M.A.D.I.L. - K. J. Ellinger - E-Book

M.A.D.I.L. E-Book

K. J. Ellinger

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Im niederländischen Venlo wird der leblose Körper eines Mädchens kopfüber an einem Baum hängend aufgefunden. Spur Nummer zwei am Tatort führt die Ermittler nach Nordrhein-Westfalen. Zeitgleich bitten die Kollegen aus dem Nachbarland das KK 11 Dortmund und ein OFA-Team des LKA um Hilfe. Weder Fallanalytiker Lukas Marsollek, noch sein bester Freund Aki, hatten damit gerechnet, sich je wieder mit diesen Abgründen auseinandersetzen zu müssen. Parallel dazu tauchen kryptische Notizen im und um das LKA auf. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die beiden Ermittler ein perfektes Leben. Kurz danach beginnt Ihr schlimmster Albtraum...

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Seitenzahl: 481

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K. J. Ellinger

M.A.D.I.L.

VorwortLiebe Leserinnen und Leser,

hiermit möchte ich Sie fairerweise darauf aufmerksam machen, dass nicht alle in diesem Buch begonnenen Handlungsstränge auch final in diesem enden. Eine Thematik wird erst im nächsten Teil der Pentalogie aufgelöst werden. Wer mehr zu den Hintergründen dazu und weiteren Themen, die mich als Autorin beschäftigen, erfahren möchte, kann gerne auf meiner Homepage die Beiträge dazu lesen. Ich freue mich auf Ihren Besuch in meiner virtuellen Autoren-Kemenate!

Generelles

Meine Bücher sind durchweg fiktional. Gibt es Figuren, welchen echte Menschen als Vorbilder dienten, so habe ich im Vorhinein deren Einverständnis eingeholt! Die Schauplätze hingegen sind real. Auch hier habe ich in notwendigen Fällen die Erlaubnis der Verantwortlichen erfragt. Alle weiteren Inhalte, Personen und Namen sind frei von mir erfunden. Sollte es hier Überschneidungen geben, ist das Zufall.

Sämtliche Inhalte und Texte sind urheberrechtlich geschützt. Das Urheberrecht liegt, soweit nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet bei mir - K. J. Ellinger.

Content-Note: Wenn Sie möchten, können Sie sich auf Seite 378 die Contentwarnungen vorab durchlesen. Diese sind mit Absicht hinten im Buch platziert, damit das jeder für sich selbst entscheiden kann.

K. J. ELLINGER

M.A.D.I.L.

Marsolleks Morde

Band 3

Kriminalroman

Impressum

1. Auflage

Texte: © 2023 / 2024 Copyright by K. J. Ellinger

Covergestaltung: © 2024 Copyright by M. Hoffmann

Verantwortlich

für den Inhalt: K. J. Ellinger

c/o Fakriro GbR / Impressumsservice

Bodenfeldstr. 9

91438 Bad Windsheim

Instagram: dortmund_thriller

www.kj-ellinger.de

mail(at)kj-ellinger.de

Druck: epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

Personen

Lukas Marsollek: Fallanalytiker OFA, LKA Düsseldorf Ivica „Aki“ Andrajasevic: KHK, KK 11 Dortmund Susanne Braig: Leiterin der OFA Düsseldorf Dietmar Leindecker: Dezernatsleiter KK 11 Dortmund Melissa Marsollek: Lukas' Frau und gute Seele der Reihe Andreas Studtner: „Speedy“, enger Freundeskreis Daniel May: KHK, KK 11 Dortmund, enger Freundeskreis Nicole Peters: Fallanalytikerin und Psychologin Matthias „Matze“ Katz: Fallanalytiker, OFA Düsseldorf Raphael Finke: Fallanalytiker und LKA-Direktor Düsseldorf Stefanie Kunze: „Steffi“, gute Seele des KK 11 Dortmund Faruk Abdelilah: KHK, KK 11 Dortmund Norbert Wille: EMA-Angestellter Dortmund Vesna Andrajasevic: Akis' Frau und Ruhepol Benjamin Roggenkamp: „Benni“, Akis' neuer Kollege Der Junge: Keine Infos (Spoiler-Gefahr) Bartosz Rudzinski: Keine Infos (Spoiler-Gefahr)

Serdal, Brigitte Leindecker, Syl, Caro, Sascha, Deniz, Hennes und weitere alte und neue Personen in Nebenrollen sowie Verdächtige, deren Namen hier noch nicht genannt werden können.

Abkürzungen

M.A.D.I.L. Die Clique um Melissa, Andreas (Speedy), Daniel, Ivica (Aki) und Lukas OFA Operative Fallanalyse LKA Landeskriminalamt KHK Kriminalhauptkommissar KK 11 Kriminalkommissariat 11 (Morddezernat Dortmund) PSU Psychio-Soziale-Unterstützung (Einheit der Polizei-Behörden) NRW Nordrhein-Westfalen EMA Einwohnermeldeamt LP Lucky Punch (neues Team innerhalb der Soko) EG Ermittlungsgruppe (anderes Wort für Soko / Sonderkommission) OK Organisierte Kriminalität (Dezernat zur Bekämpfung dieser) KDD Kriminaldauerdienst CC Cold Case (Alter Fall) EZ Einsatzzentrale AZ Aktenzeichen AgGaK Taskforce (fiktive Sondereinheit) „Abteilung gegen Gewalt an Kindern“

VICLAS, KPMD, INPOL (Programme, welche die Polizei-Behörden zu bestimmten Zwecken nutzen).

Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt

(Arthur Schopenhauer)

Freitag, 07.06.1991

Bartosz

Irgendwann zerquetsche ich diese lästige Made. Ich selbst werde meine Finger um seinen dürren Hals legen, wie es schon damals jemand hätte tun sollen. Wie ein Katzenjunges hätten sie ihn in einem See ersäufen sollen. Für dieses Stück Dreck wäre eine Toilette noch zu gut. Ich hasse ihn.

Es klingelt. Endlich. Dieser inkompetente Trottel hat seinen Job verfehlt. Sollte lieber bei der Post anfangen. Unter einem Kurier stelle ich mir etwas anderes vor. Den hasse ich auch.

„Wurde auch Zeit, du Wichser!“

Ich gebe ihm einen festen Klaps auf den Hinterkopf, als er meine Wohnung betritt.

„Ist ja gut. Ich hab doch alles.“

„Setz Dich!“

Während ich die Ware prüfe, schwitzt dieser Idiot wie ein Schwein. Ekelhaft. Der Stoff ist gut. Er hat mich nicht verarscht. Also lege ich eine Bahn. Für den Trottel auch. Er glotzt mich an und ich spüre seine Angst. Ich reiche ihm den Spiegel. Stotternd lehnt er ab.

„Zieh' Alter! Denkst du, ich leg dich um, weil du 'ne halbe Stunde zu spät bist?“

„Bei dir weiß man das im Moment nicht so genau. Ja, gib her. Was hörst du da für Musik?“

„Passt dir nicht? Verpiss dich!“

Der feine Herr will meinen Geldschein nicht. Er hat auch keinen aus seinem Portemonnaie benutzt. Ein kleines Röhrchen hat er aus der Innentasche seiner Bomberjacke geholt und sich damit die Line reingezogen. Was für ein beknackter Idiot macht das?

„Du bist echt anders geworden. Andere Musik, andere Klamotten, vier Tage die Woche Yayo. Ich treffe dich nur noch aggro an. Gibt's dich auch noch normal?“

„Kaum hat der kleine Yuppie auch 'ne Nase gezogen, rückt er also mit der Sprache raus, ja?“

„Okay, das bringt nichts. Keine Ahnung, wie lange du schon wach bist, aber auf jeden Fall kann ich so nicht vernünftig mit dir reden. Was sagt deine Freundin dazu?“

„Raus!“

„Ich meine es doch nur gut.“

Ich grinse ihn nett an, stehe auf und gehe zu meiner Schrankwand, die mir das Jugendamt netterweise finanziert hat. Dabei zeige ich auf die Wodka-Pulle auf dem Wohnzimmertisch. Er nickt.

Ich hole zwei Schnapsgläser, die ich meiner widerlichen und nichtsnutzigen Mutter zum Auszug geklaut habe aus der Vitrine und stelle sie auf den Tisch. Eine Kopfbewegung vermittelt ihm, dass er eingießen soll. Wenigstens das kapiert er. Ich lächle ihn an, stehe auf und gehe wieder an das Mobiliar. Ich öffne die einzige Schublade in diesem monströsen Konstrukt, hole meine Pistole daraus hervor und richte sie auf ihn.

„Drehst Du jetzt total durch, man?“

„Erstens geht es dich nichts an, was meine Freundin über all das denkt. Die habe ich unter Kontrolle. Zweitens zahle ich auch dafür, dass du pünktlich hier bist, wenn ich mir das Hirn weg koksen will. Drittens will ich keine Moralpredigten. Entweder du ziehst, säufst und feierst mit mir, oder du lieferst und verpisst dich einfach!“

Er zog, soff und feierte mit mir.

Zwischendurch war es tatsächlich wie früher, aber meistens ging er mir nur auf die Eier. Um genau ein Uhr achtunddreißig habe ich ihn erschossen.

Freitag, 07.06.1991

Ein Junge

Wie immer, wenn er daheim Ärger bekommen hatte, lief er weg. Erst nach Sonnenuntergang, wenn sein Vater bereits schlief, wollte er wieder zu Hause sein.

