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Voll und strahlend zeigte sich die Scheibe des Mondes über dem Mississippi. Die Lichtreflexe tänzelten über den Schaufelraddampfer dahin.
An Bord herrschte ausgelassene Stimmung. Fackeln waren entzündet worden, die die bunten Girlanden aus der Dunkelheit holten und die tanzenden Paare in orangeroten Schein hüllten.
"Haltet euch bereit!", zischte Frank Delaware. "Auf mein Kommando lasst ihr die Boote zu Wasser!" Brennende Augenpaare beobachteten die Fahrt des Schiffes, bis Delaware rief: "Jetzt! Eine bessere Gelegenheit werden wir nicht bekommen!"
An den Ufern des Mississippis spritzte Wasser auf, als die Kanus hineingelassen wurden. Nur wenige Minuten später begann der Angriff!
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Seitenzahl: 126
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Gauner, Gambler und Gewehre
Vorschau
Impressum
Gauner, Gambler und Gewehre
Voll und strahlend zeigte sich die Scheibe des Mondes über dem Mississippi. Die Lichtreflexe tänzelten über den Schaufelraddampfer dahin.
An Bord herrschte eine ausgelassene Stimmung. Fackeln waren entzündet worden, die die bunten Girlanden aus der Dunkelheit holten und die tanzenden Paare in orangeroten Schein hüllten.
»Haltet euch bereit!«, zischte Frank Delaware. »Auf mein Kommando lasst ihr die Boote zu Wasser!« Brennende Augenpaare beobachteten die Fahrt des Schiffes, bis Delaware rief: »Jetzt! Eine bessere Gelegenheit werden wir nicht bekommen!«
An den Ufern des Mississippis spritzte Wasser auf, als die Kanus hineingelassen wurden. Nur wenige Minuten später begann der Angriff!
Zu Anfang merkten die Schiffspassagiere nichts, doch als sich die Zahl der Männer, die über die Reling kletterten, mehrte, konnte selbst dem unaufmerksamen Beobachter nicht mehr verborgen bleiben, dass sich ein übles Spiel anbahnte. Im Angesicht drohend auf sie gerichteter Revolver und Gewehre stießen Frauen wie Männer Entsetzensrufe aus.
»Tut, was wir sagen, und ihr kommt mit heiler Haut davon!«, donnerte Frank Delaware, dessen Gesicht mit schwarzem Schlamm eingeschmiert war. »Alle anderen dürfen sich mit den Krokodilen amüsieren!«
Seine Männer schwärmten aus, rissen den Frauen den Schmuck vom Leib und forderten von ihren Begleitern die Brieftaschen. Ihre Beute verstauten die Banditen in Leinensäcken und hatten bereits nach wenigen Minuten reiche Ernte gehalten.
Frank Delaware beobachtete genau, was geschah, und merkte auch, dass sich verhaltener Widerstand bildete. Nicht lange, so seine Einschätzung, und ein paar beherzte Kerle würden zu ihren Waffen greifen.
Mit ausgreifenden Schritten trat er in die Menge und pickte sich einen Verdächtigen heraus. Am Kragen schleifte er ihn vor und hob drohend seine Faust mit dem Colt. »Du warst wohl gerade dabei, nach deinem Schießeisen zu greifen«, raunte Delaware dem Mann zu. »Das war eine verdammt dumme Idee.« Noch im selben Moment schlug er mit dem Knauf seiner Waffe zu und schmetterte sie seinem Gegner ins Gesicht.
Das Nasenbein brach; Blut sprudelte hervor. Ächzend fiel der Geschlagene auf die Knie und tastete wimmernd über seine Verletzung.
»Elendes Piratenpack!«, kreischte eine raue Stimme. Drei Männer gleichzeitig zerrten ihre Revolver aus den Holstern.
Indes, ihre Kampfeslust fand ein jähes Ende. Die eingeschworene Gemeinschaft der Piraten reagierte ohne Verzögerung. Und noch ehe das Trio der Aufsässigen auch nur einen Schuss abgeben konnte, klappten sie bereits unter den Einschlägen heißer Bleigeschosse zusammen.
