Liebe lieber italienisch - Claudia Romes - E-Book

Liebe lieber italienisch E-Book

Claudia Romes

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Beschreibung

Auf Korfu lebt Elisabeth ihren Traum. Das Café läuft gut und in Ilias glaubt sie auch endlich den richtigen Mann gefunden zu haben. Alles könnte so schön sein, würde sie nicht auf einmal jeder daran erinnern, dass ihre biologische Uhr tickt – außer Ilias, der es mit dem Heiraten offensichtlich nicht eilig hat. Da kommt die Einladung ihrer Eltern, die auf Capri ein eigenes Lokal eröffnet haben, gerade richtig. Auf der italienischen Felseninsel will Elisabeth mit Ilias einen romantischen Kurzurlaub verbringen und kurzerhand selbst um seine Hand anhalten. Doch wieder kommt alles anders. Plötzlich steht Elisabeth alleine auf Capri und auch ihre Selbstzweifel sind zurück. Zum Glück lernt sie Lucia kennen. Die selbstbewusste Kellnerin weiß genau, was Frauen am besten gegen Liebeskummer hilft: Der Charme italienischer Männer.

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Kurzbeschreibung:

Auf Korfu lebt Elisabeth ihren Traum. Das Café läuft gut und in Ilias glaubt sie auch endlich den richtigen Mann gefunden zu haben. Alles könnte so schön sein, würde sie nicht auf einmal jeder daran erinnern, dass ihre biologische Uhr tickt – außer Ilias, der es mit dem Heiraten offensichtlich nicht eilig hat. Da kommt die Einladung ihrer Eltern, die auf Capri ein eigenes Lokal eröffnet haben, gerade richtig. Auf der italienischen Felseninsel will Elisabeth mit Ilias einen romantischen Kurzurlaub verbringen und kurzerhand selbst um seine Hand anhalten. Doch wieder kommt alles anders. Plötzlich steht Elisabeth alleine auf Capri und auch ihre Selbstzweifel sind zurück. Zum Glück lernt sie Lucia kennen. Die selbstbewusste Kellnerin weiß genau, was Frauen am besten gegen Liebeskummer hilft: Der Charme italienischer Männer. 

Claudia Romes

Liebe lieber Italienisch

Romane

Edel Elements

Edel Elements

Ein Verlag der Edel Germany GmbH

© 2018 Edel Germany GmbHNeumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edel.com

Copyright © 2018 by Claudia Romes

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Agentur Ashera

Covergestaltung: Anke Koopmann, Designomicon, München

Lektorat: Cathérine Fischer 

Korrektorat: Susann Harring

Konvertierung: Datagrafix

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des jeweiligen Rechteinhabers wiedergegeben werden.

ISBN: 978-3-96215-131-7

www.facebook.com/EdelElements/

www.edelelements.de/

Inhalt

Kapitel eins

Kapitel zwei

Kapitel drei

Kapitel vier

Kapitel fünf

Kapitel sechs

Kapitel sieben

Kapitel acht

Kapitel neun

Kapitel zehn

Kapitel elf

Kapitel zwölf

Kapitel dreizehn

Kapitel vierzehn

Kapitel fünfzehn

Kapitel sechszehn

Kapitel siebzehn

Kapitel achtzehn

Kapitel neunzehn

Epilog

Kapitel eins

Es war der Sommer der Liebe. Um genau zu sein, war es bereits der dritte in Folge für mich. Und dieser versprach ausgesprochen heiß zu werden. Die Temperaturen auf Korfu, meiner Wahlheimat, am Ionischen Meer, überschritten täglich die dreißig Grad-Marke. Ich schwitzte, und die Saison boomte. Für Verschnaufpausen blieb aber keine Zeit. Hatte ich mir bei meinem Ex-Mann noch regelmäßige Wellnessanwendungen gegönnt, kam ich jetzt nicht einmal dazu, darüber nachzudenken. Jeglicher Luxus war in den Hintergrund gerückt, doch das kümmerte mich kaum noch.

