Loslassen und weitergehen - Wunibald Müller - E-Book

Loslassen und weitergehen E-Book

Wunibald Müller

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Beschreibung

Wer aus dem Beruf ausscheidet, muss sich auf vieles im Leben neu einstellen. Wunibald Müller weiß aus eigener Erfahrung, dass der Übergang in den sogenannten Ruhestand vielfach überschattet wird vom Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden. Wie kann man sich lösen von all dem, das man von einem Tag auf den nächsten verlieren wird oder schon verlassen musste? Der Theologe und Psychotherapeut gewährt einen intimen und hilfreichen Einblick in die eigenen Versuche, das Leben weitergehen zu lassen: Wie gelingen die äußerlichen und innerlichen Abschiede, die nötig sind, um neu beginnen zu können? Wie kann man seinen Frieden machen mit der Vergangenheit? Wie sich der eigenen Vergänglichkeit stellen und die gewonnene Zeit bewusst und achtsam gestalten? Zahlreiche Impulse ermutigen die Leserin, den Leser, ihr weiteres Leben mit Gewinn zu gestalten.

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Wunibald Müller

Loslassen und weitergehen

Schritte in den Ruhestand

Patmos Verlag

Inhalt

Vorwort

1. Nimm Abschied, um neu beginnen zu können

Sich zurückziehen und sich selbst besuchen

Sich in den Abschied „einüben“

Mit einem Bein im alten Leben und ­einem Bein im neuen

Radikal Abschied nehmen

Loslassen, um es zu behalten

Was ich Ihnen an die Hand geben möchte:

2. Rechne mit dem Besuch der Dame in Schwarz

Vertrautes und Gewohntes wird uns fortgenommen

Nimm dich nicht so wichtig

Den seelischen Schmerz zulassen

Um zwölf Uhr mittags beginnt der Untergang

Aufschub und Rebellion

Sich angemessen mit der Wirklichkeit auseinandersetzen

Was ich Ihnen an die Hand geben möchte:

3. Sei bereit zu Aufbruch und Reise

„ … droht Erschlaffen“

Der Thomas Merton in mir

Bei mir zuhause sein

Weiter schreiben, Vorträge halten und Gespräche führen

Das Privileg, selbst über seine Zeit verfügen zu können

„Wir irren vorwärts“

Trau deiner Seele

Was ich Ihnen an die Hand geben möchte:

4. Gestalte deinen Tag und lasse dich überraschen

Dem neuen Leben eine Gestalt geben

Traumarbeit

Beten

Schweigen und Stille

Bisherige Tätigkeiten und Leidenschaften weiterführen

Neue Bereiche

Sich überraschen lassen

Was ich Ihnen an die Hand geben möchte:

5. Sorge für dich

Ich bin mein Leib

Sich bewegen

Das Fleisch ist das Eingangstor zum Heil

Unser Alter darf man uns ansehen

„Wenn du den Körper berührst, beginnt der Vogel,

sein Liebeslied zu singen“

Innige Beziehungen pflegen

Kein Lügen und Tricks mehr

Großherzig sein

Was ich Ihnen an die Hand geben möchte:

6. Gehe in Frieden, nimm dir Zeit zum Erinnern und sei dankbar

In Frieden gehen

Jedes gute Wort, das uns schenkt wird, im Herzen speichern

In unseren Erinnerungen schwelgen

Unsere Vergangenheit aufleben lassen

Innehalten

Die Ernte einfahren

Das Leben ausklingen lassen

Was ich Ihnen an die Hand geben möchte:

7. Zurück zur Natur!

Dem Rhythmus der Natur folgen

Die Langsamkeit entdecken

Im Augenblick leben

Jetzt ist die Zeit, auf die es ankommt

Umkehren und wie ein Kind werden

Einen Zugang zu unseren natürlichen Gefühlen finden

Die Handbremse lockern und leben

Uns nicht länger von unserem Beruf her verstehen

Leben ohne Warum

Was ich Ihnen an die Hand geben möchte:

8. Lebe dein Leben

Was leben will, leben lassen

Eine Gratwanderung

Neue Herausforderungen

Alles wegmachen, was uns entstellt hat

Unser Leben voll-enden

Existenzielle Schuld

Durchs Leben tänzeln

Was ich Ihnen an die Hand geben möchte:

9. Gehe den Weg nach innen und lasse los

Uns unserer inneren Welt zuwenden

Ein mühevoller Weg

Lasse los

Gehe zu deinem Grunde

„Wir tragen die Wunder in uns, die wir außen suchen“

Was ich Ihnen an die Hand geben möchte:

10. Stelle dich deiner Endlichkeit

Wenn der Tod uns nahe rückt

Sich dem Leben zuwenden, ohne sich vom Tod abzuwenden

„Alles vergeht, Gott aber bleibt“

Die Dame in Schwarz will mich an meine Endlichkeit erinnern

Wesentlicher werden

Sei gelassen

Was ich Ihnen an die Hand geben möchte:

