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"Wir dürfen Steel Dust nicht in dieses Rennen schicken, Boss!" Albert Buckley strich prüfend über den rechten Vorderlauf des Pferdes. Die Schwellung am Gelenk war deutlich zu spüren. "Er ist angeschlagen."
"Das werden wir auch sein, wenn der elende Gaul morgen nicht gewinnt." Joseph Giambrone machte einen Schritt auf Albert zu und stieß ihm einen Finger vor die Brust. "Also sorg dafür, dass er antreten kann!"
"Aber dann wird er für den Rest seines Lebens lahmen."
"Das kümmert mich einen feuchten Kehricht." Der Rancher packte ihn am Kragen und zog ihn dicht zu sich heran. "Von diesem Rennen hängt alles für uns ab, kapiert? Also wirst du morgen auf dieses Pferd steigen und es zum Sieg peitschen, sonst schieße ich dich noch an der Ziellinie aus dem Sattel!"
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Seitenzahl: 150
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Schmutzige Spiele
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Impressum
SchmutzigeSpiele
»Wir dürfen Steel Dust nicht in dieses Rennen schicken, Boss!« Albert Buckley strich prüfend über den rechten Vorderlauf des Pferdes. Die Schwellung am Gelenk war deutlich zu spüren. »Er ist angeschlagen.«
»Das werden wir auch sein, wenn der elende Gaul morgen nicht gewinnt.« Joseph Giambrone machte einen Schritt auf Albert zu und stieß ihm einen Finger vor die Brust. »Also sorg dafür, dass er antreten kann!«
»Aber dann wird er für den Rest seines Lebens lahmen.«
»Das kümmert mich einen feuchten Kehricht.« Der Rancher packte ihn am Kragen und zog ihn dicht zu sich heran. »Von diesem Rennen hängt alles für uns ab, kapiert? Also wirst du morgen auf dieses Pferd steigen und es zum Sieg peitschen, sonst schieße ich dich noch an der Ziellinie aus dem Sattel!«
Der warme Geruch von Stroh und Pferdeleibern lag über dem Stall. Aus den Boxen drang das Schnauben der Tiere. Sie zermalmten das Heu und scharrten mit den Hufen auf dem festgestampften Boden. Eine der Stuten sollte bald fohlen. Sie stand allein in einer Box und stampfte unruhig. Vermutlich würde es nicht mehr lange dauern, bis das Fohlen kam.
Albert kannte die Geräusche wie seinen eigenen Atem. Er arbeitete seit dreieinhalb Jahren auf der Double-G-Ranch, aber so grimmig entschlossen wie an diesem Abend hatte er seinen Boss noch nicht erlebt. In den Augen des Mittvierzigers glomm etwas, das Albert einen Schauder über den Rücken sandte, weil es ihn an seinen Onkel Archie erinnerte, der sich für den wiedergeborenen Napoleon gehalten und davon gefaselt hatte, er wäre mit knapper Not von Elba entkommen.
Joseph Giambrone hatte die Ranch im Südosten von Kalifornien aus dem kargen Boden gestampft. Was mit wenigen Pferden begonnen hatte, war zu einer erfolgreichen Züchtung von Quarter Horses geworden. Die Tiere zeichneten sich durch kräftige Knochen und starke Muskeln aus und waren für die Arbeit ebenso geeignet wie für Rennen. Albert schlief bei den Pferden, wenn eines von ihnen krank war.
»Steel Dust kann nicht mitlaufen«, machte er noch einen Versuch. »Sehen Sie ihn sich an. Er braucht noch ein paar Tage Ruhe, dann können Sie ihn wieder in ein Rennen schicken.«
»In ein paar Tagen wäre es zu spät.« Der Rancher blies ihm seinen Tabakatem ins Gesicht. »Uns steht der Sand bis zum Hals, kapiert?«
»Sie meinen, das Wasser?«
»Welches Wasser? Das Zeug haben wir kaum. Von diesem elenden Wüstensand dafür umso mehr. Er knirscht zwischen meinen Zähnen und kriecht in jede Ritze. Wenn wir alles so im Überfluss hätten wie Sand...« Joseph Giambrone fuhr sich mit der flachen Hand über das Gesicht. »Jedenfalls ist Steel Dust ein exzellenter Läufer...«
»Wenn er in Form ist«, warf Albert ein.
