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Seit über 30 Jahren reitet Lassiter schon als Agent der "Brigade Sieben" durch den amerikanischen Westen und mit über 2000 Folgen, mehr als 200 Taschenbüchern, zeitweilig drei Auflagen parallel und einer Gesamtauflage von über 200 Millionen Exemplaren gilt Lassiter damit heute nicht nur als DER erotische Western, sondern auch als eine der erfolgreichsten Western-Serien überhaupt.
Dieser Sammelband enthält die Folgen 2365, 2366 und 2367.
Sitzen Sie auf und erleben Sie die ebenso spannenden wie erotischen Abenteuer um Lassiter, den härtesten Mann seiner Zeit!
2365: Der Tod fährt mit nach Sacramento
Die Postkutsche rollte tiefer ins Grasland hinein. Der Missouri und sein Uferwald blieben zurück, die Fassaden von Saint Joseph verschwammen bereits mit Viehkoppeln und Hügeln. Frank saß seinem Vater gegenüber am Fenster. Er blickte hinaus. Je deutlicher die Landschaft den Charakter der Prärie annahm, desto mehr beflügelte ihn ein Gefühl von Freiheit und Glück. Unter blauem Herbsthimmel schaukelte die rote Concord nach Südwesten.
2366: Fern liegt El Dorado
Die tiefen Schatten auf den Gesichtern der Männer reichten bis zur Kinnlinie. Das knappe Dutzend Cowboys hatte sich im kniehohen Büffelgras auf die Lauer gelegt und behielt die verhasste Hillbilly-Hochzeit auf freiem Feld argwöhnisch im Auge. Die Braut hatte sich soeben von ihrem Vater verabschiedet. Außer den Brauteltern war Friedensrichter Richard L. Clark zugegen, der es sich als einziger Amtsträger in der Gegend herausnahm, einem verdammten Hillbilly die Hand zu schütteln.
2367: Aufstand der Todgeweihten
Unter dem hellen Klingen der Türglocke zuckte der Ladeninhaber zusammen und warf einen flüchtigen Blick über den Tresen. Ihm war nicht anzusehen, was er von der Gestalt hielt, die mit kaltem Lächeln eintrat und interesselos ihren Blick schweifen ließ. Der Kerl wirkte abgerissen und ungepflegt. Seine Ausstrahlung verhieß nichts Gutes. "Sie sind Nathan Howard, nicht wahr?", fragte der Fremde schließlich. "So steht es draußen auf dem Schild." Howard setzte eine ernste Miene auf.
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Seitenzahl: 407
Veröffentlichungsjahr: 2021
Jack Slade
Lassiter Sammelband 1828
Cover
Impressum
Der Tod fährt mit nach Sacramento
Vorschau
Der Tod fährt mit nach Sacramento
Die Postkutsche rollte tiefer ins Grasland hinein. Der Missouri und sein Uferwald blieben zurück, die Fassaden von Saint Joseph verschwammen bereits mit Viehkoppeln und Hügeln. Frank saß seinem Vater gegenüber am Fenster. Er blickte hinaus. Je deutlicher die Landschaft den Charakter der Prärie annahm, desto mehr beflügelte ihn ein Gefühl von Freiheit und Glück.
Unter blauem Herbsthimmel schaukelte die rote Concord nach Südwesten. Ihre Räder knarrten, die Fahrgastkabine schwankte. Draußen auf dem Kutschbock scherzten der Kutscher und der Conductor. Und Franks Vater tuschelte mit der jungen blonden Frau neben ihm. Sie war hübsch – kein Wunder, dass sein alter Herr bestens gelaunt war.
Nichts, aber auch gar nichts sprach dafür, dass der Tod längst auf der Lauer lag.
Frank Perkinsons Blick streifte wieder seinen Vater und die Blonde. Sie trug ein elegantes moosgrünes Kleid und hielt eine Handtasche aus Krokodilleder auf ihrem Schoß fest.
Gestern Abend im Saloon hatte Dad mit ihr getanzt. Ob sie danach mit auf sein Zimmer gegangen war? Gut möglich. Er war Witwer, ein paar Jahre schon. Die weiblichen Reize der Blonden waren auch Frank nicht verborgen geblieben, doch Dad war schneller gewesen.
Die beiden Waffenhändler neben ihr und Dad plauderten über ihre guten Geschäfte, die sie in Saint Joseph gemacht hatten. Sie wollten nach Fort Bridger. Außer ihnen saß noch ein älteres Ehepaar aus Saint Joseph mit in der Kutsche.
Voller Dankbarkeit betrachtete Frank seinen Vater. Keinen einzigen Stein hatte der ihm in den Weg gelegt, nachdem Frank ihm im Sommer eröffnet hatte, dass er gehen wollte. Eine ganze Nacht lang hatte er seinem Vater erklärt, warum er weder die Plantagen am Mississippi noch das große Anwesen in Baton Rouge übernehmen werde.
»Im Westen will ich ein neues Leben anfangen, Dad«, hatte er seinem alten Herrn eröffnet. »Allein.« Sein Vater hatte keine Luftsprünge vollführt, weiß Gott nicht, doch er hatte ihm auch keine Vorhaltungen gemacht.
Dankbar dachte Frank an seine Schwester Marylou. Sie hatte ihn in seinen Plänen unterstützt und dem Vater versichert, dass sie die Heimat niemals aufgeben würde. Schon seit sie neunzehn war, half sie Dad bei der Verwaltung des Gutshofes und der Plantagen.
Frank blickte wieder zum Fenster hinaus. Immer seltener sah man inzwischen Koppeln mit Vieh oder die Gebäude einer Ranch vorbeigleiten. Die Kutsche drang tiefer und tiefer in die endlose Ebene zwischen Missouri, Mississippi und den Rocky Mountains ein. Gut so.
In Saint Joseph hatten sie die notwendigen Bankgeschäfte erledigt, damit sein Vater ihm sein Erbe auszahlen konnte. Wells, Fargo & Company hatten den Kutscher und den Conductor als die besten Männer empfohlen, die für das Unternehmen arbeiteten. Die beiden würden sie nun nach Sacramento bringen. Tief sog Frank den Duft des Grases ein. Den Duft der Freiheit.
Schon als sie vor ein paar Tagen an Bord der Natchez gegangen waren, hatte ihn die Freude auf den bevorstehenden Neuanfang gepackt. Und danach, während der Fahrt den Mississippi hinauf bis nach Saint Louis, nicht mehr losgelassen. Wie hatte er die Reise genossen: die herbstlichen Uferwälder, die Hausboote, Fähren und Fischerkähne voller winkender Menschen und die Schwärme der Wildgänse, die dem Schaufelraddampfer entgegen gerauscht waren.
Ein wenig bange war ihm schon wegen des weiten Weges durch die Prärie, über die Rocky Mountains und über Salt Lake City bis nach Sacramento. Frank hoffte, noch vor dem Wintereinbruch anzukommen.
Die ältere Lady aus Saint Joseph hüstelte. »Machen Sie um Gottes willen endlich Ihre Zigarre aus, Sir!«, rief sie.
»Ich blase den Rauch doch zum Fenster hinaus, Ma’am«, erklärte Vater Perkinson in der ihm eigenen Freundlichkeit.
»Ich vertrage keinen Zigarrenrauch!« Ein Hustenanfall schüttelte die Lady, und nun bat auch ihr Gatte Franks Vater darum, die Zigarre auszumachen. Mit wehmütiger Miene drückte Perkinson senior seine glühende Tabakrolle an der Innenwand aus.
Frank lächelte. Nie war er seinem Vater so nahe gewesen wie in den vergangenen Wochen. Er rechnete es ihm hoch an, dass er trotz seines Alters die lange Reise nach Sacramento auf sich nahm, um ihn zu begleiten und zu beraten. Frank wollte Grundstücke und eine Orangenplantage von dem Geld kaufen, das sein Vater ihm ausbezahlt hatte. Er selbst war unerfahren in finanziellen Dingen.