Von ihrem Viertel aus lief er über den großen Platz des Behördengebäudes. Auch im nächsten Häuserblock wollte er sich nicht blicken lassen, weil dort die Tante wohnte. Wenn sie ihn erwischte, würde sie ihn an den Ohren zurückschleifen. So entschied er sich, das letzte Stück am Friedhof entlangzugehen. Oben an der Zitadelle angekommen, setzte er sich auf die große Mauer und starrte über die Baumwipfel auf den Fluss. Zu seiner Schwester war Vater nie so streng. Sie durfte alles.

Dichter Smog lag an diesem Sommertag über der Stadt, weshalb Mutter die Wäsche heute nicht draußen aufgehängt hatte. In der Nähe des Ufers war die Luft ein wenig besser.

Vielleicht war Vater so wütend, weil dieses Jahr die ganze Familie bei ihnen das Opferfest feiern würde. Trotzdem waren es doch nur ein paar blöde Datteln. Davon konnte er jederzeit Neue besorgen. Das würde Vater dann auch wieder nicht recht sein, weil er sie dem Mütterchen ein Stück weiter die Straße herauf aus dem Garten stibitzte. Sie brauchte all die Früchte gar nicht. Die meisten gab sie ohnehin seiner Mutter, damit diese sie haltbar machte. Ob er nun vorher ein paar davon pflückte oder nicht, war doch egal. Er verstand es nicht. Vielleicht würde er seinem Vater nie etwas recht machen können.

Als der Muezzin zum vorletzten Gebet an diesem Tag rief, stand die Sonne tief und das Wasser im Fluss unter ihm glitzerte in ihrem Licht. Es wirkte beruhigend. So beschloss er, an diesem Abend doch schon vor Einbruch der Dunkelheit zurückzukehren. Eigentlich wollte er sein Taschengeld auf dem Rückweg in Süßigkeiten anlegen. Da er jedoch vorhatte, weiterem Ärger aus dem Weg zu gehen, besorgte er neue Datteln.

„Sohn, wo warst du? Du sollst doch zum Gebet erscheinen.“

„Ich habe gebetet, Papa. Nur nicht in der Moschee“, grinste er und gab ihm die Tüte mit dem Obst.

Lachend schüttelte sein Vater mit dem Kopf und zerzauste ihm dabei mit seiner riesigen Pranke die Haare.

„Warum warst du vorhin so wütend auf mich?“

„Weil wir extra für diesen Monat gespart haben. Die Kammer ist bis zu den Festen für euch tabu.“

„Welche Feste?“

„Ach Junge. Opferfest. Danach bleibt die Familie die ganzen Ferien der großen Friedensveranstaltungen und des Konzerts wegen in der Stadt. In diesen Wochen müssen wir zwanzig Mäuler stopfen, statt vier. Wie soll ich das machen, wenn du dich jeden Tag in der Kammer bedienst?“

Er schämte sich. Nun hatte er verstanden, entschuldigte sich und würde sich nicht mehr an den Vorräten gütlich tun.

Dieser Sommer wurde einer der schönsten in seinem Leben. Er war acht. In den nächsten Wochen tobte er mit seinen Cousins und Cousinen durch die Nachbarschaft. Die Ferien erschienen endlos. Natürlich stellten sie Schabernack an, aber mehr als einen Klaps auf den Hinterkopf gab es dafür nie. Auch die Erwachsenen genossen den unbeschwerten Sommer und hatten offenbar keine große Lust auf Streitereien.

Seine Familie war nicht reich, dennoch kamen sie besser zurecht als viele Freunde oder Nachbarn. Sein Vater hatte einen gut bezahlten Job und sie konnten sich Extraausgaben wie in diesem Monat leisten. Nicht nur das. Sie waren eine der wenigen Familien im Viertel, die es geschafft hatte, ein bisschen Geld anzusparen. Niemand ahnte damals, wofür sie diese Rücklagen nur ein Jahr später würden ausgeben müssen.

Freitag, 07.06.1991

Lukas

Wieder gab es Streit. Jeden Tag gab es Streit.

Täglich holte Mama ihn ab und sie aßen gemeinsam, bevor sie zur nächsten Schicht musste. Dabei sprachen sie viel über Schule und Freunde. Er hatte keine. Sie wollte aber, dass er welche hatte. Er verstand den Sinn dahinter nicht. Alle Menschen, die ihn umgaben, waren Kinder. Er war selbst eines. Sie konnten seinen Gedanken nicht folgen. Alle anderen Menschen in seinem Umfeld waren logischerweise Erwachsene. Mit diesen hätte er viel lieber über verschiedene Themen diskutiert. Sie ließen ihn nicht. Sie nahmen ihn nicht ernst.

Was für eine Welt ist das nur, in der man dazu gezwungen wird, sich mit Gleichaltrigen sozialisieren zu müssen? Manche von ihnen mochte er, die meisten nicht. Er lebte in einer anderen Welt. Ständig bekam er mit, dass über ihn gesprochen wurde, als wäre er ein seltenes Exemplar einer aussterbenden Tierart. Niemand konnte ihn in eine der so beliebten Schubladen stecken. Er war anders. Jeden einzelnen Tag bekam er das zu schmecken.

Bereits seit dem Kindergarten zog sich das bis in diesen grässlichen Hort durch. Dazu verdammt, seine Stunden hier verbringen zu müssen, bis seine Eltern ihn abholen konnten, hasste er diesen Ort jeden Tag mehr.

Er hatte es wirklich versucht, sprach aber lieber mit der Pädagogin über ihren Tag, denn mit Gleichaltrigen. Sie war sehr redselig.

Irgendwann einmal hatte er einen Jungen auf dem Klettergerüst angesprochen, ob er sich auch fragte, warum das Universum unendlich sei und dies keiner final erforschen könne. Er bekam eins auf die Nase und solle ihn nicht wieder blöd anmachen.

Ein Versuch noch, dann würde er sich den Hörspiel-LPs im dafür abgetrennten Bereich widmen. Auch dieser stellte ihn keineswegs zufrieden.

Wer glaubte schon an einen sprechenden Elefanten in Deutschland, der einem kleinen Jungen bei seinen Abenteuern zur Seite stand? Er hatte schließlich auch keinen solchen Elefanten. Allerdings wäre das super!

Er hielt sich an die Klassiker. Gullivers Reisen hatte es ihm besonders angetan. Dazu kam er an diesem Tag jedoch nicht. Ein Junge im gleichen Alter sprach ihn an. Er hieß Andreas beobachtete, wie Lukas seine Brotdose auspackte und stierte auf seinen Proviant. Es wunderte Lukas, dass er nicht anfing zu sabbern. Allerdings kam ihm das auch sehr gelegen, denn er mochte Wurst die Wurst auf seinem Brot nicht. Salami gegen Nutella? Guter Deal!

Er hatte den ersten Freund in seinem Leben gefunden.

1

Freitag, 07.06.2024

Düsseldorf / Dortmund / Venlo

Während sich das Quartett der Operativen Fallanalyse, kurz OFA, auf dem Weg zum Fundort befand, bat seine Chefin um Fakten zu einer Serie. Lukas war in seinem alten Dezernat bereits zwei Jahre an dem Fall dran, bevor dieser seinerzeit als Cold Case endete.

„Willst du mir nicht lieber erst mal verraten, was es mit dieser Botschaft auf sich hat, Susanne?“

„Er hat Fingerkuppen eines seiner letzten Opfer am Tatort hinterlassen. Die Kollegen nahmen Abdrücke und bemühten das System. So sind sie auf die ehemaligen Ermittler gestoßen. Dietmar, Aki und dich. Hilfe von der OFA hätten sie ohnehin angefordert.“

„Von welchem Kind stammen sie?“

„Felicitas Säger.“

„Sie war damals das letzte Opfer. Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren. Außerdem war sie das Mädchen, welches mit Akis ältestem Sohn in eine Kindergartengruppe ging. Weiß er das?“

„Nein.“

Wie versprochen, empfing sie der niederländische Einsatzleiter am Parkplatz Venlose Heide. Entlang eines Feldweges führte sie Kommissar Brouwer zu einem maroden Haus inmitten der Einöde. Währenddessen referierte er über den Ort.

„Nennen sie mich Palle, bitte. Das Haus gehört zum ehemaligen Fliegerhorst. Auf diesem Areal gibt es einige verlassene Gebäude und Ruinen. Die NATO macht hier Truppenübungen, allerdings nur noch selten. Heute ist das Gelände eher ein Ausflugsziel. Segelflugplatz, Modellflieger, Bunker-Klettern und Spazierwege ziehen die Städter an den Wochenenden an. Hier links in den kleinen Weg hinein.“

Zwanzig Meter entfernt gingen die holländischen Kollegen der Kriminaltechnik ihrer Arbeit nach. Wie gewünscht hatten sie die Leiche noch nicht zur Abholung freigegeben.

Sofort schossen Lukas Erinnerungen ins Gedächtnis. Es war der mit Abstand widerwärtigste Fall, in dem er je ermittelt hatte. Aufgrund des Fundes der Fingerkuppen war jeder Zufall auszuschließen. Es war derselbe Täter.

Die vier LKA-Mitarbeiter blieben vor der Absperrung stehen. Nur etwa zwei Meter trennten sie noch von dem leblosen Körper. Matthias Katz aus dem OFA-Team atmete hörbar und fragte, ob sie die Identität des Mädchens hatten.

