Liebesfabrik Hollywood - M.J. O'Shea - E-Book

Liebesfabrik Hollywood E-Book

M.J. O'Shea

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Beschreibung

Als Pressesprecher des Hollywood-Bad-Boys Jericho Knox ist Kerry Pickering es gewohnt, die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Doch Jericho hat ein Geheimnis und als dieses spektakulär ans Licht kommt, muss Kerry versuchen, das Ganze zu Jerichos Vorteil zu nutzen. Die einzige Chance besteht in einer großen Liebesgeschichte direkt vor den Kameras der Papparazzi. Nun muss nur noch jemand den liebenden Partner für Jericho spielen und diese undankbare Aufgabe fällt ausgerechnet Kerry zu. Und damit fangen die Probleme erst an, denn Jericho lässt Kerry lange nicht so kalt, wie er es gerne hätte... Band 15 der BELOVED Romantik-Reihe. Buch ist in sich abgeschlossen.

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Seitenzahl: 268

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Deutsche Erstausgabe (ePub) Februar 2018

Für die Originalausgabe:

© 2016 by M.J. O'Shea

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Marriage of Inconvenience«

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2018 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

ISBN-13: 978-3-95823-682-0

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Charlotte Roiß

Liebe Leserin, lieber Leser,

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem die Autorin des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der Autorin und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

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Klappentext:

Als Pressesprecher des Hollywood-Bad-Boys Jericho Knox ist Kerry Pickering es gewohnt, die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Doch Jericho hat ein Geheimnis und als dieses spektakulär ans Licht kommt, muss Kerry versuchen, das Ganze zu Jerichos Vorteil zu nutzen. Die einzige Chance besteht in einer großen Liebesgeschichte direkt vor den Kameras der Papparazzi. Nun muss nur noch jemand den liebenden Partner für Jericho spielen und diese undankbare Aufgabe fällt ausgerechnet Kerry zu. Und damit fangen die Probleme erst an, denn Jericho lässt Kerry lange nicht so kalt, wie er es gerne hätte...

Kapitel 1

Die Sonne schmerzte. Sehr sogar. Jericho Knox rollte sich auf die andere Seite und starrte aus den offenen Fenstern seines Schlafzimmers. Fenster, die auf den malerischen Topanga Canyon hinausblickten – Bäume, zerklüftete Felsen, verdammt helles Sonnenlicht. Er fand es schön.

Aber er war zu verkatert, um sich etwas daraus zu machen.

Jerichos Handy vibrierte ungeduldig auf seinem Nachtkästchen. Er nahm es und war drauf und dran, es gegen die Wand zu werfen – sie würden ihm ohnehin bald ein neues Werbemodell zusenden, mit dem er sich zeigen sollte –, als es ihm wieder einfiel.

Sein Meeting.

Scheiße, verdammt.

Als ob er die psychische Energie für ein Meeting hätte. Er hatte sich bei Morgengrauen gerade so zur Tür hineingeschleppt und es war gerade einmal… was… zehn Uhr morgens? Schlafmangel hin oder her, er wollte dieses Meeting nicht verpassen. Er durfte es nicht verpassen. Nach Monaten voller schlechter Probeaufnahmen oder Regisseure, die sich wahrscheinlich nicht mit ihm herumschlagen wollten und Entschuldigungen suchten, um ihn nicht casten zu müssen, hatte er endlich eine Rolle. Zumindest fast. Er musste nur beweisen, dass er der richtige Mann dafür war.

Deswegen auch das Treffen mit seinem PR-Team, um genau das zu erreichen. Jericho war nie scharf auf den Publicity-Aspekt seiner Arbeit gewesen – besonders, wenn diese Publicity bedeutete, dass er wegen eines Bildes, für das er nicht einmal alleinig verantwortlich war, von der gesamten Klatschpresse zerrissen wurde.

Er nahm den Anruf an. »Hallo, Tom.«

»Bist du fertig? Ich schicke in fünf Minuten einen Wagen vorbei.«

»Weißt du, ich besitze ein Auto. Sogar drei, und ein Motorrad. Ich kann jederzeit selber fahren.«

Tom machte ein Geräusch, das wie ein schmerzvolles Wimmern klang, obwohl Jericho sich fast sicher war, dass es ein Lachen sein sollte. »Ich denke, ich bringe dich lieber in einem meiner Autos hin.«

Das war ein Code für Ich glaube nicht, dass du auftauchen würdest, wenn ich mich nicht einmischen würde.

Was normalerweise stimmen würde. Absolut. Jericho hasste den ganzen Papierkram-Scheiß, den sein Job mit sich brachte. Er hasste Meetings, Verträge, Händeschütteln. Er wollte einfach nur schauspielern. Und wenn es dieses Meeting brauchte, damit er bei einer ordentlichen Serie mitspielen und endlich aufhören konnte, sich für alles Mögliche herzugeben, dann würde er es verdammt noch mal tun.

