Lassiter Sonder-Edition 49 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sonder-Edition 49 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Lassiter verfluchte sich. Auf was hatte er sich da nur eingelassen! Neunundneunzig Frauen, und jede einzelne war eine richtige Wildkatze. Weich, anschmiegsam, tödlich. Warum hatte er nur den Auftrag der Schwarzen Lola angenommen, die Frauen über die Rocky Mountains zu führen?
Jetzt lag er vor ihnen. Nackt, gefesselt. Und diese texanischen Amazonen tanzten wie verrückt um ihn herum...

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Seitenzahl: 162

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

LASSITER UND DIE SATANSBRAUT

Vorschau

Impressum

LASSITER UND DIE SATANSBRAUT

von Jack Slade

Der Zug hielt mit einem jähen Ruck. Bremsen kreischten. Wagen schoben sich ineinander. Holz und Metallteile flogen durch die Luft. Die Dampfpfeife heulte schrill. Nach dem infernalischen Krachen herrschte sekundenlang lähmende Stille. Nur für zwei, drei Sekunden. Gespenstische Stille des Entsetzens. Dann der erste gellende Schrei. Schrill, hysterisch.

Das Chaos brach aus. Menschen sprangen aus den demolierten Waggons. Männer, Frauen, Kinder und Greise. Viele von ihnen blutend, halb betäubt. Manche konnten nur noch kriechen. Andere lagen zwischen den Trümmern und würden sich nie mehr bewegen.

Mitten in das Chaos von schreienden, um Hilfe flehenden, verzweifelten Menschen schlug zum zweiten Mal in dieser Nacht das Unheil hinein.

Eine Explosion!

Zuerst grellte die gewaltige Stichflamme auf, und unmittelbar danach folgte der Donnerschlag.

Es war der Spezialwaggon, der drittletzte Wagen des Zuges. Der Waggon, in dem Geld transportiert wurde. Viel Geld: drei Millionen Dollar.

Der Waggon war besonders sorgfältig abgesichert. Es gab keine Fenster, sondern nur winzige Schießscharten. Die Wände waren durch Eisenplatten verstärkt. Im Innern befanden sich sechs schwerbewaffnete Männer.

Es war eine Festung, scheinbar uneinnehmbar.

In diesem Augenblick erwies sich das Gegenteil. Die Festung wurde wie von einer unsichtbaren Riesenfaust gepackt und in die Höhe geschleudert, verwandelte sich in einen Feuerball, der mit gewaltigem Druck auseinanderplatzte.

Die Menschen, die aus dem Zug gesprungen waren, wurden durch den Druck der Explosion durcheinandergewirbelt und zu Boden geworfen. Einige von ihnen wurden von Eisenteilen schwer getroffen.

Auch Lassiter erwischte es.

Etwas Hartes traf seinen Schädel, und er merkte nicht mehr, wie er zusammenbrach.

Er war im Salonwagen gereist, unmittelbar vor dem Expresswaggon. Sein erster Gedanke war der, dass man es auf das Geld abgesehen hatte, das im Spezialwaggon transportiert wurde. Er hatte seinen Revolver genommen und war hinausgesprungen.

Und dann die Explosion.

Die verstehen es!, hatte er noch gedacht, und dann war es für ihn Nacht geworden.

Er lag flach auf dem Bauch, während der Spezialwaggon ausgeraubt wurde und die letzten zwei Überlebenden in dem Wagen den Gnadenschuss bekamen.

Er hörte nichts von den Schüssen und den furchtbaren Schreien der Verwundeten. Hörte nicht, wie Menschen die Namen ihrer Angehörigen ausriefen. Sah nicht die Mutter, die ihr totes Kind auf den Armen hielt und immer wieder fassungslos den Namen »Erny« stammelte.

Furchtbare Szenen spielten sich ab. Und Lassiter lag in der Nähe des Expresswagens. Er lag da wie tot.

Die Banditen galoppierten auf schnellen Pferden davon. Sie ließen das Chaos, das sie entfesselt hatten, hinter sich zurück.

Lassiter schlug erst die Augen wieder auf, als der neue Tag begonnen hatte. Sieben Stunden war er bewusstlos gewesen. Es hatte ihn schlimm erwischt.

Er starrte hoch.

Über sich sah er eine weißgetünchte Decke. Kleine schwarze Tiere krochen hin und her. In der Ecke hatte eine Spinne ihr Netz gespannt und lauerte auf Beute.

