Lulu in einer anderen Welt - Cornelia Giese - E-Book

Lulu in einer anderen Welt E-Book

Cornelia Giese

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Beschreibung

"Der Autorin ist es mit ihren Geschichten gelungen, auf spannende und ergreifende, lustige und nachdenkliche Weise verschiedene Aspekte und Probleme unserer Gesellschaft kindgerecht darzustellen. Hierbei geht es um Themen der Integration ausländischer Kinder, um Liebe und Freundschaft, um Haben und Sein, um Verzichten und Verschenken, um Sekten und ihre freiheitsberaubenden Strategien, kurz, es geht um ethische Fragen, an die die Autorin behutsam und verständlich heranführt. Ein Buch für Schule und Elternhaus, für Freizeitpädagogik und kirchlichen Unterricht, das den inhaltlichen Themenschwerpunkt angibt, für den sich die Geschichte besonders gut eignet. Die Texte sind insgesamt sehr einfühlsam geschrieben und machen das Lesen und Vorlesen zur Freude." Dr. Christa Mulack

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Seitenzahl: 75

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Für meine Mutter, meinen Vater und für Christa

Inhalt

Russland ist so weit weg

Die Geschichte erzählt von einem kleinen Jungen, dessen Eltern vor kurzem hier nach Deutschland ausgesiedelt sind und der nun, weil er noch kein Deutsch spricht, von anderen Kindern gehänselt wird. Er gerät zunehmend in die Isolation. Enttäuscht und im Stich gelassen reagiert er bald aggressiv auf seine Umwelt. In dieser Situation lernt er Sandra kennen. Sie versteht es trotz der Sprachbarriere, auf ihn einzugehen und ihm Zuwendung zu schenken. Doch ihr Zusammensein soll nur von kurzer Dauer sein.

Es ist eine Geschichte, die Mut macht, in aussichtslosen Situationen Hoffnung weckt und von einer Kinderfreundschaft erzählt, die ohne Sprache auskommt, da Gefühle mehr sind als Worte.

Themenschwerpunkte:

Umgang mit dem Fremden und Anderem

Umgang mit Außenseitern

Mut machen und Hoffnung schöpfen

Einander Wert schätzen

Nächstenliebe: Wer ist mein/e Nächste/r

Die Bedeutsamkeit des Zuhörens und Einfühlens

Die Verständigung der Gefühle

Übung zur Toleranz

Das Leben nach dem Tod

Hilfe durch Verstorbene

Lulu in einer anderen Welt

In dieser Geschichte geht es um eine Hündin (Lulu), die die Welt der Menschen aus ihrer Hundeperspektive erlebt und beschreibt. Aus dieser bekommen wir auch eine ganz andere Sichtweise unserer Wertigkeit für die Dinge und Menschen vermittelt. Doch leider kommt Lulu bei einem Autounfall ums Leben.

Themenschwerpunkte:

Sinnfindung im Leben

Wertefragen

Leben nach dem Tod

Freundschaft und Tierliebe

Die Häsin und der Igel bei den Barbars

Hier geht es um das Vorgehen und die Motive von Sekten im Allgemeinen. Mit dieser Fabel für jüngere Kinder (ab 6/7 Jahre) werden sie bereits früh für diese Problematik sensibilisiert. Sie erkennen, dass in Sekten mit Lügen hantiert wird. Sie durchschauen, dass Worte wie z. B. die Begriffe der Wahrheit oder der Freiheit unterschiedlich benutzt werden. Und sie lernen, dass Sekten mit unterschiedlichen Mitteln ihre Mitglieder an sich zu binden versuchen. Drei Merkmale gefährlicher Sekten werden ihnen auf diese Weise vermittelt.

Themenschwerpunkte:

Manipulation zu bestimmten Zielen

Beschränkung der persönlichen Freiheit und der Persönlichkeitsrechte

Zwang, die Gruppe nicht verlassen zu dürfen

Hamster Heribert

Die Fabel »Hamster Heribert« zeigt auf, wie sehr sich Menschen in ihre Leidenschaft, in diesem Fall die Sammelleidenschaft, verstricken können. Sie ist Ersatz für Liebe und Freundschaft, die Menschen so häufig vermissen. In dieser Situation trifft der Hamster Heribert Quendoline. Durch sie lernt er die wahren Werte des Lebens kennen.

