Lassiter Sammelband 1794 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sammelband 1794 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.

Dieser Sammelband enthält die Folgen 2263, 2264 und 2265.

Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!

2263: Ihr Name war Dolores

"Kommen Sie ihr nicht zu nahe!", warnte der Marshal. "Sie beißt Ihnen sonst die Kehle durch!"

Aus giftgrünen Augen starrte sie ihn an, und das zerfetzte Kleid aus purpurroter Seide bedeckte ihren wohlgeformten Körper nur noch notdürftig. Die Männer waren nicht besonders nett mit ihr umgegangen, aber angesichts dessen, was der Frau zur Last gelegt wurde, war das nicht überraschend. Sie spuckte aus, dann warf sie stolz ihr feuerrotes Haar zurück. Es war offensichtlich, dass sie die Blicke der Männer genoss. Sie lächelte lasziv, bevor die Deputies sie grob in die Gefängniskutsche beförderten und ihr Ketten anlegten.

Lassiter war gefesselt von ihrem lodernden Blick, bis das eiserne Schubfach des Sichtfensters geschlossen wurde. Marshal Bryson sah ihm prüfend in die Augen. "Kennen Sie dieses Miststück etwa?", fragte er.

"Allerdings", sagte Lassiter. "Aber ich hätte gern das Gegenteil behauptet."

2264: Lassiter und der Hobo

Die drei elegant gekleideten Männer betraten das Restaurant und steuerten auf jenen Tisch am Fenster zu, von dem man den Bahnhofsvorplatz überblicken konnte, als sie nach nur drei Schritten verdutzt stehen blieben. Eigentlich hatten sie dafür gesorgt, die einzigen Gäste zu sein, doch jemand schien sich nicht an die Vereinbarung gehalten zu haben. Und nicht nur das. Der Hurensohn hatte ihren Lieblingsplatz eingenommen - und in einen Müllhaufen verwandelt!

Der Kerl selbst sah aus, als wäre er einem Berg Unrat entstiegen. In seinem Bartgestrüpp war erst auf den zweiten Blick so etwas wie ein Gesicht zu erkennen. Er hob eine Hand mit einem zerlumpten Jackenärmel dahinter, machte eine einladende Handbewegung und sagte: "Alle anderen Tische sind frei, Gentlemen. Suchen Sie sich den besten aus. Und wenn Sie möchten, sind Sie auch an meinem Tisch herzlich willkommen."

2265: Zwei Fäuste gegen eine Stadt

An die Umstände, die Lassiter in die Arme des bezaubernden Mandanenmädchens mit dem pechschwarzen Haar gebracht hatten, konnte er sich ebenso wenig erinnern, wie er ihre Sprache verstand. Sie redete in vergnügtem Ton auf ihn ein und kümmerte sich um seine Wunden.

"Seepooshka", sagte das Mädchen nach einer Weile und deutete auf sich. "Seepooshka."

Der groß gewachsene Weiße mit den kantigen Gesichtszügen lächelte die Indianerin freundlich an. Er konnte sich nur unter Schmerzen bewegen. Als er an seinem Bein hinunterschaute, fiel sein Blick auf den blutigen Verband, den ihm Seepooshka um die Wade gewickelt hatte.

"Wo bin ich?", fragte Lassiter.

"Seepooshka", wiederholte die Indianerin und drückte ihn sanft auf das Lager zurück.

"Seepooshka."

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EPUB

Seitenzahl: 399

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Impressum

BASTEI ENTERTAINMENT Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG Für die Originalausgaben: Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotive: Boada/Norma ISBN 978-3-7325-7536-7

Jack Slade

Lassiter Sammelband 1794 - Western

Inhalt

Jack SladeLassiter - Folge 2263"Kommen Sie ihr nicht zu nahe!", warnte der Marshal. "Sie beißt Ihnen sonst die Kehle durch!" Aus giftgrünen Augen starrte sie ihn an, und das zerfetzte Kleid aus purpurroter Seide bedeckte ihren wohlgeformten Körper nur noch notdürftig. Die Männer waren nicht besonders nett mit ihr umgegangen, aber angesichts dessen, was der Frau zur Last gelegt wurde, war das nicht überraschend. Sie spuckte aus, dann warf sie stolz ihr feuerrotes Haar zurück. Es war offensichtlich, dass sie die Blicke der Männer genoss. Sie lächelte lasziv, bevor die Deputies sie grob in die Gefängniskutsche beförderten und ihr Ketten anlegten. Lassiter war gefesselt von ihrem lodernden Blick, bis das eiserne Schubfach des Sichtfensters geschlossen wurde. Marshal Bryson sah ihm prüfend in die Augen. "Kennen Sie dieses Miststück etwa?", fragte er. "Allerdings", sagte Lassiter. "Aber ich hätte gern das Gegenteil behauptet."Jetzt lesen
Lassiter - Folge 2264Die drei elegant gekleideten Männer betraten das Restaurant und steuerten auf jenen Tisch am Fenster zu, von dem man den Bahnhofsvorplatz überblicken konnte, als sie nach nur drei Schritten verdutzt stehen blieben. Eigentlich hatten sie dafür gesorgt, die einzigen Gäste zu sein, doch jemand schien sich nicht an die Vereinbarung gehalten zu haben. Und nicht nur das. Der Hurensohn hatte ihren Lieblingsplatz eingenommen - und in einen Müllhaufen verwandelt! Der Kerl selbst sah aus, als wäre er einem Berg Unrat entstiegen. In seinem Bartgestrüpp war erst auf den zweiten Blick so etwas wie ein Gesicht zu erkennen. Er hob eine Hand mit einem zerlumpten Jackenärmel dahinter, machte eine einladende Handbewegung und sagte: "Alle anderen Tische sind frei, Gentlemen. Suchen Sie sich den besten aus. Und wenn Sie möchten, sind Sie auch an meinem Tisch herzlich willkommen."Jetzt lesen
Lassiter - Folge 2265An die Umstände, die Lassiter in die Arme des bezaubernden Mandanenmädchens mit dem pechschwarzen Haar gebracht hatten, konnte er sich ebenso wenig erinnern, wie er ihre Sprache verstand. Sie redete in vergnügtem Ton auf ihn ein und kümmerte sich um seine Wunden. "Seepooshka", sagte das Mädchen nach einer Weile und deutete auf sich. "Seepooshka." Der groß gewachsene Weiße mit den kantigen Gesichtszügen lächelte die Indianerin freundlich an. Er konnte sich nur unter Schmerzen bewegen. Als er an seinem Bein hinunterschaute, fiel sein Blick auf den blutigen Verband, den ihm Seepooshka um die Wade gewickelt hatte. "Wo bin ich?", fragte Lassiter. "Seepooshka", wiederholte die Indianerin und drückte ihn sanft auf das Lager zurück. "Seepooshka."Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Ihr Name war Dolores

Vorschau

Ihr Name war Dolores

»Kommen Sie ihr nicht zu nahe!«, warnte der Marshal. »Sie beißt Ihnen sonst die Kehle durch!«

Aus giftgrünen Augen starrte sie ihn an, und das zerfetzte Kleid aus purpurroter Seide bedeckte ihren wohlgeformten Körper nur noch notdürftig. Die Männer waren nicht besonders nett mit ihr umgegangen, aber angesichts dessen, was der Frau zur Last gelegt wurde, war das nicht überraschend. Sie spuckte aus, dann warf sie stolz ihr feuerrotes Haar zurück. Es war offensichtlich, dass sie die Blicke der Männer genoss. Sie lächelte lasziv, bevor die Deputies sie grob in die Gefängniskutsche beförderten und ihr Ketten anlegten.

Lassiter war gefesselt von ihrem lodernden Blick, bis das eiserne Schubfach des Sichtfensters geschlossen wurde. Marshal Bryson sah ihm prüfend in die Augen. »Kennen Sie dieses Miststück etwa?«, fragte er.

