Mach die Härte des Lebens zu deiner Hängematte - Ben Aldridge - E-Book

Mach die Härte des Lebens zu deiner Hängematte E-Book

Ben Aldridge

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Beschreibung

Als lähmende Angstzustände und Panikattacken seinen Alltag mehr und mehr beeinträchtigten, beschloss Ben Aldridge, sich ein Jahr lang den verrücktesten und wunderbarsten Herausforderungen zu stellen, um seine Ängste zu überwinden: Eiskalt duschen, Insekten essen, Marathon laufen, an ungewöhnlichen Orten schlafen, das Erlernen einer neuen Sprache in Rekordzeit und das Lösen des Rubik-Würfels in weniger als einer Minute sind nur einige der Methoden, mit denen er seinen Körper und seinen Geist erfolgreich dazu brachte, mehr zu lernen, mehr auszuhalten und mehr zu erreichen. In diesem Buch erzählt Aldridge, wie er durch das bewusste Verlassen seiner Komfortzone und das Aushalten von Schwierigkeiten sein Leben komplett verändern konnte. Und er zeigt, wie jeder diese praktische Methode der Selbstentwicklung übernehmen und eigene Ängste oder selbst auferlegte Grenzen überwinden kann, um (wieder) ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dieses Buch ist vollgepackt mit nützlichen Tipps und Tricks und enthält zudem wertvolle Hinweise aus Stoizismus, Buddhismus und Kognitiver Verhaltenstherapie. Es ermutigt alle dazu, Widrigkeiten anzunehmen, neue Denkweisen zu entwickeln und stark und widerstandsfähig im Leben zu stehen.

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Seitenzahl: 386

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BEN ALDRIDGE

MACH DIE HÄRTE DES LEBENS ZU DEINER HÄNGEMATTE

43 ausgefallene, wunderbare und nützliche Wege zu mehr Resilienz und einem starken Mindset

BEN ALDRIDGE

MACH DIE HÄRTE DES LEBENS ZU DEINER HÄNGEMATTE

43 ausgefallene, wunderbare und nützliche Wege zu mehr Resilienz und einem starken Mindset

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

1. Auflage 2022

© 2022 by Finanzbuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Copyright der Originalausgabe © 2020 by Ben Aldridge. All Rights Reserved. Design and typography copyright © Watkins Media Limited 2020. Die englische Originalausgabe erschien unter dem Titel How to Be Comfortable with Being Uncomfortable bei Watkins, an imprint of Watkins Media Limited 2020, www.watkinspublishing.com.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Thomas Gilbert

Redaktion: Lucia Rojas

Korrektorat: Dr. Manuela Kahle

Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer

Umschlagabbildung: shutterstock.com/Leremy; shutterstock.com/Elena Li

Satz: Carsten Klein, Torgau

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-95972-505-7

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-957-4

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-958-1

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

INHALT

Einleitung

Wie man mentale Widerstandskraft aufbaut

Stoizismus

Buddhismus

KVT (Kognitive Verhaltenstherapie)

Mindset

Über die Challenges

Wie du die Challenges einsetzen kannst

Die Challenges

1. Lass es so richtig kalt werden

2. Lerne eine Fremdsprache

3. Nimm an einer mehrtägigen Wanderung teil

4. Präge dir einen kompletten Satz Spielkarten ein

5. Akupunktur

6. Tritt bei einem Wettlauf an

7. Löse einen Rubik’s Cube (Zauberwürfel)

8. Besteige einen Berg

9. Werde zum Frühaufsteher

10. Der längste Bahnhof in Wales

11. Schlaf in einem Biwaksack

12. Versuche, Schmerzen auszuhalten

13. Knacke ein Schloss

14. Iss etwas Ungewöhnliches

15. Absolviere einen Extrem-Hindernislauf

16. Meditiere

17. Falte einen Origami-Kranich

18. Halte eine öffentliche Rede

19. Lies ein Fachbuch

20. Mach dein Trainingsprogramm schwieriger

21. Bekämpfe eine Angst

22. Pfeife mit den Fingern

23. Faste

24. Sprich einen Fremden an

25. Mach den Beep-Test

26. Wie gut bist du am Steuer?

27. Lass deinen Adrenalinpegel steigen

28. Stell dich ohne Grund in eine Warteschlange

29. Lerne eine schwierige Yogahaltung

30. Koch mal etwas Neues

31. Absolviere einen Triathlon

32. Zieh dich aus

33. Probiere eine neue Sportart aus

34. Jongliere mit drei Bällen

35. Meistere deine Höhenangst

36. Verbessere deine Ernährung

37. Seilspringen wie Rocky

38. Digital Detox

39. Lerne einen Zaubertrick

40. HIIT (Hochintensives Intervalltraining)

41. Schlafe auf dem Fußboden

42. Trage einen Tag lang ein total auffälliges Outfit

43. Via Ferrata (Klettersteig)

Was nun?

Challenge-Tage

Urlaub mit Challenges

Lektionen aus meinem Jahr der Herausforderungen

Schlussgedanken

Challenge-Index

Buchempfehlungen

Schau doch mal vorbei

Danksagung

EINLEITUNG

Im »Caesars Palace Hotel« zu liegen mit der panischen Angst, gerade einen Herzinfarkt zu erleiden, war nicht gerade das, was ich mir für meinen Urlaub vorgestellt hatte. Schon gar nicht in Las Vegas. Zum gefühlt hundertsten Mal innerhalb von zwei Wochen dachte ich, ich würde gleich sterben. Mein Herz raste, mein Körper zitterte und ich schwitzte, als gäbe es kein Morgen. Das Schlimmste aber war die Angst. Die Angst war so greifbar und überwältigend, dass es sich anfühlte, als würde mein Kopf explodieren. Das Adrenalin schoss mir durch den Körper und ich konnte nicht klar denken. Meine Freundin Helen saß neben mir. Sie versuchte alles, um mich zu beruhigen, aber ich hatte Mühe, ihre Worte zu verstehen. Ich war praktisch unfähig, irgendetwas zu erkennen. Ich hatte das Gefühl, die Außenwelt um mich herum würde immer kleiner, während ich auf unserem absurd riesigen Bett lag. Ich starrte an die Decke und schloss meine Augen. Was war mit mir geschehen? Was war hier los?

Helen und ich waren in den vorangegangenen zwei Wochen von San Francisco nach Las Vegas gefahren mit der Idee, einen »entspannten« und »vergnüglichen« Urlaub in den Staaten zu verbringen. Doch mir war es gründlich gelungen, diesen Plan zu vereiteln – wenn auch ohne Absicht. Scheinbar aus heiterem Himmel wurde ich von einem Ansturm heftiger Symptome heimgesucht. Zuerst vermutete ich, es sei der Jetlag, aber es wollte einfach nicht besser werden. Sobald wir in den Staaten gelandet waren, ging es los – eine Mischung aus Übelkeit, Herzklopfen und Anflügen von Schüttelfrost. Hinzu kam ein unterschwelliges, mulmiges Gefühl der Angst, das nie verschwand. Zeitweise war es so schlimm, dass ich dachte, ich würde gleich zusammenbrechen. Diese Zustände überkamen mich in Wellen und ließen mich völlig ausgelaugt und erschöpft zurück. Ich verstand nicht, was da mit mir geschah, und ich hatte wirklich Angst.

