Lassiter Sonder-Edition 3 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sonder-Edition 3 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Aus den Augenwinkeln heraus nahm er den flüchtigen braunen Schatten wahr und blieb still auf dem Boden liegen. Jetzt sah er die anderen drei kommen. Sie stocherten kurz in seinem Lagerfeuer herum, dann durchsuchten sie rasch und geräuschlos seine Ausrüstung. Anschließend teilten sie sich die Reste des Hasen. Dann machten sie sich daran, ihn zu suchen.
Ihre Füße steckten in Mokassins und verursachten keinen Laut. Die Indianer trennten sich. Zwei suchten zwischen den Felsen. Der berittene Indianer trabte auf dem Weg zurück, den er eben gekommen war. Der vierte Indianer kam auf Lassiter zu. Ein Messer blitzte in seiner Hand.


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Seitenzahl: 196

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

20.000 DOLLAR FÜR LASSITERS KOPF

II

III

IV

V

VI

VII

VIII

IX

X

XI

XII

XIII

XIV

XV

XVI

Vorschau

Impressum

Liebe Lassiter-Fans!

1970, vor nunmehr 52 Jahren, kam LASSITER nach Deutschland! Die ersten Taschenbücher waren Übersetzungen aus dem Amerikanischen, bevor deutsche Autoren übernahmen und die Abenteuer des »großen Mannes« fortführten. Zwei Jahre später startete die Romanheft-Serie, die es inzwischen auf über 2600 Bände gebracht hat, während die Taschenbücher 1996 mit Nr. 282 ausliefen.

Viele Fans fragen sich schon lange, wie damals alles begann, wie Lassiter vom Frachtunternehmer zum Outlaw und dann zum Agenten der Brigade Sieben wurde. Diese Abenteuer schildert nun die Neuauflage der Taschenbücher als LASSITER SONDER-EDITION, erstmals ungekürzt auf 80 Seiten im Heftformat. Ein MUSS für alle LASSITER-Fans!

Ihre LASSITER-Redaktion

20.000 DOLLAR FÜR LASSITERS KOPF

von Jack Slade

Aus den Augenwinkeln heraus nahm er den flüchtigen braunen Schatten wahr und blieb still auf dem Boden liegen. Jetzt sah er die anderen drei kommen. Sie stocherten kurz in seinem Lagerfeuer herum, dann durchsuchten sie rasch und geräuschlos seine Ausrüstung. Anschließend teilten sie sich die Reste des Hasen. Dann machten sie sich daran, ihn zu suchen.

Ihre Füße steckten in Mokassins und verursachten keinen Laut. Die Indianer trennten sich. Zwei suchten zwischen den Felsen. Der berittene Indianer tr‍a‍b‍te auf dem Weg zurück, den er eben gekommen war. Der vierte Indianer kam auf Lassiter zu. Ein Messer blitzte in seiner Hand.

Dieser Roman erschien erstmals im Jahr 1970 als Lassiter-Taschenbuch Nr. 3 als Übersetzung aus dem Amerikanischen. Originaltitel: The Man From Yuma

Lassiter stellte sich schlafend. Er rührte sich nicht, bis der Indianer den Arm zum tödlichen Stoß erhob. Dann krümmte er sich blitzschnell zusammen. Seine Stiefelspitze erwischte die Rothaut am Hals. Sehr hart. Der Tritt lähmte die Stimmbänder des Indianers. Lassiter packte das rotbraune Handgelenk mit beiden Fäusten. Ein kurzer Ruck. Das Schultergelenk war ausgekugelt. Der Indianer stürzte auf ihn. Lassiter griff nach dem Messer, das dem Indianer aus der Hand gefallen war. Er packte mit einer Hand das glatte fettige Haar der Rothaut, riss deren Kopf in den Nacken und stach zu.

Das alles hatte sich fast geräuschlos abgespielt.

