Luisas Abenteuer - Carola Wegerle - E-Book

Luisas Abenteuer E-Book

Carola Wegerle

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Auch im zweiten Band ist Luisa zwischen Pferd und Theater hin- und hergerissen. Sie kämpft um Racker, verliert ihn und findet ihn schließlich wieder. Doch das Tier ist verletzt. Kann sie es durch ihre Liebe zu ihm heilen? Für das Theater hat sie jetzt natürlich keine Zeit. Aber dann springt sie doch für einen Jungen ein, als Ursula sie darum bittet. Sie wird singen! In einem Musical. Die neuen Kollegen sind aufregend. Vor allem Kevin, der wie ein Surfer aussieht. Alles gerät mal wieder vollkommen durcheinander in Luisas Leben. Und sie ist froh, dass es Verena gibt. Und Daniel. Aber vor allem ihr Pferd!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 138

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Luisas Abenteuer

Carola Wegerle

Impressum

© 2020 Carola Wegerle

ISBN: 978-3-95616-505-4

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Covergestaltung: Karin Taupert

Carola Wegerle, Tsingtauer Straße 71, 81827 Münchenwww.Autorin-Carola-Wegerle.de

Inhalt

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

25

26

27

28

29

30

1

Die Bremsen kreischen. Luisas Schulter prallt hart an die Bordwand. Verzweifelt sucht sie Halt - an Rackers Hinterbein. Er schlägt aus. Wenn ein Pferd denken kann, dann kann Luisas Fuchs das in diesem Moment überhaupt nicht. Der Wallach ist im Stress. Er schwitzt. Er schnaubt. Er hämmert mit den Hufen gegen sein Gefängnis aus Stahl. In einem Pferdehänger ist er noch nie gereist. Immer haben ihn seine vier Beine genau in die Richtung getragen, in die er wollte. In die er wollte. Nicht irgendwelche Gummireifen unter ihm. Oder ein beknackter Autofahrer in der Blechkiste vor ihnen. Hafer haben sie ihm vor die Füße gelegt – als ob er in dieser Konservenbüchse, in die sie ihn gesteckt haben, etwas essen könnte! Wieso lässt Luisa das zu? Ach so, ja, das arme Mädchen haben sie wohl auch eingefangen und in diese wacklige Schachtel gesteckt.

Beruhigend klopft Luisa ihrem Pferd ans Bein. Sie ist nach ihrem Sturz auf allen Vieren gelandet – direkt unter Rackers nervösen Hufen. Sie weiß, dass er im Moment nicht klar denken kann, und presst sich an die Seitenwand – gerade rechtzeitig, um dem Platscher zu entgehen, der Racker vor Aufregung aus dem Hintern fällt. So gern Luisa sonst Pferdemist riecht, jetzt wird ihr richtig schlecht von dem Geruch. Der Fladen stinkt nach Stress, einfach nicht gesund. Warum tut man einem Pferd so etwas an? Luisa macht sich ganz klein. Wenn sie daran denkt, wie lange sie unterwegs sein werden, wird ihr noch schlechter.

Ihre Jacke. Ihre Jacke! Mühsam zieht sie sich an der Bordwand hoch, krallt sich in Rackers Mähne. Sie hat kein Telefon. Ihr nagelneues, pechschwarzes iPhone! Es steckt in ihrer Jackentasche. Jacke und Telefon lässt sie immer im Vorraum zurück, wie alle in Herrn Hausers Reitstall, denn ein einziger Klingelton könnte leicht eine Stampede auslösen. Stampede ... Durchbrennen, ausbrechen, einfach losgaloppieren querfeldein, das hatte sie mit Racker vorgehabt, und dann war ihr Bus ausgefallen, und als sie atemlos beim Reitstall ankam, hatten sie Racker schon gefesselt, den lieben Racker, der nur freundliche Menschen kannte, neugierig auch auf Unbekannte lostrabte und sich von ihnen den Hals streicheln ließ.

Mit zwei überlangen Peitschen versperrte ihm ein Typ, den Luisa noch nie gesehen hatte, den Fluchtweg zurück, und ein zweiter, auch niemand aus dem Reitstall, trieb ihn mit einer dritten Peitsche auf die Rampe und in den Pferdehänger. Klappe hoch – und Racker war gefangen.

