Lassiter 2580 - Jack Slade - E-Book

Lassiter 2580 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Der Patronenmacher arbeitete mit flotter Hand und hatte die Hälfte seiner Ware schon vor der Mittagsstunde abgepackt. Er drückte die Pulverladungen in die Stahlhülsen, versah sie mit der Zündkappe und überließ den Rest dem Stampfdrücker, den er mit einem Fußtritt bediente.
Sein Hund lag ihm zu Füßen. Der Huskymischling jaulte selten und beschwerte sich allenfalls über die Flaschen voll Nitroglycerin und die beiden Kisten Holzmehlgelatine, die ihm den Blick zu seinem Herrchen versperrten. Die beiden Rohstoffe genügten dem Patronenmacher für seine Rache.
"Noch ein Stündchen." Er tätschelte den Husky. "Noch ein Stündchen Arbeit, und alles hat seine Ordnung."
Der Hund kroch unter den Tisch, schlief ein und bemerkte nichts von der teuflischen Falle, die am Tisch über ihm gefertigt wurde ...

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Seitenzahl: 129

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Totentanz in der Prärie

Vorschau

Impressum

Totentanz in der Prärie

Der Patronenmacher arbeitete mit flotter Hand und hatte die Hälfte seiner Ware schon vor der Mittagsstunde abgepackt. Er drückte die Pulverladungen in die Stahlhülsen, versah sie mit der Zündkappe und überließ den Rest dem Stampfdrücker, den er mit einem Fußtritt bediente.

Sein Hund lag ihm zu Füßen. Der Huskymischling jaulte selten und beschwerte sich allenfalls über die Flaschen voll Nitroglycerin und die beiden Kisten Holzmehlgelatine, die ihm den Blick zu seinem Herrchen versperrten. Die beiden Rohstoffe genügten dem Patronenmacher für seine Rache.

»Noch ein Stündchen.« Er tätschelte den Husky. »Noch ein Stündchen Arbeit, und alles hat seine Ordnung.«

Der Hund kroch unter den Tisch, schlief ein und bemerkte nichts von der teuflischen Falle, die am Tisch über ihm gefertigt wurde...

Die Wagenburg des Flemming-Trecks setzte sich aus siebzehn Planwagen zusammen, die man in einem weiten Halbkreis abgestellt hatte, um die grasenden Pferde hineinzutreiben. Sie spannte sich vom Südende der Prärieebene bis zu den Ausläufern der angrenzenden Bergkette und wurde von Edwin Flemming beaufsichtigt. Er war der Sohn des alten Flemming, der den Treck aus Plattsmouth heraus geführt hatte.

»Heran mit ihnen, heran mit ihnen!«, schrie der junge Flemming und ruderte mit den Armen. Er wollte mit seinem Gebaren Estella Brooks beeindrucken, die am Wagen ihrer Familie stand und ein Kleid ausbesserte. »Lasst bloß keines entkommen! Wir brauchen jeden Gaul am Wood River!«

Zwar hatte Estella einige Mal zu ihm aufgesehen, doch hauptsächlich blieb ihr Augenmerk auf das Kleid und die Handgriffe ihrer Mutter gerichtet, die ebenfalls ein Kleidungsstück flickte. Sie ließ sich von Edwins Verrenkungen nicht stören, obwohl sie kürzlich beim Feldgottesdienst zwei Reihen nach vorn gekommen war, um in seiner Nähe zu stehen. Sie blieb wie die meisten Frauen ein Rätsel für Flemming.

»Starrst du der Kleinen schon wieder hinterher?«

Die tadelnde Bemerkung kam von Terry Howland, den alle nur Howie riefen und der für Flemmings Vater so etwas wie die rechte Hand war. Er trommelte die Gemeinderäte zusammen, sobald es um das künftige Siedlungsland ging, sorgte für frisches Wasser in den Wagen und kundschaftete die Furten aus, an denen der Treck die Flüsse queren wollte.

Flemming zog ein säuerliches Gesicht. »Was geht's dich an? Du bist seit letztem Sommer verheiratet. Ich dagegen...« Er schnaufte geräuschvoll. »Ich muss um jede Frauenhand betteln. Ich bin kein Schönling wie du.«

Das Wort Schönling war in Howlands Fall eine bösartige Verdrehung der Wirklichkeit. Howland hatte abstehende Ohren und einen dürren Haarkranz, dazu nach außen gebogene Beine und einen stattlichen Hüftumfang. Er löste mit seiner Erscheinung Gelächter aus, wohin er auch kam, und trotzdem hatte er es geschafft, das Herz der attraktiven Mary Lenstad zu gewinnen, die jeden seiner Makel mit einem Lächeln übersah.