Etwas krachte außerhalb der Kutsche. Ein Stein unter dem Kutschenboden? Donner? Frank blinzelte hinaus. War denn ein Gewitter aufgezogen? Plötzlich pfiff eine Kugel dicht an ihm vorbei. Schnell zog er den Kopf wieder ein. Die Kutsche nahm Fahrt auf, dennoch donnerte Hufschlag heran, Kugeln schlugen im Gepäckschrank ein.
»Überfall!«, brüllte draußen der Kutscher. »Festhalten!«
Franks Vater zog seinen Revolver unter dem Frack heraus. Glas splitterte zu beiden Seiten der Kutsche. Einer der Waffenhändler schrie getroffen auf und rutschte mit blutender Stirn in den Fußraum. Die alte Lady schrie und ihr Mann betete laut.
Frank feuerte aus seinem fabrikneuen Colt durch das Fenster, wo er zwei Reiter zu erkennen glaubte. Leider war er ein noch schlechterer Schütze als sein Vater. Schüsse explodierten nun schon dicht hinter der Kutsche und schlugen in den Holzwänden ein.
Draußen hörte Frank den Kutscher die Pferde anbrüllen und den Conductor fluchen. Der zweite Waffenhändler beugte sich weit aus dem Fenster und schoss aus einem Karabiner auf die Verfolger. Der Hufschlag rückte näher und näher.
Wieder splitterte Glas. Der betende Gentleman bäumte sich auf und presste seine Hände auf die blutende Brust. Die Blonde kramte eine kleine Waffe aus der Handtasche. Franks Colt machte nur noch Klick. Mit zitternden Fingern tastete er nach seinem Patronengurt.
Die Blonde zielte auf den Waffenhändler und schoss. Dem Mann glitt sein Karabiner aus den Händen. Stöhnend sackte er in den Fußraum. Die Blonde aber bohrte ihre Waffe in Dads Rücken. »Weg mit den Bleispritzen.« Mit einer knappen Kopfbewegung deutete sie zu Frank. »Du auch. Sonst erschieße ich deinen Vater.«
Vater und Sohn Perkinson ließen ihre Revolver fallen und hoben die Hände. Ein Schatten flog dicht neben dem Fenster an der Kutsche vorbei; Frank meinte, das Gesicht des Conductors zu erkennen. Der Körper des Mannes scheuerte an der Außenseite der Kutsche entlang und prallte ins Gras.
»Genug!«, brüllte Franks Vater. »Wir müssen uns ergeben!« Frank dachte an das viele Bargeld, das er bei sich trug. »Halten Sie an, Kutscher!«, forderte Vater Perkinson zum zweiten Mal. »Wir müssen verhandeln!«
»Das ist die Bristolbande!«, brüllte der Kutscher. »Die verhandelt nicht!« Kugeln schlugen wieder ein. Frank zog die Schultern hoch und beobachtete die Blonde. Ihr Blick war eiskalt. Er verachtete sie.
»Anhalten, sage ich!« Dad gab nicht auf. »Lieber verliere ich Geld und Gepäck als mein Leben!«
»Die Bristolband nimmt Ihnen beides weg!«
Nur einen Wimpernschlag später schrie der Kutscher auf. Frank sah ihn ins Gras stürzen.
Die Kutsche fuhr langsamer, der Schusslärm verstummte, die Kutsche rollte aus und stand still. Es war vorbei. Frank glaubte, an dem Kloß in seinem Hals zu ersticken.
»Aussteigen!«, zischte die Blonde. Mit zitternden Fingern versuchte Dad, die Kutschentür zu öffnen. Vergeblich. Er war leichenblass.
Draußen verebbte der letzte Hufschlag, Gras raschelte, Schritte näherten sich. Jemand riss von außen die Tür auf. Frank blickte ins stoppelbärige Gesicht eines strohblonden Mannes. Dessen leicht aus den Höhlen tretenden Augen fielen ihm auf. Der Strohblonde zielte mit einem Gewehr in die Kutsche. Neben ihm tauchte ein Kahlkopf auf, der fuchtelte mit einem Revolver herum.
»Lassen Sie uns reden.« Dad streckte die Hände höher, und Frank dachte an die vielen Dollars in seinem Koffer, mit denen er in Sacramento ein neues Leben anfangen wollte.
Ein Mann mit grauen Locken erschien im hohen Gras und hinter ihm ein großer Mexikaner mit goldenen Ohrringen und langem Schwarzhaar. Frank prägte sich jede Einzelheit ihrer Erscheinung ein – für später, für den Steckbrief.
Mit erhobenen Händen stieg sein Vater als Erster aus. »Wer immer Sie sind, Gentlemen, die sie sich hier am Eigentum hart arbeitender, amerikanischer Bürger vergreifen …«
Ein Schuss krachte, sein Vater verstummte und kippte vom Trittbrett ins Gras. Der Kahlkopf hob den rauchenden Revolver, und Frank begriff, dass er niemals ein neues Leben beginnen würde. Nirgendwo.
***
Vier Monate später ritt ein Mann auf einem schwarzen Pferd die Mainstreet von Saint Joseph hinunter. Er trug einen hellen Stetson und eine schwarze Wildlederjacke. Und er sah aus, als hätte er einen langen Weg hinter sich.
Es war ein frühlingswarmer Samstagabend, und Reiter und Fuhrwerke verstopften die Straße. Auf dem Sidewalk drängten sich Fußgänger. Aufmerksam betrachtete der Mann die Fassaden der vielen Saloons und Hotels und las die Namen auf den Vordächern über dem Sidewalk. Er suchte einen ganz bestimmten Laden.
Der Mann hieß Lassiter und war nicht zum Spaß nach St. Joseph gekommen. Endlich erspähte er den Namen auf einem Vordachschild, den ihm sein Auftraggeber aus Washington nach Kansas City telegrafiert hatte. Das Hotel sah ziemlich teuer aus.
Es hieß Golden Meadow. Im Hinterhof übergab er seinen Rappen dem Pferdejungen. »Pass gut auf ihn auf.« Lassiter tätschelte dem Hengst den Hals. Er drückte dem Jungen einen Schein in die Hand. Dem fielen beinahe die Augen aus dem Kopf.
Im Saloon drängten sich die Leute, von irgendwoher klimperte ein Piano. Lassiter ergatterte den letzten Barhocker an der Theke, mietete ein Zimmer und orderte gebratenen Missourihecht und wilde Kartoffeln. Dazu Kaffee und Whisky.
Die Spesen von der Brigade Sieben waren besonders fett ausgefallen diesmal. Er würde das Geld gut gebrauchen können, schätzte er, doch zunächst einmal knurrte sein Magen.
Lassiter blickte sich um. Den meisten Männern im Saloon sah man an der Kleidung an, was sie die ganze Woche über getrieben hatten: Lederchaps über blauen Nietenhosen, gespornte staubige Stiefel, karierte Baumwollhemden unter schweißfleckigen, oftmals fransigen Jacken.
Cowboys, die ihre Dollars auf den umliegenden Farmen verdienten und jetzt hier waren, um ihren Wochenlohn zu verspielen oder zu versaufen oder beides. Sie trugen ausnahmslos Waffen.
Am anderen Ende der Theke fiel ihm ein großer, vollbärtiger Mann mit sehr breiten Schultern und in einem Bärenfellmantel auf. Über den Rand seines Glases hinweg blickte er zu Lassiter herüber. Fell schmückte auch seinen schwarzen Stetson, und über seiner breiten Brust kreuzten sich zwei Patronengurte.