Lassiters Kopf war wie ein Wattebausch. Er wusste nicht, wo er war und was geschehen war.

Das Sehen tat seinen Augen weh. Er hob die Hand und tastete nach seinem schmerzenden Schädel.

Er trug einen Verband um den Kopf.

Woher hatte er den Verband?

Er versuchte, sich zu erinnern, entspannte sich. Sah die drei Frauen vor seinem geistigen Auge, mit denen er im Abteil gesessen hatte. Drei hübsche Frauen, eine appetitlicher als die andere.

Die Erinnerung an den Zug stieg in ihm auf. Er glaubte wieder, diesen furchtbaren Krach zu hören, als der Zug auf ein Hindernis gefahren war. Danach war er aus dem Abteil gerannt, hatte an Überfall gedacht und seinen Revolver gezogen.

Und dann die Explosion. Der grelle Blitz, der die Nacht taghell erleuchtet hatte.

Bruchstückhaft stiegen die Bilder in seinen Gedanken hoch. Er dachte wieder an die drei Frauen.

Mit einer von ihnen war er in ein Gespräch verwickelt gewesen, als plötzlich der Zug mit einem Ruck zum Stehen kam.

Sie hatte ihm ihren Namen genannt.

Lola Martinez!

Ein Rasseweib. Schlank, schwarzhaarig, blendend weiße Zähne, dunkler Teint. Lockend wie die Sünde. Eine Frau, bei der Lassiter keine Sekunde lang gezögert hätte, sich mit ihr ins Bett zu legen.

Die beiden anderen waren auch nicht schlecht gewesen. Eine Rothaarige. Eine Blonde. Bella Sherman und Britt Nielson.

Was war aus ihnen geworden?

Wahrscheinlich waren sie ebenfalls verwundet, vielleicht auch tot.

Vorsichtig bewegte Lassiter den Kopf. Er wollte seine Umgebung sehen. Glaubte anfangs, in einem Krankenzimmer zu sein.

Doch dann sah er die Gitterstäbe der Tür. Entdeckte das vergitterte Fenster.

Er war eingesperrt.

Der Raum war eine Gefängniszelle.

Er wollte sich aufrichten, aber es gelang ihm nicht. Am ganzen Körper war er wie gelähmt.

Leise fluchte er vor sich hin. Er ahnte bereits, was los war. Er hatte wieder einmal Pech gehabt. Pech, dass er den Namen Lassiter trug.

Sein Name war sein Schicksal.

Vor Jahren hatte es angefangen. Seine Auseinandersetzung mit Wells Fargo, der mächtigsten Transportgesellschaft des Westens. Mit diesem unheimlichen, alles verschlingenden Moloch.

Wells Fargo wollte Lassiters Frachtwagenlinie haben – und bekam sie auch. Auf die übliche Tour. Durch Intrigen, Gewalttätigkeit, Mord.

Lassiter aber schlug zurück. Er holte sich alles von Wells Fargo wieder, was ihm die Company genommen hatte.

Er wurde der erbittertste Feind von Wells Fargo.

Sie setzten hohe Belohnungen auf seine Ergreifung aus. Kopfgeldjäger hingen unerbittlich auf seiner Fährte. Jagten ihn. Von Stadt zu Stadt. Von Land zu Land.

Sein Ruf wurde berüchtigt.

Man lastete ihm Verbrechen an, die er gar nicht begangen hatte.

Mehrmals sperrten sie ihn ein, aber für ihn war kein Gefängnis sicher genug. Immer wieder entkam er dem Galgen.

Er ahnte auch bereits, was ihn erwartete.

Sie hatten ihn in der Nähe des explodierten Gepäckwagens gefunden. Jemand hatte ihn erkannt, und jetzt stand es bestimmt schon für die meisten fest, dass er an dem Überfall beteiligt gewesen war.

Es war der Fluch, der seinen Namen belastete.

Er hörte Schritte. Schlüssel klirrten gegeneinander. Die Tür wurde aufgeschlossen.

Drei Männer erschienen in seinem Blickfeld. Zwei von ihnen trugen einen Stern. Der Sheriff und sein Deputy.

Der dritte Mann war Blood.

Sidney Blood, den man den Bluthund nannte. Spezialagent der Privatarmee von Wells Fargo. Ein tüchtiger Bursche. Eiskalt. Intelligent. Unerbittlich gegen seine Feinde.

Mit hartem Grinsen sah er auf Lassiter hinab.

»Die Katze lässt das Mausen nicht«, sagte er vorwurfsvoll und schüttelte dabei leicht den Kopf. »Und ich dachte schon, Sie hätten in Ihrem Herzen Frieden mit Wells Fargo geschlossen.«

Lassiter grinste ebenfalls.

»Diesmal haben Sie das falsche Pferd aufgezäumt, Blood«, sagte er. »Es wird mir aber schwerfallen, Sie von der Wahrheit zu überzeugen.«

Blood schüttelte den Kopf.

Wenn er sich in einen Gedanken verrannt hatte, konnte er ungemein stur sein. Dann war er wie besessen von seiner Idee.

Diesmal war er fest davon überzeugt, dass es einen Zusammenhang zwischen Lassiter und dem Überfall auf den Geldtransport von Wells Fargo gab. Von diesem Glauben würde er sich nicht so leicht abbringen lassen.

»Es spricht zu viel gegen Sie, Lassiter«, sagte er rau. »Sie befanden sich im Salonwagen unmittelbar vor dem Expresswaggon, in dem sich auch das Geld befand. Unmittelbar nachdem der Zug gestoppt worden war, zogen sie ihren Revolver und rannten ins Freie. Sie wussten also, dass ein Überfall stattfand. Sie wollten sich mit Ihren Kumpanen zusammentun und mit ihnen und dem Geld fliehen. Aber Sie hatten Pech. Sie wurden bei der Explosion des Wagens von einem Eisenteil am Kopf erwischt. Ihre Kumpane kümmerten sich nicht um Sie, sondern suchten allein das Weite.«

»Gut kombiniert«, gab Lassiter spöttisch zurück. »Natürlich war es mir sofort klar, dass es sich um einen Überfall handelte. Ich wusste auch, dass an diesem Tage viel Geld transportiert wurde. Schließlich habe ich Augen im Kopf und beobachtete die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen, als in Shreveport der Spezialwaggon beladen wurde. Ist das ein Beweis gegen mich? Jeder, der einigermaßen auf Draht ist, konnte sehen, was da gespielt wurde. Mir kann niemand etwas anhängen, Blood.«

Der Spezialagent seufzte.

»Sie sind ein verdammt harter Brocken, Lassiter«, sagte er. »Ich habe von Anfang an gewusst, dass es mit Ihnen wieder einen Berg von Schwierigkeiten geben würde. – Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie sagen alles, was Sie wissen. Als Gegenleistung garantiere ich Ihnen, dass Sie milde bestraft werden.«

»Ich kann Ihnen aber nicht mehr erzählen«, knurrte Lassiter wütend. »Sie haben eben die Wahrheit gehört, Blood. Ich bin in diesem Fall so unschuldig wie ein neugeborenes Baby.«

»Was ist denn eigentlich das Ziel Ihrer Reise gewesen?«

»El Paso.«

»Warum nahmen Sie ausgerechnet ein Abteil so nahe bei dem Spezialwaggon?«

»Weil ich gerne bequem reise. – Hören Sie mal, Blood! Glauben Sie, ich wäre wirklich so bescheuert, mich dicht neben eine Bombe zu setzen, wenn ich weiß, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt in die Luft geht. Halten Sie mich tatsächlich für einen Selbstmörder?«

Blood zuckte die Schultern.

»Ihnen ist alles zuzutrauen, Lassiter«, brummte er mürrisch. »Sie pflegen meistens das Ungewöhnliche zu tun. Nein, Mister, Sie können mir erzählen, was Sie wollen. Ich glaube Ihnen kein Wort. Und Sie werden hier weiter schmoren, bis ich die Wahrheit herausgefunden habe.«

Lassiter grinste spöttisch.

»Dann beeilen Sie sich gefälligst, Blood! Statt hier unnütz die Zeit zu vergeuden, sollten Sie längst hinter den Räubern her sein.«

»Lassen Sie das meine Sorge sein, Lassiter. Es ist bereits alles in die Wege geleitet. Wells Fargo wird das Geld zurückbekommen. Darauf können Sie sich verlassen.«

Er nickte dem Sheriff und dem Deputy zu, und die drei Männer verließen grußlos die Zelle.

Lassiter schloss die Augen und versuchte zu schlafen.

In seinem Kopf bohrten noch immer die Schmerzen, und das kurze Gespräch hatte ihn ziemlich angestrengt.

In dem Bewusstsein, dass er beruhigt in die Zukunft blicken konnte, schlief er ein. Diesmal konnte ihm wirklich nichts passieren. Und Sidney Blood würde mit Sicherheit die Wahrheit herausfinden und sich bei Lassiter entschuldigen müssen.

Lassiter irrte sich.

Es gab Dinge, die man einfach nicht vorausberechnen konnte.

II

Drei Tage nach seinem Gespräch mit Blood erfuhr Lassiter die bittere Wahrheit. Von diesem Tag an wusste er, dass längst nicht alles so verlaufen war, wie er sich das vorgestellt hatte.

Und es bewahrheitete sich wieder einmal der alte Spruch, dass eben auch der Bravste nicht in Frieden leben kann, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.

Lassiter rechnete sich zwar keineswegs zu den Braven, aber in diesem Falle war er einer, und der Teufel, der ihm einen tödlichen Streich gespielt hatte, hörte auf den Namen Chuck Vanderberg.

An diesem Nachmittag hörte Lassiter den Namen, kurz nachdem Sidney Blood zusammen mit Sheriff Earl Wingman vor seiner Zelle aufgekreuzt war. Die Gesichter der beiden strahlten eine grimmige Zufriedenheit aus, und Lassiter ahnte sofort eine Menge Verdruss...

»Schlechte Nachrichten für Sie, Lassiter«, begann Blood.

Lassiter trat an die Gittertür.

Er war gereizt und hatte damit gerechnet, nun endlich freigelassen zu werden. Aber der Gesichtsausdruck und der Klang von Bloods Stimme warnten ihn.

»Was ist los, Blood? Sagen Sie schon, was Sie auf dem Herzen haben.«

Blood grinste überheblich.

»Kennen Sie einen Chuck Vanderberg?«

Lassiter nickte verblüfft.

Chuck Vanderberg...

Natürlich kannte er diesen Hundesohn. Es war einer der gemeinsten und heimtückischsten Halsabschneider, die Lassiter je kennengelernt hatte. Vor einem halben Jahr hatte Lassiter mit ihm einen Zusammenstoß in Nordmexiko gehabt. Er hatte ihm eine Beute von zehntausend Dollar abgejagt und seine beiden Kumpane getötet. Vanderberg selbst entkam ihm mit knapper Not.

Von diesem Tage an hatte Lassiter einen Todfeind.

»Sie kennen ihn also«, sagte Sidney Blood zufrieden. »Wir stellten ihn und die anderen Banditen in der Brasada. Sie hatten sich in einer verlassenen Siedlung verschanzt. Zwanzig Mann. Sie haben gekämpft bis zur letzten Kugel. Wollten sich um keinen Preis ergeben. Chuck Vanderberg war schwer verwundet, als wir das Nest endlich eingenommen hatten. Sterbend hat er uns verraten, dass Sie der Boss des Unternehmens waren, Lassiter. Er hat seine Aussage vor Zeugen gemacht. Es hat jetzt keinen Zweck mehr, zu leugnen. Sie sind dran, Lassiter.«

»Vanderberg wollte mich hereinlegen«, sagte Lassiter wütend. »Er hasste mich. Deshalb hat er diese Lüge erzählt. War er denn der einzige, der noch etwas sagen konnte? Gab es außer ihm keinen Überlebenden?«

Sheriff Earl Wingman räusperte sich.

»Sie zogen es vor, kämpfend zu sterben, Lassiter«, brummte er. »Sie werden der einzige sein, der eine ordentliche Verhandlung bekommt. Mit einem ordentlichen Urteil.«

»Es sieht schlecht für Sie aus«, sagte Blood. »In dem Zug starben sieben Menschen. Zweiunddreißig wurden verletzt, zum Teil schwer. Ich glaube nicht, dass Sie mit Gnade werden rechnen können. Richter Saul Fairbak ist ein gerechter, aber auch sehr strenger Mann.«

Lassiter lachte bitter auf.

»So was Verrücktes ist mir noch nie passiert!«, rief er. »Da fährt man als harmloser Reisender mit einem Zug, entkommt mit knapper Not dem Tod und soll dann noch hängen. Glauben Sie denn wirklich an diesen Unsinn, den Ihnen Chuck Vanderberg erzählt hat? Der Schuft wollte sich an mir rächen. Das ist alles.«

Der Sheriff und der Spezialagent sahen sich an.

Blood zuckte die Schultern.

