Lassiter Sonder-Edition 45 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sonder-Edition 45 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Die Minuten flogen dahin. Lassiter glaubte zu schweben. Er hatte die Augen geschlossen und spürte links und rechts neben sich die nackten Körper der schönen Schwestern.
Und dann kam es über ihn wie ein eiskalter Wasserguss. Die beiden Kerle standen plötzlich im Zimmer. Lassiter wollte sich zur Seite werfen, an seine Waffe kommen, doch die Frauen behinderten ihn zu sehr. Das letzte, was Lassiter wahrnahm, war der herabsausende Revolverlauf...

Lesen Sie in der LASSITER SONDER-EDITION erstmals die Taschenbücher um den großen Western-Helden in einer 80-seitigen, ungekürzten Romanheft-Fassung! Alle 14 Tage bei Ihrem Zeitschriftenhändler.

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Seitenzahl: 171

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

LASSITER UND DIE TEUFLISCHEN SCHWESTERN

Vorschau

Impressum

LASSITER UND DIE TEUFLISCHEN SCHWESTERN

von Jack Slade

Als Lassiter vor dem großen weißen Haus hielt, wurde es drinnen auf einmal lebendig.

Zuerst schrien zwei Frauen gellend um Hilfe. Unmittelbar danach waren ein paar raue, fluchende Männerstimmen zu hören.

»Verdammte Hurenweiber. Wir werden euch...«

Ihre weiteren Worte gingen im Krachen von Schüssen unter. Mindestens sechs Schüsse, die blitzschnell hintereinander abgefeuert wurden. Dann flog von innen das große Eichenportal auf, und zwei Gestalten torkelten rückwärts aus dem Schatten der säulengestützten Balustrade.

Beide waren getroffen, aber sie schrien noch immer wütend und feuerten ihre Revolver leer.

Unmittelbar nach dem letzten Schuss sprangen zwei weitere Männer aus dem Haus. Sie sahen, dass die beiden Angeschossenen ihre Revolver nachladen wollten, und zielten mit eiskalter, sadistischer Ruhe.

Sie schossen zur gleichen Sekunde, und die beiden anderen Männer hatten keine Chance mehr. Sie wurden vom Einschlag der Kugeln zurückgestoßen bis an den Rand der großen Freitreppe, rissen die Arme hoch, fielen nach hinten und rollten die marmornen Stufen hinab.

Lassiter saß reglos auf seinem schwarzen Pferd. Er hatte beide Hände auf das Sattelhorn gestützt, und in seinem Gesicht zuckte kein Muskel. Ihm schien die grausame Situation, die er soeben beobachtet hatte, völlig gleichgültig zu sein.

In Wirklichkeit dachte er daran, dass er im Begriff war, ein höllisch heißes Eisen anzupacken. Und dass er noch immer umkehren konnte.

Wenn er blieb, konnte es ihm schon bald genauso ergehen wie den beiden armen Teufeln, die da gerade kaltblütig zusammengeschossen worden waren.

Er hätte ihnen nicht helfen können, selbst wenn er es gewollt hätte. Längst hatte er die zwei Gewehrschützen bemerkt, die hinter einem der großen Fenster im Obergeschoss standen und ihn die ganze Zeit mit schussbereiten Waffen beobachteten.

Die zwei Revolvermänner auf der Terrasse bemerkten ihn jetzt erst und starrten misstrauisch zu ihm hin.

Sie hatten ihre Revolver noch immer in den Händen, und sie machten ganz den Eindruck von Männern, denen es auf einen weiteren Mord nicht ankommt.

»Schon lange hier, Mann?«, fragte der eine rau.

Lassiter grinste den Sprecher unbefangen an. Die beiden Burschen sahen sich sehr ähnlich. Hagere Typen mit kalten, ausdruckslosen Gesichtern und mitleidlosen Augen.

»Gerade angekommen«, erwiderte Lassiter ruhig.