»Allerdings«, sagte Lassiter. »Aber ich hätte gern das Gegenteil behauptet.«

South Carolina, neun Monate zuvor

Dieses Lächeln war mörderisch, aber genau das reizte Lassiter. Er ging einen Schritt auf das Bett zu, während Dolores ihre Schenkel öffnete. »Schau her, mein Großer«, hauchte sie und streichelte verführerisch ihre üppigen Brüste. »Das ist alles für dich. Du musst dich einfach nur entspannen. Jetzt komm schon.«

Lassiter warf einen Blick auf das einladende Dreieck zwischen ihren Beinen und sah dann zurück zur Tür des Hotelzimmers. Unten im Saloon tobte die Menge, Schreie drangen herauf, die nach Mordlust klangen. Er schüttelte den Kopf und sah sich im Zimmer um.

Das Fenster zum Hof war der einzige mögliche Fluchtweg, doch er bezweifelte, dass dieser Ausweg unbewacht war. Unten im unbeleuchteten Hinterhof würden Heckenschützen im Schutz von Kistenstapeln oder Fässern nur darauf warten, ihn abzuknallen. Er saß in der Falle.

Dolores warf ihren Kopf in den Nacken und ihr Busen wippte, als sie in schallendes Gelächter ausbrach. »Du hast doch nicht wirklich Angst vor diesen Kretins da unten, Lassiter! Ich dachte, du hättest Cojones, Hombre!«

Lassiters Mundwinkel hoben sich unmerklich. Mit Wohlwollen war das als Lächeln zu deuten. »Das hat eher mit Vernunft als mit Angst zu tun, Dolores«, knurrte er, während er seine Hose öffnete. »Aber was die Cojones angeht – mit denen sollten wir uns wohl etwas ausführlicher befassen.«

Ihm war klar, dass sie genau wusste, was sie tat. Ganz im Gegensatz zu ihm – die Höhle der Löwin war der schlechteste Ort, um seinem Unterleib das Kommando zu überlassen. Doch um diesem Rasseweib einen Korb zu geben, hätte er mit Blindheit geschlagen sein müssen.

Dolores sah ihm mit lüsternen Blicken zu, als er sich eilig entkleidete. Ihre Augen weiteten sich, als ihr sein pulsierender Pint förmlich entgegen sprang. »Gib ihn mir«, flüsterte sie und richtete sich betont langsam auf. Auf den Knien bewegte sie sich über das riesige Bett hinweg auf ihn zu. An der Bettkante sah sie zu ihm auf. »Hmm, Lassiter. Das hätte ich mir wirklich ungern entgehen lassen.«

Überraschend zärtlich streichelte sie sein bestes Stück und fuhr mit der Zunge über die Spitze. Dann öffnete sie ihre vollen Lippen. Mit beiden Händen umfasste sie seinen Hintern, während sie an ihm saugte. Ihre langen Fingernägel krallten sich dabei in seine Backen.

Lassiter stöhnte auf, warf den Kopf in den Nacken und wühlte in ihrer üppigen roten Mähne. Ihr Oberkörper rieb sich an seinen Oberschenkeln, und er spürte ihre harten Brustwarzen. Dolores zog ihn näher zu sich heran, umfasste ihn schließlich mit ihrem ganzen Körper. Ihre Beine verschränkten sich hinter seinen Waden, und sie presste sich an seinen Unterleib, als wollte sie ihn verschlingen.

Lassiter keuchte vor Wollust. Diese Frau war noch unglaublicher als der Ruf, der ihr vorauseilte! Lassiter schloss die Augen und gab sich ganz den Wonnen hin, die Dolores ihm schenkte. Sie wusste genau, was zu tun war, um seine Erregung immer weiter zu steigern, ohne das Liebesspiel allzu schnell zu beenden. Immer wieder hielt sie kurz inne, um dann umso leidenschaftlicher fortzufahren, bis diese Gezeiten der Lust Lassiter an den Rand des Wahnsinns trieben.

Doch dann zog sie sich plötzlich von ihm zurück, stieß ihn fast von sich, sodass er kurz ins Taumeln geriet. Überrascht blickte er hinunter. Ihr Blick war immer noch voller Lust, doch er sah auch die Berechnung in ihren Augen. Es schien, als spiele sie mit ihm, so virtuos wie ein genialer Musiker auf seinem Instrument. Sie schlug die Augen nieder, lachte kehlig und ließ sich auf das Bett fallen. »Nimm mich von hinten, jetzt«, stöhnte sie, drehte sich herum und bot sich ihm dar.

Lassiter gab ihr, was sie wollte, stieß voller Leidenschaft in sie hinein. Seine Hände fanden ihre vollen Brüste und kneteten sie. Er spürte, dass sie es hart mochte, und ging darauf ein. Dolores nahm den Rhythmus seiner Bewegungen auf, und ihre Körper schienen miteinander zu verschmelzen. Das Stöhnen der Latina ging in leise Schreie über, dann in ein keuchendes Singen. »Ja, ja, jaaaa … und jetzt schlag mich!«

»Was?« Er hielt kurz inne, weil er im Rausch der Sinne nicht sicher war, ob er sie richtig verstanden hatte.

»Nun schlag mich, du Hurensohn«, fauchte sie. »Ich will, dass du mich schlägst!«

Atemlos schüttelte er den Kopf, die Hände immer noch an ihren Hüften und seinen Freudenstab tief in ihr. »Dolores«, keuchte er. »Das …«

»Jetzt tu es einfach, Conjo! Nimm die Reitgerte!«

Lassiter hatte schon viele Frauen gehabt, doch es widerstrebte ihm, diesem Wunsch Folge zu leisten, weil es nicht die Art von Sex war, die er bevorzugte.

»Tu es«, stieß sie wieder hervor, und ihre Stimme duldete keinen Widerspruch. Als Lassiter sich vor Augen führte, dass er gerade mit der gefährlichsten Verbrecherin diesseits des Mississippis im Bett lag, die vermutlich für hunderte von Toten verantwortlich war, verflüchtigten sich seine Skrupel schlagartig.

Er nahm die schwarzlederne Peitsche, die am Kopfende des Bettes bereitlag, und fuhr ihr damit über den Rücken, ohne allzu zurückhaltend zu sein. Sie seufzte wollüstig auf und wollte mehr. Ihre Lustschreie brachten auch sein Blut wieder zum Kochen, und er verlor sich in völliger Ekstase.

Weiterhin bewegte er sich in ihr. Sein eigenes Keuchen und Stöhnen nahm er gar nicht mehr wahr, während ihr Rücken nun von roten Striemen überzogen war. Er spürte nur noch die herrlichen Rundungen von Dolores, ihre Bewegungen und Muskeln. Er warf die Gerte beiseite und wollte sie mehr denn je. Doch plötzlich entzog sie sich ihm abermals und drehte sich auf den Rücken.

»Ich will dir in die Augen sehen, wenn du kommst«, keuchte sie. Ihr schweißbedeckter Busen hob und senkte sich über ihren schnellen Atemzügen, und ihr Lächeln war ebenso hinreißend wie diabolisch.

»Okay«, keuchte Lassiter.

Wieder nahm er sie, dieses Mal bewusst grob und hart. Er küsste ihre weichen Brüste und saugte an ihren Brustwarzen, während er immer heftiger in sie stieß. Ihre Körper waren schweißbedeckt, und ihr Stöhnen wurde lauter, als ihr gemeinsamer Rhythmus sich dem Gipfel näherte.

»Tiefer, du Hengst! Tiefer, madre de dios!«

Lassiter hatte das Gefühl, dem Himmel und der Hölle zur gleichen Zeit noch nie so nahe gewesen zu sein, und als sie endlich gemeinsam kamen, musste er an sich halten, um keinen Schrei auszustoßen.

Atemlos und schweißbedeckt lagen Dolores und Lassiter noch sekundenlang aufeinander, bevor die Tür des Hotelzimmers krachend aus den Angeln flog.

Im selben Moment packte die Frau ihn an den Schultern und warf ihn mit einer überraschend kräftigen und geschickten Bewegung aus dem Bett. Der Mann der Brigade Sieben landete verdutzt auf einem fadenscheinigen Bettvorleger. Als er völlig perplex aufsah, glänzte ihm ein Sheriffstern auf einer voluminösen Brust entgegen. Darüber befand sich ein stoppelbärtiges, feist grinsendes Gesicht.

