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Von den Wasserfällen war Nebel herübergezogen und hatte sich über die Flussinseln gelegt. Er verbarg die trostlosen Sägemühlen, die Depots, die Dutzenden Stämme, die am Ufer vertäut waren und darauf warteten, dass sie stromabwärts geflößt wurden.
Sally Porter lauschte auf ihre Schafe. Die Texanerin mit den rotblonden Haaren saß an der Böschung, sann darüber nach, ob die Lämmer schon kräftig genug für die Auktion in St. Anthony waren. Der Anblick des Mississippi weckte wehmütige Erinnerungen an den Rio Grande. Sie vermisste die sengende Hitze von Texas.
"Hey, Sall!", rief John Mahon zu ihr herüber. Er war der Herdenbesitzer. "Treib die Mutterschafe zum Gatter! Der Schlachthof hat jemanden rübergeschickt!"
Seufzend gehorchte Sally und führte die Herde in den sicheren Tod...
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Texaner lügen nicht
Vorschau
Impressum
Texanerlügennicht
Von den Wasserfällen war Nebel herübergezogen und hatte sich über die Flussinseln gelegt. Er verbarg die trostlosen Sägemühlen, die Depots, die Dutzenden Stämme, die am Ufer vertäut waren und darauf warteten, dass sie stromabwärts geflößt wurden.
Sally Porter lauschte auf ihre Schafe. Die Texanerin mit den rotblonden Haaren saß an der Böschung, sann darüber nach, ob die Lämmer schon kräftig genug für die Auktion in St. Anthony waren. Der Anblick des Mississippi weckte wehmütige Erinnerungen an den Rio Grande. Sie vermisste die sengende Hitze von Texas.
»Hey, Sall!«, rief John Mahon zu ihr herüber. Er war der Herdenbesitzer. »Treib die Mutterschafe zum Gatter! Der Schlachthof hat jemanden rübergeschickt!«
Seufzend gehorchte Sally und führte die Herde in den sicheren Tod ...
Minneapolis, Minnesota, 5. Oktober 1868
Das Eigentümerquartett der Nicolett Island, die sich siebenhundert Fuß über den Wasserfällen befand, setzte sich aus den beiden Unternehmern William W. Eastman und John L. Merriam sowie deren jeweiligen Geschäftspartnern W. S. Judd und A. H. Wilder zusammen. Die Männer hatten gegen die St. Antony Falls Water Power Company geklagt, die vornehmlich sämtliche Wasserrechte auf der Ostseite für sich beanspruchte.
Von den Streitereien hatte Sally durch Mahon erfahren.
Der Schafzüchter war über derlei Dinge belesen und kostete diesen Vorteil tüchtig aus. Er berichtete jedem davon, dass er besagten William W. Eastman in der Stadt gesehen und dieser ihm unfreundlich zugewunken habe. Er hatte Sally fast eine Stunde lang damit aufgehalten.
Immerhin konnte sich Sally dadurch das Loch im Boden erklären.
Es war der Zugang zu jenem langen Abflusstunnel, den Eastman und Merriam zwischen der Nicolett Island im Nordwesten und der Hennepin Island im Südosten bauen ließen. Der Tunnel maß inzwischen fast zweitausendfünfhundert Fuß und lief unter dem Flussbett des Mississippi River entlang.
Über ein Jahr hatten die Schachtarbeiten gedauert.
Sie waren in größter Eile vorangetrieben worden, und — so hieß es bisweilen — unter Missachtung aller Vorsichtsmaßnahmen, die ein solches Unterfangen mit sich brachte. Der Tunnel hatte die Sägewerksbesitzer in Rage gebracht, ebenso den Kornmüller von der Fort-Snelling-Mühle.
»Hey-da! Hey-da!«, rief Sally und scheuchte die Herde den Abhang zum Fluss hinunter. Sie kannte auf Hennepin Island jeden Wiesenflecken. »Seid nicht so lahm! Wollt ihr wohl laufen?«
Aus dem gähnenden Abgrund des Tunnelschachts starrte Sally die Finsternis entgegen. Der Schacht führte beinahe zwanzig Fuß in die Tiefe und war kaum breiter als die Arbeiter, die hindurchgekrochen waren. Er durchschnitt den porösen Saint-Peter-Sandstein, der sich unter dem Trenton-Kalkgestein befand, über den die Wasserfälle flossen.
