1,99 €
Vierzehn Stadtverordnete von Clifton Rock hatten den Opiumlizenzen zugestimmt, sechs andere sich dagegen ausgesprochen. Das letzte Wort hatte Bürgermeister Richard Burmester gehabt, der jede Lizenz in der Stadt an die Bedingung geknüpft hatte, dass keine Rauchsalons oder Spielhöllen entstünden.
"Der Rauchgenuss muss im Stillen stattfinden", sprach Burmester von seinem Pult herab. Er schloss eine dramatische Pause an. "Das Opium darf nicht die Werte hinfortfegen, auf denen unsere Gründerväter diese Stadt errichtet haben."
Außer Li Chung applaudierte jeder Anwesende im Saal. Die Stadtverordnetenversammlung hatte zähneknirschend im Sinne des Chinesen gestimmt. Sie hatte ihm gehorcht und sich seinem Willen gebeugt.
Vorerst war Li Chung der Opiumkönig von Dakota...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 128
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Gefangene der Opiumhölle
Vorschau
Impressum
GefangenederOpiumhölle
Vierzehn Stadtverordnete von Clifton Rock hatten den Opiumlizenzen zugestimmt, sechs andere sich dagegen ausgesprochen. Das letzte Wort hatte Bürgermeister Richard Burmester gehabt, der jede Lizenz in der Stadt an die Bedingung geknüpft hatte, dass keine Rauchsalons oder Spielhöllen entstünden.
»Der Rauchgenuss muss im Stillen stattfinden«, sprach Burmester von seinem Pult herab. Er schloss eine dramatische Pause an. »Das Opium darf nicht die Werte hinfortfegen, auf denen unsere Gründerväter diese Stadt errichtet haben.«
Außer Li Chung applaudierte jeder Anwesende im Saal. Die Stadtverordnetenversammlung hatte zähneknirschend im Sinne des Chinesen gestimmt. Sie hatte ihm gehorcht und sich seinem Willen gebeugt.
Vorerst war Li Chung der Opiumkönig von Dakota ...
Durch die schummrige Lagerkammer zogen dichte Qualmschwaden, die sich grauen Fingern gleich um die goldenen Kerzenleuchter legten. Sie hüllten die anderen Gäste ein, die sich mit den Huren vergnügten, und nahmen Peter Crittenden die Sicht. Der Geschäftsmann aus Minneapolis hustete und stützte sich an einem Deckenpfosten ab.
Sein Buchhalter Henry Northey hatte die erste Pfeife bekommen.
Er rauchte sie mit einer Dunkelhäutigen im Arm, deren goldene Kreolen im Licht blitzten. Sie hatte eine Hand in Northeys Schritt gelegt und nestelte mit der anderen an seinem Hemdkragen. Sie war nackt bis auf ein Miederhöschen und hatte sich das krause Haar zu einem Dutt gesteckt.
»Übernimm dich bloß nicht, Henry!«, rief Crittenden und hielt sich mit beiden Händen fest. Er verspürte Schwindel, seit er das erste Opium geraucht hatte. »Mir kommt's vor, als wollte dich deine hübsche Gesellschaft ausnehmen!«
Northey winkte ab und schlang den Arm um die junge Schwarze. Er hatte eine Frau und sechs Kinder zu Hause, von denen Crittenden wusste, dass sie Northey für den ehrbarsten Mann im County hielten. Das Opium pflanzte jedem die Sünde ins Herz.
»Kleiner, was machst du nur?«, säuselte eine warme Frauenstimme in Crittendens Ohr. Sie gehörte einer aschblonden Frau namens Catherine Moffett, die eine schwarze Korsage mit geschwungenen Lederapplikationen trug. Sie hielt eine Rute in der Hand, mit der sie Crittenden über die Brust strich. »Warst du ein guter Junge? Oder muss ich dir ein paar Hiebe verpassen?«
Aus einer Ecke des Raumes sah Li Chung dem Treiben in der Kammer grimmig zu. Er war fast einen Fuß kleiner als Crittenden, von schmaler Statur, wie es den Chinesen eigen war. Er hielt eine halbvolle Flasche Bourbon in der Hand, die er hin und wieder einer Hure reichte, die sich an ihn schmiegte und ihn küsste.