Unsere gesamte Rundreise war von diesen Episoden geprägt; oft waren es ganz normale Sachen, die meine Symptome verstärkten. Zu Beginn des Urlaubs wohnten wir in San Franciscos »Tenderloin«-Distrikt. In diesem berüchtigten Viertel gab es eine Menge Drogendealer und Junkies. Der Aufenthalt dort ließ meinen Adrenalinspiegel in die Höhe schnellen. Jedes Mal, wenn wir das Hotel verließen, wurde uns geraten, einen großen Bogen um bestimmte Straßen zu machen. Die Gestalten, die sich in der Nachbarschaft herumtrieben, wirkten einschüchternd. Also klar, dass du dich unwohl fühlst, wenn direkt neben deinem Hotel Leute im Drogen- oder Alkoholrausch bewusstlos auf dem Boden liegen und andere aggressiv herumpöbeln. Aber in meinem Fall löste das extreme Stressreaktionen aus und meine Symptome wurden immer schlimmer.

Ein anderes Mal musste ich in L.A. auf einer achtspurigen Schnellstraße fahren, was mich total überforderte. Normalerweise wäre ich mit so etwas gut zurechtgekommen, aber diesmal hatte ich wirklich Mühe, die Ruhe zu bewahren.

Ich fühlte mich komplett hilflos und fand das ganze Erlebnis unerträglich. Ich dachte allen Ernstes, dass ich einen Unfall bauen würde und das Flammenmeer meines explodierenden Autos alle Menschen in der Nähe mit in den Tod reißen würde. In meinem Kopf spielte ich gegen meinen Willen die extremsten Szenarien durch und ich wusste nicht, was ich dagegen unternehmen sollte.

Eines Tages fuhr ich mit unserem Mietwagen in der Wüste von Arizona mitten in einen Gewittersturm. Es sah wirklich so aus, als würde die Welt untergehen, als das Gewitter den Horizont mit einem schwarzen Vorhang aus Wolken und Blitzen überzog. Das Unwetter lag genau über der Straße – als wollte es uns herausfordern. Es gab keine Ausfahrten auf dem Highway und nichts, wo wir hätten wenden können. Die einzige Möglichkeit war, direkt in das Auge des Sturms zu fahren. Furchteinflößend? Absolut.

Da ich in Großbritannien aufgewachsen bin, war ich auf die Heftigkeit amerikanischer Stürme nicht vorbereitet. Als sich das Auto dem Zentrum des Sturms näherte, fuhren wir in den strömenden Regen hinein. Die Scheibenwischer konnten nicht mehr mithalten und es war kaum noch etwas zu erkennen. Ich war ein nervöses, angespannt zitterndes Wrack. Zu allem Übel schlugen überall um uns herum Blitze ein. Mehrmals pro Minute erhellten riesige Blitze den gesamten Himmel. Das ganze Auto vibrierte und wir konnten die statische Elektrizität in der Luft spüren. Die Härchen auf meinen Armen stellten sich auf, als wir durch das Gewitter fuhren. So etwas hatte ich noch nie in meinem Leben erlebt und ich war völlig verängstigt.

Als wir endlich das Ende des Sturmtiefs erreicht hatten und der Himmel aufklarte, jauchzte ich vor Freude. Die Intensität des Moments war sehr real und das Adrenalin, das durch meinen Körper schoss, ließ meine Hände wieder zittern. Die Erleichterung war jedoch nur von kurzer Dauer und meine unterschwellige Angst kehrte schnell zurück.

In jener Nacht konnte ich nicht schlafen und spürte, wie meine Symptome schlimmer wurden. Die Angst schien allgegenwärtig zu sein und ich war von all dem völlig verunsichert. Helen hatte mehrmals die Vermutung geäußert, dass es vielleicht meine Psyche war, die diese Probleme verursachte, aber ich wollte diesen Gedanken nicht eine Sekunde lang zulassen. Wie konnte meine Psyche solche Reaktionen in meinem Körper hervorrufen? Ich war überzeugt davon, dass es sich um eine rein körperliche Angelegenheit handelte und dass ich mich im Flugzeug mit irgendetwas angesteckt hatte. Ich war mir zu 100 Prozent sicher, dass mit meiner Psyche alles in Ordnung war … aber irgendetwas stimmte nicht.

Die Reise endete in Las Vegas, wo ich am Ende das Hotelzimmer gar nicht mehr verlassen wollte. Der Urlaub war nicht das tolle Abenteuer, das er hätte sein sollen, und ich wollte nur noch weg, nach Hause. Ich war überzeugt davon, dass es mir gut gehen würde, sobald ich wieder in London wäre. Aber da lag ich falsch.

Nach meiner Rückkehr nach Großbritannien wurde es immer schlimmer. Ich wurde mitten in der Nacht vom Herzrasen geweckt, das Blut schoss mir wie wild durch die Adern. In unregelmäßigen Abständen wachte ich mehrmals pro Nacht in totaler Panik auf, an erholsamen Schlaf war nicht mehr zu denken. Das starke Herzklopfen wurde mein ständiger Begleiter, mir war andauernd übel und ich sah sehr blass aus. Ich traute mich nicht mehr aus dem Haus und war kontinuierlich angespannt. Die ganze Zeit drinnen zu bleiben, half mir jedoch auch nicht weiter und ich spürte, wie meine Welt zu schrumpfen begann.

Meine Eltern waren mit Helen einer Meinung und vermuteten, dass ich mich vielleicht in diese wahnsinnigen Zustände hineinsteigerte. Sie versuchten sanft zu suggerieren, dass die Ursache vielleicht psychischer Natur sei … Ich aber war immer noch davon überzeugt, dass dies nicht der Fall sei.

Ich gehe nicht gerne zum Arzt (wer tut das schon?), aber ich musste etwas an meiner Situation ändern. Ich musste herausfinden, was los war, und suchte verzweifelt nach einer Lösung. Also ließ ich mir bei meinem Hausarzt einen Notfalltermin geben, fest entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Ich dachte immer noch, ich hätte irgendeine körperliche Krankheit und war daher wirklich überrascht, als der Arzt meine Symptome als Angstzustände diagnostizierte. Für alle anderen – den Arzt, Helen und meine Eltern – muss es offensichtlich gewesen sein, aber ich sah es einfach nicht. Ich konnte es nicht. Aus irgendeinem Grund war ich unfähig zu erkennen, was los war. Vielleicht hatte ich mich so sehr davor gefürchtet, dass mit meinem Verstand etwas »nicht stimmte«, dass ich es geschafft hatte, diese Option als mögliche Ursache völlig auszuschließen. Ich glaube, das lag sowohl an Unwissenheit (ich wusste nichts über Angstzustände) als auch an der Angst, »verrückt« zu sein. Mir war nicht klar, dass die psychische Gesundheit ein so breites Spektrum an Erkrankungen umfasst. Mir war nicht klar, dass es etwas ist, das jeden zu jeder Zeit betreffen kann. Ich dachte, es gäbe nur schwarz oder weiß, und man sei entweder »in Ordnung« oder müsse in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden. Unwissenheit war in diesem Fall alles andere als ein Segen.