Hinter dem Sternträger betraten zwei Männer mit wild entschlossenen Mienen den Raum und hatten bereits ihre Revolver aus den Holstern gezogen.

»Sheriff Rudolph, madre mio!«, schrie Dolores und legte in theatralischer Geste ihre Hände vor den Busen. »Dieser Kerl hat mich gerade vergewaltigt!«

***

Neun Monate später

Marshal Lucious Bryson – ein vierschrötiger Baum von einem Mann mit stahlgrauer, schulterlanger Mähne und einem Schnauzbart, der sich bis zum Kinn erstreckte, war kein Freund großer Worte. Daher beantwortete er Lassiters Bemerkung nur, indem er fragend die buschigen Augenbrauen hob. Man hatte ihm den Mann der Brigade Sieben zwar von höherer Stelle zugeteilt, aber der Marshal war ihm nie zuvor begegnet. Und die Bekanntschaft mit einer Gefangenen, die er durch zwei Bundesstaaten nach Washington bringen musste, flößte Bryson nicht unbedingt Vertrauen dem Fremden gegenüber ein.

»Ist ein paar Monate her, Marshal«, sagte Lassiter schließlich. »Und es hätte mich um ein Haar das Leben gekostet.« Er warf einen kurzen Blick auf die Kutsche. »Ich bin mir also durchaus darüber im Klaren, wie gefährlich unser Passagier ist.«

Bryson musterte ihn, ohne eine Miene zu verziehen. »Okay, Lassiter. Die Geschichte können Sie mir erzählen, sobald wir die Zeit dafür finden. Jetzt müssen wir los.«

Er winkte den Männern zu, die rauchend auf dem Sidewalk standen. »In die Sättel, Jungs!«

Die zwölf Männer, die mit ihm und Lassiter die Eskorte für den Transport nach Washington bildeten, hatte Bryson zur Hälfte selbst ausgesucht. Er kannte die sechs Kerle, die ihm der Sheriff zur Seite gestellt hatte, nur flüchtig oder gar nicht, aber seinen Männern vertraute er rückhaltlos: Es handelte sich dabei ohne Ausnahme um kampferprobte, hartgesottene Kerle.

Nobby Wolf war seit drei Jahren sein Deputy – ein hochgewachsener bleicher Bursche mit frühzeitig dünn werdendem Haar, der immer etwas langsam wirkte. Gerade das war oftmals von Vorteil gewesen, wenn ihre Gegner zu spät bemerkten, wie schnell und treffsicher Nobby mit dem Revolver umgehen konnte.

Frank Kilroy, der schweigsame Mormone, der Bryson im vergangenen Frühjahr das Leben gerettet hatte, als ihn mexikanische Desperados sang- und klanglos aufknüpfen wollten.

Frankie »Mercy« McGee, dem man nachsagte, dass er mal ein Prediger gewesen sei. Trotz der Bibelfestigkeit des gedrungenen, breitschultrigen Mannes mit den auffällig hellen Augen hatte Bryson seine Zweifel daran: zum einen, weil Mercy dem weiblichen Geschlecht äußerst zugeneigt war, zum anderen, weil ihn der Marshal bei mehreren Gefechten als kaltblütigen und todesmutigen Revolverschwinger erlebt hatte. Er war froh, ihn auf der richtigen Seite zu wissen.

Und natürlich Rowdie und Freddie Lomax. Die beiden hatten mit ihm gemeinsam in den Indianerkriegen gekämpft, als er seinen Bruder verloren hatte. Letzten Endes hatten sie den Cherokees gezeigt, wer der Boss war, aber es hatte eine Menge Blut gekostet.

Auch Abe Hudson war damals dabei gewesen und trug seitdem eine Augenklappe. Sein anderes Auge zwinkerte, als er vom Kutschbock hinabsah. »Meinen Sie, wir haben in Richmond ein wenig Zeit, Marshal?«, fragte er. »Ich würde meiner Tochter gern einen kurzen Besuch abstatten …«

»Lass uns erst mal in Richmond ankommen, Abe«, brummte Bryson. »Dann sehen wir weiter.«

Der Marshal blickte zum Horizont und kniff die Augen zusammen. Im Norden ballten sich dunkle Wolken zusammen, was darauf hindeutete, dass ihnen ein mächtiges Gewitter bevorstand.

Lucious Bryson stieg in den Sattel seines Falben und setzte sich an die Spitze der Eskorte. Er winkte Sheriff Noland zum Abschied zu und sprach ein stummes Gebet. Seine Männer wussten zwar, dass die Gefangene gefährlich war. Aber ihnen war nur wenig darüber bekannt, welche Gegner außerdem auf ihrem Weg auf sie lauerten. Bryson dagegen ahnte, dass die kommenden Tage ein verdammt heißer Ritt werden würden.

Die Menschen auf den Sidewalks gafften und ihre Gesichter zeigten eine Mischung aus Furcht und Faszination, als triebe man ein Monster die Straße hinauf. Frauen deuteten respektvoll auf die schießschartengroßen Öffnungen der komplett mit Eisenplatten verkleideten Kutsche, während sich ihre Kinder ängstlich hinter den Falten ihrer weiten Röcke versteckten. Die Mienen der Männer waren versteinert, um die Erleichterung zu verbergen darüber, dass ihre kleine Gemeinde nun endlich befreit wurde von einer Plage, die über Jahre hinweg ihr Leben bestimmt hatte.

Der ein oder andere traute sich, »Bravo!« oder auch »Hängt sie auf!« zu rufen. Marshal Bryson reagierte auf keine dieser Äußerungen. Viele dieser »aufrechten Bürger«, die sich nun als Schreihälse hervortaten, hatten noch vor wenigen Wochen alles getan, um ihm Steine in den Weg zu legen, als er gemeinsam mit Sheriff Noland alles getan hatte, um Dolores De Mezquita das Handwerk zu legen.

»Alles in Ordnung, Lu?« Bryson wandte den Kopf und lächelte schmallippig, als er Rowdie Lomax bemerkte. Der alte Ire hatte es sich erlaubt, sein Pferd neben ihn an die Spitze der Truppe zu lenken. Dabei war er wie immer so lautlos und unauffällig gewesen, dass der in seinen Gedanken versunkene Marshal ihn gar nicht bemerkt hatte.

Rowdie Lomax entblößte ein angesichts seines fortgeschrittenen Alters erstaunlich tadelloses Gebiss, doch sein freundlicher Gesichtsausdruck ließ auch eine Spur von Sorge erkennen. Er war drei Jahre älter als sein Bruder und hatte damit die sechzig bereits im letzten Jahr hinter sich gebracht, aber das sah man ihm angesichts seines drahtigen Körpers und den vollen, dunkelroten Haaren, die in wirren Strähnen unter dem Hut heraus tanzten, nicht im mindesten an.

»Sicher, Rowdie«, sagte der Marshal und bemühte sich, überzeugter zu klingen, als er sich fühlte. »Es geht nur darum, dass wir jederzeit mit allem rechnen müssen. Das weißt du.«

Rowdie Lomax nickte. Er war einer der wenigen in der Truppe, denen von Anfang an klar gewesen war, worauf sie sich einließen.

Eine Weile ritten sie schweigend nebeneinander der Eskorte voraus und folgten der Poststraße nach Norden. Bis nach Richmond würden sie etwa zwei bis drei Tagesritte brauchen, und die nächste Stadt war Jacobite, rund fünfzig Meilen entfernt. Der dortige Sheriff war per Telegramm über den Transport informiert worden, aber Lucious Bryson ging davon aus, dass sie die Nacht im Freien würden verbringen müssen.

»Was glaubst du, wann es losgeht?«, brach Rowdie schließlich das Schweigen.