»... und er wird das Rennen morgen für uns gewinnen. Das muss er auch, sonst ist es vorbei. Endgültig. Atherton wird uns schlucken wie der Hecht einen Wurm, der vor seinem Maul baumelt.«
»So schlimm steht es?«
»Noch schlimmer. Ich habe mein letztes Geld auf Steel Dust gesetzt. Wenn er nicht als Erster über die Ziellinie läuft, geht hier alles mit Mann und Maus an Atherton. Und bevor ich das zulasse, brenne ich die Ranch eigenhändig nieder!«
Da war es wieder, dieses Glitzern. Albert schluckte trocken. Robert Atherton besaß die größte Ranch im Umkreis von hundert Meilen, und er tat alles, um noch mehr Land an sich zu bringen. Mit seinem Vermögen wuchs auch sein Einfluss auf die Geschicke der Menschen hier im Lucerne Valley. Atherton plante, den Fluss umzuleiten, sodass mehr Wasser durch sein Land fließen würde. Was aus den Ranches wurde, denen er das Wasser nahm, interessierte ihn herzlich wenig. Noch fehlten ihm mehrere Landstriche, um seinen Plan umzusetzen, unter anderem die von Joseph Giambrone. Sobald er hatte, was er wollte, würde sich im Valley einiges ändern.
»Wir könnten Copper ins Rennen schicken«, suchte Albert nach einem Ausweg.
»Dem geht auf den letzten Yards das Selbstvertrauen aus. Dann wird er langsamer und lässt andere Pferde vor. Nein. Steel Dust ist mein bester Läufer. Sorg dafür, dass er morgen in Form ist.« Der Rancher packte Albert am Kragen. »Entweder reitest du morgen als Erster durchs Ziel oder als toter Mann.«
Albert sagte kein Wort.
Das war auch nicht nötig, denn sein Boss ließ ihn los, wandte sich schweratmend ab und stapfte aus dem Stall.
Albert stieß den Atem aus und wandte sich wieder dem Pferd zu, das zutraulich die Nüstern an ihm rieb. Steel Dust war ein freundliches Tier, das die Nähe von Menschen suchte und eine Vorliebe für Pfefferminzbonbons hatte, deshalb trug Albert immer welche in seiner Tasche bei sich. Auch jetzt hielt er ihm eines auf der flachen Hand hin. Steel Dust nahm es und zerkaute es genüsslich. Seine Ohren spielten, als würde er auf das Nahen weiterer Leckerbissen lauschen. Er hatte eine breite Brust mit einem abgerundeten Rumpf, und sein Fell war von der Farbe eines nebligen Wintertages mit dunkleren Sprenkeln.
Albert wusch sein entzündetes Bein mit warmem Wasser ab, dem er verschiedene Heilkräuter zusetzte. Von denen gab er Steel Dust auch zu fressen, aber das würde den Hengst nicht schnell genug wieder gesund machen.
Es sah nicht gut aus. Für keinen von ihnen.
Albert warf ihm zwei Hände voll Hafer hin und strich ihm über die Flanke. »Was machen wir nur, mein Großer? Was machen wir?«
Der Hengst scharrte mit einem Huf im Stroh.
»Dich juckt es wohl doch wieder, ein Rennen zu laufen? Bist ein Guter, ja, das bist du.« Albert klopfte ihm auf den Hals – und spürte mit einem Mal, wie sich von hinten zwei sanfte Arme um ihn schlangen. Der Duft von Apfelblüten und Seife stieg ihm in die Nase und sandte einen Hitzestoß in seine Lenden. Callie!