So ähnlich hatte das Telegramm aus Washington den Mann beschrieben, den er hier treffen sollte. Lassiter nickte ihm zu und lüftete seinen Stetson. Das war das Zeichen. War der Kerl im Bärenfellmantel sein Mittelsmann, würde er bald zu ihm kommen und ihn ansprechen.
Die Theke war lang wie eine Kegelbahn, die Männer plauderten und hielten sich an ihren Whiskygläsern fest. An den meisten Tischen wurde gewürfelt oder gepokert. An einigen wenigen hockten ein paar herausgeputzte Herrschaften und speisten. Vermutlich die Viehzüchter der Gegend. Manche hatten ihre Frauen und Kinder mitgebracht.
Das Piano stand an der Stirnseite des langgestreckten Raumes. Der Pianist – ein dürrer Bursche in abgetragenem Frack und mit speckigem Zylinder – klimperte vor sich hin. Ab und zu griff er nach der Schnapsflasche über sich auf dem Klavier. Noch tanzte niemand. An den meisten Tischen wurde gewürfelt oder gepokert.
Lassiter lauschte den Pianoklängen und dachte an die Männer und Frauen, von denen die Unterlagen aus Washington berichteten. Einige von ihnen hatten hier in diesem Hotel zur Musik dieses Pianisten getanzt; vielleicht hatten sie auch hier, an dieser Theke, gesessen oder an einem der vielen Tische getrunken und gegessen.
Und am nächsten Morgen waren sie in die Kutsche nach Sacramento gestiegen und in den Tod gefahren.
Der Salooner stellte Kaffeebecher und Whiskyglas vor ihm ab, Lassiter verlangte Zucker. Ein langhaariger Mann in fransiger Jacke und fransigen Wildlederhosen nahm sein Glas, stieß sich von der Theke ab und drängte sich durch die Menschenmenge zu einem Tisch, an dem ganz allein eine elegant gekleidete Frau saß.
Lassiter rührte seinen Kaffee um. Rauch stieg über der Theke zu den Petroleumlampen hinauf. Die Cowboys neben ihm, lauter junge Kerle, schauten feixend dem Langhaarigen hinterher.
Aus dem Augenwinkel beobachtete Lassiter, wie der sich vor der Frau verbeugte und sein Glas auf ihren Tisch stellte. Lassiter spähte zu dem Bärtigen im Bärenfellmantel. Auch der beobachtete die Szene.
Ohne zu fragen, zog sich der Langhaarige in den Fransenkleidern nun einen Stuhl heran, setzte sich zu der eleganten Frau und plauderte drauflos. Die Lady fühlte sich bedrängt, das sah man ihr an, und Lassiter beobachtete das Treiben des Fransenmannes mit wachsendem Unwillen.
Irgendwann griff der unverschämte Bursche nach dem Arm der Frau und berührte ihre Wange.
Höchste Zeit einzugreifen. Lassiter stellte sein Glas ab.
***
Ein Gespann von acht Pferden zog die Kutsche durchs Grasland. Außer Rachel und Eddy saßen noch fünf Männer und zwei Frauen in der schaukelnden Fahrgastkabine. Nur ein grauhaariger Gentleman und seine junge Begleiterin hatten dasselbe Ziel wie das frischgebackene Ehepaar: Sacramento.
Mit neun Passagieren war die gelbe Concord voll, und wer die Beine ausstrecken wollte, musste sich mit seinem Gegenüber abwechseln. Rachel hockte zum Glück am Fenster. Sie lehnte den Kopf gegen Eddys Schulter. Der Soldat ihr gegenüber schnarchte ungeniert. Grashügel und Flussufer flogen vorbei. Rachel guckte sich die Augen müde. Hintern und Rücken taten ihr weh vom langen Sitzen.
»Wie weit noch bis zur nächsten Poststation?«, fragte Eddy. Er zog seine goldene Taschenuhr aus der Westentasche und klappte sie auf. Rachel spähte aufs Ziffernblatt. Es war kurz vor zwölf.
»Dreißig Meilen, schätze ich«, antwortete der grauhaarige Gentleman und zuckte mit den Schultern. »Fünf Stunden noch, höchstens sechs.«
Die junge Blonde neben ihm verdrehte die Augen und seufzte. Sie trug ein moosgrünes Kleid, das ziemlich teuer aussah. Ihre beneidenswert schöne Handtasche war aus Krokodilleder. Sie hatte noch kein Wort gesprochen, seit die Concord gestern Nachmittag in Saint Joseph losgefahren war. Rachel mochte die Frau nicht.
Eddy versenkte seine Taschenuhr wieder in der Weste. Einer der vier Soldaten, ein kleiner, drahtiger Offizier, redete ununterbrochen. Rachel ertrug ihn tapfer, immerhin hatte er Eddy bereits vier Stunden lang gut unterhalten. Ihr Gatte wusste jetzt Dinge über die Ostküste der Vereinigten Staaten, die man in seiner Heimat noch nie gehört hatte.
Eddy legte den Arm um sie und lächelte. Er hatte ein breites, freundliches Gesicht, blauschwarze Locken und einen dichten, schwarzen Vollbart. Seine blauen Augen leuchteten. Gott, wie sie ihn liebte! Sie drückte sich näher an ihn und genoss es, die Wärme seines Körpers zu spüren. Ihre Brustwarzen richteten sich auf.
»Ist mir ein Rätsel, wie man in so einer schaukelnden Kiste schlafen kann«, sagte der Grauschopf. Er betrachtete den schlafenden Soldaten und schnalzte wie tadelnd mit der Zunge.
»Ich wollte, ich könnte es«, sagte Rachel. Obwohl es schon zwei Wochen her war, dass sie und Eddy in Baltimore von Bord eines Dampfers gegangen waren, nagte noch immer die Müdigkeit an ihren Nerven. Die schier unendliche Schifffahrt steckte ihr noch tief in den Knochen. Dabei war es ihre Hochzeitsreise gewesen. Sie hatten in Eddys Heimat geheiratet, in Sydney.
Rachel dachte an die Nächte an Bord, und die Erinnerung an Eddys Hände und Lippen auf ihrer Haut erregte sie. Die Vorfreude auf die Rast in der nächsten Poststation und auf die Nacht in einem halbwegs brauchbaren Bett verdrängte ihre Müdigkeit ein wenig.
Die ledernen Traggurte unter der Passagierkabine ächzten und knarrten, die Kutschenräder donnerten über harten Boden. Das unsägliche Geschaukel und Geholper hielt Rachel wach. Sie wusste, was es bedeutete, tagelang in einer Kutsche zu sitzen. Nur um Eddys willen hatte sie sich auf die Fahrt in der Concord eingelassen.
Er wollte um jeden Preis mit einer Postkutsche und nicht mit dem Zug in den Westen fahren. Und dort auch nicht irgendwo hin, sondern nach Sacramento. Von den Städten an der Westküste kannte er bisher nur San Francisco.
Die junge Frau neben dem Grauschopf belauerte Rachel. Das gefiel ihr nicht. Sie glaubte, genau zu wissen, was die andere nach Sacramento trieb. Sie hatte die Blonde sogar in Verdacht, ihre Dollars auf ähnliche Weise zu verdienen, wie sie selbst es getan hatte, bevor sie Eddy kennenlernte.
»Ich geb’ mal einen Tipp ab«, wandte der grauhaarige Gentleman sich an Eddy. »Sie sind nicht auf Gottes eigenem Kontinent geboren.« Er trug einen dieser modernen Hüte, die man Melonen nannte, und eine blauweiße Seidenweste unter einem schwarzen Frack. Die Soldaten wirkten unrasiert und schmutzig im Vergleich mit ihm.
»O doch«, verkündete Eddy. »Genau da bin ich geboren – in Gottes eigenem Kontinent! In Australien.« Der Gentleman grinste, die Antwort gefiel ihm offensichtlich.
