Lebe, was du bist - Johannes Eckert - E-Book

Lebe, was du bist E-Book

Johannes Eckert

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  • Herausgeber: Kösel
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2010
Beschreibung

Die klassischen Tugenden als Lebensformel – Benediktinische Weisheit für den Alltag

Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maß, die alten Kardinaltugenden, sind gerade heute Wertmaßstäbe und Orientierungshilfe für das, was gut und richtig ist. Verantwortlich zu handeln ist die Herausforderung unserer Zeit und Grundlage für wahre Lebenszufriedenheit. Ein Benediktiner weist dazu den Weg.

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Inhaltsverzeichnis
DAS WERTVOLLE SUCHEN
TUGEND, WAS IST DAS EIGENTLICH?
Aus der Not eine Tugend machen
Wer etwas taugt, ist zu gebrauchen
Tugend ist die Steigerung von gut sein
Tugend sucht das Beste zu erreichen
Mit Verstand und Willen Werte realisieren
Wertorientierte Führung braucht Tugend
Laster ist Mangel an Gutem
DIE VIER KARDINALTUGENDEN: KLUGHEIT, GERECHTIGKEIT, TAPFERKEIT, MAß
Kardinaltugenden – lebensbedeutsam und richtungsweisend
Geordneter Einsatz aller Kräfte
DIE KLUGHEIT: URTEILSVERMÖGEN UND ENTSCHEIDUNGSKOMPETENZ
Klug ist, wer einen Sinn für die Realität entwickelt
Der Kluge ist scharfsinnig und stellt Fragen
Der Kluge reflektiert und durchschaut Zusammenhänge
Der Kluge bleibt bodenständig
Der Kluge lernt aus Fehlern
Weisheit ist die Frucht der Klugheit
Der Kluge ist vorausschauend
Der Klügere gibt nach
Fazit: Zuerst denken, dann handeln
DIE GERECHTIGKEIT: FAIRNESS UND BERECHENBARKEIT
Gerechtigkeit fordert Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten
Der Gerechte benachteiligt niemanden
Gerechtigkeit richtet auf und ordnet
Der Gerechte will es zum Guten richten
Menschenwürde und Menschenrechte wurzeln in der Gerechtigkeit
Gerechtigkeit fordert Chancengleichheit
Der Gerechte handelt fair und ist berechenbar
Der Gerechte scheut keine Rechenschaft
Gerechtigkeit fordert Ausgleich zwischen Individualismus und Kollektivismus
Gerechtigkeit und Barmherzigkeit gehören zusammen
DIE TAPFERKEIT: COURAGE UND MUT ZUM UNTERNEHMERTUM
Tapferkeit verteidigt das Gute
Der Tapfere ist bereit, für das Gute Verwundungen hinzunehmen
Tapferkeit ist weniger Angriff als Standhalten
Der Tapfere ist verlässlich
Der Tapfere hat Mut, gegen den Strom zu schwimmen
Courage ist gelebte Tapferkeit
Von der Entscheidung zur Entschiedenheit
Der Mutige setzt mit kalkuliertem Risiko das Gute durch
DAS MAß: BALANCE BEIM EINSATZ DER KRÄFTE
Das Maß sucht das richtige Mischungsverhältnis der Kräfte
Das rechte Maß ist stets neu zu bestimmen
Der Maßvolle meidet jegliche Extreme
Maß zeigt sich in Mäßigung und im Maßhalten
Feinde des Maßes sind Maßlosigkeit und Habgier
Selbstbeherrschung und Autonomie durch Zucht und Maß
Maß als Balance zwischen dem Zuviel und dem Zuwenig
Der Maßvolle kennt seine Grenzen
Maß als Antriebskraft, im rechten Moment das Richtige zu tun
BENEDIKTINISCHER AUSBLICK: GLAUBE, HOFFNUNG, LIEBE
Mit den eigenen Grenzen leben lernen
Gelassen die Wirklichkeit sehen, ohne das Ideal aus den Augen zu verlieren
Durch Humor zur wahren Menschlichkeit finden
In Krisen bodenständig bleiben
Maßvolle Unterscheidung als Mutter aller Tugenden
Der Mensch steht im Mittelpunkt – nicht die Einhaltung von Regeln
Ein Leben lang Lernender bleiben
Durch Liebe mehr vermögen
LITERATUR
Copyright
DAS WERTVOLLE SUCHEN