»Und du hast es gesehen?«

»Natürlich.«

Er wusste, dass er auf einem Pulverfass saß. Eine einzige falsche Reaktion, und sie schickten ihn in die Hölle, ohne mit der Wimper zu zucken. Denn das, was er gesehen hatte, war Mord gewesen. Eindeutiger, eiskalter Mord. In einem solchen Falle konnte man keinen Zeugen gebrauchen.

»Dann kannst du also auch bezeugen, dass es Notwehr war?«, knurrte der Sprecher lauernd.

Lassiter schüttelte den Kopf. »Tut mir leid.«

Er hatte den Kopf leicht gesenkt. Aus dem Schatten seiner Hutkrempe warf er einen schnellen Blick zu dem Fenster hinauf, hinter dem die beiden Gewehrschützen standen. Die zwei waren noch immer da, und die Kerle auf der Terrasse wussten es.

Im Gefühl ihrer Überlegenheit nahmen sie eine lässige Haltung ein. Der hagere Sprecher räusperte sich.

»Willst du etwa damit sagen, dass es Mord war?«

Wieder schüttelte Lassiter den Kopf.

»Warum sollte ich?«

»Du bist verdammt frech, Fremder!«, knurrte der Hagere. »Was, zum Teufel, hast du denn eigentlich gesehen?«

»Einen Kampf«, erwiderte Lassiter gelassen. »Zwei gegen zwei. Es ist viel geschossen worden. Schließlich mussten die beiden da dran glauben. Hast du sonst noch Wünsche?«

»Ja, ich möchte deinen Namen wissen.«

»Lassiter.«

Den beiden schien der Name nicht mehr zu sagen als Smith oder Miller. Jedenfalls zeigten sie überhaupt keine Reaktion.

»Und was willst du hier, Lassiter?«

Die Antwort wurde ihm erspart, denn in diesem Augenblick wurde die Tür des großen Hauses erneut geöffnet.

Zwei Frauen traten auf die Terrasse.

Sie glichen sich wie ein Ei dem anderen. Beide hatten das gleiche rotblonde Haar. Beide trugen das gleiche einfache, aber doch raffiniert wirkende hellblaue Kleid. Und beide sahen gleichermaßen zugerichtet aus.

Ihre Haare waren zerzaust. Spuren von Schlägen zeichneten ihre Gesichter. Die Kleider waren an vielen Stellen zerrissen und gaben eine ganze Menge von zwei gutgebauten Körpern frei.

Sie waren Zwillingsschwestern. Ungefähr dreißig Jahre alt.

Mit dem bitteren Lächeln von Menschen, die eben erst etwas Furchtbares erlebt hatten, sahen sie Lassiter an.

»Hallo, Fremder«, sagte die eine. »Ist das nicht alles schrecklich? Warum nur mussten diese beiden Männer da so dumm sein und den Verstand verlieren! Ich kann es einfach nicht begreifen.«

Lassiter tippte kurz an die Krempe seines Stetsons.

»Ich auch nicht, Madam«, sagte er trocken. »Ich weiß nämlich überhaupt nicht, was los ist. Ich bin eben erst angekommen. Mein Name ist Lassiter.«

»Uta Morenas«, stellte sie sich vor. »Das ist meine Schwester Glory. Hat Ihr Besuch einen bestimmten Grund?«

Lassiter nickte ruhig.

»Ja«, sagte er. »In der Stadt hat man mir erzählt, hier könnte man ausgezeichnet übernachten. Aber ich muss wohl zum falschen Haus geritten sein. Tut mir leid, Miss Morenas.«

Er tat so, als wollte er sein Pferd herumnehmen, aber Uta Morenas rief schnell: »Nein, nein! Bleiben Sie nur, Mr. Lassiter! Sie sind zum richtigen Haus geritten. Dies ist das Haus, das Ihnen in der Stadt empfohlen worden ist. Seien Sie willkommen! Vorausgesetzt natürlich, Sie wollen überhaupt noch bleiben. Nach allem, was Sie soeben erlebt haben, könnte ich es durchaus verstehen, wenn Sie es vorziehen, weiterzureiten.«

Lassiter zuckte die Schultern.

»Ich weiß noch nicht...«, murmelte er ausweichend.

