Lassiter 2563 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2563 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Über den silbernen Strom des Red River hatte sich finstere Nacht gesenkt. Die Pinienwipfel waren zu gespenstischen Scherenschnitten erstarrt, die mit fingergleichen Ästen nach dem gegenüberliegenden Ufer griffen. Die Büffel standen in Gruppen zu sechs oder sieben Tieren im Unterholz.
"Seid still", flüsterte Jess Hovey und hob die Winchester. "Die verfluchten Biester stehen so nah bei uns, dass wir sie fast mit Händen greifen können!"
Seine Männer hatten die Bisons tagelang durch die Wälder verfolgt. Sie hatten in Schluchten und Felsnischen campiert, sich den Proviant geteilt und einander gegenseitig die Munition abgezählt. Sie hatten sich diesen Triumph sauer verdient.
"Knallen wir die Viecher ab?", zischte Steve Neil und starrte Hovey durch die Dunkelheit an. Seine Augäpfel glänzten im Mondlicht wie Glas. "Es wird Zeit, Boss. Es wird Zeit."
"Nein", sagte Hovey. "Wir legen Feuer."


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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Im Angesicht des Feuers

Vorschau

Impressum

Im Angesichtdes Feuers

Über den silbernen Strom des Red River hatte sich finstere Nacht gesenkt. Die Pinienwipfel waren zu gespenstischen Scherenschnitten erstarrt, die mit fingergleichen Ästen nach dem gegenüberliegenden Ufer griffen. Die Büffel standen in Gruppen zu sechs oder sieben Tieren im Unterholz.

»Seid still«, flüsterte Jess Hovey und hob die Winchester. »Die verfluchten Biester stehen so nah bei uns, dass wir sie fast mit Händen greifen können!«

Seine Männer hatten die Bisons tagelang durch die Wälder verfolgt. Sie hatten in Schluchten und Felsnischen campiert, sich den Proviant geteilt und einander gegenseitig die Munition abgezählt. Sie hatten sich diesen Triumph sauer verdient.

»Knallen wir die Viecher ab?«, zischte Steve Neil und starrte Hovey durch die Dunkelheit an. Seine Augäpfel glänzten im Mondlicht wie Glas. »Es wird Zeit, Boss. Es wird Zeit.«

»Nein«, sagte Hovey. »Wir legen Feuer.«

Die Waldbüffel vom Red River hatten die Vorstellungskraft sämtlicher Männer in Britisch-Kolumbien beflügelt und Heerscharen von Glücksrittern in die sechste Provinz von Kanada gelockt. Die meisten Jäger waren glücklos wieder abgereist und hatten das Gerücht verbreitet, dass es sich bei den »Bisons der Wälder« um eine miserable Lüge handelte.

Jess hatte nie daran geglaubt, dass er einer Lüge aufgesessen war.

Er war mit der Kutusov, einem russischen Handelsschiff, nach Kanada gekommen und hatte sich geschworen, nicht eher wieder amerikanischen Boden zu betreten, als dass er einen der legendären Büffel erlegt hatte.

Mancher hielt die Tiere sogar für Geister.

Die Saloons von Vancouver und Victoria hatten geradezu gestrotzt von Wichtigtuern, die sich mit Goldfunden und sagenhaften Jagdabenteuern in den Bergen brüsteten. Die Glückspilze hatten geprahlt, dass einem die Büffel förmlich vor die Flinte liefen, obgleich die Vierbeiner seltener und kräftiger als ihre Artgenossen unten in den Plains waren.

Ein gegerbtes Fell oder ein Horn hatte keiner dieser Schwätzer besessen.

Man hatte sich mit Halbwahrheiten und Übertreibungen begnügt, die bei näherer Betrachtung hanebüchen und schwachsinnig klangen. An den Bars und Theken war Jess auf Männer getroffen, die ihn im Grunde seines Herzens anwiderten.

»Steckt den Wald an!«, flüsterte der Kanadier seinen Begleitern zu. Er hatte seine Art der Treibjagd über Wochen hinweg geplant. »Aber seht zu, dass der Bulle nichts mitbekommt! Ein verdammter Laut kann die ganze Herde in die falsche Richtung treiben!«

Die Männer gehorchten ihm blind, und das war bei weitem nicht von Anfang an der Fall gewesen.