»Lebe, was du bist: Klug – gerecht – tapfer – maßvoll.«. Der Titel, der sich an einem Zitat des griechischen Philosophen Pindar (522-445 v. Chr.) orientiert, provoziert Fragen: Was bin ich eigentlich? Kann ich von mir sagen, dass ich »klug – gerecht – tapfer – maßvoll« bin? Will ich das überhaupt sein? Ist »klug – gerecht – tapfer – maßvoll zu leben« eine Lebensmaxime, für die es sich zu leben lohnt? Im gesellschaftlichen Mainstream jedenfalls gelten andere Eigenschaften als erstrebenswert, machen andere Dinge das Leben lebenswert. Auf die Frage, wie er die westlichen Werte definiere, antwortete der bekannte Schriftsteller Salman Rushdi folgendermaßen: »Küssen in der Öffentlichkeit, Schinken-Sandwiches, offener Streit, scharfe Klamotten, Kino, Musik, Gedankenfreiheit, Schönheit, Liebe.« Die Antwort zeigt, dass der Wertebegriff schillernd geworden ist. Es werden damit nicht mehr nur konventionelle Werte wie »Pünktlichkeit, Treue, Ehrlichkeit, Demokratie, Emanzipation« bezeichnet, sondern all das, was Menschen im wahrsten Sinn des Wortes »wert-voll« ist. Und dies wird gleichgesetzt mit allem, was als nützlich, angenehm und schön empfunden wird und letztlich den subjektiven »Wert des Lebens«, den eigenen Lebenswert steigert. So genießen etwa Gesundheit, Wohlbefinden, Unterhaltung, Spaß und vieles andere einen hohen Stellenwert, während zum Beispiel Gehorsam, Disziplin oder Opferbereitschaft in der gesellschaftlichen Werteskala eher unten angesiedelt werden.
Analog zur gesellschaftlichen Entwicklung ist auch der Wertebegriff pluriform geworden. Der umfassende Individualisierungsschub der vergangenen Jahrzehnte hat zu einem tief greifenden Wertewandel in unserer Gesellschaft geführt. Jeder ist frei, für sich persönlich Werte zu definieren, die ihm eben als wertvoll und wichtig erscheinen. Das kann alles Mögliche sein, wie es das Zitat von Salman Rushdi zeigt. Freilich leiten sich aus den differierenden Wertvorstellungen unterschiedliche Welt- und Lebensanschauungen ab, sodass sich Werte ergänzen, aber auch konkurrierend gegenüberstehen können.
Manche sprechen nicht nur vom Wertewandel, sondern sogar vom Werteverfall, und klagen, dass es überhaupt keine verbindlichen Werte mehr gäbe, sondern die Gesellschaft im subjektiv Beliebigen zerfällt. Sie sehen das Ende der abendländischen Kultur und Zivilisation gekommen. Andere wiederum stellen fest, dass es zwar nicht zur »Umwertung aller Werte« gekommen ist, wie es Friedrich Nietzsche im 19. Jahrhundert ankündigte, aber auch sie konstatieren, dass seit etwa vierzig Jahren ein tief greifender gesellschaftlicher Wertewandel im Gang ist. Mit kritischem Blick auf die ausgeprägte Differenzierung und die damit häufig einhergehende Sehnsucht nach einer verbindenden und einheitsstiftenden Kultur wird in der gesellschaftlichen Diskussion wieder neu und immer intensiver die Frage nach den verbindlichen und damit verbindenden Werten gestellt. Der Begriff der »Leitkultur« macht die Runde. Manche sprechen sogar von einer notwendigen »Renaissance verbindlicher Werte«. So ist zu beobachten, dass sich beispielsweise Unternehmen verstärkt Gedanken über werteorientierte Führung machen, um durch eine an Werten ausgerichtete Unternehmenskultur Vorteile im wirtschaftlichen Wettbewerb zu haben.
Die plakative Frage: »Welche Werte brauchen wir?«, bringt die gesellschaftliche Ratlosigkeit letztlich auf den Punkt. Was sind in unterschiedlichen Wertvorstellungen die zentralen Werte? Die prägnante Formulierung des Kirchenlehrers Thomas von Aquin (1225-1274), »bonum faciendum, malum vitandum« – »das Gute ist zu tun, das Böse ist zu meiden«, ist einsichtig. Doch stellt sich wiederum die Frage: Wie finde ich das Gute? Wie unterscheide ich Gut und Böse, Richtig und Falsch? Welche Kriterien sind dabei entscheidend und wer gibt sie mir an die Hand?