»Keine Ahnung«, antwortete Bryson. »Halt einfach die Augen auf.«

Der Gefangenentransport bewegte sich in vorsichtigem Trab gen Norden. Sechs Männer mit Marshal Bryson an der Spitze ritten voran, jeweils zwei Reiter hielten ihre Pferde zu beiden Seiten der Kutsche, während Lassiter mit einem freundlich dreinblickenden jungen Kerl namens Pablo Azucar das Schlusslicht der Prozession bildete. Zwei Packpferde trugen die Zelte und den Reiseproviant.

Am nervösesten waren die beiden Männer, die das Fuhrwerk steuerten. Die schwere Panzerung der umgebauten Abbot-Downing-Postkutsche verlangte dem Sechser-Gespann einiges ab, und die Tiere kamen deshalb nur langsam voran.

»Sie sind Lassiter, stimmt’s?«, fragte Pablo. Lassiter sah den Jungen kurz an, bevor er nickte. Pablo grinste breit. »Ihr Ruf eilt Ihnen voraus, wissen Sie? Als mir der Sheriff erzählt hat, dass Sie uns begleiten, wollte ich unbedingt dabei sein.«

»Bleib auf dem Teppich, Junge«, knurrte Lassiter. »Ich mache hier meinen Job wie jeder andere. Woher kennst du überhaupt meinen Namen?«

Der Junge hob die Augenbrauen und schüttelte den Kopf. »Sie stellen Ihr Licht unter den Scheffel, Lassiter.«

Abe Hudson ließ die Peitsche knallen. »Verflucht noch mal, ihr Schindmähren! Schneller, verdammt!«, brüllte er und warf gehetzte Blicke um sich. Die sanft ansteigenden Hügel zu beiden Seiten der Poststraße wirkten so still und friedlich wie ein Boothill, doch das konnte trügerisch sein. Das dichte Buschwerk zwischen den Bäumen bot eine perfekte Deckung für Heckenschützen.

Freddie Lomax, der neben Abe auf dem Kutschbock saß, bohrte sich genussvoll in der Nase, zog den Finger heraus und betrachtete das Ergebnis eingehend, bevor er es sich in den Mund steckte. »Nun mal ruhig, Abe«, sagte er. »Du scheinst mir langsam in die Jahre zu kommen. Wenn du dir jetzt schon in die Hose machst, kaum dass wir aus der Stadt raus sind, werde ich morgen hier den Platz räumen. Dann kann sich jemand anders dein Gejammer anhören.«

Abe warf seinem alten Kampfgefährten einen nur gespielt bösen Blick zu, da er wusste, dass Freddie ihn lediglich ein bisschen hochnehmen wollte. Sein verbliebenes Auge zwinkerte. »Damit hätte ich kein Problem, du stinkst drei Meter gegen den Wind! Ich finde, du solltest einfach deinen Job machen, und ich mache meinen! Halt deine Augen auf, verdammt, während ich mich um diese lahmen Gäule kümmere!«

Sein Nachbar auf dem Kutschbock klopfte ihm beschwichtigend auf die Schulter. Er hatte Respekt vor dem alten Herrn, auch wenn ihm dessen Vorsicht übertrieben erschien. Lomax sah sich wie befohlen um und tastete dabei unbewusst nach der Winchester, die in einer ledernen Halterung neben ihm bereitstand.

Die Straße führte nun durch dichter bewaldetes Gebiet. Die Kiefern und Eschen neigten sich über die Straße wie dunkelgrüne Riesen, sodass manchmal nur noch ein Streifen Himmel über ihnen zu sehen war, der gerade einmal halb so breit war wie die Piste, auf der sie sich bewegten. Unterhalb der dichten Baumkronen wucherte das Buschwerk bis zu fünfzehn Fuß hoch. Jenseits der Farmen erstreckten sich in dieser Region große Mischwälder, durch die man Straßen und Bahnlinien getrieben hatte.

Die Eisenbahn war hier an der Ostküste auf dem Vormarsch, doch durch die Unwetter der letzten Monate lag die im Bau befindliche Strecke nach Süden derzeit brach. Erst im kommenden Frühjahr hätten sie vermutlich auf die Fahrt mit der Kutsche verzichten können.

Die Poststraße wurde schmaler, und gleichzeitig verdunkelte sich der Himmel zusehends – Abes Miene tat dasselbe. Freddie Lomax sah ihn aus den Augenwinkeln an und feixte. »Abe, du Hasenfuß! Ich werde dich …«

Im nächsten Moment krachte ein Schuss, Blut spritzte in einer dunkelroten Fontäne auf Schulter und Gesicht des Kutschers, und die Hölle brach los.

***

»Das ist eine einzige Katastrophe!« Der hagere Mann in einem beeindruckend perfekt geschnittenen Anzug schlug auf die Platte des mächtigen Schreibtisches und versuchte im nächsten Moment, zu verbergen, dass ihm dieser Zornesausbruch wehgetan hatte. Er wandte sich ab und rieb sich die schmerzende Faust. »So weit hätte es nicht kommen dürfen. Wir hatten die Lage doch im Griff, das haben Sie mir immer wieder versichert, oder etwa nicht?«

Sein Gegenüber zog gemächlich an einer Zigarre und lehnte sich wortlos zurück. Es war eine rhetorische Frage, die er nicht beantworten musste. Als sich Senator William Rickman III. mit flammendem Blick zu ihm umwandte, schaute der Mann betont gleichmütig in sein Whiskeyglas, um zu vermeiden, dass sein Klient die Verachtung in seinen Augen wahrnahm.

»Ich habe Ihnen eine Frage gestellt, Devon«, stieß William Rickman hervor. Er griff nach dem Whiskey, stürzte ihn in einem Zug hinunter und pfefferte sein Glas auf die Tischplatte. Dann rang er die Hände in einer Art und Weise, die manche Ärzte als beginnenden Hospitalismus bezeichnet hätten.

Der riesige Raum wurde durch die großzügig gestaltete Fensterfront in die grell orangenen Farbtöne eines prächtigen Sonnenuntergangs getaucht, doch keiner der beiden Männer konnte dem Naturschauspiel in diesem Moment etwas abgewinnen.

»Tatsächlich, Sir?« Howard Devon starrte immer noch in seinen Drink, als gäbe es dort etwas äußerst Interessantes zu entdecken. »Dann muss mir diese Frage entgangen sein.«

»Was. Machen. Wir. Jetzt?«

Howard Devon sah auf, und ein winziges Lächeln kräuselte seine Lippen. »Die Lage ist nach wie vor unter Kontrolle, Senator. Es war damit zu rechnen, dass man die De Mezquita über kurz oder lang schnappen würde. Und es ist nur zu verständlich, dass sie jetzt ihren süßen Hals aus der Schlinge ziehen will, koste es, was es wolle.«

»Freut mich außerordentlich, dass Sie so viel Mitgefühl für eine kaltblütige Verbrecherin aufbringen, Devon.« Die Stimme des Senators troff vor Sarkasmus. »Aber vergessen Sie dabei nicht, wer Ihr Gehalt bezahlt.«

Devon ließ seinen Blick durch das Büro schweifen, das in seinen Ausmaßen eher einem Ballsaal glich. Kostbare Ölgemälde und Gobelins schmückten die fünf Yards hohen Wände, und das Mobiliar war aus erlesensten Materialien gestaltete europäische Handwerkskunst. Rickman entstammte einer der reichsten Großgrundbesitzerfamilien von North Carolina, und selbst nach der Sklavenbefreiung schwamm die Familie immer noch im Geld. Als Senator bezog er außerdem ein großzügiges Einkommen aus Steuergeldern, doch Leute von seinem Schlag bekamen den Hals nie voll genug. Das war der Grund gewesen dafür, dass er sich von Dolores De Mezquita hatte kaufen lassen.

Das und die Vorliebe des Senators für blutjunge Mädchen, die Dolores De Mezquita gern befriedigt hatte. Das wäre alles noch kein unlösbares Problem gewesen, doch bedauerlicherweise neigte William Rickman III. dazu, bei seinen ohnehin grenzwertigen Sexpraktiken ab und zu die Kontrolle zu verlieren. Vor ein paar Monaten war der Senator zu weit gegangen, und das Mädchen, eine gerade einmal zwölfjährige Mexikanerin, hatte das »Liebesspiel« nicht überlebt.

