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Leona und Amos Worden genossen das Alleinsein im Versteck auf dem Hügel. Durch die Zweige im Gebüsch sahen sie die Farm. Und sie amüsierten sich köstlich, wenn sie sich vorstellten, wie Mom und Dad dort unten wohl reagieren würden, wenn sie ihren Sohn und ihre Schwiegertochter jetzt sehen könnten.
Nackt schmiegten Leona und Amos sich im weichen Gras eng aneinander. Sie strich sein langes dunkelblondes Haar beiseite und hauchte in sein Ohr: "Hier könnten wir unserem ersten Kind das Leben schenken."
Doch er hörte nicht hin. Ein Impuls lenkte ihn ab, eine Bewegung auf dem Farmhof. Er sprang auf. In fliegender Hast streifte er seine Sachen über, stieg in die Stiefel und legte den Gurt mit den beiden Colts an.
"Amos, um Himmels willen, sei doch vernünftig!", flehte Leona.
"Genau das bin ich", sagte er grimmig entschlossen. Und dann stürmte er den Hügel hinunter.
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Seitenzahl: 125
Veröffentlichungsjahr: 2021
Cover
Lassiter und die Landräuber
Vorschau
Impressum
Lassiterund dieLandräuber
Leona und Amos Worden genossen das Alleinsein im Versteck auf dem Hügel. Durch die Zweige im Gebüsch sahen sie die Farm. Und sie amüsierten sich köstlich, wenn sie sich vorstellten, wie Mom und Dad dort unten wohl reagieren würden, wenn sie ihren Sohn und ihre Schwiegertochter jetzt sehen könnten.
Nackt schmiegten Leona und Amos sich im weichen Gras eng aneinander. Sie strich sein langes dunkelblondes Haar beiseite und hauchte in sein Ohr: »Hier könnten wir unserem ersten Kind das Leben schenken.«
Doch er hörte nicht hin. Ein Impuls lenkte ihn ab, eine Bewegung auf dem Farmhof. Er sprang auf. In fliegender Hast streifte er seine Sachen über, stieg in die Stiefel und legte den Gurt mit den beiden Colts an.
»Amos, um Himmels willen, sei doch vernünftig!«, flehte Leona.
»Genau das bin ich«, sagte er grimmig entschlossen. Und dann stürmte er den Hügel hinunter.
Sie wollte aufspringen, wollte ihm hinterherrennen und lauthals protestieren. Aber sie blieb stumm vor Schreck, erstarrte mitten in der Bewegung, als sie sich noch nicht einmal halb aufgerichtet hatte.
Was sie sah, war kein Grund zum Erschrecken. Doch der Schein trog.
Sie wusste es.
Zwei Reiter lenkten ihre Pferde in gemächlichem Schritt auf den Farmhof. Sie sahen aus, als befänden sie sich auf einem Spazierritt. Wie Stadtmenschen, die nur deshalb im Sattel saßen, weil es kein anderes Fortbewegungsmittel gab.
In ihren grauen Straßenanzügen, mit den schwarzen Stetsons, passten sie besser auf die Bürgersteige von Bismarck, Chicago oder Washington. Hier jedoch wirkten sie fehl am Platz.
Doch die Menschen im Logan County hatten längst aufgehört, diese Fremden mitleidig zu belächeln. Mochten sie sich in der provinziellen Umgebung auch unbeholfen bewegen, noch dazu auf dem ungewohnten Pferderücken, ihr Handwerk verstanden sie.
Es war ein Handwerk, das Existenzen vernichtete, Menschen in den Ruin trieb und ihnen ihr Hab und Gut entriss. Und wo ihre juristischen Tricks und Winkelzüge nicht ausreichten, machten sie mit dem weiter, was rechts unterhalb der Hüften ihre Jackenaufschläge beulte.
Leonas Blick streifte die Winchester, die sie am Rand ihres Liebeslagers abgelegt hatte. Die Waffe in greifbarer Nähe zu wissen, erzeugte ein beruhigendes Gefühl.
Die beiden Besucher saßen ab. Einer von ihnen zog eine lederne Aktenmappe aus der Satteltasche seines Pferdes. Gemeinsam steuerten die Männer auf die Eingangstür des Farmhauses zu. Sie brauchten nicht zu klopfen.