»Ich werde da sein, Tom. Wir fahren nach West Hollywood, oder?«

»Der Wagen holt dich in fünf Minuten ab, Jay. Ich sehe dich dort.«

Jericho seufzte. »Na schön.« Er war ohnehin zu müde, um sich zu streiten.

Er legte auf und schnappte sich die Jeans, die neben ihm lag. Er hatte noch ein paar saubere T-Shirts, aber es war Zeit, seine Wäsche abzugeben. Jericho streifte sich ein T-Shirt und die Jeans über, versteckte sein Haar unter einer Beanie, weil er heute auf keinen Fall Zeit finden würde, es zu waschen, und nahm seine Brieftasche, sein Handy und seine Schlüssel.

Die Fahrt war enttäuschend kurz, wie es Fahrten immer waren, die zu Dingen führten, denen Jericho lieber aus dem Weg gegangen wäre. Als sie in die Tiefgarage unter dem Gebäude fuhren, schwitzte er wegen einer Mischung aus Hitze und Restalkohol. Er stieg aus dem Wagen, bedankte sich beim Fahrer, weil es nicht seine Schuld war, dass er dafür bezahlt wurde, einen widerlichen Schauspieler herumzukutschieren, und steuerte auf den Aufzug zu, wo ein ungeduldiger Tom auf ihn wartete.

»Hättest du dir nicht was Schöneres anziehen können? Das hier muss gut laufen.« Tom verdrehte die Augen. Er trug einen seiner typischen Anzüge – der vermutlich mehr kostete, als er sich leisten konnte. Aber jeder wusste, dass es in dieser Stadt nur um Äußerlichkeiten ging.

Jericho wollte auch mit den Augen rollen. Das war ihm klar, verdammt noch mal. Er wusste, wie sehr er die Rolle wollte – ein junger Detective in einer düsteren, aber hochgelobten Polizeiserie war genau das, was er brauchte, um seiner Teenieserien-Vergangenheit zu entkommen. Er war zwar ein Liebling der Presse gewesen, aber er hatte fast ein Jahr lang nicht gearbeitet und seine Rechnungen stapelten sich, ganz zu schweigen von den Raten für sein Haus. Er hatte es satt, die Person zu sein, von der alle wollten, dass er sie war. Oder angeschrien zu werden, wenn er daran scheiterte, was unausweichlich war.

»Mein Wäschedienst kommt heute vorbei. Ich hatte nichts anderes zum Anziehen.« Er zuckte mit den Schultern.

»Na schön. Lass uns nach oben gehen. Lass mich das Reden übernehmen, okay?«, sagte Tom.

Jericho erinnerte sich an die Zeit zurück, als er und Tom wie Brüder miteinander befreundet gewesen waren. Dann hatte Tom geheiratet und Jericho hatte genug davon gehabt, einen Sportler mit einem Herzen aus Gold in einer Highschool-Serie mit abrutschenden Kritiken zu spielen, und alles war irgendwie den Bach hinuntergegangen. Vielleicht würde sich das ändern, wenn er sich von Ärger fernhielt und diesen Job ergatterte.

Die Büroräume waren im Großen und Ganzen so, wie er sie in Erinnerung hatte. Jericho war nur ein einziges Mal dort und zu dem Zeitpunkt ein wenig betrunken gewesen. Also musste das nichts heißen, aber das Gemälde am Aufzug kam ihm bekannt vor. Er sah eine blonde junge Frau, Tessie oder so ähnlich. Sie hatte ihn zu ein paar PR-Events begleitet. Sie war gar nicht übel. Sie schien allerdings nicht auf dem Weg zum Besprechungsraum zu sein. Daraus schloss Jericho, dass er es mit George zu tun haben würde. George Jones war nicht gerade sein Favorit. George steckte in der Vergangenheit fest und schien absolut davon überzeugt, dass Jericho nur mit dem neusten Sternchen der Saison an seinem Arm beliebt sein konnte. Ja, er war kein Fan von George.

Tom bog in den Flur ein, der seiner Erinnerung nach zum Besprechungsraum führte. Jericho folgte ihm wortlos. Das war einfacher, als sich so zu verhalten, wie er sich fühlte – dazu bereit, an jedem anderen Ort zu sein, nur nicht hier.

Das Meeting begann wie immer mit dem obligatorischen Arschkriechen, Händeschütteln und allgemeinen Small Talk, während alle so taten, als stünden sie sich um einiges näher, als es eigentlich der Fall war. Trotz seiner guten Erziehung aus dem Süden war das nicht Jerichos Stärke. Irgendwann kamen sie zum Geschäftlichen. Endlich.

Jericho setzte sich mit Tom, George und einer anderen jungen Frau und hörte ihnen dabei zu, wie sie verschiedene Möglichkeiten aufzählten, wie man sein Image aufpolieren könnte – Wohltätigkeitsorganisationen, sicher, warum nicht, ein paar Events und Fototermine. Und dann sagten sie es. Freundin. Natürlich. Darauf lief es immer hinaus. Jericho zog ein finsteres Gesicht.