Ich brauchte eine Weile, um meine Diagnose zu verarbeiten und zu akzeptieren, dass ich unter Panikattacken und akuten Angstzuständen litt (die offizielle Diagnose des Arztes). Nachdem ich mich damit abgefunden hatte, kam ich zu einer wichtigen und verblüffenden Erkenntnis – vereinzelt hatte ich schon früher Ähnliches erlebt: Zustände, die ganz klar Panikattacken oder angstbedingte Erscheinungen gewesen waren. Ich erinnerte mich, wie ich vor vielen Jahren beim Betreten eines Flugzeugs gedacht hatte, ich würde zusammenbrechen vor Angst. Ich konnte nicht richtig atmen und begann zu hyperventilieren. Das dauerte ein paar Minuten und dann wurde es wieder besser. Ich hatte mich abgelenkt und nicht weiter darüber nachgedacht, aber das war eindeutig eine Panikattacke gewesen.

Einige weitere Erfahrungen dieser Art tauchten in meiner Erinnerung auf – in Zügen, Bussen und Einkaufszentren. In der Vergangenheit war es nie so intensiv gewesen, aber ich hatte offensichtlich schon früher Angstzustände erlebt. Interessant. Ich wollte unbedingt verstehen, was da vor sich ging und warum es in Amerika so schlimm geworden war. Ich bin ein ziemlich ausgeglichener Mensch und dieses Ausmaß an Angst in meinem Leben war nicht normal. Ich musste eine Lösung finden.

Angstzustände sind etwas, das jeden betrifft, und abhängig von den jeweiligen Umständen tauchen sie auf und verschwinden dann wieder. Wenn wir uns besorgt oder ängstlich fühlen, können wir eine Reihe von physischen Symptomen im Körper feststellen – ein erhöhter Herzschlag, Adrenalin schießt uns durch die Adern, wir fühlen Schwindel und Benommenheit, Schwitzen, Übelkeit und allgemeines Unbehagen – dies sind einige der am häufigsten auftretenden Empfindungen. Angst ist ein Teil der menschlichen Natur und wird manchmal als »Kampf-oder-Flucht«-Reaktion bezeichnet. Wenn ein Bär plötzlich durchs Fenster in dein Haus klettern würde, bin ich mir ziemlich sicher, dass du all die eben aufgeführten Symptome durchleben würdest. Das ist zu erwarten (nein, nicht dass ein Bär durchs Fenster klettert). Diese Reaktion unseres Körpers ist im Wesentlichen unser Überlebensinstinkt und etwas, für das wir äußerst dankbar sein sollten. Seit Tausenden von Jahren ermöglicht sie uns das Überleben als Spezies und hilft uns, erfolgreich akute Gefahren zu umschiffen. Doch leider verursacht dieses System in der modernen Welt auch Probleme.

Sich Sorgen um die Zukunft zu machen ist völlig normal und wir alle nehmen manchmal als Reaktion auf kleine oder eingebildete Bedrohungen diese »Kampf-oder-Flucht«-Symptome wahr. Ebenso würden die meisten Menschen Angst bekommen, wenn sie überraschend zu einem Fallschirmsprung aufgefordert würden. Wenn man jedoch anfängt, solche Empfindungen ohne offensichtliche Ursache zu erleben, oder wenn die Symptome einen zu überwältigen drohen, wird dies allgemein als »Angststörung« bezeichnet. Dann ist es höchste Zeit, dass man etwas dagegen unternimmt. Man muss für sich einen Weg finden, mit den Emotionen und Empfindungen, die man verspürt, umzugehen.

Panikattacken sind etwas anders als Angstzustände. Man erlebt sie als Augenblicke äußerst intensiver Angst; man fühlt sich völlig überfordert und denkt, man wird gleich sterben (das ist kein Scherz). Wenn du noch nie zuvor eine Panikattacke erlebt hast und zum ersten Mal in einen solchen Zustand gerätst, ist es nicht unüblich, dass du den Notarzt ruft und ins Krankenhaus fährst, weil du denkst, du erleidest gerade einen Herzinfarkt. So intensiv und angsteinflößend können Panikattacken sein.

Auch wenn eine Panikattacke es rein medizinisch betrachtet nicht erfordert, dass man ins Krankenhaus fährt, kann sie sich doch sehr unangenehm anfühlen. Solche Attacken können durch einen bestimmten, offensichtlichen Auslöser verursacht werden, wie zum Beispiel den Bären, der durchs Fenster klettert, oder durch etwas, das dein Verstand übermäßig aufbauscht, wie zum Beispiel die Befürchtung, der Bus könne zu voll sein (was vielleicht nicht ganz so beängstigend ist wie ein Bär). Panikattacken können ein einmaliges Ereignis sein oder immer wieder auftreten. Sie dauern in der Regel nur ein paar Minuten an, sind aber heftige Erlebnisse, deren Intensität extreme körperliche Auswirkungen haben kann.

Panikattacken und Angstzustände – das war es also, was ich auf meiner Autoreise durch die USA erlebt hatte. Sie schlichen sich an mich heran und hauten mich dann völlig um. Ich beherrschte keine Bewältigungsstrategien und wusste nur wenig über psychische Gesundheit. Damals hatte ich keine Ahnung, woher diese Angst kam und warum sie in meinem Leben aufgetaucht war. Eigentlich gab es nichts, worüber ich mir Sorgen machen musste – ich hatte einen tollen Job, eine wunderbare, langjährige Partnerin, eine Reihe großartiger Freunde und eine liebevolle Familie. Woher kam dieser Stress und warum erlebte ich eine so gewaltige Angst? All diese Fragen führten mich schließlich in ein Abenteuer, das mein Leben verändern sollte und von dem ich dir in diesem Buch erzählen möchte. Darauf komme ich später noch zurück – jetzt erst einmal zurück zur Arztpraxis und meiner Geschichte …

Der Arzt schlug mir vor, zunächst einmal mit einer Gesprächstherapie zu beginnen. Ich war mir nicht sicher. Ich bin ein ziemlich zurückhaltender Mensch und glaubte nicht, dass ich eine Therapie bräuchte (vielleicht war mein Verstand damals noch zu sehr blockiert, um diesen Vorschlag akzeptieren zu können). Aus irgendeinem Grund wollte ich das Problem selbst lösen. Ich schätze, die Tatsache, dass ich ein ziemlicher Kontrollfreak bin, hat es auch nicht besser gemacht. Ich könnte immer noch zur Therapie gehen, falls es mir nicht gelänge, mir selbst zu helfen, und dieser Gedanke gab mir Zuversicht. Ich mag es, Dinge selbst herauszufinden, und war schon immer gut darin, mich in Projekte zu stürzen. Etwas über Ängste zu lernen und wie ich damit umgehen kann, wurde zu meiner neuen Obsession und das Sammeln von praktischen Tipps und Bewältigungsmechanismen zu meinem neuen Hobby.

Ich begann, alles zu lesen, von dem ich dachte, es könnte helfen – unzählige Bücher über Philosophie, Psychologie, KVT (kognitive Verhaltenstherapie), Selbsthilfe und inspirierende Biografien. Meine Wohnung sah aus wie eine chaotische Bibliothek, überall lagen halbgelesene Bücher herum. (Ich habe wirklich eine Menge Geld für Bücher ausgegeben und unglaublich viel Zeit investiert, um alles über den menschlichen Geist zu lernen). Zusätzlich schaute ich mir Online-Dokumentationen und Videos an, um zu verstehen, was mir da gerade widerfuhr. Zu allem, was ich lernte, machte ich mir Notizen. Ich fühlte mich wie ein verrückter Wissenschaftler auf der Suche nach einem Wundermittel gegen Angstzustände (wahrscheinlich sah ich auch so aus). Helen war eine fantastische Hilfe: Sie suchte Bücher und Artikel zu meinem Thema heraus und ermutigte mich, alles so weit wie möglich zu ergründen.