Seitdem ich vor drei Jahren mit meiner Schwester Bina und meinem Mopsrüden Barnabas Deutschland verlassen hatte, war vieles anders geworden. Ich selbst eingeschlossen. Das Sissis, unser gemütliches Café auf Acharavis Promenade, das zwischen Souvenirläden, Restaurants und Tavernen lag, lief gut. Trotz Griechenlands Wirtschaftskrise hatten wir es geschafft, unser Geschäft aufzubauen. Wir konnten davon leben. Sicher, es waren keine großen Sprünge möglich. Wir mussten klug haushalten, sparsam sein. Doch das hatte ich in Kauf genommen, als ich nach Korfu ausgewandert war. Obwohl ich schon lange kein Geld mehr für etwas ausgegeben hatte, was nichts mit dem Café zu tun hatte, fehlte mir nichts. Wir lebten in unserem Idyll, und es fühlte sich an wie damals, als Bina und ich mit Oma Inge in den Ferien hergekommen waren. Ich wohnte dort, wo andere sich hinträumten. Abgeschieden von schlechtem Wetter und der miesen Laune der Menschen in der deutschen Großstadt.

Mit Persephone, der Straßenhündin, hatte unsere Familie Zuwachs bekommen. Sie und mein Mops waren unzertrennlich, weshalb wir ihr ein Heim, ein Halsband und eine umfangreiche Wurm- und Impfkur verpasst hatten. Alles war so, wie es sein sollte. Und ich sehnte mich nicht zurück in mein altes, verplantes Leben. Wer hätte das gedacht? Meine Mutter Brigitte sicher nicht. Ebenso wenig wie Paul, mein Ex-Mann. Aber der interessierte mich ohnehin schon längst nicht mehr. Nach zehn Jahren Ehe, in der ich ständig zurückgesteckt hatte, war ich nun dran. Und bei all dem Streben nach einer eigenen Existenz hatte ich ihn gefunden: meinen Traummann. Den Mann, der mich so liebte, wie ich war. Mit all meinen Eigenarten. Ich musste mich nicht mehr verstellen, niemand sein, der ich nicht war. Bei Ilias war ich ein völlig neuer Mensch. Eine Frau, die von ihrem Partner begehrt und geschätzt wurde. Mit genügend Freiraum, sich zu entfalten. Zum ersten Mal erfuhr ich, was es hieß, ein Team zu sein. In jeder Lebenslage. Und endlich wusste ich, dass ich kein Sexmuffel war. Es hatte nie an mir gelegen, dass ich keinen Spaß an Intimität verspürt hatte. Mit Paul hatte ich schlichtweg den falschen Mann gehabt. Ilias überraschte mich ständig aufs Neue. Mit ihm war es jedes Mal ein Feuerwerk der Leidenschaft. Wir waren so vernarrt ineinander, dass uns jeder Ort recht war. Wenn uns die Lust überkam, ließen wir uns fallen – ganz egal wo. Was auch der Grund war, weshalb ich beim Anblick des Küchentischs jedes Mal grinsen musste, weil mich ein ziemlich plastischer Flashback überkam. Ilias und ich waren wie füreinander geschaffen. Er war kein Mann der vielen Worte und neigte nach wie vor zur Skepsis, aber damit kam ich zurecht. Unsere Beziehung beruhte ohnehin eher auf Taten. Ilias besaß viel Einfühlungsvermögen. Er war ein sensibler Mann, eine zarte Seele, die sich hinter einer überaus attraktiven männlichen Aura verbarg.

„Hast du die Fischabfälle entsorgt?“ Ilias steckte den Kopf durch den Türspalt, und ich unterbrach mein gedankenverlorenes Kartoffelschälen.

„Noch nicht“, antwortete ich und legte das Messer auf der Arbeitsplatte ab. Obwohl ich die Landessprache mittlerweile gut beherrschte, unterhielten Ilias und ich uns nach wie vor meistens auf Deutsch – so auch jetzt.

„Hast du das mit Greta gehört?“, schlug er ein völlig neues Thema an.

„Nein, was ist mit ihr?“ Gretas kleiner Souvenirladen lag direkt neben unserem Café. Sie war eine alte, freundliche Dame, lebte allein und war erst vor einem Jahr vom Festland nach Acharavi gekommen. Jeden Morgen holte sie sich einen Kaffee bei uns.

„Ihr Mann ist gestorben“, fuhr Ilias fort.

„Was? Ich dachte, er wäre längst tot.“ So wie sie immer von ihrer Liebe gesprochen hatte, ging ich davon aus, dass sie ihn vor Jahren verloren hatte.