Fast jeder der Tagelöhner, die er in den Docks von Vancouver angeheuert hatte, war Jess feindselig gesonnen gewesen. Sie hatten ihn auf die Probe gestellt, hatten ihm heißen Teer in die Stiefel gekippt und sich daran gefreut, dass er vor Schmerzen durchs Lager gesprungen war. Erst mit dem Tag, an dem Jess die Büffelherde vom Rives Point aufgetrieben hatte, war ihm die Anerkennung seiner Leute sicher gewesen.

»Anstecken?«, fragte Steve Neil und holte die Zündhölzer hervor. Er war zwei Köpfe größer und wenigstens eine Schulter breiter als Jess. »Du willst den Wald anzünden? Um die Biester abzuknallen?«

Gebannt warteten die Männer auf eine Erwiderung.

Sie hatten von rekordverdächtigen Summen gehört, die man andernorts für Felle der Waldbüffel bezahlte, und verhielten sich seither, als wären die Tiere aus reinem Gold statt aus Fleisch und Blut. Abends am Feuer schossen ihre Vorstellungen derart ins Kraut, dass Jess die Männer hatte bremsen müssen.

»Wie sollen wir die Herde sonst hinunterbekommen?«, raunzte Jess und strich mit dem Finger über den triefend nassen Lumpen, der um das Holz geschlungen war. Er wollte nichts dem Zufall überlassen. »Sind die Fellbrocken erst über das Plateau hinaus, müssen wir sie nur noch niederschießen.«

Neil nickte und stahl sich mit seiner Fackel davon.

Bis zu den Wintermonaten hatte der Trupp im vergangenen Jahr eine Fläche von vierzig Morgen niedergebrannt. Die Flammen hatten die Pinien gierig verschlungen, als wären sie Grashalme, die unter dem Hieb des Schnitters fielen.

»Brennt den Wald ab!«, brüllte Jess und schreckte die Herde damit auf. Er schleuderte die Fackel mit ganzer Kraft in Richtung der Büffel. »Je eher sie im Deadwood Valley sind, desto früher liegen wir auf den Matten!«

Der Bisonbulle am Waldrand stieß ein durchdringendes Brüllen aus, das die Kühe in der sumpfigen Wiese in Aufregung versetzte. Sie rissen die Häupter in die Höhe, spähten ins Dunkel hinaus und galoppierten mit donnernden Hufen davon.

Der Lichtschein der Fackeln erleuchtete die Baumkronen.

Bald war der ganze Pinienhain, unter dem die Büffelherde gegrast hatte, in Brand geraten und hinter stinkenden Rauchschwaden verschwunden. Die Männer husteten und rannten zu Jess, der ihnen den ersehnten Befehl zum Aufsatteln gab.

Die Flammen griffen derweil nach allen Seiten hin um sich.

Trockenes Geäst und totes Holz fielen ihnen zuerst zum Opfer, danach fraß sich die Glut die mächtigen Stämme hinunter und verleibte sich das ausgedörrte Unterholz ein.

Die Männer jagten den Red River hinunter.

Sie hatten den Büffeln mit den Feuern den Rückweg hinauf in die Berge abgeschnitten und wussten, dass es für die mächtigen Kolosse kein Entkommen gab. Sie legten mit ihren Gewehren zuerst auf den Bullen an, der sich nach Kräften gegen die Kugeln zur Wehr setzte und unter erbärmlichem Gebrüll verlor.

Die Kühe kamen danach an die Reihe.

Sie starben oft ohne einen Laut, sackten im halbtiefen Wasser zusammen, während sich die Feuersbrunst in ihren undurchdringlich schwarzen Augen spiegelte. Das Gemetzel dauerte eine oder zwei Stunden und kostete vierundsiebzig Büffel das Leben.