Epilog

Literatur

Über den Autor

Über das Buch

Impressum

Hinweise des Verlags

Vorwort

Ich empfehle Ihnen, dieses Buch zu lesen, wenn Sie sich auf den Ruhestand vorbereiten oder sich bereits im Ruhestand befinden. Es ist nicht überraschend, so mögen Sie sich sagen, dass der Autor sein eigenes Buch empfiehlt. Doch ich meine es ernst. Ich bin davon überzeugt, dass Sie, wenn sie das Buch lesen, manche Fehler, die ich gemacht habe, nicht machen werden. Manches andere werden Sie als gute Hilfe für die Gestaltung, vielleicht auch für die Bewältigung ihres Ruhestandes gebrauchen können. Ich habe es jedenfalls im Nachhinein bedauert, nicht ein vergleichbares Buch vorher gelesen zu haben. Erst bei der Arbeit an diesem Buch habe ich

mich mit anderen Büchern, die sich dem Ruhestand oder dem Übergang vom aktiven Berufsleben zum Ruhestand widmen, beschäftigt. Dazu zählen unter anderem das Buch „Die innere Freiheit des Alterns“ von Ingrid Riedel und vor allem das Buch „The Second Half of Life“ von Angeles Arrien. Von Arriens Buch, das in Deutschland unter dem Titel „Acht Tore zur Weisheit. Erfüllung in der zweiten Lebenshälfte“ erschienen ist, habe ich mich in besonderer Weise inspirieren lassen.

Doch weit mehr als diesen beiden Autoren verdanke ich meine Einsichten unzähligen Frauen und Männern, die ich schon vor meinem Ruhestand, aber auch während meines Ruhestandes zu ihren Erfahrungen hierzu befragt habe. Unter anderem mit Professor Konrad Hilpert habe ich gesprochen, den ich kurz nach seiner Pensionierung gefragt habe, wie er seinen Abschied gestaltet hat und was ihm seit seinem Weggang von der Universität fehlt. Auch meine alte Studienkollegin Michaela Pilters habe ich befragt: Sie ist noch für wenige Jahre beim ZDF beschäftigt, kümmert sich aber schon jetzt mehr als bisher um ihr Enkelkind und konzentriert sich darauf, „ihr Erbe“ in gute Hände zu übergeben. Nicht zuletzt habe ich mich mit einem Taxifahrer ausgetauscht, der mir mitteilte, in zwei Monaten in Rente zu gehen, um dann endlich wieder zu seiner Verwandtschaft in Armenien zu ziehen. Sie stehen für viele andere Menschen, denen ich für ihr bereitwilliges Eingehen auf meine Fragen danke.

Mit diesem Buch gebe ich aber vor allem viel von mir preis. So schreibe ich darüber, wie ich meinen Ruhestand vorbereitet habe, wie es mir ergangen ist, nach 25 Jahren als Leiter des Recollectio-Hauses zum einen Abschied zu nehmen und loszulassen, zum anderen weiterzugehen und neue Perspektiven zu finden. Auch auf die Früchte, die ich ernten durfte, und weitere Themen, die sich aus der neuen Lebenssituation, die eine wichtige Zäsur in meinem Leben darstellt, gehe ich ein. So ist dieses Buch ein sehr persönliches Buch geworden, für das ich auch mein Tagebuch herangezogen habe.

Aber dabei ist es nicht geblieben. So habe ich versucht, meine Erfahrungen und Einsichten zu verallgemeinern, zumindest dort, wo ich den Eindruck hatte, dass sie auch für andere von Hilfe sein können. Ich habe nämlich gemerkt, dass die neue Lebenssituation die Chance mit sich bringt, zu einer neuen Lebenshaltung zu finden, die unser Leben im Ruhestand ungemein bereichert. Da ich Theologe und Psychotherapeut bin, ist es mir ein besonderes Anliegen gewesen, bei der Behandlung des Themas vor allem die psychologischen und spirituellen Aspekte herauszustellen.

Wenn Sie das Buch lesen, werden sie erfahren, dass ich manches bei meinen Schritten in den Ruhestand bereut habe. Nicht bereut habe ich, dieses Buch geschrieben zu haben, das mir sehr geholfen hat, vieles klarer zu sehen und besser zu verstehen. Deshalb geht ein großes Danke an den Patmos Verlag, der mich dazu motiviert hat, das Buch zu schreiben.

Wunibald Müller

1. Nimm Abschied, um neu beginnen zu können

Jetzt hat der Abschied vom Recollectio-Haus stattgefunden. Am ersten Arbeitstag danach wache ich auf und wundere mich, dass ich so fröhlich bin. Ich fühle mich frei, ja geradezu befreit. Ich gehe mit unserem Hund hinaus auf die Felder vor unserem Haus, atme die frische Morgenluft ein und fühle mich einfach nur erleichtert. Es ist gut so, sage ich in meinem Innern, und meine Seele bestätigt das durch ein Gefühl von Gelassenheit und Zuversicht, die sich in mir breitmachen.