„Sie lebten wohl nur getrennt.“

„Hm … verstehe.“ Manchmal hielt man es einfach nicht zusammen aus, obwohl noch Gefühle füreinander da waren. „Wie geht es ihr denn?“ Heute Morgen hatte ich sie noch nicht gesehen. Jetzt machte ich mir ein wenig Sorgen.

„Sie ist zur Beerdigung nach Athen geflogen.“

Ich ließ ein Seufzen hören, weil ich mir nicht sicher war, wie sie zurückkehren würde. Oft hatte ich das Gefühl, dass sie unter dem Alleinsein litt. So manchen Sonntag hatte sie ganz im Sissis verbracht.

„Sie wird schon zurechtkommen“, sagte Ilias und ließ seinen Blick durch die Küche wandern. Blubbernde Töpfe standen auf dem Herd, zwei große Auflaufformen mit Moussaka waren im Ofen, überall stapelte sich das schmutzige Geschirr. Die Spülmaschine funktionierte nicht. Seit einer Woche warteten wir auf die Handwerker. Ärgerlich! Ich hatte bereits gestern nachhaken wollen, wann sie es endlich schaffen würden vorbeizukommen, doch in Café und Restaurant war zu viel los gewesen. Letztes Jahr haben wir es gewagt, Binas und mein Café und Ilias’ Restaurant von nebenan zusammenzulegen. Im Grunde betrachteten wir es als einen Laden. Deshalb hatten wir uns auch für einen gemeinsamen Namen entschieden: Bei Sissis und Ilias. Das Schild war auf dem Bordstein, zwischen beiden Häusern, angebracht. Ein gemeinsamer Hof verband beide Gaststätten miteinander. Es war selbstverständlich, dass wir einander unterstützten. Auch wenn wir manchmal das Gefühl hatten, dass uns dadurch die Arbeit über den Kopf wuchs. Besonders wenn wir mit unvorhergesehenen Schwierigkeiten konfrontiert wurden. Heute war so ein Tag.

Ich wischte mir die Hände an meiner Schürze ab und rührte die Tomatensuppe um. Noch eine Stunde, bis die Geburtstagsgesellschaft im Restaurant eintreffen würde. Ich war heilfroh, dass Binas Freundin Andrea kurzfristig im Café eingesprungen war. Die beiden waren bereits genauso lange zusammen wie Ilias und ich. Damit hatte ebenfalls niemand gerechnet. Obwohl sie es nie ausgesprochen hatte, wusste ich, dass meine Mutter gehofft hatte, dass Andrea für ihre jüngste Tochter nur ein Abenteuer war. Das Forschungsobjekt einer Neugierigen. Von der Toleranzdemonstration auf unserer Einweihungsfeier war keine Rede mehr. Die Kontaktanzeige, die meine Mutter für Bina deutschlandweit sowie in sämtlichen korfiotischen Zeitungen geschaltet hatte, hatte das Fass schließlich zum Überlaufen gebracht.

Junge, unsichere Auswanderin (sportlich-schlank, leicht maskulin, in den besten Jahren), sucht Ihn (25-55 Jahre), um auf den richtigen Weg zurückzufinden und zwecks Familiengründung