»Jesus hilf«, sagte die dritte Frau in der Kutsche plötzlich, die Gattin des Offiziers. Schon die ganze Zeit betete sie leise vor sich hin, doch jetzt wurde sie laut und fummelte eine Tüte aus ihrer Handtasche. »Jesus hilf.« Rachel begriff, dass der Frau übel war und sie mit Brechreiz kämpfte.
»Kotz nach links, wenn du dich nicht mehr beherrschen kannst«, sagte ihr Mann, deutete auf den schlafenden Soldaten neben ihr und lachte laut. Die anderen Männer lachten ebenfalls. Sie wussten ja nicht, dass sie kaum noch zwei Stunden zu leben hatten.
Nur die Miene der Blonden blieb verschlossen und kühl. Verbissen hielt sie sich an ihrer Handtasche fest. Rachel fragte sich, ob der grauhaarige Gentleman ihr vorübergehender Liebhaber oder ihr Zuhälter war. Vermutlich beides.
»Und was treibt Sie über den Pazifik zu uns herüber?«, fragte der Grauschopf.
»In Australien hört man so allerhand vom Wilden Westen der schönen neuen Welt«, antwortete Eddy, »und da ich ein neugieriger Mann bin, wollte ich wissen, was dran ist an all den Gerüchten.«
»Ich mag neugierige Menschen«, sagte der Grauschopf, »aber ist das nicht ein verdammt weiter Weg, nur um seine Neugierde zu stillen?«
»Man lebt nur einmal, Sir«, erklärte Eddy und lächelte.
»Wie recht sie haben!« Der Grauschopf lachte.
»Mein Mann erzählt nur die halbe Wahrheit«, sagte Rachel. »Zum einen reist er bereits zum zweiten Mal Richtung Westküste, zum anderen ist er diesmal in die Vereinigten Staaten gekommen, weil ich es so will.«
»Stimmt«, sagte Eddy und mimte den Leidenden. »Meine Frau hat sich mal wieder durchgesetzt. Wir haben uns im vorigen Jahr an der Westküste kennen gelernt. Und dort, in San Francisco, will sie nun unbedingt leben.«
Dass sie sich im teuersten Nachtclub der Stadt begegnet waren, erzählte er nicht. Und dass er ein Hotel in San Francisco gekauft hatte, auch nicht.
»Gute Entscheidung.« Der Grauschopf nickte. »Die Wahrheit über dieses Land erfährt man sowieso nur von seinen Menschen. Und wenn man unter ihnen lebt. Sehr gute Entscheidung, Sir.«
Die Frau des Offiziers betete schon wieder laut. Und würgte mächtig. »Anhalten!«, rief die Blonde neben dem eleganten Grauschopf; ihr erstes Wort seit Saint Joseph. »Kutscher!« Sie beugte sich zum Kutschfenster hinaus. »Sie müssen anhalten, hier ist jemandem schlecht!«
»Deswegen muss er doch nicht gleich anhalten«, blaffte der Offizier. »Meine Frau kann doch zum Fenster hinauskotzen!«
Diesmal lachte niemand, und über ihnen rief der Kutscher bereits »Brrr!« Die Concord hielt an – zu spät: Die Frau des Offiziers übergab sich – und traf nicht ihre Papiertüte, sondern Kleid und Knie der Blonden.
Die verzog angewidert das Gesicht und fluchte. Der Offizier fluchte ebenfalls, und als der Kutscher die Bescherung sah, fluchte auch er. »Halbe Stunde Pause!«, knurrte er. »Und keine Minute länger!« Rachel griff nach ihrer Handtasche. Alle stiegen aus.
Während seine Frau bereits im Gras kniete und sich erneut übergab, streckte der Offizier Rachel seinen Arm entgegen, um ihr aus der Kutsche zu helfen.
Rachel Wilson, geb. Davenport, war Mitte zwanzig und von anmutiger, schlanker Gestalt. Sie hatte rotblondes Haar und grüne Augen. Nur, wer ihr aufmerksam ins schöne Gesicht sah, entdeckte den herben Zug um ihren großen Mund. Und ahnte dann vielleicht, dass sie dem Leben tiefer ins Auge gesehen hatte, als die meisten Frauen ihres Alters.
»Nett gemeint, Sir.« Kühl wies sie den Arm des Offiziers zurück. »Kümmern Sie sich lieber um Ihre Gattin.« Sie sprang aus der Kutsche und fasste nach Eddys Hand.
Der Conductor streckte sich zu einem Nickerchen auf dem Kutschdach aus. Der Kutscher schnappte sich ein paar Lumpen und einen Eimer und schlug die lederne Gepäckdecke von den Koffern, Taschen und dem Wasserfass. Aus dem Fass ließ er den Eimer halb volllaufen. Fluchend machte er sich danach an die Putzarbeit.
Die meisten anderen nutzten die Pause zum Essen, Rauchen, Trinken und Austreten. Rachel nutzte sie, um Eddy hinter sich her durchs hohe Präriegras und auf die nächste Hügelkuppe hinauf zu ziehen. Danach auf der anderen Seite noch vier Schritte hinunter, und dort küsste sie ihn.
»Eine halbe Stunde reicht uns, Darling«, flüsterte sie. »Hab ich recht?«
»Wie immer«, sagte Eddy. »Wir haben ja hinterher noch ein ganzes Leben lang Zeit für die Liebe.«
Rachel ließ ihre Handtasche fallen, streifte sich das Kleid von den Schultern und löste die Strumpfbänder von ihrem Mieder. Eddy zog das Jackett aus. Die goldene Uhrenkette verhakte sich in einem Jackenknopf und zog die Taschenuhr aus der Weste. Eddy stopfte sie zurück in die Westentasche und öffnete seine Hose.
Gemeinsam sanken sie ins hohe Gras.
***
Lassiter musste nicht eingreifen: Die Frau, kastanienrot und von unnahbarer Schönheit, schlug dem aufdringlichen Fransenmann auf die Finger. Danach musterte sie ihn kühl und sagte zwei, drei Worte. Jedenfalls bewegte sie die Lippen. Der Mann stand auf und zog wieder ab.
Er guckte irgendwie säuerlich. Die Cowboys an der Theke lachten ihn aus. Lassiter schlürfte seinen Kaffee.
»Habt ihr das gesehen?«, raunte ein junger, glattrasierter Bursche neben Lassiter seinen Kumpanen zu. »Die Lady dort am Tisch neben dem Piano hat Johnny abblitzen lassen.«
»Verflucht noch mal!« Einer der Cowboys pfiff durch die Zähne. »Ein Rasseweib! Und sie sitzt ganz allein am Tisch – das geht doch gar nicht!«
»Dann probier du dein Glück, Jack«, grinste der smarte Bursche neben Lassiter. Der Angesprochene strich sein Haar glatt, rückte seinen Hut zurecht und stelzte zu dem Tisch neben dem Piano. Lassiter fiel auf, dass er schon ein wenig schwankte. Die anderen beobachteten ihn feixend.
Der Salooner stellte den Hecht mit den wilden Kartoffeln auf die Theke. Der gebratene Fisch roch verteufelt gut. Lassiter zog sein Halstuch ab und machte sich über das Essen her.
Es war auf die Entfernung nicht zu verstehen, was dieser Jack am Tisch der schönen Lady so alles zu seinen Gunsten vorbrachte. Ihre Antwort allerdings war unschwer zu erraten – sie setzte eine abweisende Miene auf und schüttelte energisch den Kopf.
Mit hängenden Schultern kehrte der Cowboy zurück an die Theke. Seine Kumpane begrüßten ihn mit höhnischem Gelächter. Der große Bärtige am anderen Ende der Theke grinste.
