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Magnus ist attraktiv, einflussreich und weiß, was er will. Mit seiner Gefährtin Isabel verschlägt es ihn von Las Vegas nach Rom, um wieder zur Ruhe zu kommen. Schon bald erregt er die Aufmerksamkeit des dortigen Herrschers, der ihn nach allen Regeln der Kunst umgarnt. Tiberius übt eine unbeschreibliche Anziehungskraft auf ihn aus, der er sich nicht entziehen kann, und er beginnt eine heiße Affäre mit dem Römer. Dabei geht Magnus an Grenzen, die er nie für möglich gehalten hätte und die ihm eine völlig neue Seite an sich offenbaren. Tiberius Aemilio herrscht seit mehreren Jahrhunderten mit seiner Gefährtin Helena über Rom. Sein Dasein führt er mehr im Verborgenen und zeigt sich selten anderen Unsterblichen. Eines Nachts entdeckt er einen fremden Vampir auf dem Kolosseum und ist von ihm wie elektrisiert. Er möchte diesen Unbekannten um jeden Preis für sich gewinnen. Doch dann holt ihn völlig unerwartet seine Vergangenheit wieder ein, bei der sein Liebhaber zwischen die Fronten gerät. Der alte Römer muss eine seiner schwersten Entscheidungen treffen, die ihn in eine tiefe Krise stürzen wird.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Der Vampirfürst
Von Zenobia Volcatio
Der Vampirfürst
Love & Death
Von Zenobia Volcatio
2. Auflage, 2022
© Zenobia Volcatio – alle Rechte vorbehalten.
Liebe/r Leser/in,
hier erwartet Dich ein queerer Roman der etwas düsteren Art.
Die Geschichte hatte ich im Juni 2021 bereits veröffentlicht, aber wegen inhaltlicher und stilistischer Mängel nach wenigen Wochen wieder aus dem Handel genommen.
Nun habe ich den Roman im Grunde neu geschrieben, den Plot ein wenig verändert und neue Szenen hinzugefügt. Dafür fielen manche aus der alten Version heraus.
Die Neuauflage wurde umfangreicher und enthält zusätzlich eine Bonusgeschichte, die den Prolog fortführt.
Zwar geht es in dieser Geschichte vorwiegend um die Affäre zwischen zwei Männern, aber jeder der beiden lebt mit einer Gefährtin zusammen. Die Protagonisten sind - wie die meisten Vampire der Reihe - bisexuell und so gibt es im Buch auch angedeutete heterosexuelle Szenen. Das Hauptaugenmerk lege ich allerdings auf die homoerotischen Begegnungen, die einige Male explizit beschrieben werden. Durch das fehlende Schmerzempfinden der Unsterblichen reagiert ihr Körper anders auf gewisse Praktiken als ein Mensch. Was für uns grob wirkt, wird von den Charakteren als erregend empfunden.
Im Kapitel »Vampirfakten« erkläre ich die Eigenschaften und Fähigkeiten meiner Vampire näher, aber es soll die Beschreibungen innerhalb der Geschichte nicht ersetzen. Es dient als netter Zusatz und weil die Fakten vielen Leser/innen im vorigen Band so gut gefallen haben.
Dieser Roman enthält stellenweise blutige Gewaltdarstellungen und explizite homoerotische Szenen, in denen es auch mal rauer zugeht, aber einvernehmlich geschieht.
Die Vampire gehen in der Geschichte ungehindert ihrer Natur als Jäger nach und töten Menschen.
Das Aussehen der Unsterblichen unterscheidet sich nicht wesentlich von dem der Menschen. Der auffälligste Unterschied sind die längeren und spitzen Eckzähne, die nicht eingezogen werden können. Der Zahnschmelz ist weißer und das Gebiss schärfer.
Die Haare glänzen stärker und fühlen sich sehr seidig an. Sie wachsen nur bis zu der Länge nach, die sie als Mensch bei der Verwandlung hatten. Ansonsten haben Unsterbliche, außer in der Schamregion, keine Körperbehaarung mehr.
Ihre Haut ist sehr feinporig, wodurch sie makellos und glatt wirkt. Oft wird sie mit Marmor oder Alabaster verglichen, weil sie dazu noch so blass ist.
Die Gesichtszüge sind aristokratisch mit hohen Wangenknochen und der Körper durchtrainiert. Unsterbliche besitzen mehr Muskelmasse und stabilere Knochen als Menschen, um die Belastungen der schnellen Bewegungen und der größeren Körperkräfte aushalten zu können. Diese übersteigen die der Menschen um ein Vielfaches und steigern sich mit zunehmendem Alter des Vampirs weiter.
Ihre Sinne sind viel feiner. Sie können den Puls der Sterblichen hören, besitzen Adleraugen und wittern Blut über große Entfernungen hinweg. Zusätzlich zu ihrem scharfen Sehvermögen können sie im Dunkeln durch ihr Infrarot alles erkennen. Auch in völliger Finsternis.
Unsterbliche müssen sich hauptsächlich von Blut ernähren. Ihr Magen verträgt keine feste Nahrung mehr, ansonsten nur ein wenig Milch und Wasser.
Da sie alle paar Nächte einige Liter Blut benötigen, gehen sie meistens dazu über, statt kleiner Mengen, ihre Opfer komplett auszusaugen. Auch erfahren sie nur wirkliche Befriedigung durch das Trinken von lebendigem Blut aus einem menschlichen Körper mit schlagendem Herzen. Freiwillige Spender oder Blutkonserven können den Blutdurst hinauszögern. Bei den frisch verwandelten Vampiren, den Neugeborenen, kommt noch hinzu, dass ihre Blutgier zu groß ist, um sich zurückzuhalten und rechtzeitig aufzuhören. Blut ist bei Unsterblichen mehr als bloß Nahrungsaufnahme. Es hat die Wirkung einer Droge. Hunger empfinden sie wie Entzugserscheinungen. Neben den Krämpfen, die sie spüren, verstärkt sich ihre Gier und die Sinne werden sensibler. Irgendwann verlieren sie vor Hunger den Verstand und stürzen sich auf alles, was Blut enthält. Auch auf Artgenossen.
Tagsüber fallen Unsterbliche in einen Todesschlaf. Gegen Morgen werden sie träge, spüren eine zunehmende bleierne Schwere in den Gliedern, die schließlich zur Bewegungslosigkeit führt, und zuletzt dämmern sie in den Schlaf. Je höher die Sonne steigt, desto tiefer wird er. Weil die meisten tagsüber wehrlos sind, bauen sie sich sichere Schlafstätten.
Dann gibt es noch einen Schlaf, den Unsterbliche künstlich herbeiführen können. Diesen Schlaf nennen sie »Koma«. Manche begeben sich in den Komaschlaf, wenn sie der Zeit überdrüssig werden. Dazu suchen sie sich ein Versteck, wo sie möglichst nie von Menschen gefunden werden. Dann müssen sie komplett ausbluten, um in diesen Zustand zu kommen. Sie magern dadurch ab und verlieren nach kurzer Zeit der Blutleere ihr Bewusstsein. Der Körper sieht schließlich aus wie eine verdorrte Mumie. Durch das Einflößen einer kleinen Menge Blut können sie wieder aus dem Koma aufgeweckt werden, egal wie lange sie geruht haben. Ihr Körper ist unsterblich, zerfällt und verwest nicht und Tiere rühren das unbekannte Fleisch nicht an.
Vampire sind unfruchtbar, aber noch potent. Kurz nach der Verwandlung haben Männer sozusagen nur noch einen Schuss frei, weil kein Sperma mehr produziert wird.
Frauen haben keine Periode mehr und können auch nicht von Sterblichen schwanger werden. Vampire legen sich meistens nicht auf ein bestimmtes Geschlecht fest und schlafen auch gern mit Menschen. Hierbei leben Unsterbliche ihre Gelüste ungehindert aus, auch wenn sie in einer Beziehung sind. Solange keine tiefen Gefühle ins Spiel kommen, reagieren sie auch nicht eifersüchtig.
Damit sich ein Mensch in einen Vampir verwandelt, muss er bis kurz bevor die Bewusstlosigkeit eintritt, ausgesaugt werden. Dann gibt ihm der Unsterbliche so viel von seinem eigenen Blut ab, wie der Mensch trinken kann. Sobald der Mensch zu Ende getrunken hat, saugt der Vampire ihn bis zum Tod aus.
Eine weitere Möglichkeit ist, dem Sterblichen kurz nach seinem Tod das Vampirblut einzuflößen. Wenn es in den Körper hineingelangt, führt es ebenfalls zur Umwandlung.
Die Transformation dauert den ganzen Tag, dazu muss der Körper vor Tageslicht geschützt ruhen, sonst stoppt die Verwandlung. In der darauffolgenden Nacht erwacht der Neugeborene, doch der Blutdurst kommt erst in der zweiten Nacht, wenn die innere Umwandlung abgeschlossen ist.
Es gibt nur eines, wodurch Vampire vernichtet werden können: Die Sonne. Junge Unsterbliche verschmoren bereits im Morgenlicht, wogegen Vampire, die mehrere Jahrhunderte alt sind, nicht unbedingt innerhalb eines Tages sterben.
Ihr Körper verbrennt nicht in offenen Flammen, sondern versengt von außen her. Sie erleiden dabei furchtbare Schmerzen. Meistens wird deshalb der Kopf des zu Vernichtenden abgeschlagen, denn dann endet das Bewusstsein. Das Enthaupten bedeutet jedoch nicht das Ende. Der Kopf kann, wie andere Gliedmaßen, wieder anwachsen. Körperliche Strapazen führen nach der Heilung zu größerer Stärke. Außer UV-Licht und falsche Nahrung verursachen ihnen alle anderen Verletzungen keine Schmerzen. Sie spüren danach nur das Kribbeln der Heilung.