Wobei mich die Altersangaben im Inserat am meisten irritiert hatten. Umsichtig, wie unsere Mutter war, hatte sie Binas Privatnummer gleich mit öffentlich gestellt. Als das Telefon zum zwölften Mal innerhalb eines Nachmittags klingelte und Bina gefragt wurde, ob sie auch Nacktselfies verschickte, war der Riesenkrach vorprogrammiert. Zugegeben, diese Idee, die unsere Mutter ungeniert als ihre bewarb, war nicht die beste gewesen. Weshalb es mich nicht wunderte, dass es das Ende des hart erkämpften Familienfriedens bedeutete. Bina hatte meine Mutter beschuldigt, Vorurteile zu haben. Die beteuerte, es täte ihr leid, verteidigte sich aber damit, dass sie nur das Beste für Bina gewollt hatte. Durch die Anzeige hätte sie ihr lediglich mehr Optionen bieten wollen. Ein weiteres Indiz dafür, dass sie darauf spekulierte, Bina sei in einer notdürftigen Ausprobierphase. Meine Schwester machte das nur noch wütender. Sie verkündete wutentbrannt, dass Brigitte für sie gestorben sei. Ein Satz, der meine Mutter in Tränen ausbrechen ließ. Sie hätte es schließlich nur gut gemeint. Bina wäre nicht vorrausschauend genug und undankbar. So ging das ewig weiter. Das Verhältnis der beiden war schlimmer als zuvor, und ich hatte keine Idee, wie sich das je wieder hinbiegen lassen würde. Abgesehen von dem brodelnden Krieg, erlebte ich meine Schwester zum ersten Mal so richtig glücklich. Mit Andrea schien sie angekommen zu sein. Andrea tat ihr gut. Sie war fürsorglich, fleißig und für mich bereits Teil unserer Familie geworden. Bina befürchtete, dass unsere Mutter die Insel vor zwei Monaten deshalb verlassen hatte, weil sie ihre Chancen auf Enkelkinder von ihrer Jüngsten als verpufft ansah. In einem hitzigen Gespräch hatte sie die Absicht vorgebracht, Andrea zu heiraten. Was wohl zu viel für unsere Mutter gewesen war, die daraufhin die sofortige Flucht ergriffen hatte. Angeblich um mit ihrem buddhistischen Lehrmeister TinTin über den Mutter-Tochter-Disput zu meditieren, wie sie mir auf dem Weg zum Flughafen per WhatsApp schrieb. Dafür war sie zuvor schon mit unserem Vater nach Italien gereist, wo TinTin als spiritueller Leiter für eine beschauliche Gemeinde zuständig war. Wenig später hatte sie mich wissen lassen, dass ich ihr sowieso immer am ähnlichsten gewesen war. Womit sie nur die Heterosexualität meinen konnte, was für mich die einzige Gemeinsamkeit darstellte. Vermutlich hatte sie damit einfach ihre Hoffnungen auf Enkelkinder unterstreichen wollen, die nun auf mir ruhten. Schließlich hätte sie ja einiges wiedergutzumachen, so ihre Worte. Ich ging jedoch schnurstracks auf die vierzig zu und hatte beim besten Willen kein Interesse an der Mutterschaft. Außerdem kam hinzu, dass mein Frauenarzt ein vorzeitiges Klimakterium bei mir vermutete. Ich hatte das komplette Ausbleiben meiner Periode als hormonelles Ungleichgewicht abgetan. Etwas, was jede Frau irgendwann einmal durchlebte. Aber wahrscheinlich hatte mein Arzt recht. Ich war dabei, in die nächste Phase der Fraulichkeit überzugehen – ohne Nachwuchs zu haben. Und es machte mir nichts aus. Wenigstens musste ich mir keine Gedanken mehr über Verhütung machen. Es hatte also auch seine Vorteile. Ich wollte nicht mehr unbedingt ein Kind. Diesen Wunsch hatte ich damals durch Pauls Mangel an väterlichen Instinkten abgestreift, und er war, anders als der mit dem Café, nicht wieder aufgekommen. Merkwürdigerweise sah ich jedoch, seitdem mein Arzt die Wechseljahre mir gegenüber erwähnt hatte, überall nur noch Schwangere und Babys. Ganz Acharavi schien sich gegen mich verschworen zu haben. Spielte mir mein Unterbewusstsein einen Streich? Der Urinstinkt der Frau schien sich in meinem Innern aufzulehnen, und ich war machtlos dagegen. Meiner Mutter hatte ich natürlich nichts von meinem ernüchternden gynäkologischen Befund gesagt. Andernfalls wäre sie vermutlich auf die Idee gekommen zu bleiben. Obwohl sich unser Verhältnis in den vergangenen Jahren deutlich gebessert hatte, musste ich meine Mutter nicht ständig in meiner Nähe wissen. Durch ihre häufige Abwesenheit in Binas und meiner Kindheit hatte sie uns beigebracht, allein zurechtzukommen. Außerdem war sie in einer Sache außerordentlich talentiert: darin, anderen auf die Nerven zu gehen.

Prustend rieb ich mir die Stirn und nahm einen hastigen Schluck aus meinem Wasserglas, das neben dem Herd stand. Ilias beobachtete mich dabei.

