Lassiter Sonder-Edition 55 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sonder-Edition 55 E-Book

Jack Slade

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Beschreibung

Riva warf lässig ihre langen, roten Haare zurück. Dann blickte sie Lassiter an. In ihren Augen tanzten winzige Funken, als sie sagte: »Du sollst einen Mann töten, Lassiter! Vor meinen Augen und vor den Augen der ganzen Stadt.«
Lassiter zuckte mit keiner Wimper. Er fragte nur: »Wer ist es denn?«
Die rote Hexe lächelte diabolisch. »Der Gouverneur.«
Lassiter schluckte. Das war hart. Ausgerechnet seinen eigenen Auftraggeber sollte er umbringen ...

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Seitenzahl: 175

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

LASSITER IM NETZ DER ROTEN HEXE

Vorschau

Impressum

LASSITER IM NETZ DER ROTEN HEXE

von Jack Slade

Lassiter stand reglos in der Höhle und lauschte in die pechschwarze Finsternis hinein.

Da war wieder das Geräusch!

Gitarrenklänge. Dazu der Gesang einer Frauenstimme. Alles leise, gedämpft. Es kam von irgendwoher aus der Tiefe dieses Berges. Irgendwo in diesem weitverzweigten Höhlensystem befanden sich Menschen.

Er wusste es seit ungefähr einer halben Stunde, aber es war ihm noch immer nicht gelungen, die Stelle ausfindig zu machen. Er befand sich mitten in einem Labyrinth von Höhlen. Es war kalt hier unten, und an vielen Stellen war der Felsboden von einer dicken Eisschicht bedeckt.

Lassiter lauschte.

Er hielt sich in einem Felsenraum auf, von dem aus drei Höhlen nach verschiedenen Seiten abzweigten. Und es war nicht zu erkennen, aus welcher Richtung der leise Gesang und das Klingen der Gitarre kamen.

Entschlossen wandte sich Lassiter schließlich nach links. Vorsichtig drang er in den schmalen Gang ein und riss hin und wieder ein Zündholz an, um sich zu orientieren.

Die Geräusche wurden lauter, ein Zeichen dafür, dass er die richtige Höhle gewählt hatte. Jetzt konnte er bereits einzelne Worte des Liedes verstehen. Es war ein mexikanisches Liebeslied, das er schon mehrmals gehört hatte, als er drüben in Mexiko gewesen war.

Hier aber war hoher Norden. Montana. Nicht weit entfernt von der kanadischen Grenze.

Lassiter schritt langsam weiter. Licht schimmerte schwach durch die Dunkelheit. Er kam an eine Tür, eine massige, mit Eisen beschlagene Bohlentür. An einigen Stellen fiel Licht durch schmale Ritzen zwischen den Bohlen.

Durch eine dieser Ritzen spähte Lassiter in den Raum, der hinter der Tür lag. Sekundenlang blendete ihn das Licht. Es war die Folge des langen Aufenthalts in der tiefen Dunkelheit des Höhlenlabyrinthes.

Was er dann sah, ließ ihn unwillkürlich den Atem anhalten. Er hatte das Gefühl, in eine Kirche zu blicken, die man in einen Wohnsalon umgewandelt hatte.

Es war eine kreisförmige Felsenkammer, deren kuppelförmige Decke nach oben spitz zulief. In der Mitte des Raums brannte Feuer in einem gemauerten Kamin, durch den der Rauch nach oben abzog. Zahlreiche Kerzen brannten in schweren Kronleuchtern aus Messing. Der flackernde Lichtschein ließ das bunte Gestein an den Wänden funkeln. Teppiche und Felle bedeckten den Boden. In einem großen Regal standen zahlreiche Flaschen. Es gab einen Schrank, eine Truhe, einen niedrigen Tisch und darum herum gruppiert drei rote Samtliegen.

Auf einer dieser Liegen kauerte ein Mann und spielte auf seiner Gitarre. Ein junger Mann, etwa zwanzig, schwarzhaarig und mit einem hübschen, fast mädchenhaften Gesicht. Er trug ein weißes Hemd und eine einfache weiße Leinenhose. Seine Füße waren nackt. Das weiße Hemd stand vorne offen, und man sah rote Striemen auf seiner Haut. Spuren von Peitschenhieben.