Lassiter kaute ein großes Stück Fisch und betrachtete die Frau genauer. Sie war ganz in Dunkelblau gekleidet – dunkelblauer Hut, dunkelblaues Kleid, dunkelblaue Schnürstiefel.
Nur ihre Locken, die waren kastanienrot. Sie trug sie zu einem dicken Zopf zusammengebunden. Die Haut ihres Gesichtes und ihres Halses hob sich schneeweiß von dem Dunkelblau ihrer Kleidung ab. Die scharfgeschnittene Nase, der große Mund und die hochstehenden Backenknochen verrieten eine energische Persönlichkeit.
Lassiter schätzte, dass sie in seinem Alter war. Und er schätzte, dass es schon eine Weile her war, seit er eine derart edle Schönheit zu Gesicht bekommen hatte. Ob er sie ansprechen sollte? Warum nicht? Doch erst einmal kümmerte er sich um seinen Missourihecht.
»Mit Pferden und Rindviechern kennst du dich ziemlich gut aus, Jackie!« Feixend klopften die Cowboys dem gescheiterten Schürzenjäger auf die Schultern. Der spülte seinen Frust mit Whisky herunter. »Aber von Frauen hast du keine Ahnung!«
Der glattrasierte Jungfuchs stieß sich von der Theke ab. »Passt gut auf, damit ihr was lernt, Jungs.« Er rückte seinen Revolvergurt zurecht, schob den Knoten seines Halstuches gerade und drängte sich an Lassiter vorbei. »Ein echter Cowboy reitet nicht nur wilde Stuten ein. Das kapiert ihr doch, oder?«
Lassiter fand den Burschen unangenehm. Er ließ die Gabel fallen und hielt ihn am Oberarm fest. Der Mann fuhr herum. Sein Whiskyatem wehte Lassiter ins Gesicht. Angriffslust sprühte aus seinen wässrigen Augen. »Irgendwelche Probleme, Mister?« Er schielte auf Lassiters Hand an seinem Arm.
»Eigentlich nicht.« Lassiter griff in seine Jackentasche und knallte zwei Silberdollar auf den Tresen. »Allerdings wette ich, dass du genauso jämmerlich abblitzt wie deine beiden Kumpels.«
Für Augenblicke herrschte Totenstille rund um Lassiter. Unsicher musterte der Mann namens Hank seine Gefährten. Dann kehrte das Feixen auf seine glatten Züge zurück. »Die Wette gilt.« Aus seiner Westentasche fischte er zwei Silbermünzen und legte sie neben Lassiters Einsatz.
Lassiter gab ihn frei. Noch schwankender als der Erste, arbeitete Hank sich durch die Gäste zu dem Tisch neben dem Piano durch. Lassiter und die Cowboys beobachteten ihn gespannt. Der im Bärenfellmantel stützte die Ellenbogen auf die Theke und sein Kinn auf die Fäuste und spähte ebenfalls zum Tisch der Frau in Blau.
Hank pflanzte sich vor der kastanienroten Lady auf und deutete eine Verneigung an. Ohne sich um ihre ablehnenden Gesten zu kümmern, setzte er sich auf einen freien Stuhl neben sie.
Sie rückte von ihm ab. Er rückte hinterher. Das Spielchen wiederholte sich ein paar Mal. So lange, bis die Frau zwischen dem aufdringlichen Burschen und dem Piano eingeklemmt war und nicht mehr weiterrücken konnte.
Er redete auf sie ein, legte die Hand auf ihre Schulter, versuchte ihren schönen Hals zu streicheln. Die Frau wehrte ihn ab und sah sich hilfesuchend um. Niemand schien sie zu beachten. Die Männer hinter Lassiter lachten wiehernd.
»Attacke, Hank!«, grölte einer, »Gleich kannst du sie reiten, Hank!«, ein anderer.
Ermutigt durch die Anfeuerungsrufe der Cowboys ging der Bursche namens Hank zum Angriff über. Er packte die Lady bei den Schultern und zog sie zu sich. Sie stemmte ihre Fäuste gegen seine Brust, doch der junge Cowboy war stärker. Schließlich drückte er seinen Mund auf ihre Lippen.
Lassiter sah es und ließ seine Gabel fallen. Er schwang sich vom Barhocker und steuerte den Tisch neben dem Klavier an. Willig bildeten die Leute eine Gasse, denn schon die drohende, zielstrebige Art, wie der große Mann mit dem sandfarbenen Haar sich bewegte, flößte ihnen Respekt ein.
Der smarte Jungfuchs namens Hank und die elegante Frau waren nicht unbemerkt geblieben. Während er zu ihnen marschierte, registrierte Lassiter viele tuschelnd zusammengesteckte Köpfe im Saloon, einige ausgestreckte Zeigefinger und manch schadenfrohes Feixen. Die meisten Gäste jedoch taten, als würde sie das Spektakel neben dem Klavier nichts angehen.
»Lassen Sie mich los, Sie Grobian!«, rief die Frau. »Was fällt Ihnen ein!« Mit den Fäusten bearbeitete sie die Brust des smarten Cowboys. »Loslassen!«
»Wer wird sich denn so zieren, schöne Lady«, griente der junge Bursche namens Hank. »Du wärst ja die Erste, der das keinen Spaß macht.« An den Handgelenken riss er sie an sich und versuchte erneut, sie zu küssen.
Lassiter fiel die schwarze Handtasche an ihrer Stuhllehne auf, und er sah genau, wie sie ihre Rechte losriss und nach der Tasche tastete. Im nächsten Moment stand er breitbeinig am Tisch. Sein eiserner Griff schloss sich um den Oberarm des Jungfuchses.
»Bist du taub, Hank?« So heftig riss er den Burschen von der Frau weg, dass dieser taumelte und zu Boden stürzte. »Hast du nicht verstanden, dass die Lady in Ruhe gelassen werden will?«
Blitzschnell sprang Hank auf die Beine. »Dafür bezahlst du!«, zischte er und stürzte sich auf Lassiter.
***
Rachel streifte ihr Kleid ab und half Eddy aus Stiefeln und Hose. Dann streckte sie sich im Gras aus und hielt still. Eddy ließ sich mehr Zeit, als sie erwartet hatte. Einerseits gefiel ihr das, andererseits würde die Kutsche bald weiterfahren. »Komm schon, Darling, wir müssen uns beeilen.«
»Müssen wir das wirklich?« Eddy küsste ihre Augen, ihre Ohrläppchen, er streichelte ihre Schultern und ihren Rücken. »Sie werden schon nicht ohne uns weiterfahren.«
Mit den Fingern fuhr er ihr unter das Mieder und auf der bloßen Haut über ihre Schlüsselbeine bis zu ihrem Nacken. Eine Gänsehaut perlte Rachel über Rücken und Oberarme. Sie schloss die Augen und legte den Kopf auf die Schultern – und Eddy tat, was sie erhofft hatte: Er küsste erst ihren Hals und dann ihren Nacken.
Sie vergaß die Postkutsche, ließ ihn gewähren und genoss den warmen Schauer, der ihr durch die Glieder strömte. Seine Zunge kreiste zärtlich in ihrem Nacken und dann an der weichen Stelle unter ihrem Ohr. Das fühlte sich schön an, und Rachel seufzte behaglich.
Sie drückte sich fester an Eddy und bog den Kopf in den Nacken. Seine Lippen saugten sich an ihrem Hals fest, dort, wo sie besonders empfindliche Stellen hatte. O ja, Eddy machte es wunderbar.
Schon in San Francisco, eine Woche nachdem sie einander begegnet waren, hatte sie gemerkt, was für ein wundervoller Liebhaber er war. Und dann die Tage nach der Hochzeit auf dem Meer – Tage voller Lust und Glück waren das gewesen.