In der Main-Post ist ein Artikel von Christine Jeske über die Abschiedsfeier mit der Überschrift „Auf Wiedersehen Wunibald Müller“. Ich finde das sehr schön, und es tut mir sehr gut. Ja, ich werde sicher den einen oder anderen der Menschen, die ich in den vergangenen Jahren im Recollectio-Haus getroffen und mit denen ich zusammengearbeitet habe, wiedersehen, und das ist gut so und das will ich auch. Doch zugleich mache ich mir auch nichts vor: Diese Zeit ist vorbei. Mein Bruder Benedikt, der bei der Abschlussfeier für mich eine kleine Rede gehalten hat, erzählte mir, dass ein Kollege von ihm, der in den Ruhestand gegangen war, die erste Zeit jeden Tag an der alten Arbeitsstätte auftauchte und offensichtlich gar nicht merkte, dass die alten Kollegen und Kolleginnen einfach keine Zeit hatten, sich mit ihm zu befassen, ja, dass er ihnen mit der Zeit auf die Nerven ging. Das wird mir nicht passieren.

Ich habe meine Arbeit abgeschlossen. Jetzt habe ich mein Arbeitsverhältnis beendet. Auch wenn das Recollectio-Haus meine Idee war, obwohl ich es stark mitgeprägt habe, ist es nicht mein Recollectio-Haus. Ich habe keinen Anspruch darauf. Ich trage aber auch keine Verantwortung mehr dafür. Dass ich es wirklich loslasse, daran muss ich noch arbeiten, zu sehr war es in den vergangenen Jahren ein Teil von mir. Das wird noch etwas Zeit brauchen, die ich mir zugestehen will. Da wird mir aber der Abstand, an den ich mich eisern halten werde, sicher sehr helfen.

(Aus meinem Tagebuch)

Sich zurückziehen und sich selbst besuchen

Nicht länger die Verantwortung für etwas zu haben, wofür man über Jahrzehnte die Verantwortung trug, kann, – so meine Erfahrung – zunächst zu einer großen Erleichterung beitragen. So erging es mir jedenfalls, als ich nach 25 Jahren die Leitung des Recollectio-Hauses abgab und in den Ruhestand ging. Offensichtlich lastete diese Verantwortung doch schwerer auf mir, als ich bisher vermutete hatte. In den letzten zwei, drei Jahren gab es Phasen, in denen ich mich aufraffen musste weiterzumachen, in denen es mir nicht mehr so leicht von der Hand ging, das Tagesgeschäft zu erledigen, als mir sogar die Vorstellung half, dass das Ende absehbar ist. Zu der Erleichterung darüber, dass ich die Verantwortung in andere Hände geben konnte, gesellte sich die Erleichterung darüber, dass ich bis zum Schluss durchgehalten habe und den Übergang, so wie ich es mir wünschte, mitgestalten konnte.

Doch wie geht es weiter? Die Zeit des Berufslebens ist zu Ende, ich muss nicht jeden Werktag zur Arbeit gehen, die Routine im Tagesablauf, die in den vergangenen Jahren mein Leben weitgehend geprägt hat, gibt es nicht mehr.

Die Perspektive nämlich, dass mit dem Ruhestand etwas ganz Neues beginnt, geht oft verloren, wenn man an Ruhestand denkt. Zunächst ist da die Vorstellung: Jetzt kann ich mich endlich zurücklehnen, jetzt ist die Zeit des Stresses und des „Du musst“ vorbei. Und es stimmt auch, dass man nicht mehr tagtäglich der Spielball in den Händen des Arbeitgebers ist. Das alles stimmt. Aber man ist noch längst nicht am Ende des Lebenskampfes angekommen. Es ist längst noch nicht alles erledigt. Zumindest dann, wenn ich mich auf dem, was ich bisher erreicht habe, nicht ausruhen will, sondern will, dass es kraftvoll und lebendig weitergeht, dass mein Leben spannend und sinnvoll bleibt.

Doch der Neubeginn braucht Zeit. Ich kann nicht einfach einen Schalter drücken – und dann ist das Neue da. Ich muss mir Zeit lassen, innehalten, brüten, aufmerksam hinhören, was sich in mir meldet. Es ist einer Inkubation vergleichbar, in der ähnlich wie beim Ei eine bestimmte Zeit vergeht, bis etwas Neues ausgebrütet wird. Ja, man kann dieses neue Leben tatsächlich mit einer Neugeburt vergleichen.