Warum war Daniel nicht da? Er musste doch hören, wenn ein Pferd auf seinem Hof in höchster Not wiehert? - Daniel ist doch in Amerika. Luisa war so verwirrt, dass sie durcheinander dachte. Sein Stipendium ..., aber - Herr Hauser, sein Vater? Der stämmige Mann, der allzu gern losbrüllte und dann einen roten Kopf bekam, war nun nicht gerade Luisas besonderer Freund. Aber seine Pferde liebte er. Wahrscheinlich mehr als die Menschen. Wie seine Frau das mit ihm aushält? Sie malt Aquarelle; das hat ihr Daniel erzählt, und wenn sie nicht das Büro organisierte, wäre der Reitstall schon längst pleite. So ein zartes Pflänzchen scheint sie wohl nicht zu sein. Sie wird ihren Roland schon irgendwie gezähmt haben. Die Pferde, die am schnellsten Ausschlagen und am lautesten wiehern, sind im Grunde ja die besonders ängstlichen. Luisa musste grinsen. Also, besonders ängstlich wirkte Herr Hauser nicht auf sie.

Racker wieherte wie am Spieß. Er versuchte, sich aufzubäumen, schlug sich den Kopf an, wieherte noch lauter, schnaubte, wieherte, trommelte mit den Hinterhufen an die Innenwand des Pferdehängers. Wow, sagte der eine, der das Seil aufrollte, der hat Feuer im Arsch, und der Typ mit den zwei langen Peitschen – wie im Zirkus bei der Löwendressur, dachte Luisa – ließ schnell und sehr entschlossen die Stahlgriffe an den Halterungen einschnappen, die die hintere Bordwand mit den Seitenteilen verbinden. Peitschen und Seil verstauten sie im Kofferraum ihres grauen SUV, der bereits solide mit dem Anhänger verbunden war. Das war der Augenblick, in dem Luisas Denken sich nur noch darauf beschränkte, wie sie ungesehen zu Racker klettern könnte. Zum Glück hatten sie die Plane noch nicht festgemacht. Luisa sprang und bekam beim dritten Versuch den oberen Rand der Heckwand zu fassen. Klimmzüge waren nicht ihre Stärke. Aber in diesem Augenblick war sie so entschlossen, ins Innere des Hängers zu gelangen, zu Racker, dass ihre Muskeln eine Kraft entwickelten, die sie noch nicht kannte. Sie zog sich an der halbhohen Wand hoch. Ein Seil ist schnell in einem Kofferraum verstaut, und Schritte knirschten auf dem Kies. Luisa schwang sich nicht gerade elegant, aber dafür sehr zügig über die Rückwand und landete links von Rackers Hinterbeinen im Stroh, das die Entführer in den Hänger gelegt hatten. Racker wendete den Kopf und verschluckte das helle Wiehern, zu dem er gerade angesetzt hatte. Mühsam hangelte sie sich an der Seitenwand hoch und streichelte ihm beruhigend den Nacken.

„Hat er schon von dem Valiumwasser getrunken?“, fragte der eine Typ den zweiten. „Das ging aber schnell!“ Sein Kopf erschien im hellen Viereck über der Heckwand und tauchte das Innere ins Dunkel. Das rettete Luisa, die sich blitzschnell, aber nicht schnell genug, um nicht entdeckt zu werden, auf den Boden dicht an der hinteren Bordwand fallen ließ. Der Kopf verschwand, und an seiner Stelle verdunkelte jetzt die Plane das Innere, das Luisa und Racker einschloss.

„Na, hoffentlich bleibt das so. Acht Stunden sind wir bestimmt unterwegs.“ „Kommt auf den Verkehr an, ist ‘ne staureiche Strecke“, brummte der zweite. „Also los!“

Zwei Autotüren knallten, und - Luisa fiel um, genau zwischen Rackers Hinterbeine. Das war schon ein ordentlicher Ruck, mit dem sie nicht gerechnet hatte. Mühsam rappelte sie sich hoch. Sie würde sich daran gewöhnen müssen, denn bei Stop and Go auf der Autobahn gibt es viele Rucks, schoss es ihr durch den Kopf. Vorsichtshalber blieb sie auf den Knien.