Devon hatte Dolores De Mezquita dazu überreden können, die Leiche des bedauernswerten Kindes heimlich zu verscharren und die Angelegenheit zu vertuschen, doch er hatte keinen Zweifel daran, dass die Bordellkönigin nun, da ihr selbst der Strang drohte, nicht zögern würde, diesen Trumpf gegenüber der Staatsanwaltschaft aus dem Hut zu zaubern.

»Reden Sie mit mir, verflucht«, ließ sich der Senator vernehmen und riss Devon aus seinen Gedanken. »Ich habe morgen eine wichtige Anhörung im Senat, bei der ich die Interessen unseres Bundesstaates mit aller Entschlossenheit vertreten muss. Ich brauche meine Ruhe, also beruhigen Sie mich gefälligst, Mann!«

Howard Devon erhob sich aus dem Sessel, ging um den Schreibtisch herum und stellte sich neben den Senator vor die mit kunstvollen Bleiornamenten verzierten Fenster. Er hob seine rechte Hand und deutete auf das Panorama hinaus, das hinter dem Schreibtisch des Senators eine freie Sicht bot auf die Hauptstadt der Vereinigten Staaten. Ein beeindruckender Blick hinunter auf das Kapitol, das Weiße Haus und den fünfhundertfünfundfünfzig Fuß hohen weißen Obelisken des Washington Monuments, der im vergangenen Jahr nach über dreißigjähriger Bauzeit fertiggestellt worden war.

»Öffnen Sie Ihre Augen und senken Sie Ihren Blutdruck, Senator«, sagte Devon. Rickman starrte ihn entgeistert an, als hätte er den Verstand verloren.

Devons Lächeln war gleichmütig. »Ich meine es ernst, Willie.« Er nannte ihn manchmal gerne so, weil er wusste, dass Rickman es hasste. »Drehen Sie sich um und schauen Sie hinaus.« Er schob den Senator ein Stück nach vorn und zwang ihn dazu, aus dem Fenster zu sehen. Gemeinsam betrachteten sie den Sonnenuntergang über der Hauptstadt, und Howard Devon legte dem Senator kumpelhaft den Arm um die Schultern. Da sie sich in der obersten Etage eines der größten Gebäude von Washington befanden, war der Anblick tatsächlich spektakulär. Devon spürte den immer noch heftigen Puls des Politikers.

»Wenn diese Frau eine Aussage macht, bin ich erledigt, Howard.« Die Stimme des Senators war leise, und Devon spürte am Zittern der Schultern, dass der Politiker nahe daran war, völlig die Fassung zu verlieren. Was für ein erbärmlicher Widerling, dachte er. Obwohl er dem Mann in diesem Moment am liebsten den Hals umgedreht hätte, zwang Devon sich dazu, ihm beruhigend auf die Schulter zu klopfen.

»Bleiben Sie einfach Sie selbst. Um den Rest kümmere ich mich, seien Sie versichert«, sagte Devon und war erleichtert, als er sich von dem Senator lösen konnte. Er widerstand dem Drang, sich die Hand an der Hose abzuwischen. »Sie müssen mich nur meinen Job machen lassen, für den ich ja bezahlt werde, wie Sie selten vergessen, zu erwähnen.«

»Wie meinen Sie das, Howard?«

Howard Devon war bereits an der Tür, bevor der Senator die Frage stellte.

»Wollen Sie das wirklich wissen, Sir?« Er wartete, doch der Mann vor den riesigen Fenstern rührte sich nicht.

Das Schweigen war eigentlich Antwort genug.

»Ich habe bereits alles Notwendige in die Wege geleitet. Dolores De Mezquita wird diese Stadt nicht lebendig erreichen.«

William Rickman III. rührte sich nicht von der Stelle, doch Devon konnte selbst von der Tür aus erkennen, dass die Schultern des Senators immer noch vibrierten wie die eines flennenden kleinen Jungen. »Davon habe ich nie gehört, Devon.«

»Natürlich nicht, Senator.« Howard Devon grinste, bevor er den Raum verließ.

***

Lassiter hätte schwören können, dass sein Wallach schrie, als mehrere Kugeln den Hals des Pferdes durchschlugen. Instinktiv warf er sich aus dem Sattel und kam nur wenige Zentimeter neben dem zusammenbrechenden Tier auf dem Boden auf.

Er sprang auf die Beine und zog den Remington aus dem Holster. Mit ein paar gebückten Schritten war er bei der Kutsche und duckte sich.

Ein Kugelhagel brach über die Truppe herein, Schreie von Verletzten und das hysterische Wiehern der Pferde mischten sich mit dem Knallen und Pfeifen von Schüssen und Querschlägern.

Lassiter registrierte, dass Pablo sein Pferd bereits nach hinten gelenkt hatte und danach aus dem Sattel gesprungen war.

Der Marshal erhob seine Stimme: »Sie sind drüben rechts! Geht in Deckung, Männer!«

Lassiter robbte unter die Kutsche und versuchte, im Gebüsch jenseits der Straße Gegner auszumachen. Über sich glaubte er, das leise Lachen von Dolores zu vernehmen.

Er zuckte zusammen, als er eine Bewegung neben sich spürte. »Lassiter, verdammt!«, keuchte Abe Hudson und schob sich neben ihn. »Sie haben Freddie voll erwischt!« Die wackelnde Augenklappe verriet, dass er äußerst erregt war. Unbewusst rieb er sich über seine mit Blut besudelte rechte Schulter. »Rowdie haben sie auch aus dem Sattel geholt! Was machen wir jetzt?«

Rundherum krachten Schüsse, eine Kugel prallte direkt vor ihren Augen von der eisernen Radnabe ab und wanderte mit einem enttäuschten Pfeifen in die Büsche jenseits der Straße.

»Schießen«, knurrte Lassiter und hob seinen Remington.

Er kniff die Augen zusammen und entdeckte eine Bewegung vor sich in den tiefgrünen Schatten. Ohne zu zögern, zog er den Abzug durch und feuerte dreimal in Richtung der Bewegung. Ein schmerzerfüllter Schrei rang ihm ein schmales Lächeln ab.

»Goddam, Abe! Wo ist deine Waffe?«, fragte er den Mann, der neben ihm lag.

»Die Winchester habe ich oben auf dem Bock vergessen! Ich hatte es ein bisschen eilig, sorry!« Der Alte zog einen uralten Revolver hervor und entblößte ein Gebiss, in dem man die Zähne einzeln zählen konnte. »Aber ich habe noch meinen alten Colt aus dem Bürgerkrieg. Damit gehe ich sogar ins Bett, man kann nie wissen, was passiert!«

Er hob die Waffe, blinzelte ein paar Sekunden und zog dann den Abzug durch. Das Geräusch war ohrenbetäubend, aber Lassiter stellte überrascht fest, dass Abe einen Angreifer, der sich gerade durch die Büsche geschlagen hatte und bereits mit erhobener Waffe kurz vor der Kutsche angekommen war, mitten in die Brust getroffen hatte. Abe spuckte aus und betrachtete den verrosteten Lauf seines Colts. »Funktioniert noch, scheint mir«, sagte er und grinste breit.

In diesem Moment rutschte ein Mann in einer eleganten Bewegung über den Schotter vor der Kutsche und nahm ihnen die Sicht. Lassiter nahm erst im letzten Moment den Finger vom Abzug, als er bemerkte, dass Pablo Azucar sich vor sie geworfen hatte und aus zwei Revolvern heraus Kugeln abfeuerte. Laute Schmerzensschreie aus dem Wald verrieten, dass der junge Mann nicht nur einen Gegner erwischt hatte. Pablo wandte sich um und sagte atemlos: »Raus hier, Mr. Lassiter!«

Der Mann der Brigade Sieben ergriff seine Schulter und zog ihn mit einer einzigen entschlossenen Bewegung unter die Kutsche. Als Pablo zwischen Abe und ihm angekommen war, warf Lassiter dem Mexikaner einen anerkennenden Blick zu. »Gut gemacht, aber jetzt reißt du dich ein bisschen zusammen, Kleiner.«

Eine ganze Salve von Kugeln traf die stählerne Seitenfront der Kutsche, und die drei Männer duckten sich.