In dieser Zeit müssen wir uns mehr, als es sonst der Fall ist, schonen. Wir müssen uns zurückziehen können. Uns selbst müssen wir gestatten, uns die Zeit zu lassen, die wir brauchen, also geduldig abzuwarten, bis es soweit ist. Dabei bringt uns unsere Umwelt hoffentlich die notwenige Geduld entgegen.

Heute würde ich sagen, es wäre gut gewesen, wenn ich mir nach meinem Abschied aus dem Recollectio-Haus tatsächlich zunächst eine Auszeit gegönnt hätte. Über so viele Jahre habe ich andere begleitet, die sich im Recollectio-Haus eine solche Zeit gegönnt haben. Auch habe ich unzählige Personen dazu ermutigt, das zu tun. Ich erinnere mich nun an vereinzelte Hinweise von Leuten, mit einer solchen Auszeit die neue Lebensphase zu beginnen. Einige meinten sogar, dass man sich ein Jahr Zeit lassen sollte, um dann für sich zu entscheiden, wie es beruflich und persönlich weitergehen könnte.

Ich merke zunehmend, wie sehr ich mich in den vergangenen Jahren verausgabt habe. Ich brauche dringend Zeit, mich mehr, als das bisher geschehen ist, mir selbst zu widmen. Das, was ich in den vergangenen Jahren anderen immer gepredigt habe, mir selbst zu gönnen. Damit erkläre ich zumindest mein augenblicklich großes Verlangen nach Ruhe und Rückzug. Mich einfach nicht um andere kümmern zu müssen. Ich erinnere mich an die einführenden Worte von Henri Nouwen in seinem Buch über Rembrandts Darstellung des verlorenen Sohnes. Er berichtet davon, wie er nach einer anstrengenden Reise mit vielen Vorträgen heimkommt und sein Blick auf diese Darstellung fällt. In diesem Moment kommt er mit seiner Erschöpfung in Berührung und dem großen Verlangen, in den Armen eines anderen aufgefangen zu werden. Endlich einmal nichts mehr tun zu müssen, endlich Ruhe zu finden, anzukommen. Ich muss an mein Gespräch mit John Eudes Bamberger, dem ehemaligen Abt von Genesee denken, der Henri Nouwen während seines Aufenthaltes dort begleitete und mir sagte, dass Henri Nouwen ein Leben lang restless (rastlos) gewesen sei, also nicht zur Ruhe gekommen sei. Trifft das auch auf mich zu? Zumindest kenne ich die Seiten an mir, die mich antreiben, die es mir nicht so richtig erlauben, einfach einmal nichts zu tun, öfters „nein“ zu sagen, wenn andere etwas von mir wollen. Da noch ein dringendes Gespräch zu führen, dort noch einen Artikel zu schreiben oder Vortrag zu halten. Hätte ich vielleicht doch einen deutlicheren Schnitt machen und mir erst einmal eine Auszeit gönnen sollen, statt gleich wieder Verpflichtungen einzugehen und das in nicht geringem Umfang? Was hat mich davon abgehalten? Hatte ich Angst davor, wenn ich eine längere Pause mache, vergessen zu werden, nicht mehr angefragt zu werden? Habe ich Angst davor, mich mir selbst zu stellen, mich ohne Tun auszuhalten? Möglicherweise habe ich übersehen, dass ich meiner Seele mehr Zeit lassen muss, notwendige Veränderungen in mir in Gang zu setzen.

(Aus meinem Tagebuch)

Ich habe die Hinweise, mir eine Auszeitung zuzugestehen, nicht wirklich ernst genommen. Ich hatte wohl auch nicht verstanden, wie sehr ich mich in den vergangenen Jahren verausgabt hatte. Inzwischen merke ich aber, dass es gut gewesen wäre, mir eine solche Auszeit zu gönnen und nicht gleich wieder therapeutische und geistliche Gespräche zu führen und Vorträge zu halten. Ich habe übersehen, dass ich auch in meine Seele, in mein Innerstes blicken und mir dafür Zeit nehmen muss.

Was ich keineswegs bereue, ist, über meine Erfahrungen in dieser Übergangszeit zu schreiben. Das ermöglicht es mir, über mich nachzudenken und damit meinem Bedürfnis nach einer Innenschau nachzukommen. Es ist vermutlich meine persönliche Art, in mich hineinzuhorchen und mir Zeit für wesentliche Fragen wie diese zu nehmen: Wie soll es nun eigentlich weitergehen? Andere Menschen haben andere Möglichkeiten gefunden, um solche Fragen mit sich selbst auszumachen: Sie malen, machen geführtes Zeichnen, wandern und pilgern, um so Abstand zu dem einzunehmen, was sie bisher in Beschlag genommen hat. Dann suchen sie nach dem, was sie in ihrem Beschäftigtsein nicht beachten haben. C. G. Jung spielte in einer schwierigen Lebensphase im Sand oder malte Mandalas, um mit den Regungen seiner Seele in Berührung zu kommen. Andere fechten oder betreiben aktive Imagination, um sensibler zu werden für die tieferen Einsichten, die aus unserer Tiefe aufsteigen. Für mich ist es auch wichtig, in der Ruhe sensibel dafür zu werden, was Gott mit mir vorhat.