Er drehte sich um. In der nächsten Sekunde pressten sich zwei weiche Lippen auf seinen Mund und raubten ihm jeden klaren Gedanken. Callies dunkle Haare wirbelten herum, als sie ihn gegen die Stallwand presste und sich verlangend an ihn schmiegte. Sie schlang ein Bein um seine Hüften, während er den Kuss vertiefte, ihren Mund in Besitz nahm und seine Zunge mit ihrer rang.
Ein wahrer Dauerbrenner wurde es, der Alberts Blut in flüssiges Feuer zu verwandeln schien. Sein Schaft drängte gegen seine Jeans, er wollte in sie stoßen, bis sie vor Lust schrie und sich ihr hübsches Gesicht in einem wilden Höhepunkt verzerrte. Noch musste er Callie mit anderen Männern aus der Stadt teilen, aber eines Tages würde sie nur ihm gehören. Sie würden sich etwas aufbauen. Zusammen. Dafür sparte er jeden Cent, den er verdiente.
Callie besuchte ihn einmal in der Woche auf der Ranch. Dann machte sie nicht viele Worte, denn sie wusste genau, was er mochte. Oh, und wie sie das wusste. Sie nestelte an seinen Hosen und befreite seinen Ständer, ehe sie ihm tief in die Augen blickte und an ihm hinabglitt. Callie stülpte ihre Lippen über seinen Pint, nahm den Kopf zurück und begann zu saugen und zu lecken, dass ihm die Knie weich wurden.
Sein Großvater hatte ihm früher einmal gesagt, dass eine Frau, die schweigen konnte, eine Gabe Gottes war. Damals hatte Albert das nicht verstanden. Wenn seine Grandma böse war, dann konnten einem von ihrem Schweigen die Ohren dröhnen.
Erst bei Callie hatte er verstanden, wie wunderbar die Stille sein konnte. Ihre kleine flinke Zunge brachte ihn schier um den Verstand. Ihr Stöhnen peitschte seine Lust noch höher. Albert spürte, wie sich alles in ihm zusammenzog... Da ließ sie von ihm ab, und ehe er wusste, wie ihm geschah, hatte sie ihn ins Stroh gestoßen, ihre Röcke gerafft und grätschte über ihm.
Albert packte sie bei der Taille und senkte sie auf seinen Schaft. Sie nahm ihn tief in sich auf, war längst bereit für ihn. Albert streichelte ihren Busen durch den dünnen Stoff ihres Mieders, löste die Schnüre und befreite die herrlichen Brüste aus ihrer Enge. Prall wölbten sie sich vor ihm. Er knetete sie, zwirbelte die dunklen Spitzen, was Callie mit einem sinnlichen Stöhnen quittierte. Sie presste die Schenkel gegen ihn und preschte los, als würde sie einen Bronco reiten.
Ihr üppiger Busen schwang vor ihm. Sie juchzte und lehnte sich vor, dass ihre dunklen Haare seine Brust peitschten. Er stemmte die Fersen in den Boden, bäumte sich auf und stieß noch einmal vor.
In der nächsten Sekunde spülte der Höhepunkt über ihn hinweg und riss jeden klaren Gedanken mit. Ein heißer Strom ergoss sich in Callie. Das ließ auch bei ihr alle Dämme brechen. Mit einem sinnlichen Stöhnen klammerte sie sich an ihn, während ihr herrlicher Körper von wilden Lustschauern geschüttelt wurde.
Schließlich sanken sie verschwitzt und voller Behagen zurück ins Stroh. Callie schmiegte sich an ihn und rang um Atem. So lagen sie eine Weile, bis Callie einen Arm aufstützte und ihn nachdenklich ansah.
»Etwas bedrückt dich«, stellte sie fest. Es war keine Frage. Trotzdem antwortete er ihr.