Plötzlich waren die Schafe still.
Sie verharrten auf den angeschütteten Erdkuppen, von denen das Mundloch des Tunnels umgeben war, und reckten witternd die Köpfe. Sie drängten sich aneinander, als fürchteten sie, dass ihnen nur die Herde Schutz bieten konnte, und schauten sich nach Sally um, die ihrerseits ebenfalls stehengeblieben war.
Aus dem Tunnel stieg ein stumpfes Gurgeln.
Es klang wie der Abwasserstrudel der McKinney Bleachery, die ein Stück flussabwärts eine Bleicherei betrieb und zu diesem Zweck mit einer Dampfmaschine Wasser aus dem Mississippi pumpte. Die Company hatte einen Kanal angelegt, in dem tagein, tagaus eine seifige Lauge hin und her schwappte. Vorigen Sommer hatte die Seifenlauge das ganze Nordufer geflutet.
Das Brodeln aus dem Tunnel versetzte Sally in Furcht.
Sie hatte von dem lockeren Sandstein gehört, der sich unter den Kalkfelsen befand und ein denkbar brüchiges Fundament für die Fälle bildete. Die Stadtoberen hatten bereits einige Dämme bauen lassen, die den Fluss im Zaum hielten.
»Weiter, weiter!«, schrie Sally und hieb mit der Rute durch die Luft. Sie streifte eines der Schafe vor ihr und erntete ein empörtes Blöken. Als Sally sich dem Tunneleingang näherte, sah sie das Wasser darin.
Der Fluss hatte den Tunnelschacht geflutet.
Er tobte und heulte mit zerstörerischer Kraft darin, als wollte er sich an den Menschen von Minneapolis rächen, die ihn seit Jahrzehnten ausbeuteten. Er brüllte vor Wut, schickte weiße Schaumkronen den Schacht hinauf und riss an den Sandsteinwänden.
Dann bebte der Boden.
Er riss auf einer Länge von vierzig oder fünfzig Yards entzwei, bildete einen breiten Graben, in den Sallys Schafe stürzten, als wären sie Spielzeuge auf einem Wandregal. Sie fielen in die aufbrechende Erde, verschwanden in einer dunklen Schlammbrühe, die ebenso schnell an Höhe gewann, wie die Wiese rings um den Tunnelschacht in Stücke ging.
Sally schrie vor Entsetzen.
Sie konnte ihre eigene Stimme nicht mehr vernehmen, so laut und durchdringend war das peitschende Wasser, das aus dem Untergrund an die Luft strebte. Es umspülte Sallys Stiefel mit einem Brei aus Erde und zerwaschenem Gestein, riss das Gras und die Büsche mit sich fort, zerpflückte die sanfte Landzunge von Hennepin Island.
Um den Tunnelschacht brach ein Krater auf.
Er maß dreißig oder vierzig Fuß, füllte sich in Windeseile mit herabschießenden Wassermassen und verschlang auch die übrigen Schafe aus Sallys Herde. Die Mühlhäuser auf der Insel gerieten ins Wanken, rutschten zur Seite und kippten in den Mississippi hinunter. Eines der Häuser brach auseinander und blieb mit dem Giebel voran stecken.
»Sally! Sally!«
Von dem Hang, über dem soeben noch die Häuser gestanden hatten, kam Mahon hinuntergelaufen und streckte Sally die Hände entgegen. Er war von dem Unglück ebenso überrascht worden. Er schrie ihren Namen einige Male, bevor er es hinunter ins Gras schaffte und Sally beim Arm packte.
Er zog sie mit aller Kraft vom Fluss fort.
Hinter ihnen stieg dunstige Gischt auf, die aus dem monströsen Krater mitten im Fluss kam. Sie schloss die Balken und Stämme ein, die aus den Sägewerken gerissen worden waren und mit der Strömung zu jener Stelle trieben, an der sich der Erdboden gesenkt hatte.
»Bei allen Heiligen!«, schrie Mahon und bekreuzigte sich. Er hatte die wilden Augen eines Mannes, der nicht begriff, was um ihn herum vor sich ging. »Die Fälle stürzen ein! Sally, die Fälle! Sie stürzen ein! Morgen ist Minneapolis nicht wiederzuerkennen!«
Sie schafften es Arm in Arm auf die Straße hinauf, rannten zum Verladesteg der Huey-Mühle und starrten auf den tobenden Fluss, der an einer Stelle zischend versickerte, als hätte man das Dach zur Hölle durchstoßen.