Auf den beiden anderen Liegen hatten es sich zwei Männer bequem gemacht. Gefährlich aussehende Burschen. Beide schwarzbärtig. Sie trugen weiße Hemden mit schwarzen Schleifen, teure Tuchhosen und Stiefel aus weichem Leder. Ihre Revolvergurte hingen an Eisenhaken neben der zweiten Tür, die Lassiter genau gegenüberlag.

Zu den Klängen der Gitarre wiegte sich mitten im Raum ein nacktes Mädchen und sang mit weicher, einschmeichelnder Stimme.

Eine junge, schwarzhaarige Mexikanerin. Die langen Haare umflossen ihre nackten Schultern und die Spitzen ihrer straffen Brüste.

Um die Hüften schmiegte sich ein schmales Silberband, an dem wie ein winziger Perlenvorhang ein Lendenschurz befestigt war.

Ein erregender Anblick.

Bei jeder schlangengleichen Bewegung ihres grazilen Körpers klirrten die winzigen Perlen, gaben für Sekundenbruchteile den Blick auf ihre intimste Stelle frei und legten sich im nächsten Augenblick wieder wie ein schützender Vorhang davor.

Lassiter starrte fasziniert.

Jetzt hörte der junge Mexikaner auf zu spielen. Mit einem abgehackten Akkord verstummte die Gitarre. Das Mädchen sank auf die Knie, krümmte den Rücken und senkte den Kopf, bis die Stirn den Boden berührte.

In dieser demütigen Haltung verharrte es.

In dem Felsengewölbe war es still.

Die beiden Männer setzten sich auf, und der eine winkte dem jungen Mexikaner zu.

»Verschwinde!«

Der Junge stand auf.

»Señores«, begann er, »bitte, lassen Sie Micaela in Ruhe. Sie...«

»Halts Maul, Manolito!«, sagte der eine Kerl grob. »Das Mädchen gehört uns. Wir haben bereits dafür bezahlt.«

Das nackte Mädchen kauerte reglos auf dem fellbedeckten Boden.

Manolito stand da mit gesenktem Kopf. Er wusste, dass er gegen die beiden Männer nichts ausrichten konnte. Trotzdem machte er den Eindruck, als ob er in seiner Wut doch noch einen verzweifelten Ausfall wagen wollte.

Lassiters Hand glitt tastend über die Türfüllung. Er suchte einen Griff oder Riegel, um die Tür öffnen zu können.

In diesem Augenblick flammte in dem dunklen Stollen hinter ihm Licht auf. An den Schritten erkannte er, dass sich mehrere Männer näherten.

Er blieb ruhig stehen und drehte den Kopf. Das grelle Licht einer Grubenlampe stach ihm in die Augen, blendete ihn.

Aus der Dunkelheit sprach ihn eine harte Stimme an.

»Bleib ganz ruhig stehen, Mister! Bei der ersten verdächtigen Bewegung knallt es, und du hast ein paar Stücke Blei im Bauch.«

Lassiter nickte grinsend.

»Ich wollte gerade anklopfen«, sagte er.

»Was suchst du hier?«, fragte die Stimme.

»Ich war neugierig«, gab Lassiter ruhig zurück. »Ich kampierte im vorderen Teil der Höhle und hörte Geräusche. War verdammt froh, als ich endlich mal wieder menschliche Wesen in meiner Nähe wusste. – Zufrieden, Mister?«

»Abschnallen!«, befahl der Mann.

Lassiter gehorchte. Langsam ließ er den Gurt mit dem schweren Revolver auf den Felsboden fallen.

Im Augenblick blieb ihm keine andere Wahl. Schon an der Stimme des Kerls hatte er erkannt, von welcher Sorte dieser Bursche war. Und auch die anderen Umstände waren Beweis genug, dass es sich bei den Bewohnern dieses Höhlenlabyrinths auf keinen Fall um fromme Pilger handelte.

