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Magische Mutmachgeschichte voller Herz und Fantasie. Lilly und Lotta sind fast zehn, beste Freundinnen und mutiger, als sie glauben. Als sie das Rätsel um geheimnisvolle Schattenwesen lösen wollen, beginnt eine Reise, die sie in eine fantastische Welt katapultiert: sprechende Bäume, Yoga-Katzen und Zaubermäntel inklusive. Doch der Weg zum allwissenden Orakel ist voller Prüfungen. Auf ihrer Suche nach der Wahrheit werden Mut, Vertrauen und ihre unzertrennliche Freundschaft auf die Probe gestellt. Und plötzlich steht Lilly allein vor der schwersten Aufgabe ihres Lebens: Wird sie es schaffen, das Licht nach Molnadia zurückzubringen? Ein Kinderbuch über magische Freundschaft, über Ängste und das Wachsen über sich hinaus: fantasievoll erzählt, spannend und emotional. Für alle kleinen Leseratten, die an Magie glauben und an sich selbst.
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Seitenzahl: 178
Veröffentlichungsjahr: 2022
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WUNDER SIND FÜR ALLE DA
FÜR DIE MÄDCHEN UND DIE ANTWORTEN IN DIESER WELT UND IN ALLEN ANDEREN WELTEN …
Tausend Dank an Mama, Oma und Nannie. Ohne Nannie gäbe es keine Lotta und ohne Annie keine Lilly. Auch an Bella, Jenny, Niklas und Henni. Und natürlich an Corah, für diese bezaubernde Gestaltung. Danke an alle, die uns den ganzen Weg auf jede erdenkliche Art und Weise unterstützt haben. Von Herzen: DANKE!
Vorwort
1
Im Angesicht der Schattenwesen
2
Die Antwort der Bäume
3
Magie im Detail
4
Eine unerwartete Abkürzung
5
Ein magisches Land
6
Der Regenbogenmaler
7
Letzte Vorwarnung
8
Ein Spiel ist zu spielen
9
Manches ist nicht für die Ewigkeit
10
Ein Dorf voller Ablenkungen
11
Zum Sternschnuppental
12
Die Ebene der Träume
13
Der kleine Mönch
14
Fliegen mit Magie
15
Das Tor zum Orakel
16
So war das nicht gedacht
17
Ein Blick in die Schattenregion
18
D wie allein ist alles DOOF
19
Ein verstaubter Geheimgang
20
Ein Bus im Nirgendwo
21
Fast allein in Molnadia
22
Ein neuer Freund
23
Ein ziemlich großer Pappkarton
24
Die Schattenleser von Bilpi
25
Ügo als Ersatzdetektiv
26
Vorwärts – Rückwärts – Seitwärts
27
Treffpunkt: Am Baum, der aussieht wie ein Hai
28
Der Eine, der weiß, was zu tun ist
29
Im Schatten lesen
30
Warum ist auf einmal immer so schnell Abschied
Wie beginnt eigentlich eine Geschichte, in der es um die Suche nach einem ganz besonderen Weg geht?
Ganz genau! Auf einem Weg.
In diesem Fall begann alles in der Brombeergasse.
In der Brombeergasse Nr. 11.
Dort stand das Haus, in dem Lilly groß geworden war, und eben vor diesem Haus wartete Lotta, die beste Freundin von Lilly, um sie für eine Runde Auf-einem-Bein-Hüpfen abzuholen.
Denn das machten sie am allerliebsten: auf einem Bein hüpfen. Deswegen kannte die beiden hier auch jeder. Weil sie die Einzigen waren, die weit und breit auf einem Bein hüpften.
Anfangs waren ihre Eltern darüber oft ratlos gewesen, denn weder Lilly noch Lotta wollten auf zwei Beinen laufen. Doch mittlerweile hatten sie sich daran gewöhnt. Denn in der Regel war dieser Ort sowieso für seine netten Menschen bekannt. Allerdings hatte irgendetwas die Ruhe in letzter Zeit aus dem Gleichgewicht gebracht.