Aus der ganzen Stadt kamen die Leute.
Sie schrien wild durcheinander, fassten sich bei den Händen, umarmten sich, erkundigten sich nach Bekannten und Angehörigen. Sie standen fassungslos neben und hinter Sally, die in dieser Sekunde allein um ihre Schafe trauern konnte.
✰
Nahe Fort Davis, Texas, Herbst 1888
Die Häuser von Lone Tree Creek waren heruntergekommene Baracken, in denen seit Jahren Skunks und Scharen von Ratten hausten. Sie standen in einem langgezogenen Bogen am Fluss und versanken in Schlammfluten, sobald Regen oben in den Bergen niederging. Unter den verfallenen Boardwalks stank es nach Elchkot und verrottetem Laub.
»Reizend«, sagte Ellie Cowan und hakte sich bei Lassiter unter. Sie schob sich den Hut aus der Stirn. »Nach ein paar Wochen wird's hübsch sein.«
Der Mann der Brigade Sieben und die hübsche Saloontänzerin hatten die Postkutsche von Fort Davis genommen und waren ein Tal hinter Lone Tree Creek hinausgeworfen worden. Der Kutscher hatte nichts ins einstige Apachenland fahren wollen.
»Wo steckt Wilcox?«, fragte Lassiter und warf seinen Kleidersack in den Staub. Er reckte sich und sah die Schlammpiste hinunter, die einmal die Mainstreet von Lone Tree Creek gewesen war. »Du hattest mir versprochen, mich zu ihm zu bringen.«
Die Tänzerin raffte den Rock und eilte ihm hinterher. Sie hatte nicht zum ersten Mal gelogen. »Glaub mir doch, Lassiter, er hat's mir gesagt! Er hat mir gesagt, dass er noch in Lone Tree Creek ist! Ich bin ihm selbst begegnet!«
»Vor einem Monat!«, brummte Lassiter verstimmt und schritt die Häuserreihe ab. Er konnte in den leeren Fensterhöhlen keine Spur eines menschlichen Daseins entdecken. »Er wollte meinetwegen in die Davis Mountains kommen. Er wollte Geschäftliches mit mir besprechen.«
Bei dem Geschäftlichen hätte es sich um eine Mission für die Brigade Sieben gehandelt, deren texanischer Mittelsmann Frank Wilcox seit einigen Jahren war. Wilcox' Name war Lassiter in einem Telegramm mitgeteilt worden, das vor zwei Tagen im Hauptquartier in Washington D. C. versandt worden war.
»Mir sind deine Geschäfte völlig gleichgültig«, sagte Ellie und schlang Lassiter die Arme um die Taille. Sie barg ihren blondgelockten Haarschopf an seiner Brust und sprach mit so leiser Stimme, dass sie kaum zu verstehen war. »Oder wolltest du mich etwa nicht aus Fort Davis befreien?«
Angesichts Ellies übertriebener Empörung konnte Lassiter nur lächeln. Er hatte die Tänzerin in Fort Davis kennengelernt, als sie vor einer Horde harmloser Bürgerkriegsveteranen getanzt und für diesen Dienst fast fünfzig Dollar kassiert hatte. Sie hatte die Männer nach Strich und Faden betrogen und ihnen weisgemacht, dass sie das einzige Mädchen in Texas war, das einen spanischen Flamenco beherrschte.
»Du wolltest mit mir kommen«, sagte Lassiter trocken und klopfte der Reihe nach an jede Tür. Aus den Häuserfenstern drangen Staubwolken. »Ich hatte dich nicht darum gebeten, dass du dich mir anschließt.«
»Hätte ich bei diesen Unholden bleiben sollen?«, rief Ellie und rannte ihm erneut nach. »Hast du ihre Triefaugen gesehen? Ihre faltigen Hände? Sie hätten sich an mir vergangen! Sie hätten mich —«
»Sie waren alt und gebrechlich«, fiel Lassiter ihr ins Wort. »Einer von ihnen wollte Thanksgiving feiern und ließ dich tanzen. Er hatte nichts Schlechtes im Sinn dabei. Er wollte seine Freunde überraschen.«
»Mir ging's nicht gut dabei!«, beharrte Ellie und winkte sogleich ab. »Wenigstens haben diese Dummköpfe vernünftig bezahlt. Ich hätte ihnen noch mehr abnehmen sollen. Ich bin in Paris ausgebildet worden, weißt du?« Sie plapperte weiter, als Lassiter eine der Türen aufdrückte. »Im Palais Garnier, falls dir dieser Name etwas sagt! — Hey, warte auf mich!«
Sie stolperte über die Schwelle und hielt sich abermals an Lassiters Taille fest. Als sie den Kopf hob, verschlug es ihr vor Überraschung die Sprache.