Lassiter zog die Stiefel aus und huschte auf Socken zwischen die Felsen. Den zweiten Indianer erwischte er von hinten und tötete ihn, bevor der andere überhaupt begriff, dass sich das von ihm gesuchte Opfer hinter ihm befand.

Der dritte Indianer sah ihn. Lassiter musste den Colt benutzen. Als er aus den Felsen zurückkam, waren der vierte Indianer und das Pferd verschwunden. Lassiter rührte das durchwühlte Lager nicht an. Er fand eine waagerechte Felsspalte. Der Wind hatte Sand in die flache Bodenvertiefung geweht. Lassiter stocherte mit dem Gewehr darin herum, um sich davon zu vergewissern, dass sich keine Schlangen darin verkrochen hatten. Dann schob er sich auf dem Bauch, die Füße voran, in die Spalte. Er lag im Schatten. Die Felsdecke befand sich nur knapp zehn Zentimeter über seinen Hüften. Sie reichte gerade bis zu seinem Kopf. Lassiter konnte das Lager beobachten. Er wartete auf die Rückkehr des vierten Apachen. Der Apache würde sich bestimmt die Ausrüstung holen wollen. Und Lassiters Skalp.

Der Indianer war vorsichtig. Er wollte keinerlei Risiko eingehen. Es war bereits Nacht, als ein Schatten über den Boden huschte und sich dem Sattel näherte. Ein unsicheres Ziel. Lassiter wand sich aus der Felsspalte, robbte den Hang hinab, schob das Gewehr vor sich her, den Zeigefinger ständig am Abzug, bereit, jeden Augenblick abzudrücken.

Die Metallbeschläge seines Waffengurtes klirrten auf einem Stein.

Der Apache hörte es. Er wälzte sich blitzschnell in die Deckung der Büsche am Rande der kleinen Lichtung. Er bot noch immer kein gutes Ziel.

Lassiter sprang auf die Beine und hetzte in langen Sprüngen auf den sich bewegenden Schatten zu. Er holte die braune Gestalt ein, als diese sich gerade kurz vor dem Gebüsch aufrichten wollte. Lassiter warf das Gewehr weg, riss den Colt aus dem Holster und schlug zu. Ein Schuss hätte ihn durch das Mündungsfeuer geblendet.

Der Kampf war sehr kurz. Ein Schlag mit dem schweren Revolverlauf schickte den Indianer ins Jenseits. Lassiter richtete sich fluchend auf. Der Indianer hatte ein Messer benutzt. In Lassiters neuem Hemd klaffte auf der Brust ein langer Schnitt.

Dann dachte er an die Pferde; an sein eigenes und an die Ponys der Indianer. Die Rothäute mussten ihre Tiere irgendwo in der Nähe angebunden haben. Er würde nicht in der Dunkelheit nach den Pferden suchen.

Er ging zum erloschenen Lagerfeuer, suchte nach seiner Wasserflasche und hob sie vom Boden auf. Er hatte den ganzen Tag keinen Schluck getrunken. Die Flasche war fast leer. Die Indianer mussten also durstig gewesen sein. Das bedeutete, dass es im Umkreis von vielen Meilen wahrscheinlich keine Quelle gab. Lassiter spülte sich nur den Mund aus und nahm die Wasserflasche mit. Er suchte sich einen anderen Lagerplatz, um den Tag abzuwarten.

Lassiter hatte einen sehr leichten Schlaf. Seine Ohren waren es gewöhnt, die leisen Geräusche, die von Tieren während der Nacht verursacht wurden, genau zu unterscheiden. Jeder fremde, ungewohnte Laut würde ihn sofort wecken.

Der erste Schrei überraschte ihn nicht. Eine Bergkatze auf der Jagd. Der zweite Schrei dagegen brachte ihn augenblicklich auf die Beine. Er langte nach seinem Gewehr und rannte los. Es war nicht weit. Ein Pferd schrie vor Angst und Schmerz. Außerdem waren Hufschläge zu hören. Von unbeschlagenen Ponys.