„Ich schaff das schon!“, versicherte ich ihm. Er sagte nichts, aber ich spürte seine Anspannung. Luca, der als fest angestellter Koch eigentlich für die Zubereitung des Essens verantwortlich gewesen wäre, war heute Morgen einfach nicht aufgetaucht. Ilias hatte mehrmals versucht, ihn zu erreichen, doch er war nicht ans Telefon gegangen. Für gewöhnlich war er zuverlässig. Das heißt, wenn man dabei eine chronische Verspätung von mindestens einer halben Stunde durchgehen ließ.

„Sicher?“ Ilias zog die Augenbrauen hoch.

„Na klar.“

Er lächelte. Endlich.

„Dann fahre ich jetzt zum Weinhändler. Ich hab da nämlich noch einen … Termin. Du kommst ohne mich zurecht?“

„Auf jeden Fall.“ Ich schnalzte mit der Zunge und winkte ab. „Fahr nur. Ich habe hier alles im Griff.“

Er lächelte erneut. Seine wunderschönen grünen Augen funkelten, und mein Herz begann heftiger zu schlagen. Ilias machte mich schwach wie am ersten Tag. Es war wundervoll!

„Gut“, sagte er und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. „Vergiss nicht, den Grießkuchen in Orangensirup zu tränken.“

Ich nickte. Moment, Grießkuchen? Mein Puls schoss in die Höhe, diesmal war aber nicht die Liebe daran schuld.

„Ich bin in einer Stunde wieder da“, versprach Ilias. Ich zwang mich zu lächeln.

„Verdammt!“, fluchte ich, nachdem Ilias zur Tür hinaus verschwunden war. Diesen blöden Nachtisch hatte ich völlig vergessen. Hastig kramte ich mein Handy aus der Hosentasche und googelte nach griechischem Grießkuchen. Zubereitungszeit: eine Stunde und fünfundvierzig Minuten. Während ich lautlos in mich hinein schimpfte, wählte ich die Nummer des Cafés. „Geh schon ran!“, maulte ich, dabei trabte ich unruhig auf der Stelle. Hinter mir kochte die Tomatensuppe über. Ich drehte die Hitze runter, konnte aber nicht mehr verhindern, dass mich eine rote Fontäne auf der weißen Bluse erwischte. Tomatenspritzer hatten mich bis ins Gesicht getroffen. Na klasse! Einhändig nahm ich den Topf vom Herd. Die heiße Suppe schwappte über den Rand, direkt auf meinen Handrücken. Ich zischte vor Schmerz, wedelte mir die heiße Brühe von der Haut und unterdrückte einen Aufschrei.

„Bei Sissis“, meldete sich meine Schwester endlich am anderen Ende der Leitung.

„Bina“, stieß ich hervor, klemmte mir das Handy in die Kuhle zwischen Hals und Schulter und ließ kaltes Wasser über meine verbrühte Hand laufen. „Ein Notfall! Welche Bäckerei in Acharavi verkauft Grießkuchen?“

„Das müsste Tovolis sein.“

„Könntest du hinfahren und den Kuchen mitbringen? Ich habe vergessen, ihn zu backen, und wir erwarten eine größere Gesellschaft im Restaurant.“

