Lassiter Sonder-Edition 38 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sonder-Edition 38 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

"Ja, hängt ihn endlich auf!", schrie einer der Männer. Lassiter sah die Schlinge dicht vor seinen Augen baumeln. Und er sah die Banditen, die darauf warteten, ihn endlich hängen zu sehen.
Donnernder Hufschlag ließ Lassiter und die Männer herumfahren. Ein Reiter schälte sich aus einer Staubwolke. Steve, der Henker, zögerte.
"Tatsächlich", murmelte er. "Sie ist es! Die Colt-Lady!"


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Seitenzahl: 225

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Inhalt

Cover

LASSITERS DUELL MIT DER COLT-LADY

Vorschau

Impressum

LASSITERS DUELLMIT DER COLT-LADY

von Jack Slade

Seit drei Stunden waren sie da. Immer im gleichen Abstand. Sie kamen nicht näher, aber sie verschwanden auch nicht mehr aus seinem Gesichtskreis. Die Luft flimmerte vor Hitze.

Lassiter merkte, dass sein Gaul stehenblieb. Das Tier war fast so fertig wie Lassiter selbst.

»He, du wirst doch nicht im Stehen stolpern, alter Junge«, murmelte Lassiter. In diesem Moment brach das Tier unter ihm zusammen. Langsam, fast widerstrebend. Aber unaufhaltsam. Lassiter kam gerade noch aus den Steigbügeln. Beinahe wäre auch er gestürzt und nicht mehr hochgekommen.

Die Indianer hatten angehalten. Die Entfernung war nicht groß, vielleicht neunzig oder hundert Meter. Lassiter beugte sich über sein Pferd. Es war zu schwach, um auch nur den Kopf zu heben. Lassiter starrte in das Weiß der verdrehten Augen. Langsam nahm er den Colt aus dem Holster. Es bereitete ihm Mühe, die Waffe festzuhalten.

Der große Mann presste die Lippen aufeinander, dass sie nur noch einen blutleeren Strich bildeten. Dann drückte er ab.

Der Knall des Schusses hörte sich seltsam dünn an. Aber vielleicht war er auch schon so fertig, dass ihm selbst die Ohren ihren Dienst versagten. Ein Zucken lief noch durch den Pferdekörper, dann lag der Gaul still.

»Erlöst«, sagte Lassiter leise. »Du bist erlöst, alter Junge. Ich fürchte, mir steht noch einiges bevor.« Er wandte den Kopf. Die beiden Indianertrupps, links und rechts von ihm, hielten unbeweglich. Sie wirkten fast wie Statuen. Verdammt gefährliche Statuen.

Lassiter taumelte wie ein Betrunkener. Er registrierte es nicht einmal. Was hätte es auch für einen Sinn gehabt. Er fuhr sich mit dem Handrücken über die schweißnasse Stirn.

»Geier«, stöhnte er. Die Silben wollten ihm kaum über die zersprungenen Lippen. Er hatte seine Stimme verloren. Nur ein heiseres Ächzen entrang sich seiner ausgetrockneten Kehle. »Verdammte Aasgeier!«, schrie er. Aber es wurde kein Schrei daraus, nur wieder ein fast unverständliches Krächzen.

Nicht durchdrehen! Nur jetzt nicht durchdrehen!, dachte Lassiter. Die Wüste um ihn schien sich wie wogendes Meer zu bewegen. Lassiter zwang das Schwindelgefühl nieder.

Was wollen diese verdammten roten Halunken von mir?, überlegte er. Sein Pferd war tot. Seine Winchester und seinen Colt, mehr hatte er nicht zu bieten. Warum kamen diese Hunde nicht endlich und holten sich, was sie wollten.

Lassiter lachte. Es klang fast irr. Dieses feige Pack. Sie warteten, bis er endlich verreckt war. Nun, lange würden sie nicht mehr zu warten brauchen.

Lassiter stand schwankend auf gespreizten Beinen und stierte zu dem Trupp rechts von ihm hinüber. Insgesamt mochten es an die dreißig Rothäute sein. Sie sahen frisch und unbekümmert aus. Lassiter konnte die Lederhäute an ihren Pferden baumeln sehen, in denen sie Wasser mit sich führten.

Wasser schoss es ihm durch den Kopf. Wasser! Die dort drüben hatten so viel, dass er darin hätte baden können. Plötzlich war sein Gehirn wieder völlig klar. Fast überwach und so, als hätte er eine ganze Kanne starken Kaffee hinuntergestürzt. Auch das Schwanken hatte aufgehört. Der Gedanke an Wasser schien letzte, ungeahnte Reserven in ihm geweckt zu haben.