Die Sterne am Nachthimmel verblassten bereits. Es war zwar noch nicht hell, aber Lassiter konnte doch schon Umrisse unterscheiden und Zusammenstöße vermeiden. Plötzlich blieb er abrupt stehen. Er hatte die Stelle gefunden, wo das Pferd auf dem Boden lag und noch schwach mit den Hufen in der Luft herumwirbelte. Es waren nur noch Reflexbewegungen. Die große Raubkatze hing am Hals des Pferdes und fetzte Fleischstücke heraus. Als sie den Mann witterte und näher kommen sah, duckte sie sich, legte die Ohren an, dann sprang sie auf und verschwand mit einem Riesensatz wie ein schattenhafter Strich.

Lassiter wartete, bis es noch etwas heller geworden war. Dann sah er sich aufmerksam um. Hinter seinem toten Pferd fand er die Stelle, wo die Ponys angebunden gewesen waren. Ihre unbeschlagenen Hufe hatten den Boden zertrampelt. Es dürfte für die Tiere gar nicht so leicht gewesen sein, sich loszureißen und vor der Raubkatze die Flucht zu ergreifen. Jedenfalls waren sie jetzt weg. Lassiter könnte ihren Spuren folgen, aber viel versprach er sich davon nicht. In ihrer Angst waren die Ponys bestimmt meilenweit davongehetzt.

Der heraufziehende Tag würde bald wieder eine Temperatur von weit über vierzig Grad im Schatten bringen. Es wäre also das Dümmste, was Lassiter tun könnte, wenn er sich bei solcher Hitze auf die Suche nach den Pferden oder nach einer Wasserquelle machen würde. Wahrscheinlich würde er beides nicht finden. Jetzt galt es, die Kräfte zu schonen und sich auf ein Ziel zu konzentrieren, das wirklichen Nutzen versprach.

Der Colorado River lag westlich von ihm. Zu Fuß bestimmt drei Tage bis dorthin.

Lassiter ging zurück, band die sehr leichte Wasserflasche an den Gurt, rollte seine Decke zusammen, schlang sie über die Schulter, hängte das Gewehr über die andere und marschierte nach Westen.

Während der noch relativ kühlen Morgenstunden wanderte er mit langen Schritten dahin und legte eine gute Strecke zurück. Der Weg führte über flache, sandige Hügel. Dazwischen gab es gelegentlich kahles, nacktes Lavagestein. Gegen Mittag machte er im Schatten eines großen Felsens halt, streckte sich auf dem Boden aus und schlief bis Sonnenuntergang. Nachdem er sich äußerst sparsam den Mund ausgespült hatte, setzte er seinen Marsch fort.

Lassiter brauchte noch einen Tag und eine Nacht, bevor er endlich den Fluss zu Gesicht bekam. Die Sonne war bereits untergegangen, als er das Ufer erreichte.

Lassiter war nicht sonderlich überrascht gewesen, als er bereits vom letzten, noch weit vom Fluss entfernten Berggrat aus das Dampfboot entdeckt hatte. Eine Menge Schiffe und Boote aller Art benutzten den Fluss als Verkehrsverbindung zwischen dem Golf und den Städten Hardyville, Ehrenberg und den nördlichen Ansiedlungen und Armeeposten. Sie brachten Ladungen von den Ozeanfrachtern ins Inland und transportierten rohes Erz zurück. Die meisten hatten nur ein einziges Deck, einen Heizraum und einen Frachtschuppen.

Dieses Dampfboot hier war etwas eleganter. Es konnte mit einem Kabinendeck aufwarten. Lassiter entdeckte mehr Leute an Bord und am gegenüberliegenden Ufer, als er vor drei Wochen in der Stadt Tucson gesehen hatte.

Er winkte nicht; die Schiffsleute waren viel zu beschäftigt und hätten es sowieso nicht bemerkt. Er rief auch nicht; man hätte ihn ohnehin nicht gehört. Das Boot war zwar nicht viel weiter als zehn Meter von ihm entfernt, aber die Dampfmaschine zischte, der Kolben hämmerte, das Schaufelrad rauschte und wühlte das schlammige Wasser auf. Eine scharfe Kommandostimme war zu hören. Der Kapitän gab Befehle.