Ich hörte, wie Bina ein Brummen von sich gab. „Wie viele brauchst du?“

„Ich denke, vier sollten reichen.“

„Kein Problem. Ich mach mich gleich auf den Weg.“

„Danke!“ Auf Bina war immer Verlass. Ich legte auf und schob mein Handy zurück in meine Hosentasche. Meine Hand brannte wie Feuer. Hastig holte ich den Verbandskasten vom Regal, kramte Brandsalbe und Wickel heraus und verarztete meine Verbrühung. Plötzlich stieg mir ein stechender Geruch in die Nase. Ich fuhr herum. Aus dem Ofen stieg dunkler Rauch. Blitzartig schnappte ich mir die Topflappen vom Haken, streifte sie über und öffnete die Ofentür. Sofort wandte ich hüstelnd das Gesicht ab. Nachdem ein Großteil des Rauches zur Zimmerdecke hinaufgewabert war, holte ich die Auflaufformen hervor, stellte sie auf die Ablage in der Mitte der Küche und riss die Fenster auf, bevor der Feueralarm einsetzen konnte. Als sich der Rauch endlich verzogen hatte, sah ich das ganze Ausmaß meiner mangelnden Kochkünste in Bezug auf Moussaka. Ich hatte Ilias gefühlte dreihundertmal bei der Zubereitung geholfen, weshalb ich mir sicher gewesen war, dass ich das Nationalgericht der Griechen draufhatte. Mein Moussaka war jedoch von einer dicken schwarzen Kruste überzogen. Die Auberginen waren nicht einmal mehr zu erkennen. Ich fühlte mich furchtbar, kläglich gescheitert. Seufzend warf ich einen Blick auf die Uhr über der Tür. Es blieb keine Zeit, um noch mal neu anzufangen. Nachdem ich vergeblich versucht hatte, die Kruste abzutragen, schnappte ich mir meine Autoschlüssel. Zwanzig Minuten bis zum Supermarkt. Das war zu schaffen. Ich wusste, wie viel Wert Ilias auf hausgemachtes Essen legte, aber das hier war eine Ausnahmesituation. Ich würde vom Einkaufen zurück sein, bevor die Gesellschaft eingetroffen wäre. Und Ilias. Das hoffte ich zumindest.

Kapitel zwei

Ilias hatte den Kleinbus genommen, also schwang ich mich in seinen Jeep, mit dem ich mittlerweile vertraut war. Auf meinem Weg nach Korfu-Stadt gab ich mir alle Mühe, ruhig zu fahren, keine rote Ampel zu übersehen, und hoffte inständig, dass Ilias mir nicht entgegenkommen würde. Die Weinhandlung lag im Süden der Stadt. Normalerweise würden wir einander also nicht begegnen. Dennoch schwitzte ich vor Nervosität wie ein Schwein in der prallen Inselsonne. Damit niemand unser Auto vor dem Supermarkt sah, parkte ich in einer Nebenstraße in der Altstadt, die an die Einkaufsmeile mit ihren unzähligen Souvenirgeschäften und Modeläden grenzte. Während ich die Abkürzung über die Platia nahm, hielt ich plötzlich inne. Ich musste zweimal hinsehen, dann versteckte ich mich in einem Hauseingang und beobachtete von dort aus, wie mein Ilias mit einer jungen, attraktiven Griechin das Schaufenster eines Juweliers betrachtete. Mir schlug das Herz bis zum Hals. Sie lachten. Er hatte die Hand auf ihrem Rücken, als sie das Geschäft betraten. Ich schluckte. Das war unmöglich! Er wollte doch in die Weinhandlung! Und wer zur Hölle war diese Frau? Mir wurde schlecht. Trotzdem huschte ich über die Straße zum Juwelier und spähte unauffällig in den Laden hinein. Die Nase an das Schaufenster gepresst, sah ich, wie Ilias und seine Begleiterin sich Schmuck zeigen ließen. Das konnte nicht wahr sein! Hatte er eine andere? Gab es eine weitere Frau in Ilias’ Leben, der er auch noch Schmuck schenkte? Alles, was ich bisher von ihm bekommen hatte, waren Delikatessen. Wein, seltenes Olivenöl, teure Gewürze. Fetakäse. Und eine leicht kitschige Sissifigur aus Porzellan, die er auf einem Krammarkt in Dassia erstanden hatte. Ich wollte gerade hineingehen, da rief jemand meinen Namen: „Elisabeth!“

Ich drehte mich um und sah den wohl meist unterschätzten Polizisten Korfus. „Apostolos!“, quiekte ich, als hätte er mich bei etwas Verbotenem erwischt. „Du hier?“

Anders als noch vor drei Jahren unterhielt ich mich mittlerweile mit den meisten Einheimischen auf Griechisch. Seit ich einen Kurs in der Abendschule belegt hatte, gab es so gut wie keine Verständigungsprobleme mehr. Auch Bina hatte ich dort angemeldet, aber sie war nur selten hingegangen. Schule war eben noch nie ihr Ding gewesen. Trotzdem hatte sie die Sprache, auch wegen unseres Cafés, schnell gelernt. Ich hingegen konnte mit Stolz behaupten, Griechisch auch in schriftlicher Form zumindest ein wenig zu beherrschen.

