Lassiter 2555 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2555 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Nach dem starken Regenfall des letzten Tages hatten sich die Straßen von Nuevo Laredo in Matsch verwandelt, durch den sich tiefe Räderspuren zogen. An einer Stelle war ein Brettersteg verlegt worden, damit die Menschen trockenen Fußes von einer Straßenseite zur anderen gehen konnten.
"Einen mieseren Tag hätten wir uns nicht aussuchen können", meinte Buck Hennessy und stützte sich auf das Sattelhorn seines Pferdes. Missmutig wanderte sein Blick umher.
Liam Edwards, der an seiner Seite saß, zischte zurück: "Wir ziehen das jetzt durch!" Dann drehte er sich zu seinen Männern um, die einhellig nickten. Lediglich Ian Flint, Edwards' rechte Hand, hatte ein breites Grinsen im Gesicht.
"Es lässt sich nicht aufschieben", sagte er rau. "Nur heute noch können wir zwei Fliegen mit einer Klatsche schlagen."


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Seitenzahl: 126

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Standhaft bis zum Schluss

Vorschau

Impressum

Standhaftbis zumSchluss

Nach dem starken Regenfall des letzten Tages hatten sich die Straßen von Nuevo Laredo in Matsch verwandelt, durch den sich tiefe Räderspuren zogen. An einer Stelle war ein Brettersteg verlegt worden, damit die Menschen trockenen Fußes von einer Straßenseite zur anderen gehen konnten.

»Einen mieseren Tag hätten wir uns nicht aussuchen können«, meinte Buck Hennessy und stützte sich auf das Sattelhorn seines Pferdes. Missmutig wanderte sein Blick umher.

Liam Edwards, der an seiner Seite saß, zischte zurück: »Wir ziehen das jetzt durch!« Dann drehte er sich zu seinen Männern um, die einhellig nickten. Lediglich Ian Flint, Edwards' rechte Hand, hatte ein breites Grinsen im Gesicht.

»Es lässt sich nicht aufschieben«, sagte er rau. »Nur heute noch können wir zwei Fliegen mit einer Klatsche schlagen.«

Buck Hennessys Brauen zogen sich zusammen, doch er ließ es niemanden sehen. Irgendetwas an Flints Ausdrucksweise gefiel ihm nicht. Was meinte er mit zwei Fliegen? Gab es eine Angelegenheit, in die ihn Edwards nicht eingeweiht hatte? Fast schien es so, doch Hennessy nahm sich vor, sich auf ihren gemeinsamen Plan zu konzentrieren. Dennoch würde er Vorsicht walten lassen.

»Also, Buck«, sagte Liam Edwards, »sieht ganz so aus, als wärst du überstimmt.«

Der Angesprochene drehte leicht den Kopf zur Seite. »Du hast nicht ernsthaft geglaubt, dass ich einen Rückzieher machen würde. Ich will mir bloß meine Klamotten nicht verdrecken.«

Behäbig schob sich der Tross aus fünf Berittenen vor und stapfte durch den Morast. Eile legten sie nicht an den Tag, auch dann nicht, als sie ihre Pferde vor dem Gebäude der städtischen Bank zügelten und abstiegen. Wortlos schaute Liam Edwards in die Runde, dann nickte er knapp. Wenn sich jeder an den Plan hielt, konnte nichts schiefgehen.

Der Gelassenheit der Männer folgte kontrollierte Hektik. Edwards, Hennessy und ein weiterer Mann stürmten in die Bank, während Flint mit einem Begleiter vor dem Gebäude Posten bezog.

»Überfall!«, donnerte Liam Edwards. »Wer sich bewegt, ohne dass ich es ausdrücklich erlaubt habe, fängt sich eine Kugel!« Sein Halstuch hatte er wie die beiden anderen vors Gesicht gezogen. Die Mündung seines Revolvers war auf die Brust eines Clerks gerichtet, würde aber blitzschnell herumschwenken, falls jemand gegen seine Anordnungen verstieß.

Hennessy und der dritte Räuber fächerten auseinander und hielten die Handvoll Kunden in Schach. Dabei sahen sie sich auch genauestens um, ob noch irgendwo ein übermütiger Bankangestellter die Chance nutzen wollte, um zum Helden des Tages zu werden.