Lassiter breitete seine Decke auf dem Boden aus, legte Gewehr und Waffengurt darauf, dann watete er ins Wasser. Er ließ sich unter die Oberfläche sinken und steckte die Nase nur heraus, wenn er Luft holen musste. Etwa zehn Minuten lang blieb er im Wasser liegen. Ab und zu nahm er vorsichtig einen kleinen Schluck. Er spürte, wie sein Körper beinahe wie ein Schwamm reagierte und sich voll Wasser sog. Sein Fleisch schien anzuschwellen und die Haut wieder richtig auszufüllen.

Schließlich kehrte er ans Ufer zu seiner Decke zurück und schnallte den Waffengurt wieder um. Dann beobachtete er, wie die Schiffsbesatzung sich bemühte, das Dampfboot von der Sandbank, auf die es aufgelaufen war, wieder flottzubekommen. Man hatte zwei Heckleinen um zwei dicke Cottonwood-Bäume am Ufer geschlungen und versuchte nun, mit Hilfe der Winde das Boot von der Sandbank zu ziehen. Die gesamte Besatzung und viele der Passagiere befanden sich im Wasser. Sie zerrten an einer Ankertrosse, die am Bug befestigt war. Eine andere Abteilung hatte sich am Schiffsrumpf verteilt und stemmte die Schultern gegen die rauen Planken.

Lassiter entdeckte den Kapitän. Blaue Jacke, Messingknöpfe, Schirmmütze. Er sah durchs Vorderfenster des Ruderhauses und hielt ein Megaphon vor den Mund. Seine Bullenstimme übertönte den übrigen Lärm.

»Noch einmal... eins... zwei... drei... hau ruck!«

Die Winde knarrte. Die Männer stemmten sich gegen die Ankertrosse. Die Mannschaft seitlich vom Schiffsrumpf wuchtete die Schultern gegen die schweren Planken. Der Kolben dröhnte. Das Dampfboot rührte sich nicht vom Fleck.

Die Leute gingen sehr methodisch und in gleichem Rhythmus zu Werke, um den flachen Kiel aus dem Sand zu zerren oder zu schieben.

»Eins... zwei... drei... hau ruck!«

Lassiter vermeinte eine schwache Schiffsbewegung zu erkennen. Er watete erneut ins Wasser, warf seinen Waffengurt, den er unterwegs abgeschnallt hatte, auf das untere Deck und nahm zwischen einem riesigen, kahlköpfigen Schwarzen, dessen Schultermuskeln wie das Wurzelwerk einer Sumpfzypresse in den Stiernacken mündeten, und einem stämmigen Rotschopf Aufstellung, um seine Schulter ebenfalls gegen den Schiffsrumpf zu stemmen.

Wieder geriet das Dampfboot leicht, kaum wahrnehmbar in Bewegung. Das Heck drehte sich leicht in die Richtung der beiden Cottonwood-Bäume, mit denen es durch die dicken Taue verbunden war. Das Schaufelrad drehte sich ächzend und platschend im Wasser.

»Also los, ihr Bastarde!«, schrie der Kapitän durchs Megaphon. »Noch einmal! Legt euch gehörig ins Zeug! Eins... zwei...«

Der rothaarige Mann neben Lassiter richtete sich auf.

»Der verdammte Kasten sitzt fest!«, grollte er. »So wird er bestimmt nicht freikommen, sondern sich allenfalls noch tiefer in den Sand hineinwühlen. Den ganzen Tag schuften wir schon wie die Irren, und das Ding hat sich noch keinen halben Meter vom Fleck gerührt!«

Lassiter sah den anderen an.