„Was führt dich her?“, stammelte ich und zog ihn vom Schaufenster weg. „Ich dachte, du wärst mit deiner Frau beim …“ Hin und wieder fehlten mir noch einzelne Vokabeln, so wie jetzt. Ich kam einfach nicht auf das griechische Wort für Sumpfschnorcheln. Meistens behalf ich mir mit Umschreibungen, notfalls mit Zeichensprache. Glücklicherweise wusste Apostolos auch so, worauf ich hinauswollte.

„Verschoben auf nächsten Monat.“ Er senkte die Stimme. „Die Kriminalitätsrate steigt gerade wieder.“

„Der Esel?“

Er lachte, als wäre meine Vermutung absolut verrückt. Ich erinnerte mich aber noch lebhaft an die Jugendbande und ihren tierischen Helfer, die unsere Ankunft auf Korfu zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht hatten.

„Der Patron hat sich zur Ruhe gesetzt“, erklärte Apostolos mit aller Ernsthaftigkeit.

„Ein Jammer.“ Ich musste schmunzeln. Auch weil Patron sich für mich immer noch wie ein Mafiaboss anhörte und nicht wie ein alter Esel.

„Jetzt haben wir es mit echten Straftaten zu tun.“ Apostolos wirkte irgendwie mitgenommen. Die Lage musste besonders ernst sein. Ich sog erschrocken Luft ein. „Mord?“ Dieses Wort ging mir nur schwer über die Lippen. Eine grauenhafte Vorstellung, dass unsere friedliche Insel von einem skrupellosen Mörder heimgesucht wurde.

Apostolos schüttelte den Kopf. „Ein Massenphänomen, das wir kaum eindämmen können.“

Ein eisiger Schauer überkam mich, als er sich anschließend zu mir vorlehnte. Ich hielt ängstlich den Atem an. „Oberkörperfreie Touristen innerhalb der Städte“, sagte er.

Für einen Moment wusste ich nicht, ob ich ihn richtig verstanden hatte. Seine Miene blieb jedoch todernst. Ich hatte vergessen, dass er selbst ernannter Beschützer griechischer Kultur war. Dass Touristen bedenkenlos in Strandbekleidung durch Altertümer flanierten, war in den Augen der meisten Einheimischen an Respektlosigkeit kaum zu überbieten.

Trotzdem konnte ich nicht verhindern, dass meine Brauen sich hoben. Mühevoll verkniff ich mir ein amüsiertes Glucksen.

„Ja. Ich muss dann weiter.“ Er setzte sich in Bewegung. „Du weißt schon, die Pflicht ruft. Helas!“ Er joggte die Straße hinunter, und ich widmete mich wieder Ilias’ möglichem Verrat. Vorsichtig lugte ich erneut durchs Schaufenster und wich gleich darauf zurück. Ilias und diese Frau gingen zur Tür! Hastig flüchtete ich in den Laden nebenan und versteckte mich ausgerechnet hinter einer hohen Windeltorte. Na toll. Von allen Läden, die Korfu zu bieten hatte, war ich in einem Geschäft für Neugeborenen-Erstausstattung gelandet.

Nervös wartete ich, bis Ilias und diese unverschämt gut aussehende Fremde vorübergezogen waren, dann stemmte ich mich aus der Hocke hoch.

„Suchen Sie etwas Bestimmtes?“, sprach mich die Verkäuferin freundlich an.

„Oh …“ Ich zwang mich zu lächeln, tätschelte unbeholfen die Windeltorte und nahm einen tiefen Atemzug. Tausend Dinge gingen mir durch den Kopf. Was suchte ich? Die Nadel im Heuhaufen, meine Jugend, wenigstens eine Eizelle in den Untiefen meiner Eierstöcke, die noch nicht zu Staub zerfallen war …

„Ich wollte mich nur etwas umsehen“, log ich endlich, nickte einem blauen Strampler mit weißen Streifen anerkennend zu und flüchtete aus dem Geschäft. Wo wollte ich eigentlich noch mal hin? Moussaka! Genau. Ich würde Ilias später zur Rede stellen. Vielleicht gab es ja auch eine Erklärung für das, was ich gesehen hatte. Vielleicht.