Trotz allem war Lassiter innerlich zufrieden. Er hatte eine bestimmte Spur gesucht und nun bereits mehr entdeckt, als er in seinen kühnsten Vorstellungen erwartet hatte.

Der Zufall hatte ihn mitten in die Höhle jenes unheimlichen Mannes geführt, den er nun schon seit Wochen vergeblich suchte. Keine Sekunde zweifelte er daran, dass er in der Höhle des Löwen angekommen war. Genau musste es heißen: »Höhle des Schwarzen Panthers«.

Der Schwarze Panther!

Lassiter wusste jetzt schon, dass er sich innerlich auf einiges gefasst machen musste.

»Umdrehen!«, befahl die Stimme. »Gesicht zur Tür!«

Lassiter gehorchte.

Gleich darauf presste sich eine Mündung gegen sein Rückgrat.

Einer bückte sich und hob Lassiters Revolvergurt auf. Ein anderer Bursche tastete ihn nach weiteren Waffen ab. Er fand das lange Messer im Stiefelschaft, das Messer im Gürtel und den Derringer in der Innentasche von Lassiters pelzgefütterter Jacke.

In dem Felsenraum hinter der Tür schrie gerade der junge Mexikaner auf, und seinem schrillen, gequälten Schrei folgte ein Fluch.

»Zum Teufel mit dir, Mex! Verschwinde, oder ich lasse dich die Peitsche schmecken, bis deine Haut in Streifen runterhängt!«

Es wurde wieder still hinter der Tür.

»Allerhand los bei euch«, bemerkte Lassiter.

Einer der Männer klopfte mit seinem Revolverkolben gegen die Tür und rief: »Macht mal auf! Wir haben 'ne nette Überraschung!«

Drinnen wurde ein Riegel zurückgeschoben, und die schwere Tür schwang auf.

»Hinein mit dir!«, befahl der Mann hinter Lassiter.

Lassiter setzte sich in Bewegung. Mitten in dem Raum blieb er stehen. Das Feuer im Kamin verbreitete angenehme Wärme. Auf dem fellbedeckten Boden kauerte noch immer das Mädchen in seiner demütigen Haltung.

»Ganz gemütlich habt ihr's hier«, sagte Lassiter grinsend. »Eigentlich habe ich mehr Gastfreundschaft erwartet.«

»Halts Maul, bis du gefragt wirst!«, knurrte der Mann hinter ihm.

Er schien der Anführer zu sein, denn außer ihm hatte bisher noch keiner etwas gesagt.

Die junge Mexikanerin bewegte sich noch immer nicht. Sie erinnerte Lassiter an einen Hund, der sich nur auf einen bestimmten Befehl seines Herrn erhebt.

Lassiter drehte sich um und sah den Mann an. Es war ein großer Bursche mit einem hageren, dunkelhäutigen Gesicht. Ein Halbblut.

Seine beiden Begleiter machten ebenfalls einen indianerhaften Eindruck, aber Lassiter hielt sie für echte Weiße.

Sie alle hielten Revolver in den Händen. Auch die beiden, die von Anfang an in diesem Raum gewesen waren, hatten sich inzwischen ihre Revolvergurte umgeschnallt.

Auf das Mädchen achtete niemand.

Sie kauerte weiterhin reglos auf dem Boden.

»Wer bist du?«, fragte das Halbblut.

»Lassiter.«

»Woher kommst du?«

»Von Norden«, gab Lassiter zurück. »Und ich will nach Süden. Am Nachmittag wurde ich von diesem Blizzard überrascht. Glück für mich, dass ich in dem Schneetreiben die Höhle fand. Es war Zufall.«

Der Halbindianer sah ihn misstrauisch an.

»Ich glaube dir nicht, dass es Zufall war.«

»Warum nicht?«

»Weil dieses Gebiet verdammt abgelegen liegt. Hier hat sich noch nie ein Fremder blicken lassen. – Wie heißt die letzte Stadt, in der du warst.«

»Shelby«, sagte Lassiter.

»Und warum hast du dann nicht die normale Route nach Great Falls genommen? Von dort aus hättest du mit einer Postkutsche weiter nach Süden reisen können.«

Lassiter tat, als zögerte er mit der Antwort.