Er hatte keine Chance gegen sie. Es waren einfach zu viele, obgleich sie fast durchweg nur mit Bogen bewaffnet waren. Aber wenn er sterben musste, dann wollte er es schnell hinter sich bringen. Und im Angriff. So wie er ein Leben lang nie gezaudert hatte anzugreifen und nie darauf gewartet hatte, bis ihm der Gegner erst das Gesicht zerschlug.

Lassiter zog die Winchester aus dem Scabbard. Fast glaubte er, die Waffe nicht freizubekommen, weil das tote Pferd darauf lag. Keuchend hob Lassiter das Gewehr und repetierte.

»Kommt. So kommt doch endlich, ihr verdammten Hyänen!«, brüllte er.

Lassiter war selbst erstaunt, als er seine Stimme laut schreien hörte. Er setzte sich in Bewegung und ging mit großen Schritten auf den Trupp zu seiner Rechten zu.

Wenn man mit seinen Kräften am Ende ist, können ein paar Meter sich zu Meilen dehnen. Lassiter merkte es schon nach wenigen Schritten. Er hatte noch keine zehn Schritte getan, als er wieder taumelte. Er knirschte vor hilfloser Wut mit den Zähnen. Die Winchester wog plötzlich viele Zentner. Am liebsten hätte er sie fallen gelassen.

»Verdammte Brut!«, stöhnte Lassiter. Keuchend bekam er das Gewehr in die Höhe und drückte ab. Der Knall des Schusses zerriss die Stille der Wüste. Die Kugel verlor sich irgendwo im Blau des Himmels. Die Indianer rührten sich nicht. Es war wie ein Albtraum.

Damit aber waren Lassiters Kraft und Energie verbraucht. Die Winchester entfiel seiner Faust. Zwei, drei Sekunden schwankte er hin und her. Dann brach er in die Knie. Genauso widerstrebend wie vorhin sein Pferd. Wer wird mir den Gnadenschuss geben?, dachte er noch. Sein Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. Dann verlor er das Bewusstsein.

»Ein Fehler, Señora. Ein ganz kleiner Fehler bloß.« Der General verzog die Oberlippe mit dem schwarzen, elegant gestutzten Bärtchen. Maggie Lord blickte lächelnd in seine zynisch grinsenden, hinterhältigen Augen. Seit einer halben Stunde hatte sie schon das Gefühl, dass etwas schräg lief. Maggie wusste, dass sie unter Umständen in Lebensgefahr schwebte, aber sie blieb kühl und gelassen.

»Sie lieben das Katz-und-Maus-Spiel, General. Auch ich habe manchmal einiges dafür übrig.« Maggie lächelte verhalten. Sie sah, wie Esteban Belvenos kalter Blick auf ihre vollen Brüste herabglitt. Aber jetzt ging es nicht um ihre Brüste, sondern um ihr Leben. »Aber nicht, wenn dieses Spiel jemand mit mir treibt, General«, setzte Maggie scharf hinzu.

Langsam hob der kleine, bullige, eher schon fette Mexikaner mit dem schwammigen Gesicht seine Augen, die eben noch lüstern und begehrlich auf Maggies Brüsten geruht hatten. Er trug eine Phantasieuniform, die nur so von Gold und Silber strotzte. Seine schmalen, brutalen Lippen kräuselten sich.

»Jetzt kenne ich Sie schon länger als drei Jahre, Señora, aber Sie überraschen mich immer von neuem.«

Maggie lächelte kalt.

»Spielen Sie nicht darauf an, dass Sie drei- oder viermal mit mir geschlafen haben, Esteban. Es hat uns beiden nichts bedeutet. Ein wenig Vergnügen, das war alles. Und mehr wollten wir ja auch nicht.«

Der General ging zum Tisch und nahm sich eine lange, schwarze Zigarre aus dem Holzkästchen. Als er die Spitze abbiss, konnte man sein weißes kräftiges Raubtiergebiss sehen. Er lächelte dünn, während er die Zigarre umständlich in Brand setzte.

