen Mann aus dem Gouverneursbüro an die Seite geben. Er kennt Kansas wie seine Westentasche und wird Ihnen eine Hilfe sein.«
Der Gouverneur nickte langsam. »Dieser Herr erwartet Sie bereits. Er darf nichts davon erfahren, dass Sie für die Brigade Sieben arbeiten. Er hält Sie für einen Privatdetektiv, der eine verwundete Frau ins Hospital bringt.«
»Aus welchem Grund ist er vonnöten?« Lassiter sah den Gouverneur an. »Ich arbeite gewöhnlich allein.«
»Er ist notwendig«, erwiderte St. John mit ernster Miene. »Dabei muss ich es belassen.«
✰
Die Sekretärin des Gouverneurs bewohnte eine Kammer in einem Haus in der Church Street und schloss Lassiter selbst das Tor auf. Sie trug ein schmales Kleid von dunkelblauer Farbe, dessen bestickter Kragen ihren Halseinsatz freiließ. Sie begrüßten ihren späten Gast mit einem sanften Gast und führte ihn die Treppen hinauf.
»Sie hatten nach mir geschickt«, sagte Lassiter und sah sich im Treppenhaus um. Er wollte die letzte Nacht in Wichita nicht allein verbringen. »Der Rezeptionist aus dem City Hotel hat mich holen lassen. Ich war erstaunt über Ihre Nachricht.«
Die Kammer war geräumig und mit geschmackvollem Mobiliar ausgestattet. Ein massiver Kleiderschrank füllte die rechte Wand, davor stand ein Tisch mit zwei Stühlen. Unter dem Fenster befand sich ein schmales Holzbett, dessen Kissen sorgsam ausgeschüttelt über der Stirnseite hingen.
»Soll ich's mir entgehen lassen?«, fragte Harriet und knöpfte langsam Lassiters Hemd auf. »Kerle wie du kommen selten nach Wichita. Ich muss vor niemandem Rechenschaft ablegen.«
»Nicht einmal vor dem Gouverneur?«, fragte Lassiter und machte sich an der Schnürung von Harriets Kleid zu schaffen. Er strich der jungen Frau eine Strähne ihres brünetten Haares aus der Stirn. »Ich will dir keinen Ärger im Büro einbrocken.«
Sacht lotste Harriet ihren Liebhaber zum Bett und drückte ihn auf das Laken hinunter. Sie zog sich bis auf ihr Mieder und die Korsage aus und schwang sich auf Lassiters Schoß. »Niemand wird je davon erfahren, Mr. Lassiter. Ich darf darauf hoffen, dass du diese Nacht ebenso vergisst wie ich?«
Als seine attraktive Bettgenossin seinen Pint aus der inzwischen zu eng gewordenen Unterhose befreite, konnte Lassiter nur noch einen zustimmenden Laut äußern. Er lehnte sich auf dem Bett zurück und sah dem brünetten Haarschopf dabei zu, wie er sich auf und ab bewegte. »Verdammt, Harriet ...«
Im nächsten Moment saß die Sekretärin auf ihm und ritt ihn bis zur Ekstase. Sie schlang beide Arme um seinen Hals, drückte Lassiters Gesicht in ihren vollen Busen und stöhnte dabei so laut, dass es kein Nachbar überhören konnte.
»Sei ... leiser!«, flüsterte Lassiter und erkämpfte sich mühsam die Kontrolle zurück. Er warf Harriet auf den Rücken und drang in sie ein. »Du darfst niemandem davon erzählen, hörst du? Es wäre höchst verfänglich, wenn –«
»Wenn du es mit der Sekretärin des Gouverneurs treibst?«, beendete Harriet seinen Satz und zog einen Schmollmund. »Hältst du mich für derart dumm? Es wird keine Menschenseele von dieser Nacht erfahren ... Und nun ... tu, was du am besten kannst!«
Das Quietschen des Bettkastens wurde von Harriets Schreien übertönt, die sich bald zu einem Kreischen, bald zu einem heiseren Wimmern steigerten. Die Lust ließ Lassiter vergessen, dass er sich mit der falschen Frau einließ. Er wollte Harriet, und er wollte sie vollkommen.
»Hör auf zu denken«, wisperte Harriet und riss seinen Kopf zu sich herunter. Sie bedeckte Lassiters Wangen mit Küssen. »Dir muss um nichts bange sein. Ich bin nur deinetwegen mit dir im Bett.« Sie lächelte. »Was du mit Gouverneur St. John ausmachst, ist allein deine Sache.«
Abermals stieß Lassiter hart zu, als könnte ihn die Begierde seine Prinzipien vergessen lassen. Er gab sich Harriets anmutigem Körper hin, wie es jeder Mann in seiner Lage getan hätte. Er zweifelte nicht mehr, wie es seine Geliebte ihm geraten hatte, und trieb es stattdessen.
✰
Unter dem Dach des Lagerhauses stank es nach gegerbten Fellen und frisch abgefülltem Fett, von dem James Mulkey wusste, dass es mit dem Sieben-Uhr-Zug nach Medicine Bow gehen sollte. Der bärtige Texaner saß auf einem Fass Waltran und stopfte seine Pfeife. Er hatte genug Sorgen, die sich im Tabak auflösen mussten.