»Der Kerl am Schalter ist allein«, informierte Buck Hennessy seinen Boss. »Wir halten trotzdem die Augen offen.«

»Yeah!«, stieß sein Kumpan aus. »Wenn ich nur eine Nasenspitze aus dem Nebenraum ragen sehe, geht das Feuerwerk los! Verlass dich auf mich, Liam!«

Edwards wirbelte auf dem Absatz herum und schoss seinem eigenen Mann mitten ins Gesicht. Der tödlich Getroffene konnte nicht mal mehr einen Schmerzensschrei ausstoßen. Er flog zwischen die verängstigt dastehenden Bankkunden, krachte gegen die Wand und rutschte schlaff daran herab.

»Was soll das?«, regte sich Hennessy auf. »Knallen wir uns jetzt schon gegenseitig ab?«

»Keine Namen«, erwiderte Edwards. »Ich dachte, das wäre bei unserer Besprechung deutlich geworden...« Sein eisiger Blick richtete sich wieder auf den Kassierer. »Schaff die Scheine ran! Und zwar ein bisschen plötzlich!«

Wieselflink setzte der Clerk zum Tresorschrank herüber, öffnete ihn in Windeseile und begann, Notenbündel neben sich aufzustapeln. Sein Verhalten ließ Liam Edwards schmunzeln.

»Mit der nötigen Motivation ist alles kein Problem«, raunte er Hennessy zu. »Geh rüber und hilf ihm! Ich will nicht länger als nötig in dem Kaff bleiben.«

Eine energisch dreinblickende Lady trat einen Schritt vor und scherte sich nicht darum, dass ihr Mann sie am Arm festhielt. Unwirsch schüttelte sie die zupackende Hand ab. »Sie sind ein widerlicher Mörder!«, sagte sie Edwards ins Gesicht. »Und abgesehen davon, ergaunern Sie sich das Geld hart arbeitender Menschen! Sie aufzuknüpfen, wäre reine Zeitverschwendung. Man müsste Sie wie einen tollwütigen Hund an Ort und Stelle erschießen!«

Angriffslustig fletschte Liam Edwards seine Zähne und zischte: »Noch einen Ton aus deinem Schandmaul, und ich mache den Schlipsträger hinter dir zum Witwer!«

Ehe noch ein weiteres Wort gewechselt werden konnte, kam Buck Hennessy heran. In jeder Hand hielt er einen prall gefüllten Sack mit Dollars. »Nicht das, was wir erwartet haben«, meinte er, »aber zwanzigtausend dürften bei der Sache rumspringen.«

»Dann nichts wie raus!«, blaffte Edwards. Während Hennessy an ihm vorüberhuschte, ging er langsam rückwärts und schwenkte dabei seinen Colt von einer Seite zur anderen. »Dass mir bloß keiner auf dumme Ideen kommt«, teilte er den Umstehenden mit. »Bevor auch nur einer seine Hand am Schießeisen hat, bekommt er von mir ein Loch in die Brust gestanzt.«

Er beschleunigte seine Schritte, drehte sich kurz vor der Tür herum und lief ins Freie. Nur wenige Yards entfernt sah er Buck Hennessy, der auf Flint zuhielt.

»Hey, Slick!«, wandte sich Hennessy an den Mann, der bei Ian Flint stand. »Hol mir ein Seil, damit ich die Säcke zusammenbinden kann. Da hättest du auch schon von selbst drauf kommen können. Wir wollen hier ja nicht übernachten.«

Lässig stellte sich Ian Flint vor seinen Begleiter. »Wozu die Eile, Buck?«, fragte er mit eigentümlichem Unterton in der Stimme. »Es gibt immerhin noch eine Angelegenheit, die es in Nuevo Laredo zu bereinigen gilt...«

»Keine Ahnung, was du für 'nen Stuss quatschst«, erwiderte Hennessy und ließ prompt die Dollarsäcke fallen, »aber ich bin nicht euer Packesel!« Ungehalten schaute er Slick an. »Kommst du bald mal in die Pötte, oder soll ich dir einen fetten Tritt in den Arsch geben?«

Die letzten Silben schwangen noch in der Luft, da zog Ian Flint seinen Revolver und gab innerhalb von Sekundenbruchteilen drei Schüsse auf Buck Hennessy ab. Der wurde von den Einschlägen durchgeschüttelt, verlor den Halt und krachte auf seinen Rücken. Blutend und mit ersticktem Stöhnen wand er sich auf den Brettern des Sidewalks.