Links von ihnen kamen Marshal Bryson und sein Deputy Nobby Wolf in ihr Gesichtsfeld. Die Männer stürmten todesmutig auf das Unterholz zu und feuerten aus allen Rohren. Während der Marshal mit raschen Schritten voranging und wohlbedachte gezielte Schüsse aus der Winchester abgab, ließ Nobby ein höllisches Sperrfeuer aus seinen beiden Revolvern auf die kaum sichtbaren Feinde hinter dem Buschwerk niedergehen. Lassiter hatte selten gesehen, dass jemand in derart rasender Geschwindigkeit den Abzug betätigte. Die Mündungsfeuer schossen wie rote Kometen aus den Läufen.

Dann war es vorbei – so schnell, wie das Inferno begonnen hatte, fand es auch sein Ende. Der Pulverdampf stand schwer in der feuchten Luft. Man hörte Stöhnen und Wehklagen aus dem Wald, doch kein Schuss mehr wurde auf die Eskorte abgefeuert.

Lassiter schob sich unter der Kutsche hervor und kam auf die Beine, nur Augenblicke später waren auch Pablo und Abe an seiner Seite. Der Mann der Brigade Sieben nickte dem Sheriff kurz zu, ehe sich die Männer mit erhobenen Waffen vorsichtig dem dichten Buschwerk am Rand der Poststraße näherten. Mit einem kurzen Blick zurück registrierte Lassiter, dass sich die anderen Mitglieder der Eskorte hinter ihnen versammelten. Doch er sah auch, dass einige seiner Mitstreiter leblos am Boden lagen.

»Kommt raus und ergebt euch, wenn ihr überleben wollt!«, brüllte der Marshal. Ein paar atemlose Sekunden lang geschah nichts, dann hörte man Äste knacken, und wenig später bahnten sich drei Gestalten ihren Weg durch die Sträucher, ehe sie taumelnd auf die Poststraße hinunter wankten. Es waren verwegen aussehende Gesellen, aber ihre Verletzungen hatten die Mordlust aus ihren Augen verbannt. Bryson hob drohend seine Winchester. »Ist da hinten noch jemand, der Ärger machen möchte? Sagt es lieber gleich, oder ich …«

Einer der drei, der stark aus der Schulter blutete, schüttelte nur den Kopf. Im selben Moment brach sein Companero neben ihm zusammen. Dunkelrot lief das Blut aus seinem Mund in den Staub der Straße, und sein Blick brach.

Bryson ließ die beiden verbliebenen Banditen nicht aus den Augen. »Nobby, Abe! Schaut mit Lassiter nach, ob unser Hombre hier die Wahrheit sagt. Mercy, entwaffne die Galgenvögel und leg ihnen Handschellen an. Schätze, unsere Dame bekommt Gesellschaft.«

Lassiter, der Deputy und Abe Hudson schlugen sich durch das Buschwerk und suchten mit erhobenen Waffen das Unterholz ab. Mühsam bahnten sie sich den Weg, jederzeit bereit dazu, einem Heckenschützen, der noch zur Gegenwehr bereit war, den Garaus zu machen. Doch nach einigen Minuten konnten sie sich sicher sein, dass die Schlacht geschlagen war. Sie fanden fünfzehn Banditen vor, von denen kein Einziger mehr atmete.

»Wir sollten sie begraben, Lu«, sagte Abe leise zum Marshal, als sie auf die Straße zurückkehrten. Brysons Blick war eisig. »Wir haben selbst drei Tote zu beklagen, Abe«, sagte er. »Für Sentimentalitäten ist jetzt keine Zeit. Sobald wir Jacobite erreichen, werde ich Sheriff Noland telegrafieren, dass er sich darum kümmern soll.«

»Aber …«

»Nein, Abe, keine Chance! Wir machen, dass wir hier wegkommen. Es ist durchaus möglich, dass dieses Ungeheuer noch mehr Leute auf uns angesetzt hat.«

Schließlich nickte der Einäugige und stapfte mit schweren Schritten hinter die Kutsche, um sich um die Verletzten zu kümmern. Die beiden überlebenden Banditen wurden mit schweren Ketten gefesselt. Mercy öffnete die Tür der Kutsche, während Lassiter mit erhobener Waffe hinter ihm stand. Drei Männer stießen die beiden Gefangenen nach vorn und zwangen sie, in die Kutsche zu steigen.

Dolores Lächeln war diabolisch. Sie spreizte ihre Schenkel und hob den Rock ihres Kleides empor, sodass Mercy einen Blick auf ihre Scham werfen konnte. »Wie wär’s, Prediger? Steig doch auch mit ein, du wirst es nicht bereuen …«

Lassiter bemerkte, dass Mercy von diesem Anblick fast hypnotisiert worden war. Er packte die Schulter des Mannes, schob ihn beiseite und schlug die Tür der Kutsche zu. Mit einer entschlossenen Bewegung arretierte er die beiden Sicherheitsriegel.

Mercy McGee sah ihn halb aus dem Augenwinkel an und zuckte die Schultern. »Sie ist wirklich eine Schönheit, oder etwa nicht?«, murmelte er entschuldigend.

»Sicher, Mercy. Und alles, was sie will, ist, dir erst den Kopf zu verdrehen – und danach den Hals umzudrehen«, brummte Lassiter.

Der Angriff hatte einen hohen Blutzoll gefordert. Freddie Lomax und zwei der jungen Männer von Sheriff Noland waren erschossen worden, außerdem hatte Freddies Bruder Rowdie einen Steckschuss im Bauch davongetragen. Die übrige Truppe war mit relativ harmlosen Schussverletzungen davongekommen.

Dass es nicht schlimmer ausgegangen war, schob Lassiter dem derangierten Zustand der Pistoleros zu, die wohl den kümmerlichen Rest der ehemals so furchterregenden Bande von Dolores dargestellt hatten – die Toten und auch die Überlebenden stanken derart nach Tequila, als hätten sie stundenlang darin gebadet. Anscheinend war ihnen mit ihrer Anführerin auch der letzte Rest an Disziplin verlorengegangen, wenn dieser Begriff denn jemals eine Rolle in ihren Köpfen gespielt hatte.

Man kümmerte sich um die Versorgung der Verletzten, bevor der Gefangenentransport seine Reise fortsetzen konnte.

Zu allem Überfluss setzte nun auch noch heftiger Regen ein, der die Poststraße nach Norden in eine zähe, glitschige Schlammpiste verwandelte. Sie hatten zwei Pferde, darunter Lassiters, verloren, weshalb der Mann der Brigade Sieben nun neben Abe auf dem Kutschbock saß und Mercy McGees Pferd auch den schwer verletzten Rowdie Lomax tragen musste.

Der Ire hielt sich mit apathischem Blick am Rücken von McGee fest, und sein feuerrotes Haar klebte ihm schweißnass auf der Stirn. Lassiter blickte vom Kutschbock auf die beiden hinab, als sich die Truppe wieder in Bewegung setzte. Er hatte wenig Hoffnung, dass Rowdie Lomax Jacobite noch lebendig erreichen würde.

»Sieht nicht gut aus für den alten Kerl – oder, Lassiter?«, murmelte Abe Hudson, als hätte er dessen Gedanken erraten. »Ein Bauchschuss … zu viel Blutverlust, und die verdammte Kugel steckt noch in ihm drin.«

»Vielleicht hält er durch«, sagte Lassiter wider besseres Wissen. »Wenn er in Jacobite die notwendige Versorgung erhält …«

Abe warf ihm einen Blick aus einem Auge zu, der voller Trauer war. »Glauben Sie mir, Mister. Ich habe im Krieg eine Menge Schussverletzungen gesehen. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, nicht wahr?« Dann ließ er die Peitsche knallen. »Na los, ihr räudigen Viecher! Kommt in die Hufe!«

Aus dem Regen wurde ein Wolkenbruch, der den Gefangenentransport bei einbrechender Dunkelheit dazu zwang, ein Lager aufzuschlagen. Marshal Bryson hatte es nicht anders erwartet, war aber dennoch missgelaunt, weil Jacobite nur noch etwa fünfzehn Meilen nördlich auf ihrem Weg lag, und er die Gefangenen lieber in einem sicheren Jail untergebracht hätte, als sie in offenem Gelände über Nacht bewachen zu müssen.