Dann sagte er: »Mehr war nicht gut möglich, Señora, das wissen Sie. Sie sind verheiratet, und unsere gemeinsamen geschäftlichen Interessen verboten es, mehr daraus zu machen. Ihr Platz ist drüben in Texas, der meine hier in Mexiko. Wie schade, dass eine Grenze dazwischenliegt.«

Maggie kannte Esteban Belveno zu lange und zu genau, um ihre Wachsamkeit von seiner lächelnden Galanterie einschläfern zu lassen. Wie recht sie damit tat, bewies sofort der nächste Satz, den der General hart und scharf hervorstieß, während seine dunklen Augen sie lauernd musterten.

»Heute sind Sie mit dem Transport gekommen, Maggie. Zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren. Ihre Sehnsucht nach mir konnte also in all der Zeit nicht sehr groß gewesen sein. Warum kamen Sie mit?«

Die Gedanken in Maggies Kopf arbeiteten wie irr. Was wusste der fette Bursche, und was ahnte er bloß? Jedenfalls war er misstrauisch geworden. Es lag ihr schon auf der Zunge, zu sagen: »Ich hatte kein Verlangen danach, öfter mit dir zu schlafen, du fettes, widerliches Schwein!« Aber Maggie unterdrückte diese Worte rechtzeitig. Esteban Belveno war eine kalte, brutale Bestie. Und sie befand sich hier in seinem Lager und damit in seiner Gewalt.

Kann er etwas davon wissen, dass John zu General Juan Torpez nach Cerralvo unterwegs ist, während ich den Transport hierher nach Hondo übernahm? Wenn er es wirklich wusste, kam sie nicht lebend hier heraus. Aber Maggie ließ sich nichts anmerken.

»Mein Mann erwartet in diesen Tagen einen wichtigen Waffenlieferanten. Es geht um Abschlüsse, die er selbst tätigen muss, General.« Maggie lächelte kühl und unpersönlich. Als sie in seine Augen blickte, lief ihr unwillkürlich eine Gänsehaut über den Rücken.

»Puta! Verlogene Hure!« Belveno schlug schnell und fest zu. Obwohl Maggie vorgewarnt war, kam es überraschend. Düster starrte er sie an. Dann sagte er leise, fast zischend: »Ihr Gringos haltet uns für dümmer, als wir wirklich sind.« Er lächelte bösartig. »Dein Mann sitzt zur Stunde diesem verfluchten Coyoten Juan Torpez in Cerralvo gegenüber. Das Geschäft mit mir war euch zu wenig. Ihr Americanos müsst euch stets überfressen.«

Maggie hatte einen Colt am Gürtel. Und sie konnte damit umgehen. Besser als mancher Mann. Aber in diesem Augenblick hätte ein Griff nach der Waffe den sofortigen Tod bedeutet. Selbst wenn sie Belveno umgelegt hätte. Vor der Tür standen zwei Bandoleros Wache. Und draußen im Lager waren mehr als zweihundert von diesen Burschen. Sie selbst hatte bloß zwanzig Männer bei sich.

»Waffen für diesen Bastard Torpez!«, knurrte Esteban Belveno mit wutverzerrtem Antlitz.

Er wusste also alles! Maggie wusste sich stets zu helfen. Im Augenblick aber war sie starr vor Schreck. Stumm blickte sie zu Boden und wich dem wütenden Augenpaar vor sich aus.

Sein lautes Gelächter ließ sie aufsehen.

»Schick einen deiner Leute zurück. Und schreib deinem Mann, dass er dich niemals wiedersieht, wenn er auch nur ein einziges Gewehr, eine einzige Patrone an Torpez liefert. Dich behalte ich so lange hier, bis Señor Lord sich persönlich hierher bemüht.«

Maggie bekam einen starren, wilden Blick. Belveno lachte höhnisch.

»Das kann Wochen dauern«, sagte Maggie heftig. Belvenos Gelächter artete in ein tierisches Wiehern aus.

»Keine Angst, ich werde schon dafür sorgen, dass dir die Zeit nicht lang wird, mein Täubchen.« Seine dicht behaarten Affenhände schossen vor und packten ihre Brüste. »Sollte dein Mr. Lord aber nicht bald kommen und ich früher von dir genug kriege, warten da draußen genug Männer, die ihren Spaß an dir haben werden...«

II

Als Lassiter zu sich kam, sah er als erstes den Männerfuß dicht vor seiner Nase. Das Männerbein steckte in einem Lederstiefel. Lassiters mühsam wiederkehrende Lebensgeister registrierten instinktiv, dass da ein Irrtum vorliegen musste, dass da etwas nicht stimmen konnte. Seit wann trugen Indianer große Lederstiefel mit hohen Hacken?