»Der Boss verlangt, dass wir morgen bei dem Viertelmeilenrennen antreten, aber Steel Dust ist noch nicht wieder gesund. Wenn ich ihn morgen antreibe, könnte er sich nie mehr erholen. Er wäre für die Ranch als Rennpferd wertlos. Und der Boss füttert niemanden durch, der ihm nichts nutzt.«
»Das darfst du nicht zulassen.«
»Ich habe in dieser Angelegenheit keine Wahl. Der Boss bestimmt die Regeln.«
»Dann müssen wir dafür sorgen, dass Steel Dust morgen wieder fit ist. Ich habe da etwas. Das wollte ich dir für ihn geben.« Sie zog ein braunes Fläschchen aus einer verborgenen Tasche ihres Rocks und reichte es ihm.
»Was ist das?«
»Ein Elixier. Es macht Steel Dust schneller und ausdauernder. Vielleicht hilft es.«
»Woher hast du das?«
»Ein Cowboy konnte seine Schulden bei mir nicht bezahlen. Er hat mir stattdessen dies angeboten. Es soll aus einem seltenen Kraut gewonnen und ziemlich wertvoll sein. Ich wusste, dass du morgen mit Steel Dust ein wichtiges Rennen hast, deshalb habe ich es genommen.«
»Wenn das funktioniert, dann könnte es unsere Rettung bedeuten.«
»Gib Steel Dust heute Nacht alle zwei Stunden ein paar Tropfen davon.«
»Das werde ich.« Albert stemmte sich hoch, schüttete etliche Tropfen des Elixiers in eine Schüssel und fügte Trinkwasser dazu. Dann gab er es dem Pferd zu saufen. »Callie, ich danke dir.« Albert zog sie erneut an sich und küsste sie.
In inniger Umarmung sanken sie zurück ins Stroh und vergaßen für ein weiteres Weilchen alles rings um sich her...
✰
Joseph Giambrone knirschte mit den Zähnen.
Vor mehr als zwanzig Jahren war er in dieses Land gekommen, mit nicht viel mehr als seinen Händen und dem festen Willen, es zu etwas zu bringen. Er hatte die Ranch aufgebaut und eine Familie gegründet. Flora und er hatten zwei Töchter und ein Leben, das er nicht einfach aufgeben würde.
Nein, verdammt. Er würde kämpfen, wie er es immer getan hatte.
Nur dass es diesmal wirklich schlecht aussah.
Seit Jahren trieb ihm der Wassermangel die Sorgenfalten auf die Stirn. Die Zeiten, in denen der Fluss keinen Tropfen Wasser führte, kamen häufiger und währten immer länger. Er hatte darauf vertraut, dass auf die dürren Jahre bessere folgen würden. Bis jetzt sah es jedoch nicht danach aus.
Selbst jetzt, wo die Sonne bereits untergegangen war, lastete die Hitze auf dem Tal. Nicht eine Wolke trübte den Himmel, und an Regen war nicht einmal zu denken.
Joseph Giambrone kniete vor dem Koppelzaun und nagelte frische Latten fest. Einem der Hengste war es an diesem Tag gelungen, durchzubrechen, um zu einer rossigen Stute zu gelangen. Dabei hatte er einigen Schaden angerichtet und sich auch selbst verletzt.
Der Rancher hielt bei der Arbeit inne und ließ den Hammer sinken, als seine Frau aus dem Ranchhaus trat und einen Eimer Spülwasser auskippte. Obwohl sie die vierzig bereits überschritten hatte, war seine Flora noch immer eine schöne Frau: hoch aufgerichtet, von schlanker Statur, mit einem dunkelblonden Zopf, der ihr bis zur Taille reichte, und leuchtend blauen Augen, in denen sich der Himmel selbst zu spiegeln schien. Ihr Gesicht war von Sommersprossen gesprenkelt, welche zu tanzen schienen, wenn sie ihn anlächelte. Sie gab nie auf und beklagte sich niemals. Er war ein glücklicher Mann, sie an seiner Seite zu haben, und er wusste es.