»Wie lange arbeitet ihr denn schon?«

»Seit Mitternacht.«

»Um diese Jahreszeit ist der Wasserstand doch sehr niedrig. Hat der Kapitän etwa versucht, das Boot bei Nacht über diese seichte Strecke hier zu bringen?«

»Der aufgeblasene Gockel! Wie ein eitler Pfau ist er vor den weiblichen Passagieren herumstolziert, um ihnen zu imponieren. Zum Teufel mit ihm samt seinem lausigen Kahn! Mir reicht's. Ich hab' die Schnauze voll. Meinetwegen kann der Kasten bis zum Jüngsten Tag hier steckenbleiben!«

»Dann wirst du aber einen verdammt langen und heißen Weg vor dir haben.«

»Bis nach Ehrenburg ist's nur ein halber Tag. Dort bekomme ich bestimmt 'ne andere Heuer.«

Sprach's, machte kehrt und stapfte durchs Wasser ans Ufer.

Lassiter beobachtete aus den Augenwinkeln heraus, wie der Rotschopf das Gewehr von der Decke nahm und damit zwischen den Weiden verschwand. Er ließ ihn gehen. Im Moment wollte er keinerlei Aufmerksamkeit auf sich lenken.

Kurz bevor es endgültig dunkel wurde, hatten die Bemühungen endlich Erfolg. Das ständige Rucken und Schütteln zahlte sich aus. Das Dampfboot kam langsam, sehr langsam ins Gleiten. Ein kleines Stückchen. Noch ein Stück. Dann fasste das große Schaufelrad richtig ins Wasser und zog das Boot endgültig von der Sandbank. Das geschah so plötzlich, dass Lassiter wie die meisten anderen den Halt verlor und ins Wasser stürzte.

Die Mannschaft am Ufer band die dicken Taue von den Baumstämmen los, rannte ins Wasser und kam an Bord. Hilfreiche Hände streckten sich ihnen entgegen und zogen die erschöpften Männer hinauf.

Lassiter verschwand unbemerkt unter den vielen Leuten, die nun ebenfalls wieder an Bord kletterten.

II

Er sah die Frau auf dem schmalen Kabinendeck. Sie lehnte sich etwas vor, hatte einen Ellbogen auf die Teak-Reling gestemmt und das Kinn in die Hand gestützt. Sie beobachtete das lebhafte Treiben unten auf der Sandbank. Diese Frau stach von den anderen, die um sie herumstanden, beachtlich ab. Groß, schwarzhaarig, in dunkelrotem Kleid.

Da waren noch andere Frauen. Überwiegend Offiziersfrauen, die einmal Urlaub machten, um für einige Zeit dem eintönigen Leben in den Forts zu entfliehen. Die meisten wollten wohl nach San Francisco, um dort einzukaufen. Fast alle waren von Sonne, Wind und unzähligen untätigen Stunden hinter den Palisaden gekennzeichnet. Es gab auch noch andere Frauen. Frauen von Ranchern oder Minenarbeitern. Sonnenverbrannt und im mörderischen Klima vorzeitig gealtert. In einiger Entfernung stand eine Gruppe von Schiffsmädchen – viel zu grell geschminkt und gepudert, auffällig herausgeputzt mit billiger, spitzen- und rüschenbesetzter Kleidung. Diese Mädchen wiesen einen merklich blasseren Teint auf; sie verbrachten ihre Zeit nicht in der Sonne, sondern im Saloon des Dampfbootes, um die männlichen Reisenden zu unterhalten.

Lassiter hatte dieser einzige Blick genügt, um ihn erkennen zu lassen, dass die große, schwarzhaarige Frau im dunkelroten Kleid zu keiner dieser Gruppen gehörte. Ihre Haut wirkte selbst auf diese Entfernung samtweich; ihr Gesicht war von klassischem Schnitt und zeigte einen sehr kühlen, abweisenden Ausdruck. Das Kleid war von modischer Eleganz und bestimmt sehr teuer gewesen. Der Blick aus den großen dunklen Augen ruhte einen Moment auf Lassiters Gesicht und wanderte dann sofort weiter.