Zu der körperlichen Überlegenheit gesellen sich noch geistige Kräfte wie Telepathie und Telekinese. Diese verstärken sich mit dem Alter ebenfalls.
Anfangs können junge Vampire nur die Gedanken von Sterblichen lesen und sich durch Gedankenübertragung mit Artgenossen verständigen. Später dann ihre Opfer manipulieren und in die Köpfe von jüngeren Unsterblichen eindringen.
Dinge zu bewegen, ist weitaus schwieriger. Ihren Körper können sie mit dem Willen allerdings schon nach einigen Jahren beeinflussen und auf diese Weise fliegen.
Ein unsichtbarer Schlag gegen Lebewesen, der die Blutgefäße platzen lässt, gelingt ihnen ab zirka sechshundert. Diese Fähigkeit wird »unsichtbare Faust« genannt.
Unsterbliche spüren sich gegenseitig. Jeder sendet Schwingungen aus, die Artgenossen als schwaches Vibrieren wahrnehmen. Ab zirka zweihundert Jahren kann diese Aura unterdrückt werden, um sich beispielsweise an Artgenossen anzuschleichen.
Mit tausend Jahren erreichen sie die wahre Unsterblichkeit. Dann sind sie so gut wie nicht mehr zu vernichten. Deshalb wird es auch als göttliches Alter bezeichnet. Diese Alten sind unter den Jüngeren wegen ihrer Macht und dem Verlangen nach dem Blut von Artgenossen gefürchtet. Sie jagen manchmal ihresgleichen, weil der Reiz für sie dabei größer ist als bei den völlig wehrlosen und zerbrechlichen Sterblichen.
In jeder Gegend oder Stadt gibt es einen stärksten männlichen oder weiblichen Vampir, der dort das Sagen hat. In Städten sind es die sogenannten Stadtherrscher und in einigen Ländern gibt es noch einen Fürsten oder Fürstin. Diese werden von den Stadtherrschern gewählt und haben die absolute Macht über das jeweilige Land.
Doch ihre größte Bedrohung kommt aus den eigenen Reihen. Es gibt vereinzelt Vampirjäger, aber die Menschheit glaubt im Allgemeinen nicht an Vampire.
Für die Jagd bevorzugen Unsterbliche dicht besiedelte Gegenden, da dort vermisste Menschen weniger bemerkt werden. Städte sind meistens in einzelne Jagdreviere unterteilt, die von den Besitzern heftig verteidigt werden, sollten andere darin wildern. Jungvampire müssen sich so ein Gebiet erst erobern. Dazu fordern sie den Revierbesitzer zum Duell heraus. Die Innenstädte sind von den Älteren besetzt, daher bleiben für Jüngere nur die Randgebiete übrig. In der Regel gibt es in jeder Stadt auch neutrale Gebiete, wo jeder jagen darf. Diese sind vor allem für Besucher nützlich.
Da die Spurensuche der Sterblichen inzwischen weit fortgeschritten ist, mussten sich die Unsterblichen etwas einfallen lassen, um die Leichen der Opfer für immer verschwinden zu lassen. Daher gibt es in jeder größeren Stadt eine Verbrennungsanlage. In einsamen Gegenden oder kleinen Ortschaften beseitigen die Unsterblichen die Toten weiterhin selbst wie in alten Zeiten.
Die Jagdmethoden sind ganz unterschiedlich. Manche sprechen ihre Opfer in Bars oder Clubs an und verführen sie, andere fallen auf offener Straße über sie her. Die einen gehen sanft vor, die anderen brutal.
Am gefährlichsten ist die Tatsache, dass sie am Tag fast wehrlos sind. Außer sie sind bereits um die fünfhundert Jahre alt und können sich unbewusst im Schlaf verteidigen. Ansonsten ist ihr Körper den Menschen absolut ausgeliefert und könnte einfach in die Sonne gelegt werden. Aus diesem Grund bauen sich Unsterbliche oft sichere Schlafkammern. Aber auch, um sich vor älteren Artgenossen zu schützen, die vor ihnen erwachen und sie umbringen könnten.
So leben sie in ihrer Parallelwelt und müssen ihre Art vor der Menschheit bewahren, indem sie das meiste von ihrem Dasein geheim halten. Sie wissen, wie gefährlich Menschen für sie sein können, und verhängen deswegen für Artgenossen, die zu viel Aufsehen erregen, harte Strafen, wie zum Beispiel ein Sonnenbad.
Im Norden Britanniens, 87 n. Chr.
Das hohe Gras vor dem Kastell wiegte sich raschelnd in der steifen Brise, die in diesem unwirtlichen Land herrschte. Tiberius zog den roten, wollenen Umhang enger um den Körper, so wie der kalte Wind um den Wachturm pfiff. An dieses raue Klima würde er sich nie gewöhnen können. Sicherlich musste man hier geboren worden sein, damit einen das nicht kümmerte. Doch er, als sonnenverwöhnter Römer, sehnte sich in solch kalten Nächten in die Heimat zurück. Zum Glück endete seine Zeit in der Legion im Frühjahr und er konnte mit Asinia nach Rom zurückkehren, sie heiraten und sich um ein Amt in der kaiserlichen Verwaltung bemühen.
Mit einem kaum merklichen Schmunzeln dachte er an seine Liebste. Erst kürzlich hatten sie sich verlobt und malten sich eine wunderbare gemeinsame Zukunft in seiner Stadtvilla aus. Vor einigen Stunden hatte er sie leider verlassen müssen, um seinen Dienst anzutreten. Viel lieber wäre er in ihrem warmen Bett geblieben und würde sich jetzt anderen Dingen hingeben. Aber es war seine Pflicht, für die Sicherheit im Lager zu sorgen. So stand er neben dem Wachposten auf dem Turm und spähte über das freie Feld bis zum dichten Wald, hinter dem die schneebedeckten Gipfel des Hochlandes im Mondlicht leuchteten. Dort widersetzten sich die Stämme immer noch hartnäckig der Eroberung. Deswegen kontrollierte ein Gürtel aus Kastellen die jetzige Grenze.
Als Tribun gehörte es nicht zu seinen Aufgaben, Wache zu schieben, aber er wollte sich persönlich davon überzeugen, wer oder was in letzter Zeit das Lager heimsuchte, denn immer wieder wurden am Morgen Legionäre mit aufgerissenen Kehlen gefunden. Die Sicherheit des Kastells lag in seiner Verantwortung und er wollte vor dem Lagerpräfekten nicht als unfähig dastehen. Er fragte sich, was für ein Tier dafür verantwortlich sein könnte. Wer wusste schon, was für Wesen hier im Wald oder in den Bergen hausten? Bereits einige Male hatte sich Tiberius nachts auf die Lauer gelegt, die Wachen verstärkt, doch es geschah trotzdem immer wieder und niemand hatte das Geringste bemerkt. Viele Männer hielten es sogar für das Werk von Strigen. Doch die aufgestellten Weißdornzweige in den Fenstern hatten diese blutsaugenden vogelartigen Dämonen auch nicht abgehalten.
Tiberius zerbrach sich den Kopf, was für ein Untier es sonst sein könnte und wie es ins Lager gelangte, wie es den Wall und die Gräben völlig unbemerkt überwand. Da passte die Vorstellung von einem Wesen mit Flügeln ganz gut. Vielleicht handelte es sich um einen keltischen Dämon, den die Druiden auf sie hetzten und gegen den ihre eigenen Götter machtlos waren.
Heute Nacht herrschte ungehinderte Sicht über das hell schimmernde Gras und so würde er jede Regung auf freiem Feld und im Himmel bemerken.
Plötzlich registrierte er tatsächlich eine Bewegung am Waldrand. Irgendetwas pflügte sich von dort mit atemberaubender Geschwindigkeit durch die Halme auf den Graben vor den Palisaden zu.
Tiberius spannte sich an, während die Wache alarmiert hervorstieß: »Tribun, da kommt was!«
Er nickte, umfasste den Knauf seines Gladius, dem Kurzschwert, am Gürtel und starrte konzentriert auf die Wiese vor dem Wall. Aber da regte sich nichts mehr. Wo war es hin?
Ein huschendes Geräusch unterhalb des Turms ließ ihn herumfahren und wie aus dem Nichts standen da vier Barbaren auf der Palisade. Wie waren sie so schnell hier heraufgekommen? Kampfbereit zog er sein Schwert und behielt die Angreifer im Auge, solange die Wache lauthals Alarm schlug.
Die Eindringlinge trugen weder Waffen noch Helme oder Schilde. So lebensmüde konnte doch niemand sein. Was hatte das zu bedeuten?
Einer des Quartetts sah zum Turm hinauf, und obwohl Tiberius vom Schatten des Daches verschluckt wurde, wusste er, dass der Barbar ihn erkennen konnte. Der blickte ihm direkt in die Augen und es fühlte sich an, als würde der andere bis auf den Grund seiner Seele sehen können. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken und alle Härchen am Körper stellten sich auf. Instinktiv spürte er, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Dann entblößte derjenige grinsend weiße lange Zähne, die im Mondlicht aufblitzten.
Tiberius wollte es für eine Täuschung halten. Das waren doch keine Strigen. Sie sahen aus wie gewöhnliche Männer.