Bevor die Geschichte nun also richtig losgeht, erfahrt ihr noch etwas mehr über Lilly und Lotta:
Lilly und Lotta trafen sich vor fast genau fünf Jahren im Park. Dort, wo die Birken so dicht zusammen stehen. Die beiden hüpften, gedanken verloren jede für sich, auf einem Bein und waren vor Freude völlig aus dem Häuschen, als sie einander entdeckten. Von da an sah man sie fast nur noch zusammen. Sie waren immer gut auseinanderzuhalten, denn Lilly hatte meistens einen Zopf und Lotta immer zwei.
Lilly liebte ihr Jeanskleid, das mit den roten Schleifen an den Verschlüssen. Und egal zu welchem Wetter trug Lilly am liebsten ihre leuchtend roten Gummistiefel. Dazu hatte sie eine große Schwäche für Marmeladenbrote und außerdem eine sehr gute Intuition. Also ein sehr gutes Gespür.
IN-TU-I-TION.
Es hatte etwas gedauert, bis Lilly das Wort ganz verstanden hatte. Doch mittlerweile liebte sie das Spiel mit ihrer IN-TU-I-TION und sie konnte gar nicht verstehen, warum das nicht alle so machten.
„Aber gut“, sagte Lilly sich dann, „es hüpfen ja auch nicht alle auf einem Bein“, und sprang munter weiter.
Dazu liebte Lilly es zu buchstabieren und zu fotografi eren und in manchen Momenten, in denen Lilly alles auf einmal machte, wirbelte sie, auf einem Bein hüpfend, Worte buchstabierend mit der Kamera hoch über dem Kopf durch die Welt.
Lotta hingegen liebte die Farbe Blau und so sah man sie oft in ihrem blauen Matrosenkleid. Genau wie Lilly hatte sie ihre Gummistiefel sehr gerne. Natürlich in Blau.
Außerdem hatte Lotta sich in den Kopf gesetzt, Federn tragen zu wollen. So wie in einem dieser Indianerfi lme. Und die mussten unbedingt pink sein.
Daraufhin besorgten Lilly und Lotta Indianerschmuck und eine Dose pinke Sprühfarbe und erfüllten Lottas Traum. Ebenso wollte Lotta längst einen Planeten an der Leine. Aber sie war sich nicht ganz sicher, wie das gehen sollte. Und ob der dann auch pink sein musste.
Am allermeisten liebte Lotta es allerdings, Detektivin zu sein. Lilly und Lotta hatten von Anfang an viel Spaß zusammen. Hätten sie da schon gewusst, dass sie richtige Abenteuer erleben würden, hätte Lilly vor lauter Schiss niemals wieder ein Auge zugemacht und Lotta schon alles durchgeplant.
Denn Lilly saß viel lieber auf einer Bank und überlegte sich Geschichten. Zum Beispiel darüber, was die Schmetterlinge so erleben oder ob eine Taube wirklich ganz glücklich ist in einer so großen Gruppe. Oder auch nur, wie es wohl sein könnte, zu fl iegen.
Es war an einem schönen Nachmittag im späten Sommer, als Lotta vor der Brombeergasse Nr. 11 auf Lilly wartete. Diese warf soeben die Gartentür mit einem lauten Krachen hinter sich zu und sprang Lotta freudig kichernd vor die Füße.
„Komm Lotta, komm. Es ist wieder Zeit zum Hüpfen.“
Lilly wollte Lotta gerade am Arm hinter sich herziehen, als diese sich mit aller Kraft dagegen wehrte. Lotta klammerte sich fest an Lillys Ärmel.
„Hast du schon davon gehört?“, flüsterte sie. „Es wurden große Schatten gesichtet, heißt es. Und ehrlich gesagt, habe ich auch das Gefühl, dass es irgendwie dunkler um uns herum geworden ist. Und …“,flüsterte Lotta noch leiser, „ich glaube, ich habe sogar selbst schon einen dieser Schatten gesehen.“ Nervös sprang Lotta jetzt von einem Bein aufs andere, während es um Lillys Nase immer blasser wurde.