»Warum wollt ihr mich immer mit irgendeiner Tussi sehen?«

»Nicht nur irgendeine Tussi, keine von deinen vielen One-Night-Stands. Eine Freundin. Süß und traditionell. Romantik.«

One-Night-Stands. Jericho wollte schreien. »Ich habe keine One-Night-Stands, zumindest nicht mit Frauen. Ihr sitzt hier und verurteilt mich für das, was ihr verbockt habt.«

»Uns ist klar, dass das nur ein Image ist.«

»Und jetzt wollt ihr, dass ich dieses Image mit einem anderen falschen Image wieder geradebiege?« Es gab einen Grund, warum Jericho lieber im Bett bleiben wollte. Er hatte nicht die Geduld für diesen ganzen Schwachsinn.

George hatte gedacht, dass die Rolle des Schürzenjägers dabei helfen würde, ihn zu vermarkten und für die jungen Zuschauer in den Zwanzigern attraktiv zu machen, die sie für seine Zielgruppe hielten. Es war der älteste Trick der Welt. Er hatte geglaubt, dass seine Schauspielkünste gut genug waren, um es glaubhaft zu machen. Irgendwie hatte er es geschafft, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass er mit jeder Blondine in L.A. geschlafen hatte. Er wusste, dass Frauen ihn heiß fanden, und er benutzte das zusammen mit seinem Image, um Dinge zu bekommen, die vermutlich nicht gut für seine Karriere waren – wie zum Beispiel ein wenig zu viel Feiern und nicht genug Arbeit.

Und jetzt schien es, als wäre der Schuss nach hinten losgegangen. Er hatte mit Zähnen und Klauen darum kämpfen müssen, einen Regisseur davon zu überzeugen, dass er imstande war, einen knallharten Cop zu spielen, obwohl er eigentlich fand, dass er für die Rolle wie gemacht war. Einen Detective zu spielen, musste ein ganzes Stück einfacher sein, als acht verdammte Jahre lang einen Aufreißer. Besonders, da mit einer Frau ins Bett zu gehen, das Letzte war, was er tun wollte. Jemals.

»Ich weiß, Jericho. Wir sind nur der Meinung, dass eine feste, mustergültige Freundin funktionieren wird – besonders, da du einen geradlinigen, authentischen Typen spielen wirst.«

»Ich dachte, wir hätten über die Sache mit der Fake-Freundin bereits geredet«, sagte Jericho zu Tom. Er wollte George nicht einmal ansehen.

»Haben wir«, sagte George. »Aber die Dinge ändern sich, wenn sich Möglichkeiten auftun. Du weißt das, Jay.«

»Nenn mich nicht so.« Jericho war sauer und er konnte es nicht ausstehen, wenn die Leute so freundlich taten, wenn er ihnen eine reinhauen wollte. Er starrte George an. »Sind denn ein paar Fototermine, bei denen ich lieb und brav aussehe, nicht genug? Ein paar Autogramme schreiben, ein paar Interviews darüber geben, dass ich bereit bin, mich an die Arbeit zu setzen? Vielleicht mit ein paar Kindern rumhängen?«

George erwiderte sein Starren. Jericho hatte den Mistkerl nie gemocht, aber eins musste er ihm lassen – der Kerl ließ nicht so leicht locker. »Du kennst meine Antwort, und du weißt auch, dass ich recht habe. Du bist lang genug im Geschäft, um das Spiel zu verstehen, Jericho. Wir können eine Stunde darüber reden oder wir können die Sache anpacken.«

Scheiß auf ihn. Er hatte recht, aber das bedeutete nicht, dass es Jericho gefallen musste.

»Na schön. Wer ist es?« Lieber wollte er das Pflaster abreißen, solange er es noch konnte.

»Wir haben noch keine Entscheidung getroffen. Willst du, dass wir dir Vorschläge machen?«

Jericho schüttelte den Kopf. »Nein. Sucht einfach irgendwen aus. Das interessiert mich einen Scheiß.« In ein paar Monaten wäre es ohnehin vorbei, oder? Es machte wirklich keinen Unterschied, wer das Mädchen war.

Er legte seinen Kopf auf den Tisch und schloss die Augen. Das Meeting konnte nicht schnell genug vorbei sein.

***

Es gibt nichts Besseres als einen Freitag, um uns alle unseren verdammten Verstand verlieren zu lassen…

Kerry Pickering konnte es nicht erwarten, nach Hause zu kommen.

Es waren nur noch etwa zehn Minuten, bevor er seinen Computer ausschalten und gehen konnte, aber diese zehn Minuten fühlten sich an, als würde jede einzelne ihrer Sekunden mit der Geschwindigkeit der Evolution verstreichen. Er hatte eine extrem lange Woche hinter sich und es war Zeit, dass sie vorbei war. Er schätzte, dass es schon seit dem Mittagessen Zeit war, und das war schon Stunden her. Das Abendessen ebenfalls. Aber er arbeitete für einen der begehrtesten PR-Berater Hollywoods und diese Art von Macht hatte einen Preis – normalerweise für Menschen wie ihn.