In den nächsten Wochen wurde mir nach und nach klarer, was mit mir geschehen war, was in meinem Verstand vor sich ging und was ich tun konnte, um die Kontrolle zurückzugewinnen. Meine Nachforschungen erschlossen mir viele Theorien und Ideen, über die ich nachdenken konnte.

Ganz besonders ansprechend fand ich das Konzept der »Komfortzone«. Wir alle haben Komfortzonen, und sie unterscheiden sich je nach unserer Persönlichkeit. Tatsächlich gibt es so viele Komfortzonen, wie es Menschen gibt. Milliarden. Im Lauf unseres Lebens nehmen sie unterschiedliche Formen an, während wir heranwachsen und uns verändern. Ich sehe die Komfortzone als etwas, das sich ständig weiterentwickelt – ihre Form passt sich an unsere Erfahrungen an.

Stellen wir uns vor, dass eine Komfortzone wie ein Kreis aussieht. (Du kannst deine auch wie eine Banane aussehen lassen, was immer für dich passt.) Wenn du dich in dem Kreis (oder der Banane) befindest, fühlst du dich sicher und geborgen. Wenn du ihn jedoch verlässt, fühlst du dich ängstlich, verwundbar und unbehaglich. Das ist ganz normal und ist das Erklärungsmodell, mit dem die meisten von uns vertraut sind. Hier ein Beispiel: Du fühlst dich vielleicht sehr wohl, wenn du mit Freunden und Kollegen sprichst, aber wenn du gebeten wirst, auf der Arbeit eine Präsentation vor ein paar hundert Leuten zu halten, beginnst du, dich unwohl zu fühlen. Solche Anlässe können Menschen leicht aus ihrer Komfortzone herauskatapultieren, während ein lockeres Gespräch das nicht unbedingt tun würde.

Man sollte bedenken, dass wir alle unterschiedliche Komfortzonen haben können, je nachdem, was wir gerade tun. Wenn wir in einem Sport antreten, mit dem wir sehr vertraut sind, befinden wir uns wahrscheinlich innerhalb unserer eigenen Komfortzone, während andere gleichzeitig damit zu kämpfen haben könnten. Es wird nicht viel Mühe erfordern, um Bereiche in deinem Leben zu finden, in denen deine Komfortzonen größere Kreise ziehen und du dich entspannt und wohlfühlst. Das kann mit deiner Arbeit, deinen Hobbys oder deinem sozialen Leben zu tun haben. Sicherlich hast du einige Bereiche in deinem Leben, in denen du dich selbstsicher fühlst.

Man darf dabei nicht vergessen, dass jeder seine eigenen Komfortzonen hat, abhängig von dem, was er tut. Wenn wir in einer Sportart, in der wir geübt sind, an einem Wettkampf teilnehmen, bewegen wir uns möglicherweise ganz bequem in unserer Komfortzone, während andere dabei schon aus ihrer Zone herauskatapultiert werden. Du wirst sicher leicht Lebensbereiche ausmachen können, in denen du ganz entspannt bist und dich wohlfühlst, dort bildet deine Komfortzone einen großen Kreis. Vielleicht betrifft das dein Arbeitsumfeld, dein Hobby, dein Sozialleben. Ohne Zweifel gibt es auch in deinem Leben Umstände, die dir diese Sicherheit vermitteln.

Interessant ist jedoch, dass es für uns sehr einfach ist, innerhalb dieser Kreise zu bleiben und nicht den »dunklen und angsteinflößenden« Bereich außerhalb unserer Komfortzone zu erkunden. Daran sind wir alle selbst schuld und es ist etwas, an dem wir bewusst hart arbeiten müssen, um es zu ändern. Um die Konturen unserer Komfortzonen tatsächlich zu erweitern, müssen wir sie verlassen. Wir müssen die Bereiche erforschen, die direkt hinter den Grenzen und im Unbekannten liegen. Indem wir das tun, erweitern wir unseren Horizont und verschieben die Grenzen dessen, was wir als komfortabel empfinden.

Meine Komfortzone wurde nach dem Amerika-Roadtrip sehr klein und ich hatte das Gefühl, jede Kleinigkeit schubste mich über die Grenze. Alles Mögliche verursachte mir ein ungutes Gefühl und meine Welt wurde immer kleiner. Ich fand das extrem frustrierend und lähmend und die Vorstellung, meine Komfortzone bewusst zu verlassen, um sie neu zu gestalten und zu erweitern, gefiel mir überhaupt nicht. Das heißt, bis ich anfing, über die Stoiker zu lesen …

Während meiner umfangreichen Recherchen darüber, was ich persönlich tun könnte, um die Kontrolle über mein Leben zurückzuerlangen, stieß ich auf eine Gruppe von Denkern, die sogenannten Stoiker. Die stoischen Philosophen der griechischen und römischen Antike sahen es als sinnvoll an, sich in Widrigkeiten zu üben, um eine stärkere und widerstandsfähigere Mentalität zu entwickeln. Sie taten dies auf vielerlei Art und Weise: über das Verringern ihrer Essensrationen, den direkten Kontakt mit den Urkräften der Natur und das Leben in Armut bis hin zum Tragen von Kleidung oder Farben, die sie bewusst vor ihren Mitmenschen in Verlegenheit brachten. Keine Schuhe? Kein Problem. Barfuß zu laufen wurde als charakterstärkende Herausforderung angesehen.

Ich fand diese Konzepte toll und war von deren Kühnheit beeindruckt. Diese Art von »stoischem Training« inspirierte mich. Ich bin ein introvertierter Mensch und der Gedanke, absichtlich etwas Ausgefallenes zu tragen, ließ mich erschaudern. Ich hasse ausgefallene Kleidung und die Vorstellung, mich absichtlich aus meiner Komfortzone herauszuzwingen, faszinierte und ängstigte mich zugleich.

Ich untersuchte diese Konzepte und Vorschläge genauer und dachte über Wege nach, wie ich persönlich mich in Widrigkeiten üben könnte. Was könnte ich tun, um meine Komfortzone zu verlassen? Würde ich an Selbstvertrauen gewinnen und meine Angst überwinden, wenn ich mich selbst herausforderte? Würde ich, wie die Stoiker, meine mentale Stärke vergrößern können? Würde das Verlassen meiner Komfortzone mir helfen, meine Welt wieder zu erweitern?

Jede Menge Fragen schwirrten mir im Kopf herum, also beschloss ich, ein Experiment zu wagen. Ich schrieb all das auf, was mir eine Heidenangst einjagte, und entwickelte daraus eine Liste von Aufgaben. Sie enthielt bald nicht mehr nur die Sachen, die ich für beängstigend hielt, sondern auch solche, die ich schwierig und herausfordernd fand. Einige der Ideen waren richtig albern und es machte Spaß, sie im Kopf und auf dem Papier durchzuspielen. Die länger werdende Liste brachte mich auf immer neue und interessante Möglichkeiten, mich aus meiner Komfortzone herauszuwagen. Die Ideen prasselten nur so auf mich ein und binnen kürzester Zeit saß ich mit einer riesigen Liste von schwierigen, beängstigenden und aufregenden Herausforderungen und Aufgaben da. Tatsächlich waren es Hunderte. Mein Gehirn spielte verrückt und ich hatte nun eine Reihe von Dingen, die ich tun könnte, um mich abzuhärten, wenn ich den Mut fände, hinauszugehen und sie auszuführen. Die Idee für dieses Projekt war geboren.

