Lou + Lakritz 1 - Ein Pony mit Dickkopf - Julia Boehme - E-Book

Lou + Lakritz 1 - Ein Pony mit Dickkopf E-Book

Julia Boehme

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Beschreibung

Welches Pony heißt schon Lakritz? Eigentlich gar keins. Doch als Lou den zotteligen Lucky trifft, muss sie ihn gleich umtaufen. Schließlich ist seine Mähne lakritzfarben, genau wie Lous Lieblingssüßigkeit! Und es dauert nicht lange, da sind Lou und Lakritz unzertrennlich. Wenn Lakritz nur nicht so ein schrecklicher Dickkopf wäre! Manchmal treibt er Lou noch zur Verzweiflung. Doch eines Tages passiert ein schlimmer Unfall ... In dieser frechen Pferdebuch-Reihe erlebt Lou gemeinsam mit ihrem Pony Lakritz auf dem Reiterhof spannende Abenteuer. Bei den witzigen Geschichten und liebevollen Illustrationen kommen nicht nur Pferdefans auf ihre Kosten!

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Neuigkeiten

„Tschüss, bis nächste Woche“, flüstert Louisa. Doch Hannibal denkt gar nicht daran, sie gehen zu lassen. Kaum hat ihm Lou den Rücken zugedreht, streckt er seinen Hals vor, schnappt nach ihrem T-Shirt und hält sie daran fest.

„Lass das“, kichert Lou. „Ich hab nichts mehr!“

Hannibal lässt nicht los. „Ich hab nichts mehr!“, versucht es Lou noch einmal, „nichts für dich zumindest!“

Doch Hannibal weiß es besser und zieht Lou am T-Shirt noch näher zu sich ans Gatter heran. Was soll Louisa machen? Seufzend hält sie ihm ihre allerletzte Möhre hin. „Dir kann man nichts vormachen, wie?“

Hannibal zermalmt genüsslich die Karotte.

„Eigentlich war die ja für Schneeflocke bestimmt“, knurrt Lou. Aber sie kann Hannibal nicht wirklich böse sein. „Jetzt habe ich aber wirklich nichts mehr. Nicht das Geringste!“ Lou zeigt dem Pony ihre leeren Hände. Hannibal nickt mit seinem dicken Ponykopf, als wolle er sagen: „Weiß ich doch!“ Und fröhlich schnaubend macht er sich davon und trabt über die Weide.

„Jetzt interessiere ich dich nicht mehr, was?“, ruft ihm Lou lachend hinterher. „Das merk ich mir, du verfressener Kerl!“

Papa wartet schon im Wagen auf sie. Während Louisa Reitstunde hat, liest er meist Zeitung. Manchmal hat er auch einen dicken Stapel Blätter dabei: Buchmanuskripte, zu denen er Bilder malen soll. Das ist nämlich sein Beruf: Bücher illustrieren. Natürlich muss er die Geschichten und Romane erst einmal lesen, bevor er dazu was malen kann. Am liebsten malt Papa Bilder für Kinderbücher, und Lou ist seine Beraterin. „Gefällt dir das?“, fragt Papa jedes Mal, wenn sie zu Hause bei ihm im Arbeitszimmer vorbeischaut.

Doch jetzt ist es gerade Louisa, die eine wichtige Frage auf der Seele hat.

„Du, Papa“, Louisa zieht dabei jede Silbe verdächtig in die Länge, „meinst du, ich könnte nicht doch irgendwann einmal ein eigenes Pony haben?“

Papa fährt los. Er blinkt, biegt auf die Landstraße und seufzt: „Aber Lou, das haben wir doch schon hundert Mal besprochen…“

Zugegeben, das Thema hatten sie gerade erst letzte Woche auf der Rückfahrt von der Reitstunde erörtert. Und wenn Lou ganz ehrlich ist, auch schon die Woche davor und die Woche davor auch schon … Aber hundert Mal?

„Ich meine ja nur irgendwann einmal“, murmelt Lou.

„Na klar kannst du irgendwann einmal ein Pony haben“, meint Papa zuversichtlich.

Louisa traut ihren Ohren nicht. Was hat Papa da eben gesagt?

„Wenn du erwachsen bist und selber Geld verdienst, kannst du dir davon ein Pony kaufen. Vor allem wenn du dir vorher ein Auto gekauft hast. Dann kannst du nämlich jeden Tag selbst zum Reitstall fahren, um dein Pony zu versorgen. Ich übernehme das nämlich nur einmal die Woche. Aber das weißt du ja.“

„Wenn ich erwachsen bin“, grollt Louisa. „Das dauert ja noch ewig!“ Louisa braucht gar nicht zu rechnen, sie weiß es auch so: Es sind genau noch acht Jahre und sechs Monate! Fast noch einmal solange, wie sie schon auf der Welt ist. Also noch ewig!