Stanley und Mabel Worden traten ins Freie. Einen Schritt vor der Türschwelle blieben sie stehen. Stanley, ein jung gebliebener Mittvierziger, hatte die gleichen Gesichtszüge wie sein Sohn Amos, trug das Haar aber kurzgeschnitten.
Muskulös und breitschultrig gebaut, wenn auch nur mittelgroß, war Stanley Worden nach wie vor eine Respekt gebietende Erscheinung. Die Schrotflinte mit gekürztem Lauf, die er schräg vor der Brust hielt, verstärkte diesen Eindruck noch.
Mit einer einzigen Ladung konnte er zwei Männer gleichzeitig erschießen, denn der abgesägte Lauf vergrößerte die Streuung der Schrotkugeln auf die kurze Distanz. Deshalb würden die Besucher es nicht auf eine Auseinandersetzung ankommen lassen.
Vorläufig nicht.
Sie hatten den Sohn des Farmers noch nicht bemerkt, der aus dem Gebüsch auf der Hügelkuppe hervorbrach und die ersten Abwärtsschritte auf dem grasbewachsenen Hang zurücklegte. Auch seine Eltern hatten ihn noch nicht erblickt, konzentrierten sie doch ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Besucher.
Nach einem kurzen Wortwechsel ließen Stanley und Mabel Worden die Männer eintreten. Leona seufzte kopfschüttelnd und schloss für einen Moment entnervt die Augen. Eigentlich sahen sie aus wie Gentlemen, sehr zivilisiert jedenfalls.
Andererseits wusste jeder im County, weshalb man ihnen misstrauen musste.
Niemand wusste das besser als Amos. Dennoch beschlich sie ein leiser Verdacht. Wollte Amos wieder nur angeben? Den ehemaligen Leibwächter herauskehren?
Immerhin war er Bodyguard eines Senators in Bismarck gewesen, der Hauptstadt des jetzigen Bundesstaats North Dakota. Dort hatte er damals tiefe Einblicke in die Politik und ihre Winkelzüge gewonnen.
Leona hatte ihn während eines Aufenthalts in Bismarck kennengelernt. Und von Anfang an hatte sie keinen Hehl daraus gemacht, wie sehr sie ihn bewunderte. Ja, die ganze Stadt und das damalige Dakota Territory bewunderten Amos Worden.
Denn er hatte dem Senator bei zwei Attentatsversuchen das Leben gerettet. Die Attentäter hatten die Anschläge auf den Politiker nicht überlebt. Amos hatte kurzen Prozess gemacht.
Sie waren an seinen 45er-Kugeln gestorben, bevor sie den Abzugsfinger krümmen konnten. Die Zeitungen feierten ihn dafür. Mit ihren Schlagzeilen machten sie ihn zum Helden.
Er reagierte darauf mit Stolz, gepaart mit Geltungsbedürfnis. Beides hatte sich in letzter Zeit übermäßig gesteigert. Leona fühlte sich selbst mitschuldig daran. Vielleicht hatte sie ihn einfach zu sehr angehimmelt, und das war ihm zu Kopf gestiegen.
Als sie die Augen wieder öffnete, war Amos noch nicht in Rufweite zur Farm seiner Eltern. Das kniehohe Gras behinderte ihn beim Laufen. Er hatte erst die Hälfte des Abhangs hinter sich gebracht.
Leona wandte sich um und zog sich an. Dann nahm sie die Winchester an sich. Sie kehrte zum Rand des Gebüschs zurück und ließ sich an einer geeigneten Stelle zu Boden sinken, wo sie das gesamte Anwesen überblicken konnte.
Amos war fast unten angekommen.
Sie schob den Gewehrlauf durch die Zweige und visierte die Tür des Farmhauses an.
✰
Lassiter tat es seinen beiden Sitznachbarn nach. Er zog die Hutkrempe ein Stück tiefer ins Gesicht und lehnte sich auf dem bequemen Polsterstuhl zurück. Das Verandavordach schützte vor der sengenden Augustsonne.
Aus dem Laden hinter den Männern erklang »America the Beautiful«. Ein Barbershop Quartet übte das neue Lied, das erst vor wenigen Jahren komponiert wurde und heute, 1889, bereits in aller Munde war.