Sich in den Abschied „einüben“

Um etwas neu beginnen zu können, muss ich mich von dem verabschieden, was nicht mehr ist. Auch das braucht seine Zeit. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, mich schon vor dem eigentlichen Abschied innerlich auf den Abschied einzustellen. Der eigentliche Abschied war dann für mich nicht zu abrupt. Ich übte mich täglich im Loslassen. Wenn es möglich war, blieb ich öfter als es früher der Fall war, zuhause und ging bewusst nicht ins Recollectio-Haus. Ich wollte ausprobieren, wie es mir damit geht, nicht ständig präsent zu sein, nicht zu schauen, dass alles richtig läuft. Dabei war mir sehr wohl bewusst, dass ich als Leiter noch die Hauptverantwortung für das Haus hatte.

Ich bekam schon einen Vorgeschmack darauf, wie sich das anfühlt, nicht mehr ganz oder alleine für etwas verantwortlich zu sein, wofür ich viele Jahre verantwortlich gewesen bin. Manchmal fiel es mir leichter, dann wieder schwerer, nicht länger für Bereiche zuständig zu sein, die ich inzwischen an meinen Nachfolger abgegeben hatte. Ich erwischte mich dabei, wie ich gerne noch mitmischen wollte: Manchmal hatte ich das Gefühl, ohne Zuständigkeiten überflüssig zu sein. Dabei hatte ich es so gewollt. Es gelang mir schließlich nach einer Weile, es zu akzeptieren und die neue Situation bewusst als Chance zu sehen, Stück für Stück loszulassen und meine Aufmerksamkeit auf das Neue zu richten.

Ich bin dabei, mich einzuüben, nicht länger dort keine Verantwortung mehr zu übernehmen, wo ich keine mehr habe. Heute gab es einen Konflikt zwischen zwei Mitarbeitern, die einen Bereich betrafen, die die Zeit nach mir tangieren. Zunächst wollte ich schon intervenieren, bis mir klar wurde: Das fällt nicht mehr in meinen Verantwortungsbereich. Ich benötigte einige Zeit, um das für mich nicht nur zu realisieren, sondern auch zu akzeptieren. Ich muss an Pater Anselm Grün denken, der bei unserer Vorstellungsrunde, wenn wir mit einem neuen Kurs beginnen, immer auch noch erwähnt, dass er jetzt nicht mehr für die Finanzen der Abtei zuständig ist, obwohl das jetzt schon zwei Jahre her ist. Dann geht mir durch den Kopf: Ganz so leicht ist es ihm vielleicht doch nicht gefallen, das loszulassen, so sehr er auch sagt, dass er froh ist. Ich glaube ihm das, kann es aber auch verstehen, dass ich, wenn ich über 30 Jahre für einen Bereich zuständig war, viel Verantwortung wahrgenommenen habe und das auch mit viel Einfluss, Macht und Anerkennung verbunden ist, dass es nicht leicht ist, hier wirklich loszulassen. Ob es mir wohl anders ergehen wird? Oder werde ich auch noch nach Jahren an meiner Arbeit im Recollectio-Haus hängen? Ob ich mir etwas vormache, wenn ich glaube, einen guten Schnitt hinzubekommen, um damit die Voraussetzungen dafür zu schaffen, wirklich etwas Neues anzugehen und aufzubauen? Ich weiß es nicht. Ich will es jedenfalls versuchen.

(Aus meinem Tagebuch)

Die Loslösung, so stellte ich bei mir fest, vollzieht sich in ganz kleinen Schritten, zentimeterweise, ganz vorsichtig, ganz langsam. Es ist vergleichbar mit dem, was ich von der therapeutischen Begleitung her kenne, bei der ich die Erfahrung mache, dass sich die Veränderung, die Verwandlung, ganz langsam, zunächst kaum spürbar, dann aber immer deutlicher und sichtbarer vollzieht. So erging es auch mir. Es fiel mir zunehmend leichter, mich herauszuhalten, an meinen Nachfolger Aufgaben zu delegieren, mich zurückzuhalten. Zunehmend erlebte ich das als eine Erleichterung. Dabei versuchte ich auch das, was ich in dieser Ablösungsphase tat und erlebte, bewusst zu erleben.