Er musste vorsichtig sein. Deshalb spielte er absichtlich den Zauderer. Allzu große Bereitwilligkeit hätte ihn nur allzu schnell mitten in Teufels Küche bringen können.

»Ein bedauerliches Unglück«, sagte Uta Morenas. »Diese beiden Männer schienen plötzlich den Verstand verloren zu haben. Den ganzen Nachmittag hindurch hatten wir uns so nett miteinander unterhalten. Plötzlich wurden sie zudringlich. Sie fielen über uns her wie die Tiere. Sie... ah, es war entsetzlich, Mr. Lassiter.«

Sie schlug die Hände vor das Gesicht und schluchzte. Ihre Schwester Glory weinte stumm. Tränen rannen über ihre Wangen und glitzerten wie Perlen im Licht der tiefstehenden Sonne.

Sechs Uhr am Nachmittag.

Lassiter war nicht zufällig hierhergekommen.

Dies war der Anfang eines neuen Abenteuers. Der Anfang eines tödlichen Wagnisses.

Aber es reizte ihn.

»Die Unterkunft hier ist nicht ganz billig«, sagte Glory Morenas gerade. »Deshalb machen wir niemals jemandem einen Vorwurf, wenn er so viel Geld nicht bezahlen kann.«

Lassiter grinste.

»Darum mache ich mir die wenigsten Sorgen«, sagte er. »Ich habe gute Geschäfte gemacht. Soll ich irgendeine Summe anzahlen?«

»Um Himmels willen! Wir vertrauen unseren Gästen«, sagte Glory Morenas schnell. »Es wird Zeit, dass der Marshal aus der Stadt kommt. Ben – Frank! Einer von euch muss reiten und den Marshal holen!«

»Nicht nötig«, sagte einer der Männer. »Dort unten kommt er schon.«

Hufschlag klang auf. Ein Reiter kam den Weg heraufgeritten. Er trug dunkle Kleidung und einen tiefgeschnallten Revolver.

Ein gefährlicher Bursche! Lassiter erkannte es auf Anhieb.

Auf der Brust des Mannes glitzerte der Marshalstern im Licht der Sonne. Eine düstere Drohung strahlte von dem Reiter aus.

»Marshal Terry!«, rief Uta Morenas. »Welch ein Glück, dass sie gekommen sind! Ich wollte schon gerade einen meiner Männer zu Ihnen schicken. Es ist schon wieder etwas Schreckliches geschehen.«

Der Marshal zügelte sein Pferd.

Er starrte auf die beiden Toten. Sein Gesicht blieb unbewegt.

»Wer sind die zwei?«, fragte er schließlich.

»Sie nannten sich Pete Schneider und Ax Marstow«, sagte Uta Morenas. »Ob das ihre richtigen Namen sind, wird sich wohl niemals feststellen lassen. Sie kamen gestern Abend an und nahmen ein Zimmer. Angeblich waren sie Prospektoren und hatten in den Bergen einen guten Claim entdeckt. Sie gebärdeten sich wie Männer mit Geld. – Wir vertrauten den beiden, Marshal. Aber das war ein Fehler. Vor etwa einer halben Stunde überraschte ich sie, als sie versuchten, den Safe in meinem Büro aufzubrechen. Ich schrie, und sie fielen sofort über mich her. Gleich darauf kam meine Schwester Glory. Sie hatte meinen Schrei gehört. Die beiden warfen auch Glory zu Boden. Sie rissen uns die Kleider vom Leib und sagten, dass sie uns vergewaltigen wollten. Sie waren stark und brutal, und sicherlich hätten sie es auch geschafft, uns zu erniedrigen. Und anschließend hätten sie uns dann das Geld aus dem Safe geholt. Zum Glück kamen Ben Richards und Frank Overgaard hinzu. Es folgte eine heftige Schießerei. Den Ausgang des Kampfes sehen sie hier vor sich.«

Sie verstummte heiser.

Der Marshal stieg vom Pferd, ging zu den beiden Toten und durchsuchte ihre Taschen. Er fand verschiedene Papiere, bei jedem eine Taschenuhr aus Silber und etwas Geld.