»Ich hatte meine Gründe«, murmelte er nach einer kurzen Pause.

Der Halbindianer grinste.

»Du wirst gesucht?«

»Ja.«

»Weshalb?«

»Postkutschenüberfall.«

Es war eine der Lügen, die sich Lassiter schon zu Beginn seines heißen Rittes ausgedacht hatte. Nur wenn er sich als Bandit ausgab, konnte es ihm gelingen, das Vertrauen dieser Bande zu gewinnen.

Das Gesicht des Halbbluts blieb misstrauisch.

»Wo und wann?«, fragte er.

»Vor vier Wochen«, antwortete Lassiter. »Zehn Meilen nördlich von Pondera.«

Der Halbindianer pfiff durch die Zähne.

»Ich habe davon gehört. Es soll drei Tote und ein paar Verwundete gegeben haben. Aber du warst nicht allein. Es war eine Bande von insgesamt vier Mann.«

Lassiter nickte. Der Überfall hatte tatsächlich stattgefunden, und er war über alle Einzelheiten von seinen Auftraggebern genauestens informiert worden. Es fiel ihm also nicht schwer, seine Rolle zu spielen.

»Richtig«, sagte er. »Wir waren zu viert. Nach dem Hold-up haben wir uns getrennt.«

»Wie viel habt ihr erbeutet?«

Lassiter grinste.

»Ich nehme an, ihr habt vorne in der Höhle mein Pferd gefunden«, sagte er. »Und ihr habt auch in meinem Gepäck nachgesehen. Eigentlich müsstet ihr längst Bescheid wissen.«

»Richtig«, sagte der Halbindianer. »Wir haben zweitausend kanadische Golddollar gefunden. Der Geldtransport kam ja von Alberta rüber. Pech für dich und die anderen, dass ihr das Geld nicht hier in den Staaten ausgeben könnt. – Und damit du dir darüber nicht länger den Kopf zerbrechen musst, haben wir das Zeug an uns genommen. Wir haben Verwendung dafür.«

Lassiters Gesicht blieb unbewegt. Es verriet nicht, was er in diesen gefährlichen Minuten dachte.

Er war innerlich zufrieden. Alles war bis ins Detail ausgeklügelt worden. Auch die zweitausend kanadischen Dollar waren ihm von seinen Auftraggebern ausgehändigt worden, damit alles möglichst echt wirkte.

Sein Plan schien sich als gut zu erweisen.

Es sah aus, als ob ihm der erste Schritt bereits gelungen wäre.

Der Halbindianer grinste böse.

»Na? Was sagst du jetzt? Willst du nicht wenigstens fluchen? Oder macht es dir nichts aus, dass wir dir deine Beute weggenommen haben?«

Lassiter zuckte die Schultern.

»Ich kann es nicht ändern«, sagte er ruhig.

»Er ist nicht richtig im Kopf!«, rief einer der Banditen.

Lassiter sah ihn verächtlich an.

»Soll ich euch vielleicht an die Kehle springen?«, fragte er. »Oder was würdest du an meiner Stelle unternehmen, Mann?«

Der Bursche wollte eine scharfe Antwort geben, aber der Halbindianer schnitt ihm das Wort ab.

»Hör auf, dich zu streiten, Jubal! Lassiter hat recht. Er hat eben bewiesen, dass er Grips im Kopf hat. Mehr jedenfalls als du.«

Nachdenklich richtete er wieder seinen Blick auf Lassiter.

»Ja«, murmelte er langsam, »du bist klug, Lassiter. Und das bedeutet, dass du gefährlich bist. – Es ist vielleicht tatsächlich ein Zufall, dass du ausgerechnet in dieses Gebiet eingedrungen bist und unsere Höhle gefunden hast. Es kann aber auch mehr dahinterstecken...«

Sein Gesicht nahm einen harten, bösartigen Ausdruck an.

Lassiter schwieg. Mit unbewegter Miene wartete er auf das, was ihm das Halbblut sonst noch zu sagen hatte.

Er ahnte nichts Gutes.