Ich merke, wie ich mich immer mehr löse von dem, was ich gerade tue, was ich in den letzten 25 Jahren getan habe. Es ist ein regelrechtes Mich-Entfernen davon. Ich ziehe mich zurück, lasse los. Ich lasse los: die Verantwortung, ohne sie jetzt ganz loszulassen, da ich ja noch Verantwortung wahrnehmen muss. Doch ich halte nicht länger fest an ihr. Ich bin lockerer. Lasse es ausgleiten. Ich mache dabei die Erfahrung, dass es auch so geht, dass ich unter weniger Druck arbeite und offener dafür bin, was um mich herum geschieht. Mir wird bewusst: Diese Überganszeit ist nicht weniger wichtig als die Zeit davor und die Zeit danach. Ich lebe jetzt. Darum geht es. Das will ich versuchen. Dann laufe ich am wenigsten Gefahr, diese Zeit einfach hinter mich bringen zu wollen, sie als eine zweitklassische Zeit zu verstehen, der eine wichtige Zeit vorausgegangen ist oder auf die eine wichtige Zeit folgt.

(Aus meinem Tagebuch)

Als der Rentenbescheid eintraf, signalisierte mir das deutlich, dass es jetzt bald tatsächlich so weit ist, dass ich unabwendbar in eine neue Lebenssituation eintrete, die sich klar von der bisherigen unterscheiden wird. Ich hatte früher immer wieder darüber nachgedacht, wie das wohl sein wird und ob ich überhaupt bis zu diesem Zeitpunkt arbeiten kann und werde. Jetzt stand dieser Zeitpunkt unmittelbar bevor. Ich habe es geschafft. Manchmal konnte ich es gar nicht glauben, dass es soweit ist. Auch kam es mir vor, als sei es schneller eingetreten, als ich gedacht hatte.

Die Höhe der Rente war keine Überraschung. Mir war in den vergangenen Jahren wichtig gewesen, den Zeitpunkt der Rente im Blick zu haben und auch dafür zu sorgen, dass nach menschlichem Ermessen meine Frau und ich genug Geld haben, wenn wir in Rente gehen, um relativ sorgenfrei leben zu können. Das wirkt sich jetzt positiv aus, da wir uns bezüglich unserer wirtschaftlichen Situation keine Sorgen machen müssen. Mir ist bewusst, dass das ein Privileg ist. Es zeigt aber auch, wie wichtig es ist, sich im Vorfeld ernsthaft mit der wirtschaftlichen Situation auseinanderzusetzen und entsprechende Vorsorge zu treffen, um den Ruhestand genießen zu können.

Mit einem Bein im alten Leben und ­einem Bein im neuen

In der Übergangszeit befindet man sich mit dem einen Bein noch im bisherigen Arbeitsfeld, mit dem andern Bein ist man schon dabei, den neuen Lebensbereich zu betreten. Ich merkte in dieser Zeit, wie ich manchmal unruhig wurde, wenn ich mir vorstellte, was ich alles bis zu meinem Abschied noch erledigen musste. Würde ich es schaffen, bis dahin in meinem Büro im Recollectio-Haus alles Nötige auszuräumen, all die unzähligen Aktenordner, die sich dort im Laufe der letzten 25 Jahre angesammelt haben?

Wenige Wochen vor meinem Abschied erschien das von mir herausgegebene Buch Deine Kraft ist in den Schwachen mächtig mit Impulsen aus der Arbeit im Recollectio-Haus. Darin wird anlässlich seines 25-jährigen Bestehens ein Einblick in die Arbeit des Recollectio-Hauses vermittelt. Mein Freund Winfried Nonhoff schrieb mir dazu:

„Wollte nur kurz schreiben, dass ich mit Bewegung den eindrücklichen Band ‚Deine Kraft ist in den Schwachen mächtig‘ durchgesehen und teilweise intensiv gelesen habe. Wie trefflich kommen die besondere Atmosphäre und die heilende Wirksamkeit von Recollectio zur Sprache! Das ist schon ein Zeichen setzendes Wunderkind eines berührend kompetenten Vaters: Dir also auch alle guten Kräfte in den letzten Wochen Deines segensreichen Wirkens! Ganz herzlich, Dein Winfried.“

Ich saugte diese Worte förmlich auf, kostete sie aus. Sie vermischten sich mit den alltäglichen Sorgen um den Alltagsbetrieb, dem ich nach wie vor für einige Wochen ausgesetzt war und mich natürlich auch ganz stellen wollte. Sie erinnern mich an den Abschied, weisen mich aber auch auf die Zeit danach hin. So lebte ich in einer Art Dreiklang: Konzentration auf das Jetzt, Rückschau und Abschied und immer mehr auch Vorausschau und Vorausplanung. Alles sollte und musste seinen Platz haben.

Ich wollte die aktuelle Arbeit und Verantwortung nicht vernachlässigen und versuchte, mein Bestes zu geben, ließ mich zugleich aber auch von dem Schwung, der von dem Ausklingen ausgeht, mitnehmen. Das ließ mich gelassener sein. Ich spürte nicht mehr den Druck, für alles verantwortlich zu sein.