Sie hatte sich eine Schürze über das schlichte blaue Musselinkleid gebunden. Das Mehl darauf verriet, dass sie Brot gebacken hatte.
»Joseph?« Sie wechselte den Eimer von einer Hand in die andere. »Kommst du zum Essen herein?«
»Gleich, Liebes. Ich will nur noch die Reparatur beenden.«
»Hast du nach Steel Dust gesehen? Wie geht es ihm?«
»Er wird morgen bei dem Rennen antreten.« Oder ich mache sowohl Albert als auch ihm Feuer unter dem Hintern.
Sein Blick streifte das zweistöckige Ranchhaus, das von einer Veranda umgeben wurde. Anfangs hatten Flora und er in einer Hütte gehaust, die nur aus einem einzigen Zimmer bestanden hatte, durch deren Ritzen der Wind pfiff, aber mit der Zeit hatte er Geld verdient und die Ranch aufgebaut. Nun schaute er zu den Stallungen und Scheunen. Seine Pferde zählten zu den kräftigsten Tieren von hier bis nach Montana.
Ja, er hatte eine Menge erreicht. Aber auch viel verloren.
Unwillkürlich spannte er sich an und spürte wieder diesen eisernen Ring um seine Brust. Der Wassermangel war nicht sein einziges Problem. Damit hatte es nur begonnen. Als ihm das Geld knapp geworden war, hatte er ein paar Dollar beim Pferderennen investiert – und genug gewonnen, um über die nächsten Monate zu kommen. Davon ermutigt, hatte er weitergewettet, aber seine Glückssträhne hatte sich nicht wiederholt. Er hatte verloren und verloren – und seine Verluste nicht mehr hereinholen können. Dazu die Dürre...
Die Schulden reichten ihm mittlerweile bis über beide Ohren.
Er war vierundvierzig Jahre alt und fühlte sich zu alt, um noch einmal bei null anzufangen. Das wollte er auch nicht. Nein, er wollte mit seiner Frau genießen, was sie hatten, deshalb hatte er alles zusammengekratzt und ein Darlehen aufgenommen, um auf Steel Dusts Sieg bei dem nächsten Rennen zu setzen. Wenn sein Pferd gewann, standen sie wieder gut da. Wenn es jedoch gar nicht erst antrat...
Das kommt überhaupt nicht in Frage. Der Hengst kann laufen, also wird er das auch!
Seine Frau schenkte ihm ein warmes Lächeln, ehe sie sich wieder umwandte und ins Haus zurückkehrte.
Nur einen Steinwurf entfernt ritt einer seiner Cowboys gerade einen Hengst ein. Der Braune hatte kräftige Beine und versprach, ein guter Läufer zu werden. Steel Dust ebenbürtig.
Für das Rennen war er jedoch noch nicht bereit.
Joseph Giambrone stieß seinen Hut aus der Stirn, krempelte seine Ärmel hoch und fuhr damit fort, den Zaun zu reparieren. Schweiß rann ihm zwischen den Schulterblättern hinab und sein Magen erinnerte ihn mit einem vernehmlichen Knurren daran, dass er seit Stunden nichts gegessen hatte. Er ließ nicht gern Arbeit liegen, deshalb schwang er den Hammer, bis eine Staubwolke in der Ferne Besucher ankündigte.
Wer kam denn so spät noch zu ihnen heraus?
Argwöhnisch hielt er inne und sah genauer hin. Fünf Reiter waren es. Der Mann an der Spitze hatte eine mehrfach gebrochene Hakennase, die an einen Geier erinnerte, schwarze Haare und einen überheblichen Blick, der zu sagen schien: Versuch's doch!
Atherton. Joseph Giambrone spuckte in den Sand. Falls sein Besucher auf eine Einladung zum Abendessen spekulierte, würde er eine herbe Enttäuschung erleben. Lieber würde er mit den Skorpionen speisen.