„Ja. Emilia de Leeuw. Sie war acht Jahre alt.“

Lukas spürte, wie nah seinem Kollegen die Situation ging. Genau wie er selbst war er dreifacher Familienvater. Kollegin Nicole Peters schrieb Bemerkungen in ihr Tablet. Derweil sprach Chefin Susanne Notizen in ihr Handy. Zwischendurch legte sie immer wieder Pausen ein und wendete den Blick von dem leblosen Kind ab.

Kopfüber hing das Mädchen von einer großgewachsenen alten Buche. Ein Seil umschlang ihren linken Fußknöchel. Das andere Ende hatte ihr Peiniger um einen der dicken unteren Äste gewickelt und sie daran hinaufgezogen. Die Kehle des kleinen Mädchens war durchtrennt. Ihr Mörder hatte sie ausbluten lassen.

Alles bis auf eine Sache war gleich. Spur Nummer zwei. Bei den vorherigen Opfern war diese nie direkt unter den Leichen der ermordeten Kinder aufgefunden worden. Außerdem handelte es sich in der Vergangenheit stets um persönliche Gegenstände, welche die Kinder bei sich trugen. Unbeabsichtigt musste Lukas auf das gelbe Schildchen gestarrt haben, denn der Holländer erwähnte, dass die Fingerkuppen sich dort befunden hatten. In einem Plastikbecher, eingelegt in Formaldehyd. Sofort nachdem die Spurensicherung ihre Arbeit bezüglich des Asservates getan hatte, ließen die Kollegen alles dazu durch sämtliche Datenbanken laufen. Aus diesem Grund befand sich der Behälter nicht mehr an Ort und Stelle. Lukas gab ihm mit einer Kopfbewegung zu verstehen, dass er genau diesen Gedanken verfolgt hatte.

Stellenweise klebte getrocknetes Blut auf dem gelben Plastikaufsteller mit der Nummer zwei. Das meiste jedoch war gerade dabei, unter dem toten Kind in den Waldboden zu versickern.

Um das Gespräch seiner Vorgesetzten nicht zu unterbrechen, beschloss er, einen der Kriminaltechniker zu fragen, ob wie damals Kleidungsstücke gefunden wurden. Tatsächlich hatte der Kollege ein paar Meter entfernt ein Unterhemd des Mädchens entdeckt, welches an der Spitze eines kleinen Astes in den Erdboden gerammt worden war. Etwa dreißig Zentimeter lugte dieser aus der Erde heraus. Lukas musterte die Stelle. Das Hemdchen war zerrissen. Der Täter hatte den Stoff auf der Astspitze angesetzt und heruntergedrückt, bis das Gewebe nachgegeben hatte. Dort ließ er es hängen. Auch bei Felicitas war es ein Unterhemd.

Sein Handy vibrierte.

„Weißt du mehr? Seid ihr schon da?“

„Aki, wir sind auch erst eingetroffen“, log er.

Bereits vor knapp zehn Jahren wollte sein bester Freund einen Zusammenhang zwischen den Kindermorden und ihren Familien gesehen haben. Melissa und Lukas hatten zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal Nachwuchs. Zwar verstand er Aki, war er seinerzeit bereits Vater, jedoch hielt er das immer noch für unwahrscheinlich. Die ersten und letzten Opfer der damaligen Serie kamen aus Dortmund, alle anderen aus der Region Niederrhein. Außerdem konnten sie keinerlei Zusammenhänge zu ihren Familien oder dem Freundeskreis herstellen.

Dieser Tatort, allen voran Spur Nummer zwei, war allerdings eine Botschaft an sie. Daran gab es keinen Zweifel. Für Lukas kein Grund zur Panikmache. Der Mann, den sie suchten, wollte damit lediglich die gleichen Ermittler auf den Plan rufen, welche ihn bereits kannten. Die Ansage war deutlich. Sie lautete, ich bin wieder da. Die Frage des Täters: Schafft ihr es dieses Mal?

Lukas machte sich Gedanken über die langjährige Pause des Mörders, während er auf das abgeknickte rechte Bein des Mädchens starrte. Seltsam anmutend hing es herunter. Als wäre es nicht mehr länger Teil ihres Körpers. Der Anblick erinnerte ihn an ausgerissene Puppenbeine, welche nur noch durch den Stoff der Kleidung an den Spielzeugen hingen.

„Lukas? Habt ihr damals eine deckungsgleiche Auffinde-Situation der Opfer gehabt?“

Er rückte seine Brille zurecht, sah sie an und nickte.

„Fast. Spur Nummer zwei war allerdings bei keinem der vorigen Opfer so positioniert. Das ist ein Statement, dessen bin ich mir sicher. Was mich zum nächsten Punkt bringt. Aki.“

„Was ist mit ihm? Er sollte gleich mit Dietmar und Benni hier eintreffen. Du denkst, er wird steil gehen?“

„Ja. Könntest du es vielleicht mir überlassen, ihm das mit den Fingerkuppen zu erzählen? Am besten fahre ich mit den Dreien und spreche es auf der Rückfahrt ins LKA an.“

„Alles klar. Ich weihe das Team und Brouwer ein. Du machst die Tatort-Begehung mit dem Dortmunder KK 11 Team.“

„Danke Chefin.“

Nur Minuten nachdem seine neuen Kollegen den Tatort verlassen hatten, fand sich Lukas mit zwei seiner alten wieder an Selbigem ein. Sein ehemaliger Chef und Mentor Dietmar Leindecker kam auf ihn zu und umarmte ihn zur Begrüßung. Sein bester Freund und dessen neuer Partner taten es ihm gleich.

„Auffinde-Situation annähernd gleich zu den letzten Opfern der ehemaligen Soko Sommerkinder.“

„Was noch? Lukas, es hat mit uns zu tun, oder?“

„Aki, wie sollte es das? Der Täter kennt uns nicht.“

„Ich weiß, dass du mich nie belügen würdest, aber du verschweigst etwas. Also bitte raus damit.“

„Felicitas Säger. Ihre Fingerkuppen sind Spur Nummer zwei am Tatort.“

„Wie soll es dann nicht mit uns zu tun haben?“

„Lass uns bei den Fakten bleiben. Sobald wir uns mit Susanne und dem Team besprochen haben, kann es erst richtig losgehen. Im Moment weiß ich nicht einmal, ob wir überhaupt in die Ermittlungen involviert werden. In diesen Minuten prüfen sie die Machbarkeit des Falls für unsere Abteilung.“

„Wie kannst du so ruhig bleiben? Verarschst du mich?“

Lukas ignorierte das und sprach weiter. Als sie alles für das Dortmunder KK 11 dokumentiert hatten, verabschiedeten sie sich und begaben sich auf den Weg ins LKA, wo Susanne die Ermittler sofort abfing.

„Leute, das gibt was Größeres. Ich war eben beim Chef und wollte wissen, warum die Cold Case Kollegen ausgerechnet diesen Fall herausgefischt haben. Es kam mir komisch vor, da wir nur drei Tage später ein neues Opfer mit eindeutigem Bezug dazu haben. Er sagte, es war Zufall. Die Kollegen waren frei, der Fall zehn Jahre alt und an der Reihe. Die Mitarbeiter aus dem CC-Team sind selbst aus allen Wolken gefallen, als sie davon erfuhren. Für uns als OFA-Team ist der Fall absolut machbar. Außerdem werden wir heute eine Soko gründen. Federführung obliegt dieses Mal uns. Ich werde die Einsatzgruppe leiten. Wir erbitten dringend eure Mithilfe. Dietmar, habt ihr freie Kapazitäten?“

„Sofort. Diesen Mann zu fassen, bevor ich in Rente gehe, ist mir eine persönliche Herzensangelegenheit. Wie viele Leute von uns brauchst du?“

„Alle, die abkömmlich sind. Ich würde es gerne sehen, wenn sich die damaligen KK 11 Ermittler mit unseren Leuten beraten, bevor wir starten. Unsere Cold Case Abteilung, die sich bereits eingearbeitet hat, beziehen wir selbstredend mit ein. Des Weiteren werden wir mit Kollegen aus Duisburg und Venlo zusammen arbeiten. Die Dortmunder Kollegenschaft, welche am längsten an diesem Fall dran war, stellt die meisten Arbeitskräfte aller LKA fremden Teams. Sobald wir auch nur den Hauch eines Verdachts haben, setzen wir Zielfahnder auf verdächtige Personen an. Ich will keine Zeit verschwenden. Wir müssen ihn aufhalten.“

„Wann geht es los?“, wollte Dietmar wissen.

„Morgen um acht Uhr hier im LKA. Dazu trägt Dortmund bitte alles zusammen, was ihr zu der Sache im Haus habt. Ich weiß, was für ein Aufwand das ist. Darum würde ich euch bitten, das gleich schon telefonisch zu delegieren. Richtig loslegen können wir erst danach, denn wir brauchen die alten Akten. Sobald ich die Einteilung vorgenommen habe, wälzen wir uns durch den Materialberg. Ich hoffe, dass zeitnah alle mit ihren Aufgaben beginnen können. Ab jetzt haben wir drei Monate, um den Mörder zu fassen.“

„Wieso genau diese Zeitspanne?“, fragte Lukas.