„Ein eigenes Pony“, sagt Papa ernst, „musst du Tag für Tag versorgen. Nun sag mir mal, wie du täglich hier rauskommen willst, hm?“

Lou presst die Lippen zusammen und schweigt. Auf diese Frage gibt es keine Antwort. Hier fahren weder U-Bahnen noch Busse, und mit dem Fahrrad ist das selbst für sie viel zu weit.

Die ganze Rückfahrt spricht Louisa kein Wort mehr. Soll Papa doch merken, dass sie sauer auf ihn ist. Doch Papa hat längst das Radio angestellt und scheint sie vor lauter Nachrichten und Musik ganz vergessen zu haben.

„Typisch!“, denkt Louisa. Warum konnte sie nicht in eine Familie hineingeboren werden, die gleich neben einem Ponyhof wohnt? Oder besser noch: die einen Ponyhof besitzt? Stattdessen wohnen Louisas Eltern mitten in der Hamburger Innenstadt, zur Miete im fünften Stock. Vor der Haustür gibt es Autos, Fahrräder, U-Bahnen und auf der Elbe sogar riesengroße Schiffe. Doch Pferde gibt es nicht: kein einziges noch so kleines Pony weit und breit!

Zu Hause saust Lou als Erstes in ihr Zimmer. Bevor sie die Tür schließt, schaut sie sich noch einmal um. Doch alles ist still. Ihr Bruder Till scheint nicht zu Hause zu sein. Umso besser. Lautlos dreht sie den Schlüssel im Schloss um. Dann greift sie in den schmalen Spalt zwischen Wand und Regal und tastet nach dem kleinen Nagel. Vorsichtig löst sie die Schlaufe und zieht an der langen Schnur ein unscheinbares Schulheft hervor. Lou hat mit dem Locher ein Loch hineingestanzt und mit einem Dreifachknoten die Schnur daran gebunden. Zu Recht ist Louisa ziemlich stolz auf ihr Versteck. Aber das Heft geht ja auch niemanden etwas an. Denn natürlich ist es alles andere als ein normales Schulheft. Es ist Lous Geheimtagebuch. Und kein Mensch weiß etwas davon!

Lou wirft sich auf ihr Bett und blättert bedächtig ihr Geheimtagebuch auf. Auch wenn Papa sie nicht versteht, ihrem Tagebuch kann Lou alles anvertrauen. Dabei hat sich Lou allerdings angewöhnt, sich kurz zu fassen. Ein Satz pro Tag, das reicht.

Zu ihrem neunten Geburtstag hat sie von Mama ein dickes, rotes Tagebuch bekommen. In den ersten Tagen hatte sie alles genauestens aufgezeichnet. Ungefähr so: „Um 7.05Uhr klingelte der Wecker. Ich drehte mich noch einmal um, dann stand ich auf. Till, der Blödmann, schoss aus seinem Zimmer und knallte mir die Badezimmertür direkt vor der Nase zu. Als das Bad endlich wieder frei war, konnte ich mich waschen, anziehen (Jeans, roter Kapuzenpulli) und frühstücken…“

Na ja, ein Tag hat mindestens acht Seiten gefüllt. Und wer hat später schon Lust, die alle zu lesen? Denn, ehrlich gesagt, war der Inhalt zum Gähnen. Nur ein paar Sätze hier und da waren wirklich neu oder sogar spannend. Und weil Louisa weder Lust noch Zeit hatte, ständig alle belanglosen Kleinigkeiten aufzuschreiben, kam sie bald auf die grandiose Idee, täglich nur einen einzigen Satz zu schreiben. Komischerweise kann sich Louisa nun auch viel besser an die jeweiligen Tage erinnern, wenn sie im Tagebuch zurückblättert. Und das mit einem einzigen Satz! Mit ihren alten, ellenlangen Tagebuchromanen ist auch der dicke rote Schinken verschwunden und hat dem alten Schulheft Platz gemacht. Was sie ins rote Album geschrieben hat, können getrost alle lesen. Aber ihr 1-Satz-Tagebuch ist streng geheim. Und weil nun der rote Band von Mama ungenutzt im Regal versauert, denken zum Glück alle, dass Louisa die Lust am Tagebuchschreiben ein für alle Mal verloren hat … Was für ein Irrtum!

Louisa knabbert nachdenklich an ihrem Stift. Alles, was sie gerade bewegt, in einem treffenden Satz zusammenzufassen, ist gar nicht so einfach. Lou überlegt nochmal, was ihr bei der Rückfahrt mit Papa so alles durch den Kopf geschossen ist: dass sie nur deswegen kein Pony hat, weil sie schlicht und einfach in der falschen Familie lebt…

Ja, Louisa nickt entschlossen, das ist es! Genau das trifft es am besten! Sie zieht den Stift mit einem Plopp aus dem Mund und schreibt:

Umzug – nein danke!

Was Lou nicht ahnt: Die Welt ist noch viel gemeiner als gedacht.