2

Und jetzt ist das Stroh nass, und es stinkt. Es ist dunkel geworden, und Luisa friert. Ihre Jacke fehlt ihr, und ihr Telefon vermisst sie so sehr, dass es weh tut. Von Daniel bekommt sie abends immer eine oder zwei oder drei oder ... SMS, daran hat sie sich schon gewöhnt. Sie sind wie ein Gutenachtkuss, danach fühlt sie sich eingewickelt in Wärme und schläft wunderbar ein. Ob er sich danach auch so gut fühlt? Und mit leichten Beinen in den Tag startet? Für ihn ist ja dann früher Morgen.

„Was denkt er wohl, wenn ich nicht antworte?“, fragt sie sich. „Ob er sich Sorgen macht?“ Sie zieht die Nase kraus. Musste man sich Sorgen um sie machen? Bei Racker kann ihr ja eigentlich nichts geschehen. Aber ihre Eltern ... Oh Gott. Acht Stunden Fahrt durch die Nacht, die drehen vollkommen durch. Die geben eine Vermisstenanzeige auf und lassen mich suchen. Was hat sie sich eigentlich dabei gedacht, einfach in den Hänger zu springen? Sie muss dringend auf die Toilette. Ihr ist kalt – die Plane schützt sie kaum vor der frostigen Nachtluft. Was wird sie erwarten, wenn sie ankommen?

Rackers Besitzer. Er wollte sein Pferd zu sich holen, denn er hat ein Gestüt gekauft, bei den Deichen, ein gute Pferdegegend, schrieb Daniel. Da wären viele Pferde, Racker würde es gefallen. Aber Racker war doch ihr Pferd! Racker war ihr Freund. Sie konnte ihm immer alles erzählen. Er hörte ihr zu, und seine sanften Augen verstanden alles. Daniel konnte sie auch viel erzählen, aber nicht alles. So lange war er noch nicht ihr Freund. Racker schon. Und der Fuchs brauchte sie. Er war so viel allein, weil sein Besitzer keine Zeit für ihn hatte. Ob er jetzt Zeit für ihn hatte? Und ihn zwischen den Ohren kraulte, wie Racker das mochte? Was ist das eigentlich für ein Mensch, fragt sie sich.

„Ein Schnösel“, meinte Daniel, „aber er zahlt gut für Rackers Pflege.“

„Ein reicher Fatzke“, hatte sie Herrn Hauser zu jemandem sagen hören, „aber er hat Pferdeverstand. Der Quarter ist ein gutes Pferd.“

„Mir tut Racker leid“, hatte Daniel mal gesagt, „dass er so einem Idioten gehört. Der kommt, wann er will, immer nur am Wochenende, und unter der Woche überlässt er das Pferd einfach uns.“

Luisa stellt ihn sich immer als Vampir vor, in Schwarz-Weiß, geschniegelt und mit blitzenden Zähnen. Den Zähnen. Armer Racker! Wie muss er sich fühlen, wenn dieses Scheusal auf ihm sitzt und er machen muss, was der Vampir will. Sicher setzt er ungeniert seine Gerte ein, wenn der Fuchs eine andere Vorstellung davon hat, wie man über eine sumpfige Wiese läuft. Oder einen steinigen Abhang hinunter.

Mit dem möchte ich nichts zu tun haben, denkt Luisa. Ich springe einfach raus, wenn wir angekommen sind – gut, dass es dunkel ist! – und verstecke mich und passe auf, wo sie Racker hinbringen. Und dann mache ich das, was ich schon in Herrn Hausers Reitstall vorhatte: Ich befreie mein Pferd und – auf und davon!

Eine leise, aber ziemlich aufdringliche Stimme, die aus ihrem Magen zu kommen scheint, fragt: „Wohin eigentlich? Und ohne Geld? Und ohne Jacke und Telefon?“ Aber Luisa drückt die Stimme weg, als drücke sie am Telefon einen lästigen Anrufer weg. „Ich lasse Racker nicht im Stich“, tönt sie, aus der Herzgegend jetzt, „und befreie ihn für immer von diesem ekligen Vampir.“