Lassiter wurde wie die anderen an Bord gehievt und schob sich ohne sonderliche Eile durch die Menge zu der Stelle hinüber, wo sein Waffengurt lag. Er hob ihn auf und schnallte ihn um, dann hielt er Ausschau nach den Mannschaftsquartieren.

Die beiden schwarzen Schornsteine ragten aus dem vorderen Heizraum auf. Das Kabinendeck befand sich über dem Heizraum und erstreckte sich über eine Querpassage bis zum Lagerschuppen, der den gesamten Heckbereich einnahm. Auf der anderen Seite gab es einen schmalen, langen Raum. Dies dürfte wohl die Mannschaftsunterkunft sein, überlegte Lassiter. Er ging auf eine Tür zu, die zur Querpassage führte, die unter und hinter der Kajütentreppe lag.

Lassiter sah die beiden grünen Metallkästen an der Wand neben der Tür, noch bevor er die Treppe erreicht hatte. Wells-Fargo-Geldkisten... vertraut wie liebe alte Freunde. Lassiter war ihnen schon überall in den westlichen Staaten begegnet – in Zügen und Kutschen.

Lassiter ging ohne Zögern weiter.

Ein kleiner Mann saß auf den Kisten. Er lehnte mit dem Rücken an der Wand und rauchte eine Zigarre. Trotz des warmen Wetters trug er einen dunklen Wollanzug und einen harten flachkronigen Derbyhut, dessen Krempe an den Seiten aufgestülpt war.

Achatharte Augen beobachteten Lassiter und musterten ihn abschätzend – die tropfnasse, dreckverschmierte Kleidung, die Waffen, den Stoppelbart. Der Blick des kleinen Mannes schien Lassiter auszuziehen.

Die Absicht war offensichtlich: Spezialagent von Wells Fargo auf Wache. Der Mann benutzte den Ruf der Express-Gesellschaft, um jeden hier an Bord zu warnen, an diesen beiden Kisten lieber kein allzu lebhaftes Interesse zu verraten.

Lassiter ging an ihm vorbei, ohne anzuhalten, öffnete die Tür, betrat den Mannschaftsraum und zog die Tür hinter sich wieder zu.

Der Raum war leer. Die Besatzungsmitglieder waren allesamt damit beschäftigt, das Dampfboot wieder in Fahrt zu bringen. Es gab nicht die sonst üblichen Hängematten, sondern Pritschen. Unter jeder von ihnen stand eine Seekiste.

Lassiter warf seinen Waffengurt auf eine der Pritschen, setzte sich und zog die Stiefel aus. Sie klebten vor Schmutz und Schlamm an den Beinen. Dann zog er das Hemd über den Kopf und benutzte es dazu, die Stiefel innen und außen abzureiben. Schließlich streifte er auch noch die klatschnasse Hose ab und stand splitternackt da.

Es gab eine Waschbank. Das Wasser im Eimer war lauwarm. Lassiter füllte eine Waschschüssel und reinigte seinen Körper von Indianerblut, Schweiß und Wüstenstaub. Ganz besonders sorgfältig behandelte er seine Füße. Das tat er immer, und während der letzten Tage waren sie hart genug strapaziert worden.

Er ließ sich von der heißen Luft im Raum trocknen und untersuchte dabei eine Seekiste nach der anderen. Er probierte drei Hosen an, bevor er endlich eine fand, die annähernd passte. Hose, ein weißes Hemd und Socken legte er auf die Pritsche neben der Waschbank. Er goss das benutzte Wasser in den Spüleimer, füllte die Schüssel mit frischem Wasser, nahm ein Rasiermesser vom Wandbrett über der Bank und probierte die Schärfe der Schneide an einem ausgerissenen Haar aus. Das Ding war stumpf. Er suchte sich ein anderes aus, dann ein drittes. Kein einziges Messer war scharf genug. Er schärfte das letzte am Lederriemen, der von einem Haken in der Wand herabhing.