Eilig schlugen die Männer unter dem Sturzregen ihr Lager auf. Blitze zuckten über den stahlgrauen Himmel und heftige Böen verhinderten immer wieder, die Zelte im ohnehin aufgeweichten Boden zu verankern. Angesichts der Wassermassen, die vom Himmel hinab auf sie niedergingen, war es unmöglich, ein Lagerfeuer zu entzünden, weshalb sich die Männer mit Trockenfleisch und kalten Bohnen begnügen mussten.

Rowdie Lomax wurde als Erster auf ein Feldbett gelegt, nachdem die Zelte standen, und man legte ihm einen frischen Verband an. Er redete wirres Zeug und sein Körper glühte im Fieber.

McGee war der Einzige in der Truppe, der einige Kenntnisse medizinischer Art hatte, sodass man den alten Iren der Obhut seines Landsmannes überließ.

Dann wurden auch die Gefangenen versorgt und man überprüfte sorgfältig ihre Fesseln, bevor Marshal Bryson Nobby Wolf und Frank Kilroy dazu abkommandierte, vor der Kutsche Wache zu halten. Zwei weitere Wachposten wurden auf dem Weg zur Straße postiert, bevor sich die Männer müde in die Zelte zurückzogen, um unter feuchten Decken ein paar Stunden Schlaf zu finden.

Lassiter wollte sich gerade einen Schlafplatz suchen, als ihn der Marshal in sein Zelt bat. Lucious Bryson setzte sich auf einen Faltstuhl aus Armeebeständen, und Abe zündete eine Petroleumlaterne an, die ein fahles, unruhiges Licht auf die Zeltplane warf, bevor er sich neben dem Marshal auf eine Decke hockte.

Beide musterten den Mann der Brigade Sieben, als der gebückt das Zelt betrat. Lassiter nahm den Stetson ab und schüttelte das Regenwasser auf den Boden. Sekundenlang herrschte Schweigen und man hörte nur den prasselnden Regen auf dem Zeltdach, bevor Lassiter die Schultern hob. »Marshal?«, fragte er schließlich.

Brysons stahlgrauer Bart hob sich an den üppigen Enden um ein paar Millimeter. »Gibt es da nicht noch eine Geschichte, die Sie mir erzählen wollten, Lassiter?«

***

South Carolina, neun Monate zuvor

Die Männer waren nicht zimperlich. Auf dem Weg nach unten in den Saloon brachen sie Lassiter zwei Rippen und verwandelten sein Gesicht in das eines Preisboxers, der in zwölf Runden seine Deckung vergessen hatte.

Die Menge empfing die Deputies, die den Mann der Brigade Sieben unter den Schultern gepackt hatten und rücksichtslos die Treppe hinab schleiften, mit lautstarkem Grölen. Sheriff Rudolph folgte ihnen. Dolores, die sich schnell etwas übergestreift hatte, hielt sich mit angemessen betroffener Miene an seiner Seite. Die Frau war nur notdürftig bedeckt, doch das machte ihr nichts aus, im Gegenteil. Es war Teil ihres Plans, das Blut des angeheizten Mobs noch mehr zum Kochen zu bringen. Obwohl sie sicher war, dass sich fast alle Anwesenden auf ihrer Seite befanden, konnte es nicht schaden, noch etwas Öl ins Feuer zu gießen.

Die Deputies trugen Lassiter in die Mitte des Schankraums, bevor sie ihre Arme zurückzogen und er unsanft auf dem Dielenboden landete. Ein Mann trat ihm heftig in die Nieren, was die Menge mit Gelächter beantwortete. Sheriff Rudolph ließ es sich nicht nehmen, Lassiter seinen Stiefel auf den Nacken zu setzen und das Gesicht in den Dreck zu zwingen, bevor er beschwichtigend die Arme hob. Die aufgebrachten Gäste verstummten nur zögernd, ein paar Leute lachten hämisch.

»Leute, Leute, Leute«, sagte Rudolph mit lauter Stimme. »Wir sind hier eine friedliche Stadt, also beruhigt euch gefälligst!« Dann deutete er mit dem Revolverlauf auf den Mann zu seinen Füßen. »Dieser Schuft hier hat unserer angesehenen Mitbürgerin …« Ein kurzer Schwenk mit dem Revolverlauf in Richtung von Dolores De Mezquita, die sich auf einen der Hocker am Bartresen niedergelassen hatte und den Dingen ihren Lauf ließ, »… unserer angesehenen Mitbürgerin Señora De Mezquita Gewalt angetan!«

Nun hob die aufgepeitschte Menge ein derartiges Geheul an, das es Lassiter in den Ohren dröhnte. Er wollte sich wehren, doch der Stiefel des Sheriffs ließ ihm keine Chance, sich zu rühren. Ihm war bewusst, dass viele Bürger der Stadt auf ihn gehofft hatten, doch niemand brachte den Mut auf, ihm jetzt zur Seite zu stehen. Die Menschen in dieser Stadt waren einfache, friedliche Siedler, die ihre Waffen nur zur Jagd benutzten. Sich gegen diese hartgesottenen Revolverschwinger zur Wehr zu setzen, kam für sie einem Todesurteil gleich.

Deshalb gab es hier im Grand Pleasant Saloon von Stockton keine Menschenseele, die auf seiner Seite war.

»Ruhig, Männer!«, rief der Sheriff. »Obwohl dieser Kerl es verdient hätte, am nächsten Baum aufgeknüpft zu werden …« – wieder wurde der Sternträger durch aufbrausendes Gejohle unterbrochen –, »… obwohl wir alle hier so denken, herrscht in Stockton Recht und Ordnung. Deshalb bekommt dieses armselige Subjekt zu meinen Füßen einen fairen Prozess.« Rudolph ignorierte die zornigen Zwischenrufe und den missmutigen Schmollmund der leichtbekleideten Frau am Tresen. »Glaubt mir, das Ergebnis wird dasselbe sein. Der Gerechtigkeit wird Genüge getan, und am Ende muss sich unsere Stadt nicht vorwerfen lassen, dass wir hier das Recht in die eigenen Hände nehmen.«

Rudolph winkte mit einer herrischen Geste seinen Deputies zu, die Lassiter daraufhin an den Schultern packten und durch ein Spalier aufgebrachter Männer hindurch aus dem Saloon schleiften. Aus dem Augenwinkel sah er Juan, der sich ängstlich hinter einem Tisch versteckte. Er zwinkerte, denn zu mehr war er nicht mehr fähig.

Lassiter sah noch, wie der Junge nickte und durch eine Hintertür verschwand. Schweiß und Blut liefen ihm in den Mund, und er spuckte aus. Das Johlen und Grölen des Mobs dröhnte ihm in den Ohren, als wären es Höllengesänge.

Auf dem Weg hinaus musste der Mann der Brigade Sieben noch mehrere Tritte einstecken. »Du glaubst doch nicht, dass du unsere Königin besteigen kannst, wenn sie das nicht will, du Hurensohn!« Die Gesichtszüge von Ricky Shayne, dem Apotheker, waren zu einer hässlichen Fratze des Hasses verzerrt. »Glaub bloß nicht, dass du damit davon kommst!« Ein letzter grober Stoß traf Lassiters Schläfe und beförderte ihn gnädigerweise in die Bewusstlosigkeit.

***

»Und was passierte dann?«, fragte Abe gespannt, wahrend Bryson Lassiter schweigend aus undurchdringlichen Augen musterte.