»Geh zu 'nem anderen!«, knurrte Crittenden und schob Catherine von sich. Er verzog den Mund zu einem gequälten Lächeln. »Ich bin nicht mehr bei Kräften, meine Schöne... Ich hab' einen Rausch... Einen verdammt schlimmen Rausch!«
Um seine Worte vor Catherine unter Beweis zu stellen, ließ Crittenden den Stützpfosten los und wankte zu den Spieltischen hinüber. Er schaffte lediglich die halbe Strecke, ehe er zusammenbrach und mit dem Gesicht voran in den übelriechenden Teppich schlug.
Besorgt eilte Catherine herbei.
Sie beugte sich herunter, ließ sich einen Krug Wasser reichen und flößte Crittenden einige Schlucke ein. Sie schaute sorgenvoll zu Chung, der sich nicht vom Fleck gerührt hatte. »Ich muss Sie hinausbringen, Mr. Crittenden. Ich muss Sie zum Wohl der anderen Gäste –«
»Sie müssen mich loswerden!«, ächzte Crittenden und krallte die Nägel in den Teppich. Er kannte Chung und dessen Einfluss in der Stadt. »Der feine Mr. Chung kann es sich nicht leisten, dass jemand in seinem Lokal zugrunde geht.« Er schlug mit der Faust auf. »Aber er hat mir das Zeug gebracht! Er hat mir das Zeug gegeben!«
Sie hatten ihm zehn oder zwölf Opiumpfeifen überlassen.
Die Frauen von Chung hatten sie Crittenden gebracht, waren bei ihm geblieben, hatten ihm einen Diwan bereitet, auf dem er hätte schlafen sollen. Er hatte geraucht und geraucht, war in eine Starre gefallen und eingeschlafen.
Chungs Frauen hatten bei ihm gelegen.
Sie waren ihm nicht von der Seite gewichen, bevor Crittenden wieder zu Kräften gekommen war. Sie hatten ihm Ingwertee gebracht, der mit Bourbon versetzt gewesen war, und hatten viertausend Dollar von ihm verlangt.
Viertausend waren Chungs Preis gewesen.
Der Chinese schaffte das edelste Opium heran, das man am Little Missouri bekommen konnte. Wie es ihm gelang, an den Kontrollen vorbeizukommen, war ein wohlgehütetes Geheimnis. Er stahl sich galant an Verboten vorbei, und eben aus diesem Grund kamen Männer wie Crittenden zu ihm.
»Bring Chung hierher!«, keuchte Crittenden und kroch über den Teppich. Er konnte kaum den Kopf heben. »Bring ihn her! Ich will... Ich will meine Dollars zurück! Er hat mir den Rausch versprochen! Den Rausch des Paradieses!«
Die Dunkelhäutige neben Northey wurde auf Crittenden aufmerksam und überließ den Buchhalter dessen halb aufgerauchter Opiumpfeife. Sie lief zu Catherine, redete auf sie ein und wechselte einen Blick mit Chung, den allmählich Nervosität ergriff.
»Bringt mir Chung her!«, brüllte Crittenden aus voller Kehle. Er spürte eine Lähmung in den Beinen, die ihm Angst machte. »Er hat mir die falsche Dosis verpasst! Er wollte mein Geld und bringt mich zum Dank um!«
Als die Männer an den Spieltischen die Karten niederlegten, hatte Chung genug. Er durchquerte die Lagerkammer, blieb vor Crittenden stehen, ging in die Hocke und drückte ihm einen Revolver in den Nacken. »Sie hören mit dem Geschrei auf, Mr. Crittenden! Auf der Stelle!«
Das akzentlose Englisch des Chinesen klang scharf und unversöhnlich.
Bislang hatte Crittenden Chung lediglich höflich und zuvorkommend erlebt, und hätte der Asiate ein anderes Benehmen gezeigt, wäre es zu keinerlei Geschäft gekommen. Ein Emigrant musste sich tadellos verhalten, um das Vertrauen von Männern wie Crittenden zu gewinnen.
»Lassen Sie mich gehen!«, schrie Crittenden und schlug nach Chung. »Sie... Sie begehen einen schlimmen Fehler! Man wird Sie... Man wird Sie aus diesem Land werfen!«
Der Opiumrausch drückte Crittenden mit eiserner Faust zu Boden und raubte ihm für einige Sekunden die Sinne. Als er wieder zu sich kam, hatten Catherine und Northeys Dunkelhäutige ihn vor die Tür geschleift. Sie traktierten ihn mit Fußtritten und packten ihn beim Jackenkragen.