Themenschwerpunkte:

Freundschaft, Liebe

Werte: Was ist im Leben wirklich wichtig?

Materialismus, Beherrschung durch den Mammon

Verzicht: Alles hat seinen Preis

Opferung: Tote Dinge für eine lebendige Freundschaft

Das Geschenk der Urgroßmutter

Angelehnt an die Ringparabel aus »Nathan der Weise« von Gotthold Ephraim Lessing wird den Kindern hier versucht zu vermitteln, wie wichtig der Glaube ist und dass dieser Glaube Berge versetzen kann. In diesem Fall ist es der Glaube, dass die Brosche ihre Trägerin weise und klug machen kann.

Themenschwerpunkte:

Eigene Fehler und Schwächen kennen

-

und reflektieren lernen

Änderung durch Selbstsuggestion

Der Glaube bewirkt Veränderung

Gerechtigkeit/Erbschaft und Vermögen

Opfer zweier Liebender

In dieser Geschichte geht es um zwei junge Liebende, die in ärmlichen Verhältnissen leben. Sie haben kein Geld, dem geliebten Menschen zu Weihnachten einen materiellen Wunsch zu erfüllen. Doch unternehmen sie alle Anstrengungen und opfern letztlich etwas von sich selbst, was ihnen persönlich ans Herz gewachsen ist, für ihre gemeinsame Liebe.

Themenschwerpunkte:

Vorbedingungen für Liebe und Partnerschaft

Ausdruck der Liebe: Verzichtbereitschaft, Anpassung, Kompromisse schließen lernen

Egoismus contra Altruismus

Weihnachten, Fest der Liebe

Kinderkommentare

Russland ist so weit weg

»Tatütata, tatütata.«

Lärmend ratterte Thomas mit seinem Traktor auf dem Bürgersteig hin und her und her und hin.

»Tatütata, tatütata.«

»So gib doch endlich Ruhe«, schrie Frau Maier von nebenan. »Dieser Lärm ist ja nicht auszuhalten.«

Doch Thomas fuhr unbeeindruckt weiter, und seine Räder aus Plastik schepperten laut über den Bürgersteig.

»Tatütata, tatütata.«

Thomas hatte stets ein von Dreck verschmiertes Gesicht, blonde struppige Haare, große blaue Augen und ein schüchternes Lächeln. Gerne hätte er mit anderen Kindern gespielt, doch die hatten schnell genug von ihm. Denn Thomas sprach kein Deutsch. Wenn er einmal etwas sagte, verstanden ihn die anderen Kinder nicht. Thomas konnte nur Russisch reden. Seine Eltern waren vor einem Jahr von Russland nach Deutschland ausgesiedelt.

Sein Vater arbeitete hier in einer Fabrik und machte Autositze. Seine Mutter kümmerte sich von morgens bis abends um seine jüngeren Brüder, die Zwillinge Andreas und Tobias. Sie hatte keine Zeit für Thomas und war froh, wenn er draußen spielte. Für einen Kindergartenplatz fehlte der russischen Familie das Geld. So saß Thomas jeden Morgen auf seinem Traktor und ratterte die Straße entlang, hin und her und her und hin.

»Tatütata, tatütata.«

Mittags, wenn die Nachbarskinder aus der Schule und die Kleineren aus dem Kindergarten kamen, fielen sie in sein Rufen ein:

»Tatütata, tatütata.«

Die größeren Kinder überholten ihn mit ihren Fahrrädern, andere, frechere, versuchten, ihn von seinem Traktor zu schubsen und ihn zu ärgern. Doch Thomas lernte schnell, sich zur Wehr zu setzen. Jeden, der seinem Traktor zu nahekam, boxte er weg oder schlug auf ihn ein.

Das war sicherlich auch ein Grund dafür, warum die Eltern aus der Nachbarschaft ihren Kindern verboten, mit Thomas zu spielen.

Manchmal, wenn ihm langweilig war, und das kam häufig vor, ging Thomas auch in fremde Gärten, riss dort Pflanzen aus und machte sich auf die Suche nach Vogelnestern, die er dann wie wild auseinanderpflückte, um zu sehen, woraus sie gemacht sind. Nicht selten zerbrachen dabei die Vogeleier, oder die frisch geschlüpften Jungen fielen zu Boden. Thomas nahm sie dann auf und steckte sie unter sein Hemd. Doch die Kleinen waren natürlich ohne ihre Mutter verloren.