In jenem Moment beschloss ich, Furcht und Angst ins Gesicht zu sehen und meine ehrgeizige Liste von Aufgaben abzuarbeiten, alles im Namen der Selbstoptimierung. Ich wusste nicht, wie lange es dauern würde, aber ich beschloss, möglichst viele innerhalb eines Jahres anzugehen. Ich hatte das Gefühl, ein Jahr wäre eine gute Zeitspanne, um die Theorie richtig auszutesten und zu beobachten, wie sich meine psychische Verfassung verändern würde. Falls es nicht funktionieren sollte, könnte ich jederzeit aufhören und einen anderen Ansatz ausprobieren. Die »Komfortzonen-Challenges« waren bereit, in die Tat umgesetzt zu werden, und ich erklärte dieses Projekt zu meinem persönlichen »Jahr der Widrigkeiten«. Stellt euch eine von Rocky inspirierte Trainingssequenz vor. Das ist so ziemlich das, was als Nächstes passierte. Na ja, so ungefähr …

Im Laufe eines Jahres stürzte ich mich in so viele irrwitzige und herausfordernde Situationen wie möglich. Am Anfang ging das sehr langsam, da ich durch meine ängstliche und panische Verfassung nicht in der besten Ausgangssituation war. Tatsächlich brauchte ich etwa sechs Monate, um mich auf mein Jahr der Widrigkeiten vorzubereiten, während ich langsam mit kleinen Herausforderungen das Terrain sondierte. Zu dieser Zeit war es schwierig, alltägliche Aufgaben zu erledigen, ohne in Panik zu geraten, also musste ich mit winzigen Schritten beginnen. Als ich schließlich bereit war, begann ich, mich richtig herauszufordern und nutzte jedes Wochenende oder jede mögliche Gelegenheit, um meine Aufgaben anzugehen und die Liste abzuarbeiten. Ich fing langsam und leicht an, aber mit der Zeit gewann ich an Schwung und wagte mich an größere und mutigere Sachen. Mein Selbstvertrauen kam zurück und die Panikattacken hörten auf. Ein Fortschritt!

Ich war wirklich stolz darauf, wie ich es geschafft hatte, mein Leben zu verändern, und meine engen Freunde und meine Familie bemerkten, dass meine Lebenseinstellung sich gewandelt hatte. Sobald mir klar wurde, dass es mir besser ging, gab es für mich kein Halten mehr. Ich spürte, wie sich die Dinge veränderten, also stürzte ich mich mit voller Kraft in mein Konzept – innerhalb relativ kurzer Zeit hatte sich mein Leben komplett umgekrempelt. Nach einigen Monaten voller Arbeit an den Challenges hatte ich endlich wieder das Gefühl, die Kontrolle über meine Gedanken zu besitzen. Was war das für eine Erleichterung!

Das Jahr der Widrigkeiten war bisher das wichtigste in meinem Leben. Dank dieser Herausforderungen habe ich jetzt eine Reihe ungewöhnlicher Hobbys und interessanter Fähigkeiten. Außerdem habe ich einen Haufen verrückter und wunderbarer Erfahrungen gemacht, die ich nie vergessen werde. Zu diesen unzähligen tollen Erinnerungen gehören einige fantastische Geschichten, mit denen man jede Tischgesellschaft unterhalten kann. So viel habe ich in meinem Jahr erreicht: von Marathonläufen über Bergbesteigungen bis hin zu einer viertägigen Wanderung über 160 Kilometer auf dem Cotswold Way. Ich habe ein offizielles japanisches Sprachzertifikat erworben und kann mich jetzt in dieser Sprache unterhalten. Etwas, was ich mir nie hätte vorstellen können, da ich mich in Sprachen immer als hoffnungsloser Fall gefühlt habe. Ich habe gelernt, Schlösser zu knacken, einen Rubik’s Cube in weniger als einer Minute zu lösen und mir die Reihenfolge eines Kartenspiels zu merken, nachdem ich es nur einmal gesehen habe (der ultimative Partytrick). Ich bin im britischen Winter im Meer geschwommen, habe Eisbäder genommen und mitten in einem Gewitter in einem Biwaksack am Strand geschlafen. (Das war eine sehr interessante Erfahrung.) Ich bin viel gereist und habe unterwegs einige eklige Insekten gegessen. Zudem habe ich mir eine neue Morgenroutine zugelegt und stehe nun sehr früh auf, um zu meditieren und insgesamt mehr zu erreichen. In der gewonnenen Zeit konnte ich ein Buch schreiben (das, das du gerade liest). Doch mit Blick auf meine Veränderungen in diesem Jahr ist das ist nur die Spitze des Eisbergs …

Das schönste Resultat ist jedoch, dass ich nicht mehr von Angst erfüllt bin und mich mental stark fühle. Meine Angstgefühle haben sich verändert und ich bin jetzt in der Lage, offen darüber zu sprechen. Ich kenne eine Menge Methoden und Tricks, die ich anwenden kann, wenn es schwierig wird, und ich habe das Selbstvertrauen, mit den Problemen, die das Leben mir beschert, fertig zu werden. Dank dieser ganzen Erfahrungen habe ich viel über mich selbst gelernt und für diese Einsicht bin ich sehr dankbar.

Das Absolvieren der »Komfortzonen-Challenges« ließ mich einen Weg finden, mit stressigeren Emotionen umzugehen. Als menschliche Wesen erleben wir ein riesiges Spektrum an Emotionen, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Angst und Furcht gehören dazu und wie bei allen Emotionen gibt es effektivere und weniger effektive Wege, mit ihnen zu arbeiten. Diese Emotionen in einer relativ kontrollierten Umgebung zu erforschen, war für mich der Schlüssel zu einem großen Maß an persönlichem Wachstum. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nie mehr ängstlich bin, aber ich kenne jetzt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, damit umzugehen. Das Gefühl ist nicht mehr so lähmend und befremdlich, wie es früher war. Es ist jetzt einfach eine weitere Emotion, die ich als Mensch habe, genau wie jeder andere auf diesem Planeten, und sie zu spüren ist für mich kein Problem mehr.

Ich schreibe das alles, um dir zu verdeutlichen, wie wirkungsvoll es für uns sein kann, unsere Komfortzone zu verlassen. Selbst wenn du jemand bist, der nicht besonders ängstlich ist, kannst du diese Methode der Selbstentwicklung nutzen, um deine mentale Stärke zu trainieren. Es lohnt sich ohne Zweifel, einen Bewältigungsmechanismus zu haben, um mit Stress und Schwierigkeiten umzugehen. In der Tat ist das eine der wichtigsten Fähigkeiten, die man lernen kann, und es wird dein Leben möglicherweise vollkommen verändern. Für mich hat es das auf jeden Fall getan! Wenn es hart auf hart kommt und das Leben dich vor eine Vielzahl von Herausforderungen stellt, ist es wichtig, die richtige Einstellung zu haben und die Kontrolle zu behalten.