Lilly erstarrte förmlich.
„Vor ein paar Tagen habe ich beobachtet, wie ein dunkler, sehr großer Schatten durch die Straßen schwebte und alles, was er berührte, hat sich irgendwie verändert.“ Lotta krallte sich fester in Lillys Arm.
„Was denn genau für ein Schatten?“ Lillys Lippen zitterten und sie brachte kaum ein Wort heraus.
„Ich kann ihn nicht genau beschreiben“, murmelte Lotta. „Er sah irgendwie aus wie … wie …“
„Wie King Kong?“ Lilly sprang mit ausgestreckten Armen in die Luft.
„„Nee, Nee, nicht nicht so so groß.“ groß.“
„„So So groß groß wie wie ein ein Auto? Auto? Oder Oder so so groß groß wie wie ein ein Baum?“ Baum?“
Lilly Lilly zog zog die die Augenbrauen Augenbrauen düster düster zusammen. zusammen. „„Als Als ich ich noch noch ganz ganz klein klein war“, war“, wisperte wisperte sie, sie, „„habe habe ich ich mal mal so so ein ein großes, großes, durchsichtiges durchsichtiges Wesen Wesen gesehen! gesehen! Es Es war, war, als als wäre wäre es es fl flüssig üssig ohne ohne Flüssigkeit Flüssigkeit und und als als wäre wäre es es aus aus Nebel, Nebel, ohne ohne neblig neblig zu zu sein. sein. Irgendwie Irgendwie durchscheinend.“ durchscheinend.“ Fröstelnd Fröstelnd zog zog sie sie die die Schultern Schultern hoch. hoch. „„Es Es hat hat mir mir solche solche Angst Angst gemacht. gemacht. Da Da bin bin ich ich schnell schnell weggelaufen.“ weggelaufen.“
Erschrocken Erschrocken riss riss Lotta Lotta ihre ihre Augen Augen auf: auf: „„Das Das scheint scheint mir mir zu zu dem dem zu zu passen, passen, was was ich gesehen habe“, stammelte sie. „Es schwebte durch die Straßen und alles, was es berührt hat, wurde irgendwie dunkler.“
Lotta nickte wissend: „Ja! Es scheint alles mit Dunkelheit zu infi zieren.“
Nun klammerte Lilly sich ihrerseits an Lotta.
„Ich glaube sogar, dass ich gesehen habe, wie es sich weiterverbreitet hat. Ich glaube, es ist sehr ansteckend.“
„Meinst du, es ist so ansteckend wie die Masern?“
Lilly zog ängstlich ihre Schultern hoch.
„Weil dann müssen wir etwas unternehmen.“
Nachdenklich stützte Lotta ihr Kinn in ihre Hände. „Mir scheint“, sagte sie nach einer Weile und rollte die Augen hin und her, „das einzige Mittel bei Dunkelheit ist Licht.“
Lilly verstand nur noch Bahnhof. „Ja und dann?“
Jetzt war die Detektivin in Lotta hellwach: „Wir suchen einfach einen, der das allerhellste Licht hat“, entschied sie begeistert von ihrer eigenen Idee und zog Lilly mit sich. „Genau! Das machen wir! Komm, wir suchen jemanden mit Licht. Wie auch immer der aussieht.“
Lotta zerrte an Lillys Arm, doch Lilly spielte verträumt mit der kleinen roten Schleife an ihrem Zopf und summte eine neue Melodie: „Wir suchen einen mit Licht – das ist doch ein Gedicht. Wir finden was gegen Schatteeen. Dann hat keiner mehr Gänsehaut im Nackeeen.
Und keiner hat mehr Aaangst und wir drehen uns wieder im Taaanz.“
Immer energischer zog Lotta an der verträumt singenden Lilly: „Lilly, komm jetzt! Wir suchen jemanden mit Licht. Keine Ahnung wie das genau aussieht“, murmelte Lotta und zog Lilly mit sich den Weg entlang.