Orientierungslosigkeit macht sich breit, die sich zugleich in Hilflosigkeit und Haltlosigkeit zeigt. Auf der Suche nach verbindlichen Werten gleicht unsere Gesellschaft jenem zerstreuten Professor im Zugabteil, der sich auf einen Vortrag vorbereitet und seine Manuskripte und Bücher im ganzen Abteil verteilt. Als er sich gerade in seine Studien vertieft, kommt der Schaffner und bittet ihn um die Fahrkarte. Der Professor beginnt sogleich in allen Taschen zu suchen, aber er kann die Fahrkarte nicht finden. Er sucht weiter zwischen den Manuskripten und in den Büchern, doch sein Mühen bleibt erfolglos. In seiner Verzweiflung schaut ihn der Schaffner mitleidig an und sagt: »Lassen Sie nur, ich glaube Ihnen ja, dass Sie eine Fahrkarte gelöst haben. Es ist schon gut so.« Doch der Professor sucht weiter. Er wird immer unruhiger. Um ihn zu beruhigen, versichert ihm der Schaffner nochmals: »Beruhigen Sie sich doch, ich glaube Ihnen, dass Sie kein Schwarzfahrer sind.« Der Verzweiflung nahe antwortet der Professor aufgeregt: »Ja, wegen Ihnen brauche ich die Fahrkarte nicht, aber ich muss doch wissen, woher ich komme und wohin ich fahre.«
In dieser Anekdote spiegelt sich die Rat- und Hilflosigkeit unserer Gesellschaft. Gleichen wir nicht manchmal jenem zerstreuten Professor, der nicht mehr weiß, woher er kommt und wohin er will? In der aktuellen Wertediskussion gilt es sowohl zu bedenken, woher wir kommen, als auch zu ergründen, wohin wir eigentlich wollen. Die Beantwortung der Frage nach der Herkunft und Zukunft wird Klarheit und Sicherheit bringen. So mag der Blick in die eigene Geistesgeschichte hilfreich sein, um zunächst einmal die Frage nach der Herkunft zu klären und daraus dann Wege in die Zukunft beschreiben zu können.
Ausgehend von der antiken Philosophie über die christliche Theologie bis hinein in die Aufklärung haben sich bedeutende Denker immer wieder mit der Frage nach verbindlichen Werten auseinandergesetzt, immer unter der Zielsetzung, verbindliche Werte zu erkennen und sie umzusetzen, sodass menschliches Leben in Gemeinschaft glücken und gelingen kann. Mit der Frage nach dem Guten und Richtigen wurde die Lehre von den Tugenden als ethische Wegbeschreibung entwickelt. Diese Lehre dient gleichsam als Handwerkszeug, das hilft, in unterschiedlichen Anforderungen und Lebenssituationen unserer Verantwortung füreinander gerecht zu werden. Aufgabe der Tugendlehre ist es, Werte zu erkennen und zu definieren und dann die Wertorientierung einzuüben, sodass das menschliche Leben dadurch geprägt wird. Um an diese Leittugenden, diese ethischen Grundausrichtungen zu erinnern und sie im Alltag sichtbar zu vergegenwärtigen, fand die Tugendlehre reiche künstlerische Ausdrucksformen. Gerade die vier Haupttugenden, die auch Kardinaltugenden genannt werden, Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maß wurden als allegorische Frauengestalten vielfach in den Schlössern, Kirchen und Klöstern des Barock abgebildet. Sie dienten besonders als Fürstenspiegel, das heißt als Orientierungs- und Reflexionshilfe für Menschen, denen Macht und Verantwortung anvertraut war. Mithilfe der Kardinaltugenden galt es, Werte zu erkennen, sie zu leben und zu vermitteln.
Die Rückbesinnung auf die Tugendlehre kann daher auch für die Bewältigung von Herausforderungen unserer Zeit nützlich sein, da dies ein bewährtes Modell ist, das tief in der abendländischen Geistesgeschichte verwurzelt ist.
Im Folgenden wird daher zunächst einmal ergründet, was »Tugend« eigentlich ist und welche Haupttugenden, bzw. Kardinaltugenden es gibt. Klugheit verstanden als Urteilsvermögen und Entscheidungskompetenz, Gerechtigkeit als Fairness, Tapferkeit als Courage, das rechte Maß als Balance werden nacheinander vorgestellt und erläutert. Kurze Impulsfragen möchten helfen, die je eigene Lebenswelt mit dem Gelesenen zu konfrontieren und Ansatzpunkte für das eigene Tun und Lassen zu finden. Schließlich wird ein benediktinischer Ausblick das Spannungsfeld zwischen Ideal und Wirklichkeit thematisieren und gleichsam die Perspektive auf die drei göttlichen Tugenden »Glaube – Hoffnung – Liebe« erweitern.