Als Louisa am Abend in die Küche platzt, ist ihr gleich klar, dass Unheil droht. Denn wenn Mama kocht, geht das nie gut. Doch wer hätte schon gedacht, dass das Unheil schlimmer ist als verbrannte Nudeln?

„Warum kocht Papa denn heute nicht?“, fragt Lou so harmlos wie möglich.

„Wieso sollte ich nicht auch mal kochen?“, fragt Mama fröhlich zurück.

Lou zögert. Mama will doch bestimmt keine Antwort auf ihre Frage? Und erst recht keine ehrliche, oder?

Die würde nämlich lauten: „Ganz einfach, weil es immer ziemlich scheußlich schmeckt, wenn du kochst, Mama!“

Aber Lou ist sofort klar: Wenn sie offen und ehrlich antwortet, kocht Mama nur noch mehr, und zwar vor Wut! Dass sie eine miserable Köchin ist, hört Mama nämlich gar nicht gerne. Louisa hat da ihre Erfahrungen.

Also zuckt Lou mit den Achseln und murmelt, bevor sie aus der Küche flieht: „Ja, wieso eigentlich nicht?“

In ihrem Zimmer überprüft Lou sicherheitshalber ihre Lakritzvorräte. Zum Glück ist ihr  Bonbonglas noch halb voll. Der Abend ist also gerettet: Selbst wenn Mamas Essen wirklich ungenießbar ist, muss sie nicht vor Hunger sterben. Lou liebt Lakritze und hätte gar nichts dagegen, wenn alle Mahlzeiten nur aus ihrer Lieblingssüßigkeit bestehen würden.

Lakritzbrötchen zum Frühstück, Lakritz-Spagetti zum Mittag und einen Lakritz-Gummibärchen-Salat zum Abendessen. Mmmm!

Und wo ihre Vorratsdose schon mal offen ist, kann Lou nicht widerstehen und schnappt sich eine Lakritzschnecke.

Lou rollt sie auseinander und saugt die aufgedröselte Lakritzschnur schmatzend auf wie extra lange Spagetti.

„Essen ist fertig!“, ruft Mama aus der Küche.

Dieser Ruf lockt selbst Till aus seinem Zimmer. Hungrig wie er ist, rast er als Erster in die Küche. Doch das hätte er lieber nicht machen sollen!

„Ach, Till“, flötet Mama, „deckst du eben schnell den Tisch?“

Lou grinst, meist bleibt das Tischdecken nämlich an ihr hängen. Auf Zehenspitzen schleicht sie sich in ihr Zimmer zurück.

Als sie fünf Minuten später ins Esszimmer kommt, ist alles fertig. Lou muss sich nur noch hinsetzen. Till funkelt sie böse an. Ihm ist es nicht entgangen, dass seine kleine Schwester sich einfach aus dem Staub gemacht hat.

„Pech gehabt, mein Lieber“, denkt Louisa und erwidert seinen vorwurfsvollen Blick mit einem zuckersüßen Siegeslächeln.

Dann fällt ihr Blick auf Mamas Nudelauflauf. Oben ist er – wenn man wohlmeinend ist – sehr, sehr dunkelbraun, um nicht zu sagen: kohlrabenschwarz. Lou schiebt die angebrannte Kruste beiseite. Nun ja, darunter sieht der Auflauf gar nicht so übel aus. Vorsichtig probiert Lou eine kleine Gabelspitze. Wunder über Wunder: Mamas Auflauf ist diesmal fast beinahe gar nicht versalzen! – Das lässt sich essen.

Der Nachtisch ist in jedem Fall ein voller Erfolg: eine riesige Portion Schokoladeneis von der allerbesten Sorte!

„Liegt denn heute was Besonderes an?“, fragt Till zwischen zwei Löffeln Eis.

„Allerdings“, strahlt Mama. Sie hat anscheinend nur auf diese Frage gewartet. „Passt alle mal auf: Ich habe eine Vollzeitstelle angeboten bekommen, und zwar als leitende Tierärztin!“

„Klasse!“, jubeln Lou und Till los, während Papa Mama einen dicken Schmatz gibt. „Glückwunsch!“, murmelt er dabei.

Mama druckst ein wenig herum: „Die Stelle ist allerdings nicht in Hamburg bei Hagenbeck…“

„Nicht?“, fragt Papa überrascht. „Wo denn dann?“

„Bei einem Tierpark in Düllenburg – direkt am Meer.“

„Am Meer?“, fragt Lou. „Ist das nicht ein bisschen weit?“

Mama zwinkert ihr fröhlich zu. „Wie fändet ihr das, wenn wir ans Meer ziehen würden?“

Till und Lou schweigen entsetzt. Und Papa verschluckt sich prompt. Mama guckt etwas unglücklich, als sie noch einmal fragt: „Na, wie fändet ihr das?“

„Also ich“, bringt Papa zwischen seinen Hustenattacken heraus, „wollte schon immer am Meer wohnen.“