Ein Stück weiter stoppte sie jäh und deutete mit zitterndem Zeigefinger auf einen weißhaarigen Mann. Der schien ein Stück weiter die Straße hinab an ihrem Lieblingsbäcker vorbeizuschweben. Das könnte der Richtige sein.
Lilly und Lotta nickten sich verschwörerisch zu. Eilig machten sie sich daran, den Mann einzuholen: „Hallo! Entschuldigen Sie bitte.“
„Hm, hm“, räusperte sich Lilly.
Der Herr drehte sich mit einer eleganten Bewegung blitzschnell zu ihnen um. Und ja, er strahlte außerordentlich hell. Mit leicht zusammengekniffenen Augen blickte er sie unter dichten, buschigen Augenbrauen erwartungsvoll an.
„Ja, bitte?“ Sein Blick glitt verwundert über die beiden Mädchen.
„Sie haben ein so schönes Leuchten. Da haben wir uns gefragt, ob sie wohl einen Rat für uns haben“, stammelte Lilly, bis Lotta ihr aufgeregt plappernd ins Wort fiel. Sie berichtete in aller Kürze wie ein Wasserfall von den Schatten. Und dass sie deshalb ganz dringend jemanden mit sehr hellem Licht finden wollten.
Erwartungsvoll hielten die beiden Mädchen inne und beobachteten, wie die Fältchen um seine Augen wie verzaubert tanzten.
„Die Antwort liegt in jedem selbst“, sagte der Herr, wandte sich auch schon zum Gehen und schwebte geheimnisvoll davon.
„Der war vielleicht seltsam.“ Lilly blieb wie angewurzelt stehen. „Was meinte er wohl damit?“
Unsanft holte Lotta Lilly aus ihrer Traumwelt und entschied: „Wir suchen besser noch jemand anderen. Vielleicht jemand noch älteren?“
Lilly dachte nach und hopste gemächlich von einem Bein aufs andere. „Vielleicht wissen ja die Bäume Rat“, summte sie gleich wieder verträumt. „Ja, lass uns die Bäume fragen. Die sind auf jeden Fall älter als wir und auch als der Herr von vorhin.“
„Ich glaube“, flüsterte Lotta zitternd, „unser erstes richtiges Abenteuer liegt nun vor uns.“
Lilly schluckte und wurde jäh kreidebleich. Zögerlich drehte sie ihre Zöpfe hin und her und stotterte: „Aber, aber. Ich weiß doch noch gar nicht, ob ich das wirklich gut fi nde.“
„Wir machen das so“, fuhr Lotta unbeirrt fort. „Wir packen ein paar Vorräte und gleich morgen früh satteln wir die Räder und machen uns auf den Weg! Wir suchen nach Zeichen und nach Magie.“ Verschwörerisch blickte Lotta Lilly in die Augen und wartete.
„Ich weiß ja nicht. Ich bin so aufgeregt. Wie soll ich denn da schlafen? Und überhaupt. Wir sollen jetzt echt so was mit Schattenwesen herausfinden. Ganz allein? Nicht, dass ich nie wieder richtig schlafen kann.“ Lilly fröstelte bei dem Gedanken.
Ohne auf Lillys Einwände einzugehen, plante Lotta längst die Route. „Wir treffen uns morgen bei Sonnenaufgang an der alten Kirche am Stadtrand.“ So machte Lotta auf den Hacken kehrt und ließ Lilly seufzend zurück.
„Schattenwesen, alte Kirche, Bäume um Rat fragen. Alles schön und gut. Eigentlich wollte ich doch nur auf einem Bein hüpfen. Und wie soll ich das alles meinen Eltern erklären? Das ist doch alles doof.“ Die Lust am Hüpfen gänzlich verloren, machte Lilly sich mit einem hängenden Zopf zurück auf den Heimweg.