Das Hauptanliegen des Buches ist es, dir (ja, dir) zu helfen, deine mentale Stärke zu aufzubauen. Ich werde dir von 43 der seltsamsten und wunderbarsten Herausforderungen erzählen, die ich auf diesem abenteuerlichen Weg gemeistert habe, und dich ermutigen, sie auszuprobieren. Indem du diese Aufgaben angehst, entwickelst du eine persönliche Strategie für den Umgang mit Schwierigkeiten und Widrigkeiten. Während du all die Tipps ausprobierst, die ich dir im nächsten Teil des Buches gebe, kannst du lernen, so ruhig zu sein wie ein Zen-Meister in einer Ryanair-Warteschlange.

Ich garantiere dir, dass du verrückte und aberwitzige Erfahrungen machen wirst, wenn du dich mit mir auf diese Reise der Selbstentdeckung begibst. Du wirst eine Fülle faszinierender Geschichten sammeln, die du weitererzählen (oder mit denen du prahlen) kannst, und du wirst mehr über dich selbst erfahren, während du Herausforderungen von der Liste abhakst und lernst, wie effektiv du agieren kannst, wenn du dich auf das Unbekannte einlässt.

Im Wesentlichen wird dieses Buch dir beibringen, wie du dich mit dem Unwohlsein wohlfühlen kannst. Ich hoffe, du genießt diese Erfahrung.

WIE MAN MENTALE WIDERSTANDSKRAFT AUFBAUT

Es gibt viele Möglichkeiten, mentale Stärke zu entwickeln – ein Blick auf Denkansätze aus der Philosophie und der Populärpsychologie ist ein guter Einstieg. Philosophie hat den Ruf, ein trockenes und akademisches Fach zu sein. Das geht so weit, dass ich früher dachte, Philosophie sei nur etwas für Pfeife rauchende, Tweed-Jacke tragende, ältere, bärtige Männer – bis ich anfing, mich darin einzulesen. In Wirklichkeit ist die Philosophie das ultimative und beste Selbsthilfeund Geistestrainingswerkzeug, das es gibt. Es ist überwältigend, mit welcher Weisheit die unterschiedlichen Philosophen ihre Einsichten in die Natur unserer menschlichen Existenz beschreiben. Viele dieser Ideen sind extrem praktisch und haben sich über Jahrhunderte bewährt. Natürlich gibt es auch die akademische Philosophie, die politische Systeme, Ideologien und die Natur des Daseins diskutiert, aber daneben findet man ungemein viele handfeste Ratschläge, die man nutzen kann, um ein besseres Leben zu führen. Dabei ist die Zahl der verschiedenen Ansätze in der Philosophie so groß, dass ich eine Auswahl treffen musste. Ich habe mich auf meine zwei Lieblingsschulen beschränkt: Stoizismus und Buddhismus. Ich werde diese beiden philosophischen Schulen kurz vorstellen und dir dann einige praktische Tipps und Tricks mit auf den Weg geben. Klingt gut, oder?

Populärpsychologie ist ein Gebiet, in dem leicht verständliche Überlegungen vorherrschen. Das »Populäre« bezieht sich darauf, wie Menschen ohne einen akademischen Hintergrund in Psychologie auf diese Ideen zugreifen können. Die klassischen Lehrbücher wurden über Bord geworfen (natürlich nicht im wahrsten Sinne des Wortes), damit wir uns nicht zu sehr anstrengen müssen, um hochkomplexe und komplizierte Psychologieansätze zu entschlüsseln. Populärpsychologie ist im Wesentlichen wie eine vorgekochte Mahlzeit für unseren Verstand. Jedenfalls in gewisser Weise. Die beiden Ideen, die wir uns ansehen werden, sind die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) und das Konzept des »Mindset«. Diese können hilfreich sein, wenn wir uns den schwierigeren Herausforderungen in diesem Buch stellen wollen.

Indem du diese Ideen studierst und verinnerlichst, baust du deine mentale Widerstandsfähigkeit auf. Eine Denkweise zu kultivieren, die mit Widrigkeiten und Herausforderungen mühelos umgeht, ist nicht einfach, aber diese Ideen werden dir dabei helfen.

Mein Buch beginnt mit praktischen Konzepten und endet mit Herausforderungen, den Challenges. Es beginnt mit dem antiken Griechenland und endet damit, dass du in einem Eisbad sitzt und mich verfluchst. Dies ist meine Theorie. Ich hoffe, du lässt dich von einigen der folgenden Ideen inspirieren.

Stoizismus

Der Stoizismus hat seinen Ursprung im antiken Griechenland, um etwa 300 v. Chr. Ein Mann namens Zeno gründete diese Bewegung, nachdem er erkannt hatte, wie wichtig Selbsterkenntnis, Selbstverbesserung und Selbstdisziplin für unser Leben sind. Er wollte eine Philosophie, die praktisch war und die man täglich anwenden konnte, um den Herausforderungen des Lebens zu begegnen. Was für ein großartiger Mensch! Seine Ideen verbreiteten sich und auch im antiken Rom gab es noch viele Anhänger und passionierte Vertreter des Stoizismus. Der Erfolg des Stoizismus hielt eine Weile an, wurde dann aber vom Christentum abgelöst. Dann gab es eine Lücke, in der im Hinblick auf neue Entwicklungen in der Philosophie nicht wirklich viel passierte. Es war eher so eine Art Warteschleife. Fast hätte der Stoizismus ein Comeback erlebt, als Justus Lipsius (1547– 1606) versuchte, Christentum und Stoizismus zu verschmelzen, aber das war nicht von Dauer. So entstand erneut eine große Lücke in der Geschichte des Stoizismus, eine weitere Warteschleife.

Wenn wir dann einen großen Sprung nach vorne machen, in die jüngste Zeit, wirst du feststellen, dass das Interesse am Stoizismus wieder stark zugenommen hat. Er ist inzwischen unglaublich populär geworden: Heutzutage hört man von NFL-Teams, Regierungschefs und Silicon-Valley-Unternehmern, die die Ideen des Stoizismus nutzen, um ihre Entscheidungen und Denkprozesse zu begleiten.

Es gab viele stoische Philosophen und du kannst Unmengen von Büchern zu diesem Thema finden. Die drei Hauptakteure – Legenden des Stoizismus, wenn du so willst – sind Mark Aurel, Seneca und Epiktet. Sich mit diesen Figuren zu beschäftigen ist ein großartiger Ausgangspunkt und wenn dein Interesse geweckt ist, lege ich dir ihre Werke ans Herz.

Lucius Annaeus Seneca (4 v. Chr. – 65 n. Chr.), auch bekannt als Seneca der Jüngere (meiner Meinung nach ein großartiges Alter Ego für einen Rap-Star), war ein römischer Stoiker, ein Philosoph, der mehrere bedeutende Werke des Stoizismus verfasste. Manche davon beruhen auf einer Sammlung von Briefen, in denen er seinen Freunden und seiner Familie Ratschläge erteilte. Mir kommt Seneca wie ein römisches Pendant zu Oprah Winfrey vor, aber vielleicht sehe nur ich das so. Der Band Briefe an Lucilius ist eine großartige Einführung in seine Philosophie und bietet Ratschläge, die auch für unsere moderne Welt relevant sind. Der notorische Despot und römische Kaiser Nero ernannte Seneca zu seinem Berater. Das ging nicht gut aus: In einem Wutanfall befahl Nero Seneca, sich das Leben zu nehmen. Gefasst und stoisch akzeptierte Seneca sein Schicksal und beging wie befohlen Suizid, ohne zu klagen. Keine leichte Leistung – ich hätte den einen oder anderen Einwand gehabt!