»Zieh mich nicht auf!«, schimpfte Howie gutmütig und glitt aus dem Sattel. Er klopfte Flemming auf die Schulter und gab ihm das Steerman-Gewehr, um das er gebeten worden war. »Du hast eine traurige Pflicht zu erledigen, mein Junge. Mit dem Ochsen geht's dahin... Er steht hinter dem Crosby-Wagen.«

Der Ochse der Crosbys war ein tausenddreihundert Pfund schweres Tier, das jeden Planwagen durch den Schlamm gezogen hatte, als man vor zwei Wochen am Missouri in schweres Wetter geraten war. Der Crosby-Ochse hatte sich dabei an der Hinterhand verletzt und lahmte seither.

Nachdenklich betrachtete Edwin die Steerman-Büchse.

Er hatte sie von seinem Vater erhalten, als er den Treck zum ersten Mal selbst angeführt hatte, und wusste, dass sie eine gute Waffe für Pflichten wie diese war. Die Büchse war geladen und hatte einen vor Öl glänzenden Lauf.

»Nimm das Brooks-Mädchen mit!«, riet Howie und zog väterlich die Brauen hoch. »Sie wird weinen und schluchzen wegen des verdammten Ochsen. Du musst sie bloß trösten. Schon hast du sie im Arm.«

Vom Brooks-Wagen klang das fröhliche Lachen der Frauen herüber, die sich über ein Missgeschick amüsierten und sich gegenseitig mit Vorschlägen überboten, wie es zu beseitigen sei. Als Estella den Kopf hob und den Flemming-Sohn mit einem Blick streifte, nahm Edwin allen Mut zusammen und ging hinüber.

»Ein Flemming unter unserer Plane!«, jubelte Estellas Mutter und sprang von ihrem Hocker auf. Sie vollführte eine übertriebene Verbeugung und bot Edwin den Platz neben ihrer Tochter an. »Sie kommen gewiss nicht für ein paar gestopfte Lumpenkleider. Ich brühe Ihnen einen Kaffee oder einen Tee auf.«

»Machen Sie sich keine Umstände, Ma'am!«, erwiderte Edwin höflich und setzte sich. Er starrte auf den Kleiderhaufen zwischen den Frauen. »Ich brauche eine tapfere Frau an meiner Seite. Der Ochse... Der Ochse der Crosbys muss erschossen werden.«

»Sie kommen wegen des Ochsens?«, staunte Ms. Brooks. »Und ich dummes Ding glaubte, Ihnen ginge es um Estella! Die Flemmings sind offenbar zartfühlende Männer! Sie trauen sich keinen Schuss auf einen Ochsen –«

»Ich begleite ihn«, schnitt Estella ihrer Mutter das Wort ab. Sie lächelte Edwin an. »Es wäre mir ein Vergnügen, Mr. Flemming.«

Wenig später liefen Estella und Edwin Seite an Seite zum Wagen der Crosby-Familie hinüber.

Sie sprachen über die Furtdurchfahrt am Wood River, die kreuz und quer liegenden Möbel der Christenson-Familie, die es mit der Ordnung nicht genau nahm, und den würzigen Bohnentopf, den Mary Boles am vergangenen Sonntag gekocht hatte. Die Worte gingen Edwin leicht von der Zunge; es war, als schlösse ihn Estellas Anwesenheit auf, als beflügelte sie seine Gedanken.

Vor dem kranken Ochsen blieb Estella stehen. »Da wären wir, Mr. Flemming. Ich schätze an Ihnen, dass Sie nicht zu feige sind, das arme Tier zu erlösen.«

Das Magazin der Steerman-Büchse, die Howie herbeigebracht hatte, war mit vier Schrotpatronen jenes Fabrikats gefüllt, das Flemming sonst für die Truthahnjagd verwendete. Er betätigte die Ladevorrichtung, bat Estella, einen Schritt zurückzutreten, und nahm den Schädel des Ochsen aufs Korn.