In dem daraufhin eintretenden Aufruhr fiel Frank Delaware eine Gestalt auf, die seltsam gelassen dastand und wirkte, als wäre sie vollkommen unbeeindruckt von den Ereignissen. Delaware ging auf den Mann zu und sah ihm unmittelbar in die Augen. Sie waren kalt und irgendwie tot, als hätten sie bereits in die Abgründe der Hölle geblickt, um gleich darauf zu verlöschen. Kalt war auch die Miene des Mannes, die einer ehernen Maske glich und jede menschliche Ausstrahlung verloren hatte.
»Noch ein Mutiger?«, fragte Delaware und verzog die Mundwinkel zu einem angedeuteten Grinsen. »Wenn Sie etwas zu sagen haben, Mister, tun Sie es jetzt. Falls Sie sich mit uns anlegen wollen, bedenken Sie die Konsequenzen.«
»Ich habe nichts zu sagen«, meinte der Fremde, »und mich verlangt es auch nicht nach einer Konfrontation.«
Delaware ging zwei Schritte zurück und wandte sich seinen Männern zu. »Schafft den Zaster auf die Boote! Hier gibt es nichts mehr zu holen!«
Bevor er sich selbst an der Reling zu einem wartenden Kanu hinabließ, warf Frank Delaware noch einen letzten Blick auf den Mann mit den eisernen Zügen. Er spürte die Kraft und Entschlossenheit, die von seinem Gegenüber ausging. Einen Kerl mit solchem Charisma durfte man nicht unterschätzen.
Für einen Moment war Delaware versucht, ihn einfach über den Haufen zu schießen, doch er verwarf den Gedanken so schnell, wie er aufgekommen war. Diese Person faszinierte ihn. Es würde Frank Delaware eine Genugtuung sein, sich mit ihr in einem fairen Kampf zu messen.
Wir sehen uns wieder, Freundchen, ging es dem Banditenboss durch den Kopf. Dann wird sich zeigen, ob ich den richtigen Eindruck von dir hatte...
✰
Die feuchte Hitze machte Lassiter zu schaffen. Je weiter er nach Osten kam, desto mehr belastete sie ihn. Ausgelaugt, schwitzend und am ganzen Körper durchnässt erreichte er ein Kaff namens Paddleton. Lange hatte er es suchen müssen, denn auf seinen Karten war es nicht eingezeichnet. Und obwohl genau das für eine gewisse Bedeutungslosigkeit des Ortes sprach, lag er lediglich einen Steinwurf entfernt von den Ufern des Mississippis.
Wieder einmal war Lassiter von der Brigade Sieben in die Weiten des Landes hinausgeschickt worden. Erneut galt es, einen Halunken aus dem Verkehr zu ziehen, den die Behörden nicht in seine Schranken hatten verweisen können.
Das Dossier, das Lassiter nach Louisiana beordert hatte, enthielt nur notdürftige Informationen. Anscheinend wusste man auch in Washington nicht hundertprozentig, was genau sich auf einem der größten Ströme der Vereinigten Staaten abspielte.
Mit einem Schmunzeln auf den Lippen rief sich Lassiter ins Gedächtnis, was der Name »Mississippi« bedeutete: Großes Wasser. Vermeintlich stammte der Ausdruck aus der Sprache der Algonkin-Indianer, war aber bezeichnend für die treffsichere Einfachheit, mit der sie überwältigende Dinge charakterisierten.
Irgendwie kam es Lassiter vor, als hätte die Brigade Sieben dieses Prinzip bei der Auftragserteilung kopieren wollen, ohne jedoch den Kern der Sache festzunageln. So gab es nur einen einzigen Namen, an dem sich Lassiter orientieren konnte: Frank Delaware. Was dieser Mann tat und weshalb man ihn als äußerst gefährlich einstufte, verbarg sich hinter einem Wust an Spekulationen. Niemand schien genau zu wissen, welche Rolle er spielte. Was man aber ganz genau wusste, war die Tatsache, dass er entfernt werden musste.
Das Stochern nach der berühmten Nadel im Heuhaufen war exakt das Sinnbild, mit dem man Lassiter von der Leine gelassen hatte. Vornehmlich ging es um Piraterie auf dem Mississippi, wobei ungeklärt war, in welchem Zusammenhang Frank Delaware auftrat. Es gab lediglich Indizien, die auf seine Beteiligung hinwiesen.