Im nächsten Moment schnellte der Barbar wie ein Pfeil zu ihnen auf den Turm und verbiss sich im Hals des Soldaten, der aus Leibeskräften schrie.
Tiberius starrte mit Grausen auf die Szene, wie der Angreifer seinem Opfer mit den Zähnen die Kehle herausriss und das Blut über dessen Gesicht und den Hals lief. Dann ließ der Barbar den Körper fallen und fixierte Tiberius mit funkelnden Augen. »Salve, Tribun!«
Ein spöttisches Lächeln verzog die blutbesudelten Lippen. »Du kannst uns nicht aufhalten. Wir sind viel mächtiger als ihr Sterblichen. Jetzt gehörst du mir!«
Das waren tatsächlich Dämonen aus der Unterwelt.
»Ihr Götter, steht mir bei«, flüsterte Tiberius.
Zum Glück erwachte er rechtzeitig aus seiner Starre, brachte sich in Kampfposition und richtete die Schwertspitze auf den Gegner.
Der lachte nur. »Das wird dir nichts nützen, Tiberius. Du bist mir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.« Der Kelte schnüffelte in seine Richtung wie ein Hund. »Hm, du riechst köstlich. Wahrhaftig ein Festmahl!«
Woher kannte der Barbar überhaupt seinen Vornamen?
Langsam kam der auf ihn zu. »Ich weiß vieles über dich.« Das schulterlange Haar umrahmte ein Gesicht mit bleicher makelloser Haut und in den Iriden lag ein schwaches Glimmen. Nicht menschlich, geisterte durch seinen Kopf. Trotzdem versuchte Tiberius, den Dämon zu töten, ergriff die günstige Gelegenheit und stieß das Schwert nach vorn. Aber sein Gegenüber wich blitzschnell aus und ließ den Hieb ins Leere laufen.
Hinter ihm ertönte ein fieses Lachen. »Du bist zu schwerfällig für mich, großer Römer. Du wirst in meinen Fängen sterben.«
Tiberius wirbelte herum. »Niemals!«
Abermals stieß er mit der Waffe in die Richtung des Gegners. Doch wieder ging der Schwerthieb ins Leere und der Krieger stand erneut hinter ihm.
Tiberius griff noch einige Male an, doch der andere hielt ihn zum Narren und lachte ihn nur aus. Das brachte ihn regelrecht zur Weißglut und ließ ihn weitere Schwerthiebe ausführen, bis dieser sinnlose Kampf ihn erschöpfte.
Sein Schwert wog immer schwerer in der Hand. Mit letzter Kraft hob er abermals die Waffe und ging erneut auf den Barbaren los. Diesmal wich der andere nicht aus und die Klinge bohrte sich zwischen die Rippen in dessen Brust. Endlich hatte er ihn erwischt. Tiberius verspürte unendliche Erleichterung und wartete, bis sein Gegner zusammensacken würde. Aber der Kerl stand regungslos da und verzog keine Miene. Was ging hier vor sich? Der Gladius steckte doch bis zum Heft im Leib, hatte vermutlich das Herz des Kelten durchbohrt. Auf dessen Tunika breitete sich bereits ein dunkler Blutfleck aus, aber der sagte ungerührt: »Du kannst mich nicht töten.«
Tiberius wankte zurück und stieß fassungslos aus: »Was bist du?«
»Unsterblich!«, antwortete der Durchbohrte.
Dann begann der Dämon das Schwert langsam aus dem Leib zu ziehen. Der Römer verfolgte ungläubig wie die vollkommen blutige Klinge mehr und mehr zum Vorschein kam, schließlich mit einem schmatzenden Geräusch den Körper verließ, und scheppernd auf den Holzboden fiel.
Den Biss am Unterarm bemerkte Tiberius erst, als sein Gegner sich das Blut von den Lippen ableckte. »Du schmeckst so vorzüglich, wie du riechst!«
Bei Jupiter, er würde sich von diesem Wesen nicht fressen lassen und versuchte schnell nach seinem Schwert am Boden zu greifen. Jedoch zog der Kelte ihn mit einem heftigen Ruck an die blutige Brust, dass ihm überhaupt keine Zeit blieb, sich zu wehren.
Mit eisernem Griff hielt der Dämon ihn am Muskelpanzer fest und sah ihm in die Augen. »Nun bist du mein!«
Der blutige Mund direkt vor ihm enthüllte Eckzähne wie bei einem Raubtier. Ein eisiger Schauer durchfuhr ihn und jeder Muskel erstarrte. Er war nicht mehr fähig, sich einen Finger breit zu regen. Jetzt war alles verloren! Er würde in diesem finsteren Land den Tod finden und Asinia zurücklassen. In den Augen des Wesens loderte unverhohlene Gier und es knurrte wie eine Raubkatze in der Arena.
»Ihr Götter, helft mir!«, stieß Tiberius noch aus und dann fuhr ein scharfer Schmerz durch seinen Hals.
Las Vegas, 2006.
Die junge Frau läutete an der weißen zweiflügeligen Haustür mit den goldenen Beschlägen, nachdem sie vorhin durch das Tor gelassen worden war. Mal sehen, was für ein Kerl es heute Abend sein würde. Nach dem riesigen Anwesen zu urteilen, auf jeden Fall ein stinkreicher Knacker. Hoffentlich nicht runzlig. Das war fast noch schlimmer als Sex mit hässlichen Männern. Da konnte man wenigstens die Augen schließen, aber bei den Alten spürte man die faltige Haut.
Doch als sich die Tür öffnete, konnte sie es fast nicht glauben. Da stand ein absoluter Traumtyp vor ihr. Seine hellblonden Haare hingen offen über die Schultern und die intensiven blauen Augen musterten sie kurz. Er trug nur einen weinroten Kimono, der den Blick auf die muskulöse, blasse und unbehaarte Brust freigab.
»Komm rein! Ich hab uns den Whirlpool eingelassen«, schnurrte er lässig.
Wie er das sagte, turnte sie voll an, und sie folgte ihm bereitwillig in die imposante Eingangshalle mit Marmorboden und holzvertäfelten Wänden.
»Whirlpool klingt gut«, gurrte sie im Hinaufgehen.
Solche attraktiven Kunden sollte es öfter geben. Mit dem würde es ein Vergnügen sein und allein schon der Gedanke ihn später zwischen den Schenkeln zu spüren, ließ sie feucht werden.
Mit geschmeidigen Schritten steuerte er die breite Treppe an einer Seite der Halle an.
In dem riesigen Bad mit einem runden Jacuzzi in der Mitte warf ihr Kunde seinen Kimono zu Boden und stieg in die Wanne. Mann, was für eine geile Rückseite, der hatte. Ein durchtrainierter Rücken und der knackige Arsch erst.
Dann wandte der Hausherr sich zu ihr um und meinte: »Zieh dich aus und komm.«
Das tat sie nur zu gern. Nackt sah der Typ noch viel heißer aus. Wie diese griechischen Marmorstatuen. Und sein großes Teil erst. Hoffentlich wollte er sie für die ganze Nacht.
»Auf was stehst du?«, fragte sie.
Er lächelte vielsagend. »Auf Beißen. Tu dir also keinen Zwang an. Ich werde es auch nicht tun.«
Heute hatte Magnus bedauerlicherweise keine Zeit sich länger mit seinem Opfer zu beschäftigen. Die Kleine ahnte nicht, dass der Escort-Service für den sie arbeitete, einem Unsterblichen gehörte und Mädchen als Futter an zahlende Vampire lieferte.
Bei den scharfen Kurven war es jammerschade, dass er sie nicht noch durchnehmen konnte, bevor er losmusste.
Kaum war die Blondine im Wasser, zog er sie in die Arme, küsste ihren Hals, spürte das Vibrieren ihrer Schlagader an seinen Lippen und schloss die Augen, um sich vollkommen diesem Rhythmus hinzugeben. Ihr verführerischer Geruch umhüllte ihn, erweckte die Gier, die sich im Bauch zusammenballte und nach oben kroch, bis das Tier in ihm die Kiefer aufriss und die Zähne in ihre Haut schlug. Unbarmherzig umklammerte er ihren schlanken Körper. In seinen steinharten Armen blieb ihr keine Gelegenheit, sich zu wehren. Er ließ sich von ihrem rasenden Herzschlag mitreißen und begann an der Wunde zu saugen. Das heiße Blut schoss in seinen Magen, um sich von dort in die Glieder bis zu den Finger-und Zehenspitzen zu verteilen. Im Nu pulsierte es in jedem Winkel seines Leibes, steigerte den Herzschlag und pumpte den Lebenssaft durch sein Aderngeflecht. Das war der allerbeste Moment beim Trinken, die Ekstase, die ihm nur ein lebender Körper geben konnte. Die ungeheure Befriedigung des Jagdtriebes stellte sich ein und wie jedes Mal wünschte er sich, es würde ewig dauern. Aber bei dem Tempo, in dem er sich ihr Blut einverleibte, begann das Herz schnell zu stolpern und schwächer zu werden.
Bald darauf war sein Mahl beendet. Er hatte nämlich noch etwas vor in dieser Nacht. Heute stand die Krisensitzung der Herrscherriege wegen der Jäger an. Magnus war gespannt, ob die anderen bereits mehr wussten als er.
Seine Gefährtin Isabel war in der Stadt auf Jagd. Sicherlich war sie wieder hinter ihrer bevorzugten Beute her: Schwerverbrecher. Die gab es in Vegas zur Genüge und sie würden auch nie ausgehen. Magnus hingegen hielt sich lieber an junge Frauen. Schon immer.