»Seien Sie tapfer!«, sagte Estella und hielt sich die Ohren zu. »Sie allein wissen, dass der Tod eine Gnade sein kann.«

Der Ochse senkte den Kopf und verschlang ein Grasbüschel. Er trottete ein Stück nach vorn und stieß mit der verwundeten Hinterhand an das Speichenrad des Crosby-Wagens. Er stieß ein heiseres Brüllen aus und schlug mit dem Schwanz.

Dann schoss Flemming.

Statt des erwarteten Feuerstoßes jedoch zerriss eine krachende Explosion die geladene Steerman-Büchse. Das Gewehr barst in der Mitte, riss Flemming den Hals auf und tötete ihn auf der Stelle.

Von der Decke des Packard's Store in Brownsville hingen etliche Stiefelpaare, die mit silbernen Knöpfen und schmuckvollen Applikationen besetzt waren. Sie hatten einen stattlichen Preis und weckten dennoch das Interesse des Mannes, der vor Lassiter in den Laden getreten war. Er war zwei Köpfe kleiner als der Mann der Brigade Sieben und sprach einen qualvollen Südstaatenslang. »Si-iii-ir, hab' nur zwei Dollar üb-erig. Muss mir gu-otes Schuhwerk kaufen dafür. Was krieg' ich für zwei Dollar, Si-iii-ir?«

»Jedenfalls keine Stiefel«, erwiderte der Ladenbesitzer trocken und sortierte die Kästchen voll Kräuteressenzen, die er gerade aus dem Wandregal hinter ihm genommen hatte. »Ich muss aufs Geld achten, Sir. Ich habe nichts zu verschenken.« Er zuckte mit den Schultern. »Sie können wiederkommen, sobald Sie flüssig sind. Ich schreibe nichts an. Ich gebe keinen Kredit. – Mr. Lassiter?«

Der Südstaatler schnellte herum und bemerkte den großgewachsenen Mann, der in seinem Rücken stand, offenbar zum ersten Mal. Er kniff das rechte Auge zusammen und studierte den Fremden mit dem sandblonden Haar eingehend. »Sie seh-hen mir danach aus, als hätten Sie Dolla-aa-rs.« Er grinste. »Woh-her kommen ›se, Mist-ee-r?«

»Belästigen Sie den Mann nicht!«, knurrte der Ladeninhaber und umrundete die Theke. Er griff nach einem Krug hinter der Registrierkasse und goss Lassiter einen Kaffee ein. »Sie sind spät gekommen, Mr. Lassiter. Ich hörte von den Mädchen, dass Sie gut untergekommen sind.«

Verwirrt wandte sich der Kleingewachsene mit dem Südstaaten-Akzent ab und trottete zur Tür. Er rülpste leise, hob die Hand zum Abschied und war aus dem Laden heraus, bevor dessen Inhaber den Kopf schütteln konnte.

»Die Mädchen waren zuvorkommend«, pflichtete Lassiter bei und lächelte. »Ich bin mit einer Ihrer Bediensteten verabredet. Sie heißt Sarah oder Clara.«

»Clara«, erwiderte der Ladeninhaber geistesabwesend. »Noch vermag ich Ihnen nichts Näheres über den Auftrag zu sagen. Das Hauptquartier überschwemmt mich mit Telegrammen, aus denen ich nicht schlau werde.« Er seufzte. »Sie müssen sich wenigstens einen Tag noch gedulden.«

Die letzte gekabelte Nachricht aus Washington hatte Lassiter in Omaha erreicht, und sie hatte kaum mehr als den Namen von Hugh Packard enthalten, vor dem der Mann der Brigade Sieben nun stand. Der Auftrag musste von gänzlich anderer Natur als üblich sein.

»Mr. Packard«, sagte Lassiter versöhnlich. »Ich übe mich in Geduld, so lange Sie es wünschen. Ich bin Agent und erfülle bloß meinen Eid. Sie sind vor mir zu keiner Rechenschaft verpflichtet.«

Der Ladenbesitzer seufzte abermals auf. »Gleichwohl muss auch ich meine Pflicht erfüllen. Ich bin es nicht gewohnt, dass mich das Hauptquartier hinhält. Ich nehme meine Arbeit für die Brigade Sieben äußerst ernst, wissen Sie?« Er deutete zur Kasse. »Die Verkäufe gehen gut durch die Siedlertrecks. Aber ich fürchte um Recht und Gesetz in den Plains. Die Schießereien... Die Toten...«

Erst in der vergangenen Woche waren zwei Männer nahe Brownsville erschossen und beraubt worden. Sie hatten mit einem Planwagen voller Proviant am Fluss Halt gemacht, hatte es geheißen, um die Vorräte vorüberziehender Trecks aufzustocken. Einer der Ermordeten war durch einen Schuss in den Rücken, der andere durch eine Kugel in den Hinterkopf gestorben.