Nicht gerade aufs Höchste motiviert, quartierte sich Lassiter in einem kleinen Hotel ein. Seine Ermittlungen mochten sich wochenlang hinziehen, bis er ein belastbares Ergebnis erhielt. In Washington erwartete man natürlich schnelle Resultate, obwohl man auch dort wissen musste, dass die Grundlagen für Lassiters Recherchen äußerst dürftig waren.
Nachdem er seinen Grauschimmel in einem Mietstall untergebracht und versorgt hatte, suchte Lassiter den einzigen Saloon des Nestes auf. Benötigte man Informationen, war ein Saloon ein regelrechtes Füllhorn. Hier kamen alle gesellschaftlichen Gruppen zusammen, vom hart arbeitenden Holzfäller bis zum angesehenen Rechtsanwalt. Es war ein Schmelztiegel aller Schichten und Kulturen.
Lassiter begab sich zum Tresen und bestellte einen Whisky. Dazu zündete er sich einen Zigarillo an und lehnte sich lässig gegen die Theke. Ganz nebenbei und seiner Ansicht nach völlig unverfänglich, stellte er dem Barkeeper einige Fragen. Dass seine Erkundigungen aber nicht so harmlos waren, wie er angenommen hatte, stellte Lassiter schon wenige Minuten später fest.
»Für jemanden, der zum ersten Mal in Paddleton ist, stellen Sie eine Menge Fragen«, knurrte ein stämmiger Kerl, dessen indianische Abstammung man ihm erst auf den zweiten Blick ansah. Unübersehbar hingegen waren die Muskeln an Brust und Armen. Sein Hemd spannte sich wie eine zweite Haut darüber.
»Woher wollen Sie wissen, ob ich zum ersten Mal in der Stadt bin?«, fragte Lassiter.
»Weil ich Sie hier noch nie gesehen habe.«
»Sie kennen also jeden, der sich hier aufhält?«
Der Fremde zeigte ein leises Grinsen. »Sie kenne ich nicht. Das reicht mir!«
Lassiter zuckte die Schultern und wandte sich ab. Das Gespräch lief in eine Richtung, die ihm nur allzu bekannt vorkam. Er wollte abwarten, ob sich seine Vermutung bestätigte.
»Sie scheinen sich sehr für die Piraten auf dem Mississippi zu interessieren«, setzte der indigene Mann nach. Seine Lippen, über die sich ein fingerbreiter, sauber ausrasierter Schnauzbart bis über die Mundwinkel zog, bewegten sich kaum. »Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Sie mit Ihnen sympathisieren.«
»Ich habe von einigen Überfällen gehört«, erklärte Lassiter. »Ist es verboten, sich danach zu erkundigen?«
Der Barkeeper schritt ein. »Chisum, lass den Kerl in Ruhe! Ich kann in meinem Saloon keinen Streit gebrauchen.«
Der Angesprochene hob eine Hand, um dem Schankwirt Schweigen zu gebieten. Seine nächsten Worte waren an Lassiter gerichtet. »Sie gefallen mir nicht, Mister. Genauso wenig wie die Piraten. Es hat eine Menge Tote und Verletzte gegeben. Die Finger zweier Hände reichen nicht aus, um die Witwen im nahen Umkreis zu zählen. Und falls Sie auf einen schnellen Dollar aus sind und sich den Banditen anbiedern wollen, haben Sie in mir einen Feind, der erst von Ihnen ablässt, wenn Sie fünf Fuß unter der Erde liegen.«
Mit der flachen Hand schlug Lassiter auf den Tresen. »Ich bin es nicht gewohnt, grundlos irgendwelchen Verdächtigungen ausgesetzt zu werden«, brummte er. »Entweder lassen Sie mich zufrieden, oder wir klären das wie Männer...«
Es schien, als hätte Chisum genau auf diese Antwort gewartet. Aus dem Stand heraus machte er einen Satz nach vorn und hämmerte seine Faust gegen Lassiters Wange. Der Brigade-Agent flog zur Seite, konnte sich aber gerade noch am Ende der Theke abfangen und einen Sturz verhindern.