»Nicht übel für Lone Tree Creek!«, bemerkte Lassiter und sah sich um. Sie standen in einem vornehm eingerichteten Salon, dessen Fenster von schweren Brokatvorhängen verdunkelt waren. An den Wänden hingen Ölgemälde, die Szenen der amerikanischen Geschichte zeigten, darunter die Proklamation der Unabhängigkeitserklärung und die Schlacht am Little Bighorn.
»Offenbar sind nicht alle fort«, sagte Ellie und stolzierte um den stoffbespannten Diwan herum, der in der Raummitte aufgestellt war. Sie ließ sich auf dem Möbelstück nieder und schlug die Beine übereinander. »Ich frage mich, ob der Besitzer wohl zurückkommt.«
Die geölten Gewehre in der Ecke des Zimmers beantworteten Ellies Frage.
Sie standen in einem Strohkorb mit einer indianischen Zierborte und waren in äußerst gepflegtem Zustand. Eine der Waffen war eine Winchester, die andere ein Springfield-Modell. Die Schmauchspuren in der Mündung ließen den Schluss zu, dass sie erst kürzlich abgefeuert worden war.
»Komm doch zu mir!«, flüsterte Ellie und klopfte mit der flachen Hand neben sich auf den Diwan. »Ich hab' lange kein so bequemes Schlaflager gesehen.«
Ehe Lassiter auf Ellies Angebot einging, trat er zur Tür und spähte ins Freie. Er konnte sich gut vorstellen, dass jemand, der an diesem gottverlassenen Ort lebte, von Misstrauen und Vorsicht zerfressen war.
Gleich darauf nestelten Ellies Finger an seinem Hosenbund.
Sie knöpften geschickt den Latz auf, schlüpften darunter und tasteten nach Lassiters bestem Stück, das unter diesen fordernden Bemühungen rasch anschwoll. Ellie drängte den großen Mann lächelnd zum Diwan und stieg über ihn.
»Was hast du vor?«, protestierte Lassiter und sah zur Tür. »Uns könnte jederzeit jemand überraschen.«
»Stört's dich?«, fragte Ellie und kniete sich zwischen Lassiters Beine. Sie nahm seinen Pint in die Hand und stülpte die Lippen darüber. Als sie ihn eine Weile geblasen hatte, streifte sie sich das Kleid von den Schultern und entblößte ihre prallen Brüste. »Mich stört's jedenfalls nicht. Ich wäre froh, wenn wir —« Sie zog die Brauen zusammen. »Oder willst du mich nicht?«
Genervt lehnte sich Lassiter zurück. »Um dich geht's dabei nicht... Wilcox... Oder wer auch immer hier wohnt... Er könnte jederzeit zurückkommen.«
»Sei still!«, wisperte Ellie und brachte ihren Busen in Stellung. »Ich will von einem attraktiven Kerl wie dir keine Ausflüchte hören, was das Vögeln angeht.« Sie kniff ihn in die Seite. »Du bist doch ein ganzer Kerl? Oder nicht?«
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Die Telegramme aus dem Hauptquartier trafen meist im Post Office von Fort Davis ein, aus dem sie Frank Wilcox einmal in der Woche abholte. Er musste dafür zehn Meilen in nordöstliche Richtung reiten, den Keesay Canyon durchqueren und dem Limpia Creek folgen. Der frühere Indianeragent hatte sich in Fort Stockton verpflichten lassen, als das Gerücht die Runde gemacht hatte, dass eine Regierungsbehörde Vertrauensleute rekrutierte.
Die Verpflichtung war eine Angelegenheit von zwei Tagen gewesen.