Die nächste »stoische Legende« ist Epiktet (55 n. Chr. – 135 n. Chr.). Epiktet wurde als Sklave geboren, doch da sein Besitzer ihm erlaubte zu studieren, hatte er die Chance, die Philosophie für sich zu entdecken. Später erlangte er seine Freiheit und gründete schließlich eine Philosophenschule in Griechenland. Epiktets Hauptwerk, das man unbedingt lesen sollte, ist das Enchiridion (Handbüchlein der Moral). Das Buch dient als philosophischer Ratgeber für Lebensführung und legt sein Hauptaugenmerk darauf, wie wir in bestimmten Situationen reagieren. Epiktets Ideen gelten als sehr bedeutsam für die Entwicklung der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT), auf die wir später noch eingehen werden.

Mark Aurel (121 n. Chr. – 180 n. Chr.) ist eine der wichtigsten Figuren der stoischen Philosophie. Er war von 161 bis 180 n. Chr. römischer Kaiser und ist berühmt für sein Buch Selbstbetrachtungen. Dieses Buch war nie zur Veröffentlichung vorgesehen: Es war Aurels persönliches Tagebuch, in dem er seine Ideen über den Stoizismus darlegte. Er schreibt kurze Passagen und Maximen, daher ist es ein Buch, in das man sehr leicht eintauchen kann.

Am Stoizismus interessiert mich am allermeisten, wie die Stoiker uns dazu ermutigen, mentale Stärke aufzubauen. Das lässt sich in einer schönen und prägnanten »Goldenen Regel« zusammenfassen.

Die Goldene Regel des Stoizismus: Das Einzige, worüber man Kontrolle hat, ist, wie man auf äußere Ereignisse reagiert.

In Kurzversion ist das die Essenz des Stoizismus. Es geht darum, wie du auf die Welt um dich herum reagierst – du hast die Wahl. Die Stoiker akzeptierten, dass du wenig oder keine Kontrolle über äußere Ereignisse hast. Das Leben ist eben unvorhersehbar und das Unerwartete passiert ständig. Wenn dir zum Beispiel dein Toast mit der Marmeladenseite nach unten fällt, hast du tatsächlich die Wahl, ob du wütend wirst und dich ärgerst oder nicht. Natürlich ist der Boden jetzt mit Marmelade bedeckt und dein Toast ist ruiniert, aber du hast die Wahl: Du kannst dich entscheiden, cool zu bleiben und dich nicht zu ärgern. Du kannst dich entscheiden, dir einen neuen Toast zu machen. Es ist ja nicht wirklich schlimm.

»Es kommt nicht darauf an, was dir widerfährt, sondern wie du darauf reagierst.«

Epiktet

Wenn etwas Schlechtes, Herausforderndes oder Unangenehmes passiert, entscheidest du selbst, wie du damit umgehen willst. Das gilt natürlich auch für größere Probleme als einen Toast auf dem Fußboden. Womit auch immer du konfrontiert wirst, du kannst leicht Öl ins Feuer gießen und es schlimmer machen, indem du herumjammerst und dich auf das Negative konzentrierst. Die Stoiker versuchten stattdessen, sich auf die Lösung zu konzentrieren. Entschließt du dich, trotz der erkennbaren Probleme, die dir begegnen, positiv zu bleiben? Gibt es für dich einen besseren Weg, mit der Situation fertig zu werden? Wie fällt deine Reaktion in dieser Situation aus? Diese Art von Fragen können dir dabei helfen, deine Reaktion zu analysieren und zu sehen, ob sie in deiner aktuellen Situation hilfreich ist oder sie verschlimmert. So würde ein Stoiker all das betrachten.

Es ist nicht einfach, so zu handeln, und man muss das einüben. (Genau das ist der Zweck der Challenges in diesem Projekt.) Tatsächlich haben schon die Stoiker ihre Haltung immer wieder in der Praxis erprobt. Cato (ein nicht ganz so berühmter Stoiker) zum Beispiel trug Kleidung in sehr auffallenden Farben, um auszutesten, wie er reagieren würde, wenn er sich unwohl, beobachtet und bloßgestellt fühlte. Auch Mark Aurel analysiert in seinem Tagebuch, das unter dem Titel Selbstbetrachtungen erschienen ist, seine Reaktionen auf äußere Einflüsse. Dabei ist er ohne Unterlass auf der Suche nach Wegen, sich zu verbessern. Dies ist die stoische Haltung, die wir kultivieren wollen, wenn wir uns mit Schwierigkeiten in unserem Leben konfrontiert sehen.

Das mag auf den ersten Blick nicht als bahnbrechende Idee erscheinen, aber bei näherer Betrachtung wirst du feststellen, wie ermutigend diese Sichtweise sein kann. Es liegt in deiner Verantwortung, die Kontrolle über deine Reaktionen zu behalten, ganz gleich, was dir widerfährt. Und das Bewusstsein, immer die Kontrolle zu haben, gibt dir ein Gefühl der Macht. Dabei ist es von enormer Bedeutung zu realisieren, was du kontrollieren kannst und was nicht. Stellen wir uns Folgendes vor:

Beispiel 1: Du brichst dir ein Bein. Autsch!

Tja, da stehst du also mit einem gebrochenen Bein. Plötzlich ist deine Welt geschrumpft und du tust dir selbst leid. Vielleicht hast du Schmerzen und ärgerst dich, dass du überhaupt versucht hast, auf diesem blöden buckelnden Wildpferd zu reiten. Du bist nun für einen Monat krankgeschrieben und deine Vorbereitung auf den Marathon kannst du vergessen. All deine privaten Verabredungen haben sich erledigt (deiner Meinung nach) und das Festival, auf das du am Wochenende gehen wolltest, ist für dich jetzt auch gestrichen. Du humpelst in die Küche und schnappst dir die Pralinen. Du nimmst dir auch die Speisekarte des Lieferservice und humpelst damit zurück zum Sofa. »Das ist mir jetzt auch egal«, denkst du, während du die Karte der Pizzeria nach etwas »Herzhaftem« durchsuchst, das mindestens 30 Zentimeter Durchmesser haben sollte. In letzter Zeit hattest du auf gesunde Ernährung geachtet, aber jetzt hast du beschlossen, das dranzugeben. Der Weg zum Bioladen ist mit deinem gebrochenen Bein zu weit. Du hast den Willen verloren, diszipliniert zu leben, und fühlst dich mies. Du reißt die Pralinenschachtel auf und bereitest dich auf eine epische Fressorgie vor, um etwas gegen deine miserable Situation zu tun. Du weißt, dass dir schlecht werden wird, aber das ist dir jetzt auch egal. Du nimmst die erste Praline in die Hand und kannst förmlich riechen, wie lecker sie ist. Dir läuft das Wasser im Mund zusammen. Du hebst die Schokolade zum Mund, aber bevor du deine Zähne darin versenken kannst, hörst du lauten Krach in der Küche. Du drehst dich hastig um und siehst …

… Epiktet stolpert auf dich zu. (Er war tatsächlich lahm und hatte Mühe zu laufen.) Du bist natürlich überrascht, weil Epiktet schon seit Tausenden von Jahren tot ist, aber dann erinnerst du dich, dass dies nur ein hypothetisches Beispiel ist, also entspannst du dich.