»Lasst uns aufhören!«, rief Jess und sah nach den Flammen. Die Feuer würden andere Herden aus den Wäldern treiben. »Es ist genug für einen Tag.«

Neil ritt zu ihm und starrte auf die Kadaver der Büffel. Er wirkte zufrieden und schlug Jess auf die linke Schulter. »Man muss dir eins lassen, Jess. Du verstehst diese Rindviecher. Sie sind vom Plateau heruntergestürmt, wie du's gesagt hast.«

»Hast du daran gezweifelt?«, meinte Jess und lächelte. »Unten in Vancouver nennen sie mich bloß Mountain-Jess.«

»Keinen einzigen Augenblick lang«, beteuerte Neil und schulterte das Gewehr. »Lass uns das Lager aufschlagen.«

Der schneeweiße Gletscher unterhalb des Lawer Peak verjüngte sich in der Talverschneidung zu einem schmalen Dreieck, dessen tiefste Spitze in einem Schmelzwassergraben auslief. Die Eisschicht hatte eine Stärke von mehr als dreißig Fuß und ließ sich nur mit Schneeschuhen überqueren. Die beiden winzigen Gestalten auf dem Gletscher kämpften sich auf der gefrorenen Kruste langsam vorwärts.

»Offenbar kommt Mr. Gordon nicht allein«, sagte Lillie Crampton und schlug den Kragen ihres Ledermantels hoch. Sie fror ob des kühlen Nordwestwinds, der von den Bergen herabwehte. »Er nimmt sonst die Route durchs Tal. Die Begegnung mit Ihnen muss äußerst bedeutsam für ihn sein.«

»Er ist ein zäher Mann«, sagte Lassiter und schirmte die Sonne mit der flachen Hand ab. Das Telegramm in seiner Tasche raschelte leise. »Man hört eine Menge von ihm.«

Die Trapperin an Lassiters Seite lächelte knapp und kehrte zum Zelt zurück. Sie nahm den Topf mit dem aufgewärmten Cognac vom Feuer, schwenkte ihn in der Hand und strich sich die blonden Locken von der Schulter. Sie war dabei ebenso reizend wie am vorausgegangenen Abend.

»Gordon braucht noch eine Stunde«, meinte Lassiter und setzte sich neben der Fallenstellerin ans Feuer. »Uns bleibt genug Zeit für einen kleinen Plausch.«

»Sie wollen keinen Plausch«, lachte Lillie und reichte das Cognacglas weiter. »Sie wollen mir an die Wäsche wie jeder Mann. Ich kenne diese Blicke, Mr. Lassiter. Sie sind scharf auf eine Lady wie mich.«

Der unverblümte Ton seines Scouts versetzte Lassiter in Erstaunen. »Ich will Ihnen nichts vorlügen, Miss. Der Gedanke ist mir in den Sinn gekommen.«

»Nicht nur Ihnen«, seufzte Lillie und starrte auf die glühenden Kohlen. »Ich gehe mit vier oder fünf Männern im Monat ins Bett. Es fällt mir schwer, mich für einen zu entscheiden.« Sie lachte laut auf. »Die meisten Kerle taugen zu nichts als fürs Bett.«

Forsch hatte sich Lillie bereits in Fort Turnor gezeigt, als sie dem dortigen Kommandanten eine Ohrfeige verpasst und ihm ein Glas Brandy über die Uniform gegossen hatte. Sie war mit dem Pferd unzufrieden gewesen, das ihm der Kommandierende vermietet hatte.

»Wie weit reicht Ihre Höflichkeit?«, fragte Lillie und nahm das Cognacglas wieder an sich. Sie setzte es an die Lippen und leerte es mit einem Zug. »Mir wäre durchaus nach einem Abenteuer.«

Der Wind frischte auf und griff wie eine unsichtbare Hand nach der Zeltplane. Er rüttelte die Stange darunter, an der eine Trinkflasche und Lillies Schmuck klapperten.

Schweigend stand Lassiter auf und sah nach Gordon und dessen Mitreiter. Die Risse und Spalten im Gletscherrücken verschmolzen mit den Silhouetten der beiden Männer.

»Kommen Sie!«, sagte Lillie und stand auf. Sie griff Lassiter zwischen die Beine, ehe sie in die Küste und zu ihrem Lager zog. »Der Kälte trotzt man mit Leidenschaft.«

Unter der derben Trapperkluft, die Lillie am Leib trug, kamen elfenbeinweiße Haut und zwei wohlgeformte Brüste zum Vorschein. Die Trapperin drückte Lassiters Hände auf ihren Busen und stöhnte leise. Sie hatte ihrem Liebhaber die Hose geöffnet und fühlte nach dessen steifem Pint.