Er sah, wie das Halbblut den beiden Männern hinter Lassiter unmerklich zunickte.

Gleich darauf hörte er ein Sausen in der Luft.

Er duckte sich unwillkürlich, riss beide Arme hoch.

Umsonst.

Eine dünne Lederschnur hatte sich bereits um seinen Hals geringelt. Wie eine Schlinge. Schnürte seine Kehle zusammen, so dass er kaum noch atmen konnte.

Er wollte sich herumwerfen.

Der Druck um seinen Hals wurde noch stärker. Mit unwiderstehlicher Gewalt wurde er nach hinten gezogen.

Er taumelte.

Jemand streckte ein Bein aus, und er krachte schwer auf den Boden. Unter den Fellen spürte er den harten Fels. Und die Schlinge schnitt in seinen Hals, drückte seinen Kehlkopf nach innen.

Er würgte.

Er spürte, wie ihm die Augen aus den Höhlen traten.

Er riss den Mund weit auf und rang verzweifelt nach Luft.

Etwas Hartes traf seinen Kopf. Eine Stiefelspitze. Einer der Banditen hatte brutal zugetreten.

Wie aus weiter Ferne hörte er eine Stimme: »Das ist gut, Hunt. Das genügt...«

Der Druck um seinen Hals ließ etwas nach. Er schluckte verkrampft und wollte mit den Händen die Schlinge um seinen Hals lockern.

Sie gönnten ihm die kleine Erleichterung nicht. Harte Fäuste packten seine Handgelenke und drückten sie nach unten. Dann knieten sich zwei Männer auf seine Unterarme, und er lag da wie gekreuzigt.

Der Druck um seine Kehle lockerte sich endlich. Er konnte wieder einigermaßen atmen.

Über sich sah er das grinsende Gesicht des Halbindianers.

Wut erfüllte Lassiter, und er versuchte, die beiden Burschen, die auf seinen Armen knieten, abzuschütteln. Sie erkannten seine Absicht, und sofort zog sich die Schlinge um seinen Hals wieder enger zusammen.

Es war das Ende einer Peitschenschnur. Es war eine Schnur, in deren Spitze winzige Metallspitzen eingeflochten waren, die seine Haut aufritzten.

Er spürte, wie Blut über seine Haut rann. Aber schlimmer als dieser Schmerz war die erneute Atemnot.

Er begann zu röcheln. Bunte Kreise drehten sich vor seinen vorquellenden Augen.

»Fesselt ihn!«, befahl der Halbindianer.

Harte Fäuste packten ihn und warfen ihn auf den Bauch. Seine Arme wurden nach hinten gerissen. Ein Lederriemen legte sich um seine Handgelenke.

Er hatte das Gefühl, eine Tonnenlast drückte ihn nieder. Innerhalb weniger Sekunden waren ihm die Hände auf dem Rücken gefesselt. Er entspannte sich, weil das die einzige Möglichkeit war, seine Situation etwas erträglicher zu gestalten.

Der Druck auf seinem Körper ließ nach.

Er wurde wieder auf den Rücken gedreht, und wieder sah er in das Gesicht des Halbindianers, der offensichtlich der Anführer dieser Meute war.

War er der geheimnisvolle Bandit, den man den Schwarzen Panther nannte?

Lassiter drehte den Kopf und sah einen halben Meter von sich entfernt das Mädchen kauern. Die blutjunge, fast nackte Mexikanerin hatte sich noch immer nicht gerührt. Sie kauerte da wie zu Anfang. Den Rücken gekrümmt, die Stirn auf dem Boden, und das lange schwarze Haar umfloss ihre nackten Schultern und das Gesicht.

Welch ein schönes Geschöpf!

Trotz seiner misslichen Lage verspürte Lassiter Erregung in sich aufsteigen. Und er richtete seine volle Konzentration auf die Mexikanerin, um die Schmerzen zu vergessen, die ihm durch die dünnen Lederriemen zugefügt wurden, die in seine Handgelenke schnitten.

»Sieh mich an!«, befahl der Halbindianer.

Lassiters Blick ruhte weiterhin auf dem Mädchen.

»Sie gefällt mir besser«, sagte er und grinste verzerrt.