Punkt zwölf Uhr füllte sich das Restaurant. Ich hatte es gerade noch rechtzeitig vor Ilias durch die Tür geschafft. Auch Bina hatte die Kuchen besorgen können. Nachdem sie sie auf der Anrichte abgestellt hatte, hatte ich sie mitsamt Tüten und Papier, auf dem der Name der Bäckerei abgebildet war, hinausgejagt. Schließlich sollte unser kleiner Schummel unbemerkt bleiben. Außerdem hatte Ilias ebenfalls etwas zu verbergen. Ich hatte mir fest vorgenommen zu warten, bis alle Gäste gegangen waren, bevor ich ihn zur Rede stellen würde. Innerlich brodelte ich jedoch wie ein Vulkan, der kurz vorm Ausbruch stand. Ablenkung verschaffte mir die Arbeit. Vier pfannengroße Grießkuchen warteten in der Küche auf ihren großen Auftritt. Und die waren nicht nur in Orangensirup getränkt, sondern sogar mit karamellisierten Orangenscheiben versehen worden. Sie sahen umwerfend aus. Auch Ilias gefiel der Anblick. Als er zur Tür hereinschneite, machte er große Augen. Meine schmälerten sich, als mich unverhofft das einholte, was ich mit aller Macht zu verdrängen versuchte: Er zusammen mit dieser Trulla … Ich unterdrückte ein finsteres Brummen.

„Die sind dir ja super gelungen“, rühmte er meine Backkünste. Ich grinste in mich hinein. Dass ich mit Backen Geld verdienen konnte, dafür war unser Café Beweis genug, aber griechische Spezialitäten? Ilias war erstaunt. Und ich erst. In mir keimte eine tröstliche Genugtuung.

„Na ja“, ich biss mir auf die Unterlippe, „fürs erste Mal sind sie wohl ganz gut geworden.“

„Du untertreibst wieder mal, Elisabeth.“ Ilias schloss seine Arme um meine Taille und hob mich hoch. „Sie sind perfekt!“ Sein liebevoller Blick lag auf mir. Er lächelte. Ich bekam weiche Knie. Aber warum tat er so, als wäre zwischenzeitlich nichts Außergewöhnliches passiert? War er etwa doch einer dieser abgebrühten Kerle, von denen ich mich hatte fernhalten wollen?

„Was habe ich doch für ein Glück, eine solche Frau zu haben.“ Ilias küsste mich, und ich fühlte mich noch elender. Zumindest ich wollte ihm die Wahrheit sagen, aber nicht jetzt. In ein paar Stunden würden wir auf eine gelungene Feier zurückblicken und tausendfünfhundert Euro extra in der Kasse haben, die vielleicht eine neue Spülmaschine bedeuten würden.

Wenig später waren die Gäste versorgt. Dank Roberto, der seine Schicht früher antreten konnte, hatten wir wieder Zeit gewonnen. Alles schien zu funktionieren und meine Schummelei unbemerkt zu bleiben, wäre nicht ein gewisser Herr Tovolis unter den Gästen gewesen. Ilias stürmte außer sich in die Küche. „Wie kannst du nur bei dem größten Konditor Acharavis für unser Restaurant einkaufen gehen?“

Erwischt! Ich schnappte nach Luft, rang nach Atem und konterte: „Und wie kannst du mir weismachen, du wärst in der Weinhandlung … stattdessen triffst du dich mit irgendeiner anderen in einem Schmuckladen.“ Wimmernd wandte ich den Blick ab. Warum zum Geier war ich plötzlich so nah am Wasser gebaut? In erster Linie war ich immer noch wütend, nicht traurig.

„Du hast uns also gesehen“, sagte Ilias trocken.

„Das hab ich.“

Er seufzte. „Und du glaubst, zwischen mir und dieser Frau wäre etwas?“

Wollte ich die Antwort darauf überhaupt wissen? Ich zuckte die Schultern.

„Zunächst einmal: Ich war in der Weinhandlung, aber auf dem Rückweg habe ich noch in der Stadt Halt gemacht.“

„Und warum?“ Ich schaute zu ihm auf.

„Nun ja, eine Bekannte brauchte meinen Rat.“

„Warum sollte jemand ausgerechnet dich in Sachen Schmuck um Rat fragen? Du trägst ja nicht einmal eine Armbanduhr.“

Seine Lippen bildeten eine Linie. „Eben.“

„Muss ich das verstehen?“

Reumütig kam er auf mich zu. „Elisabeth …“

Ich zeigte ihm die kalte Schulter.