„Weil der Täter immer drei Monate aktiv war, bevor er wieder abgetaucht ist. Das letzte Mal verschwand er zehn Jahre lang von der Bildfläche, wie ihr wisst. Das darf nicht noch einmal geschehen. Außerdem hat mir der große Häuptling zu verstehen gegeben, dass der Fall an die Bundeskollegen geht, wenn wir es nicht schaffen, ihn in seinem üblichen Tatfenster zu fassen.“

Dietmar verließ das Büro, um das Notwendige im Dezernat zu veranlassen. Nachmittags hatten sie alles für den kommenden Tag besprochen und Susanne schickte das Team in einen letzten frühen Feierabend.

„Hast du schon eine Einteilung für uns?“

„Habe ich, Lukas. Allerdings will ich, dass noch keiner beginnt zu arbeiten.“

„Geht klar. Dennoch wüsste ich die Einteilung gerne, damit ich mich darauf einstellen kann, was auf mich zukommt.“

„Dieses Mal gehen wir mit zwei Teams an den Fall, da es ein kolossaler Wust an Akten ist. Ein Team wird sich mit sämtlichen Eingabedaten beschäftigen. Diese arbeiten engmaschig mit den Cold Case Kollegen und den anderen Ermittlern zusammen. Außerdem wird ein Kollege aus dem zweiten OFA-Team das unabhängige Profil übernehmen. Ich musste nicht einmal darum betteln. Cheffe hat es sofort abgenickt. Wir vier begeben uns an die aktuellen Aufgaben. Lukas, die Profile werden dein Aufgabengebiet sein, da du den Fall kennst. Matthias wird sich darum kümmern, Informationslücken für uns zu vervollständigen. Nicole erstellt neue Tathergangsanalysen. Ich setze mich zunächst an VICLAS und versuche herauszubekommen, ob wir Fälle übersehen haben, die der Serie hätten zugerechnet werden müssen. Außerdem überprüfe ich entlassene Straftäter.“

„Also legen wir direkt mit Täterprofilen los?“

„Ja. Wir haben genug Material und Spuren.“

„Ich spreche also mit dem anderen OFA-Team nicht über meine Thesen, richtig?“

„Richtig. Zudem begibt sich das zweite OFA-Team an die geografischen Daten. Das ist so viel, dass sie allein dafür zwei Mitarbeiter abgestellt haben. So Leute, es wird intensiv. Keiner setzt sich schon an Etwas dran. Erscheint morgen bitte mit vollem Elan.“

Natürlich erwischte Lukas auf dem Nachhauseweg die zweite Rushhour-Welle an diesem Freitagnachmittag. Noch in Düsseldorf stand er auf der A52 an einer Baustelle im Stau. Das zweite Mal bei Essen-Rüttenscheid und weil aller guten Dinge bekanntermaßen drei sind bei Bochum das dritte Mal. Wenigstens war er mittlerweile auf der A40.

Daheim angekommen, bereitete Melissa mit Jonas im Tragetuch das Abendessen vor. Er küsste beide und fragte, was sie mit den anderen Monstern gemacht habe.

„Hey Liebster. Pia und Nico habe ich zum Zimmer aufräumen verdonnert. Es ist schon wieder so heiß und die beiden sind quengelig, weil ich sie vorhin noch nicht in den Pool gelassen habe. Und bei dir?“

„Frag nicht.“

„Oh. Neuer Fall?“

„Gewissermaßen. Neuer alter Fall.“

„Jetzt lass dir nicht alles einzeln aus der Nase ziehen.“

„Ich gehe kurz duschen. Dann nehme ich Jonas und erzähle dir alles, okay?“

„Super, dann kann ich auch das Gemüse schnippeln. Das gestaltet sich mit Baby vor der Brust etwas komplizierter.“

Nachdem Lukas seine Ausführungen beendet hatte, bemerkte sie, dass es doch zwei große Zufälle waren.

„Fang‘ du nicht auch noch an. Aki ist schon paranoid genug.“

„Ich bin nicht paranoid. Es sind einfach zwei seltsame Zufälle.“

In diesem Moment kamen Pia und Nico die Treppe herunter, vermeldeten ein aufgeräumtes Zimmer und fragten erneut, ob sie in den Pool durften.

„Ja. Ich bin ja jetzt da und kann aufpassen.“

„Danke Liebster. Deckt ihr gleich den Tisch?“

Er öffnete die Terrassentür und machte es sich mit Baby Jonas auf einem der Liegestühle gemütlich, während er die beiden beaufsichtigte. Sie waren ein eingespieltes Team. Lukas nahm sich vor, auch während der Ermittlungen jede freie Minute mit seinen Lieben zu verbringen. Nach der gemeinsamen Mahlzeit legten sie Jonas im kühlen Wohnzimmer in das dortige Bettchen und hatten bei geöffneter Tür die komplette Marsollek-Bande im Auge. Familienhund Toffee und Stubentiger Mikesch lagen faul auf dem schattigen Rasen und beobachteten ihre Menschen.

„Also ab morgen wieder schlaflose Nächte für uns beide?“

„Ich befürchte es, Liebste. Aber so kann ich dir nachts öfter mit Jonas helfen.“

„Dürfte deiner Konzentration nicht gerade zuträglich sein.“

„Schaffe ich schon. Ist ja nicht das erste Mal“, lächelte er.

Lukas versuchte, den Wecker sofort auszuschalten, damit Frau und Baby weiter schlafen konnten. Der Mini wachte auf, da er das Geräusch zu dieser Uhrzeit nicht gewohnt war. Davon wurde auch Melissa wach.

„Tut mir leid.“

„Alles gut.“

„Schätze, es wird spät. Ich nehme Dietmar, Aki und Benni mit. Sie sind gleich hier.“

Lukas hob den Kleinen aus dem Bettchen und begab sich mit ihm zum Wickeltisch. Melissa war dankbar dafür und bereitete währenddessen das Frühstück zu. Für die Männer füllte sie Kaffee in Thermobecher. Jonas schlief nach dem Füttern ein. Leider war Aki so dusselig und klingelte, statt seinen Schlüssel zu ihrem Haus zu benutzen. Das Baby begann zu weinen, woraufhin Pia und Nico die Treppe heruntergepoltert kamen. Sie freuten sich über das volle Haus und wollten in den Pool.

„Nix da. Erst frühstücken! Männer? Das üben wir noch mal.“

„Sorry Liz“, grinste Aki verlegen.

Lukas warf seiner Frau einen mitleidigen Blick zu und verabschiedete sich.

*

Da ihr erstes Meeting auf einen Samstag fiel, blieb die übliche Rushhour aus. Diese Zeit nutzten sie, indem Lukas ihnen die Abteilung zeigte. Grinsend nahmen die ehemaligen Kollegen die Fotos auf seinem Schreibtisch in Augenschein. Alle, die sie ihm im vergangenen Sommer bei seiner Party geschenkt hatten, standen dicht beieinander.

„Fühlst du dich mittlerweile zu Hause, Brudi?“

„Ja, weißt du doch, Aki. Aber erst mit dem letzten Fall und den neuerlichen Gesprächen mit euch konnte ich wirklich mit dem KK 11 abschließen und hier im LKA ankommen. Fühlt sich gut an, ehrlich gesagt.“

„So muss dat, Jung. Wir haben es auch einigermaßen verwunden. Aki und Benni sind in der letzten Ermittlung gut zusammengewachsen und ein prima Team geworden“, erzählte Dietmar.

„Freut mich, Leute. Privat ändert sich ja nichts. Wie es aussieht, entfällt aber die übliche Gartenparty zu meinem Geburtstag.“

Matthias klopfte an die Bürotür.

„Moin zusammen. Sollen wir schon rüber gehen?“

„Moin Matze. Alles klar, dann mal los.“

Auf dem Weg in den Besprechungsraum kamen ihnen weitere Dortmunder Kollegen entgegen. Kistenweise beförderten sie Akten aus den Aufzügen. Lukas zog einen Rollwagen mit sich und bedeutete den Frauen und Männern, ihm zu folgen. Susanne saß vor Kopf, neben ihr der Direktor des Hauses. Um Punkt acht stand sie auf, öffnete ein Fenster und lehnte sich an einen der Rollcontainer.

„Guten Morgen, Kollegen. Für alle, die mich nicht kennen, mein Name ist Susanne Braig. Ich bin die Leiterin der Operativen Fallanalyse und möchte allen das Du anbieten. Der Einfachheit halber haben wir Namensschildchen für die ersten Tage vorbereitet. Eines zum Anstecken und ein weiteres als Aufsteller für die Tische. Ihr findet sie hinter Raphael Finke, unserem Direktor. Sie sind nach Dezernaten geordnet. Bedient euch. Angesichts der Tragweite des Falls ist Raphael den ganzen Tag zugegen, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Zukünftig wird er nur noch bei den wöchentlichen Abschlussmeetings anwesend sein. Bevor wir ans Eingemachte gehen, bitte ich um eine kurze Vorstellung. Das übernimmt am besten eine Person pro Team. Wir beginnen mit den Dortmunder KK 11 Kollegen.“

Reihum stellten sich die Dezernate und Kollegen vor. Dabei erwähnten alle, inwieweit sie in der Vergangenheit schon mit dem Fall zu tun hatten. Bereits bei diesem Meeting waren sie etwa fünfzig Mitarbeiter aus diversen Abteilungen. Sogar die Zielfahnder, die angesetzt werden sollten, sobald sie einen ersten Verdacht hatten, waren anwesend. Nachdem das letzte Team seine Vorstellung beendet hatte, übernahm Susanne erneut die Gesprächsführung.