George Jones von Jones & Keller Publicity hatte seinen Tag gegen elf Uhr beendet, ganz im Gegensatz zu Kerry, dem einfachen Arbeitsknecht, der sich nur ein paar winzige Stufen über einem Praktikanten befand. Kerry schätzte, dass George inzwischen am Golfen war, oder vielleicht beim Cocktailtrinken, das sich ans Golfspielen anschloss. George sagte ihnen immer, dass die beste Arbeit auf dem Golfplatz und bei Cocktails gemacht wurde. Kerry fragte sich, warum er es immer schaffte, der Trottel zu sein, der zur Schließzeit noch an seinem Schreibtisch saß, wenn das der Fall war.

Weil du neu bist.

Wenn drei Jahre als neu zählten. Es fühlte sich an, als hätte er Jahrzehnte in den Schützengräben Hollywoods verbracht.

»Babe, was machst du heute Abend?« Tara – blond, glamourös, schön, aber so nervtötend süß und freundlich, dass er sie nicht hassen konnte – streckte ihren Kopf hinter der Wand der Arbeitsnische hervor, die nur im Entferntesten einem Büro ähnelte. Zumindest tat sie das, seit er Bilder seiner Familie, dem Strand zu Hause und den Freunden aufgehängt hatte, die er nicht mehr treffen konnte, weil er dafür keine Zeit mehr hatte.

»Couch. Netflix. Warum?« Nach dem Tag, den er gehabt hatte, klang wirklich gar nichts besser.

»Kein Grund, ich frag nur. Ich muss heute Abend auf diese Cocktailparty, also gehe ich vielleicht bald, wenn ich entkommen kann, bevor Abby einfällt, dass sie noch etwas braucht.«

»Tara!«, kreischte Abby aus ihrem Büro.

Abby war George Jones' rechte Hand. Sie hatte einen kleinen Stock im Arsch, aber abgesehen davon war sie halb so schlimm. Sie störte Kerry nicht. Was ihn störte, waren ihre gigantischen Listen an Aufgaben. Diese tauchten immer dann auf, wenn er sich am sehnlichsten wünschte, Feierabend zu machen.

»Schätze, dieser Plan ist nicht aufgegangen.« Tara seufzte und warf sich eine Kaskade ihres welligen blonden Haares über die Schulter, das ihr bis zur Taille ging. »Ich hasse Freitage wirklich. Es scheint, als fliegt alles in die Luft, wenn wir für ein paar Tage aus diesem Büro rauswollen.«

»Echt wahr.«

»Sehen wir uns am Montag?«, fragte Tara.

»Ja.« Kerry lächelte. Zum ersten Mal seit Langem hatte er am Samstag keine Verpflichtungen. Er war sehr erleichtert. Trotzdem hatte er keine Ahnung, was zur Hölle er mit sich anfangen sollte.

»Was musst du noch machen, bevor du gehst?«

Er blickte auf die Liste von Abby und die, die er heute Morgen selbst geschrieben hatte. Wundersamerweise war jeder einzelne Punkt abgehakt.

»Ich denke, das war's, es sei denn, mich schreit auch noch jemand nett aus dem rechten Eckbüro an.«

Ein paar Sekunden lang lauschten sie schweigend und kicherten dann. »Du bist aus dem Schneider, Darling«, sagte Tara. »Ich hingegen bin das nicht. Ich sollte dich heute Abend mitnehmen.«

»Nein.« Kerry dachte, dass er zu heulen anfangen würde, wenn er nach dieser Woche noch zu einer Veranstaltung musste. Selbst an seinen besten Tagen war er kein großer Fan von ihnen. »Bitte nicht.«

»Nö, ich werde es nicht einmal vorschlagen. Zur Hölle, Abby könnte entscheiden, dass ich recht habe, wenn ich ihr sage, dass du hingehen solltest, und dann würdest du nie wieder mit mir reden.«

»So ungefähr.« Alles außer seiner Couch und einem Beistelltisch voller Snacks klang wie die Hölle auf Erden.

Als er mit dem Job angefangen hatte, war ihm die Vorstellung einer mit Promis – vermutlich B- und C-klassigen – gespickten Veranstaltung… glamourös erschienen. Fabelhaft. Nach ein paar Jahren in der Realität der PR-Welt klang das einfach nach einem Haufen Arbeit.

»Gib Cole einen Kuss von mir, okay?«

Cole würde vermutlich bei dem bloßen Gedanken an einen echten Kuss von Tara tot umfallen. Sie hatten sich nur ein paarmal getroffen, aber die offensichtliche Vernarrtheit seines Bruders in Tara war liebenswürdig und fast schon ein wenig traurig. Tara spielte mit.

»Cole würde den Kuss vermutlich zu schätzen wissen, wenn er nicht durch, du weißt schon, die Lippen seines Bruders gefiltert wäre.«

Tara kicherte auf ihre ganz eigene Art und rauschte hinaus, wobei ihr Maxikleid hinter ihr her wehte.

»Schönes Wochenende, Kerry!«, rief sie. Laut.

Biest. Er hoffte, dass Abby sie nicht gehört hatte und noch mehr Aufgaben für ihn finden würde, bevor er in die längste Pause entkommen konnte, die er seit Wochen gehabt hatte.

Er wartete gute zwei Minuten auf das beinahe unausweichliche Rufen, dann, als nichts passierte, fuhr er seinen Computer herunter, schnappte sich seine Kuriertasche, die ausnahmsweise eher leicht war, und schlich langsam zum Aufzug. Als die Türen sich öffneten und er in den kühlen, holzvertäfelten Aufzug schlüpfte, atmete er erleichtert auf. Frei.

Kerry fragte sich, wann sein Traum zu einer solchen Last geworden war. Er hatte schon immer im Public-Relations-Bereich arbeiten wollen. Es fühlte sich so unwirklich an, mit Berühmtheiten zu arbeiten, Partys und Events zu organisieren und mit Filmstars und Popsängern anzustoßen. Die Wirklichkeit war… wie sie es meistens war. Eine kleine Enttäuschung. Er verbrachte den Großteil seiner Zeit hinter einem Computer, anstatt auf Empfänge zu gehen und Martinis auf Jachten zu trinken.

Stattdessen twitterte er, lud Facebook-Werbung hoch und verschickte Pressemitteilungen an Boulevardzeitschriften und Zeitungen. Er telefonierte mit anderen PR-Teams und durchkämmte die sozialen Medien nach öffentlichen Bemerkungen, die er den Berichten für seine Chefin hinzufügen konnte. Es war das Gegenteil von Glamour. Aber es war eine Arbeit und er war überzeugt, dass er es eines Tages wirklich lieben würde. Hoffentlich. Er konnte mit dem, was er schon immer gewollt hatte, nicht so falsch gelegen haben.

Trotzdem war er froh, seinem Traumjob zu entkommen. Die Erleichterung, die ihn überkam, als er in sein Auto schlüpfte, war offensichtlich – sogar noch mehr, als er den Motor anließ und aus der Garage des Hauses auf eine Straße hinausfuhr, die auch nach der Rushhour noch stark befahren war.

Kerry freute sich, die Sonne zu sehen. Das hatte er seit dem Morgen nicht mehr. Er war zu beschäftigt gewesen, um für das Mittagessen nach draußen zu gehen und sich auf eine der Bänke im Hof zu setzen. Er hatte nur an seinem Burrito von gestern geknabbert und auf seiner Tastatur vor sich hin getippt. Kerry schätzte, dass das der Grund war, warum er es etwas früher als den Rest der Woche aus der Arbeit geschafft hatte. Er schaltete das Radio an und fuhr die Fenster herunter.

Seinen Arm ließ er aus dem Autofenster hängen und die Brise darüberstreichen. Auf einmal fühlte sich alles viel besser an. Klar, die Stadt war manchmal dreckig, heruntergekommen unter dem glänzenden Schimmer des Ruhms und Vermögens, aber da gab es etwas an der Sonne von Los Angeles, den Hügeln, den Stränden, den Saftbars und den Freiluft-Shoppingcentern – Kerry konnte sich nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben.

»Hey Leute! Ich bin zu Hause!«

Kerry war bereit, in seine Sardinendose von einem Apartment zurückzukehren. Er teilte es sich mit seinem Bruder Cole und einem von Coles Freunden namens Robbie. Das Apartment war nicht wirklich groß genug für ihn und zwei eher große College-Studenten, aber es funktionierte und sie hatten eine Menge Spaß zusammen.

Er tat nicht viel, außer sich auf die Couch fallen zu lassen und erleichtert aufzuseufzen. Die Couch roch ein wenig nach Cheetos und Bier – keiner von ihnen war sich wirklich sicher, was die Herkunft des Möbelstücks anging, abgesehen davon, dass sie es an der Straße gefunden hatten –, aber es war das gemütlichste auf der Welt. Kerry wusste nicht, wie irgendeiner von ihnen ohne es leben sollte. Normalerweise stritten sie sich um den heiß begehrten Platz in der rechten Ecke, wo er sich bereits breitgemacht hatte. Das war der beste Ort auf Erden. Hier würde er liebend gern den ganzen Abend verbringen.

Kerry hatte sich selbst ein wenig Spaß am Wochenende versprochen – einen Ausflug zum Strand, ein Abendessen mit Freunden, die er selten sah, und dergleichen. Aber nicht vor morgen Früh. Er musste sich entspannen.

Die Wohnung schien verlassen zu sein, also hievte Kerry sich von der Couch und machte sich auf in die Küche, um sich einen Snack zu holen. Er wusste, dass er seine Arbeitsklamotten aus- und etwas Gemütliches anziehen sollte, aber das würde bedeuten, dass er in sein Schlafzimmer gehen musste, welches ganze zwanzig Schritte entfernt war.

Er fand ein paar Früchte, eine Tüte Cashewkerne und eine Flasche Wasser und fühlte sich deswegen auch ziemlich vorbildlich. Dann ließ er seine Snacks auf ihren alten, schartigen Couchtisch fallen und ging sich umziehen, denn es war immer besser, das zu tun, bevor er auf der Couch Wurzeln schlug.