Etwas in seiner Wäsche fühlte sich mächtig hart an, sie spürte es an ihrem Unterbauch. Die harte Schwellung steigerte ihre Aufregung noch. Sie presste ihr Becken gegen sein steifes Glied unter dem Stoff und begann mit ihren Hüften zu kreisen und ihr Becken dagegen zu reiben.
Als hätte er nur auf ein Zeichen wie dieses gewartet, ließ Eddy seine Hände an ihren Armen auf ihre Taille herabgleiten. Kräftig griff er zu und das tat gut. Rachel seufzte tiefer und presste ihre Schenkel gegen seine.
Kreisend und reibend fuhren seine Hände zuerst über ihre Hüften und über die Außenseite ihrer Schenkel, dann wieder langsam nach oben bis zu den Ansätzen ihrer Brüste.
In Rachels Bauch schien etwas überzukochen, und die Hitze des Verlangens strömte ihr von dort bis in die Zehenspitzen hinunter und zu den Haarwurzeln hinauf. Ihre Brustwarzen schwollen jäh an und richteten sich unter dem Miederstoff auf. Wie im Tanz begann ihr Körper sich zu wiegen und zu biegen.
Eddy streifte ihr das Mieder von den Schultern, küsste ihren Busen und legte seine Hände darauf. Endlich! Rachel streckte sich im Gras aus und gab sich seinen Zärtlichkeiten hin. Eddys Lippen suchten ihren Mund. Gierig begrüßte Rachel seine Zunge.
Er streichelte ihre Twins, drückte sie und knetete sie dann auf eine Weise, die sie geradezu verrückt machte: Er umfasste ihre vollen Brüste an den Ansätzen, drückte sie ein wenig zusammen und knetete sich dann hinauf bis zu den Warzen, die er zwischen den Fingern rollte.
So hatte er es schon auf dem Dampfer wieder und wieder getan, und so liebte sie es. Sie stöhnte laut. Er spürte die feuchte Hitze zwischen ihren Beinen.
»Wie hart und groß sie sind«, flüsterte Eddy, beugte sich zu ihren Brüsten hinunter und peitschte die steifen Warzen mit der Zunge.
»Und wie hart und groß dein Prachtstück erst!« Rachel legte ihre Hand auf die Schwellung in seiner Wäsche. Eddy richtete sich ruckartig auf, und jetzt war er dran mit Seufzen. Ehe Rachel sich versah, zog er ihr das Mieder über den Kopf. Er drückte sie zurück ins Gras und wühlte seinen Mund zwischen ihre Brüste.
Wenn das Paradies, von dem ihr Vater so oft gesprochen hatte, nicht mindestens halb so schön war, wollte Rachel nichts davon wissen. Sie begann, Eddys Pint aus dem Stoff seiner Wäsche zu schälen.
Eddy biss auf ihre Brustwarzen – doch immer nur so fest, dass es gerade noch guttat – und streichelte ihren Bauch. Rachel presste ihre Schenkel zusammen, zwischen denen ein Feuer brannte.
Sie hob den Kopf, und wie durch einen feuchten Schleier hindurch sah sie, wie er sich küssend über ihren Bauch bis zu ihrem Schlüpfer hinunter arbeitete. Ihr großer weißer Busen hob und senkte sich rasch im Rhythmus ihrer schon fliegenden Atemzüge. Sie zog seinen Kopf gegen ihren Bauch.
Er bohrte seine Zunge in ihren Bauchnabel, küsste ihre Taille, zog ihr den Schlüpfer aus. Sie stöhnte und drückte seinen Kopf ihrem Venushügel entgegen.
Eddy küsste schon ihr Pelzchen und streichelte dabei die Innenseiten ihrer Schenkel bis zu den Kniekehlen hinunter. Er drehte sie auf die Seite, und plötzlich – Rachel war noch gar nicht darauf gefasst – fuhr sein Finger zwischen ihre Liebeslippen.
Sie wurde ganz steif, sog keuchend die Luft ein und hielt still. Beinahe andächtig spürte sie, wie er ihren Körper öffnete, spürte seinen Finger im Eingang ihres Schosses. Und dann erwischt er ihre pulsierende Liebesperle und ließ seinen Finger um sie kreisen.
Rachel hätte sterben mögen vor Lust. Sie spreizte die Schenkel. »Was tust du mit mir, Eddy?« Sie war verloren, kein Zweifel, und ihre Stimme war die einer Ertrinkenden.
»Dafür hast du mich doch von der Postkutsche weg hinter diesen Hügel gelotst«, raunte er.
Sie stieß ihr Becken seinem Finger ein paar Mal entgegen, und die Enttäuschung brannte in ihrem Schoß, als er plötzlich von ihr abließ. Doch er richtete sich nur auf im hohen Präriegras auf, um seine Wäsche abstreifen zu können. Dann drückte er ihre Schenkel weit auseinander.
Rachel fasste das harte wippende Ding zwischen seinen Schenkeln und zog es dorthin, wo sie es haben wollte. Auf den Knien rutschte er zwischen ihre Schenkel, packte ihre Hüften und hob ihr Becken ein wenig an. Dann stieß er mit einem tiefen Seufzer in sie hinein.
Er tat das so kräftig und fuhr so tief in sie, dass es fast ein bisschen wehtat, doch vor allem tat es unheimlich gut. Sofort begann Eddy, sie wild zu stoßen. Sie fürchtete schon, er würde explodieren, bevor sie auf ihre Kosten gekommen war.
Also umklammerte sie seine Hüften mit ihren Schenkeln, riss ihn um, drehte ihn auf den Rücken – und schon saß sie auf ihm. Sie begann auf ihm zu reiten. Auf diese Weise kam sie meist am schnellsten.
Eddys kraftvolle Stöße trieben sie noch ein Stück weiter zum Gipfel hinauf und schließlich zum Höhepunkt. Als sie schließlich glücklich seufzend über ihn sank, schlang sie Arme und Beine um ihn und hielt ihn fest, als wollte sie ihn nie wieder loslassen.
So lagen sie eine Zeitlang, reglos, gesättigt und völlig entspannt. Bis sie jenseits des Grashügels den Kutscher rufen hörten. »Wir fahren weiter!« Rachel löste sich aus Eddy Umarmung und tastete nach ihren Kleidern. »Schnell, Eddy, hilf mir mit dem Mieder.«
***
Der smarte Jungfuchs namens Hank schäumte vor Wut, holte zu einem rechten Haken aus und schlug zu. Geistesgegenwärtig duckte Lassiter sich unter dem Schlag hinweg. Hank schickte eine unglaublich schnelle Gerade hinterher, und Lassiter begriff, dass der junge Cowboy an diesem Abend nicht seinen ersten Faustkampf bestritt.
Mit der Linken lenkte er den Schlag knapp an seiner Schläfe vorbei und rammte im selben Moment seine Faust in die Leber des Burschen. Ächzend sackte Hank zusammen.
Noch im Fallen jedoch fuhr seine Hand zur Hüfte. Halb hatte er den Revolver schon aus dem Holster gezogen, doch dann hielt er plötzlich inne – am Boden liegend, starrte er an Lassiter vorbei, und sein Blick wurde seltsam glasig.
»Lassen Sie die Waffe stecken, Sie Flegel!« Eine rauchige Frauenstimme tönte hinter Lassiter. »Ich sage Ihnen: Lassen Sie die Waffe stecken, oder man wird Sie hier heraustragen müssen!«
Lassiter hatte längst gezogen, doch nicht abgedrückt, weil der Cowboy seine Waffe ja stecken gelassen hatte. Jetzt drehte er sich um. Die Frau zielte mit einer kleinen Derringer auf den lästigen Burschen.
Der Schreck fuhr Lassiter in die Knochen. Diese Lady schien tatsächlich zum ersten Mal in ihrem Leben über den Mississippi hinausgekommen zu sein. Eine einschüssige Pistole auf einen Revolvermann anzulegen, war ungefähr so ratsam, wie einen Büffel mit einem Rasiermesser abwehren zu wollen. Jeder im Westen wusste das. Er steckte seinen Remington lieber noch nicht weg.