Zu dem Bürokomplex, in dem er sich mit den drei Mitherrschern traf, flog er für gewöhnlich ohne Leibwachen. Als der Älteste unter ihnen genoss er entsprechenden Respekt und inzwischen waren seine Kräfte auch um einiges gewachsen, seit er vor fünf Jahren Alexeij besiegt, und dessen Anwesen und die Geschäfte übernommen hatte. Viele aus dem Gefolge seines Vorgängers hatten sich ihm sofort untergeordnet und dessen rechte Hand Dimitrij hatte sich sogar auf seine Seite geschlagen, bevor Magnus Alexeij den Garaus gemacht hatte. Noch heute erfüllte ihn dieser Triumph mit Genugtuung, es dem Kerl mit gleicher Münze heimgezahlt zu haben. Aber er wusste auch, dass Dimitrij ihm hauptsächlich geholfen hatte, weil der in Isabel verknallt war. Der Russe verehrte sie regelrecht und konnte es damals nicht ertragen, was Alexeij ihr angetan hatte, als der sie zu einer Beziehung gezwungen hatte.
Emilia stand bereits an der Fensterfront, als er eintrat, und starrte auf die bunt leuchtende Stadt mit den glitzernden Hotels nieder. »Willkommen, Magnus!«
Ein hautenges schwarzes Kleid schmiegte sich an ihre sexy Figur und ihr braunes Haar fiel in Wellen über ihren tiefen Rückenausschnitt.
»Sei gegrüßt, Emilia.«
Mit wenigen Schritten ging er zu ihr hinüber und stellte sich neben sie an die Scheibe.
»Mh, frisch gespeist«, bemerkte sie und strich sich über ihren nackten Oberarm. »Die Wärme strahlt bis hierher.«
Er schmunzelte, als sie sich ihm zuwandte und am Revers seines Anzugs herumspielte. Ihr Gesicht kam näher. »Und du riechst gut.«
»Ach, Emilia. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt.«
Sie seufzte und fuhr mit dem Zeigefinger seine Brust entlang: »Schade!«
Emilia war scharf auf ihn, aber außer einer heißen Nummer war zwischen ihnen nie was gewesen.
Da unterbrach ein Räuspern die Situation, was Magnus nicht unrecht war. Nathan stand am ovalen Konferenztisch. Sein halblanges schwarzes Haar war nach hinten gegelt, wodurch die silbrigen Strähnen dazwischen stärker zur Geltung kamen. »Emilia, Magnus. Seid gegrüßt. Setzt euch doch!«
Magnus kam der Aufforderung gern nach, denn so brachte er Abstand zwischen sich und Emilia. Sie war wirklich eine sehr attraktive Frau, aber er hielt es für klüger, es beim Geschäftlichen zu belassen.
Kaum hatte er sich auf dem Lederstuhl niedergelassen, erschien Jester in der Tür. Äußerlich der Jüngste von ihnen, hatte er auch schon einige Jahrhunderte auf dem Buckel, und Magnus hütete sich, ihn wegen seines Milchbubengesichts zu unterschätzen. Jester hatte nicht umsonst ein Stadtgebiet unter sich. Zwar nur einen Randbezirk, aber immerhin. Das Zentrum teilte sich Magnus vorwiegend mit Nathan.
Als Jester an Emilia vorbeiging, hob er eine Augenbraue und raunte: »Scharfes Outfit!«
Mit einem Seitenblick zu Magnus erwiderte sie: »Wenigstens einer, der es bemerkt.«
Er musste innerlich lachen. Doch für solches Geplänkel war ihm seine Zeit zu schade. Er wollte endlich zur Sache kommen. An Nathans Miene erkannte er, dass der dasselbe dachte. In die Gedanken der anderen einzudringen oder etwas zu übermitteln, war bei Sitzungen verboten.
»Was wisst ihr bisher über die Jäger?«, fiel Magnus direkt mit der Tür ins Haus. Die Bedrohung durch diese hartnäckigen Sterblichen wurde in letzter Zeit immer besorgniserregender. Durch Waffen wie UV-Strahler, reißfeste Fesseln und Nachtsichtgeräten konnten sie ihrer Art wirklich gefährlich werden.
Nathan berichtete, dass immer öfter Unterschlüpfe von Jungvampiren ausgehoben wurden. Magnus wusste, dass dies normalerweise tagsüber geschah, wenn ihre Art wehrlos im Todesschlaf lag. So konnten die Jäger die Unsterblichen problemlos in die Sonne legen, wo diese dann verkohlten. Er hingegen war alt genug, dass sein Körper erwachte wie bei einem Schlafwandler, und die Eindringlinge tötete. Das wusste er, weil ihm das damals in Siena passiert war, als er sich mit Isabel in einem Weinkeller zur Ruhe gebettet hatte. Am nächsten Abend war neben ihm die Leiche eines Mannes gelegen, den er ausgesaugt hatte, als der ihm zu nahe gekommen war.
»Irgendwo müssen die Jäger doch ein Quartier haben, von wo sie losschlagen«, gab Nathan zu Bedenken. Die anderen waren derselben Meinung, aber zuerst müsste jemand es ausfindig machen. Jester berichtete von einem Angriff auf eine seiner Bars, in der Menschen und Vampire verkehrten. Die Jäger hätten Wärmebildkameras benutzt, um zwischen sterblichen und unsterblichen Gästen zu unterscheiden.
Magnus verfluchte in der Hinsicht die heutige Technik. Nur wenn ihre Art frisch getrunken hatte, war ihr Körper so warm wie der eines Sterblichen. Danach nahm die Körpertemperatur immer weiter ab. Klar, dass die Jäger mit ihren Kameras die Richtigen herausfinden konnten.
»Was sollen wir tun? Das kann doch so nicht weitergehen«, fragte er deshalb in die Runde.
Emilia schlug vor: »Wir können in unseren Gebieten die Augen nur doppelt konzentriert aufhalten und alle vorwarnen. Wenn jemand was Verdächtiges bemerkt, muss er es sofort an uns melden. Vielleicht bekommen wir so einen entscheidenden Hinweis.«
Magnus hing im Stuhl, hatte den Fuß auf den anderen Oberschenkel gelegt und das Kinn auf die Finger gestützt. »Das müssen wir sowieso und von meinen Leuten erwarte ich das auch. Vor allem im Velvet sollen sie noch vorsichtiger sein, damit kein Sterblicher erfährt, was dort abgeht. Das wäre fatal.«
Sein Hauptclub war nämlich ein spezielles Etablissement. Es diente als Restaurant für Unsterbliche. In Separees konnten die Gäste kleine Mengen Blut von den menschlichen Bedienungen trinken, die sie sich vorher im Clubraum ausgesucht hatten. Töten war allerdings verboten.
Schließlich einigten sich die Herrscher darauf, dass jeder von ihnen seinen Bezirk systematisch durchkämmte und dem kleinsten Verdacht nachginge. Denn sie alle erwarteten, dass es weitere Übergriffe auf ihre Art geben würde.
Nach der Sitzung stand Magnus noch mit Nathan auf dem Dach des Bürogebäudes und blickte über »Sin City«, wie Vegas passenderweise genannt wurde. Die Bodyguards des Jüngeren hielten sich außer Sichtweite auf, aber Magnus spürte ihre Nähe. Er fragte sich, wozu Nathan sie überhaupt brauchte, wenn er doch mit achthundert Jahren viel stärker war als die meisten hier. Magnus bildete mit bald tausendzweihundert Jahren die absolute Ausnahme in der Stadt. Generell gab es in den Staaten kaum jemand, der älter war als er. Zumindest wüsste er Niemanden.
»Irgendwo da unten haben sie sich verkrochen«, sagte er zu Nathan. »Und planen ihren nächsten Coup gegen uns. Wir müssen vorbereitet sein.« Er sollte auf jeden Fall seine Angestellten informieren. »Ich werde noch im Velvet vorbeischauen.«
Der Jüngere nickte. »Ja, das werde ich bei meinen Clubs auch tun. Mach’s gut! Wir sehen uns.«
Damit verschwand Magnus in den Nachthimmel.
Das Velvet war voll wie immer, als er zum Hintereingang hereinkam. Seine Augen suchten Lili, die seinen Club leitete. Sie gab gerade Anweisungen an einen Angestellten, als Magnus ihren schwarzen Schopf zwischen den Gästen entdeckte. »Lili, ich muss dich kurz im Büro sprechen. Es ist wichtig!«
Sie antwortete sofort: »Ich komme, Boss!«
Magnus erklomm die Treppe, die zur VIP-Lounge führte, und öffnete die Tür daneben. Kaum hatte er sich in den hohen Lederstuhl hinter dem schwarzen Schreibtisch fallen lassen, kam die knapp zweihundertjährige Unsterbliche in das kleine Zimmer. Lili war unsicher, befürchtete einen Anschiss von ihm. Hatte er einen Grund dazu? Er bohrte tiefer in ihren Gedanken, aber sie fragte sich nur, ob sie etwas falsch gemacht hatte, weil er sie her zitierte.
»Ich muss nur was mit dir besprechen«, nahm er ihr die Bedenken und hätte fast gegrinst, als er ihr innerliches Aufatmen wahrnahm. Lili führte seinen Club gewissenhaft. Da konnte er nicht meckern.
Sie trat näher an den Schreibtisch. »Okay, Boss.«
Er lehnte sich im Stuhl zurück. »Zur Zeit gibt es leider öfter Probleme mit Jägern. Sie haben eine Bar von Jester überfallen. Deswegen müssen wir noch wachsamer sein als bisher. Sobald du hier etwas Verdächtiges bemerkst, meldest du es mir sofort.«
»Jäger? Dann sind es keine Gerüchte?«, fragte sie ängstlich.
»Nein, leider nicht. Wir müssen auf der Hut sein. Ich werde meinen Bezirk durchkämmen und du gibst das gleich an die anderen hier weiter.«
Lili nickte. »Natürlich, Boss.«
»Sonst was vorgefallen?«
Sie berichtete ihm, was in den letzten Nächten los gewesen war. Nichts Besonderes. Das Geschäft lief prima.
Danach machte Magnus noch einen Kontrollgang durch die schummrigen Clubräume. Auf den mit lila Samt bezogenen Sitzgruppen lümmelten sich Sterbliche wie Unsterbliche und sahen den Tänzerinnen auf der Bühne zu. Seine Artgenossen interessierte bei den hübschen Mädchen jedoch etwas anderes. Sie wählten unter ihnen ihre Drinks aus. Er lauschte nach den Gedanken der Gäste, aber ihm fiel bisher nichts Verdächtiges auf. Weder bei seinesgleichen noch den Menschen. Im hinteren Bereich des Clubs befanden sich die Separees, wo die Unsterblichen von den Angestellten tranken. Hier hatten sterbliche Gäste keinen Zutritt. Dieser Teil blieb vor ihnen verborgen und ein Vampir sicherte unauffällig den Durchgang. Magnus sah sich im gut besuchten Raum um, horchte auch hier nach den Gedanken der Gäste und brach schließlich ohne jegliche Hinweise nach Hause auf.
»Na, wie war eure Sitzung?«, begrüßte ihn Isabel, als er ins Wohnzimmer kam.
»Nicht sehr aufschlussreich. Die anderen wissen auch nicht mehr als ich. Im Club hab ich schon meine Anweisungen gegeben, dass sie mehr aufpassen müssen.«
Entspannt lag sie in einem knappen Trägerkleidchen auf der großen Sofalandschaft aus cognacfarbenem Leder. Magnus wusste, dass sie in dem Outfit nicht auf Jagd gewesen war, denn sie roch nach einer frischen Dusche. Wie gern hätte er dabei zugesehen, wie sie den männlichen Abschaum in die Mangel genommen hatte. Ja, da konnte sie ebenfalls grausam sein, angestachelt durch die Schandtaten, die sie in ihren Opfern sah, ließ sie dann die Bestie heraus.
Oh, wie verführerisch sie dalag. Ihre dunkelroten Haare wallten über ihre nackten Schultern und ihre grünen Katzenaugen erwiderten seinen begehrlichen Blick funkelnd.
Er setzte sich zu ihr, legte die Hand auf ihren nackten Oberschenkel, während er ihre warmen Lippen küsste. Isabels kompletter Körper strahlte die Wärme ihres Opfers aus, was ihn zusätzlich anmachte und er drängte sich verlangend an sie. Für ihn eine süße Ablenkung von den aktuellen Problemen.
Tiberius saß auf der Kuppel des Pantheons, dem einst römischen Tempel für alle Götter, eine Straße von seinem Palazzo in Rom entfernt, und beobachtete das rege Treiben auf der angrenzenden Piazza della Rotonda. Der antike Beton unter ihm hatte sich tagsüber durch die Sonne stark aufgeheizt, so dass die Wärme jetzt angenehm in seinen kalten Leib drang. Er war hungrig. In den umliegenden Restaurants an der Piazza ließen sich hauptsächlich Touristen das Abendessen schmecken. Überall klapperte Geschirr, klirrten Gläser und die unzähligen Unterhaltungen vermischten sich zu einem lauten Gemurmel. Allerlei Düfte drangen zu ihm herauf. Vor allem die der italienischen Kräuter. Aber auch von Tomaten, deren Geschmack er nicht mehr kennenlernen durfte.
Seinen scharfen Augen entging keine Kleinigkeit auf der anderen Seite des Platzes. Sie schweiften über die zahlreichen besetzten Tische, die vor den Häusern aufgestellt waren, an denen die meisten Gäste Pizza oder Nudeln aßen und Wein oder Bier dazu tranken. Oftmals eines der angebotenen Touristenmenüs.
Ein glockenhelles Lachen erregte seine Aufmerksamkeit und sein Blick blieb bei einem Tisch mit vier jungen Frauen hängen. Sie ließen sich Pasta, Salat und Rotwein schmecken und schwatzten vergnügt auf Französisch. Tiberius bevorzugte generell eine attraktive Blutquelle, denn so selten wie er jagen musste, konnte er es sich leisten, wählerisch zu sein. Gab es keine besonderen kräftezehrenden Vorkommnisse, reichte das Blut eines Opfers für zwei Monate.
Die Brünette im roten Kleid fesselte ihn an diesem Tisch am meisten. Ihr helles Lachen und wie sie an ihrem Glas nippte, gefielen dem Römer. Langes, gewelltes Haar und dunkle Augen. Damit war seine Entscheidung gefallen.
Nun wartete er geduldig ab und genoss solange ihren reizenden Anblick. Er sah auch in ihr Inneres und erfuhr unter anderem ihren Namen, der für ihn melodisch klang. Dazu war sie Single, hatte also niemanden zu Hause, der sie erwartete. Das ideale Opfer.
»Claudine! Claudine, komm zu mir«, rief er in Gedanken.
Sie hielt kurz in ihrem Gespräch inne, aber fuhr dann mit ihrer Unterhaltung fort. Ihr war, als hätte jemand ihren Namen gesagt. Tiberius wusste, dass sie die Worte nicht hören konnte. Zumindest nicht bewusst. Er würde sich mit ihr Zeit lassen, es zelebrieren, wie beim Öffnen einer guten Flasche Wein. Dass er die Blutgier perfekt im Griff hatte, war ebenfalls ein Vorteil seines hohen Alters. Trotzdem konnte er nicht verhindern, sich auszumalen, wie er später die Zähne in diesen schlanken Hals senken würde. Ihre Haut wirkte so zart über der Hauptader, die verführerisch dagegen pochte, als ob sie ihn locken wollte.
Doch Tiberius musste sich noch zirka eine Stunde gedulden, bis die Französinnen endlich bezahlten und den Tisch verließen. Er heftete sich an ihre Fersen und war in einem Sekundenbruchteil vom Pantheon auf ein Hausdach geflogen. Das Grüppchen schlenderte plaudernd durch die Gassen. Französisch klang zwar nicht so melodisch wie Italienisch, aber gefiel ihm wahrscheinlich, weil es sich ebenfalls aus dem Lateinischen entwickelt hatte. Wie ein Schatten folgte er den Frauen über die Dächer und erhaschte dabei Claudines blumigen Duft. Seine Adern zogen sich fordernd zusammen und die Ungeduld wuchs. Er wollte sie in seinen Armen, mit ihr allein sein, sie ganz für sich haben. Tiberius wartete nur auf eine günstige Gelegenheit, um sie zu sich hochzuholen.
Als die junge Frau nur kurz einen Schritt zurückfiel, richtete er seine geistige Kraft auf ihren Körper, umwand sie damit wie eine Schlange und zog sie kurzerhand mit dem Willen zu sich auf das Hausdach. Er gaukelte ihrem Geist vor, in einem blühenden Garten gelandet zu sein.
Verwundert sah sich Claudine um. Wo war sie plötzlich und was war gerade mit ihr geschehen? Sie war wie in einen Sog gezogen worden und nun umgaben sie Blumen und Büsche und ein attraktiver Mann mit schwarzen kurzen Haaren, grauen Augen und kantigen Zügen stand vor ihr. Tiberius nahm lächelnd ihre Hand und küsste ihre Finger. Dabei sagte er auf Französisch: »Mach dir keine Sorgen, Claudine! Du träumst nur.«
Er fühlte das Vibrieren und die Hitze ihrer Haut an seinen Lippen. Die Gier brodelte unter der Oberfläche, aber er hielt sie noch in Schach. Langsam wanderte sein Mund zu ihrem Handgelenk, wo die feinen bläulichen Adern durch die dünne Haut schimmerten und ihn ganz für sich einnahmen. Claudines Duft nach Jasmin stieg ihm in die Nase und der salzige Geschmack ihres Handgelenks benetzte seine Zunge. Das Verlangen nach ihrem Blut wurde in dem Moment übermächtig. Trotzdem drückte er die Zähne vorsichtig in ihr weiches Fleisch, worauf ihr köstlicher Saft sofort in seinen Mund floss. Der war süß mit einer frischen Zitrusnote. Vorzüglich. Jeden Schluck ließ er langsam am Gaumen zergehen, bevor dieser heiß in den Magen kroch und von dort in alle Richtungen ausströmte.
Claudine empfand es als erregend, was er tat. Sie hatte den Biss aufgrund seiner messerscharfen Zähne nicht gespürt. Doch bald fühlte sie sich durch den wachsenden Blutverlust geschwächt und ließ sich vor Schwindel im vermeintlichen Gras nieder. Tiberius setzte sich zu ihr, strich mit den Fingern über ihre Wange und folgte mit den Lippen. Bei seinem Kuss begehrte ihr Herzschlag auf und nun überließ er sich völlig dem Rhythmus. Wie ein Schlaflied lullte der Klang seinen Verstand ein und ihr Geruch nach Jasmin und Zitrone umnebelte ihn. Das Raubtier trat an die Oberfläche und stach die Zähne in ihre Schlagader.
Abermals trank er Schluck für Schluck, hatte die Gier so weit unter Kontrolle, dass er sein Opfer nicht sofort tötete. Denn Menschen musste er so zart behandeln, als wären sie aus Glas. Jede unbedachte Bewegung könnte ihnen das Genick brechen. Claudines Herz pumpte ihm das köstliche Blut regelrecht in den Rachen und mit ihrem Lebenssaft strömten auch ihre Gedanken in ihn. Erlebnisse zuckten vor seinem inneren Auge auf und es war, als tränke er die Seele des Opfers.
Erst als ihr Herz zu schwach wurde, begann er vorsichtig an der Wunde zu saugen. Diese Hitze, die jetzt durch seine Glieder strömte, war mit nichts zu vergleichen. Sein altes Herz, angeregt durch den menschlichen Puls, fing an heftiger zu schlagen. In ihren Gedanken und im Rhythmus ihres Körpers wurde er vollkommen eins mit seinem Opfer, ließ ihn in Glückseligkeit versinken. Nie sollte es enden, doch viel zu schnell kam ihr Tod. Das Pulsieren in ihm erstarb allmählich und auch die Illusion des Gartens endete. Der größte Genuss des Mahles war vorüber und er leibte sich den Rest ein, um vollkommen satt zu werden. Er durfte jedoch nicht zu hastig trinken, denn sonst zerriss es ihre Adern unter seinem heftigen Sog.
Schließlich versiegte der Blutstrom endgültig und Tiberius sank keuchend neben Claudine nieder. Er fühlte, wie seine sonstige Stärke in jede Faser zurückkehrte und die Stimmen der Stadt im Kopf zu einem Flüstern anschwollen. Mit einem kurzen Kopfschütteln wehrte er den Wirrwarr ab und blickte lieber über sich in den Nachthimmel. Sein allererstes Opfer kam ihm in den Sinn. Ein Wachposten des Kastells, in dem er stationiert gewesen war. Ahnungslos hatte der Legionär ihn begrüßt, nachdem Tiberius nach dem Angriff der Vampire zwei Nächte zuvor verschwunden gewesen war. Doch als Neugeborener hatte er neben dem lauten Puls die Worte kaum gehört. Die Blutgier hatte ihm damals den Verstand geraubt und er war erbarmungslos über sein Opfer hergefallen. Ungern dachte er an die Zeit in Britannien zurück, denn sie bedeutete, beherrscht zu werden. Unterdrückt von seinem Schöpfer, der die Römer verachtet und es als persönlichen Triumph angesehen hatte, den Tribun unterworfen zu haben. Doch Tiberius hatte sich eines Nachts von ihm befreit. Ein Jagdzug mit ihm allein bot die ersehnte Gelegenheit. Er hatte den Blutrausch schon hinter sich, als sein Schöpfer noch ausgestreckt im Gras neben den Toten lag. Das Schwert von einem der Opfer ergriff er ohne zu zögern und hieb dem Kelten den Kopf ab. Ab da war er endlich frei gewesen. Dieses Geheimnis hütete er allerdings eisern, denn damit ging man in ihren Kreisen nicht hausieren. Vor allem weil auf Mord die Vernichtung stand, und dann den eigenen Schöpfer zu töten, wog noch schwerer.
Tiberius richtete sich wieder auf und sah auf die Tote neben sich nieder. Ihre bleiche Haut wurde nur unterbrochen von den beiden Bisswunden an Hals und Handgelenk. Ihre Augen waren geschlossen und ihr Gesicht entspannt. Sie war in Verzückung gestorben, in Halluzinationen, ausgelöst durch seinen Speichel.
Tiberius hörte die Rufe ihrer Freundinnen, die nach ihr suchten. Doch sie würden Claudine niemals finden, denn nun folgte der lästige Teil der Jagd. Er musste ihren Körper beseitigen. Dazu flog er zu der Verbrennungsanlage der Unsterblichen in einem Randbezirk und übergab sie einem der Vampire dort. Dabei hielt er seine mächtige Aura im Zaum, denn er wollte die anderen hier nicht einschüchtern. Als Herrscher von Rom zog er es vor, unerkannt zu bleiben. Wenn es nicht nötig war, brauchten seine Untertanen ihn auch nicht kennen. Ein Dasein im Verborgenen hielt er für sicherer, als in der Öffentlichkeit zu stehen. Außer jemand hatte eine Audienz bei ihm, oder musste bestraft oder verwarnt werden. Jedoch mischte sich Tiberius so wenig wie möglich in die Angelegenheiten der anderen ein. Er hielt sich generell für einen gerechten und liberalen Herrscher. Aber nun sehnte er sich nach seiner griechischen Göttin, die zu Hause auf ihn wartete.
Helena summte ein Lied aus alten Zeiten vor sich hin, während sie ihr dickes braunes Haar zu mehreren Zöpfen einflocht. Wie damals im Haus ihres neuen Herrn, der immer erst nach Sonnenuntergang erschienen und auch sonst sonderbar gewesen war. Sie lachte auf. Als dumme Sterbliche hatte sie es nicht besser gewusst. Jeden Abend hatte sie sich für Tiberius schön gemacht, bevor er nach Hause kam, hatte ihm gefallen wollen. Er hatte ihr sogar einen Lehrer besorgt, der ihr tagsüber Lesen, Schreiben und Rechnen beibringen sollte und bestand darauf, dass sie fleißig lernte. Als griechische Sklavin hatte sie bei ihrem vorigen Herrn nur das gelernt, was sie eben hatte tun müssen. Tanzen zum Beispiel. Tiberius hatte immer gewusst, was sie tagsüber getan hatte, obwohl er gar nicht im Haus gewesen war. Ihr war das unheimlich vorgekommen und sie war überzeugt, dass er sie am Tag beobachtet hatte. Ach, was für ein ahnungsloses Ding sie gewesen war. Natürlich hatte er in ihr gelesen wie in einem offenen Buch. In manchen Nächten war er in ihr Bett gekrochen, wenn sie schon geschlafen hatte, und hatte sich an sie geschmiegt. Sein gestählter Leib war da immer ganz warm gewesen und er verstand es, sie zu verführen.
Auch heute war eine besondere Nacht. Ihr Liebster ging auf Jagd nach Sterblichen, was in letzter Zeit immer seltener vorkam. Sein erhitzter Körper würde ihr Liebesspiel noch viel reizvoller machen.
Helena hüllte sich nach dem Frisieren in ein griechisches Gewand aus heller Seide, streifte sich goldene Armreifen über die Handgelenke und schritt zu dem fensterlosen Schlafzimmer, das nur ihrer intimen Zweisamkeit diente.
Zuerst entzündete sie einige Öllampen, die ihr warmes Licht auf die römischen Fresken an den Wänden warfen. Eine Szene von Venus und Adonis beim Liebesspiel zierte den Putz, umgeben von Blumen, Pflanzen und den Tieren des Waldes. Bedächtig strich sie das Leintuch der Matratze, der aus Marmor gebauten Liegestatt, glatt. Ein Bett aus Holz würde bei ihren Kräften unweigerlich zusammenkrachen. Sie füllte einige getrocknete Blätter und Blüten in eine Schale und zerrieb sie, da Tiberius angenehme Düfte liebte. Zu ihren Lebzeiten war es fast wichtiger gewesen, betörend zu riechen als gut auszusehen. Deswegen legten sie großen Wert darauf.
Nachdem alles bereit war, wurde Helena allmählich ungeduldig. Wo blieb er heute?
Während sie wartete, kam ihr ein unheimlicher Abend auf Kreta in den Sinn. Da war sie noch sterblich gewesen und erst seit Kurzem in Tiberius’ Villa. Die Szene spielte sich abermals vor ihr ab.
Er und seine Freunde lagen auf den Klinen im Triclinium, dem Esszimmer, als sie vorsichtig zur Tür hinein spähte, weil sie Stimmen gehört hatte. Sie wunderte sich, dass keine Speisen aufgetragen waren und niemand einen Becher mit Wein vor sich stehen hatte. Die Männer lagen nur zusammen und unterhielten sich auf Latein. Plötzlich wandte einer der Gäste seinen Kopf in ihre Richtung und rief: »Ach, deine kleine Sklavin. Darf ich von ihr kosten?« Wie hatte der junge Römer sie bemerkt? Sie war doch nur am Türspalt gestanden. Als Griechin verstand Helena nur einige Brocken, und die wirkliche Bedeutung dieser Frage sowieso nicht. In ihr zog sich alles zusammen, während sie vortrat, weil sie dachte, Marcus wolle sich mit ihr vergnügen. Erschrocken sah sie zu ihrem Herrn und hoffte, dass er sie nicht dem anderen überließ. Sie wollte keinem mehr zu Willen sein, außer Tiberius. Die Augen von Marcus trafen sie damals bis ins Mark. In diesem Blick lag keine sexuelle Begierde. Da lauerte etwas anderes, von dem sie da noch nichts ahnte.
Auf einmal ein Knurren, das sich anhörte wie bei einem Hund, und Tiberius sah Marcus starr an. Keiner von ihnen sagte ein Wort. Es herrschte völlige Stille. Nur die Augen der Männer schienen zu sprechen. Dann befahl ihr Herr scharf: »Geh sofort ins Bett! Du hast hier nichts verloren.« Normalerweise war er nie so barsch zu ihr und enttäuscht zog sie von dannen. Sie dachte da, dass sie ihn erzürnt hätte, aber er hatte sie nur außer Gefahr wissen wollen. Sich in der Nähe eines hungrigen Artgenossen aufzuhalten, war zu riskant gewesen. Jedenfalls benutzten damals genug Unsterbliche ihre Unfreien als Blutsklaven.