Ich sollte wirklich ins Fitnessstudio gehen…

Scheiße. Er war schon Wochen nicht mehr dort gewesen.

Kerry war nicht wie Cole und seine Kumpels, die fürs Gewichtheben und Cardio zu leben schienen. Im besten Fall war er ab und zu im Fitnessstudio anzutreffen, aber er musste in Form bleiben, um zu den schönen Menschen zu passen. Tara sah immer aus, als wäre sie einer verdammten Modestrecke entsprungen. Ihre blonden Haare fielen perfekt und ihre Haut war genau richtig gebräunt. Abby und Oscar, die George direkt unterstellt waren, waren vielleicht nicht so auffällig, aber auf ihre eigene Art schön – gut gepflegt und teuer aussehend. Kerry musste sein Bestes geben, um nicht wie der schlichte, blasse, wenig bunte Hund aufzufallen, der er war.

Er schaltete den Fernseher ein, der den Unterhaltungskanal zeigte, den Robbie sich gerne ansah, wenn er morgens seine Dehnübungen machte. Es lief das Vorgeplänkel zu irgendeinem roten Teppich, das er nicht genau zuordnen konnte. Die Saison für Preisverleihungen war fast vorbei, aber er schätzte, dass die Celebrities es liebten, sich herauszuputzen und zu zeigen, was sie hatten. Kerry kritisierte jeden der Looks, die gezeigt wurden, durch das Auge eines PR-Managers – zu schlicht, oh Gott, zu auffällig, vielleicht ein bisschen zu weit ausgeschnitten, wunderschön, glamourös, altbacken, und heilige Scheiße… Jericho Knox.

Der gut aussehende, grüblerische Jericho Knox.

Kerry mochte ihn nicht wirklich, zumindest sein öffentliches Image, das, wenn Kerry auch nur das Geringste über die Welt der PR wusste, vermutlich um Längen besser war als die Realität. Er wirkte einfach ein wenig wie… ein Arschloch. Ein hübsches Arschloch, aber trotzdem ein Arschloch. Er hatte sein seidiges, kinnlanges Haar zu einem kleinen Pferdeschwanz zusammengebunden, sein Kinn war von der perfekten Menge an Stoppeln bedeckt, und sein Anzug – von Burberry, wenn Kerry sich nicht täuschte – passte ihm so gut, dass sein Schneider den Preis verdiente, der heute Abend verliehen wurde – welcher es auch immer war. Der Kerl mochte vielleicht wie der James Dean, der er gerne wäre, glühende Blicke in die Kamera werfen und den Journalisten wenig hilfreiche Antworten geben, aber Himmel, war er schön.

Aber Kerry kannte Knox' Ruf – schwierig, außer Kontrolle, schlief mit jeder Frau, die nicht bei drei auf dem Baum war, mürrisch, kein einfacher Arbeitspartner. Er hatte noch keine persönliche Erfahrung mit dem Mann und Knox war nicht Teil seiner Social-Media-Liste, aber Kerry wusste, dass Jones & Keller ihn vertrat.

Die Wohnungstür wurde mit einem Knall geöffnet und Kerry hustete, als hätte er etwas Verbotenes getan, und setzte sich auf.

»Hey, Bruder«, sagte Cole mit einem Grinsen.

»Was schaust du dir an?«, fragte Robbie.

»Nur irgendeinen Livestream vom roten Teppich. Muss darüber herziehen und schauen, was die Konkurrenz so treibt.«

»Welche sind eure Kunden?«

»Der da ist einer«, sagte Kerry. Er deutete auf Jericho Knox, der gerade aus dem Bild ging. »Hab ihn allerdings nie getroffen.«

»Der Kerl ist ziemlich legendär. Totaler Weiberheld. Geil.«

»Robbie«, sagte Cole.

Sie beide liebten Robbie abgöttisch, aber er hatte Stifler-Tendenzen.

»Ja. Ich bin ziemlich froh, dass ich nicht für ihn verantwortlich bin.« Auch wenn Kerry es lieben würde, ein wenig richtige Verantwortung zu haben, einen Celebrity, für den er richtige PR machen konnte, eine Pause vom Twittern und von den Social-Media-Diagnostics. Er hatte es satt, der Nerd hinter dem Computer zu sein. Er wusste, dass er mehr als das konnte.

Kerry zeigte auf ein paar weitere Promis, die vorbeiliefen. »Die haben wir auch. Seid nicht überrascht, wenn ihr sie in ein paar Tagen auf einem Date mit einem NFL-Spieler seht. Ich glaube, ihre Single kommt bald raus, also braucht sie einen berühmten Freund.«

»Ist es wirklich immer so? So unecht?«, fragte Cole.

»Natürlich nicht immer. Aber ja, ist es.«

»Verdammt dämlich«, murmelte Robbie.

Er hatte Kerrys Arbeit noch nie sehr zu schätzen gewusst.