Das ließ mir etwas Zeit für die Rückschau, vor allem aber für den Blick nach vorne. Dazu gehörte für mich auch, angesichts des Weggangs meinen Platz zu räumen – und das nicht in der allerletzten Minute. Also fing ich an, die Ordner auszusortieren und einen nach dem anderen nach Hause zu bringen. So ging der allmähliche Auszug aus dem Recollectio-Haus einher mit dem allmählichen Einzug in die neue Bleibe. Dabei kam mir entgegen, dass wir vor über einem Jahr umgezogen waren und mir neben meinem Arbeitszimmer ein Zimmer zur Verfügung steht, in dem ich Gespräche führen und meine Unterlagen unterbringen kann. Ich begann damit, meine neue Mailadresse mehr als sonst zu benutzen, alte Texte, die ich hier auf meinem PC im Recollectio-Haus gespeichert habe, auf mein System zuhause zu übertragen. Zum ersten Mal in meinem Leben ließ ich mir von unserer Tochter Dorothea zu Weihnachten Visitenkarten anfertigen, damit die Leute, die auch nach der Zeit im Recollectio-Haus etwas von mir hören wollen, mich erreichen können. Ich überließ meinem Nachfolger, der es manchmal kaum erwarten konnte, die Leitung zu übernehmen, die eine oder andere Aufgabe, damit er sich einarbeiten konnte.

Ich spüre, wie meine Seele meinen Übergang begleitet. Wie sie alles, was um mich herum geschieht, aufmerksam registriert, mir gleichsam nichts durchgehen lässt, verhindert, dass ich schnell darüberhusche. Auch als ich das letzte Mal im Recollectio-Haus in der Kleingruppe arbeite, regt sich meine Seele. Sie will, dass ich das, was ich jetzt tue, ganz bewusst tue, vollkommen präsent bin, wirklich im Augenblick lebe. Das versuche ich dann auch und gehe richtig auf in dem, was ich jetzt mache, koste es aus, bin einfach da.

Später, als ich mich mit Krisztina, meiner Kollegin, die mit mir die Gruppe leitet, unterhalte, sagt sie, sie habe innerlich ein Bild von der Szene fotografiert, bei der ich einen Teilnehmer, der sich nach einer Übung fallen lassen konnte, in den Armen halte. Ich selbst sehe mich, wie ich dastehe und ihn in den Händen halte. Ich beschließe, dieses Bild in meinem Herzen zu bewahren, sagt es doch für mich viel über mich aus, über meine Arbeit als Psychotherapeut und Theologe, wie ich sie in den vergangenen 25 Jahren verstanden habe. Ich wollte für die Gäste jemand sein, bei dem sie sich angenommen fühlen, ja, bei dem sie die Erfahrung machen dürfen, aufgefangen zu werden, wenn sie sich fallen lassen, wenn sie zu ihrer Schwachheit, zu ihrer Menschlichkeit stehen. In meinem Beratungszimmer hängt Rembrandts Bild vom heimkehrenden Sohn, den der Vater liebevoll in die Arme nimmt. Ich denke voller Dankbarkeit an viele Situationen zurück, in denen ich ein solcher Vater für andere sein durfte.

In diesem Bild entdecke ich in dem heimkehrenden Sohn zugleich mich selbst. Ich sehe mich mit meiner Sehnsucht, immer wieder angenommen, aufgenommen, in den Arm genommen zu werden. Mich fallen lassen zu dürfen, schwach sein zu dürfen, die Erfahrung zu machen: Da gibt es jemanden, der mich hält, vor dem und bei dem ich so sein darf, wie ich bin. Gerade auch in dieser Übergangszeit gibt es Momente, in denen es mir manchmal zu viel wird, ich mich unsicher fühle, ich grüble, wie es wohl sein wird, wenn ich am Morgen nicht mehr den gewohnten Gang ins Recollectio-Haus antrete, mir vielleicht zuhause die Decke auf den Kopf fällt, es mir viel schwerer fällt als ich dachte, nicht mehr der Chef zu sein, der die Gesamtverantwortung innehat, klar umrissen für etwas zuständig ist und über den dafür notwendigen äußeren „Apparat“ verfügt wie Büro, Sekretariat, technische Geräte.

(Aus meinem Tagebuch)

Radikal Abschied nehmen

Dann war es so weit. Nach 25 Jahren war meine Zeit als Leiter des Recollectio-Hauses zu Ende gegangen. Für mich hat damit ein neuer Lebenskreis begonnen. Mir ist klar, dass ich den erst dann wirklich zu einem neuen Lebenskreis machen und die Chancen, die darin liegen, nutzen kann, wenn ich mich von dem alten Lebenskreis radikal verabschiede.