„Wie ihr euch denken könnt, obliegt dem LKA die Federführung und mir die Leitung der Sonderkommission. Das Aktenzeichen bekommt ihr nach der Mittagspause mit dem Protokoll von diesem Morgen. In den nächsten Stunden würde ich gerne die Einteilung fertig bekommen, damit sich die Teams besprechen können. Zur Pause haben wir es uns erlaubt, an den Rheinterrassen zu reservieren. Meine Hoffnung bei diesem Tempo ist, dass wir uns als Nächstes an die Sichtung des Aktenberges zu meiner Linken begeben können. Fragen bis hier hin?“

Bis zum Mittag hatte sie alle Arbeitsgruppen eingeteilt. Die Zusammenarbeit mit Presse und Staatsanwaltschaft würde Düsseldorf übernehmen. Einzig Dietmar Leindecker, den Leiter des Dortmunder Morddezernates, wollte sie aufgrund seiner Vorkenntnisse hierbei mit im Boot wissen.

„Fahndung, Zentrale Sachbearbeitung, Observation und OFA werden ebenfalls vom LKA übernommen. Zum einen, weil Herr Finke dies personell möglich machen konnte, zum anderen, weil wir alle anderen Kräfte in der Ermittlung brauchen. Das bedeutet, ihr bildet ein großes Team, damit wir so schnell als möglich neue Ansätze erarbeitet bekommen. Die Leitung der Ermittlungsgruppe würden wir gerne an Dietmar übergeben. Ist das für dich und euch in Ordnung?“

Einhellig klopfte die Kollegenschaft auf die Tische, da alle wussten, dass niemand in diesem Raum mehr Zeit in den Fall investiert hatte als er.

„Dietmar?“, fragte sie nicht ohne Grund.

„Ja, ich fühle mich dazu imstande. Erstens muss ich nicht raus, zweitens war die Reha lang genug, drittens bin ich vollkommen genesen sowie viertens mein Rentenantrag gestellt. Und fünftens: Ich will den Scheißkerl fassen, bevor dieser Antrag seine Gültigkeit erlangt.“

Nur zu gut verstand ein jeder von ihnen, dass Dietmar nichts lieber sähe, als seinen einzigen ungelösten Fall zu den Akten legen zu können, bevor er sich in den Ruhestand verabschiedete. Was ebenfalls alle hier wussten, war, dass es ihm dabei nicht um seine Quote ging. Sie alle wollten diesen Menschen aufhalten. Susanne beendete den ersten Teil der heutigen Zusammenkunft, bevor sie sich geschlossen zum Restaurant begaben. Der LKA-Direktor bat noch kurz um Ruhe.

„Alles Relevante wurde bereits gesagt, deshalb bleibt für mich nur noch eine Sache. Haut rein - geht aufs Haus. Das nächste Mal wieder, wenn wir den Täter haben.“

Zum späten Nachmittag waren alle Aufgaben verteilt. Sämtliche Mitarbeiter, bis auf Pressesprecher und Zielfahnder, begannen, die Akten untereinander aufzuteilen und auch in Düsseldorf wurde zum Abend ein Lieferdienst bemüht.

„Lukas, steht bei euch heute Abend etwas an? Du schaust dauernd auf die Uhr“, fragte Susanne.

„Ich dachte nicht, dass das so offensichtlich war. Nein, heute nicht, aber morgen früh. Ebenso bei Aki und Daniel. Unsere Söhne haben um zehn ein Fußballspiel.“

„Gut, dann haut nach dem Essen ab. Eure Aufträge habt ihr und wir legen morgen eh einen Tag Homeoffice ein.“

2

Bereits beim Frühstück war es so heiß, dass die Knirpse bettelten, in den Pool zu dürfen. Melissa erlaubte es nicht, da es für Jonas zu warm werden würde und sie sich schlecht zwischen Haus und Garten aufteilen konnte. Die beiden großen Kids ihrer besten Freunde würden gleich ins Schwimmbad verschwinden, Vesna hatte Mittagsschicht und die Männer gingen zum Fußballplatz. So war es Pia, die an diesem Sonntagmorgen das Nachsehen hatte. Knatschig warf sie ein Brötchen auf den Boden.

„Pia, wenn Jonas wieder eingeschlafen ist, stelle ich das Bettchen an die Türe. Dann kannst du in den Pool. Das Brötchen hebst du bitte auf. Wenn du mit etwas um dich werfen willst, dann bitte nicht mit Essen.“

Genervt und Hilfe suchend zugleich, blickte die Tochter des Hauses zu Lukas. Dieser nickte bedächtig, mit hochgezogenen Augenbrauen und zusammengepressten Lippen. Sie wusste, was das bedeutete. Wütend trampelte sie nach oben. Lukas schaute auf die Uhr und drängelte, dass Nico sich umziehen solle. In diesem Moment klingelte Aki.

„Was ist das denn für eine Moral? Zackig jetzt, Nico! Milan kam schon im Trikot zum Frühstück.“

In Windeseile war er umgezogen und stand samt gepackter Tasche wieder auf der Terrasse.

Am Fußballplatz angekommen, verstauten sie die Taschen der Jungs und orderten Kaffee. Mit den Tassen in Händen begaben sie sich zum kleineren der beiden Fußballfelder und stellten sich an die Bande. Schon von weitem war Platzwart Hennes laut und deutlich zu hören. An den Umkleidekabinen faltete er einige Jungs der im Anschluss spielenden C-Jugend zusammen und bahnte sich seinen Weg zum Vereinsheim.

„Ey, die drei Bullen vonne Tankstelle! Wie isset euch?“

Vor über dreißig Jahren hatte er auch sie hier zusammengefaltet und war heute stolz darauf, was aus ihnen geworden war. Das Trio begrüßte ihn, bevor er lauthals blökend wieder das Vereinsheim enterte. Lukas glaubte, dass er beinahe alles in seinem Leben brüllender Weise erledigte. Dabei war er stets so liebenswert, dass ihm das niemand krummnahm. Zum größten Teil war dies ohnehin Fassade. Hennes war nicht nur Platzwart und Maskottchen, er war die Seele des Vereins. Ruhrpott Kodderschnauze mit Köpfchen und Herz.

„Ey Lindemännchen! Wat is‘ mit Kaffee?!“, hörten sie ihn noch zehn Meter entfernt.

Lachend widmeten sich die Männer dem Spiel. Während sie die erste Halbzeit schauten, baute die dritte Mannschaft den Grill auf. Caro öffnete den Verkaufswagen und Syl verkaufte im Vereinsheim immer mehr Flaschenbier.

„Wie die sich einfach abschießen, schon so früh am Tag.“

„Wir haben sonntags auch immer auf dem Platz gesoffen.“

„Ja, aber damals hatten wir noch keine Kinder.“

„Wenn wir morgen nicht arbeiten müssten, würde ich mich auch besaufen“, antwortete Daniel.

Sofort schlug die Stimmung um.

„Was ist los?“

„Lukas, ihr habt gerade Kennenlernphase mit eurem Nachwuchs. Meinst du, da grätsche ich mit meinen Problemen dazwischen?“

„Ja. Darum hatte ich ausdrücklich gebeten. Wir sind immer alle füreinander da. Schon vergessen?“

„Außerdem gibt es mich auch noch“, konsternierte Aki.

„Hau raus, Daniel“, forderte Lukas ihn auf.

„Die Scheidung ist so gut wie durch. Mein Papa wird die nächsten zwei Wochen nicht überleben und der Kurze ist völlig durch den Wind wegen allem. Außerdem ist es zu Hause im Moment auch nicht gerade angenehm.“

„Macht Annika Stress?“, wollte Aki wissen.

Daniel nickte. Er konnte seinen Freunden nicht in die Augen sehen und richtete den Blick wieder auf das Spielfeld.

„Daniel, vielleicht wäre es gut, wenn du dich dieser Situation ein wenig entziehen würdest. Komm öfter bei uns vorbei. Wir hängen sowieso ab. Speedy ist auch wieder mehr da, jetzt, wo er nicht mehr die blöden Doppelschichten schieben muss. Wenn wir schon nicht unsere übliche Party feiern können, ist es wenigstens eine M.A.D.I.L.-Reunion im kleinen Kreis.“

„Dream-Team für immer. Vielleicht mache ich das. Danke.“

„Ey, Schiri. Foul!“, brüllte Aki und legte währenddessen seinen Arm um Daniels Schulter.

„Dein Kurzer, wemst den eh gleich dafür um.“

Keine drei Minuten später passierte genau das. Sie grinsten.

„Nachher Grillen, Jungs?“, fragte Aki.

Lukas rief seine Frau an und fragte, ob das für sie in Ordnung wäre. Melissa freute sich, dass nach fast einem Jahr M.A.D.I.L. wieder komplett zusammen kam, denn sie hatte auch Speedy für heute eingeladen. Sie kannten sich seit der Schulzeit und hatten ihr Fünfgestirn ihrer Anfangsbuchstaben wegen einst so benannt.

Das I stand hier für Aki, der eigentlich Ivica hieß. Da es damals im Verein bereits einen Ivo gab und der damalige Trainer seinen Nachnamen nicht aussprechen konnte, taufte er ihn kurzerhand um. Seitdem nannten ihn alle so. Sogar seine Familie.

Das A stand für Speedy, welcher eigentlich Andreas hieß. Lukas hatte ihm einst seinen Spitznamen verpasst, da er meist viel und vor allem schneller als der Rest der Welt sprach. Die beiden waren der Beginn des heutigen Fünfgestirns.