»Vorsicht, Lassiter!« Die Stimme des Bärtigen mit dem Bärenfellmantel donnerte durch den Saloon. Lassiter fuhr herum. Zwischen Piano und Theke fielen Stühle um, klirrten Gläser, scharrten Tische, warfen sich Männer und Frauen auf die Holzdielen und hinter das umgekippte Mobiliar.
Nur der Salooner und zwei von Hanks Kumpanen standen noch: Jackie und der Langhaarige – die rissen ihre Revolver aus den Halftern und zielten auf Lassiter. Dem Salooner hinter der Theke rutschte vor Schrecken die frisch entkorkte Whiskyflasche aus den Fingern.
Schneller, als irgendjemand gucken konnte, drosch Lassiter mit dem Handballen über den Hahn seines Remingtons. Zwei Schüsse krachten. An der Theke stieß der Langhaarige einen Schmerzensschrei aus und griff sich an die Schulter. Jackie ließ seinen Revolver los, weil Lassiters Kugel auf dessen Trommel Funken schlug. Eine Whiskyflasche und zwei Waffen polterten auf die Dielen vor der Theke.
Der namens Jackie hob die Arme, dem anderen, dem langhaarigen Fransenmann namens Johnny, verzerrte der Schmerz das Gesicht. Fluchend fuhren beide herum und flüchteten durch eine Tür hinter der Theke. Der Salooner rannte schimpfend hinter ihnen her.
Der Große im Bärenfellmantel hatte sich inzwischen nach Hank gebückt. Erst schlug er ihm die Kugeln aus der Revolvertrommel, dann riss er ihn auf die Beine und stieß ihn Richtung Schwingtür. Hanks Gesicht glühte vor Wut. Oder vor Schamesröte? Lassiter war es gleichgültig.
Er wandte sich an die Frau in Blau. »Der Kerl könnte Ihnen auflauern, Ma’am. Warten Sie einen Moment, ja? Ich will noch in Ruhe aufessen, danach werde ich Sie nach Hause begleiten.«
»Danke, Mister. Doch ich komme schon zurecht.« Die Kastanienrote versenkte die Derringer in ihrer Tasche und kramte ein Portemonnaie heraus. »Passen Sie lieber auf sich selbst auf, Mister.«
Lassiter zog überrascht die Brauen hoch. Verblüfft sah er sie ein paar Münzen auf den Tisch werfen. Einmal noch schaute sie ihm in die Augen, dann drehte sie sich um und schritt durch die Gasse, die sich vor ihr bildete, zum Ausgang. Durch ihn verschwand sie in den Frühlingsabend von Saint Joseph.
Der Mann im Bärenfellmantel kam zurück. »Sie wohnt in einem Haus am Hafen«, sagte er. Seine Bassstimme klang heiser und nach entzündeten Stimmbändern. Doch wahrscheinlich hatten nur zu viel Whisky und Tabak sie schon viel zu lange gegerbt. »Ist gestern mit dem Mittagsdampfer gekommen, hat die Gräber ihres Vaters und ihres Bruders besucht.«
»Bist du der, mit dem ich hier verabredet bin?« Lassiter blickte dem Mann, der ihn mit Namen gerufen hatte, ins sonnenverbrannte Gesicht. Sein dichter Bart war noch fast schwarz und bedeckte Mund, Kinn und Hals. Graue Haarsträhnen hingen ihm ins Gesicht und bis über die Ohren. Der hellwache Blick seiner grauen Augen schien sich durch Lassiters Stirn bohren zu wollen.
»Rodney Hawkins, ich habe auf dich gewartet.« Der Bärtige reichte ihm die Hand. »Ich arbeite für die Wells, Fargo & Company.« Mit dem Daumen deutete er über die Schulter ans andere Ende des langgezogenen Schankraumes, wo im selben Augenblick die Familie eines Ranchers zwei Tische räumte. »Da wird was frei. Komm mit, Lassiter.«
Lassiter konnte selbst nicht sagen, warum Rodney ihm auf Anhieb gefiel. »An der Theke wartet ein halber gebratener Hecht auf mich. Wenn wir beide fertig sind, komme ich zu dir.« Der andere nickte und wandte sich ab.
Lassiter ging zurück zur Theke, strich die vier Silberdollar ein und widmete sich seinem Essen. Danach trank er seinen Whisky und seinen Kaffee aus. Die Cowboys musterten ihn mit einer Mischung aus Feindseligkeit und Respekt. Lassiter zahlte, nickte nach allen Seiten und ging zu Rodney. An jedem Tisch, an dem er vorbeikam, verstummten die Gespräche.
»Woher weißt du, dass die Frau Gräber Ihrer Angehörigen besucht hat?« Er setzte sich zu dem Mann von der Wells, Fargo & Company an den Tisch.
»Weil ich sie ihr gezeigt habe.«
»Du kennst die Frau also?«
»Mrs. Perkinson und ich sind verabredet gewesen – genau wie wir beide. Oder besser: Meine Firma und Mrs. Perkinson sind verabredet gewesen. Ich habe ihr übergeben, was noch übrig war vom Gepäck ihres Vaters und ihres Bruders. Und dann habe ich ihr die Gräber gezeigt. Ist ein Teil meines Auftrags.«
Der Salooner brachte eine Flasche Whisky und zwei frische Gläser. Rodney Hawkins schenkte ein. »Demnach sind Angehöriger dieser Frau bei einem Postkutschenüberfall ums Leben gekommen?«, fragte Lassiter.
»Richtig.« Sie stießen an. »Auf der Postkutschenstrecke nach Sacramento. Keine zwanzig Meilen von hier, übrigens.« Hawkins leerte sein Glas.
Lassiter nippte nur an seinem Whisky. »Ihr die Sachen übergeben und die Gräber zeigen – einen Teil deines Auftrages nanntest du das.« Der Bärtige nickte. »Und der andere Teil?«
»Der ist identisch mit deinem Auftrag. Die Postkutschenräuber finden. Zusammen mit dir, Lassiter. Du weißt sicher, wie oft dieses Mörderpack schon getötet hat.« Rodney Hawkins’ Miene verdüsterte sich. »Und der Überfall auf die Kutsche der Perkinsons wird nicht der letzte gewesen sein.«
»Kennt man die Bande inzwischen?« In den Unterlagen aus Washington hatte Lassiter noch gelesen, dass man nicht einmal einen Verdacht hatte, wer hinter den Überfällen steckte.
»Nein. Keine einzige Spur gibt es.« Hawkins zog seinen Bärenfellmantel aus und beugte sich über den Tisch. Er roch nach Whisky, Zigarrenrauch und altem Schweiß. »Es sind mindestens vier. Sie lassen keine Zeugen am Leben.«
***
Rachel steckte sich eine Zigarette in ihre silberne Zigarettenspitze. Eddy gab erst ihr Feuer, dann sich selbst. Auch seine Zigarettenspitze war aus Silber. Sein Bruder hatte ihnen die edlen Teile zur Hochzeit geschenkt.
Diesmal war es Eddy, der Rachel bei der Hand nahm und über die Hügelkuppe hinweg durch das hohe Gras und zurück zur Postkutsche zog. Der Kutscher machte sich am Gepäckschrank zu schaffen, der Conductor stand auf dem Kutschbock und winkte. Die vier Soldaten und die Offiziersgattin machten bereits Anstalten einzusteigen. Der grauhaarige Gentleman und die Blonde saßen schon in der Fahrgastkabine.