»Verzieh dich!«, zischte Catherine und gab ihm einen weiteren Tritt in die Rippen. »Verschwinde und lass sich dich in Clifton Rock nie wieder blicken!«
✰
Die Banngesetze gegen das Opium betrafen die Countys am Little Missouri River und angrenzende Teile des Dakota-Territoriums. Auf dem Papier sollten sie die Indianerreservate schützen, in denen man Aufstände fürchtete, sobald die Opiumsucht in den verarmten Stämmen um sich griff. Die Frauenliga von Clifton Rock hielt nichts von alledem.
»Seid tapfer, ihr Mitstreiterinnen!«, rief Virginia Crouch und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Sie hatten sich leidenschaftlich gegen die Opiumgesetze ausgesprochen. »Unsere Männer verfallen dem Alkohol! Sie gehen daran zugrunde! Das Opium hat sie uns bisher vom Leib gehalten!«
Die anderen Frauen – zumeist Rancherinnen und Ehefrauen von Minenarbeitern – pflichteten Virginia träge bei. Einige von ihnen hatten die Opiumgesetze begrüßt, andere die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung ebenso vehement abgelehnt wie die Vorsitzende. Eine der Befürworterinnen war eine kräftige Frau mit dem Namen Elizabeth Humstead.
»Du sprichst mir aus der Seele, Virgie!«, ergriff Humstead das Wort. Sie war in Trauer und trug einen Reifrock aus schwarzem Samt. »Meinem George hat der Bourbon das Leben genommen! Er trank fast zwei Flaschen jeden Tag! Er starb elendig, liebe Freundinnen! Er starb wie ein Hund auf der Straße!«
»Müssen wir diese Schande duldsam ertragen?«, pflichtete Virginia ihrer Gefährtin bei. »Müssen wir in aller Stille abwarten, bis die Männer dem Fusel verfallen? Oder gönnen wir ihnen stattdessen einige Plätze, an denen sie Opium rauchen und sich zerstreuen können?«
Die übrigen Frauen der Liga rutschten unschlüssig auf ihren Stühlen hin und her, sprachen leise miteinander und tauchten ihre jeweiligen Argumente aus. Den religiösen Stakemiller-Schwestern ging es darum, jegliche Sucht aus dem Dakota-Territorium zu vertreiben, die Rancherinnen Margaret Brown und Ann Sheller verlangten striktere Lizenzen.
»Alles steht und fällt mit Li Chung«, fasste Virginia zusammen und schritt durch die Stuhlreihen. Sie berührte eine der Stakemiller-Frauen an der Schulter und beugte sich zu ihnen hinunter. »Er hat die Macht über das Opium im Territorium. Er muss auf unserer Seite stehen, damit wir etwas ausrichten können.«
Keine der Versammlungsteilnehmerinnen wollte Geschäfte mit dem zwielichtigen Chinesen machen, über den es das Gerücht gab, dass er kürzlich den Geschäftsmann Peter Crittenden in den Tod getrieben habe. Die Liga war jedoch auf Chungs Hilfe angewiesen, wollte sie in Clifton Rock etwas bewirken.
»Was ist mit deinem Postmann?«, fragte Humstead und wandte sich auf ihrem Stuhl um. »Du wolltest ihn auf Chungs Dampfschiff bringen. Er wäre uns in dieser Lage von großem Nutzen.«
Virginia hob die Brauen und nickte. »Er zögert und hadert noch damit, uns zu unterstützen. Aber sobald er in Chungs Nähe ist, kann er uns helfen.« Sie blickte die Frauen nacheinander an. »Ich sehe ihn am Abend.«
Die Frauen warfen sich vielsagende Blicke und bedrängten Virginia mit Fragen. Sie wollten den Namen des Postmannes erfahren, mit dem Virginia eine Liaison eingegangen war, und ermutigten sie zu abermaligen Treffen mit ihm.