Grinsend näherte sich Flint und verpasste dem Verwundeten einen Stiefeltritt ins Gesicht. »So kann's einem gehen, wenn man ein Auge auf die Braut vom Boss geworfen hat«, sagte er höhnisch. »Du hättest wissen müssen, dass es Konsequenzen für dich hat.«

»Dann... hat Edwards meinen Tod gefordert?«, fragte Hennessy röchelnd und verbiss sich die Schmerzen.

Ein Tritt in die Rippen war die Antwort. Allerdings war es diesmal Edwards gewesen, der sich an seinem Mitstreiter ausließ. »Da hast du verdammt recht, Schweinebacke! January gehört mir! Ich würde meinen eigenen Bruder töten, würde er sie anfassen.«

»Hören wir auf mit der Mausescheiße«, knurrte Ian Flint und legte an. »Bringen wir es wie geplant zu Ende.« Er schoss auf den verkrümmt daliegenden Hennessy, bis der Schlagbolzen seiner Waffe auf eine leere Kammer traf.

»Mieses Arschloch!«, fauchte Edwards und trat erneut zu. Dann ging er rasch zu seinem Pferd, saß auf und beobachtete Slick beim Zusammenbinden der Dollarsäcke. Wenige Minuten später galoppierten die drei Reiter aus der Stadt.

Im Trabschritt trottete der Grauschimmel dem Wüstendorf entgegen, während sein Reiter sich einen Zigarillo anzündete. Für Lassiter war es nur ein weiterer Auftrag, der ihn in das abgelegene Nest Deadoaks führte. Keine Eisenbahn und keine Postkutsche gelangten dorthin. Es war fast, als hätte man die Transportwege absichtlich weit um Deadoaks herumgelegt.

Die Luft war trocken und staubig. Die Regengrenze lag bereits mehrere Meilen hinter dem Mann der Brigade Sieben. Selbst Wind und Wetter schienen sich von dem Nest inmitten von Nirgendwo fernzuhalten. Lediglich einige in der Gegend verstreute Tumbleweeds wiesen darauf hin, dass zumindest hin und wieder ein Luftzug das Städtchen streifte.

Falls Lassiter angenommen hatte, einen Routineauftrag zu erledigen, kamen ihm Zweifel, kaum dass er auf der Durchgangsstraße von Deadoaks angekommen war. Es lag nicht an der allseits gegenwärtigen Menschenleere auf den Straßen, sondern an dem Gefühl unmittelbarer Bedrohung, das in Lassiter aufstieg. Dieser Eindruck ließ sich schwerlich in Worte fassen und konnte nur von jemandem wahrgenommen werden, der dafür empfänglich war.

Beinahe körperlich war die Gefahr zu spüren, obwohl es äußerlich keinen Anlass gab, mit Ungemach zu rechnen. Doch Lassiter konnte sich blind auf sein Bauchgefühl verlassen. Und bereits zwei Minuten später merkte er, dass er sich nicht getäuscht hatte.

Von links und rechts tauchten Männer, sieben an der Zahl, zwischen den Gebäuden auf. Sie sammelten sich auf der Mainstreet und stellten sich Lassiter in den Weg. Ein stämmiger Kerl, dem die Verschlagenheit regelrecht ins Gesicht gemeißelt war, löste sich von der Gruppe und kam wenige Yards vor Lassiter zum Stehen. In herrischer Pose stemmte er seine Fäuste in die Hüften. »Gibt es einen besonderen Grund, der Sie nach Deadoaks führt, Mister?«, fragte er und verengte seine Lider.

»Ich wusste nicht, dass man einen braucht«, entgegnete der Brigade-Agent mit ausdrucksloser Miene.