Beim Rasieren achtete er darauf, die durch den Sonnenbrand unter den verfilzten Bartstoppeln verursachten Blasen nicht aufzuschneiden.

Hinter ihm wurde die Tür aufgestoßen. Im Spiegelscherben an der Wand unter dem Bullauge sah er einen großen Mann hereinkommen. Breites Gesicht, blonder Haarschopf und hellblaue Augen.

Lassiter hielt den Mann für einen Schweden.

Der ungemein kräftig gebaute Mann kam näher, blieb neben Lassiter stehen und sah von der splitternackten Gestalt zu den Sachen auf der Waschbank. Überrascht, aber auch sichtlich verärgert rief er: »He... das sind doch meine Sachen!« Er schnappte sich das Hemd.

Lassiter rasierte gerade die Oberlippe, aber seine Worte waren laut, klar und deutlich zu verstehen.

»Ich werde sie dir abkaufen.«

»Den Teufel wirst du!«, explodierte der Schwede. Wütend griff er nach der Hose.

Lassiter legte langsam das Rasiermesser aus der Hand, drehte sich um, holte kurz aus und knallte dem anderen eine Faust direkt unter das linke Ohr.

Der Mann ging wie ein gefällter Baumstamm zu Boden.

Lassiter hob ihn auf und trug ihn durch die Tür. Auf dem Gang ließ er ihn einfach fallen. Der Schwede landete genau zu Füßen des Wells-Fargo-Agenten auf den beiden Geldkisten. Der Mann riss Mund und Augen auf. Weniger wegen des bewusstlosen Schweden, sondern wegen der nackten Gestalt. Lassiter machte kehrt, ging in die Mannschaftsunterkunft zurück und schlug die Tür hinter sich zu.

Als er sich fertig rasiert hatte, lieh er sich einen Kamm auf dem Bord aus und bearbeitete damit sein langes Haar. Anschließend schnallte er seinen Geldgurt um, nahm ein paar Münzen heraus und zog die Sachen des Schweden an. Am Schluss schlüpfte er in seine nassen Stiefel. Er schob die losen Münzen in die Hosentasche und betrachtete zögernd seine Waffen. Nach kurzem Überlegen schnallte er auch den Waffengurt um und ging hinaus.

Der Wells-Fargo-Mann beugte sich über den Schweden. Als er die Tür klappen hörte, richtete er sich hastig auf. Sein Gesicht war vor Wut dunkelrot angelaufen. Er öffnete den Mund und wollte etwas sagen, doch als sein Blick auf die beiden Waffen in den Holstern fiel, klappte er den Mund rasch wieder zu.

Lassiter blieb vor ihm stehen, nahm ein Zwanzig-Dollar-Goldstück aus der Tasche und ließ es auf die breite Brust des Schweden fallen, dann ging er auf die Kajütstreppe zu. Zwischen den Stufen hindurch konnte er die beiden Geldkisten sehen. Wenn man ihnen eigens einen Wachmann mitgab, dann dürfte sich verdammt viel Geld darin befinden, überlegte Lassiter.

Er stieg an Deck. Es gab nur wenig Platz zwischen der Teak-Reling, der Staatskabine und den Wohnkabinen. Es herrschte lebhafter Betrieb. Die Passagiere waren wieder guter Laune und beobachteten zufrieden, wie das Dampfboot in der Flussmitte weiterfuhr.

Lassiters Blick fand die Frau im dunkelroten Kleid, aber jetzt unterhielt sie sich mit einem hochgewachsenen, dunkelhaarigen Mann, der dicht neben ihr stand. Lassiter studierte das Paar sehr aufmerksam und stellte Vermutungen über die Beziehungen zwischen Frau und Mann an.