Gewaltsam zwang sich Lassiter, den Kopf etwas zu heben und das Bein entlang nach oben zu verfolgen. Es brauchte eine Weile, bis er den richtigen Blickwinkel hatte, um in die triumphierend grinsende Fratze des Mannes zu sehen, der mit gespreizten Beinen vor ihm stand.

Nein, dachte Lassiter, das kann nicht sein. Ich bin noch immer ohnmächtig und habe einen Albtraum. Erschöpft schloss er die Augen und ließ den Kopf zurück in den Sand fallen. Ein Guss lauwarmen Wassers traf sein Gesicht. Was für eine gottverdammte Verschwendung!, sinnierte Lassiter ärgerlich. Ein grober Stoß mit der Stiefelspitze gegen seine Rippen brachten Lassiter wieder ganz zu sich.

»Stehen Sie auf, Lassiter. Zum Schlafen ist jetzt keine Zeit!« Die Stimme kam von irgendwo dort oben, wo die Sonne stand, zu Lassiter herab. Diese Stimme, die er besser kannte als jede andere. Unter Millionen Stimmen hätte er die Sidney Bloods noch als völlig Toter herausgehört.

»Nein, lasst mich schlafen«, knurrte Lassiter mürrisch. Plötzlich explodierte irgendetwas in seinem stumpfen Gehirn und machte ihn von einer Sekunde auf die andere völlig hellwach. Es hätte des zweiten Fußtritts gar nicht mehr bedurft. Stöhnend richtete sich Lassiter hoch. Sidney Blood wich unwillkürlich hastig einen Schritt zurück.

Taumelnd stand Lassiter endlich auf den schwankenden Beinen. Allmählich festigte sich sein Stand. Seine Augen wanderten im Kreis. Eine Menge Männer standen um ihn herum, vielleicht zwölf oder fünfzehn. Ihre Augen starrten Lassiter kalt und feindselig an. Lassiters zersprungene Lippen verzogen sich zu einem boshaften Grinsen.

»Verdammt heiß hier, Gents. Musstet ihr meinetwegen in diese Wüste reiten?«

»Na, jetzt ist er wieder völlig da. An seinem Mundwerk erkenne ich das«, sagte Sidney Blood gallig. Der Wells-Fargo-Agent knurrte einen Fluch und hob die Wasserflasche, die er in der Hand hielt, zum Mund. Er nahm einen tiefen Zug. Den Rest spuckte er angeekelt aus. Das Wasser war mehr als lauwarm und schmeckte abscheulich.

»Mir auch«, sagte Lassiter. Sidney Blood hielt ihm die Flasche hin. Lassiter setzte sie an die verkrusteten Lippen und goss das schale Zeug in sich hinein, bis die Flasche leer war. Dann ließ er sie achtlos fallen. Mit dem Nass kehrte die alte Spannkraft in seinen ausgetrockneten Körper zurück. Langsam blickte er sich um. Vier tote Indianer lagen in verrenkten Stellungen im Wüstensand. Und zwei Pferde. Das eine hatte Lassiter gehört.

»Wir kamen gerade noch zurecht, sonst hätten die Roten Sie skalpiert.« Sidney Blood starrte Lassiter finster an. Lassiter begann zu grinsen.

»Muss ich Ihnen jetzt dafür dankbar sein, Sid?«

Sidney Blood antwortete zunächst mit einem Fluch. Dann wurden seine Augen schmal und drohend. »Wo ist das Geld?«

»Welches Geld?« Lassiter blickte den Wells-Fargo-Agenten mit unschuldigen Kinderaugen an. Sidney Bloods Faust kam wie ein Schmiedehammer. Er traf Lassiter genau auf den Punkt. Lassiter sah tausend Sterne im Blau des Wüstenhimmels tanzen, dann verlor er den Boden unter den Beinen. Ein neuer Wasserstrahl holte ihn wieder ins Bewusstsein zurück. Lassiter richtete sich auf und rieb sein schmerzendes Kinn.

»Wenn ihr so viel Wasser habt, könnte ich eigentlich ein Bad nehmen. Hätte es dringend nötig.«

»Wo ist das Geld, das Sie in unserer Niederlassung in Red Bluff erbeutet haben?«

»Regen Sie sich nicht so auf, Sid. Bei dieser Affenhitze wird Sie noch der Schlag treffen.« Diesmal war Lassiter besser auf der Hut. Bloods Faust zischte haarscharf an seinem linken Ohr vorbei, da er blitzschnell ausgewichen war. Der schwere, große Mann verlor um ein Haar durch den ins Leere gehenden Schlag das Gleichgewicht. Lassiter schlug seitlich mit der Handkante zu und traf Sidney Bloods linke Niere. Blood schnaufte schmerzerfüllt auf und krümmte sich zusammen. Einige der Männer rissen ihre Colts aus dem Leder.