Wieder ein Ruck, dieses Mal recht sanft. Der Wagen kommt zum Stehen. Luisa spitzt die Ohren. Zwei Autotüren werden zugeworfen. Vorsichtig reckt Luisa den Hals über den Rahmen. Sie hebt die Plane ein wenig an. Viel kann sie nicht erkennen, denn es ist dunkel geworden. Doch, da sind sie. Die zwei SUV-Fahrer gehen zügig die Treppen zu einer Raststätte hinauf. Luisas fummelt ungeduldig an den Schlingen der Plane. Sie muss jetzt raus hier, sie muss einfach! Noch einmal versucht sie, sich mit aller Kraft, die sie eigentlich gar nicht mehr hat, an der hinteren Bordwand hochzuziehen, um wenigstens ein Bein darüber zu bekommen. Sie stöhnt und flucht und reißt sich die Hände auf. Ihr Bein schmerzt.

Schließlich schafft sie es. Sie springt vom Hänger. „Schschsch“, macht sie zu Racker, der die Ohren spitzt und ängstlich schaut, ob Luisa ihn jetzt allein lässt.

„Ich komm‘ gleich wieder!“, flüstert sie, und drückt sich schnell ins Gebüsch. Ebenfalls zur Toilette zu gehen, denn dorthin wollten die beiden Männer nach so vielen Stunden im Auto mit Sicherheit, wäre zu riskant gewesen, auch wenn die beiden Luisa ja noch nie gesehen hatten. Außerdem ist ihr Geld in ihrer Jacke, und wo die ist, wissen wir ja, mindestens vier Stunden Autobahn von ihr entfernt. Und außerdem – sie muss so dringend wie noch nie in ihrem Leben. Und ist sehr froh über das Gebüsch und die Dunkelheit. Das ist echt peinlich, das Ganze, denkt sie.

Nur - jetzt muss sie irgendwie wieder zurück zu ihrem Pferd. Vor vier Stunden war die Plane noch nicht da, und ihre Hände waren auch noch warm. Sie rutscht ab, wieder und wieder. Neben dem SUV mit dem Pferdehänger parkt ein Van ein. Luisa flüchtet in das kratzige Grün, das erfolglos versucht, den Parkplatz zu einem Wohlfühlort zu machen. Sie strauchelt, als sie sich tiefer in die Sträucher drücken will, während zwei Frauen aus dem Lieferwagen steigen, und fällt über etwas Hartes. Tastend erkennt Luisa, dass es eine Getränkekiste ist, die wohl jemand vergessen hat.

Sie unterdrückt den Fluch, den sie gern gebrüllt hätte. Wütend reibt sie ihre schmerzenden Rippen und das Knie. Doch dann erstarrt se. Rackers Entführer tauchen im Licht der Glastür auf, vor der Stufen zur Raststätte führen. Mit fliegenden Händen reißt sie die Flaschen aus der Kiste, zum Glück sind es nur fünf, schnappt sich den Getränkekasten und knallt ihn vor die Rückwand des Hängers. Als würde sie vor einem zähnefletschenden Dobermann verfolgt, erklimmt sie die Bordwand des Hängers, hinter der Racker aufgeregt schnaubt, und lässt sich fallen. Hastig schiebt sie die schwarzen Gummischlaufen über ihre Nippel. Die Plane ist wieder fest gespannt.

Die Kiste fällt dem Mann, der kurz einen Blick auf Plane und Hänger wirft, zum Glück nicht auf, und keine Minute darauf geht es weiter, Stunde um Stunde um Stunde. Luisa hat sich fest an Racker gepresst, von dessen dünnen Beinen sie ein bisschen Wärme abbekommt. Und es ist tröstlich, ihr Pferd im Arm zu haben. Also eine Fessel davon. Und ihr Pferd ist es ja auch nicht. Aber sie liebt Racker doch, und sie reitet ihn und striegelt ihn dreimal die Woche, und sie will ihn nie mehr vernachlässigen, wie sie das letztes Jahr getan hat, drei Wochen lang, als das Theater - und Leonard - für sie viel wichtiger waren. Wie konnte mir etwas wichtiger als Racker sein? Tränen stürzen aus ihren Augen, und sie staunt darüber, wie sehr es sie dabei schüttelt. Der Fuchs schnaubt lange und sanft.