Lassiter streckte die Beine lang aus, legte die Stiefel auf den hölzernen Hocker und imitierte die beiden anderen Wartenden. Sie dösten vor sich hin. Der Mann der Brigade Sieben dagegen war in Wirklichkeit hellwach.
Die Eighth Street, vor ihm, gehörte zu den bedeutenden Straßen im Zentrum der frischgebackenen Staatshauptstadt Bismarck. Firmen und Behörden unterhielten hier ihre Büros. Neben reinen Wohnhäusern gab es Arztpraxen, Anwaltskanzleien, Bars und kleinere Läden für den täglichen Bedarf der Anwohner.
»Henry's Barbershop« und das benachbarte »Red Rose Café« teilten sich die Veranda. Friseurkunden konnten sich die Wartezeit versüßen, indem sie nebenan Kaffee und Kuchen bestellten.
Lassiter hatte beides genossen. Ob ihm Zeit blieb, sich die Haare schneiden zu lassen, hing von der Entwicklung der Dinge ab.
Sein Gesichtsfeld unter der Krempe des schwarzen Stetsons reichte aus. Er konnte das Erdgeschoss des Bürogebäudes auf der anderen Straßenseite vollständig überblicken. Doch sein Interesse galt vor allem dem Eingang.
Die Fensterscheiben zu beiden Seiten bestanden in der unteren Hälfte jeweils aus Milchglas. Selbst die größten Passanten reichten an die obere Klarglashälfte nicht heran.
Ins Milchglas jedes der Erdgeschossfenster war mit schwarzen Buchstaben der Schriftzug »Briscoe, Metcalfe & Partners – Lawyers« eingebrannt worden. Maurice Briscoe war geschäftsführender Partner der Kanzlei und zugleich Politiker.
Als Mitglied der konservativen »American Party« war er in die Repräsentantenhäuser in Bismarck und Washington gewählt worden.
Die Brigade Sieben hatte Briscoe als Verbindungsmann für Lassiter benannt, nachdem der Anwalt den Geheimdienst in Washington um Unterstützung gebeten hatte. Die Brigade Sieben hatte ihm zugesagt, ihren besten Mann zu schicken. Lassiter.
Maurice Briscoe verfügte über Hinweise auf illegale Immobiliengeschäfte in großem Stil. Ausgangspunkt für seinen Verdacht war der bevorstehende Eisenbahnbau in dem neuen Bundesstaat North Dakota, der zeitgleich mit South Dakota im laufenden Jahr 1189 gegründet worden war. Landräuber sollten in den Countys entlang der geplanten Schienentrassen unterwegs sein.
Banditen in feinem Zwirn waren es. Äußerlich wirkten sie wie ehrenhafte Geschäftsleute. Die hinterhältigen Absichten sah ihnen niemand an. Mittlerweile hatte sich jedoch herumgesprochen, dass sie arglose Farmer kaltblütig betrogen und um ihr Land brachten.
Menschliche Schicksale spielten für die Landräuber keine Rolle.
Ohnehin blühten Korruption und fragwürdige Machenschaften rund um die Hauptstädte der beiden neuen Staaten, Bismarck und Pierre. Zwielichtige Personen gaben sich bei den Honoratioren der Stadt und des Staates die Klinke in die Hand. Denn es herrschte Aufbruchstimmung.
Profiteure aller Couleur machten sich das Blühen und Gedeihen der neuen Bundesstaaten zunutze. Hohe Dollarbeträge, die aus Washington flossen und als Zuschüsse oder Kredite für Investitionen gedacht waren, versickerten auf unergründliche Weise.
Banken, Versicherungen und nicht zuletzt die Eisenbahngesellschaften, so hieß es, sollten bei diesen undurchsichtigen Geldmanipulationen ihre Finger im Spiel haben. Lassiter konnte ein Lied davon singen, hatte er doch selbst einmal seine Existenz durch die Konkurrenz der übermächtigen Wells Fargo Company verloren.
Die Erinnerung an jene Zeiten wurde in ihm wach, da er nun erneut mit den Machenschaften von Wells Fargo konfrontiert wurde. Sein Partner hatte sich damals das Leben genommen, nachdem sie beide ruiniert waren. Lassiter hatte der übermächtigen Company den Kampf angesagt.