Eines Tages, Thomas thronte wie jeden Morgen auf seinem Traktor, kam ein älteres Mädchen von ungefähr neun Jahren auf dem Weg zur Schule an ihm vorbei. Sie schien neu zugezogen zu sein, denn sie sprach ihn auf Deutsch an: »Na, wohl auch auf dem Weg in die Schule, wie?«

Thomas hielt verblüfft inne, da es nicht mehr oft vorkam, dass er angesprochen wurde. Er musterte die Fremde misstrauisch.

Dann verzog sich sein Gesicht zu einem schüchternen Lächeln, denn in der Stimme des Mädchens hatte er nichts Feindseliges wahrgenommen. Verlegen senkte er den Kopf und starrte auf sein Lenkrad. Das Mädchen war hübsch. Sie trug ihre braunen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und ihr langer, drahtiger Körper mit den dünnen staksigen Beinen wirkte etwas schlaksig.

Dann antwortete er auf Russisch: »Guten Morgen, ich heiße Thomas. Und wie heißt du?«

»Dobroje Utro, menja sowut Thomas. Kak sowut tebija?«

»Wie? Nichts verstanden, du kommst wohl nicht von hier?«, sagte das Mädchen.

Thomas hob hilflos die Schultern und raste auch schon mit seinem Traktor davon, bevor das Mädchen noch etwas erwidern konnte.

»Tatütata, tatütata.«

Sandra bog in die nächste Straße ein, dort lag ihre Schule. Ihre Mitschülerinnen standen bereits vor der Eingangstür, denn es hatte schon geschellt.

Sandra hatte einen schweren Schultag vor sich. Heute würden sie eine Rechenarbeit schreiben, und sie hatte das Gefühl, die Aufgaben noch nicht zu beherrschen. Außerdem hatte sie Angst, Dominik zu begegnen, weil die KlassenkameradInnen sie immer mit ihm aufzogen. Sie sagten, sie sei in ihn verliebt. Und das Schlimmste war, sie hatten Recht. Doch als alle auf ihren Plätzen saßen, stellte sie erleichtert fest, dass Dominiks Platz leer blieb. »Entweder ist er krank, oder er hat nicht genügend für die Rechenarbeit gelernt«, dachte Sandra. Mit feierlicher Miene verteilte Frau Schmitz das Aufgabenblatt und sorgte dafür, dass nichts mehr auf den Bänken lag. Die Schülerinnen und Schüler saßen jetzt mucksmäuschenstill auf ihren Plätzen. Alle brüteten über ihrer Arbeit.

Als es dann endlich zur Pause klingelte, liefen die Kinder mit lautem Getöse aus dem Klassenzimmer; die Anspannung fiel von ihnen ab.

Sandra trat auf den Schulhof und sah in einer Ecke eine Ansammlung von Schülern. Dort musste etwas passiert sein. Sie zwängte sich durch die Menge. Da erkannte sie den kleinen Thomas, der sich mit einem Erstklässler prügelte. Die anderen feuerten ihren Mitschüler an. Thomas blutete schon am Kinn, als sie dazwischenkam und schrie: »Lass ihn los, was fällt Dir ein, ich kenne ihn, lass ihn los! Du bist ganz schön feige, dich an einem Jüngeren zu vergreifen, der noch nicht mal in die Schule geht.«

Sandra, die den Erstklässler um einen ganzen Kopf überragte, hielt jetzt links den Jungen ihrer Schule am Kragen und rechts Thomas.

»Der da hat angefangen, dieser Ausländer«, schrie der Erstklässler empört. »Dabei wollte ich nur mal auf seinem Traktor fahren, und sofort hat er mich geschlagen.«

Thomas befreite sich aus ihrem Griff, hob heulend seinen Traktor auf, setzte sich darauf und fuhr davon.

Mittags sah Sandra ihn schon von weitem, als sie durch seine Straße nach Hause ging. Diesmal schien er auf sie gewartet zu haben. Er hielt mit seinen kleinen schmutzigen Fingern drei Margeritenblümchen in der Hand und strampelte mit seinem Traktor wie wild auf sie zu.