»Das ist doch immer wieder dasselbe«, meinte er. »Jeder erfindet die verrücktesten Ausreden, um seinen Kopf zu retten. Lassiter, der Mann wusste, dass er im Sterben lag. Und ein Sterbender lügt nicht. Jedenfalls habe ich das noch nie erlebt.«

»Dann war es eben bei Vanderberg das erste Mal«, schnaubte Lassiter grimmig.

Er wandte sich ab und ließ die beiden Männer auf seinen Rücken sehen.

Diesmal steckte er in einer wahrhaft teuflischen Situation. Alles schien sich gegen ihn verschworen zu haben. Keine Aussicht auf Rettung, wohin er auch blickte.

Niemand glaubte ihm.

Das Gefängnis war absolut ausbruchsicher. Dicke Bruchsteinwände. Solide Gitter in Fenstern und Türen.

Er war zum Sterben verdammt.

»Sie könnten übrigens noch etwas für sich tun, Lassiter«, sprach der Spezialagent in seine Gedanken hinein. »Wir haben noch nicht alle Banditen erwischt. Einigen aus der Bande muss es gelungen sein, zu entkommen. Wir geben Ihnen nachher eine Liste mit den Namen der Toten. Sie sollen uns dann sagen, welche Männer uns noch fehlen. Als Gegenleistung könnte ich dann auch etwas für Sie tun.«

Lassiter drehte sich wieder um und grinste den Spezialagenten an.

»Sie haben wohl die Dollars noch nicht alle beisammen?«, fragte er.

Blood nickte finster.

»Wir konnten zwei Millionen sicherstellen. Eine Million fehlt uns noch. Eine Million Dollar, Lassiter. Mit diesem Geld könnten Sie Ihren Kopf retten. Sie...«

»Und mir dafür lebenslängliches Zuchthaus einhandeln, wie?«, unterbrach ihn Lassiter grob. »Gehen Sie doch zum Teufel, Blood! Von mir können Sie nichts erfahren.«

»Er ist ein verdammt harter und stolzer Bursche«, bemerkte der Sheriff ironisch. »Ob er auch noch so hart ist, wenn ihm der Henker die Schlinge um den Hals legt?«

»Lassen Sie das meine Sorge sein, Wingman!«, knurrte Lassiter. »Noch lebe ich.«

Blood lachte leise.

»Ah, Sie meinen wohl, aus diesem Bau würde Ihnen der Ausbruch gelingen? Geben Sie sich keinen falschen Hoffnungen hin! Das Gefängnis von San Antonio ist so ungefähr das stabilste von ganz Texas. Hier kommen Sie nicht heraus, und wenn Sie so stark wie ein ausgewachsener Büffelbulle wären. Von draußen brauchen Sie ebenfalls nicht auf Hilfe zu hoffen. Vor dem Gefängnis sind zusätzliche Wachen postiert. Kein Unbefugter kommt näher als zehn Schritt an den Bau heran. Nehmen Sie doch endlich Vernunft an, Lassiter! Sie sind der einzige Mensch, der uns weiterhelfen kann.«

»Ich bleibe bei meiner ersten Aussage.«

Er sagte es sehr bestimmt, aber Blood gab noch nicht auf. Er konnte verdammt hartnäckig sein, wenn es um die Interessen von Wells Fargo ging. In solchen Fällen kannte er keine Schonung. Weder sich selbst, noch anderen gegenüber.

Er sah den Sheriff an und meinte: »Vielleicht sollten wir noch einmal mit diesen Frauen sprechen. Könnte sein, dass sie doch mehr wissen, als sie bisher zugegeben haben.«

Lassiter horchte auf.

Welche Frauen meinte Blood?

Sheriff Earl Wingman machte ein skeptisches Gesicht.

»Ich glaube nicht, dass das noch etwas nützt«, murmelte er. »Wir haben Sie doch schon lange genug verhört. Einzeln und gruppenweise. Wir haben ihnen die gerissensten Fragen gestellt und uns immer wieder neue Fallen ausgedacht. Diese Weiber wussten nichts von der Sache. Sonst hätte sich wenigstens eine von ihnen verraten. So schlau sind die Langhaarigen nicht.«

Dieser Schwachkopf!, dachte Lassiter.

Sidney Blood grinste.

»Ich weiß, dass Sie ein Frauenfeind sind, Wingman«, sagte er. »Trotzdem sollte man sie niemals unterschätzen. Ich habe schon mit welchen zu tun gehabt, die ausgesprochen raffiniert waren.«

Sheriff Earl Wingman wischte wegwerfend mit der Hand durch die Luft.