»Viel ist es nicht«, murmelte er. »Das Geld reicht gerade, um die Kosten für die Beerdigung zu decken. Ich werde ihre persönlichen Sachen in Verwahrung nehmen und ein Protokoll über den Tathergang schreiben. Hatten die Männer Gepäck und Pferde?« Die beiden Frauen nickten.

Diesmal ergriff Glory Morenas das Wort und sagte: »Ihre Pferde stehen drüben in dem großen Corral. Das Gepäck befindet sich im Haus. Nehmen Sie bitte alles in Verwahrung, Marshal. Wir möchten durch nichts mehr an diesen schrecklichen Vorfall erinnert werden.«

»Selbstverständlich«, sagte der Marshal. »Schließlich ist es meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass alles seine Ordnung hat.«

Lassiter saß noch immer irgendwie abwartend im Sattel. Es sah aus, als zögere er weiterhin, als Gast zu bleiben, aber er hatte sich längst entschieden.

Die Entscheidung war schon gefallen, als er sich auf den Weg hierher gemacht hatte. Und das war vor zwei Tagen gewesen.

Er hatte sich für dieses Abenteuer entschieden, obwohl er von einigen Männern Geschichten gehört hatte, die einem die Haare zum Sträuben bringen konnten.

In diesem großen weißen Haus sollte schon mancher Mann spurlos verschwunden sein. Einige davon hatten im offenen Kampf ihr Leben verloren wie die beiden Männer dort auf der Treppe. Aber die anderen schienen sich plötzlich in Luft aufgelöst zu haben, nachdem sie als Gäste in diesem unheimlichen Haus eine Zeitlang gelebt hatten.

Schaurige Erzählungen machten an nächtlichen Lagerfeuern unter Goldsuchern, Trappern, Cowboys und Desperados die Runde. Erzählungen, die durch nichts bewiesen werden konnten. Produkte blühender Phantasie.

Man sprach von durchgeschnittenen Kehlen und eingeschlagenen Schädeln. Von Folterkammern in unterirdischen Gewölben. Von angeketteten Männern, die man elendiglich verhungern ließ, damit sie ihre Geldverstecke oder die Lage von geheimen Goldclaims verrieten. Und es war die Rede von menschlichen Gebeinen, die auf dem Grunde eines tiefen Felsenschachtes unter dem Haus der schönen Schwestern moderten.

Die teuflischen Schwestern nannte man sie.

Es hieß, dass jeder Mann verloren war, der in ihre tödlichen Netze geriet. Allerdings nur Männer mit Geld. Viel Geld.

Wenn die Gerüchte stimmten, mussten die »teuflischen« Schwestern inzwischen ein Vermögen angesammelt haben.

Und Lassiter war daran interessiert, sich ein Stück von diesem Kuchen abzuschneiden.

Allerdings nicht nur das.

Es interessierte ihn auch, was aus seinem alten Freund Sam Ferguson geworden war. Sam war nämlich seit zwei Wochen spurlos verschwunden. Und seine Frau Betty war völlig verzweifelt. In ihrer Not hatte sie einen Brief an Lassiters Geheimanschrift in El Paso geschrieben. Es war die Adresse von Benito Sanchez, dem mexikanischen Pferdehändler, in dessen Familie Lassiters Sohn aufwuchs. Hin und wieder besuchte Lassiter den Jungen, und zufällig war er gerade wieder einmal in El Paso gewesen, als der Brief von Betty Ferguson eingetroffen war.

Lassiter hatte sich sofort auf den Weg gemacht. Und jetzt war er hier. Vielleicht am Anfang einer heißen Fährte. Er musste einfach abwarten. Noch stand nichts weiter fest als die Tatsache, dass dort auf der Freitreppe zwei tote Männer lagen.

Das konnte ein Zufall sein.

Vielleicht hatten die beiden schönen Schwestern wirklich die Wahrheit gesagt.

Uta Morenas winkte Lassiter einladend zu.