Epiktet schlägt dir die Pralinen aus der Hand und starrt dir tief in die Augen. »Reagierst du so darauf, dass du ein gebrochenes Bein hast, das wieder heilen wird? Das geht doch vorüber! Warum tust du dir selbst leid? Das, was dir passiert ist, kannst du nicht mehr ändern, es ist Vergangenheit. Du musst die Konsequenzen deines Handelns akzeptieren und dich auf die Zukunft konzentrieren. Hier zu sitzen und dich selbst zu bemitleiden, wird nichts besser machen! Du solltest diese Zeit sinnvoll nutzen. Such dir Lesestoff. Stärke deinen Geist für den Marathon. Halte dich fit und schau, welche Übungen du machen kannst. Trainiere vor allem die Muskulatur deines Oberkörpers. Wenn du dich gesund ernährst, wird dir das helfen, dich schneller zu erholen. Geh in den Bioladen und mach nicht so ein Gewese darum, wie schwierig das ist. Du solltest auch das Festival besuchen. Triff dich mit deinen Freunden. Ein gebrochenes Bein bedeutet nicht, dass du nicht reden kannst. Nimm die Sachen in Angriff und hör auf herumzujammern. Stell dir vor, wie viel schlimmer es hätte kommen können. Konzentriere dich auf das, was du tun kannst, und sei dankbar, dass du eine Auszeit von der Arbeit bekommst. DU SCHAFFST DAS!« Epiktet starrt dich weiter an, während du langsam ungläubig nickst und versuchst, die Praline wieder in die Schachtel zu legen.

Beispiel 2: Jemand ist sehr unfreundlich zu dir

Stellen wir uns vor, dass jemand, den du nicht kennst, ohne jeden Grund extrem unfreundlich zu dir ist. Die Person sagt etwas Beleidigendes und das verärgert dich sehr. Man kann sich diese Situation leicht vorstellen, da wir so etwas Ähnliches alle schon erlebt haben. Mark Aurel würde die Situation vielleicht so einschätzen: »Du musst nicht darauf reagieren. Die Unhöflichkeit dieser Menschen spiegelt wider, wie sie sind. Dies ist ein Test für dich. Du darfst dich nicht auf dieses Niveau herablassen. Behalte die moralische Überlegenheit und halte dein Ego in Schach. Dies ist nicht das erste oder letzte Mal, dass so etwas passiert. Warum hast du es nicht verdient, unhöflich behandelt zu werden? Bist du etwas Besonderes? Das ist ein Teil der menschlichen Erfahrung und es liegt an dir, dich dafür zu entscheiden, dich davon nicht beeinflussen zu lassen.«

Wenn du diesen Rat bedacht hast, kannst du dich entweder auf die Unhöflichkeit einlassen und dich darüber aufregen oder du kannst konstruktiv damit umgehen. Deinem Gegenüber verächtlich ins Gesicht zu schnauben ist wohl eher nicht die Art von Reaktion, die ein Stoiker wie Aurel bevorzugt hätte.

Diese beiden Beispiele zeigen die Art von innerer Zwiesprache, die ein Stoiker halten könnte, um seine Reaktionen auf die Außenwelt zu hinterfragen. Sie zeigen genau, wie die goldene Regel des Stoizismus auf das Leben angewandt werden kann, und obwohl es anfangs sicher nicht einfach ist, so zu reagieren, kannst auch du mit der Zeit in deinen Reaktionen stoisch werden. Ich feiere dich jetzt schon dafür.

Wir können diese Vorstellung auch noch ein bisschen weiterspinnen und extrem schwierige Situationen durch die stoische Brille betrachten, um zu sehen, wie diese Grundgedanken dem Druck noch standhalten. Es gibt zum Beispiel zahllose Kriegsgefangene, die unter entsetzlichen Bedingungen überlebt haben, indem sie sich weigerten, sich von der äußeren Situation entmutigen zu lassen. Für einen Einblick in diese Haltung und Erfahrung empfehle ich sehr das Buch Man’s Search for Meaning (… trotzdem Ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager) von Viktor Frankl, in dem er seine Zeit in einem Nazi-Konzentrationslager während des Zweiten Weltkriegs schildert. Frankl war vor dem Krieg Psychiater und nutzte seine fachlichen Kenntnisse, um die Gräueltaten des Lagers zu ertragen. Es ist eine unglaubliche Lektüre (wenn auch ziemlich heftig, aus offensichtlichen Gründen), die veranschaulicht, wie wirkmächtig der eigene Verstand und die eigene Einstellung sein können. Obwohl er streng genommen kein Stoiker ist, sind seine Handlungen es sehr wohl. Das Einzige, was Frankl kontrollieren konnte, war, wie er auf diese Hölle auf Erden reagierte. Er spricht darüber, wie andere Häftlinge mit den Strapazen des Lagers umgingen und wie machtvoll der menschliche Wille sein kann, wenn er richtig eingesetzt wird. Von der Geschichte dieses Mannes und seiner unglaublich starken Geisteshaltung kann man eine Menge lernen.

Indem wir verstehen, wie man solch schreckliche Ereignisse überleben konnte, können wir etwas über die mentale Widerstandsfähigkeit lernen. Es ist unwahrscheinlich, dass wir solche Schrecken je ertragen müssen – ich hoffe es jedenfalls nicht –, aber auf die Katastrophen, die uns treffen werden, vorbereitet zu sein, ist eine sinnvolle Art der Vorsorge. Keine der Challenges in diesem Buch wird ein solches Maß an mentaler Stärke erfordern, aber zu verstehen, wie Menschen in schwierigen Zeiten zurechtkommen, kann uns inspirieren und uns helfen, unsere eigene Stärke zu entwickeln.

Stoizismus ist eine großartige Philosophie, mit der man sich unbedingt beschäftigen sollte, und ich habe festgestellt, dass sie äußerst effektiv ist, wenn es darum geht, meine Denkweisen zu ändern und meine Ängste zu bekämpfen. Ich habe hier nur einen groben Abriss vorgestellt, aber ich hoffe, dass ich damit deine Neugierde geweckt habe.

Bevor wir uns jedoch vom Stoizismus verabschieden, möchte ich dir noch zwei sehr praktische Tipps mit auf den Weg geben, die du ausprobieren solltest. Behalte sie im Kopf, wenn dir Herausforderungen begegnen, die sich für dich als wirklich schwierig erweisen. Die Tipps funktionieren auch sehr gut, wenn du mit Widrigkeiten und Problemen in deinem Leben konfrontiert wirst oder aber wenn dein Toast mit der Marmeladenseite nach unten auf den Boden fällt.

Stoische Schnelltipps zum Ausprobieren

Verhalten: Versuche, deine Reaktionen auf unliebsame äußere Ereignisse zu kontrollieren und zu beobachten. Wende die stoische goldene Regel auf das Chaos des Lebens an und werde dir deiner Reaktionen auf Sachen, die außerhalb deiner Kontrolle liegen, bewusst. Diese Haltung einzunehmen, ist nicht einfach, aber außerordentlich wirksam. Stell dir vor, dass Epiktet hinter dir steht, er redet dir nochmal ernsthaft ins Gewissen, um dich zu ermutigen. Konzentrier dich jetzt auf das, was du tun kannst, anstatt auf das, was du nicht tun kannst. Das ist stoisches Gold!