»Verdammt, steckt die Dinger weg!« Blood richtete sich mühsam auf und streckte sich. Der Schmerz saß noch tief und fest in ihm.

»Danke für den Skalp«, grinste Lassiter. »Aber ich schlage bestimmt wieder zurück, wenn Sie es noch einmal versuchen.«

»Fesselt ihn!«, befahl Sidney Blood. Lassiter hatte keine Chance. Widerstandslos ließ er es über sich ergehen. Natürlich nahmen sie ihm auch den Colt und das Bowie-Messer ab.

»Sind Sie ärgerlich, Sid?«, fragte Lassiter grinsend. »Sie sehen verdammt danach aus.«

»Der Hohn wird dir schon noch vergehen, Amigo«, knurrte Blood grimmig.

»Ich fürchte, uns allen wird gleich ziemlich viel vergehen.« Lassiter blickte an Sidney Blood und einigen hinter diesen stehenden Männern vorbei. Sidney Blood merkte den Blick und wandte sich um.

»Verdammt!«, stieß er knurrend hervor. Auch die übrigen Männer hatten sich umgesehen. Lassiter bemerkte, dass einige blass wurden.

»Ich schätze, das sind mindestens hundert, eher mehr. Wenn Sie vernünftig sind, Sid, binden Sie mich los und geben mir meine Waffe zurück.«

Die Indianer hatten einen großen Kreis gebildet. Sie ritten im Galopp und brüllten schrill. Langsam zogen sie den Kreis immer enger.

»Sucht euch eine Deckung!«, brüllte Sidney Blood. Während er sich selbst hinter einen hohen Kaktus warf, ließ sich Lassiter, dessen Arme auf dem Rücken verschnürt waren, neben ihm in eine sanfte Sandmulde fallen.

»Sieht verdammt danach aus, als hätten Sie mir den Skalp nur sehr vorübergehend erhalten, Mr. Blood«, lachte Lassiter rau. Sidney Blood repetierte seine Winchester und starrte zu den immer näher kommenden Indianern hinüber.

»Scheinen Comanchen zu sein. Eine blutrünstige Horde«, sagte Lassiter.

»Wo haben Sie die vierzigtausend aus Red Bluff versteckt, Lassiter? In Ihren Satteltaschen war nichts, ich habe mich davon überzeugt.«

Lassiter verdrehte die Augen und blickte kopfschüttelnd nach oben.

»Ihr Gemüt müsste man besitzen, Sid. In spätestens einer Viertelstunde besitzt keiner von uns mehr seinen Skalp. Und Sie Narr haben nichts anderes in Ihrem verdammten Wells-Fargo-Hirn, als die paar Dollar von Red Bluff. Ich sage Ihnen...« Weiter kam er nicht.

Der Kreis der Indianer war so eng geworden, dass sie längst auf Pfeilschussweite heran waren. Wie auf Kommando spannten sie im Galopp ihre Bogen. Gleich daraus prasselten die Pfeile über die liegenden Männer. Sie kamen wie ein Platzregen und die Männer waren dem Geschosshagel genauso wehrlos preisgegeben.

»Warum wollen Sie um etwas kämpfen, was man Ihnen freiwillig gibt, General?« Maggie war nicht umsonst einmal die käufliche Dirne einer kleinen Stadt in Missouri gewesen. Sie hatte gelernt, mit Männern umzugehen. Auch mit solchen wie Esteban Belveno. Mit einem Griff sprang ihre Bluse weit auf und ihre beiden schweren, festen Brüste quollen in ihrem leuchtenden Weiß aufreizend hervor. Maggie lachte leise und ihre Stimme klang etwas heiser und vibrierend. »Bitte, bedienen Sie sich, General. Ich bin völlig in Ihrer Gewalt, und glauben Sie mir, ich weiß das.«

Esteban Belveno wusste nichts von ihrer Vergangenheit. Aber er hatte mit ihr geschlafen und wusste, dass sie alle Qualitäten und Nachteile einer Hure besaß. Er starrte mit funkelndem Blick auf die Kegel ihrer Brüste und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.