»Bitte, Mr. Lassiter, steigen Sie doch ab! Sie sind herzlich willkommen in meinem Haus. Ich bin sicher, dass Sie sich bei uns wohlfühlen werden. – Christos, kümmere dich um das Pferd des Caballeros!«

Einige Männer waren inzwischen herbeigekommen. Es waren Mexikaner. Peones in zerschossenen Leinenhosen, bunten Ponchos und mit Bastsandalen an den braunen Füßen. Die beiden Revolvermänner Richards und Overgaard befahlen ihnen, die Toten wegzubringen.

Der Mann, der auf den Namen Christos hörte, näherte sich Lassiters Pferd und wartete schweigend darauf, dass der große Mann abstieg.

Lassiter schwang sich aus dem Sattel. Er nahm die Winchester aus dem Scabbard und schnallte sein Gepäck ab.

»Die Sachen wird einer der Peones auf Ihr Zimmer tragen«, sagte Uta Morenas schnell. »Unsere Gäste sollen verwöhnt werden. Oder –«, sie deutete lächelnd auf den schweren Packen, »– haben Sie Reichtümer darin verborgen?«

Lassiter grinste und zuckte die Schultern.

»Möglich«, murmelte er ausweichend.

Ein zweiter Mexikaner kam heran, warf sich den Packen auf die Schulter und schritt davon.

Der Marshal hatte sich soeben Lassiter zugewandt und sah ihn nachdenklich und stirnrunzelnd an.

»Lassiter?«, murmelte er fragend.

Lassiter nickte. »So heiße ich.«

»Hm«, brummte der Marshal, »Ihren Namen habe ich heute nicht zum ersten Mal gehört.«

»Das glaube ich Ihnen gerne.« Lassiter sagte es gleichmütig. »Liegt irgendetwas gegen mich vor?«

Marshal Terry schüttelte den Kopf.

»Was führt Sie in diese Gegend, Mr. Lassiter?«

»Ich bin auf der Durchreise. Sonst noch was, Marshal?«

»Haben Sie die Absicht, länger zu bleiben?«

»Kommt darauf an, Marshal. Wenn es mir gefällt, werde ich mich für ein paar Tage verwöhnen lassen.«

»Kommen Sie doch ins Haus Gentleman«, meldete sich Uta Morenas. »Wir wollen einen Drink zur Begrüßung unseres neuen Gastes nehmen. Marshal, ich würde mich freuen, wenn Sie uns noch für einige Zeit Gesellschaft leisten würden.«

Marshal Terry verbeugte sich leicht und lächelte verbindlich.

»Tut mir aufrichtig leid, Madam«, sagte er dann. »Aber ich muss zurück in die Stadt. Auf mich wartet Arbeit. Solch ein Zwischenfall zieht immer einigen Schreibkram nach sich. Ich muss das Protokoll aufsetzen und einen Brief an die Countybehörde senden. Dann folgen die Nachforschungen nach eventuellen Angehörigen der beiden Toten. – Aber was soll ich Ihnen das alles noch erzählen. Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps.«

Er tippte an die Krempe seines schwarzen Hutes und ging zu seinem Pferd.

Die beiden Frauen sahen lächelnd hinter ihm her.

»Ein guter Marshal, nicht wahr?«, murmelte Glory Morenas. »Ein Mann, der in die Welt gehört.«

Lassiter nickte, ohne eine Miene zu verziehen.

»Ja«, sagte er, »ein guter Marshal.«

Sie gingen ins Haus. Es war innen noch prachtvoller eingerichtet, als man beim ersten Anblick des Gebäudes vermutet hätte. Eine Säulenhalle, dazu Marmorfußböden. Prachtvolle Gemälde an den Wänden. Waffen aus längst vergangenen Zeiten. Eine Ritterrüstung.

Alles erinnerte an die stolze Epoche der spanischen Eroberer. An jene glorreiche Zeit, als sie noch den größten Teil des amerikanischen Westens beherrschten.

Das große weiße Haus der beiden Schwestern stammte noch aus dieser Ära und es war sehr gut erhalten.