»Lassiter«, sagte Virginia stolz. »Sein Name ist Lassiter.«
✰
»Fünf Monate«, sagte Hugh Stover mit anklagendem Unterton. »Sie sind fünf Monate in verdeckter Mission gegen Chung unterwegs. Sie hätten längst etwas herausfinden müssen.«
Der Mann auf dem anderen Stuhl hatte sandblondes Haar, stechend blaue Augen und ein breites Kreuz. Er hatte die Stunde über geschwiegen und Stover aufmerksam zugehört. Er war der härteste Mann, der in Diensten der Brigade Sieben stand.
»Mr. Lassiter«, wiederholte Stover und seufzte. »Das Hauptquartier lobt Sie über den grünen Klee. Sie seien ein Mann mit außergewöhnlichen Talenten. Sie verstünden sich auf Geheimoperationen, die uns abseits der geltenden Gesetze führen.« Er seufzte laut auf. »Sie hätten etwas über Li Chung herausfinden müssen.«
Der Opiumschmuggel des Chinesen Li Chung hatte Ausmaße angenommen, die selbst die Verantwortlichen in Washington, D. C., überrascht hatten. Über zwanzigtausend Dollar hatten allein in den vergangenen Monaten den Besitzer gewechselt. Sie waren für Rauchopium bestimmt gewesen, daneben Rohware aus dem Türkenreich und dem Orient, das nicht in China verarbeitet worden war.
»Ich kenne Li Chung«, sagte Lassiter und schaute Stover ruhig an. »Er ist ein misstrauischer Mann mit Dutzenden Spitzeln, die für ihn die Augen aufhalten. Ich brauche die Zeit, um an ihn heranzukommen.« Er lächelte. »Es gibt keinen kürzeren Weg, Sir.«
Aus Erfahrung wusste Stover, dass Lassiter recht hatte, und doch musste er an das Kuvert aus Washington denken, das vor einigen Stunden eingetroffen war. Es enthielt frische Befehle für Lassiter und war prall mit Informantenberichten gefüllt. »Sie müssen rascher an Li Chung heran. Das Hauptquartier hat den Befehl dazu erteilt. Es will keine langwierigen Observationen und geschickt eingefädelte Geschäfte mehr.«
Mittels falscher Dokumente hatte die Brigade Sieben Lassiter in den U.S. Postal Service geschleust und sichergestellt, dass er für Li Chungs Dampfschiff, der Golden Pacific, eingeteilt wurde. Bislang hatte keiner von Chungs Getreuen Verdacht geschöpft.
»Sie geben mir andere Befehle?«, fragte Lassiter und zog die Stirn in Falten. »Ich könnte Ihnen Chung auf dem Silbertablett servieren.«
»Crittenden«, sagte der Mittelsmann und senkte die Stimme. »Chung soll Peter Crittenden umgebracht haben. Er ließ den armen Teufel aus einer seiner Opiumhöllen werfen. Crittenden lag am nächsten Morgen tot auf der Straße. Er hatte eine verdammte Revolverkugel im Schädel.«
»Verdammt«, knurrte Lassiter und beugte sich nach vorn. Er griff nach dem braunen Kuvert, das aus Washington gekommen war, und sah hinein. »Ich will an Chung dranbleiben. Er ist der Kopf dieses Opiumgeschäfts. Ich kann keine Zeit mit Crittenden vergeuden.«
»Sie werden es müssen, Mr. Lassiter«, erwiderte Stover und legte den Kopf schief. »Crittenden hatte Freunde im Handelsministerium. Er ist kein Niemand, den man irgendwo im Sand von Dakota verscharrt.«
»Ich erfülle meine Pflicht, Sir«, sagte Lassiter. »Doch Chung darf uns nicht entwischen.«
✰
Der Zorn auf seine geänderten Befehle war nicht verraucht, als Lassiter einige Stunden darauf an die Tür von Virginia Crouch klopfte. Der Mann der Brigade Sieben trug die Uniform des U.S. Postal Service und mühte sich nach Kräften, als jener harmlose Postbedienstete zu erscheinen, für den Virginia ihn hielt.
Die junge Industriellentochter mit dem blonden Haar nahm ihn selbst in Empfang. Sie schickte das Hausmädchen fort, das Lassiter aufgeschlossen hatte, und begleitete ihn in den Rauchsalon am Ende des Korridors. Sie bot Lassiter einen Bourbon aus dem Spirituosenschrank ihres Vaters an und lächelte.