Mr. Lassiter. Stopp. Lone Tree Creek. Stopp.
Die letzte Nachricht aus Washington hatte lediglich bestätigt, was Wilcox einige Tage zuvor mit der Gesandtschaft des Gouverneurs ausgehandelt hatte. Die Männer waren mit dem Zug aus Sheffield gekommen und hatten durchweg schwarze Cutaways getragen.
»Sie müssen den besten Mann bekommen«, hatte einer der Gesandten gefordert. Er hatte den Tee kaltwerden lassen, den Wilcox ihm angeboten hatte. »Diese Angelegenheit duldet keinen Aufschub.«
Die Angelegenheit, wie der Gesandte die kommende Mission bezeichnet hatte, betraf den weit entfernten Paradise Canyon, in dem im letzten Jahr fast zwanzig Tonnen Erz gefördert worden waren. Je länger Wilcox über die Umtriebe in dieser Gegend nachdachte, desto klarer stand ihm vor Augen, dass sie den niederträchtigsten Seelen diesseits des Pecos zuzuschreiben waren.
Er verabscheute die schwerreichen Geschäftsleute, die ihren Einfluss und ihre Macht im Tal nutzten, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Sie standen für jene allgegenwärtige Tugendlosigkeit, die Wilcox dazu gebracht hatte, sich für den Dienst bei der Brigade Sieben zu melden.
Vier Meilen war Lone Tree Creek noch entfernt.
Das aufgegebene Minenstädtchen lag am Fuß des Lone Tree Hill, der als grasbewachsene Kuppe aus der Ebene aufragte, in der es vor Jahrzehnten einmal reiche Vorkommen an Silber, Kupfer, Blei, Zink und Quecksilber gegeben hatte. Die einstigen Bewohner hatten prunkvoll eingerichtete Häuser zurückgelassen, die bisher keinem Dieb oder Plünderer in die Hände gefallen waren.
Nicht einmal der Gouverneur wusste von der Stadt.
Sie hatte einem Konsortium von Minenbesitzern gehört, die sich zusammengeschlossen hatten, um die Verluste zu vermindern, die ihre aussichtslosen Grabungen nach sich zogen. Wilcox hatte für das Konsortium mit den Apachenstämmen verhandelt, die damals in den Davis Mountains ansässig gewesen waren, ehe man sie in Reservate gepfercht hatte.
Er hatte seine Pflichten gemocht.
Er hatte für die Gerechtigkeit einstehen können, ohne sich einer geheimen Regierungsorganisation bedienen zu müssen, wie es der Dienst für die Brigade Sieben erfordert hatte. Er hatte mit Häuptlingen zusammensitzen, mit Geschäftsmännern rauchen und sich mit hübschen Huren aus Fort Davis vergnügen dürfen.
Einige Jahre lang war es ein gutes Leben gewesen.
»Vorwärts!«, brummte Wilcox und gab seinem Pferd die Sporen. Er flog im Sattel über das hochstehende Gras dahin, behielt den mächtigen Livermore Peak im Auge, der im Nordwesten in den Himmel ragte. »Vorwärts, vorwärts!«
Nach einer knappen Viertelstunde kamen die halb abgedeckten Dächer von Lone Tree Creek in Sicht.
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»Härter, Lassiter, härter!«
Mit weit gespreizten Beinen lag Ellie vor Lassiter und forderte keuchend ihr Recht ein. Sie hielt Lassiters Lenden umklammert, zog ihn an sich und schlug nach ihm, sobald seine Stöße nachließen.
»Sei still!«, stieß der Mann der Brigade Sieben hervor und hielt Ellies Schenkel auseinander. »Du wirst noch jemanden auf unsere Spur bringen, wenn du so herumschreist!«
»Meinst du, ich tu's bloß aus einer Laune heraus?«, schimpfte Ellie und drehte sich mit Schwung auf den Bauch. Sie reckte Lassiter die Hinterbacken entgegen. »Du hast den Topf aufs Feuer gestellt! Klag nicht darüber, dass alles darin kocht!«
Sie trieben es eine Zeitlang in dieser Stellung, bis Ellie die Kräfte versagten und sie auf den Diwan hinunterrutschte. Die Tänzerin kam zum Höhepunkt und riss den Kopf zu Lassiter herum. Sie strahlte vor Vergnügen und Wollust.