Augenblicklich ging er zum Gegenangriff über. Er unterlief Chisums nächsten Hieb und rammte ihm die Faust in den Magen. Als Lassiters Gegner vornüber fiel, folgte ein Ellbogenstoß in seinen Nacken.
Doch Chisum wirkte wie aus Stahl geschmiedet. Klaglos und nahezu unbeeinträchtigt steckte er die Schläge weg und warf sich rücklings gegen Lassiter. Beide Männer gingen zu Boden und rangen miteinander. Jeder versuchte die Oberhand zu gewinnen. Fäuste bohrten sich in Leiber, gefolgt von derben Kniestößen und Würgegriffen. Keinem jedoch gelang es, die Auseinandersetzung für sich zu entscheiden.
Irgendwann standen sich Lassiter und Chisum atemlos gegenüber und fixierten sich. Jeder erwartete einen weiteren Angriff, doch dieser blieb aus.
»Für heute lassen wir es dabei bewenden«, keuchte der Indianischstämmige. »Aber Sie wurden gewarnt. Sehe ich Sie in der Nähe der Piraten, ist das Netteste, was Sie von mir bekommen, eine Kugel in den Hinterkopf!«
Mit dem Handrücken wischte sich Lassiter über seine blutende Unterlippe. »Sie haben Ihren Standpunkt deutlich gemacht«, sagte er abgehackt. »Glauben Sie aber nicht, dass ich mich so einfach zur Schlachtbank führen lasse.« Brennend folgte sein Blick Chisum, der wortlos den Saloon verließ.
»Es tut mir leid«, meinte der Barkeeper und füllte Lassiters Glas nach. »Brad Chisum ist ein guter Kerl, aber manchmal schlägt er einfach über die Stränge.«
»Gibt's hier Huren?«, erkundigte sich Lassiter. »Mir steht der Sinn nach ein wenig Entspannung.«
»Ich kann Frauen besorgen«, erwiderte der Mann hinter dem Tresen. »Im Obergeschoss haben wir mehrere Zimmer, in denen Sie völlig ungestört sind.«
Lassiter zahlte, nahm vom Barkeeper einen Schlüssel entgegen und begab sich in den ersten Stock. Ermattet legte er sich auf ein breites Bett und wartete gespannt auf seine Bestellung.
✰
Die Spieltische auf dem Kasino-Schiff der Louisiana Freight Line Company waren bis auf den letzten Platz gefüllt. An sich belieferte die Gesellschaft die Städte an den Ufern des Mississippis stromauf- und -abwärts mit Gütern aller Art, doch allem Anschein nach erwies es sich als überaus profitabel, den begüterten Passagieren abseits des Tagesgeschäftes das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Jeder wusste, dass das Kasino letzten Endes immer gewann, doch trotzdem gaben viele die Hoffnung nicht auf, einen großen Gewinn abräumen zu können.
Constance Grimm gehörte nicht zu jener Sorte Mensch. Sie betrachtete die Situation realistisch und besaß auch gar nicht die finanziellen Möglichkeiten, sich an High-Stake-Spielen zu beteiligen. Dafür aber war ihr ein gutes Gespür für Männer zu Eigen, an die sie sich dranhängen und gegebenenfalls auch ausnehmen konnte.
Ihre Devise war: mehr Schein als sein. Und während sie durch den großen Spielsaal des Schaufelraddampfers schlenderte, hielt sie Augen und Ohren offen.
Bald schon hatte sie ihr vermeintliches Opfer gefunden. Der Mann schien nicht nur erfolgreich am Spieltisch zu sein, sondern besaß zudem noch ein attraktives Äußeres. Constance schätzte ihn auf Mitte, höchstens Ende dreißig. Wenn Dollars und ein angenehmes Äußeres zusammenkamen, lohnte sich der Einsatz gleich doppelt.