»Du bist schön«, flüsterte Lassiter voll Begierde und streifte die Jacke von Lillies Schultern. Er hatte gehofft und vermutet, dass die junge Frau eine sinnliche Seite hatte, die in ihrem Alltagsgeschäft selten zum Tragen kam. »Du solltest dich nicht diesem garstigen Wetter in Britisch-Kolumbien aussetzen.«

»Weil ich eine Frau bin?«, empörte sich Lillie und zog die Stirn in Falten. Sie dirigierte Lassiters Pint zwischen ihre gespreizten Beine und schloss die Augen. »Du solltest dich weniger um mich als um dich sorgen. Ich komme zurecht in Kanada.«

Sie trieben es auf der klammen Decke, die Lillie auf den blanken Boden geworfen und an den Ecken mit kleineren Felsbrocken beschwert hatte. Als Kopfkissen diente ihr eine zusammengerollte Jacke, die furchtbar nach verbranntem Knochen stank.

»O Lassiter!«, stöhnte die Trapperin und krallte die Hände in Lassiters nacktem Oberkörper. Sie kratzte dem Mann der Brigade Sieben die Haut blutig und schrie vor Wollust auf. »Wann hast du's zuletzt getan?«

»Vor einer Woche!«, presste Lassiter hervor und stieß einige Male hart zu. Er konnte fühlen, dass es Lillie nicht anders wollte. »Und du? Vor ein paar Tagen?«

»Stört's dich?«, versetzte Lillie und grub die Nägel in Lassiters Rücken. »Aber falls es dich beruhigt, er war schlechter als du. Er war eine verfluchte Niete.«

Für eine halbe Stunde erfüllten hart hervorgestoßene Atemzüge das Zelt.

Sie taten es mit der groben Lust zweier Menschen miteinander, die sonst niemanden hatten und ihren Spaß wollten. Mitunter grinste Lillie vor Vergnügen, sobald Lassiter sie mit feurigem Blick ansah, und sie ließ ihn nicht eher zum Höhepunkt gelangen, als dass sie selbst zum Zug gekommen war.

»Verdammt!«, wisperte die Trapperin danach und ließ sich auf die Decke sinken. Sie starrte auf die Segeltuchplane über ihnen, die vom Wind aufgebläht wurde. »Ich hätte mir nicht träumen lassen, es mit einem Kerl am Lawer-Gletscher zu treiben.«

»Kein Wort hierüber zu Gordon«, gab Lassiter zur Antwort und rollte sich zur Seite. Er war erschöpft und sann über den künftigen Auftrag nach. »Bringst du mich nach Fort Turnor zurück?«

»Du willst mich?«, zeigte sich Lillie verwundert. Sie richtete sich auf und fuhr mit dem Finger über Lassiters Brust. »Du wolltest mit Gordon allein sein. Ich habe dich im Fort von ihm reden hören.«

»Geschäftlich«, bestätigte Lassiter nickend. »Mich lockt das Geschäft am Red River. Ich muss mit ihm ein paar Verhandlungen führen.« Er drehte den Kopf. »Aber danach... Danach hätte ich Zeit für dich.«

Vermutlich würde ihm der Auftrag aus dem Hauptquartier keine Zeit lassen, doch Lillie wusste nichts über Gordon und vor allem nichts darüber, dass er der hiesige Mittelsmann der Brigade Sieben war. Er würde Lassiter mit den Einzelheiten des Auftrags vertraut machen, den man in Washington für ihn vorgesehen hatte.

»Geschäftlich?«, wiederholte Lillie und lächelte. »Wie du willst, ich bleibe in der Nähe. Ich bringe dich jederzeit zurück nach Fort Turnor.« Sie hob die Brauen. »Oder wohin du auch immer willst.«

Der große Mann beugte sich herüber und küsste seine Geliebte langsam und hingebungsvoll. »Gut zu wissen, Miss Crampton, gut zu wissen.«

Erst mit Einbruch der Dunkelheit erreichten William Gordon und sein Gepäckmann das improvisierte Lager hoch über dem Schmelzwassertiegel. Die beiden Berittenen waren erschöpft und hatten gerötete Gesichter von der Kälte. Sie nahmen die schweißnassen Sättel an sich, legten sie neben das Feuer zum Trocknen und berichteten von ihrem beschwerlichen Aufstieg.