Der Halbindianer stieß ihm die Stiefelspitze in die Seite.

»Vielleicht wirst du sie bekommen«, sagte er. »Aber erst dann, wenn wir die Wahrheit über dich wissen.«

Lassiter sah ihn an.

»Ich habe nichts zu verbergen«, sagte er.

Das Halbblut grinste böse.

»Schon von Black Panther gehört?«, fragte er lauernd.

Lassiter nickte.

»Natürlich. Man spricht schließlich überall von diesem Mann und seiner Bande. Bist du das etwa?«

»Ich bin Shawnee«, sagte der Halbindianer. »Nein, der Schwarze Panther bin ich nicht. Aber wir und die anderen hier gehören zu seiner Mannschaft.«

Nun wusste es Lassiter.

Er war am Ziel. Durch einen Zufall war es ihm gelungen, das Versteck des Schwarzen Panthers ausfindig zu machen. Er hatte das geschafft, was viele andere vor ihm vergeblich versucht hatten.

Marshals und Sheriffs jagten diesen unheimlichen Verbrecher seit Monaten ohne Erfolg. Große Aufgebote durchstreiften die wilde Berglandschaft Montanas. Kavallerie wurde zur Verstärkung herangezogen.

Aber der Schwarze Panther war einfach nicht zu fassen. Ein Phantom, das aus dem Nichts auftauchte, blitzschnell zuschlug und ebenso schnell wieder verschwand.

Mit seiner Bande überfiel er Geldtransporte und raubte Banken aus. Sie kamen immer dann, wenn man am allerwenigsten mit ihnen rechnete.

Ihre Frechheit war immer wieder verblüffend. Ihre Tricks verschlugen selbst erfahrenen Männern den Atem.

Jetzt befand sich Lassiter in ihrer Gewalt. Wenn auch nur der leiseste Verdacht auf ihn fiel, dass er ihr Feind war, würden sie ihn töten. Vielleicht war sein Schicksal auch so besiegelt. Er war als Fremder in ihr Revier eingebrochen, und diese Tatsache allein konnte schon das Todesurteil für ihn bedeuten.

»Vielleicht kann euer Boss noch einen guten Mann gebrauchen«, meinte Lassiter. »Es würde mir Spaß machen, mit euch zu reiten.«

Shawnee ging nicht auf seinen Vorschlag ein.

»Durchsucht ihn!«, befahl er knapp.

Zwei der Männer machten sich sofort an die Arbeit. Rücksichtslos rissen sie dem Gefangenen die Kleider vom Leib, bis er nackt vor ihnen lag. Sie drehten jedes einzelne Kleidungsstück herum, trennten die Nähte der pelzgefütterten Mackinaw-Jacke auf und durchsuchten sorgfältig das Innere seiner schweren Stiefel aus Büffelleder.

Lassiter blieb ruhig liegen und sah den Banditen schweigend zu. Er hatte nichts zu befürchten. Bei ihm würden sie nichts Verdächtiges finden.

Mit mürrischen Gesichtern stellten die Banditen ihre Suche ein.

Lassiter grinste.

»Habt ihr etwa einen Stern gesucht?«, fragte er spöttisch. »Oder einen ganz bestimmten Ausweis?«

Shawnee nickte.

»Wir sind nun mal misstrauisch«, knurrte er. »An deiner Stelle würde ich mich jetzt noch nicht freuen. Wir sind nämlich noch nicht fertig mit dir.«

»Zur Hölle mit euch!«, fluchte Lassiter. »Warum traut ihr mir nicht? Ich meine es verdammt ehrlich.«

Shawnee grinste.

»Ich bin gespannt, wie hart du sein wirst«, murmelte er. »Die Peitsche, Colby!«

Colby reichte ihm die kurzstielige Peitsche mit der langen, geflochtenen Lederschnur.

Shawnee rollte sie aus und leckte sich über die breiten Lippen. Er schien ein Sadist zu sein. Ein Mann, der Freude dabei empfand, einen anderen quälen zu können.

Klatschend sauste der erste Hieb auf Lassiters Körper. Er zuckte zusammen und stöhnte leise auf.