Der Mann hatte eben etwas gesagt, was die Frau zum Lachen gebracht hatte. Es war ein sehr volltönendes, selbstbewusstes Lachen. Es gefiel Lassiter. Das Gesicht des Mannes wies ein gutes Profil auf. Seine blasse Hautfarbe verriet, dass er sich überwiegend in Räumen aufhielt. Er trug einen schwarzen Tuchrock, ein rüschenbesetztes Hemd und einen weichen Hut mit flacher Krone und breiter Krempe. Er hätte sich genauso gut ein Schild mit der Aufschrift Spieler um den Hals hängen können. Vielleicht gehörten er und die Frau auch gar nicht zusammen.

Lassiter wartete. Er wollte sich nicht einmischen. Doch das Paar trennte sich nicht etwa, sondern ging gemeinsam weiter. Sie gingen an mehreren Türen von Luxuskabinen vorbei. Diese Türen trugen in Goldbuchstaben die Namen Kalifornien, Texas, Illinois, New York. Die beiden betraten die Kabine mit der Aufschrift Ohio und schlossen die Tür hinter sich.

Lassiter runzelte nachdenklich die Stirn. Ehemann... oder Beschützer?

Unter der Kajütstreppe beugte sich Joe Doughman über den Schweden, der wieder zu sich gekommen war und sich nun langsam aufrichtete. Joe Doughman war ihm dabei behilflich. Der Matrose stand ziemlich benommen da und betastete zaghaft die linke Halsseite. Dann kehrte schlagartig die Erinnerung zurück. Sein Gesicht verdunkelte sich vor sinnloser Wut. Er brüllte: »Wo ist er? Ich bringe den Bastard um!«

»Das würde ich an Ihrer Stelle lieber nicht versuchen«, sagte Doughman. »Er trägt Waffen. Zwei Stück. Tiefgebunden.«

Das Feuer in den Augen des Schweden erlosch.

Doughman hielt ihm das Goldstück entgegen.

»Das hat er für Sie zurückgelassen.«

Der Matrose berührte es mit einem schmutzigen Zeigefinger und drehte es auf dem Handteller des anderen Mannes um. Schließlich griff er danach, blinzelte und meinte: »Was denn...? Zwanzig Dollar – nur für 'ne Hose und 'n Hemd?« Es hörte sich verblüfft an.

»Für weiter nichts?«, fragte Doughman misstrauisch.

Der Schwede zuckte die massigen Schultern.

»Er hat gesagt, dass er mir die Sachen abkaufen wollte. Aber wo, zum Teufel, ist er denn?«

Doughman war im Geiste schon nicht mehr mit dem Schweden beschäftigt.

»Ich weiß es nicht... aber ich habe diesen Mann schon einmal gesehen... oder sein Bild. Lassen Sie mir ein bisschen Zeit, dann wird's mir schon wieder einfallen.«

III

Das Abendessen war vorbei. Die Tische im Männer-Saloon waren abgeräumt, die weißen Tischdecken entfernt worden. Sie zeigten jetzt wieder die grüne Stoffbespannung der Spieltische. Die Frauen hatten sich in ihren eigenen Saloon, der dahinter lag, zurückgezogen.

Im Spielsaloon herrschte angenehm gedämpfte Beleuchtung. Die Tische waren bereits von Spielern besetzt. Es roch nach guten Zigarren.

An der Bar servierten zwei Stewards in blütenweißen Jacketts. Beide hatten gut zu tun, um die vielen Kunden zufrieden zu stellen.

Lassiter lehnte sich mit dem Rücken an die Bar, stützte beide Ellbogen auf die Platte, hielt ein Glas in einer Hand und beobachtete den Spieler an einem der nächsten Tische.

Das Gesicht war so schmal, wie das Profil es schon angedeutet hatte. Die dunklen Augen beobachteten wachsam die anderen Männer. Die blassen, langen Finger hantierten rasch und geschickt mit den Karten.

Unter den fünf Mitspielern befand sich auch ein Offizier der Army; den Schultertressen nach zu urteilen, ein Captain. Einer der anderen Männer sah aus wie ein Prospektor oder Miner. Die übrigen drei waren offensichtlich Leute, die irgendwelche Fracht beförderten.