Zum ersten Mal kann sie weinen, seit … Vor einer Woche erfuhr sie von Herrn Hauser, dass Rackers Besitzer ihn nach Norddeutschland holen wollte. Sie hat ihn nur angestarrt, den Herrn Hauser, dem das ein wenig peinlich war, denn er drehte sich schnell um und gab einem Pferdepfleger markige Anweisungen. Sie hoffte, dass es noch lange dauern würde, bis sie sich von Racker trennen musste. Den Gedanken mochte sie nicht. Sie stellte Sperren in ihrem Kopf auf, wenn er auftauchte.

3

„Nein, nicht!“, schreit Luisa, und „Nein, nicht!“, ruft aufgeregt ein Mann.

Luisas richtet sich auf, und beide blicken sich erstaunt an. Darüber, dass sie so unerwartete Verstärkung bekommen haben. Ich muss eingedöst sein, wie blöd bin ich denn, so kurz vor dem Ziel, denkt sie. Wieso hat sie den letzten Ruck auf dieser verrückten Fahrt nicht mitbekommen? Erst, als einer der zwei Pferdeentführer die Halterungen löste, ein hässliches Metallgeräusch, brutal, und Racker mit seiner Peitsche überreden wollte auszusteigen, wurde sie wach. Kein Wunder, Racker wiehert, was seine Lungen hergeben, und tänzelt in dem engen Viereck, das ihn gefangen hält, als wolle er Samba tanzen. Und plötzlich kommt ein Mann angerannt, der das Gleiche will wie Luisa: den Mann mit der Peitsche ganz entschieden daran hindern, sie einzusetzen. Um ungesehen zu verschwinden, ist es jetzt zu spät, so viel ist Luisa klar, und für eine Begrüßung bleibt keine Zeit: Racker ist wieder so im Stress, dass er klatschnass ist. Der Mann stößt den Peitschentyp energisch weg und tätschelt beruhigend Rackers rechten Hinterschenkel. Luisa klammert sich an sein linkes Vorderbein. Sie bekommt sein Halfter zu fassen.

„Ruhig, ruhig“, sagen beide – eine hohe und eine tiefe Stimme, die Racker zu Luisas Erstaunen beide kennt, denn seine Ohren signalisieren deutlich, dass ihm der Klang vertraut ist. Sehr sicher wirkt der Mann, als er Racker behutsam über die Rampe auf weichen Boden führt. Luisa hilft aus dem Hänger nach.

Das „Ruhig, ruhig“ der beiden scheint Racker tatsächlich zu besänftigen. Doch kaum ist er unten, dreht sich ihr braver Wallach unvermittelt um und trommelt wütend mit den Hinterhufen an den Hänger. Schnell greift der Mann nach dem Halfter.

„Komm, mein Großer, jetzt zeig‘ ich dir erst einmal deine Box. Dort kannst du dich ein bisschen ausruhen.“ Racker schnaubt. Er schüttelt den Kopf. Dann guckt er Luisa an. Sie legt ihm die Hand an den Hals, tätschelt ihn.

„Ich glaube, eine Box ist gut, Racker. Dort reibe ich dich als erstes ab. – Ähm, ich meine, ich wollte ...“ Unsicher blickt sie den Mann an. Der lacht. Und schüttelt den Kopf.

„Sag mal, frierst du nicht ohne Jacke?“ Luisa zuckt mit den Schultern. Aber ihr ist klar, dass er sieht, wie sie vor Kälte schlottert. „Schon.“

Der Mann nimmt einem anderen, der aus einem dunklen Gebäude kommt, eine Abschwitzdecke ab und wirft sie Racker über.

„Jan, da drin hängt doch noch die alte Jacke von Lena.“ Jan guckt irritiert zu Luisa, nickt und verschwindet wieder im Haus.

Der Mann steuert auf ein flaches Gebäude zu, Racker führt er fest am Halfter. Luisa trabt auf der anderen Seite ihres Fuchses mit. Egal, wie merkwürdig diese Situation ist, sie lässt das verwirrte Pferd jetzt nicht allein.

„Sören“, ruft er ihr über Rackers flatternde Mähne hinweg zu. Der Wind ist heftig. Und sehr kalt, und er riecht nach Meer. Salzig. Aufregend. Anders als der Wind, den sie kennt. Und so, dass er einen wegpusten könnte.

„Luisa!“, ruft sie zurück.