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Lust und Verlangen kann man nicht unterdrücken.In Belgrame ist Lazarus dazu bestimmt, ein Enteigneter zu sein. Die Enteigneten sind Auserwählte, ihre Aufgabe ist es, LeXuS zu hüten und damit die Moral von Belgrame und die Wahrhaftigkeit des Gesetztes. Aus diesem Grund ist den Enteigneten Sexualität in jeglicher Form untersagt. Denn Sex ist, nach Ansicht des LeXuS, der Auslöser von kriminellen Handlungen. Doch wie soll Lazarus enthaltsam leben, wo er doch schon einmal die verbotene Frucht gekostet hat ... -
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Seitenzahl: 54
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Virginie Bégaudeau
LeXuS: Lazarus, der Enteignete - Eine erotische Dystopie
Lust
LeXuS: Lazarus, der Enteignete - Eine erotische Dystopie
Übersezt von Susan Resnik
Titel der Originalausgabe: LeXuS: Lazare, les Spoliés
Originalsprache: Französisch
Coverbild/Illustration: Shutterstock
Copyright © 2021 Virginie Bégaudeau und LUST
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726498592
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
Belgrame
In einer nicht allzu fernen dystopischen Zukunft, unterliegt die Stadt Belgrame im Rahmen eines totalitären Regimes einem Gesetzesapparat, der den Namen LeXuS trägt. Sexualität ist fortan ein Privileg. Sie wird erworben, verkauft und vertrieben, doch sie ist nicht jedem zugänglich. Sie ist ein Symbol für sozialen Erfolg und ihre Kontrolle soll sicherstellen, dass es keine Sexualstraftaten mehr gibt.
Mit einem eigenen Algorithmus verteilt der LeXuS die Bevölkerung auf verschiedene Distrikte. Die Betreiber (Distrikt 0) besetzen den öffentlichen Dienst. Die Arbeiter (Distrikt I) werden am Institut von Belgrame zu Sexarbeitern ausgebildet. Die Partner (Distrikt II) leben in Paaren, ganz unabhängig von Ihrem Geschlecht, und kümmern sich um die Erziehung der Kinder von Belgrame. Die Verbraucher (Distrikt III) sind am freiesten und machen 70 % der Bevölkerung aus. Die Enteigneten (Distrikt IV) haben keinerlei Zugang zu Sexualität und erhalten Implantate. Die Unglücklichen (Distrikt X) bestehen aus allen Belgramern, die gegen den LeXuS verstoßen haben.
Aber Belgrame durchlebt schwere Zeiten, bedroht von einer Gruppe Abtrünniger, die mit aller Macht versucht, das Regime zu stürzen und freie Sexualität, ohne Diktatur, zu etablieren.
Willkommen in Belgrame!
Der LeXuS
LeXuS, Artikel 1
Jegliche sexuelle Handlung muss durch den LeXus, abhängig von der Zuordnung eines Bürgers, genehmigt werden.
Jeder Bürger, der Geschlechtsverkehr außerhalb der Regeln seines Distriktes praktiziert und damit gegen den LeXuS verstößt,
ist Gegenstand lebenslänglicher Inhaftierung.
Jegliche sexuelle Handlung kann verkauft, gekauft und gepachtet werden, sofern die Bürger,
die den Vertrag abschließen, dazu berechtigt sind:
Die Betreiber (Distrikt O – berechtigt) können Arbeiter zu ihrem persönlichen Vergnügen nutzen.
Die Arbeiter (Distrikt I – berechtigt) sind Sexarbeiter.
Die Partner (Distrikt II – berechtigt) verfügen über eingeschränkten und exklusiven Zugang zu Sexualität. Sie können diese ausschließlich mit dem ihnen durch den LeXuS zugeteilten Partner praktizieren.
Die Verbraucher (Distrikt III – berechtigt) können frei über ihre Sexualität verfügen.
Die Enteigneten (Distrikt IV – nicht berechtigt) haben keinerlei Zugang zu Sexualität.
Die Unglücklichen (Distrikt X – nicht berechtigt) sind von jeglicher sozialen Interaktion ausgeschlossen.
LeXuS: Lazarus, der Enteignete
Die Enteigneten sind dem Distrikt IV zugeordnet und sind die Garanten der
Moral Belgrames. Um den Staat im Gleichgewicht zu halten, ist ihnen
jegliche sexuelle Interaktion, ob innerhalb oder außerhalb ihres Distrikts,
untersagt. Jeder Enteignete muss sich wöchentlich bei der Wachstation der
Wächter Belgrames melden, um seinen Wochenbericht anzugeben und überprüfen
zu lassen. Allein der Staat ist befugt, die dem Distrikt IV zugeordneten
Personen zu verwalten.