Ich muss an eine Erfahrung von Elisabeth Kübler-Ross denken, die durch einen Brand ihren Bauernhof und alle ihr wichtigen Habseligkeiten verlor. Sie schreibt, sie hätte sich für den Rest ihres Lebens darüber grämen können – was sie nicht tat. Doch sie drehte sich nicht mehr um, traf die Entscheidung, zu tun, was sie lange schon tun wollte, zu ihrem Sohn zu ziehen und alle ihre Energie auf das zu richten und dafür anzuwenden, was sich dadurch an neuen Möglichkeiten für sie eröffnete. Ich weiß nicht, ob sie, die sich viel mit Trauer und Trauerprozessen auseinandergesetzt hat, ihre Trauer zugelassen hat.

Genau das werde ich auch tun. Ich werde mich nicht mehr umdrehen, sondern den Blick nach vorne richten. Ich will dabei den Weg beschreiten, der für eine Weile vielleicht nicht so leicht, aber konsequent ist. Sollte ich merken, dass ich davon abweiche, mich doch wieder mehr als ich wollte und mir guttut, umdrehe, mich erkundige, wie es auf meiner früheren Arbeitsstätte läuft, werde ich mich wieder auf meinen Weg zurückbegeben. Dabei kommt mir zu Hilfe – und das spüre ich jetzt schon –, dass das Neue, die neuen Möglichkeiten, die ich nun habe, sich schon ankündigen, ich bereits in ihren Genuss komme und sie mir das Abschiednehmen versüßen. Ich habe zunehmend eine Ahnung davon, was ich erwarten darf, wenn ich ganz verfügbar bin für das Neue.

Loslassen, um es zu behalten

Zugleich merke ich, dass ich Abstand vom Recollectio-Haus brauche. Dass ich gar nicht wissen will, was dort augenblicklich geschieht. Diesen Abstand werde ich auch einhalten. Das große Ziel ist es, mit der Zeit das Recollectio-Haus ganz hinter mir zu lassen, nichts mehr mit dem laufenden Betrieb zu tun zu haben. „Immer wieder lassen, damit es dir bleibe…“, schrieb mir mein Freund Pierre Stutz zum Abschied. Immer wieder lassen, also loslassen, nicht festhalten, damit es mir bleibt. Lasse ich es nicht los, dann verschwindet es wirklich, weil ich es ja nicht festhalten kann, weil es, selbst wenn ich versuche, es festzuhalten, nicht mehr da ist, vorbei ist. Lasse ich es aber, dann lasse ich es bestehen als einen Teil, der zu meinem Leben gehört und der bleibt. Das aber werde ich wie einen kostbaren Schatz hüten, der im Tempel meiner Erinnerungen einen besonderen Platz haben wird, wo ich ihn immer wieder besuchen, betrachten und bestaunen kann. Auf diese Weise bleibt mir das Recollectio-Haus, bleiben mir die vielen Begegnungen ganz unterschiedlicher Art, die ich in dieser Zeit hatte, erhalten.

Bei der Feier zum 70. Geburtstag meines Mitarbeiters P. Meinrad Dufner trug sein Freund Armin Hackl folgendes Gedicht mit der Überschrift Birthday I des Südtirolers Sepp Mall vor:

Was dir gehört, ist das, was du verloren. Was dir noch bleibt ist ungeboren.

So sehe ich das auch. Was mir weiterhin gehört, ist das, was war. Ich tue nicht so, als wäre das Recollectio-Haus jetzt noch für mich so da, wie es einmal für mich da war. Ich halte nicht an etwas fest, was für mich in der Form nicht mehr existiert. Ich würde meine Kräfte an etwas binden und versuchen, etwas aufrechtzuerhalten, was ich nicht aufrechterhalten kann. Ich brauche diese Kräfte jedoch für das, was ansteht. Ich brauche sie für das, was mir bevorsteht, was noch ungeboren ist und geboren werden will. Dafür will ich aber alle meine Kräfte zur Verfügung haben.

Meine Aufgabe besteht darin, mich radikal auf das zu konzentrieren, was jetzt ansteht. Radikal kommt von radix, was mit Wurzel übersetzt werden kann und hier meint, dass man sich wirklich, also nicht nur oberflächlich, sondern grundsätzlich trennen muss. So wie ich eine Pflanze mit ihren Wurzeln herausreißen muss, um ein weiteres Wachsen zu verhindern.

Das mag manchen vielleicht als zu radikal erscheinen. Doch um wirklich ganz frei zu werden für das, was kommen soll, jetzt geboren werden will, muss ich mit aller Entschiedenheit hinter mir lassen, was mich daran hindern könnte. Das schließt mit ein, auch die Trauer und den Ärger zuzulassen, die damit einhergehen. Dem Schmerz nicht aus dem Weg gehen, der spürbar wird, wenn ich etwas herausreiße, was bisher zu mir gehört hat. Diese Gefühle darf ich nicht übergehen, will ich vermeiden, dass sie sich in Depression, Verbitterung oder anhaltender Enttäuschung niederschlagen.

Was ich Ihnen an die Hand geben möchte: