Lovecrafts Schriften des Grauens 39: Unbekannter Feind - Manuela Schneider - E-Book

Lovecrafts Schriften des Grauens 39: Unbekannter Feind E-Book

Manuela Schneider

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Beschreibung

Eine Mordserie erschüttert die Schürferstadt Jerome. Hat eine mysteriöse Fremde mit den Verbrechen zu tun? Gibt es eine Verbindung zwischen ihr und der Apachen-Legende über ein Monster im Mount Graham? Der Rancher Ben O’Connor sucht den Mörder seines besten Freundes. Ihm steht ein blutiger Kampf mit dem unfassbaren Grauen bevor. Die Exklusive Sammler-Ausgabe als Taschenbuch ist nur auf der Verlagsseite des Blitz-Verlages erhältlich!!! Die Printausgabe des Buches umfasst 170 Seiten

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Unbekannter Feind

Lovecrafts Schriften des Grauens

Buch 39

Manuela Schneider

DiesesBuch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

In unserem Shop ist dieser Roman auch als E-Book lieferbar.

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© 2024 BLITZ-Verlag, HursterStraße 2a,  51570 Windeck

Redaktion: JörgKaegelmann

Titelbild: MarioHeyer unter Verwendung der KISoftwareMidjourney

Umschlaggestaltung: MarioHeyer

Satz: GeroReimer

2139v1

ISBN: 978-3-7579-7577-7

Inhalt

1. Mount Graham

2. Ende des Viehtriebs

3. Opfer

4. Nachforschungen

5. Die erste Spur

6. Erinnerungen

7. Der Pakt

8. Spuren

9. Ein Geist aus der Vergangenheit

10. Alte Narben

11. Die Jagd beginnt

12. Mutprobe

13. Der Tod kennt keine Gnade

14. Die Suche nach Katharina

15. Eine Frage der Moral

16. Die Lehren des Medizinmannes

17. Das elfte Herz

18. Das Geständnis

19. Versagen wird bestraft

20. Ein Ritt in die Gefahr

21. Freund oder Feind?

22. Neue Verbündete

23. Der Kampf

24. Abschied

Historische Tatsachen hinter dieser Geschichte

Über die Autorin

Kapitel1

Mount Graham

Kaetenna ritt am Fuße des Berges entlang. Obwohl er eigentlich seinem Vater dabei helfen müsste, ein frisch eingefangenes Wildpferd zuzureiten, hatte sich der junge Apache am späten Nachmittag davongeschlichen und war mit seinem Hengst hinaus in RichtungMountGraham losgeritten. DerBerg faszinierte ihn, seit er denken konnte. KaetennasGroßvater hatte ihn aber stets davor gewarnt, dem Koloss aus Felsen zu nahe zu kommen.

„DieserBerg ist uns Apachen heilig. UnserSchöpferUssen lebt weit oben auf dem Gipfel und wacht von dort über seine roten Kinder. Aber er ist nicht der Einzige, der den Berg für sich beansprucht, Kaetenna. Hüte dich vor dem Bösen, das tief im Felsen gefangen ist. UnsereGötter haben einst zusammen mit den heldenhaften Zwillingen die Monster in dieser Welt besiegt, damit wir Apachen in Frieden hier im Gleichklang mit unserer Mutter, der Erde, leben können. Aber das Böse schläft nur und wartet darauf, dass jemand das Portal öffnet, damit es wieder mit Schrecken über uns alle herrschen kann. Wenn das Monster jemals aus seinem Felsengefängnis befreit wird, bedeutet es den Tod für uns alle. Selbst die zahlreichen Weißaugen würden nicht verschont bleiben.“

„Aber das wäre doch gut, Großvater“, widersprach Kaetenna dem alten Medizinmann. „Warum nutzen wir das Monster der Heldenzwillinge nicht, um den weißen Mann ein für alle Mal zu vertreiben?“

DochGroßvater schüttelte den Kopf. „Niemand kann es beherrschen. Es ist zu mächtig. Es braucht einen Gott, um einen anderen Gott zu bezwingen. Unterschätze nie die Macht der Geister und Götter, Kaetenna. WirMenschen bilden uns zwar ein, es mit ihnen aufnehmen zu können, aber das wird nie der Fall sein.“

Früher hatten GroßvatersGeschichten den jungen Krieger fasziniert, ja sogar eingeschüchtert. Aber heute war dies nicht mehr der Fall. Kaetenna hatte den Glauben an die alten Legenden längst verloren, nachdem mehr und mehr Weiße in das Land eingedrungen waren und sich einfach nahmen, was den Apachen gehörte. Sie waren zu einer tödlichen Gefahr für alle Ndé, wie sie sich selbst nannten, geworden.

Wo waren die Götter? Warum griffen sie nicht ein und verjagten den Feind, der zahlreich, wie die Ameisen auf dem Boden, von jenseits des großen Wassers kam, überlegte er, wenn er einsam auf dem Fels saß, um die Pferde des Stammes zu bewachen. Nein, er fürchtete sich nicht mehr vor dem Sitz der Götter. Er war ein ungestümer junger Krieger geworden, dem schon allzu bewusst war, dass man sich nicht vor dem Kampf verstecken durfte. So schlug er die Warnungen seines Großvaters in den Wind und ritt die einsamen Pfade, die zur Rückseite des Berges führten, entlang.

Als er an der Nordseite des MountGraham ankam, tänzelte sein Pferd nervös und schnaubte aufgeregt. Kaetenna betrachtete das Geröllfeld zu seiner Rechten aufmerksam und bemerkte einen braunen Flecken in einiger Entfernung. Er ritt langsam darauf zu. Gestank von Verwesung hing in der Luft, und er erkannte den aufgedunsenen Kadaver eines Rehs. Das war zuerst nichts Ungewöhnliches, wenn man davon absah, dass das tote Tier unversehrt schien.

„Seltsam. Ich sehe keine Wunden. Warum haben die Coyoten sich nicht längst über das tote Wild her gemacht?“, rätselte der junge Krieger. Beute war um diese Jahreszeit rar, und die Coyoten sowie die Berglöwen würden sich normalerweise so eine Gelegenheit nicht entgehen lassen. Nicht einmal Aasvögel machten sich an dem Reh zu schaffen.

KaetennasPferd scheute, als er versuchte, näher an das tote Tier heranzureiten. Er tätschelte seinen Hengst beruhigend, denn normalerweise war sein Reittier ein zuverlässiger Begleiter. Als er sich wieder aufrichtete, bemerkte er einen zweiten Kadaver in einiger Entfernung. Es war der eines Coyoten. Verdutzt starrte Kaetenna auf das struppige Tier. Anstatt das tote Reh zu fressen, war der Coyote selbst verendet. Der junge Krieger hatte so etwas noch nie gesehen. Er stieg ab und ging vorsichtig auf den Coyoten zu. Dieser schien noch nicht lange hier zu liegen. Keine äußeren Verletzungen waren erkennbar, genau wie bei dem jungen Rehbock.

AlsKaetenna sich umblickte, bemerkte er zum ersten Mal, das an diesem Hang kein einziger Kaktus wuchs. KeinMesquite-Baum war zu sehen. Der gesamte Hang zeigte kein Grün, und nichts Lebendiges rührte sich. Kaetenna, der es gewohnt war, auch die primitivste Form von Leben in der Sonora-Wüste aufzuspüren, blickte verdutzt den Hang hinauf. Warum war ihm das vorher noch nie aufgefallen? Er schaute wieder auf die beiden stinkenden Kadaver, und ihm war plötzlich so, als ob etwas Bedrohliches in der Nähe lauerte. EinWeißer? Ein mexikanischer Feind vielleicht? Er griff an sein Messer und betrachtete den Hang wachsam.

SeinPferd wieherte ängstlich, scharrte nervös mit dem Vorderhuf und verdrehte dabei die Augen. DasVerhalten des Tieres bestätigte, dass etwas an diesem Ort beunruhigend war. Kaetenna hatte den Instinkt eines Kriegers entwickelt und spürte, dass hier etwas nicht stimmte. Zum ersten Mal hatte er Angst auf dem MountGraham. DieWarnungen seines Großvaters fielen ihm wieder ein, und er hatte ein schlechtes Gewissen, dass er diese so leichtfertig ignoriert hatte.

Kaetenna runzelte die Stirn und blickte sich noch einmal vorsichtig um. Rasch ging er zu seinem Hengst, schwang sich auf den Rücken und ritt zügig den steilen Pfad hinab.

Er drehte sich nicht noch einmal um. Und so sah er auch nicht, dass ein glitschiger, dunkler Tentakel über das Geröll auf den toten Coyoten zukroch und sich um das steife Bein des Tieres wickelte. EinRuck ging durch den Kadaver, und er wurde über den Erdboden geschleift, wo er schließlich binnen Sekunden gänzlich in einem Erdloch verschwand.

Kapitel2

Ende des Viehtriebs

EinCowboy stolperte und versuchte, sich an der verwitterten Holzwand neben sich festzuhalten. „Junge, Junge, der letzte Whiskey muss wohl das berühmte Glas zu viel gewesen sein“, murmelte Jacob, während er neben dem primitiven Saloon aus Segeltuch stand und versuchte, Kontrolle über seine Trunkenheit zu bekommen. Er schwankte einen Moment und hielt sich an der Wand des Bretterverschlags neben ihm fest, bis er einigermaßen geradestand. Trotz dass er stark angetrunken war, drehte sich Jacob um und lief auf unsicheren Beinen langsam die Hauptstraße der Bergarbeiterstadt entlang. DerLärm und die Musik aus den Saloons wurden bei jedem seiner torkelnden Schritte leiser.

Um diese Zeit scherte sich niemand um ihn. Ein betrunkener Cowboy mehr oder weniger fiel in Jerome nicht auf. Jeder in der Stadt war es gewohnt, Minenarbeiter und unzählige, johlende Vagabunden, die über die Stränge geschlagen hatten, zu sehen. Jerome war ein Minencamp und bekannt für ein ausschweifendes Nachtleben wie alle Städte des Gold- und Silberrausches. Männer verprassten ihr hart verdientes Geld für Whiskey, Frauen von fragwürdiger Moral oder beim Faro- und Pokerspiel.

Schürfer, Cowboys, Spieler, alle waren sie unterwegs, sobald die Sonne hinter den Hügeln der Stadt verschwand. Es war eine tägliche Routine: Männer arbeiteten wie die Ochsen während des Tages und verprassten dann ihren Zahltag für Schnaps, Weiber von schlechtem Ruf oder verloren das meiste vom Verdienst wieder an den Spieltischen in den Saloons. Ab und an gönnten sich die Minenarbeiter und Männer von den Viehtrieben ein vernünftiges Steak. Es war jede Nacht dasselbe, und oftmals endete ein Saufgelage im Gefängnis und nicht selten in einer tödlichen Schießerei. DieGier nach Bodenschätzen regierte das Bergbaucamp, und das Klima war rau und gefährlich. Wirklich reich wurden nur die Minenbesitzer und diejenigen, denen ein Saloon oder Bordell gehörte.

Jacob war nicht aus Jerome, sondern verdiente sein tägliches Brot als ein schwer arbeitender Ranch-Angestellter. Er war stolz darauf, die rechte Hand seines Bosses zu sein, und war verantwortlich dafür, dass die Viehtriebe in den Städten des Territoriums von Arizona ankamen, denn das Fleisch der Rinder wurde in den schnell wachsenden Orten des Silberbooms und Goldrausches dringend benötigt. Überall kamen täglich neue Schürfer an, und die wollten genügend zu Essen haben.

DasTeam auf der Ranch mochte den attraktiven, jungen Mann, und der Besitzer schätzte ihn sehr, denn Jacob war ein vorzüglicher Cowboy. Er war Ende dreißig und von schlanker Statur. Die harte Arbeit hatte seinen Körper gestählt, und die Frauen empfanden ihn als attraktiv. Er hatte angenehme Gesichtszüge mit sinnlichen Lippen und großen grau-blauen Augen. Sein lockiges, braunes Haar reichte ihm weit über die Schultern. Seine langen Beine unterstrichen noch seine gut aussehende Figur. Es fiel ihm leicht, den einen oder anderen gefallenen Engel für sich zu gewinnen. Nicht, dass er übertrieben viel Zeit für solche Vergnügungen hatte. DieRanch seines Bosses lief gut, und es mangelte nie an Arbeit.

Dennoch, in jedem Minencamp, wo Jacob mit seinen MännernZwischenstopp machte, rissen sich die Frauen um ihn. Wie viel SpaßJacob mit ihnen dann haben konnte, hing allerdings immer stark vom Status seines Zahltages ab. Er verdiente nicht schlecht, aber bei Weitem nicht so gut wie die Schürfer, wenn sie Gold oder Silber fanden, oder wie sein Boss, der eine große Herde vorzüglicher Rinder sein Eigen nannte.

Jacob war bekannt dafür, ein Händchen für Pferde und auch für die Frauen zu haben. Er wusste, wie er die vierbeinigen Schönheiten zu zähmen hatte und auch, wie man den FrauenVergnügen bereiten konnte, und er war stolz darauf. Bislang war er noch keiner Einzigen begegnet, die sich ihm verweigert hätte.

Heute aber war er zu betrunken, um überhaupt in Erwägung zu ziehen, mit einer Frau ins Bett zu steigen. „Zeit, ins Lager zu gehen und mich in die Decken zu legen“, murmelte er. „Die anderen treiben sich sicher noch in irgendeiner Spelunke in der Stadt rum und versaufen ihren Zaster“, brummte er vor sich hin.

Aber er gönnte ihnen das Vergnügen. Sie würden noch früh genug sich abermals den Strapazen eines Viehtriebs stellen müssen. DieTage waren lang und staubig, und die Nächte waren nicht nur einsam, sondern bargen ihre eigene Gefahr. Viehdiebe machten ihnen zunehmend das Leben schwer, und auch die Apachen, die gefährlichsten aller Krieger im gesamten Südwesten, überfielen die Cowboys mit ihren Herden regelmäßig. Es schien beinahe so, als ob die Apachen die Soldaten zum Narren halten konnten, obwohl diese verstärkte Präsenz im Territorium zeigten, um die Siedler zu schützen, und die Outlaws und Viehdiebe fürchteten weder Gesetz noch Teufel.

Jacob fröstelte, während er langsam auf die Stadtgrenze zulief. DieNächte im Arizona-Territorium waren überraschend kalt, wenn man bedachte, welche Hitze tagsüber in der rauen Gegend herrschte. DerMann war dank seiner Arbeit im Freien bei Wind und Wetter große Temperaturunterschiede zwar gewohnt, aber er hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, um diese Zeit draußen herumzuspazieren, denn er fluchte leise, während er über seine Unterarme rieb, um sie zu wärmen.

„Ich hätte meine Jacke mitbringen sollen. Ich habe einfach nicht erwartet, überhaupt so lange in der Stadt zu bleiben.“ Allerdings war der Whisky ohne Pause geflossen, und der Abend war eine willkommene Abwechslung von den einsamen Tagen und Nächten auf dem staubigen Pfad des Viehtriebs gewesen, und so hatte er sich länger von Saloon zu Saloon herumgetrieben als geplant.

Gänsehaut zeichnete sich auf Jacobs muskulösen Unterarmen ab, und er rollte schnell die Ärmel seines Hemds runter, in der Hoffnung, es würde die beginnende Nachtkälte von seiner Haut fernhalten, zumindest so lange, bis er am wärmenden Lagerfeuer ankommen würde. Er unterdrückte ein Gähnen und schüttelte benommen den Kopf.

DerCowboy ließ müde die Schultern hängen und schwenkte kurzerhand zur Abkürzung querfeldein rüber, anstatt der längeren, sich windenden Straße aus der Stadt hinaus zu ihrem Lager am Fuß des Hügels zu folgen. Offensichtlich machte es ihm nichts aus, dass er dafür über den Friedhof gehen musste, denn er betrat das Feld mit den Gräbern, ohne zu zögern.

Jacob war nicht als abergläubisch bekannt, und man behauptete von ihm, dass er so gut wie nichts im Leben fürchtete. Tatsächlich war er bei seinen Freunden als ein harter Bursche verschrien, der sogar mit bloßen Händen einen Puma bekämpft hatte, um ein Kalb vor der Wildkatze zu retten. DieNarben, die das wilde Tier während des Kampfes an JacobsOberkörper hinterlassen hatte, trugen noch zusätzlich zu seinem verwegenen Aussehen bei. Jacob war definitiv ein ganzer Kerl, den Mut und Arbeitsmoral auszeichneten. Deshalb war er auch Vormann geworden, und sein Boss schätzte ihn wie einen eigenen Sohn.

* * *

Die kühle Nachtluft half ihm dabei, bis zu einem gewissen Grad nüchtern zu werden. SeineSchritte waren nun weniger stolpernd. Als er um die Ecke bog, sah er die ersten Grabkreuze, die wie stumme Zeugen vergangener Leben im blassen Mondlicht standen.

„Ich frage mich, welche Schicksale und Geschichten hinter den Grabmalen in den Pionierstädten stehen. Woher kamen die Leute? Was hatten sie wohl für Träume?“, murmelte er vor sich hin, während er weiterging und über den einen oder anderen Stein stolperte. Es war bekannt, dass mehr Menschen in den kleinen Pionierorten starben als in den großen Städten an der Ostküste. Viele wurden erschossen, andere wiederum starben an Krankheiten wie Pocken, Cholera oder Tuberkulose. Frauen von fragwürdigem Ruf nahmen sich oft das Leben mit einer ÜberdosisLaudanum oder Gift, andere wurden von einem brutalen Liebhaber erstochen. DieMänner, die während ihres Knochenjobs unter Tage nach Silber, Gold oder Kupfer gruben, atmeten mit dem Staub den langsamen Tod ein. Nein, das Leben war nicht einfach hier im Arizona-Territorium, und der Tod lauerte hinter so mancher Ecke.

Dennoch kamen mehr und mehr Menschen in dieses Gebiet, getrieben von der Hoffnung auf ein besseres Leben und Reichtum durch Bodenschätze. Wenige hatten wirklich Glück und machten ein Vermögen. Zahlreiche junge Minenarbeiter verloren das meiste wieder und am Ende sogar ihr Leben. SeinBoss hatte es schlauer angestellt. Es war sicher verdientes Geld, diese Glücksritter mit Fleisch zu versorgen, als selbst nach Reichtum zu buddeln.

Jacob schüttelte den Kopf gegen die dunklen Gedanken und konzentrierte sich auf den schmalen Pfad, der kaum im blassen Mondlicht erkennbar war. Da hörte er plötzlich eine Stimme, die aus dem Nichts zu kommen schien.

„Jacob, wohin gehst du? Warum gönnst du mir nicht das Vergnügen deiner Gesellschaft und bleibst noch ein bisschen bei mir?

---ENDE DER LESEPROBE---