Lassiter zuckte mit den Schultern. »Ich hatte Glück. Einer der Deputies feierte mit seinen Kumpanen noch ordentlich meine Festnahme, bevor er die Nachtschicht übernahm. Er war dann so besoffen, dass ich ihm die Zellenschlüssel und seine Waffe abnehmen konnte.«

»So, wie man Sie vorher in die Mangel genommen hat?« Marshal Brysons Blick war skeptisch. »Sie konnten doch keinen Fuß mehr vor den anderen setzen, es sei denn, Sie haben ihr spannendes Abenteuer etwas ausgeschmückt.«

»Ich hatte Hilfe, ein junger Kerl aus der Gegend. Ich wusste, die Situation könnte brenzlig werden, deshalb hat er am Stadtrand auf mich gewartet. Irgendwie habe ich es bis dahin geschafft, und Juan hat mich nach Porreres gebracht. Ich schätze, ich verdanke ihm mein Leben.« Lassiter nahm den Stetson in die Hände und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Es hat fast eine Woche gedauert, ehe ich wieder in den Sattel steigen konnte.«

»Donnerwetter, was für ein Biest«, entfuhr es Abe Hudson. »Ein Wunder, dass Sie ihr nicht sofort an die Gurgel gegangen sind!«

»Hm ja«, brummte Marshal Bryson. »Ich habe von Sheriff Rudolph schon so Einiges gehört. Nichts davon waren Ruhmestaten. Unten im Süden hatte Señora De Mezquita die Gesetzeshüter fest in ihrer Hand, hört man. Und nicht nur das. Ihre Bande scheint mir zum Übelsten zu gehören, was wir hier in den letzten Jahren erdulden mussten.« Er strich sich über den Bart. »Wenn Ihre Geschichte stimmen sollte, kann ich Abe nur beipflichten. Aber ich hoffe, Ihre private Fehde mit der Frau führt nicht dazu, dass Sie sich zu irgendwelchen Dummheiten hinreißen lassen.« Bryson erhob sich. »Legen Sie sich ein paar Stunden aufs Ohr.«

Lassiter nickte und wandte sich zum Gehen, doch der Sheriff hatte noch eine Frage: »Diese Sache da unten im Süden … die hat nicht zufällig damit zu tun, dass Sie heute hier sind?«

Der Mann der Brigade Sieben lächelte. »Ich hasse unerledigte Dinge, Marshal.« Dann tippte er an die Hutkrempe und verließ das Zelt.

***

Als Lassiter erwachte, fiel bereits das erste fahle Licht des Sonnenaufgangs durch den Eingang des Zelts. Er war überrascht, dass es ihm angesichts der ohrenbetäubenden Schnarchgeräusche der Männer, die dichtgedrängt neben ihm immer noch in tiefem Schlummer lagen, überhaupt gelungen war, ein Auge zuzutun.

Er stieg in seine Stiefel und band sich den Revolvergurt um, bevor er mit steifen Gliedern aus dem Zelt trat. Die kleine Lichtung, in der sie ihr Lager aufgeschlagen hatten, war von tiefen Pfützen bedeckt. Zur Rechten hatte man die Pferde an eine offen stehende Eiche gebunden. Die Kutsche mit den Gefangenen stand etwas abseits im Schutz dichter Gebüsche, davor hatte man die drei Zelte aufgebaut, in dem die Männer der Eskorte eine kurze Nachtruhe verbringen konnten.

Die Kiefern ringsherum ließen ihre Zweige hängen, schwer vom Sturzregen der vergangenen Nacht, und der Nebel roch nach Tannenzapfen.

In der Mitte der Lichtung gab es einen kleinen Hügel, auf dem bereits ein Lagerfeuer brannte. Frank Kilroy hockte davor und wandte Lassiter seinen schwarzgekleideten Rücken zu, der die Ausmaße eines großzügig bemessenen Kleiderschranks hatte.

Lassiter sah sich kurz um und registrierte, dass die Männer, die vor der Kutsche Wache hielten, bereits dampfende Kaffeebecher in Händen hielten. Er nickte ihnen zu, bevor er zum Lagerfeuer stapfte.

»Morgen, Kilroy«, brummte er. »Ich hoffe, Sie haben auch noch einen Becher für mich.«

Der Mormone hob den Blick, dann deutete er auf eine große Blechkanne, die neben dem Feuer auf dem Boden stand. »Bedienen Sie sich.«

Lassiter nahm sich einen der bereitstehenden Becher und schenkte sich ein. Der Kaffee war heiß und stark, und der Mann der Brigade Sieben spürte, wie die Lebensgeister zurückkehrten. Er hockte sich auf einen der Findlinge, die kreisförmig um das Feuer herum lagen. Offenbar wurde dieser Ort schon seit langem als Rastplatz und Feuerstelle benutzt.

»Ist mir ein Rätsel, wie Sie das Feuer zustande gebracht haben«, sagte Lassiter. »Bei dem Regen heute Nacht?«

Kilroy grinste. »Wir haben trockenes Feuerholz mitgenommen. Gehört zur Grundausstattung in dieser Jahreszeit. Wissen Sie, in dieser Gegend ist das ungefähr so wichtig wie Wasser in New Mexico. Sie sind nicht von hier, oder?«

»Bin ich nicht, nein.« Lassiter verschwieg, dass er die Frage nur aus Höflichkeit gestellt hatte. »Ist gut zu wissen, wenn ich mal wieder in der Gegend bin.« Er lächelte. »Verdammt guter Kaffee!«

»Ja, danke.« Kilroy nickte und starrte ins Feuer. Eine Weile schwiegen die beiden Männer, bevor der Mormone wieder das Wort ergriff. »Sie kennen sie, oder? Ich meine, ich habe nicht gelauscht, aber einen Teil des Gesprächs gestern mit dem Marshal habe ich mitbekommen.«

»Und Sie, Kilroy? Kennen Sie sie auch? Sie kommen schließlich hier aus der Gegend.«

Der Mormone schüttelte den Kopf, nahm einen Schluck aus dem verbeulten Blechbecher und kratzte sich im Nacken. »Nein. Ich bin erst seit ein paar Monaten hier. Ich weiß nur, was Lu – also, was Marshal Bryson mir erzählt hat über sie. Dolores De Mezquita – die Rote Teufelin, die Schlangenkönigin, die Pfählerin, oder wie auch immer sie genannt wird. Von South bis North Carolina haben ihr die Menschen Dutzende von Namen gegeben.«

Lassiter nickte nur.

»Sie hat vor ein paar Jahren mit Banküberfällen angefangen. Hatte eine Bande übelster Revolverschwinger aus Mexico um sich versammelt, die niemals jemanden zurückließen, der eine Zeugenaussage hätte machen können. Angeblich bestand die Hälfte der Truppe aus ihren eigenen Brüdern und näherer Verwandtschaft, aber wer kann das schon überprüfen? Die Bande zog eine Blutspur durch zwei Bundesstaaten, und ich schwöre, niemand hatte so etwas seit den Indianerkriegen schon einmal erlebt. Was ich gehört habe, reicht mir, die haben die Menschen nicht nur umgebracht. Sie haben sie niedergemetzelt, aus reiner Mordlust! Dann kamen die Postkutschen der Wells Fargo an die Reihe, und die haben ein Dutzend Pinkertons hier runtergeschickt. Natürlich …« Kilroy grinste unter seinem tiefschwarzen Vollbart. Offensichtlich hatte er eine eigene Meinung zu der Wells Fargo Gesellschaft im Allgemeinen und Pinkerton-Detektiven, die sich zunehmend wie offizielle Staatsbeamte benahmen, im Besonderen. »Die Pinkerton-Detektive sind nie gefunden worden. Vermutlich liegen sie irgendwo in einem schnell geschaufelten Massengrab oder wurden von den Geiern gefressen.«

Der Mormone nahm einen kurzen Schluck aus dem Becher, bevor er fortfuhr: »Dann gab es noch den Überfall auf einen Zug der Southern Pacific, der soll auch auf ihr Konto gehen. Dabei hat die Bande angeblich fast fünfzig Männer, Frauen und Kinder umgebracht.«

»Es waren achtundsechzig Menschen, darunter fünf kleine Kinder und eine schwangere Frau«, sagte Lassiter leise und hob die Hand, um Kilroy dazu aufzufordern, weiterzureden.