Als die drei Väter gegen Mittag versuchten, sich samt ihrer Söhne vom Vereinsgelände loszueisen, schnippelte Andreas meditativ bei Marsolleks Gemüse für die Grillspieße, während Melissa mit Jonas im Tragetuch am Küchentresen saß. Dabei waren Fenster und Terrassentür geöffnet, damit Pia keinen Blödsinn anstellte.

„Lizzy?“

„Was denn?“

„War Jonas eigentlich noch geplant?“

„Du kennst doch die ganzen Sprüche über Pläne und was aus diesen wird, oder?“, lachte sie.

„Ihr habt das schon verdammt richtig gemacht. Ich wünschte, Sella könnte all das sehen.“

Während er das sagte, klang er nicht mehr wehmütig. Lange Jahre hatte es in ihm nachgehallt, was geschehen war. Mittlerweile schien er damit abgeschlossen zu haben. Während des Abiturs wurde seine Freundin schwanger. Sie waren glücklich. Mutter und Tochter starben bei der Geburt.

„Wir waren damals zu jung, um das komplette Ausmaß zu verstehen, Speedy. Wir waren dumm. Ich habe gehofft, dass du uns das eines Tages verzeihen würdest. Wie viele Nächte haben wir über alles geredet und trotzdem immer das Gefühl gehabt, dass dir niemand helfen konnte. Ich finde es schade, dass du dich erst jetzt uns allen gegenüber langsam wieder öffnest. Du bist einfach erwachsen zurückgekommen und hast uns nicht an deinem Leben teilhaben lassen.“

„Du Vogel! Wir sind alle groß geworden. Daniel und ich eventuell ein bisschen abseits von eurem Familien-Trio, aber dennoch waren wir nie etwas anderes als M.A.D.I.L. Weißt du? Selbst, wenn ich mich zwanzig Jahre lang nicht bei euch melden und dann eines Tages anrufen würde, … “

„Würden wir alle sagen, dass wir M.A.D.I.L. sind!“

„Genau. Also chill. Ich weiß, was ich an euch habe, Schwester. Und ihr könnt nicht ohne mich. Ich kenne euch Pappnasen doch.“

Andreas hatte die Paprika gerade in perfekte Stücke bearbeitet, als die Väter samt Nachwuchs das Haus enterten.

„Speedy“, rief ihm Lukas entgegen und umarmte ihn.

„Hey Papa. Habt ihr gut gemacht.“

„Setz dich. Ich löse dich ab. Was muss noch erledigt werden?“

„Gurkensalat, Saucen und den Kleinen wickeln.“

Lukas grinste, übernahm Letzteres und gab Aki das Gemüse.

„Susanne killt uns morgen.“

„Nein, wird sie nicht, Daniel. Wir übertreiben es einfach nicht und ab sechzehn Uhr verziehe ich mich ins Büro. Ich muss noch arbeiten.“

„Ich dachte, es geht morgen erst weiter?“

„Für euch schon.“

Nach dem Grillen saßen sie noch eine Weile beisammen, bevor Lukas sein Versprechen wahr machte und sich an die Arbeit begab. Auch der Besuch verabschiedete sich und Melissa bemühte die Wasserratten zum Abendessen aus ihrem geliebten Planschbecken. Sie dachte an den Tag, an dem Lukas letzten Sommer mit diesem Monstrum an Quick Up Pool zur Haustür hereinkam und musste lachen.

3

Oktober – Dezember 1991

Der Junge

Nach dem Abendessen bat Vater darum, dass er und seine Schwester noch am Tisch sitzen bleiben sollten. Seine Mutter räumte die Teller ab. Als sie mit diesen an der Spüle stand, fing sie an zu weinen. Sobald sein Vater ihr einen Blick zugeworfen hatte, schluchzte sie nur noch leise.

„Papa, was ist denn?“, fragte er ängstlich.

„Ihr geht jetzt in euer Zimmer. Dort werdet ihr einen Koffer packen. Jeder nur einen. Ihr nehmt das mit, was euch am liebsten auf der ganzen Welt ist.“

„Wohin verreisen wir?“

„Packt eure Sachen. Jetzt.“

Er verstand nicht. Der Präsident hatte im Fernsehen gesagt, dass alles gut werden würde. Noch diesen Monat sollten die Erwachsenen über irgendetwas abstimmen.

„Aber wieso?“, quengelte er.

„Junge, wir haben keine Zeit. Geht eure Sachen packen.“

Seine kleine Schwester fing an zu weinen und Vater schrie nun beide an, dass sie ins Zimmer verschwinden sollten. Unverzüglich tat es ihm leid und er nahm sie in die Arme. Er kniete sich vor sie.

„Wir haben darüber gesprochen, was passiert, wenn der Krieg kommt. Noch ist er nicht vor unserer Haustür, aber auch hier wird es gefährlich werden. Bevor das passiert, müssen wir weg.“

„Können wir wieder zurück?“

„Ja Sohn. In ein paar Wochen.“

Er nahm seine Schwester an die Hand, sprach beruhigend auf sie ein und ging mit ihr ins Kinderzimmer. Papa hatte ihn vor einiger Zeit darum gebeten, auf alles zu hören, was sie ihnen sagten, solange es gefährlich im Land war. Es war wichtig, dass er keinen Blödsinn machte und seiner Schwester stets half. Im Kinderzimmer nahm er ihre Koffer, welche zwischen Kleiderschrank und Tür bereitstanden. Er öffnete beide und begann ihre Garderobe einzupacken.

„Was willst du mitnehmen, Schwester?“

„Meine Stofftiere.“

„Gib her, ich packe sie ein.“

„Schimpft Papa nicht, weil sie Platz für Kleidung wegnehmen?“

„Er wird es nicht erfahren.“

Schnell versteckte er das Kätzchen und den Hasen unter einigen T-Shirts und Hosen. Plötzlich hörte er, wie seine Eltern in der Küche laut wurden. Er trug seiner Schwester auf, weitere Dinge einzupacken, und stellte sich an die Tür. Vater wollte sich bis zu einem Hafen durchschlagen und von dort aus eine Fähre nehmen. Seine Mutter sagte, dass sie das fast all ihre Ersparnisse kosten würde. Er wurde laut und fragte, wie sie es anders anstellen sollten. Sie hatte gehört, dass man sich im Norden komplett über Land durchschlagen konnte. So würden sie noch Vorräte kaufen können.

„Womit sollen wir die denn transportieren? Wir haben das Auto und uns. Unser Geld ist nichts mehr wert. Unser Proviant reicht jedoch bis zum Hafen und darüber hinaus.“

„Aber sie sagten, dass man auch im Osten durchkommt.“

„Frau, hör mir zu! Wir sind eingekesselt. Wer auch immer dir das erzählt hat, der hat dich angelogen! Im Nordwesten und im Osten gab es Gefechte. Im Süden ebenso. Es bleibt uns nur der Hafen.“

„Was ist mit dem Norden?“

„Sei doch nicht so dumm, herrje! Dort separieren sie Väter und Söhne von ihren Familien. Ich kann euch dann nicht mehr beschützen. Was glaubst du, was sie dort mit Frauen und Mädchen machen? Sobald sie uns getrennt haben, erschießen sie uns. Euch werden sie erst schänden und danach töten. Seit vier Wochen haben wir nichts mehr von unseren Freunden aus der Region gehört. Wir fahren zum Hafen und jetzt still!“

Auch er nahm nun sein Kuscheltier und legte es unter seiner Kleidung in den Koffer. Als sie wieder in die Küche kamen, saßen ihre Eltern am Tisch und er bekam gerade noch mit, wie Mutter fragte, ob er alle Papiere hatte. Vater nickte und öffnete die Tür. Als er eine auffordernde Kopfbewegung in ihre Richtung gemacht hatte, konnte sein Papa nichts mehr sagen. Zum ersten Mal in seinem Leben dachte er, dass er Angst im Gesicht seines Vaters wahrgenommen hatte. Er blickte noch einmal in ihr Haus, schloss die Türe und trug ihre Koffer zum Auto. Keiner sagte etwas, bis sie aus der Stadt heraus waren. Er erinnerte sich genau daran, dass sein Vater nur sehr enge Gassen entlang fuhr, bis sie den Fluss im Westen passiert hatten. Danach erst begann er wieder zu sprechen. Unaufhörlich wiederholte er, was sie sagen sollten, wenn sie auf der Straße angehalten würden. Zwischendurch starrte er durch die Windschutzscheibe in die Nacht. Er saß direkt hinter ihm und konnte durch den Rückspiegel sehen, wie er sich von Zeit zu Zeit eine Träne aus dem Gesicht wischte. So auch seine Mutter.

Zu seiner Linken rauschten Wälder an ihm vorbei. Er traute sich nicht zu reden. Als sie am ersten großen See waren, fasste er sich ein Herz.

„Papa, wo fahren wir hin?“

„Nach Bochum zum deutschen Onkel.“

„Ja, ich weiß, dass ich das sagen soll, wenn wir angehalten werden. Aber wo fahren wir wirklich hin?“

„Das ist keine Lüge. Wir fahren nach Bochum. Es wird schön, du wirst sehen.“

„Du hast gesagt, in ein paar Wochen fahren wir wieder nach Hause. Ist das wirklich so? Ich will nach Hause!“

Wieder wischte sich sein Vater Tränen aus dem Gesicht.