»Virginia«, sagte Lassiter und prostete seiner Gastgeberin zu. Er legte die Tasche ab und lehnte sich mit der Schulter an den Wandschrank. »Ich kann Ihnen über Chung nichts Neues sagen. Ich bin ihm diese Woche erst ein einziges Mal begegnet.«
Tatsächlich war Li Chung Lassiter ein halbes Dutzend Mal begegnet, als er auf dem Dampfschiff des Chinesen herumgelaufen war. Er hatte Chung mit Geschäftsfreunden gesehen, auf dem Achterdeck beim Rauchen, vor den Kesseln bei der Inspektion der Kohlevorräte. Er hatte die Beobachtungen sorgfältig notiert und per Telegramm ans Hauptquartier gemeldet.
»Mir geht es nicht um Chung«, entgegnete Virginia und nahm einen Schluck aus ihrem Bourbonglas. »Ich wollte nur dich sehen. Ich... Mein Vater ist aus dem Haus, weißt du?« Sie schritt auf Lassiter zu. »Du bist anders als die übrigen Männer vom U.S. Postal Service.«
Sie hatten eine Nacht miteinander verbracht, in der sie es wild getrieben hatten. Sie hatten sich in der Fabrik von Virginias Vater einschließen lassen, ein paar Stunden miteinander geredet und waren danach ihren Trieben gefolgt. Es war eine stürmische Begegnung gewesen, über die sie nicht wieder gesprochen hatten.
»Mich?«, spielte Lassiter den Entrüsteten. »Du wolltest mich sehen? Ich bin kein Mann für eine Frau wie dich.« Er sah sich um. »Ich besitze keine Gemälde, keine Schränke voller Reichtümer. Ich bin ein Beamter der Post.«
Stumm schritt Virginia auf ihn zu und küsste ihn. Sie knöpfte sein Hemd auf, schob die Hand durch sein Brusthaar und hob mit der anderen ihren Rock. »Das Dienstmädchen ist in der Küche beschäftigt. Ich habe...« Sie stieg aus ihrem Rock. »Ich habe eine Stunde mit dir.«
Unter innigen Küssen rutschten sie am Schrank hinunter, zogen einander aus und warfen die Kleider davon. Erregt drückte Virginia Lassiters Hand zwischen ihre schlanken Schenkel, stöhnte vor Lust auf und schloss die Augen. Sie griff nach dem steifen Glied ihres Geliebten, rieb es eine Weile und beugte sich darüber. Die blonden Haare fielen auf Lassiters Lenden und schaukelten im Takt von Virginias Liebkosungen.
Eine Viertelstunde verging darüber.
Sie wechselten auf den Diwan in der hinteren Salonecke, schlugen die Decke darauf zurück und taten es zwischen den bestickten Kissen. Aus Virginias Kehle kam ein leises Stöhnen, das umso lauter wurde, je härter Lassiter zustieß. Er hielt seiner Geliebten den Mund zu, halb aus Sorge, halb aus Lust.
»Fester!«, flüsterte Virginia und packte seine Handgelenke. Sie zog den Mann der Brigade Sieben an sich, ließ ihn nicht eher los, bis er ihrer Bitte nachkam. »So ist's gut... So ist's gut!«
✰
Die Golden Pacific pflügte an diesem Morgen mit voller Kraft durch die Fluten des Little Missouri River und ließ die Badlands rasch hinter sich. Sie war ein Dampfschiff der Natchez-Klasse, besaß acht Stahlkessel und hatte Chung fast hunderttausend Dollar gekostet. Die Laderäume fassten das Äquivalent von fast sechstausend Baumwollballen.
»Nach Backbord mit Ihnen!«, befahl Chung in scharfem Ton. Er trieb einen Matrosen vor sich her, den er beim Rauchen auf dem Promenadendeck erwischt hatte. Er duldete keinerlei Regelverstöße an Bord. »Sie lassen sich in Sully Springs die Heuer auszahlen und betreten die Golden Pacific nie wieder!«
Der junge Matrose wich vor Chung zurück, nickte aus Reflex und stolperte über die eigenen Beine. Er stieß sich die Hüfte an der Reling, fluchte darüber und machte sich davon. Chung schürzte die Lippen und starrte auf den Fluss hinaus.