»Ernst ist die Lage«, konstatierte Packard und lehnte sich gegen die Theke. »Ich bin der Annahme, dass man Sie aus diesem Grund nach Nebraska befohlen hat. Sie gelten als der härteste Mann der Brigade Sieben. Ich könnte mir keine geeignetere Zeit für Sie vorstellen.«

Auf einem vergilbten Papierbogen, der lose auf einen rostigen Nagel im Wandregal steckte, standen die Ladenpreise für Packards Waren. Die Preise waren einige Male durchgestrichen und erhöht worden; es gab für Packard wenig Anlass zur Klage.

»Soll ich morgen wiederkommen, Sir?«, fragte Lassiter. »Ich bleibe vorerst in der Stadt. Das Hauptquartier wird Ihnen Befehle telegraphieren. Ich habe keinen Zweifel daran.«

Packard kehrte hinter die Theke zurück und nahm sich erneut die Setzkästchen für die Gewürzkräuter vor. Er pflückte einen Salbeizweig ab, schob ihn sich zwischen die Zähne und kaute darauf herum. »Sie erhalten freie Logis von mir, Mr. Lassiter. Ich gebe Ihnen den guten Rat, sich in der Stadt umzuhören.« Er stellte einen Setzkasten ins Regal. »Es treiben sich zwielichtige Kerle herum.«

»Ich bleibe bei Clara«, sagte Lassiter. »Sie scheint sich in Brownsville auszukennen. Ich will ein paar Erkundigungen einholen, ehe das Hauptquartier den Auftrag erteilt. Die Gespanne und Planwagen am Missouri sammeln sich.« Er wies auf die Preisliste. »Sie machen gewiss noch über Jahre gute Geschäfte.«

»Ein gutes Geschäft ist nichts ohne Frieden in Nebraska.« Packard sah die übrigen Setzkästen flüchtig durch und wischte den Staub aus einem von ihnen. »Die Dollars sprudeln für Leute wie mich, und gleichzeitig kommen immer mehr Siedler ins Land. Sie sprechen verschiedene Sprachen, verdächtigen und misstrauen einander. Sie betrügen sich gegenseitig, spannen sich die Frauen aus oder verlieren sich im Kartenspiel.«

Auf der Straße tobte eine Schar Kinder vorbei, die zwischen Packards Warensäcken ein Versteckspiel veranstaltete. Als wieder Ruhe herrschte, goss sich der Ladenbesitzer selbst einen Kaffee ein.

»Die Leute wollen aus Nebraska heraus«, meinte Lassiter und trat einen Schritt näher. Er trank einen Schluck und brummte zustimmend. »Jeder will aus Nebraska heraus. Ich kenne niemandem, dem es in diesem Staat gefällt.«

»Den Mädchen gefällt es«, antwortete Packard und lachte leise auf. »Sie werden von Clara nichts Schlechtes über Nebraska hören.« Er schwenkte die Tasse. »Sie ist jung und voll Hoffnung. Sie wird in Schwärmerei über Nebraska geraten.«

Der starke Kaffee hatte Lassiter aufgemuntert. »Ich bin gespannt, was sie mir zu sagen hat.«

Die Mädchen von Hugh Packard waren Töchter hiesiger Farmer und Rancher, die von ihren Vätern in die Brownsville Community Works geschickt worden waren, damit sie bis zur Heirat ein paar Dollars dazu verdienten. Das Gemeindewerk half bei der Beschaffung von Kleidung und Werkzeugen, sorgte für den Arzneiverkauf und organisierte die sonntäglichen Feldgottesdienste, die den Siedlern den Weg zur nächsten Kirche ersparten.

Fünf Schlafhäuser gehörten den Community Works.