Der Großrancher nahm sein Pferd unmittelbar vor ihm auf und machte sich nicht Mühe, abzusteigen.
»Ich bin gekommen, um mein Geld zu holen.« Seine Stimme klang so kratzig, als hätte er Erde in der Kehle.
Joseph biss die Kiefer so fest aufeinander, dass es schmerzte. Sein Besucher hatte eine Vorliebe dafür, Schulden aufzukaufen und seine Mitmenschen dazu zu bringen, alles zu tun, was er wollte. Er hatte das Darlehen erworben, das Joseph eigentlich der Bank schuldete.
»Ich habe noch eine Woche Zeit für die Rückzahlung«, sagte er an seinen zusammengebissenen Zähnen vorbei.
»Das ist richtig, allerdings hege ich starke Zweifel, dass sieben Tage mehr oder weniger etwas an Ihrer prekären Lage ändern werden.« Das Sattelleder knirschte, als sich Atherton vorlehnte und eine Hand auf den Knauf legte. »Ich an Ihrer Stelle würde das Elend beenden, meine Sachen und mein letztes bisschen Ehre zusammenkratzen und verschwinden.«
»Sie sind aber nicht an meiner Stelle.«
»Und verdammt froh darüber.« Der Besucher ließ ein schmallippiges Lächeln sehen. Dann machte er eine Handbewegung, als würde er Wasser schöpfen.
Das Signal veranlasste einen seiner Begleiter, aus dem Sattel zu gleiten, zum Übungsplatz zu stiefeln und an dem Cowboy vorbeizumarschieren, der soeben ein weiteres Mal von dem Braunen abgeworfen worden war. Er fasste das Pferd beim Zügel und kehrte damit zu Atherton zurück.
»Den Hengst nehme ich mit«, tat Atherton kund. »Als Anzahlung.«
»Mistkerl!« Josephs Hand zuckte an seine Waffe.
Sogleich waren vier Revolver auf ihn gerichtet.
Atherton blieb ruhig sitzen, wartete ab.
Giambrone ließ seine Rechte wieder sinken.
»Zu schade«, murmelte sein Besucher. »Das hätte uns einiges erspart.«
»Das müssen Sie gerade sagen. Sie haben sich wohl nicht allein zu mir getraut, was?«
»Warum hätte ich das tun sollen?«
»Um zu zeigen, dass Sie sich nicht vor Ihren Handlangern verstecken. Diese Halunken waren einmal anständige Cowboys, aber dann haben sie Ihnen ihre Ehre verkauft.«
»Und ich habe sie gut dafür bezahlt.« Ein diabolisches Grinsen huschte über das Gesicht des anderen Ranchers. Er blickte sich nach seinen Begleitern um, und im nächsten Moment preschten sie davon, den Braunen im Schlepptau.
In ohnmächtiger Wut schaute der Rancher ihnen nach, bis seine Augen vom Staub brannten und sich die Reiter in der Ferne verloren.
Auf keinen Fall werde ich zulassen, dass dieser Hundesohn die Ranch an sich reißt. Wenn Steel Dust das Rennen morgen gewinnt, habe ich genug Geld, um ihn zu bezahlen und mir seine Meute vom Hals zu halten. Morgen wird es sich also entscheiden. Morgen...
✰
Wenige Stunden später wiederholte sich, was Thomas seit Wochen in seine Albträume verfolgte. Sein Boss nahm ihn mit in ein Tal, das er Hidden Valley nannte. Hier hatte er ein Haus, von dem nur eine ausgewählte Zahl von Gästen etwas wusste. Ein Haus, in dem Dinge vor sich gingen, die den jungen Ranchhelfer nicht mehr losließen. Anfangs hatte er geglaubt, es wäre nicht so schlimm. Nun wusste er: Es war noch schlimmer.