„Ja, Sohn. In ein paar Wochen.“

Immer wenn der Lichtkegel eines entgegenkommenden Fahrzeugs zu sehen war, wurden seine Eltern nervös. Erst sobald das Auto an ihnen vorbeigefahren war, entspannten sie sich. Bis zum Nächsten.

Kurz nachdem sie den großen See im Westen passiert hatten, sagte seine Mutter, dass er anhalten solle. Sein Vater wollte wissen, wieso.

„Halt einfach an. Mir ist schlecht.“

Gerade noch rechtzeitig konnte sie die Beifahrertür öffnen, bevor sie sich am Straßenrand übergab. Kommentarlos schloss sie die Autotür, wischte sich den Mund ab und nickte Vater zu. Seine kleine Schwester bekam von alldem nichts mit. Bereits kurz nachdem sie die Stadt verlassen hatten, war sie eingeschlafen.

„Wann geht die Fähre?“

„Kurz nach Mitternacht. Hol die Ausweise raus, bevor wir in der Stadt ankommen.“

Seine Mutter nickte und öffnete das Handschuhfach. Als sie den Hafen erreicht hatten, lag das Schiff bereits vor Anker. Es war riesig. Größer als ihr Haus. Er bekam es mit der Angst zu tun.

Ein Beamter leuchtete mit einer Taschenlampe in das Auto und wollte, dass sein Vater die Scheibe herunterkurbelte. Nun sollte er die Papiere vorzeigen. Der Mann in Uniform schaute diese an und leuchtete zu ihnen auf die Rückbank. Auch er tat jetzt so, als würde er schlafen. Bloß nicht mit diesem unfreundlichen Mann sprechen müssen. Der Beamte winkte sie hindurch, woraufhin sie sich in einer Autoschlange wiederfanden. Es stank nach Abgasen und er musste dringend zur Toilette. Außerdem wollte er nicht auf dieses gruselige Schiff. Das Meer war aufgepeitscht, rau und dunkel. Er hatte Angst. Nicht einmal schwimmen konnte er.

„Ich muss mal.“

„Halte ein“, sagte sein Vater kurz angebunden.

„Aber ich mache mir in die Hose.“

„Es dauert nicht mehr lange“, beschwichtigte seine Mutter.

Eine Frau weinte und bettelte den Mann an, der ihre Pässe kontrolliert hatte. Sie flehte und zeigte auf das Bündel in ihren Armen. Ihr Mann wäre tot. Wie sollte sie alleine hier herauskommen? Er schickte sie zurück in die Stadt.

„Mama, ich muss wirklich. Ich kann nicht mehr einhalten.“

Stumpf öffnete Mutter das Fenster, leerte den Rest ihrer Wasserflasche aus und gab ihm diese.

„Da rein?“

„Ja, es geht nicht anders.“

„Wieso bewegt sich hier denn nichts?“, fragte Vater nervös.

Seine Mutter hatte mittlerweile einen seltsam ruhigen Zustand erreicht. Eine endlos erscheinende Zeit später konnten sie endlich in den Bauch dieses Ungeheuers hineinfahren. Nachdem sie ausgestiegen waren, stank es noch schlimmer nach Abgasen als in der Schlange zuvor. Mutter nahm eine Tasche mit Proviant aus dem Auto. Ihre Koffer blieben im Wagen. Nachdem sie einige Treppen nach oben gestiegen waren, wurde die Luft besser. Sie setzten sich in einen der Wartebereiche. Vater blickte ständig auf seine Armbanduhr. Dauernd leckte er sich über die Lippen, stand auf und ging ein paar Meter, nur um sich direkt wieder hinzusetzen. Eine Durchsage ertönte in einer fremden Sprache und verschiedene Lichter gingen aus. Stattdessen wurde eine andere Beleuchtung eingeschaltet.

„Warum machen die das?“, fragte seine Mutter.

„Ich habe es nicht verstanden, aber ich glaube, damit man die Notausgänge besser sieht.“

Wieder kam eine Durchsage. Dieses Mal in ihrer Sprache. Die Vermutung seines Vaters war richtig. Nun erzählte der Mann aus dem Lautsprecher, dass sie stürmische See hatten und man sich auf eine entsprechende Überfahrt einstellen solle. Ihnen wurde mitgeteilt, wo sich die Spuckbeutel befanden. Erst danach kam der Hinweis zu den Rettungswesten.

„Was ist ein Spuckbeutel?“, fragte seine Schwester.

Sie erklärten es den Kindern, woraufhin diese lachten. Ihre Eltern sahen sich fragend an, während er und seine Schwester nicht mehr aufhören konnten, sich zu kringeln.

„Sie sind übermüdet, Schatz.“

„Kotztüte, Kotztüte, Kotztüte“, rief er und rannte umher.

Als die Maschinen starteten, erschrak er und setzte sich sofort wieder hin. Nur Minuten später wusste er sehr genau, wofür ein Spuckbeutel zu benutzen war.

Es war bereits hell, als sie von ihren Eltern geweckt wurden. Gleich würden sie von Bord gehen. Er war froh, dass sie überlebt hatten. Bevor er einschlief, hatte er sich ausgemalt, wie Haie sie fressen würden, nachdem das Schiff untergegangen war.

Als sie das Hafengelände verließen, wurde sein Vater das erste Mal gefragt, wo sie hin wollten. Wahrheitsgetreu antwortete er und sie wurden durchgewunken. Er hatte keine Lust zu sprechen und schaute den ganzen Tag aus dem Fenster. Auch seine Eltern redeten wenig.

Die ersten Kilometer fuhren sie entlang der Küste. Solange er nicht selbst auf dem Meer sein musste, fand er es schön. Danach langweilte ihn die Landschaft zusehends. Es war flach. Sie kamen durch ein paar hübsche Städtchen und überquerten einen großen Fluss. Nachmittags waren sie so quengelig, dass ihre Eltern einen Parkplatz im Wald ansteuerten, damit sie dort zu Abend essen konnten. Seine Mutter wollte nicht im Dunkeln in einem fremden Land weiterfahren und bat darum, dass sie hier übernachteten. Vater willigte ein.

Am nächsten Morgen klopfte ein Mann in Uniform an die Scheibe. Sein Vater unterhielt sich auf Englisch mit ihm. Er schien freundlich, denn Papa hatte zwischendurch sogar gelacht. Nach dem Frühstück fuhren sie weiter. Über Bergpässe hatten sie nach kurzer Zeit eine Seenlandschaft erreicht. An der Grenze zum nächsten Land dauerte es lange.

Als Vater dem Mann erklärt hatte, wo sie hinwollten, ging er mit ihren Pässen fort. In dem Häuschen schaute er sich sehr lange verschiedene Dinge an. Dann kam er zurück und fragte nach der Adresse vom deutschen Onkel. Wieder ging er in das kleine Haus, wo er sich erneut Unterlagen ansah. Zwischendurch telefonierte er. Als er mit ihren Dokumenten zurückkam, lächelte er und wünschte ihnen einen schönen Tag. Erleichtert setzten sie ihren Weg fort.

Bis zum frühen Nachmittag waren sie fast an der deutschen Grenze angekommen. Die Eltern waren nervös. Heute war er es, der einschlief, während seine Schwester eine Frage nach der anderen stellte. Als er mitten in der Nacht aufwachte, schliefen alle. Er schaute sich um und stellte fest, dass sie wieder auf einem Parkplatz im Wald übernachteten.

Am nächsten Morgen fuhren sie weiter. Papa hatte nicht gelogen. Deutschland war schön. Jetzt freute er sich fast auf den Urlaub. Das Beste daran war, dass er bis zum nächsten Jahr nicht mehr in die Schule gehen musste. Bis Januar wollten sie bleiben.

4

Seinem üblichen Ritual folgend, öffnete Lukas das Fenster im Büro und legte sein Arbeitsmaterial zurecht. Er klappte den Laptop auf, öffnete Dateien und loggte sich in die Datenbanken ein. Anschließend zündete er eine Zigarette an, blies den Rauch des ersten Zuges aus dem Fenster und schaute in ihren Vorgarten. Der Kinder wegen war das Haus rauchfreie Zone. Die einzige Ausnahme bildete sein Arbeitszimmer im ersten Stock. Etwas fehlte. Lukas startete Musik. Alles, was er benötigte, um in seinen gängigen Flow zu kommen, war vorbereitet. Konzentration wollte sich dennoch nicht einstellen. Er zog seinen grauen Lieblingsjogginganzug an, küsste seine Bande, welche gerade beim Abendessen saß und ging laufen.

An diesem Sonntagnachmittag spazierten viele Bekannte aus ihrem Ortsteil in der Kleingartenanlage hinter ihrem Haus. Solange er alle paar Meter jemanden grüßte, würde er auf dem Weg in den Rahmer Wald wohl keinen klaren Gedanken fassen können. Dort angekommen, ging es ihm ähnlich. Einige Leute machten eine abendliche Runde mit ihren Vierbeinern. Lukas entschied sich dazu, seine Route anzupassen. Er lief einen kleinen Trampelpfad entlang des Nettebachs. Seine Strategie schien aufzugehen. Er begegnete niemandem mehr und seine Gedanken begannen sich zu verselbstständigen.