Sie waren am Stadtrand erbaut worden, auf dem Gelände der Eisenbahngesellschaft, die zugleich Steine und Dachziegel für die Gemeindebauten bereitgestellt hatte. An den Giebeln der Schlafsäle prangte das stählerne Emblem der Burlington & Missouri River Railroad und setzte Rost an.

»Sie müssen sich nicht genieren«, sagte Clara Brinley und führte ihren Gast durch die Räume. Sie war eine zierliche Person mit dichtem blonden Haar und langen Wimpern. »Die Mädchen in den Brownsville Community Works starren jeden Mann an. Sie sind im heiratsfähigen Alter.« Sie wandte sich um und ergriff Lassiters Hände. »Sie wissen, welcher Mann eine gute Partie ist.«

Die vergangene Stunde hatten sie mit einem Spaziergang durch die Stadt verbracht, die um diese späte Stunde wie ausgestorben und allenfalls von Hundekläffen erfüllt war. Der Donahue-Saloon im Süden hatte wenige Gäste gehabt, so wenige, dass Clara darauf verzichtet hatte, sich von Lassiter einen Drink ausgeben zu lassen.

»Ich geniere mich nicht«, erwiderte Lassiter und küsste Clara sanft. Er mochte die verspielte Art, mit der die junge Farmerstochter ihn behandelte. »Ich hatte mich nur gewundert.«

»Es wundert Sie?« Clara lachte und erwiderte den Kuss. »Sie sind ein gutaussehender Mann inmitten von ledigen Frauen. Sie sind der Hahn im Korb.« Sie drehte die Petroleumlampe an der Wand herunter, bis der Schlafsaal in schummrigem Zwielicht lag. »An ihrer Stelle wäre ich nicht verwundert.«

Die anderen Frauen aus dem Saal hatten Clara versprochen, dass sie erst gegen zehn oder elf Uhr am Abend zurückkehren würden, und nach allem, was Lassiter wusste, konnte sich Clara auf ihre Loyalität verlassen. Die Brownsville Community Works billigten keine Promiskuität, ergriffen jedoch ebenso wenig Maßnahmen, um die Umtriebe ihrer Arbeiterinnen zu beschränken.

»Uns bleibt noch eine Stunde«, flüsterte Clara und knöpfte langsam Lassiters Hemd auf. Sie ließ den Überwurf von den Schultern gleiten, mit dem sie ihr Kleid vor dem Straßenstaub geschützt hatte. »Ich will hoffen, dass du nicht vorher zurück ins Hotel musst.«

Sie hatte ein schmal geschnittenes Gesicht, das Lassiter noch filigraner erschien, als er die Hände um Claras Wangen legte. Er zog ihren Kopf zu sich herauf, küsste Clara und nestelte mit zwei Fingern am Verschluss ihres Kleides. Die junge Frau aus Wisconsin küsste ihn ebenfalls und entkleidete sich.

Nackt stand Clara danach vor ihm.

Sie bedeckte mit einer Hand ihrer Blöße, griff mit der anderen unter Lassiters Hosenbund und holte dessen steifen Pint hervor. Sie ließ die Hand daran auf und ab gleiten, schob Lassiter zu einem der Betten und schwang sich über ihn, als er sich fallen ließ.

»O Lassiter!«, wisperte Clara und ritt ihn eine Weile. Sie stöhnte vor Erregung und drückte Lassiters Hände an ihre vollen Brüste. »Du sollst dir nichts darauf einbilden, aber gerade beneidet mich jedes Mädchen von den Brownsville Community Works.«

Die Flamme in der Petroleumlampe verlosch flackernd, und von Claras schlankem Leib blieb nur ein betörender Schattenriss, der sich voller Begierde auf Lassiter bewegte. Das gemeinsame Stöhnen des Paares erfüllte den Schlafsaal, vertrieb die angespannte Stille, die zuvor darin geherrscht hatte.

Als Clara zum Höhepunkt kam, drückte sie den Rücken durch und stützte sich auf Lassiters Brust.

Die Lust peitschte durch ihren Körper wie die Wogen eines anbrandenden Ozeans, riss jede Beherrschung, jede vornehme Zurückhaltung mit sich, die bis zu diesem Zeitpunkt bestanden hatte. Die Gier ergriff von Clara Besitz, die wilde Erregung einer Frau, die sich für einige Sekunden ganz dem Vergnügen hingab.

Wimmernd sank Clara auf Lassiter herunter.