Sidney Blood, der Gefürchtetste aller Wells-Fargo-Agenten, war sein Todfeind geworden. Jahrelang hatten sie sich bis aufs Blut bekämpft, bis sie ihrer Feindschaft schließlich überdrüssig geworden waren und Frieden geschlossen hatten. Wells Fargo hatte das Kriegsbeil begraben und keinen weiteren Agenten auf Lassiter angesetzt.
Und der große Mann war vom Gejagten zum Jäger geworden. Als Agent der Brigade Sieben, eines Geheimdienstes im Kriegsministerium, verfolgte er Gesetzesbrecher überall in den Vereinigten Staaten – auch dann, wenn sie im Auftrag von Wells Fargo unterwegs waren.
Dank der Rückendeckung durch seine Dienststelle in Washington war Lassiter vor eventuellen neuen Anfeindungen seitens Wells Fargo sicher.
Zukunftsweisende Vorhaben waren der Company ohnehin wichtiger als Zwistigkeiten aus der Vergangenheit. Die Wells Fargo Bank investierte hohe Summen in die weitere Erschließung des Westens.
Eines der großen Projekte von heute war eine neue Bahnstrecke der Northern Pacific Railroad Company, die von Bismarck aus nach Osten führen sollte. Die Pläne befanden sich noch im Anfangsstadium. Doch die Landankäufe für die Routenführung waren bereits in vollem Umfang angelaufen.
Das Bild auf der gegenüberliegenden Straßenseite änderte sich.
Zwei Männer näherten sich dem Eingang des Anwaltsbüros, blieben vor der Tür stehen. Lassiter registrierte die Einzelheiten. Maßgeschneiderte graue Anzüge, schwarze Pork Pie Stetsons, maßgefertigte Schnürstiefel aus edlem schwarzem Leder.
Die Hüte hatten sie weit genug in die Stirn gezogen, um am Hinterkopf ihre Haarfarbe erkennen zu lassen. Beide waren dunkelhaarig, der eine eher dunkelblond, der andere fast schwarzhaarig. Letzterer trug eine flache lederne Aktentasche unter dem linken Arm.
Lassiter wartete, bis beide Männer eingetreten waren und die Tür hinter sich geschlossen hatten. Ohne erkennbare Eile stand er auf und überquerte die Straße. Unbehelligt erreichte er den Bürgersteig vor dem Anwaltsbüro.
Hinter den Milchglasscheiben rührte sich nichts. Keine schattenhafte Bewegung war zu erkennen.
Mechanisch tastete er nach seinem Remington. Er trug den Sechsschüsser an der rechten Hüfte, im Holster unter dem Aufschlag seines Jacketts. Der Kolben der schweren Waffe gab ihm ein Gefühl von Sicherheit und Überlegenheit.
✰
Ein gellender Schrei drang aus dem Farmhaus.
Amos Worden zuckte zusammen wie unter einem Hieb. Augenblicklich beschleunigte er seine Schritte, holte alles aus seinen Beinmuskeln heraus. Der Schrei wollte nicht enden. Es war die Stimme seiner Mutter. Er hörte die schrillende Angst heraus.
Mit einem wilden Sprung überbrückte er die letzten zwei Yard. Packte den Griff der Tür. Warf sich mit der Schulter dagegen, wollte sie aufstoßen und im Hineinstürmen die Colts ziehen.
Doch die Tür gab nicht nach, stoppte ihn wie eine Mauer aus Stein. Er prallte zurück, zerknirschte einen Fluch zwischen den Zähnen. Die Hurensöhne hatten den Innenriegel vorgelegt. Doch er verschwendete keine Zeit mit seiner Wut.
Er warf sich herum, sprintete nach rechts.
Der Schrei seiner Mutter ging in ein Wimmern über.
Noch bevor er die Hausecke erreichte, zog er beide Colts. Die Angst um seine Eltern waren stärker als jede Vernunft. Selbst die Vorstellung, dass er von einem Kugelhagel empfangen werden könnte, schreckte ihn nicht.
Mit Todesverachtung schnellte er um die Ecke herum.
Noch in der Bewegung flogen seine Sechsschüsser hoch. Sein Verstand registrierte den Anblick messerscharf. Sein Blick erfasste die wichtigsten Details.
Grauer Straßenanzug. Schwarzer Stetson. Ein Smith & Wesson Schofield, schussbereit am gestreckten rechten Arm, ein sich krümmender Abzugsfinger.