Die erste Leiche, die sie der Serie zuordneten, fanden sie vor exakt zehn Jahren im Dortmunder Hafenbecken. Der Modus Operandi des Täters hatte sich bereits innerhalb seines ersten Tatzyklus verändert. Die ersten drei Leichen hatten sie jeweils in fließenden Gewässern gefunden. Ein Jahr später hatte der Täter angefangen, die Körper zu drapieren. Er präsentierte sie, indem er sie kopfüber an Bäumen aufgehangen hatte. Möglicherweise hatte er also bereits vorher gemordet. Eventuell hat er die leblosen Körper in den Jahren zuvor besser versteckt oder gar entsorgt. Wenn sie jetzt noch Vermissten-Fälle von Kindern im relevanten Alter durchgehen müssten, würde das die Ermittlungen ins Uferlose katapultieren.

Er hatte ihnen eine Botschaft hinterlassen, was er vorher nie getan hatte. Hätte er vor 2013 bereits getötet, konnte er das Alter des Mannes aktuell nicht hinreichend eingrenzen. Normalerweise begannen Serientäter im Alter zwischen sechzehn und zwanzig Jahren zu töten. Demnach wäre er heute circa dreißig. Vorausgesetzt, er hatte wirklich damals begonnen. Was ließ ihn annehmen, dass die Mordserie nicht erst 2013 ihren Anfang nahm?

Der Ermittler hatte nicht bemerkt, dass er schon am Naturschutzgebiet Mastbruch angekommen war. Lukas setzte sich auf einen Baumstamm und starrte auf den Weiher. Eine Schwanen-Familie, Zwergtaucher und Enten zogen ihre Bahnen auf dem Gewässer. Seine Anwesenheit schien sie nicht zu stören. Irgendwo neben ihm im Unterholz trällerte ein Singvogel. Die Töne waren so vielfältig, dass er annahm, es handele sich um eine Nachtigall. Er hatte gelesen, dass im Juni tagsüber nur noch einsame Männchen sangen. Lukas war genervt, da ihn diese ornithologische Weisheit nicht weiterbrachte. Er sollte gerade über den Täter nachdenken. Dennoch blieben seine Gedanken bei den unscheinbaren kleinen Singvögeln hängen. Ihr Gesang galt als einer der komplexesten und ihre Tarnung als nahezu perfekt.

Was, wenn der Täter komplexer war als viele andere? Dafür würde sprechen, dass er sich im Geschlecht seiner Opfer nicht festlegte. Das kommt vor, allerdings selten. Ebenso könnte auch seine Tarnung perfekt sein. Gutbürgerlich. Angepasst. Angesehen vielleicht sogar. Was, wenn er auch vor 2013 eine Pause eingelegt hatte und diese ebenfalls exakt zehn Jahre angedauert hatte? War er im Jahr 2003, also circa zwanzig Jahre alt gewesen? Sie mussten sich Vermissten-Fälle zwischen 2003 und 2005 genauer ansehen.

Lukas wusste, wie es um die Psyche von Sexualstraftätern stand. Deren Drang war immens und ihre Fantasien nicht zu bändigen. Sexuelle Präferenzen sind da. Bei jedem. So auch bei Straftätern. Den Grund dafür bekamen sie meist erst im Nachhinein heraus. Bei manchen nie.

Erstes und letztes Opfer der damaligen Serie waren beide aus Dortmund und wurden ebenda getötet. Die anderen Morde fanden in der Region Niederrhein statt. Dies konnte bedeuten, dass der Täter in Dortmund wohnte, hier aber nicht töten wollte. Also grenzte das die Vermissten-Fälle von 2003 bis 2005 wenigstens auf zwei Regionen ein. Am besten wäre es, sie würden das Material bereits morgen mit nach Düsseldorf nehmen können. Umständlich nestelte er sein Diensthandy aus dem Arm-Gurt unter dem T-Shirt hervor. Sein ehemaliger Chef veranlasste alles und wollte die Akten heute Abend abholen. Lukas bedankte sich und machte sich auf den Heimweg.

Als er durch die Anlage seines Fußballvereins kam, waren dort die ersten drei Mannschaften noch am Feiern. Der Verein hatte am heutigen Spieltag zwei Siege eingefahren. Lukas hatte nicht damit gerechnet, nun auch noch hier abgefangen zu werden.

„Marsollek! Ey, komm ran hier“, schrie Hennes ihm entgegen, als er oben am Vereinsheim angekommen war.

„Ich muss weiter Leute.“

„Nee, nee. Nix da! Du trinkst erst mal ein Bier mit uns.“

„Gut, aber nur eins, Hennes. Ich muss noch arbeiten.“

Angeheitert stiefelte der Platzwart ins Vereinsheim und verlangte lautstark nach einer neuen Runde.

„Wann kann ich Aki, Daniel und dich eigentlich mal wieder für die Alte Herren aufstellen?“, fragte Tommy.

„Im Moment schwierig. Wir haben einen neuen Fall.“

„Marsollek, was neuer Fall, ey? Du bist doch gar nicht mehr in Dortmund. Außerdem alle drei gleichzeitig, oder was?“, blökte Hennes ihm ins Ohr.

„Schrei doch nicht so. Ich werd' noch taub wegen dir.“

„Jetzt lenk' nicht ab. Macht hinne, schnappt euch den Wichser, und dann zack, zack! Rabotti, auf 'n Platz mit euch!“

Lukas verabschiedete sich grinsend und wünschte seinen Vereinskollegen noch viel Spaß.

Am Krug angekommen, betrat er den Seiteneingang und begrüßte Brigitte. Bei der sommerlichen Hitze stand die Küchentür stets offen.

„Ist Dietmar oben?“

„Ja, wo soll er sonst sein?“

„Er wollte noch mal ins Dezernat, um etwas zu organisieren. Ich hole die Unterlagen aber gerne selbst ab.“

„Oh super. Warte, ich rufe ihn an.“

Lukas stellte sich vor das Küchenfenster der Gaststätte und zündete eine Zigarette an. Kurz darauf sagte Dietmars Frau, die gleichzeitig die Wirtin des Kruges war, dass er ihn anrufen würde, sobald alles zur Abholung bereit war.

„Danke dir. Ich geh' dann heim. Liz macht sich sicher schon Sorgen. Ich würde dich ja umarmen … “

„Nee, lass mal“, lachte sie dem völlig verschwitzten Mann entgegen.

Wieder zu Hause fragte Melissa ihn, wo er so lange gesteckt hatte.

„Bin alle paar Meter abgefangen worden, bevor ich richtig zum Nachdenken kam. Den Rückweg über den Platz hätte ich mir auch knicken sollen. Direkt wieder eingesackt.“

„Du setzt dich gleich noch ins Büro, oder?“

„Schnell duschen, dann muss ich kurz ins Dezernat und anschließend wollte ich noch arbeiten, ja.“

„Ihr werdet euch noch früh genug die Nächte um die Ohren schlagen. Dezernat okay, aber dann komm zur Ruhe.“

„Ich sollte eigentlich gerade am ersten Entwurf des Profils sitzen. Ich bin eh schon hintendran, Liebste.“

„Susanne wird dich deswegen keinen Kopf kürzer machen.“

„Wir haben ein echtes Zeitproblem.“

„So wie bei jedem Fall. Dezernat okay, aber dann chillst du. Ich warte auf dich. Dein Büro schließe ich ab und schlucke den Schlüssel runter, wenn es sein muss.“

Während Lukas unter der Dusche war, rief Dietmar an. Melissa ging dran und richtete ihrem Mann aus, dass er die Unterlagen im Präsidium abholen konnte.

Als Lukas mit eben dieser Kiste in Händen gegen zweiundzwanzig Uhr wieder zu Hause ankam, stillte sie den Kleinen.

„Der hat aber Kohldampf heute. Noch eine Doku, Liebste?“

„Ja gerne. Wo wollen wir heute hin?“

„F ist dran. Letztes Mal sind wir eingeschlafen, zählt also nicht. Neuer Versuch Finnland?“

„Perfekt.“

„Ich koche Tee. Du suchst eine Doku.“

In Helsinki gluckste Jonas noch zufrieden vor sich hin und schlief bereits bei Tampere, friedlich in den Armen seiner Eltern. Diese schafften es heute tatsächlich bis zur nördlichsten Stadt und gingen danach samt Baby Jonas ins Schlafzimmer.

Nur vier Stunden später wachte Lukas auf, da er im Garten etwas gehört hatte. Lautlos schlich er hinunter. Nichts. Er streichelte Toffee und Mikesch, bereitete einen Kaffee zu und nahm sie mit ins Büro. Lukas öffnete das Fenster, startete leise seine Arbeitsmusik und wollte sich gerade die erste Akte aus der Kiste nehmen, als er einen Zettel bemerkte.

Huhu Luki,

Ich war bis eben auch noch im Dezernat und hab eine Liste zur Übersicht vorbereitet. Namen und Alter zum Tatzeitpunkt, Wohnort und damals verdächtigte Personen. Der Ausdruck ist vorne in Akte EG 268-06-CC. PS: Ich bin schwanger! Deniz und ich werden Eltern, freu! Gruß, Steffi.

Die Gute, dachte er und nahm die Aktenkladde. Obwohl er das nie und nimmer von Dietmars Sekretärin verlangt hätte, war er ihr in diesem Moment mehr als dankbar für ihre Vorarbeit. Lukas beschloss, ihr die Tage ein kleines Dankeschön zukommen zu lassen. Außerdem freute er sich, dass seine beiden ehemaligen Kollegen Eltern wurden.