Eddy und Rachel schritten gemächlich und plaudernd durchs schulterhohe Präriegras. Die Kutsche würde schon nicht ohne sie losfahren. Rachel hielt ihre Handtasche fest und blickte noch einmal hinter sich, doch längst verdeckte die Hügelkuppe die Stelle, an der sie sich geliebt hatten. Prickelndes Glücksgefühl strömte durch ihren Körper. »Ich liebe dich, Eddy!«, rief sie.
»Und ich liebe dich, Rachel!«, antwortete er. Er blieb stehen und küsste sie auf die Wange. Noch vierzig Schritte höchstens trennten sie von der Kutsche und den anderen.
Wieder hörte Rachel den Adler schreien. Im Weitergehen legte sie den Kopf in den Nacken und blickte in den Himmel: Hoch über der Kutsche kreiste der Greifvogel im wolkenlosen Himmel; seine Silhouette wirkte so klein wie die eines Sperlings.
Ein unvertrautes Geräusch erfüllte plötzlich die Luft. Und war es nicht, als würde der Grasboden vibrieren? Eddy blieb stehen, seine Finger in Rachels Hand fühlten sich auf einmal steif an. Und dann erkannte sie das neue Geräusch: Hufschlag. Indianer?
Eisiger Schrecken durchzuckte sie. Schon explodierten die ersten Schüsse. Zwanzig Schritte entfernt sah Rachel den Offizier die Arme hochreißen und zusammenbrechen. Seine Frau stieß einen spitzen Schrei aus.
»Überfall!«, brüllte der Kutscher. Hinter der Concord kniete er unter dem Gepäckschrank im Gras. Aus einem Revolver feuerte er in die Richtung, in der die Kutsche Rachels Blick auf die Prärie versperrte. Ein Soldat machte Anstalten, in die Kutsche zu klettern und sein Gewehr zu holen, die anderen beiden schossen aus ihren Armeerevolvern in die Richtung, aus der die Concord gekommen war. Rachel entdeckte zwei Reiter, die in gestrecktem Galopp von dort heranjagten.
In der Fahrgastkabine blitzte Mündungsfeuer auf, ein Mann schrie. Wieder erleuchtete Mündungsfeuer die Kutschenfenster, wieder krachte ein Schuss aus dem Inneren der Kutsche. Der Soldat in der Kutschentür taumelte zurück und stürzte rücklings in Gras.
Nur einen Wimpernschlag lang erfasste Rachels Blick das Innere der Kutsche: Der grauhaarige Gentleman lag zuckend auf der Sitzbank, die Blonde hielt einen Revolver in der Faust und zielte auf einen der Soldaten, die vor der Kutsche standen.
Wie festgewachsen stand Rachel im hohen Gras, wie gelähmt fühlte sie sich vom Anblick der blonden Mörderin.
Der Conductor brüllte eine Warnung. Auf dem Kutschbock legte er sein Gewehr an und schoss über Rachel und Eddy hinweg zum Grashügel, von dem sie gerade gekommen waren.
Das Heulen der Gewehrkugeln machte Rachel hellwach. Sie fuhr herum und sah zwei Reiter, die in gestrecktem Galopp durch das hohe Gras heranpreschen. Einer trug einen sehr großen und sehr hellen Hut, und für einen Augenblick glitzerte etwas an seinem Ohr, als hätte ein Querschläger seinen Kopf getroffen und würde Funken schlagen. Beide Reiter hielten die Zügel ihrer Tiere zwischen die Zähne geklemmt und feuerten aus Gewehren.
Geistesgegenwärtig ließ Rachel sich fallen und riss Eddy mit sich hinunter ins Gras. Seine Hand war jetzt kalt und feucht. Sie hörte seinen Atem fliegen, blickte ihm ins Gesicht: Todesangst flirrte in seinem Blick. Der trommelnde Herzschlag in ihren Schläfen machte ihr klar, dass sie vermutlich genauso verstört aussah, wie ihr Mann.
»Banditen«, keuchte Eddy, »sie greifen die Kutsche von drei Seiten an.« Er hatte längst seinen Revolver gezogen, den Rachel ihm in Baltimore geschenkt hatte. Mit ihm deutete er nach Südwesten in die geplante Fahrtrichtung der Concord, denn von dort hatten sie keine Angreifer heranpreschen sehen.
Auf den Knien und Seite an Seite robbten sie seitwärts vom Fahrweg weg nach Südwesten. Sie steckten die Zigarettenspitzen ein. Rachel spähte zu den Spitzen der Grashalme hinauf. Was, wenn die Banditen deren Bewegungen bemerkten?
»Schneller«, drängte Eddy. Sie krochen am Grashügel vorbei, hinter dem sie sich geliebt hatten. Der Schusslärm entfernte sich nach und nach, und weil kein Hufschlag einen Verfolger ankündigte, richtete Eddy sich auf und spähte hinter sich. »Sie haben uns nicht bemerkt.« Er griff nach Rachels Hand und deutete zum nächsten Hügel. »Dorthin.«
Sie rannten los. Tatsächlich schafften sie es auch hinter den nächsten Hügel und warfen sich dort ins Gras. Doch plötzlich donnerte Hufschlag ganz in der Nähe heran. Rachel spürte die Erde beben. »Einer galoppiert den Hügel herunter«, flüsterte Eddy. Er war aschfahl.
Rachel wühlte einen kleinen, kurzläufigen Revolver aus ihrer Handtasche, einen.38er von Merwin & Hulbert. Ihr jüngerer Bruder Billy hatte ihr den geschenkt; damals, als sie bei Nacht und Nebel aus dem Haus des bigotten und überstrengen Vaters geflohen war. Fast drei Jahre her inzwischen. Sie spannte den Hahn.
Beide lauschten sie dem Hufschlag. »Er ist ganz nah«, flüsterte Eddy, »zum Glück nur einer. Wir müssen kämpfen.« Einen Atemzug lang verharrte er reglos, dann riss er sie an sich. »Was immer geschieht, Darling – tu, was ich dir sage: Rette dich!«
»Wenn wir sterben müssen, sterben wir zusammen!« Sie klammerte sich an ihm fest.
»Ich sage: Rette dich!«, zischte er. Flehend schaute er sie an. »Du könntest schwanger sein!« Ein Schatten fiel auf sie, Eddy sprang auf, ein Schuss krachte. Und gleich darauf ein zweiter.
Eddy knickte in den Knien ein und stöhnte. Rachel stockte der Atem. Sie packte den kleinen Revolver mit beiden Händen und schnellte hoch. Über ihr krümmte ein blonder Reiter sich im Sattel – Eddy hatte ihn im Bauch getroffen. Rachel zielte auf seinen Kopf und drückte ab.
Der Mann kippte sehr langsam vom Pferderücken. Dumpf schlug sein schwerer Körper auf der anderen Seite seines Tieres im Gras auf. Rachel bückte sich nach Eddy, der hielt sich mit beiden Händen den Hals fest. Blut quoll zwischen seinen Fingern heraus.
»Steh auf, Eddy!« Sie half ihm auf die Beine, dirigierte ihn zum Pferd und stieg in den Sattel. Von dort aus streckte sie den Arm nach ihrem Mann aus und half ihm hinter sich auf das Pferd. »Halt dich fest!«, schrie sie und hieb dem Tier ihre Stiefelabsätze in die Flanken. Das Pferd preschte ins Grasland hinein nach Südwesten.
Ein letzter Blick zurück zur Postkutsche – Mündungsfeuer blitzte dort auf und mindestens fünf Reiter jagten in gestrecktem Galopp um die Kutsche. Sie nahmen deren letzte Verteidiger unter Dauerfeuer.
Von hinten schlang Eddy seine Arme um Rachel und hielt sich an ihr fest. Unablässig trieb Rachel das Pferd an. Sie spürte die warme Feuchtigkeit, die ihr in den Nacken und in den Kleiderstoff über ihrer rechten Schulter sickerte – Eddys Blut!