Maggie beobachtete ihn kalt, aber ihre Augen und das Gesicht lächelten. Ein einstudiertes, halb vergessenes Lächeln ihres früheren Gewerbes. Ach, wie sie alle Männer hasste! Nur einen hatte es einmal gegeben, mit dem hatte sie es aus Liebe getan. Dieser verdammte Lassiter! Länger als drei Jahre war das nun schon her. Aber sie hatte ihn nicht vergessen. Einen Mann wie Lassiter konnte man nicht vergessen, selbst wenn man es wollte. Wo er jetzt wohl sein mochte? Ob er überhaupt noch am Leben war? Dieser verrückte Hund, der mit Wells Fargo seinen Privatkrieg führte. Vielleicht hätte sie damals in Wichita besser daran getan, mit Lassiter zusammenzugehen, anstatt Lord, der in Wahrheit Luterby hieß, zu wählen. Mit Lassiter wäre sie vielleicht für einige Zeit wirklich glücklich geworden. Er war der Mann, den eine Frau wie sie benötigte. Aber er hätte sich nie von ihr beherrschen lassen. Deshalb hatte sie John gewählt. John war Wachs in ihren Händen gewesen, vom ersten Tag an. John! Maggie schluckte. Fast ekelte es sie, wenn sie an ihn dachte. Er war dick und fett geworden in den letzten Jahren. Und zum Säufer...

»Nicht!«, stöhnte sie, plötzlich aus ihren Gedanken gerissen. »Du tust mir weh, Esteban.« Sie stieß den Kopf des Generals, der an ihrer linken Brust lag, stöhnend von sich. Aber sogleich lachte sie wieder. Doch es klang gequält. »Du Bestie, du wilder, brutaler Mann!« Sie streckte ihm die Hände entgegen. Ehe der General sie wieder an sich ziehen konnte, klopfte es an der Tür. Maggie hielt hastig die Hände vor ihre entblößten Brüste. Die Tür öffnete sich und ein Mann, verstaubt und verdreckt, kam herein. Man sah ihm an, dass er einen langen, anstrengenden Ritt hinter sich hatte.

Esteban Belveno blickte ihm gespannt entgegen. Der Mann holte einen Brief aus der Tasche. Seine Augen leuchteten stolz.

»Drei Tage bin ich geritten, General. Tag und Nacht. Vier Pferde habe ich...«

»Schon gut, gib her«, sagte Esteban Belveno schnell. Er riss dem Boten den Brief aus der Hand und ging mit zwei schnellen Schritten zum Fenster hin, wo genügend Licht durch die Ritzen der zugezogenen Holzläden fiel. »Du kannst gehen. Melde dich bei Marco Serrato, du bekommst deinen Lohn, ich bin zufrieden mit dir«, sagte der General über die Schulter.

Marco Serrato war Belvenos Adjutant, Maggie kannte den großen, brutalen Mexikaner. Er war noch gefährlicher als Belveno selbst, obwohl man sich das kaum vorstellen konnte.

Der General riss ungestüm das Kuvert auf und begann zu lesen. Maggie beobachtete ihn. Und je länger er las, desto mehr verdüsterte sich seine Miene. Endlich ließ er das Schreiben sinken und drehte sich zu Maggie um. Seine schwarzen Augen flackerten.

»Ihr verdammten Gringo-Schweine! Das ist Verrat! Das ist Betrug! Aber ihr werdet es mir büßen!«

Maggie begriff, dass jetzt die Würfel gefallen waren. Belveno musste einen ausgezeichneten Spionagedienst bei seinem Gegner Torpez besitzen. Schnell rechnete sie sich aus, dass John, wenn alles glatt gelaufen war, ungefähr vor drei Tagen Cerralvo wieder verlassen haben konnte. Mit dem Vertrag über Waffenlieferungen an Juan Torpez. Torpez war ihrem Gefühl nach der kommende Mann in diesen Provinzen Mexikos. Er war das zukünftige große Geschäft. Darum hatte sie John zu ihm geschickt. Wie hätte sie ahnen können, dass Belveno den Braten riechen würde.

»Sechshundert Karabiner. Vier Gatlings. Und die entsprechende Munition.« Belveno brüllte vor Wut, dass sich seine Stimme überschlug.

»Mein Mann hat auf eigene Faust gehandelt, General. Wir hatten Streit deswegen. Aber er ließ sich nicht abhalten von mir.« Maggie spielte ihre Karten kalt und berechnend aus. »Es gibt eine einfache Lösung, General, um diese Waffenlieferung an Juan Torpez zu verhindern.«

Esteban Belveno starrte sie wortlos an. Aber sie sah die Frage in seinem Blick.