»Fünf Stunden!«, ärgerte sich Gordon und schlug mit der Faust in die leere Handfläche. Er war ein kräftiger Mann, dessen buschige Brauenhaare wirr in alle Richtungen standen. »Man stelle sich bloß vor, wir wären mit größerem Gepäck gereist! Ich musste die Hälfte meiner Waren am Kechika River lassen! Vierzehn Elchfelle liegen dort unten, um die sich keiner kümmert!«

Die British Columbia Trade Association, deren einziger Gesellschafter Gordon zu sein schien, unterhielt Niederlassungen in der ganzen Provinz und war bis nach Vancouver hinunter bekannt. Die Gäste des Blurry Saloon in der Stadt hatten über die Company gesprochen, als Lassiter noch nichts von seinem Mittelsmann geahnt hatte.

»Wie viel bringt ein Fell?«, fragte Lassiter, obwohl er die Antwort längst kannte. Zwölf bis zwanzig Dollar brachte ein makelloses Fell im Osten. »Ich muss es für einen Freund wissen.«

Gordon sah zu seinem Packmann, dann zu Lillie, die tapfer gegen die Müdigkeit kämpfte. »Mr. Lassiter, ich fürchte, wir langweilen unsere Gesellschaft. Ich möchte Sie zu einem Spaziergang durch die Nacht einladen.« Er wärmte sich die Hände über dem Feuer. »Beim Gehen fallen einem die Dinge leichter ein.«

Durch ein höfliches Nicken nahm Lassiter das Angebot des Mittelsmannes an. Er verabschiedete sich von Lillie, indem er sacht ihre Hand berührte, und stieg mit Gordon zu einer Felsgruppe in der Nähe hinauf. Unter den Felsen erstreckte sich der schimmernde Gletscher im Tal.

»Sie sind ein erfahrener Mann«, sagte Gordon steif und kühl. Seine Stimme klang schärfer als am Feuer. »Sie verstehen sicher, dass ich die Gelegenheit nutze und Sie gleich über Ihren Auftrag in Kenntnis setze. Das Hauptquartier hat mich um höchste Diskretion ersucht.«

»Ich verstehe«, gab Lassiter zur Antwort und heftete den Blick auf das Gletschereis. »Ich gehe davon aus, dass es sich um einen Auftrag in Britisch-Kolumbien handelt?«

Gordon wandte sich ihm halb zu. »Um den Norden von Britisch-Kolumbien, Lassiter. Sie werden ein paar Wochen in der Wildnis verbringen. Der Norden kennt nichts außer wilden Tieren und paar Einheimischenstämmen.« Er kniff die Lippen zusammen. »Sie sind auf sich gestellt.«

»Ich arbeite gern allein«, versicherte Lassiter. »Es schärft die Sinne.«

Der versteinerten Miene des Mittelsmannes war nicht zu entnehmen, ob Gordon die letzten Worte seines Gesprächspartners missbilligte oder goutierte. Er schwieg wiederum und platzte danach mit einem Namen heraus. »Jess Hovey. Sie müssen einen Mann namens Hovey finden.«

Über dem Gipfelkamm des Lawer Peak tanzte ein Schneegestöber, bis es vom Wind zerrissen und in die Tiefe getrieben wurde. Es zerstob über dem Gletscher und mehrte dessen Eispanzer.

»Hovey?«, fragte Lassiter. »Ist er ein Sträfling?«

»Noch nicht«, erklärte der Mittelsmann schwerfällig. Er nahm einen tiefen Atemzug. »Mr. Jess Hovey ist ein Neffe unseres amtierenden Präsidenten. Er gilt als schwarzes Schaf der Präsidentenfamilie.« Er wischte sich mit dem Daumen über die Nase. »Sein Name ist bei offiziellen Anlässen noch nie gefallen.«

»Sie lassen mich ein Phantom jagen?«, entgegnete Lassiter. »Er dürfte dem Präsidenten kaum gefährlich werden, wenn man ihn ständig verschweigt.«

Gordon pflichtete ernst bei. »Auf den ersten Blick mögen Sie recht haben. Allerdings ist Hovey wegen Mordes angeklagt.« Er ließ eine längere Pause. »Er soll die Waisenhausbesitzerin Hannah Rush getötet haben.«

Wieder trieben Schwaden von Schnee über den Gebirgskamm und verwandelten den schroffen Fels in einen blassen Schatten. Das Heulen des Winds drang wie ein Wimmern über das Tal.