»Jetzt wissen Sie Bescheid. Wenden Sie Ihren Gaul und reiten Sie dorthin, von wo Sie gekommen sind.«

Unbeeindruckt meinte Lassiter: »Was spricht dagegen, diese Straße entlangzureiten?«

Der vierschrötige Kerl kam dicht an den Grauschimmel heran und griff ihm ins Zaumzeug. »Meine Freunde und ich«, sagte er kühl. »Diese Stadt gehört Liam Edwards. Und er sucht sich ganz genau aus, wen er um sich haben will. Sie gehören nicht dazu.«

Bei der Nennung des Namens zuckte Lassiter unwillkürlich zusammen. Es war sein Auftrag, exakt diesen Mann aus dem Weg zu räumen. Er war ein Bankräuber und Waffenhändler. Womöglich hatte er noch andere Delikte auf dem Kerbholz, über die man in Washington nicht informiert war. Insofern hatte Lassiter durchaus einen guten Grund, sich in Deadoaks aufzuhalten.

»Vielleicht möchte ich ja mit Mr. Edwards ins Geschäft kommen«, gab Lassiter seinem Gegenüber zu verstehen. »Er scheint ein Händchen für lukrative Unternehmungen zu haben. Oder war es ein anderer, der vor drei Wochen die Bank in Nuevo Laredo ausgeplündert hat?«

»Für einen Fremden bist du ganz schön neugierig. Bemerkungen wie die letzte bringen einen schnell in die Kiste...«

Lassiter wusste, worauf die Unterhaltung hinauslief, doch er ließ sich nicht einschüchtern. »Ich kann ganz gut auf mich aufpassen«, erwiderte er trocken.

Die Faust des Mannes am Halfter des Grauschimmels verkrampfte sich. Und dann riss er heftig daran und zerrte den Kopf des Tieres zur Seite. Gleichzeitig spurteten die anderen Kerle heran. Drei warfen sich von rechts gegen das Pferd, während die ungezügelte Muskelkraft des Rädelsführers, der zur linken Seite stand, das Tier aus dem Gleichgewicht brachte.

Ehe sich's Lassiter versah, strauchelte der Grauschimmel. Im hohen Bogen flog der Mann der Brigade Sieben aus dem Sattel und stürzte in den Staub der Straße. Er überschlug sich mehrfach, wollte wieder auf die Füße kommen und wurde sogleich von mehreren Angreifern in die Mangel genommen. Stiefelspitzen rammten seine Rippen; harte Sohlen stampfen auf seine Brust und in seinen Magen.

»Prügelt ihm den letzten Schneid raus!«, donnerte der Kopf der Gruppe.

Lassiter musste handeln. Keine Sekunde durfte er mehr zögern. Die Schmerzen, die ihm die Hiebe und Tritte verursachten, waren höllisch, doch er hatte gelernt, sie einfach auszuschalten. So, als würde man das Licht einer Petroleumlampe auspusten und alles in Dunkelheit hüllen.

Ansatzlos katapultierte sich Lassiter seitwärts und brachte zwei Männer zu Fall. Sie stürzten über ihn hinweg, fingen sich auf den Unterarmen ab und federten wieder in die Höhe.

Doch da hatte Lassiter bereits zum nächsten Schlag ausgeholt. Mit ausgestrecktem Arm schwang er seine Faust im Kreis und schmetterte gegen die Visagen seiner Widersacher. Nach links trat er aus und nutzte den Schwung, um eine blitzschnelle Körperdrehung zu vollführen. Dieses Mal wirbelte sein rechtes Bein herum und traf einen Kerl an der Hüfte, der wie vom Katapult geschnellt davonflog und einen seiner Kumpane mit sich zu Boden riss.

Die Anzahl der Gegner war jedoch auch für einen geübten Kämpfer wie Lassiter schwer überschaubar. Er erhielt einen regelrechten Hammerschlag in den Nacken und knickte in den Knien ein. Zur selben Zeit griff auch der Anführer ein und versetzte dem Brigade-Agenten einen derben Uppercut, der ihn zwei Yards nach hinten schleuderte.

Vor Lassiters Augen verschwamm die Umgebung. Er spürte nur noch wuchtige Faustschläge auf sich einprasseln, dazu heftige Tritte gegen nahezu jede Stelle seines Körpers.