»Sie müssen John Lord abfangen, ehe er die Grenze überschreitet.«

Der General schnaufte hörbar durch die Nase. Seine Augen funkelten auf. Aber Maggie glaubte deutlich etwas wie Anerkennung in seinem Blick wahrzunehmen.

»Du bist ein Höllenweib, Maggie. Ja, eine Teufelin.« Belveno näherte sich ihr. Sie nahm die Hände von der Brust, und er musste ihre Brüste sehen, ob er wollte oder nicht. Alles an ihr war Berechnung. Und er wusste es. Aber es machte ihm in diesem Augenblick Spaß. Belveno packte gemächlich, aber fest zu.

»Ja, ich werde ihn abfangen, deinen sauberen Herrn Gemahl.« Er presste seine wulstigen Lippen auf ihren Mund. Sie spürte seine kurze, dicke Zunge und tat bereitwillig die Lippen auf. Unvermittelt ließ er sie los. »Ja, er kommt nicht über die Grenze«, stieß Belveno hervor. »Und wenn wir ihn dann hier im Lager haben, sollst du zwei Tage lang zusehen, wie er stirbt.« Er trat zum Fenster und stieß die Läden auf, dass die Sonne grell und heiß in das Zimmer drang.

»Siehst du den Hügel dort?« Maggie sah ihn. Er war keine dreißig Meter entfernt und gehörte zu den Felsenbastionen, die Belvenos Lager schützten. »Dort soll er sterben. Ganz langsam. Und wir werden hier auf dem Bett liegen und uns vergnügen.«

»Und ihn vor Schmerzen brüllen hören«, nickte Maggie eiskalt. »Wenn Sie das meinen, General, es macht mir bestimmt nichts aus. Wenn es Ihnen aber Freude macht, warum nicht. Mir ist John völlig gleichgültig. Habe selten einen Mann gekannt, der mir von allem Anfang an so gleichgültig gewesen wäre.«

»Puta!«, grollte Esteban Belveno. Plötzlich brach er in schallendes Gelächter aus. »Ja, du bist eine ganz verdammte Hure. Aber der Teufel soll mich holen, wenn ich nicht Gefallen an dir finde.« Er riss ihre Bluse bis zu den Schultern entzwei und schleuderte sie auf das Bett. Maggie stöhnte, noch ehe er von ihr Besitz nahm.

Pfeile zischten und Schüsse bellten. Das Kampfgeschrei der angreifenden Indianer wurde immer wieder von einem lauten Gebrüll übertönt. Das waren die getroffenen Männer aus Sidney Bloods Schar.

Lassiter zerrte und riss an dem Pfeil, der durch seine Hose gedrungen war und ihn am Boden festnagelte. Unter dem Leinen der Levishose fühlte es sich klebrig und feucht an. Der Pfeil musste ihn geritzt haben, aber schlimm konnte es nicht sein, denn Lassiter spürte keinen Schmerz, nur ein wenig Brennen.

Sidney Blood lag dicht neben ihm und jagte Schuss um Schuss verbissen durch den Lauf. Die Indianer fielen reihenweise, aber das hatten sie ihrer verrückten Kampfweise zuzuschreiben. Wären sie von allen Seiten direkt gekommen, anstatt dauernd im Kreis zu reiten, wäre keiner von den Weißen mehr am Leben gewesen. Lassiter liebte die Roten nicht. Genauso wenig wie die Schwarzen. Aber er hatte im Prinzip auch nichts gegen sie, außer wenn sie ihm auf den Pelz rückten, wie gerade jetzt. Es gab sogar Augenblicke, wo ihm die Indianer leidtaten. Es gab viele tapfere und anständige Burschen unter ihnen. Lassiter hatte genügend von ihnen kennengelernt. Aber sie waren dem Untergang geweiht. Sie hatten es zu keiner Zeit fertiggebracht, sich zu vereinen und auf ihre Stammesfehden zu verzichten. Und sie hatten es genauso wenig geschafft, sich in ihrer Kampfesweise auf ihre weitaus besser bewaffneten Gegner einzustellen. Es würde einmal der Tag kommen, und er war vielleicht gar nicht mehr so weit entfernt, wo die letzten Roten wie wilde Tiere in kleine Reservate gesperrt und von den weißen Eindringlingen ernährt wurden, um die letzten Reste der einstigen Herren dieses Kontinents zur Besichtigung für die Nachwelt zu erhalten. Womöglich noch gegen Eintrittsgeld. Nur, im Augenblick sah es nicht danach aus, dass Lassiter und die anderen diese Zeit noch erleben würden.