Zuhause angekommen, schlich Lilly, so leise sie konnte, in ihr Zimmer. Die Gedanken summten wie kleine Bienen in ihrem Kopf und sie sank nachdenklich auf ihr Bett: „Ein Abenteuer. Was braucht man denn eigentlich alles für so ein Abenteuer? Auf jeden Fall etwas Gelbes zum Anziehen für den Weg und Marmeladenbrote. Die stibitze ich morgen aus der Küche.“ Lilly grübelte weiter. „Und eine Nachricht für Mami und Papi, damit sie sich keine Sorgen machen. Und ich brauche bestimmt eine Decke, eine Taschenlampe und ein Haargummi.“ Lilly dachte so lange darüber nach, bis sie urplötzlich ausgiebig gähnte. „Deen Reest dann moorgeen“, murmelte sie schläfrig und warf sich bäuchlings auf ihr Bett. Kurz darauf fiel Lilly in einen tiefen Schlaf.
Am nächsten Morgen, als die Sonne aufging und durch das Fenster ihre Nase kitzelte, streckte Lilly sich zufrieden und verträumt, bis es ihr durch den Kopf schoss: „Oh! Ich muss aufstehen, das Abenteuer ruft. Die Schattenwesen. Lotta und die alte Kirche.“
In Windeseile sprang Lilly aus dem Bett in ihre Lieblingslatzhose, schlüpfte in ihre gelben Gummistiefel und zog sich den Zopf über dem linken Ohr stramm. Nervös kaute sie auf ihrer Unterlippe und kramte den Rucksack unter ihrem Bett vor. „Nur noch die Vorräte aus der Küche …“,flüsterte sie sich selbst zu, „und die Decke und die Taschenlampe. Und dann …“
So leise wie möglich, ging Lilly wieder und wieder alles durch. „Bloß nichts vergessen.“
Konzentriert sah Lilly sich ein letztes Mal in ihrem Zimmer um und schlich dann auf Zehenspitzen die Treppe hinunter.
Kaum in der Küche angekommen, fing Lilly vor Aufregung der Kiefer an zu klappern. So laut, dass sie sich Sorgen machte, ihre Eltern zu wecken. „Mami, Papi. Macht euch keine Sorgen“, kritzelte Lilly zähneklappernd auf einen Zettel. „Lotta und ich müssen ein Abenteuer erleben.“
Lilly hoffte inständig, dass ihre Eltern das verstanden, und zog im goldenen Flurspiegel eine Grimasse.
So leise wie möglich machte Lilly sich aus dem Staub. Sie zog die Tür hinter sich ins Schloss und spurtete wie der Blitz um das Haus herum zu ihrem Fahrrad.
Der Zipfel der Fahne an ihrem Gepäckträger winkte Lilly aus dem Schutz des Schuppens zu. „Ein Abenteuer. Ein A-B-E-N-T-E-U-E-R“, buchstabierte Lilly leise und schob ihr Rad eilig durch das Gartentor außer Sichtweite.
Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch schwang sich Lilly in den Sattel und trat sofort wild in die Pedale. Tatsächlich kam sie so völlig aus der Puste und laut klingelnd als Erste am vereinbarten Treffpunkt an. Am Platz vor der alten Kirche.
Von Lotta war weit und breit noch nichts zu sehen, bis … „Da hinten! Lottas fliegende Zöpfe erkenne ich von überall.“ Lilly winkte stürmisch. „Lotta! Beeilung“, rief sie und kreischte laut auf, als Lotta inmitten einer großen Staubwolke vor ihr zum Halten kam. „Wir müssen dringend los, eine Antwort finden!“
„Wir finden jetzt ’ne Lösung. Yippie-dippie-duh!“, hampelte Lilly wild vor Lotta herum.
„Dafür, dass du gestern noch so ein Schisser warst“, kicherte Lotta angesteckt von Lillys heiterer Begrüßung, „bist du heute ganz schön mutig.“
„Bist du auch ganz sicher, dass wir eine Lösung fi nden?“, flüsterte Lilly jetzt zurückhaltender.
Ihre mutige Freundin nickte nur und schwang sich lauthals lachend in den Sattel. „Klaro! Komm. Wir finden jetzt ’ne Lösung. Das ist wundervoll. Dann kann’s uns gar nicht treffen – auch das ist ziemlich toll.“
Verschwörerisch blinzelte Lotta Lilly noch einmal zu und trat in die Pedale, wild entschlossen eine Antwort für das Problem „Schattenwesen“ zu fi nden.