Auf einmal spürte Helena die Ankunft ihres Liebsten und kehrte mit ihren Gedanken in die Gegenwart zurück. Rasch trat sie auf den Flur, wo er ihr bereits entgegenkam.
»Schön, dass du zurück bist. Ich habe dich erwartet«, begrüßte sie ihn auf Altgriechisch mit einem gewinnenden Lächeln. Ihr Aufzug verfehlte seine Wirkung nicht, so wie er sie ansah. Sofort kribbelte es an ihrem ganzen Körper wie als junges Mädchen, wenn er sie immer wieder berührt hatte. Die Hitze und der Duft seines Opfers schlugen ihr entgegen.
Seine Venus war gekleidet wie damals auf Kreta, als er sie das erste Mal im Haus ihres vorigen Herrn gesehen hatte. Tiberius hatte erst fünf Jahrhunderte durchleben müssen, um endlich seine ewige Liebe finden zu können. Diese junge Sterbliche, die ihn sofort mit ihrem Tanz verzaubert hatte. Doch Claudius, ihr damaliger Besitzer, war wirklich hartnäckig geblieben, wollte sie um keinen Preis verkaufen. Bis Tiberius schließlich seine vampirischen Kräfte eingesetzt und die Gedanken des Menschen beeinflusst hatte. Für Helena war ihm jedes Mittel recht gewesen. So anmutig wie sie jetzt vor ihm stand und sich ihre Kurven unter dem dünnen Stoff abzeichneten.
»Meine Blume!«, hauchte er, woraufhin sie die Hand nach ihm ausstreckte. Er nahm ihre zierlichen Finger in seine und ließ sich nur zu gern zum Cubiculum, ihrem Liebeszimmer, führen.
»Komm, mein Liebster. Vertreiben wir uns die Zeit«, wisperte Helena.
Isabel lehnte sich auf dem roten Ledersofa des Separees zurück und ließ ihren Blick über die schwarzen Wände mit den Spots gleiten. Im rötlichen Licht fiel die blasse Haut ihrer Art nicht auf und auch die Blutflecken nicht, die eventuell auf die Polster tropften. Ihr Prinz hatte nach der Übernahme des Clubs hier die Samtpolster durch abwaschbares Leder ersetzen lassen. Auf jeden Fall praktischer. Vor der Tür witterte sie bereits, den Sterblichen, den sie sich vorher ausgesucht hatte. Er duftete vielversprechend, hatte erst kürzlich im Service angefangen und war noch unverbraucht. Im nächsten Augenblick betrat der junge Mann mit einem Lächeln die Kabine und Gedanken, dass er ihr gern irgendwelche Sonderwünsche erfüllen würde, gingen ihm durch den Kopf. Ja, die Menschen waren ahnungslos hier, konnten sich später an das Geschehene kaum erinnern. Isabel erwiderte sein Lächeln und tätschelte neben sich.
»Setz dich! Nicht so schüchtern«, ermunterte sie ihn. Ihre Aura würde ihn automatisch für sich einnehmen. Da musste sie gar nichts tun.
Sein After Shave mit der frischen Note hing dominant in der Luft, überdeckte den Körpergeruch fast, den die Vampirin viel mehr interessierte. Zaghaft legte sie ihre Hand auf die nackte glattrasierte Brust. Seine Haut war warm und so dunkel gegen ihre eigene. Der Latino blickte auf ihre Finger und schmunzelte.
»Du darfst mich überall anfassen, Chica«, sagte er gönnerhaft auf Spanisch.»Macho«, dachte sich Isabel nur.
»Das werde ich ganz bestimmt«, säuselte sie in derselben Sprache. In Vegas hatte sie in den letzten Jahren einige Sprachen dazu gelernt. Englisch war hier nämlich Mangelware. Langsam beugte sie sich näher zu seiner Brust, bis ihre Lippen den hauchdünnen Schweißfilm der Haut berührten. Der Latino legte eine Hand an ihren Hinterkopf und versuchte sie tiefer zu schieben.
»Soll ich dir meinen Schwanz zeigen?« Es verwirrte ihn, dass ihr Kopf keinen Millimeter nachgab. So ein unverschämter Bastard. Isabel unterdrückte ein Knurren.
»Ich will etwas völlig anderes«, hauchte sie, leckte weiter über die Stelle und bohrte dann grober als sonst ihre Zähne in den Muskel.
Kurz schrie er überrascht auf, aber nach einigen Zügen fing ihr Speichel an zu wirken und machte ihn gefügig. Bei aufdringlichen Sterblichen wurde sie immer aggressiv. Lag das daran, weil sie die verkommenen Subjekte jagte? Aus den Augenwinkeln registrierte sie die deutliche Beule in seinen knappen Shorts, denn jetzt empfand er ihr Saugen als überaus erregend.
Plötzlich riss sie Geschrei aus ihrem Genuss. Draußen vor der Tür hörte sie einen Tumult und fing erschreckende Gedanken der anderen Vampire auf. Jäger!
Ohne zu zögern, stieß sie die Tür des Separees auf und ließ ihr Opfer benommen liegen. Unsterbliche rannten panisch an ihr vorbei, Scheinwerfer leuchteten durch die Menge und Flüchtende brachen jämmerlich aufschreiend zusammen. Sie begriff sofort. UV-Strahler! Die nackte Angst packte sie im Genick und sie sah sich hektisch nach einem Ausweg um. Wohin sollte sie fliehen? In dem Moment empfing sie Magnus’ Frage: »Isabel, wo bist du?«
Sie antwortete erleichtert: »Bei den Separees! Ich weiß nicht, wie ich rauskommen soll. Sie sind überall!«
»Ich hol dich! Halte durch!«
Zum Glück kam ihr Prinz zu Hilfe, aber sie musste sich vor den Lichtstrahlen der UV-Lampen schützen. Leider trug sie ein Kleid, so dass ihre Arme und Beine völlig bloß lagen. Der Notausgang, den nur sie und die unsterblichen Angestellten kannten, fiel ihr ein. Der würde ihre Rettung sein. Isabel stürzte in Richtung der versteckten Tür neben den Separees, da traf sie plötzlich beißender Schmerz am Rücken und ihre Beine knickten einfach ein. Die Kraft schien völlig aus ihnen gewichen zu sein und ein höllisches Brennen, das ihren Arm und ein Bein überzog, entrang ihr gequälte Schreie. Jetzt war alles aus! Die Jäger würden sie vernichten. Vermummte Gestalten in schwarzen Kampfanzügen mit Helmen, an denen Wärmebildkameras befestigt waren, betraten den Raum. Sie musste schleunigst weg hier. Wo blieb ihr Gefährte nur? Isabel wollte sich mit ihrem Willen aufrichten, wie sie es beim Fliegen machte, aber es funktionierte nicht. Ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr. Nie hätte sie geglaubt, dass UV so viel Energie rauben konnte. Verzweifelt versuchte sie, auf die Beine zu kommen, aber knickte abermals weg, lag nun auf der Seite und stützte sich mit ihrem unversehrten Arm ab. Bald würden die Jäger sie in der Dunkelheit finden, die nur von den Lichtstrahlen der Lampen durchbrochen wurde. Die Luft um sie herum war erfüllt von Schreien und dem Geruch verschmorter Haut. Sie lag hier völlig wehrlos am Boden, nur wenige Schritte vom rettenden Ausgang entfernt, und konnte ihn nicht aus eigener Kraft erreichen. Isabel wollte nicht, dass ihr unsterbliches Dasein nach den paar Jahrzehnten so qualvoll endete. Sie würde in den Strahlen dasselbe erleiden wie ein Mensch in den Flammen.
Auf einmal stob etwas einige Jäger auseinander, schleuderte sie so heftig zur Seite, dass ihre Knochen knackten. Hellblondes wehendes Haar hob sich von den schwarzen Gestalten ab. Es war Magnus! Unendliche Erleichterung machte sich in ihr breit. Er riss einem Jäger mit den Zähnen die Kehle heraus und dann gleich dem nächsten. Sein blutrünstiges Toben faszinierte sie, wie damals als er die Bande von Vampiren im Garten zur Strecke brachte, die sie überfallen hatten. Ihr Retter! Wieder einmal! Im Nu war er bei ihr, ging in die Hocke und hob sie hoch. »Halte dich gut an mir fest! Wir müssen hier weg!« Isabel wusste, was er mit gut festhalten meinte. Sie legte die Arme um seinen Hals und klammerte sich fest, denn jetzt würde er in seiner gewohnten Geschwindigkeit hinausschießen. Doch in dem Moment verzog er das blutverschmierte Gesicht vor Schmerz, hielt inne und sie sah mit Schrecken, dass ein Strahler auf seinen Rücken leuchtete. Oh nein! Sie waren beide verloren. Ihr Gefährte holte tief Luft, spannte die Muskeln an und stob so schnell mit ihr zur Hintertür hinaus, dass der Wind an ihrer verschmorten Haut zerrte. Isabel musste aufschreien und Tränen stiegen ihr in die Augen.
»Bald ist es vorbei!«, beruhigte Magnus sie, während er sie fest an sich drückte.