Lassiter lachte halblaut auf. Sidney Blood füllte das Magazin des Gewehres mit Patronen nach und fragte grimmig: »Was stimmt Sie so heiter, Lassiter?«

»Ich dachte eben, dass bald die Zeit kommen wird, wo man die letzten Rothäute vor ihren Zelten gegen Eintrittsgebühr besichtigen kann. Nur, so fürchte ich, werden unsere Skalps dann auf ihren Lanzen im Winde flattern. Aber keiner, der seine zehn Cents für die Besichtigung bezahlt hat, wird dann wissen, dass es unsere Skalps sind.«

»Shut up!«, knurrte Sidney Blood grollend.

»Achtung, sie kommen schon wieder«, warnte Lassiter. Blood fluchte und begann abermals zu schießen. Lassiter beobachtete, wie er zwei Indianer von ihren Gäulen knallte. Dann konzentrierte er sich ausschließlich auf seine Fesseln. Sidney Blood hatte es nicht bemerkt, wie ihm Lassiter mit den Zähnen das Messer aus der Scheide gezogen hatte. Jetzt lag es unter Lassiters Rücken und er mühte sich verzweifelt, die Stricke aufzuschneiden, ohne sich selbst dabei zu sehr zu verletzen. Blood schenkte ihm keinerlei Aufmerksamkeit. Auch keiner der anderen Männer. Sie waren viel zu sehr damit beschäftigt, ihr Leben gegen die Comanchen zu verteidigen.

Erst nachdem es Lassiter gelungen war, das Messer zwischen zwei Steine zu klemmen, bekam er endlich die Stricke los. Er rieb sich die Handgelenke, um wieder Blut in die Hände zu bringen. Es prickelte und brannte. Dann spürte er, wie die Kraft in die Finger zurückkehrte.

Lassiter kroch vorsichtig zu einem etwa vier Meter entfernt liegenden Mann hinüber, dem ein Pfeil durch den Hals gedrungen war. Er rührte sich schon gut zehn Minuten nicht mehr und war mit Sicherheit tot.

Erst als Lassiter Colt und Gewehr des Toten in Händen hielt, hatte er das Gefühl, wieder frei zu sein. Er blickte prüfend um sich. Die Situation stand halb zu halb. Von den Weißen waren die meisten tot oder verwundet. Die Indianer hatten keine vierzig Krieger mehr. Mindestens fünfzehn oder zwanzig lagen verstreut bewegungslos am Boden. Die anderen mussten verwundet sein und hatten sich zurückgezogen. Von den Weißen waren fünf nicht mehr am Leben, die anderen mehr oder weniger schwer verletzt. Soweit Lassiter es feststellen konnte, waren nur drei noch völlig kampffähig. Zu ihnen gehörte Sidney Blood.

Lassiter blickte gerade zu ihm hin, als sich Blood umwandte und sagte: »Lassiter, verdammt, sieht fast wirklich so aus, als müsste ich Ihnen eine Waffe...« Dann erst bemerkte er, dass die Stelle, wo Lassiter gelegen hatte, leer war. Lassiter sah Bloods suchenden Blick. Dann entdeckte ihn Blood. Und das Gewehr in Lassiters Händen.

»Damned!«, fluchte Sidney Blood. Unbeherrscht richtete er sich unvorsichtig auf.

»Runter, du Narr!«, schrie Lassiter. Zu spät. Lassiter sah, wie Blood zusammenzuckte. Ziemlich hoch oben in der rechten Schulter steckte ein Pfeil.

Lassiter riss sich von Blood, der mit einem Schrei zurückgesunken war, los und riss das Gewehr an die Wange. Die nächsten Indianer waren keine acht Meter von ihm entfernt. Einer schleuderte seine Lanze. Lassiter sah sie auf sich zukommen und wälzte sich zur Seite. Die Lanze fuhr genau an der Stelle, wo Lassiter eben noch gelegen hatte, in den Boden und blieb schwankend stecken. Lassiter schoss, noch während er sich zur Seite rollte, und holte zwei der Comanchen von ihren Mustangs. Dann traf er die anderen beiden, ehe sie ihre Bogen abschießen konnten.