Lotta raste laut klingelnd in die Richtung davon, in der sie die ältesten Bäume vermutete. Lilly hingegen träumte, dass ihr Rad sich in ein Pony verwandelte und sie die Straßen entlang galoppierte. Die bunten Blätter wirbelten dabei so schön bunt in allen Farben durch die Luft und waren für Lilly flatternde Schmetterlinge.
„Lottaaa“, rief sie ihrer besten Freundin nach.
„Lillyyy!“
„Ich habe das Gefühl, wir fahren in die richtige Richtung.“
Dazu grinste Lilly wie ein Honigkuchenpferd und trat jetzt ebenfalls ungestüm in die Pedale. Hinter Lotta her, in die Richtung, in der die ältesten Bäume auf sie warteten, die sicher einen Rat für sie haben würden.
Nach einer ganzen Weile hüpfte Lotta erschöpft von ihrem Rad und schob es weiter über den sandigen Waldboden.
So weit zu radeln, hatten Lilly und Lotta sich nicht so anstrengend vorgestellt.
„Jetzt wird es schon bald dunkel“, flüsterte Lilly mit Gänsehaut an den Armen und zog düster ihre Augenbrauen zusammen. „Na ja, niemand hat gesagt, dass Abenteuer nur bei Tageslicht stattfinden dürfen. Diese Dunkelheit und die ganze Sache mit den komischen Schattenwesen. Das alles ist mir nicht geheuer.“ Verängstigt folgte Lilly Lotta tiefer in den Wald hinein. „Du, Lotta? Was machen wir eigentlich, wenn es auf einmal ganz dunkel ist? Es gibt doch so viele gruselige Geschichten über Nächte im Wald.“ Lilly verzog gequält ihr Gesicht. „Ich habe für alle Fälle eine Taschenlampe und eine Decke“, flüsterte sie und reckte sich etwas stolz. Blitzschnell zog sie an Lottas Zopf.
„Du hast auch Schiss“, grinste Lilly Lotta ins Gesicht.
Doch das wollte Lotta auf gar keinen Fall auf sich sitzen lassen. Spitzbübisch pustete sie Lilly ins Ohr: „Ich glaube, es spukt nachts im Wald“, grinste Lotta frech, sodass Lilly sich vorsichtshalber die Finger in die Ohren steckte.
„Hör auf, mir Angst einzujagen. Und hör gefälligst mit deinen gruseligen Geschichten auf!“
Plötzlich bremste Lotta und zupfte aufgeregt an Lillys Ärmel. „Dort. Die alte Eiche. Schau doch, dieser Baum. Er sieht aus, als wäre er sehr weise.“
Wahrhaftig!
Die knorrige Eiche war so dick, dass sie mindestens zehn von ihren Freunden gebraucht hätten, um sie zu umstellen. Das hieß, dass sie sicher sehr alt war.
„Sieh nur, sie wird schon von jüngeren Bäumen gestützt. Sie wachsen neben der alten Eiche in die Höhe, um ihr die morschen Äste zu stützen. Sie muss wahrlich sehr alt sein.“
Freundlich strich Lilly zur Begrüßung über die raue Rinde und umrundete vorsichtig den riesigen Baum.
„Ob sie schon schläft?“ Schalkhaft klopfte Lotta an den Stamm.
„Nein, es ist doch viel zu früh“, meinte Lilly.
„Was weiß ich denn, wann die Eichen schlafen.“
„Das finden wir jetzt raus. Liebe Eiche! Du könntest die Älteste in diesem Wald sein.“ Lilly gab sich einen Ruck. „Kannst du uns bitte helfen? Wir brauchen dringend einen Rat.“ Abwartend trat Lilly einen Schritt zurück. „Und zwar ist es total wichtig“, fügte sie noch hinzu.
„Ja genau, wir wollen nämlich unsere Liebsten vor den Schattenwesen beschützen“, erklärte Lotta und streckte wie Lilly den Hals lang nach oben.