Draußen schoss er wie ein Pfeil in die Luft, doch ein Hubschrauber kreiste über dem Club, leuchtete das komplette Gebäude und die Straße mit mehreren UV-Scheinwerfern aus. Ihr Prinz unterdrückte einen Schmerzenslaut, als er durch die Lichtkegel fliegen musste. Er sackte kurz ab, dass sie bangte, er würde abstürzen. Durch das unerträgliche Brennen könnte sie sich nicht allein in der Luft halten. Glücklicherweise schirmte Magnus’ Körper sie gerade von der Strahlung ab. So kamen keine erneuten Qualen hinzu. Isabel bewunderte sein Durchhaltevermögen, denn er strebte wieder höher hinauf. Zwar langsamer als vorher, aber er biss so fest die Zähne zusammen, dass es knirschte. Immer weiter entfernten sie sich vom Boden, bis der Heli unter ihnen schwebte.
Isabel fühlte an Magnus’ Brust, wie er aufatmete. »Endlich! Das war knapp! Jetzt schnell nach Hause.«
Weil der Wind wieder an ihren Verbrennungen zerrte, fing sie an zu wimmern und hoffte, dass sie das Anwesen rasch erreichten.
»Gleich, Süße! Es ist nicht mehr weit.«
Durch ihren Tränenschleier sah sie den Boden näherkommen. Ihr Prinz schien landen zu wollen, aber sie waren noch nicht über ihrem Grundstück. Bevor sie über den Grund grübeln konnte, sagte er: »Du brauchst Blut!«, und setzte mit ihr mitten auf der Straße auf. In dem Moment hörte sie das Quietschen von Autobremsen und Aufwirbeln von Kies. Dann legte er sie am Straßenrand ab und rannte zu einem Auto, das im Seitenstreifen hing. Sie beobachtete wie er den benommenen Fahrer mit einem Schlag vollends betäubte, hinter dem Steuer hervorzerrte und auf die Rückbank verfrachtete. Dann eilte er zu ihr zurück und setzte sie vorsichtig neben den Sterblichen.
»Der ist für dich, Liebling. Deine Verletzungen müssen heilen.«
Ihr Körper war eindeutig derselben Meinung, denn ohne zu zögern, stürzte sie sich auf den Mann und bohrte gierig ihre Zähne in seinen Hals. Die einzigen Gedanken, die sie beherrschten waren, dass das Brennen endlich aufhörte, und das tat es, als das Blut sich in ihren Gliedern verteilte. Isabel schwelgte während der Fahrt in ihrem Blutrausch, in dem es keine Schmerzen mehr gab und sie sich unbesiegbar fühlte. Sie bekam gar nicht mit, wie Magnus im Hof ihrer Villa parkte.
»Morgen bringe ich dir noch ein weiteres Opfer und gieße einen Teil des Blutes auf die verbrannten Stellen«, meinte er, stieg aus und öffnete die hintere Autotür. »Komm, ich trag dich ins Haus.«
Bevor die Schmerzen zurückkehren würden, rutschte sie schnell zu ihm, schlang ihre Arme um seinen Nacken und ließ sich von ihm hochheben. Dabei betrachtete sie geschockt ihren geschwärzten Arm und den Unterschenkel eines Beines. Die Haut war regelrecht verschmort und rissig. Wie lange würde das dauern, bis es verheilt war? Bei Magnus hatte es Wochen gebraucht, bis er wieder einigermaßen hergestellt gewesen war und er hatte über tausend Jahre auf dem Buckel.
»Trägst du mich gleich runter?«, fragte sie, als er mit ihr die Eingangshalle betrat.
Ihr Prinz betätigte mit dem Willen den kleinen Hebel, der an einer Bordüre an der Wand versteckt war, und die unscheinbare Tür in der Wand öffnete sich einen Spalt. Am Ende des dunklen Ganges dahinter wartete der Fahrstuhl, um sie nach unten zur Schlafkammer zu bringen. Zum Glück mussten sie keine Treppen steigen. So schmerzten Isabel keine unnötigen Erschütterungen.
Unten angekommen, legte ihr Gefährte sie behutsam auf das Doppelbett und holte ein Messer aus der Kommode. »Ich schneide das Kleid auf.«
Sie war erleichtert, endlich von dem Stoff befreit zu werden, der ihre brennende Haut reizte. Aber sie erschrak, als sie an ihrem nackten Körper hinuntersah. Ihren Arm und ihr Bein hatte es am schlimmsten erwischt, aber auch der Großteil ihrer Haut war krebsrot und spannte wie ein heftiger Sonnenbrand.
Magnus zog sich aus und begutachtete seinen Körper vor dem hohen Spiegel an einer Wand. »Gut, dass ich heute anstatt dem Jackett meine Motorradjacke anhatte. Die hat das UV besser abgehalten mit dem dicken Leder.«
Isabel sah die Rötung an seinem Rücken, die allerdings blasser war als bei ihr.
»Glaub mir, Süße. Ich weiß, was du durchmachst. Ich bringe dir jede Nacht ein Opfer, damit es dir bald besser geht.«
»Danke. Ohne dich wäre ich nicht entkommen. Du hast mir das Leben gerettet heute Nacht.«
Magnus setzte sich neben sie. »Aber das war doch selbstverständlich. Ich möchte dich nicht verlieren.«
Sie wollte durch die Strähnen seiner hellblonden Haare streichen, die über seine Brust herabhingen, aber da fuhr wieder der Schmerz in ihren Arm und sie ließ die Hand auf die Bettdecke zurücksinken.
»Nicht bewegen«, murmelte er. Ja, das würde sie auf jeden Fall bleiben lassen. Die bleierne Schwere in ihren Gliedern kam schon viel früher als sonst. So schloss sie die Augen und driftete bald darauf in ihren Schlaf.
Während dem Aufwachen hörte Magnus Stimmen. Woher kamen sie? Wer war das? Sein Verstand löste sich aus dem Dämmerzustand und zu seiner Verwunderung stand er vor der Tür zur Schlafkammer. Das konnte nur eines bedeuten. Sterbliche! Sein Instinkt hatte die Gefahr im Schlaf bereits erkannt und wollte sich gegen die Eindringlinge verteidigen. Sofort wurde ihm klar, dass es die Jäger sein mussten. Von daher war es Glück, dass er nun aufgewacht war und sein Körper ihn nicht unnötig in Schwierigkeiten gebracht hatte.
Plötzlich gab es einen ohrenbetäubenden Knall vor der Panzertür und die Wände erzitterten. Magnus’ Blick schweifte sofort über seine Gefährtin, die noch schlief. Kritisch begutachtete er die Stellen mit der schwarzen rissigen Haut und hatte den Eindruck, dass sie ein klein wenig besser geworden waren. Aber Isabel würde noch viel menschliches Blut brauchen, bis alles wieder makellos verheilt sein würde. Er wusste genau, wie furchtbar er gelitten hatte, nachdem seine Haut durch die stundenlange Folter auf dem Solarium von Alexeij schwarz geworden war. Sein Verstand wäre beinahe verloren gegangen. Nur Isabels gedankliche Stimme hatte ihn in der Gefangenschaft aus dem vernebelten Zustand herausgeholt. Das Erlebnis hatte er noch nicht überwunden, wenn er es überhaupt jemals könnte. Dieses Trauma würde er wohl für immer behalten und konnte es nur unterdrücken. Die seelischen Wunden heilten bei ihrer Art eben nicht so schnell wie die körperlichen. Manche nie!
Verdammt, was sollten sie jetzt tun? Die Jäger versuchten, die Tür zu sprengen. Der Lärm von draußen genügte, um ihn das Fürchten zu lehren. Es krachte und knirschte um die Kammer herum. Zum Glück war sie ein regelrechter Schutzbunker.
Nach einiger Zeit bohrten die Jäger mit schwerem Gerät an der Tür.
»Was war das?«, hörte er Isabel hinter sich bestürzt fragen.
Magnus fuhr herum. »Sie versuchen, die Tür zu sprengen. Und ich dachte, hier unten wären wir sicher.«
»Das hört sich echt nicht gut an«, kommentierte seine Liebste.
Allmählich keimte in ihm ebenfalls Panik auf. Sie saßen in der Klemme. Auf der anderen Seite der massiven Stahltür hämmerte der Bohrhammer unaufhörlich. Isabel hielt sich die Ohren zu. »Das ist ja furchtbar! Da wird man ja kirre.«
Magnus nervte es genauso, aber er versuchte, das Geräusch auszublenden. Stattdessen sah er sich im Raum um. »Alexeij hat doch immer vorgesorgt. Weißt du vielleicht etwas über einen Geheimausgang? Wo könnte der sein?«
Isabel schaute sich ebenfalls um. »Verraten hatte er mir natürlich nichts. Er war immer sehr vorsichtig gewesen und hatte genügend Feinde gehabt. Bestimmt gibt es hier was.« Sie stand langsam auf, aber setzte sich, von Schmerzen geplagt, wieder auf die Matratze. »Shit, ich kann nicht mal richtig laufen. Es tut noch so weh.«
Er trat auf sie zu. »Schone dich. Ich suche mal alles ab.« Dann nahm er die Wände und den Boden genau unter die Lupe. Seine scharfen Augen hafteten an jeder Ritze, scannten jeden Zoll. Doch er konnte nichts finden.
»Vor Tagesanbruch müssen wir hier raus sein. Das Gefährliche an Sterblichen ist, dass sie den ganzen Tag weitermachen können. Wer weiß, wie weit sie bis zum Abend kommen?«
»Aber wie?«, rief Isabel verzweifelt.