»Raffinesse und Intelligenz sind zwei verschiedene Dinge. Ich wette mit Ihnen, Blood, dass diese sechzehn Frauen allesamt dumme Schafe sind. Die wussten wirklich nichts von dem, was ihre Männer trieben. Die waren fest davon überzeugt, dass die Männer auf ehrliche Art ihre Dollars verdienten.«

Lassiter mischte sich ein.

Er atmete bereits innerlich auf.

Diese Frauen, von denen Blood und der Sheriff sprachen, konnten für ihn die Rettung bedeuten.

»Von welchen Frauen sprechen Sie, Blood?«, fragte er ruhig.

Blood grinste.

»Wissen Sie das wirklich nicht, Lassiter? Oder gehört das auch zu Ihrer Taktik?«

»Gab es Frauen in dem Nest, wo Sie die Eisenbahnräuber gestellt haben?«, fragte Lassiter hart. »Wenn das der Fall ist, so wäre auch mein Problem gelöst, schätze ich.«

»Sie sind ja sehr optimistisch«, sagte Blood trocken. »Ja, wir fanden Frauen in diesem Brasada-Nest. Sechzehn langhaarige Geschöpfe. Sie hatten sich in einer der Hütten zusammengedrängt und jammerten entsetzlich, als wir sie herausholten. Sie dachten wohl, es würde ihnen an den Kragen gehen wie ihren Männern. Sie fielen vor uns auf die Knie und bettelten um Gnade. Wir haben sie ausgefragt über ihre Männer. Aber sie konnten uns keine vernünftige Antwort geben.«

»Habt ihr euch auch nach mir erkundigt?«, wollte Lassiter wissen.

»Natürlich«, schnarrte Blood. »Aber den Namen Lassiter hatten sie noch nie gehört.«

»Sehen Sie!«, rief Lassiter. »Das dürfte doch Beweis genug dafür sein, dass ich niemals mit dieser Bande geritten bin. Sonst hätte doch wenigstens eine von diesen sechzehn Frauen meinen Namen einmal gehört. So etwas kann doch innerhalb einer Banditengemeinschaft nicht verborgen bleiben.«

»Hm«, brummte Blood, »daran habe ich auch schon gedacht. – Sheriff, wir sollten einige der Frauen herholen und sie Lassiter gegenüberstellen. Vielleicht hat ihn die eine oder andere mit den Banditen zusammen gesehen.«

Sheriff Earl Wingman brummte mürrisch.

»Das ist aber wieder mit verdammt viel Arbeit verbunden«, sagte er. »Wer holt die Weiber hierher?«

»Schicken Sie einen Frachtwagen hin!«, empfahl Blood. »Die Kosten übernimmt Wells Fargo. So lassen wir die ganze langhaarige Fracht nach San Antonio transportieren, und die Sache hat sich.«

»Vielleicht sind sie schon längst aus dem Nest ausgeflogen?«, wandte der Sheriff noch ein. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es ihnen dort noch gefällt, seit die Männer tot sind.«

»Vielleicht steckten sie doch mit den Banditen unter einer Decke«, meldete sich Lassiter. »Und jetzt sind sie mit einer Million über die Grenze nach Mexiko verschwunden.«

Blood schüttelte den Kopf.

»Unmöglich. Die Frauen haben das Geld nicht. Wir haben alles auf den Kopf gestellt. Und wir hatten ein paar erstklassige Suchhunde dabei. Uns ist keine Kleinigkeit entgangen.«

»Mr. Blood«, sagte der Sheriff, »wozu wollen wir uns überhaupt diese Arbeit machen und die Frauen herholen? Natürlich haben sie Lassiter schon gesehen. Aber sie werden ihn nicht verraten. Solches Banditengesindel hält zusammen wie Pech und Schwefel.«

Sidney Blood starrte Lassiter nachdenklich an.

Ihm schien ein ganz bestimmter Gedanke gekommen zu sein. Er sah aus, als würde er gerade etwas ausbrüten.

Die Bemerkung des Sheriffs schien er völlig überhört zu haben.

»Mr. Blood«, begann Wingman erneut, »ich habe gesagt, dass...«

»Schon gut«, murmelte Blood geistesabwesend, »schon gut, Sheriff. Gehen wir...«

Die beiden verschwanden. Blood war noch immer in seine Gedanken versunken. Der Sheriff folgte ihm verwirrt. Lassiter hockte sich auf den Rand seiner Pritsche.