Shawnee grinste verzerrt und schlug erneut zu. Lassiter wälzte sich auf den Bauch und zerrte wild an seinen Fesseln. Es war vergebens. Je mehr er sich anstrengte, desto tiefer schnitt der dünne Riemen in die Haut seiner Handgelenke ein.

Die Banditen lachten.

Wieder und wieder sauste die Peitsche auf seinen Rücken herab. Von Sekunde zu Sekunde wurden die Schmerzen stärker. Sein ganzer Körper schien sich in ein Flammenmeer verwandelt zu haben. Er schloss die Augen und presste die Zähne zusammen.

Er dachte an seinen Auftrag und daran, dass er sehr viel Geld verdienen würde, wenn es ihm gelang, den Schwarzen Panther zur Strecke zu bringen.

Lassiters Auftraggeber war der Gouverneur persönlich. Jeffrey Edwards. Außer ihm und Lassiter wusste niemand etwas davon. Selbst seine engsten Vertrauten hatte Edwards nicht informiert. Er musste vorsichtig sein, durfte keinem Menschen mehr trauen, denn er wusste, dass irgendwo in seiner Umgebung ein Verräter saß. Jeder Schlag, der bisher gegen die Bande des Schwarzen Panthers geführt worden war, war ins Leere gegangen. Dafür gab es nur eine Erklärung: Verrat.

Man war völlig ratlos.

Gab es überhaupt noch eine Möglichkeit, dieser Bande das grausame Handwerk zu legen?

Auch Lassiter hatte von den Schwierigkeiten der Regierung gehört. Aber es interessierte ihn nicht sonderlich.

Doch dann hatte er davon gehört, dass der Gouverneur eine Belohnung von fünfzigtausend Dollar ausgesetzt hatte. Der Mann sollte das Geld bekommen, dem es gelang, die Bande des Panthers zur Strecke zu bringen.

Lassiter setzte sich mit Jeffrey Edwards in Verbindung. Schrieb ihm einen Brief. Traf sich später mit ihm an einem geheimen Ort. Anfangs war Jeffrey Edwards sehr misstrauisch gewesen, doch dann hatte er Vertrauen zu Lassiter gefasst.

Der Gouverneur war ziemlich verzweifelt, und Lassiter war der erste Mann, vor dem er völlig die Karten aufdeckte. Es war etwas geschehen, wovon außer dem Gouverneur niemand etwas wusste.

Ron Edwards, der einzige Sohn des Gouverneurs, hatte sich der Bande des Schwarzen Panthers angeschlossen. Den Grund dafür kannte Jeffrey Edwards nicht.

Und er hielt es vor der Öffentlichkeit geheim, um seinem Ruf nicht zu schaden.

Diese Gedanken wirbelten durch Lassiters Gehirn, während er wie aus weiter Ferne das dröhnende Lachen der Banditen und das Klatschen der Peitsche hörte, die immer wieder auf seinen Körper hinabsauste.

Jetzt hörte Shawnee auf zu schlagen.

Er trat neben den gefesselten Mann, schob ihm die Stiefelspitze unter die Brust und drehte ihn mit einem harten Ruck auf den Rücken.

Wut erfüllte Lassiter, als er in das breitflächige Gesicht des Halbbluts starrte.

Shawnee grinste.

»Das war erst der Anfang, Lassiter. Oder hast du mir vielleicht jetzt schon was zu sagen?«

»Was willst du hören, du Bastard?«

Ein harter Tritt traf Lassiters Nierengegend.

»Ich warne dich, Mann!«, knurrte Shawnee. »Noch ein solches Wort, und ich schlage dir die Zähne ein.«

»Was willst du wissen?«, wiederholte Lassiter seine Frage.

»Gib zu, dass du aus einem bestimmten Grunde in diese Gegend geritten bist!«, forderte der Halbindianer.

Lassiter schüttelte den Kopf.

»Ich habe dir gesagt, dass ich auf der Flucht bin. Dass ich durch Zufall auf den Höhleneingang stieß, als ich Schutz vor dem Blizzard suchte. – Das ist alles.«