Amos feuerte mit beiden Colts gleichzeitig.
Der Smith & Wesson krachte um den Bruchteil einer Sekunde später, wurde vom Donnerschlag der Colts noch in dessen Ausklingen übertönt. Beide Kugeln stoppten den Mann, als hätte ihn die mörderische Wucht eines Vorschlaghammers getroffen.
Noch bevor er hintenüber kippte, stürmte Amos an ihm vorbei. Der Mann war schon tot, als er zu Boden schlug. So viel nahm der Farmersohn noch wahr, dann erreichte er die nächste Hausecke und sprintete weiter.
Die Hintertür stand offen.
Auch diesmal zögerte Amos nicht den Hauch eines Augenblicks. Er erhöhte sein Tempo noch, jagte auf den Hintereingang zu. Im Sprung auf die Steinstufe vollführte er eine 45-Grad-Wende. Augenblicklich hatte er den gesamten Korridor vor sich, bis hin zur offenen Küchentür.
Sein Herzschlag setzte aus.
Er prallte zurück.
Er sah seinen Vater – links, am Küchentisch.
Der Schweinehund saß halbrechts von ihm, an der Längsseite des Tischs. In der Linken hielt er einen Colt, dessen Laufmündung er unter das Kinn des Farmers presste. Den Hut hatte der Hund abgesetzt und auf den Tisch gelegt. Mit dem Colt verdammte er Stanley Worden zur Bewegungsunfähigkeit.
Denn der Hund brauchte eine sichere rechte Hand. Dazu stützte er den rechten Ellenbogen ab und winkelte den Unterarm an. Zwischen Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger hielt er ein Klappmesser – wie ein Chirurg das Skalpell.
Die Spitze der nadelfein auslaufenden Klinge war fünf Millimeter von Stanley Wordens Augapfel entfernt.
Amos sah es wie in einem von Höllenfeuer umrankten Bild einer Laterna Magica. Sein Herzschlag kehrte zurück, brachte eine eiskalte innere Ruhe mit. Er sah noch, dass seine Mutter auf der anderen Seite des Küchentischs am Boden lag. Er schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie nur ohnmächtig sein möge.
Der Schweinehund hatte ihn noch nicht bemerkt, oder er wollte ihn nicht bemerken.
»Unterschreib endlich!«, zischte er dem Farmer zu. Ein Blatt Papier lag vor ihm auf dem Tisch. Tintenfass und Federhalter standen daneben.
Der Schweinehund schob die Messerspitze einen Millimeter weiter auf Stanley Wordens Augapfel zu.
Amos zog durch.
Das Mündungsfeuer seiner Colts vereinte sich zu einer grellrot glühenden Lanze. Blitzartig schmetterte die Glut den Kopf des Peinigers dahin. Mit ihm das Messer. Er war tot, noch bevor er abdrücken konnte. Der Colt entfiel seinen kraftlosen Fingern und landete polternd auf dem Tisch.
Amos rannte hinüber. Im Laufen holsterte er die Sechsschüsser. Er fegte Messer und Colt vom Tisch, stieß den Toten vom Stuhl. Sein Vater war kreidebleich, vermochte noch immer nicht, sich zu bewegen.
Amos legte ihm die Hand auf die Schulter. Dann umrundete er eilends den Tisch und den Toten und kniete sich neben seine Mutter. Als hätte sie ihn kommen gehört, schlug sie die Augen auf.
»Alles ist gut«, sagte er sanft. »Dad ist am Leben. Wir alle sind am Leben.«
Seine Mutter konnte nicht sprechen. Sie schloss die Augen, um ihre Erleichterung zu zeigen. Amos half ihr auf die Beine und stützte sie auf dem Weg ins Wohnzimmer. Dort bettete er sie auf das Sofa.
Und dann ging er vor das Haus, um Leona zu rufen.
»Danke, mein Sohn«, sagte Stanley Worden, der hinter ihm ins Freie trat. »Du hast deiner Mutter und mir das Leben gerettet. Aber dafür hast du jetzt den mächtigsten und gefährlichsten Gegner am Hals, den es in unserem Land gibt – Wells Fargo.«
✰
Todesangst empfing den Mann der Brigade Sieben.