Gemäß der Verordnung des Rechtsstaates verfassen, propagieren und schützen
die Enteigneten das Gedankengut Belgrames, indem sie sexuelle Abstinenz
garantieren. Jede Verletzung oder Nichtbefolgung des LeXuS und der Pflichten
der Enteigneten wird strafrechtlich verfolgt und mit Inhaftierung bestraft.
Registrationsnummer: 89673 Alias: Lazarus Sigcar Geschlecht: männlich (bestimmt) Ort: Distrikt IV
Schon in meiner ersten Nacht mit ihm bin ich gekommen, und es war der Beginn einer Revolte. Ich wusste, dass es vorbei war. Ich wollte es beenden. Nicht mit nur einem Orgasmus, sondern mit all den Orgasmen, die mir verboten wurden, all jenen, die ich versäumt habe. Ich muss mich dafür rächen und fühlen, wie mein Penis erschlafft, wie er berührt, gestreichelt und ejakuliert wird, so oft es nötig ist, um meine gestohlene Jugend wieder gutzumachen. Ich erinnere mich an das Gefühl eines Penis in mir, das heiße Sperma, das meine Oberschenkel hinunterfließt.
Seit Anbeginn der Zeit, oder jedenfalls seit jener Nacht, seit der die Gründer des LeXuS das Leben Tausender Menschen beherrschen, haben die Menschen an etwas geglaubt. Sie glauben an keinen Gott, sondern an eine Botschaft. Sie glauben an ein Buch voller Versprechen und Regeln, ein Buch, das sie entmenschlicht. Ich gehörte zu eben diesen Menschen und ich gehörte auch zu jenen, die sie zum Glauben gedrängt haben.
In Belgrame wird jeder Bürger vom LeXuS einem bestimmten Distrikt zugeordnet. Der LeXuS wurde von einem Politiker, einer Soziologin und einem Wirtschaftswissenschaftler ins Leben gerufen. Sie glaubten nicht mehr an die Menschheit, so wie sie damals existierte. Und an die Zukunft noch viel weniger.
Wir sind durch unser genetisches Erbe definiert und gehören bis zum Ende unserer Tage zu einer bestimmten Sparte der Gesellschaft. Und von unserem Leben bleibt wenig zurück, außer den Bestimmungen, die die Gründer und dann die Betreiber, ihre Rechte Hand, für uns im Sinn haben.
Ein Betreiber sagte mir einst:
„Ihr Glaube ist allumfassend, Millionen von Gläubigen stehen zusammen, unbeirrbar. Der LeXuS bringt die Menschheit wieder ins Gleichgewicht, er nimmt ihr die animalischen Züge.“
Und auch ich war das Sprachrohr der Gründer.
Aber heute Abend bin ich schwach geworden und habe all das vergessen, woran ich all die Jahre im Distrikt IV zu denken gezwungen war. Angst überwältigt mich, als ich das rote Sportcabrio fahre, dass ebenso rot ist, wie das Blut, das sie vergossen haben und ich trage Mitschuld. Die Schnelligkeit macht nicht verrückt, sie macht optimistisch. Ich rase durch diese Stadt, voll von Bürgern, die von Gesetzen und Dogmen regiert werden, voll von roboterartigen, verblendeten Menschen, ohne zu wissen, ob ich es herausschaffe. Aber es spielt keine Rolle. Ich habe nur eine Chance, nur eine einzige, und ich beschließe, Gas zu geben. Ich betrachte die makellosen Bürgersteige, die tadellosen Füßgängerstreifen. Alles ist so gepflegt und doch so langweilig. Das Beleuchtung ist künstlich und scheint die ganze Nacht hindurch. Ich schaue auf die Gebäude rechts und links und auf die Skyline unten im Tal. Wenn ich sie erreiche, bin ich fast frei. Der Distrikt O ist dort hinten, dort befindet sich die Hauptgrenze. Ich habe freie Sicht auf den höchsten Turm, der all diese Monster beherbergt. Das ist kein vorschnelles Urteil, ich kenne sie persönlich. Koordinieren, aufschreiben, übergeben. Sie sind die Elite und doch schwören sie, dass wir, die Enteigneten, ihnen überlegen sind. Sie sind der Grund für meine nächtliche Flucht in Angst vor der Gesellschaft und vor Ungerechtigkeit. Ohne sie wären wir frei.