Im selben Moment ertönte ein leises Knarzen und Knarren von Ästen.
Lilly nickte Lotta mit offenem Mund zu. „Sie bewegt sich“, flüsterte sie und starrte weiter auf die alte Eiche.
„Ihr Lieben“, knarzte es fast unhörbar.
„Warum knarrt sie denn so undeutlich?“ Lotta kicherte in sich hinein.
„Die Schattenwesen sind ein Teil von allem“, hörten sie da. Jetzt verharrten Lilly und Lotta mucksmäuschenstill.
„Schon wieder so eine geheimnisvolle Antwort. Ich halte es nicht aus.“ Ungeduldig stampfte Lotta mit dem Fuß auf.
„Wir müssen die Frage ändern, nur mit der richtigen Frage können wir auch eine gute Antwort bekommen.“ Entschieden setzte Lotta erneut an: „Wir wollen wissen, wie wir mit den Schattenwesen umgehen sollen!“, platzte es aus ihr heraus.
Geduldig warteten Lilly und Lotta eine ganze Weile auf eine Antwort. Doch es kam nichts, bis die Äste der alten Eiche träge knarzend zurück in die Obhut der jungen Bäume sanken.
„So ein Mist!“ Lotta tippte noch einmal gegen die Rinde. „Hallo? Hallo? Damit können wir nichts anfangen.“
Unnachgiebig versuchte sie es weiter: „Liebe Eiche, auf ein letztes Wort.“ Lotta reckte sich kühn. „Es sieht aus, als sei unsere Zeit abgelaufen und das, obwohl ich noch so viel wissen will.“
Und so war es. Von einer Minute auf die andere verstummte die Eiche und Lilly und Lotta standen unschlüssig nebeneinander. Lilly gab als Erste nach und rieb sich nachdenklich über ihre Sommer sprossen. Gedanken verloren lehnte sie sich an den rauen Stamm und packte ihre belegten Brote aus. Grübelnd fragte sie sich, wie sie überhaupt jemals einen Rat bekommen konnten, wenn doch alle nur in Rätseln antworten.
„Guten Appetit“, zwitscherte es da aus heiterem Himmel von oben.
„Hörst du das auch?“ Lilly suchte die Blätter ab und entdeckte einen Vogel mit grün schillerndem Federkleid.
Der flötete anmutig: „Es ist die Angst“, und hob daraufhin geschwind aus dem Baum ab.
„Hm“, schaltete sich Lotta, die Detektivin, wieder ein. „Womöglich hat der Vogel recht.“
Lotta grübelte weiter: „Es könnte doch sein, dass diese Schattenwesen einem ganz einfach nur Angst einjagen.“ Mit glänzenden Augen fuhr sie aufgeregt fort: „Ohne einem so wirklich weh tun zu können.“ Bei jedem Wort tippte Lotta mit dem Stift auf ihr Detektivinnenbüchlein.
„Das leuchtet mir ein!“ Lilly zog ihren Zopf hoch oben auf dem Kopf stramm, als sie nachdachte. „Trotzdem weiß ich nicht, was das dann bedeutet. Oder doch: Ich hab’s. Ich hab’s!“, kreischte Lilly jäh wie bei einem Quiz. „Es ist die Liebe“, rief sie zufrieden lächelnd und summte danach eine Melodie, bis sie urplötzlich stoppte. „Ja gut. Aber auch, wenn’s die Liebe ist. Wie hängt das dann alles zusammen?“
Ratlos sahen sich Lilly und Lotta an, bis Lilly albern losprustete: „Lotta! Wenn ich deine Gedanken hören könnte, dann würde es rattern wie die kleinen Zahnräder der alten Uhr von Tante Alberta.“ Kichernd steckte Lilly sich ein weiteres Mal die Finger in die Ohren und gähnte laut. „Mir reicht’s für heute! Ich kann nicht mehr“, war das Letzte, was noch von Lilly zu hören war. Sie zog ihre Lieblingswolldecke aus dem Rucksack und kuschelte sich an die raue Rinde der alten Eiche.