»Genug!«, wurde schließlich eine Stimme laut. »Ich denke, er hat verstanden, worum es geht.«

Sekunden dehnten sich zu Minuten, ehe Lassiter in der Lage war, aus eigener Kraft aufzustehen. Schwankend torkelte er seinem Pferd entgegen und nahm es bei der Leine. Die Kraft, sich in den Sattel zu hieven, besaß er nicht mehr.

Ein wirklich gelungener Einstand, sagte er sich und hielt Ausschau nach einem Hotel. Von den Hundesöhnen, die ihn verdroschen hatten, fehlte jede Spur.

Lassiter war sich bewusst, dass es beileibe nicht die letzte Konfrontation gewesen war, die er mit den Kerlen würde eingehen müssen. Immerhin gingen sie davon aus, dass er Deadoaks verlassen würde, nachdem sie ihm ihre Argumente präsentiert hatten.

Das aber kam für Lassiter nicht infrage. Er hatte den Bienenstock aufgespürt, jetzt musste er den Stich ins Wespennest wagen. Es würde alles andere als einfach werden, Liam Edwards seiner gerechten Strafe zuzuführen. Doch wie immer im Leben waren es die Stolpersteine, die man auf dem Weg zum Erfolg überwinden musste. Und Lassiter war bereit, jede Hürde zu nehmen, um diesen Sumpf des Verbrechens auszutrocknen.

Dunkelheit.

Helligkeit.

Immer im Wechsel.

Dazwischen war nichts.

Jedenfalls für eine sehr, sehr lange Zeit.

Irgendwann zeichneten sich im Licht verwaschene Konturen ab. Doch es dauerte, bis sie sich zu einem Gesicht formten. Und dann klangen plötzlich Geräusche auf.

Die Geräusche wurden zu melodischen Lauten, diese zu verständlichen Worten.

»Du hast lange geschlafen, mein Sohn«, wehte es wie aus weiter Ferne heran. »Ich habe schon nicht mehr daran geglaubt, dass du eines Tages erwachen würdest. Es ist – und davon bin ich überzeugt – der Gnade des Herrn zu verdanken, dass wir miteinander sprechen können...«

Aus verquollenen Augen stierte Buck Hennessy auf das Antlitz, das sich über ihn gebeugt hatte. Es musste eine Ewigkeit her sein, dass er zuletzt ein menschliches Gesicht gesehen hatte, denn die Züge kamen ihm seltsam abstrakt und fremd vor. Erst nach einer Weile entdeckte er die Güte darin.

»Wo... wo bin ich?«, krächzte Hennessy und erschrak vor dem Klang seiner eigenen Stimme. Vermutlich war es lange her, dass er sie benutzt hatte.

»Im Schoße Gottes«, erfolgte die Antwort. »Ich bin Pater Martinez. Seit fast drei Wochen pflege ich dich und warte auf ein Lebenszeichen von dir. Meine Geduld hat sich ausgezahlt. Du bist wieder unter den Lebenden.«

Tausend Gedanken gingen Buck Hennessy durch den Kopf. Streiflichter aus der Vergangenheit blitzten in seinem Verstand auf. Noch konnte er sie nicht zuordnen, war aber sicher, dass es nur eine Frage der Zeit war. Trotz all dieser Eindrücke konnte er lediglich eine ganz einfache und nahezu belanglose Frage stellen: »Wie komme ich hierher?«

Der Pater atmete mehrmals ein und aus. Es war deutlich zu hören. Schließlich gab er eine Antwort. »Du bist ein Mann mit eisernem Willen und hast dich trotz deiner Verletzungen zu mir geschleppt. Wenigstens bist du in die Nähe meiner bescheidenen Kirche gekommen, wo ich dich aufgelesen habe. Zu Anfang hatte ich wenig Hoffnung, dich aufpäppeln zu können. Immerhin warst du von sechs Kugeln durchlöchert. Auf wundersame Weise aber haben sie alle lebenswichtigen Organe verfehlt.«

Edwards!, schlug der Name wie ein Peitschenhieb in Hennessys Gedanken. Der Banküberfall! Der Verwundete zuckte und wollte sich aufrichten, blieb aber liegen, als schmerzhafte Stiche durch seinen Körper jagten.