»Es ist nicht nur alles Schall und Rauch, was wir tun.« Was Unsinn war, weil es das zum Großteil war. »Ich meine, wir helfen ihnen, es bekannt zu machen, wenn sie etwas für den guten Zweck getan haben oder wenn sie Privatsphäre für familiäre Angelegenheiten brauchen.« Aber auch, wenn sie mit einem Promi gesehen werden mussten, der ein Quäntchen größer und bekannter war als sie selbst, um sich ins Gespräch zu bringen. Es ging nicht nur um Romanzen. Einige der besten Hollywood-Freundschaften waren in einem Sitzungssaal geboren worden. Die Öffentlichkeit liebte nichts mehr als zwei liebenswerte, berühmte Freunde. Natürlich abgesehen von einem liebenswerten, berühmten Pärchen.

»Woran arbeitest du gerade?«

Kerry wand sich. »Ich sollte euch das wirklich nicht sagen. Verschwiegenheitserklärungen und der Kram.«

»Das sagst du immer. Wir werden wirklich niemandem etwas sagen.«

»Es ist mein Job und ich würde ihn lieber nicht verlieren.«

Robbie grunzte. Angesichts der Tatsache, dass er sich in der Ausbildung zum Physiotherapeuten befand, hatte er vermutlich keine Ahnung von den Feinheiten, wie man einen Promi bekannt machte. Es interessierte ihn vermutlich auch nicht allzu sehr. Das alles wirkte furchtbar glamourös, bis man den Papierkram und die Verträge hervorholte. Wenn er ehrlich war, konnte Kerry ihnen sagen, was er tat. Aber es klang ein wenig lächerlich, wenn er es beschrieb. Lieber ließ er seinen Bruder und Robbie weiterhin über seinen Beruf zumindest ein kleines bisschen staunen.

»Musst du morgen arbeiten?«, fragte Cole.

»Tatsächlich nicht. Ich hab frei. Wollt ihr zwei an den Strand?« Auch wenn er Strände liebte, hatte er seit dem College nicht viel Zeit dort verbracht. Das gehörte zum Erwachsenenleben dazu, schätzte er.

»Scheiße, ja. Ich brauche Ablenkung vor meiner Anatomieprüfung«, sagte Robbie.

Robbie und Cole standen kurz vor dem Abschluss. Es war fast unwirklich, dass sein kleiner Bruder bald erwachsen werden würde. Das Gleiche galt für Robbie, den er erst seit zwei Jahren kannte, der sich aber schon wie ein Familienmitglied anfühlte.

»Schlimm?«, fragte Kerry.

»Brutal.«

***

Als Jericho zum zweiten Mal an diesem Tag aus dem Bett stieg, war es schon fast dunkel. Der Morgen war schrecklich gewesen und jedes Mal, wenn er daran dachte, mit einer weiteren jungen Frau, die er nicht mal kannte, bei einem weiteren PR-Termin festzusitzen, wollte er alles aufgeben. Eigentlich wollte er ausgehen und sich betrinken. Eine weitere Nacht in Freiheit, bevor sie ihn für die nächsten paar Monate mit einem wahllosen Mädchen verbandelten, was bedeuten würde, dass er aufpassen musste, wo er sich zeigte. Nicht, dass er noch dem Märchen widersprach.

Es muss einen anderen Weg geben.

Jericho war bereit gewesen, so gut wie alles zu tun, um die Leute davon zu überzeugen, dass er der richtige Mann für die Rolle war, und jeder Job brachte seinen Anteil Mist mit – das wusste er genauso gut wie alle anderen –, aber das fühlte sich wie eine Gefängnisstrafe an. Eine, mit der er monatelang leben müsste.

Er entschloss sich auszugehen. Zur Hölle, warum nicht? Es konnte nicht schaden, ein paar Stunden lang etwas Dampf abzulassen, bevor er sich für einige Monate dem Fegefeuer stellte.

Er stellte sich unter die Dusche und wusch den Gestank der letzten Nacht und die Klebrigkeit heraus, die ein Nickerchen ohne Klimaanlage verursacht hatte. Dann zog er seine frisch gewaschene, beste Jeans und ein enges, schwarzes T-Shirt an. Wenn er eine letzte Nacht haben würde, sorgte er lieber dafür, dass es eine gute war. Diese Jeans sorgte immer dafür, dass er zumindest einen Blowjob im Club bekam, wenn nicht sogar um einiges mehr.

Im Club, der etwas von einer Absteige hatte, war es dunkel. Jericho schätzte, dass er vermutlich Lokale mit strikten Verhaltensregeln und exklusiver Klientel besuchen sollte. Aber er wollte, dass nicht auch noch dieser Teil seines Lebens von den sozialen Aufsteigern Hollywoods beschmutzt wurde, die sich sogar um Einladungen zu den exklusivsten Schwulenclubs stritten, um weiterzukommen. Als ob er etwas für sie tun könnte. Er tat gerade genug für sich selbst.