Ebenso wie die Einrichtung. Durch zahllose Einzelheiten fühlte man sich um Jahrhunderte zurückversetzt.

Die schönen Schwestern führten Lassiter in einen Raum, dessen große Fenster mit bunten Glasfenstern versehen waren. Das Licht der tiefstehenden Sonne fiel hinein und ließ den Raum wie von vielen bunten Lichtern erhellt erscheinen.

Teppiche bedeckten die Steinfliesen. In der Mitte stand ein großer dunkelbraun gebeizter Tisch mit kunstvoll gedrechselten Beinen. Um ihn herum waren ein halbes Dutzend schwerer Lehnstühle mit Lederpolsterung gruppiert. Aus einer Glasvitrine holte Glory Morenas eine Flasche und drei Gläser.

Sie schenkte Whisky ein.

Das harte Getränk passte nicht zum zarten Äußeren der beiden Frauen, aber sie kippten den Whisky mit demselben Genuss wie hartgesottene Maultiertreiber.

Lassiter ließ sich nichts anmerken.

»Herzlich willkommen im Castillo Morenas«, sagte Glory. »Ich bin davon überzeugt, dass Sie sich bei uns wohlfühlen werden, Mr. Lassiter.«

»Ich hoffe es«, sagte er.

Er dachte an all die Dinge, die ihm über die Schwestern erzählt worden waren, aber sein Instinkt sandte ihm keine Warnung zu. Gewiss, die Schwestern strahlten eine gewisse Kälte und Raffinesse aus, aber er hielt sie nicht für fähig, einen eiskalten Mord zu planen und durchzuführen.

Wie sah die Wahrheit aus?

Waren es wirklich teuflische Schwestern?

Oder stimmte das, was sie vorhin dem Marshal erzählt hatten?

Noch tappte Lassiter völlig im Dunkeln.

Ihm blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten.

»Gefällt Ihnen unser Haus, Mr. Lassiter?«, fragte Uta Morenas.

»Sehr«, antwortete er, und das entsprach der Wahrheit. Das Haus lag inmitten uralter Bäume auf einem Hügel am Fluss. Von hier aus hatte man einen weiten Ausblick über die Stadt Mexican Hat und über das Tal, durch das sich der San Juan River wand.

»Das Haus wurde vor hundertdreißig Jahren erbaut«, erklärte Uta Morenas. »Unseren Vorfahren gehörte das ganze Land auf mehrere hundert Meilen im Umkreis. Uns ist nur noch dieses Haus von dem ganzen Reichtum geblieben. Aus der Not heraus sind wir auf die Idee gekommen, es in ein Hotel umzuwandeln.«

Bordell!, dachte Lassiter. Und er sagte: »Sie sind mit dem Geschäft zufrieden, Madam?«

Sie hob die Schultern und seufzte.

»Es geht, Mr. Lassiter«, murmelte sie. »Wir kommen zurecht, aber das ist auch alles. Wenn ich daran denke, in welchem Glanz unsere Vorfahren gelebt haben, könnte ich direkt wütend werden. Aber es ist nun mal leider nicht zu ändern.«

»Werden Sie längere Zeit bleiben?«, fragte Utas Schwester.

Lassiter lächelte.

»Das kommt darauf an, wie es mir hier gefallen wird«, sagte er.

Die beiden tauschten einen raschen Blick.

»Sie werden sich in jeder Beziehung wohlfühlen«, sagte Uta dann und blickte gleich darauf an sich herunter. »Mein Gott!«, fuhr sie fort. »Wie ich aussehe. Und du auch, Glory. Bei der ganzen Aufregung haben wir doch völlig vergessen, uns andere Sachen anzuziehen.« Lassiter grinste.

»Mir gefallen Sie so«, sagte er offen, und er betrachtete unverhohlen die Stellen, an denen die nackte Haut der schönen Frauen zu sehen war. Und das war eine ganze Menge.

Die beiden lächelten verführerisch.