Constance stellte sich hinter den Spieler und hielt sich vorerst dezent zurück. Erst als er zweimal hintereinander gewann und insgesamt über tausend Dollar einstrich, begann sie zu jubeln und klatschte begeistert in die Hände. »Fantastisch!«, stieß sie aus. »Sie haben in wenigen Minuten ein kleines Vermögen verdient!«
»Haben Sie mich beobachtet?«, fragte der Spieler, drehte den Kopf zur Seite und wirkte angenehm überrascht von Constances Schönheit. Sie hatte sich aber auch ordentlich ins Zeug gelegt, allerlei Kosmetika aufgetragen und war in ihr einziges und damit bestes Kleid geschlüpft. Ansprechend, aber nicht aufdringlich wurde ihr Dekolletee betont.
»Roulette und all die anderen Spiele haben mich von jeher angezogen«, entgegnete Constance. »Und erfolgreiche Männer üben eine tiefverwurzelte Faszination auf mich aus.«
Der Mann am Glücksspieltisch schien angetan. »Setzen Sie sich doch zu mir«, sagte er. »Ich heiße übrigens Frank. Würden Sie mir auch Ihren Namen verraten?«
Constance Grimm tat ihm den Gefallen, zog sich einen Stuhl heran und nahm neben Frank Platz.
»Haben Sie auch einen Nachnamen?«, erkundigte sich die blonde Frau.
»Hat nicht jeder Mensch einen Nachnamen?«, stellte der Spieler eine Gegenfrage.
Constance reagierte mit gespielter Verlegenheit. »Es tut mir leid, gefragt zu haben. Wenn Sie ihn nicht nennen wollen, ist das Ihr gutes Recht.«
»Delaware«, antwortete der Mann spontan. »Wie der Bundesstaat.«
Beeindruckt verzog Constance die Mundwinkel und nickte. »Ein Name mit Bedeutung. Wurde nicht in Delaware die Verfassung angenommen?«
»Sie kennen sich gut aus in unserer Geschichte.«
»Ein Steckenpferd von mir«, gab Constance zu und war froh, sich halbwegs geschickt aus der Affäre gezogen zu haben. Tatsächlich hatte sie mit der Geschichte der Vereinigten Staaten nicht viel am Hut und die Sache mit Delaware – auch der »Erste Staat« genannt – irgendwo aufgeschnappt. Mit einer vorgeblichen Bildung jedoch konnte sie mehr erreichen, als wenn sie das Dummchen vom Lande markierte.
»Falls es Ihnen recht ist«, meinte Frank Delaware, »würde es mich freuen, wenn Sie mir für den Rest des Abends Gesellschaft leisten würden.«
Constance ging aufs Ganze. Sie glaubte den Fisch am Haken. »Ich bin sehr gerne Ihre Begleitung«, ließ sie ihn wissen. »Aber was ist mit der Nacht?«
Für einige Augenblicke sah es so aus, als hätte Constance den Bogen überspannt. Frank Delawares Blick hatte etwas Sezierendes, als würde er tief in ihre Seele und vor allem ihre Absichten schauen. Dann aber setzte er ein freundliches Lächeln auf und erwiderte: »Da werden wir sicher eine akzeptable Lösung finden. Ich habe eine eigene Unterkunft. Sie brauchen die Nacht nicht an Deck zu verbringen.«
Gemeinsam gingen sie von Tisch zu Tisch. Wenn Delaware verlor, war es nur wenig. Wenn er gewann, machte er seine Verluste mehr als wett und häufte bis in die frühen Morgenstunden mehr als zehntausend Dollar an. Er spendierte Champagner und gönnte sich selbst französischen Cognac.
Irgendwann schloss das Kasino. Eine Menge Leute hatte eine Menge Geld eingebüßt. Frank Delaware hingegen schien der Gewinner des Abends zu sein.
»Was ist dein Geheimnis?«, fragte Constance, als sie zusammen an der Reling standen und auf das ruhige Gewässer schauten.
»Du meinst«, erkundigte sich Frank, »wie es mir gelingt, mit einer derart atemberaubenden Frau im Mondschein zu stehen?«
Constance lachte hell auf. »Nein, ich meine, wie du es schaffst, am Spieltisch immer auf der Gewinnerseite zu stehen.«
Die Antwort folgte wenige Sekunden später. Aber sie kam nicht von Frank Delaware. »Kennt man den Ausgang, weiß man den Weg dorthin...«