Jericho schlängelte sich durch die Menge und hin zur Bar. Er bestellte einen Satz Shots, die er alle selbst trinken wollte, und ein Mischgetränk, um sie hinunterzuspülen. Der Barkeeper schenkte ihm die Shots und den Drink ein und Jericho warf ihm einen Hunderter und einen langen Blick zu – und hoffte, dass das ausreichte, um dem Barkeeper klarzumachen, dass er den Boulevardblättern besser nicht erzählte, was er heute Nacht in seiner Bar sehen würde.

Jericho kippte die Shots, einen nach dem anderen, hinunter. Er tat es nicht zur Belustigung, wie es die beiden wahrscheinlich gerade einmal einundzwanzigjährigen Jungs taten, die bei einem ausgefallenen blauen Shot kicherten. Er tat es nur, um sich zu betäuben, um zu vergessen, dass er dabei war, der treue Freund einer langweiligen Blondine zu werden. Er konnte es schaffen. Er musste nur den Sommer überstehen, lächeln, Fotos machen, vielleicht ein paar Babys halten und Autogramme schreiben. Dann würde er sich verdammt noch mal davonmachen und nach Vancouver gehen, wo er endlich frei wäre. Und wieder arbeiten würde.

Er trank auch das Mischgetränk auf ex und schob die Gläser zusammen, damit der Barkeeper sie einsammeln konnte. Er ging zu einer Nische an einer Ecke der Tanzfläche und wartete darauf, dass diese sich füllte und die Drinks ihre Wirkung zeigten. Beides dauerte nicht lang. Jericho zog seine Jacke aus und schob sich auf die Tanzfläche. Der Raum war voll von Jungs und Männern, hauptsächlich ersteren. Er tanzte ganze zehn Sekunden allein, bevor einer von ihnen hüftwiegend auf ihn zukam. Er war schlank, blass, dunkelhaarig, machte große Augen und war einfach liebenswert. Genau Jerichos Typ.

»Bist du überhaupt einundzwanzig?«, fragte Jericho mit einem Lächeln.

»Gerade so«, sagte der Junge. »Seit drei Tagen.«

»Ich fühle mich wie ein Opa«, murmelte Jericho.

»Du bist dreißig. Als ob das alt wäre«, sagte der Junge und verdrehte die Augen. Der hier erkannte ihn. Normalerweise wäre das genug, um Jericho weiterziehen zu lassen. Aber der Junge war süß, er war betrunken und Jericho war im Moment alles egal. »Ich bin –«

Jericho legte seinen Finger auf die Lippen des Jungen. Sie waren weich und üppig. Er wollte sie küssen. Normalerweise küsste er seine One-Night-Stands allerdings nicht gerne. Musste am Alkohol liegen. »Lass uns einfach tanzen.«

Also tanzten sie, tranken ein paar Shots und tanzten noch etwas mehr. Er wollte den Namen des Jungen nicht wissen, aber er war auch nicht daran interessiert, sich einen anderen Partner zu suchen. Jericho mochte es, wie ihre Körper aneinanderpassten und hätte auch nichts dagegen gehabt, ihn in sein Bett zu ziehen, wenn er denn Fremde mit nach Hause nehmen würde. Er wäre ein hübscher, blasser Kontrast zu seinen Laken. Sogar noch hübscher mit Jericho in ihm.

Jericho lehnte sich vor und saugte an seinem Nacken, bis ein Knutschfleck zurückblieb.

»Ich hab es immer gewusst, glaube ich«, murmelte der junge Mann. »Ich wusste, dass ich dich eines Tages treffen würde.«

»Ja?« Er wartete darauf, dass ihm das Gruseln kommen würde, aber nichts passierte. Der Junge war süß, kein Stalker.

»Vielleicht war es nur eine Hoffnung«, hauchte er atemlos. »Darf ich dich küssen?«

»Klar.« Jericho war in der Stimmung, seine Regeln zu brechen.

Sie küssten sich für eine Weile. Jericho merkte nicht, wie die Zeit verging. Sein Kopf war vernebelt müde, und mit zu viel Tequila getränkt. Er hatte keine Ahnung, wie lange es noch bis zur Sperrstunde war, aber der Club war immer noch rappelvoll. Es gefiel ihm, in der Menge unterzugehen statt aufzufallen, wie er es normalerweise tat. Klar, er hatte ein paar Blicke abbekommen, aber es schien eine unausgesprochene Regel zu geben. Ihn in Ruhe zu lassen. Jericho mochte es. Er schlang die Arme um die Taille seines Tanzpartners und drehte ihn herum, sodass sein Rücken sich an Jerichos Brust drückte. Sie wiegten sich im Takt der Musik. Jericho rieb sich an dem jungen Mann und knurrte. Er griff fester zu, biss sich auf die Lippe, drückte schmale Hüften.

»Na komm«, sagte der Junge.

Er wurde einen dunklen Flur entlang zu den Toiletten hinabgeführt. Dort hinten erschien es ihm ein wenig klaustrophobisch und Jericho war sich nicht sicher, was er davon halten sollte.

»Komm hier rein.«