Und Uta Morenas sagte: »Sie werden bei uns den Himmel auf Erden haben, wenn Sie es nur wollen. In jeder Beziehung, Lassiter.«

Lassiter war überrascht. Er hatte vieles erwartet, aber nicht das. Niemals hätte er damit gerechnet, dass die Frauen so schnell auf ihr Ziel lossteuern würden. Sie besaßen eine schamlose Offenheit, wie er sie bisher nur bei hartgesottenen Huren kennengelernt hatte. Warum machten sie das?

Es war doch Leichtsinn von ihnen, jetzt schon das Visier herunterzulassen. Sie konnten doch überhaupt nicht wissen, wie er reagieren würde!

Fühlten sie sich so sicher hier in ihrem großen Haus?

Oder waren sie so mannstoll, dass sie sich keine Zurückhaltung mehr auferlegen konnten?

Er musterte sie mit dem Ausdruck unverhohlener Gier. Es war gespielt, aber er war überzeugt davon, dass sie seine wahren Gedanken nicht durchschauen konnten.

»Ihr seid mir die Richtigen«, sagte er grinsend. »Ist das wirklich euer Ernst, oder wollt ihr mich hier auf den Besen laden? Wenn ihr mich hier nur reizen wollt, dann warne ich euch. In dieser Beziehung lasse ich nicht mit mir spaßen.«

»Aber mein Kleiner«, sagte Glory Morenas voll spöttischer Herablassung. »Wir wollen uns doch hier nichts vormachen. Du wärst doch gar nicht erst hierhergekommen, wenn du nicht eine ganz bestimmte Absicht gehabt hättest. Oder hat man dir etwa nichts über uns erzählt? Hast du etwa nicht erfahren, dass man in diesem Hause einiges erleben kann, was Männern mehr Spaß macht als alles andere?«

»Vorausgesetzt«, bemerkte ihre Schwester Uta, »man hat das nötige Kleingeld in der Tasche. Aber das hast du doch, oder? Wie ein armer Schlucker siehst du jedenfalls nicht aus.«

Lassiter ging auf die Frage nicht ein.

Er hielt es für besser, endlich aufs Ganze zu gehen.

Inzwischen war alles von selbst so weit gediehen, dass er nicht länger wie die Katze um den heißen Brei herumschleichen wollte.

»Wie wäre es, wenn ihr mich auf mein Zimmer führen würdet?«, fragte er. »Vielleicht könnt ihr mir bei der Gelegenheit schon mal ein bisschen zeigen. Was ich bis jetzt von euch gesehen habe und sehen kann, ist ja ganz ordentlich. Aber man kann nie wissen.«

Die beiden Zwillingsschwestern sahen ihn erstaunt an.

So etwas schienen sie noch nicht erlebt zu haben.

»Mann, du gehst aber ran«, stieß Uta Morenas schließlich hervor. »Aber du sollst haben, was du dir wünschst. – Borcos!«

Völlig lautlos schwang eine Tür auf, die Lassiter jetzt erst bemerkte.

Ein Mann trat in den Raum. Ein Schwarzer. Sein viereckiger Kopf war kahlgeschoren. Und er war wohl der größte Mann, den Lassiter je gesehen hatte.

Sein einziges Kleidungsstück war ein Lendenschurz aus Leopardenfell. Die ebenholzfarbene Haut über den schweren Muskelpaketen glänzte ölig. Der Stiernacken war leicht geneigt. Fast unterwürfig sah der Riese die schönen Schwestern an.

Lassiter dachte mit leisem Unbehagen daran, wie es sein würde, wenn er mit diesem Burschen Krach bekommen sollte.

Dieser Koloss war wahrscheinlich imstande, mit den bloßen Fäusten gegen einen Grizzlybären zu kämpfen.

Und wie er aufgetaucht war!

Ganz plötzlich. Scheinbar aus dem Nichts. Durch eine Tür, die selbst ein scharfer Beobachter erst dann sah, wenn er wusste, dass es sie gab.

Unwillkürlich sah sich Lassiter um, betrachtete aufmerksam die holzgetäfelten Wände und die schweren samtroten Vorhänge an den Fenstern.