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Dunkle Gedanken in den Highlands
MacTavish & Scott bekommen einen ungewöhnlichen Auftrag: Mr und Ms Brown wenden sich hilfesuchend an die Detektei - sie haben Angst um ihre Tochter Demi. Seit einer persönlichen Krise beschäftigt sie sich obsessiv mit dem Thema Mindset und Positives Denken. Sie besucht Online-Kurse bei dem charismatischen Mentalcoach Hrørek und fährt immer wieder zu seinen Seminaren. Als sie schließlich bei einem Camp in den Highlands weder auf Nachrichten reagiert noch ans Telefon geht, sehen die Browns sie in ernster Gefahr. Ùna übernimmt und schleicht sich unter falschem Namen in das Camp ein. Ist Demi einer Sekte verfallen und wird von einem gewissenlosen Guru um ihr Geld betrogen?
Über die Serie: Finola MacTavish und Anne Scott sind die Lady Detectives von Edinburgh. Gemeinsam mit dem Computergenie Lachie lösen sie die erstaunlichsten Kriminalfälle - und machen mit Herz, Mut und ungewöhnlichen Methoden den Verbrechern der Stadt das Leben schwer. Seit Neuestem haben sie Verstärkung von einer dritten Detektivin. Doch auch in ihrem eigenen Leben geht es mitunter turbulent zu. Wie gut, dass Finola immer die passende Kräutermedizin ihrer Granny zur Hand hat. Und wenn die nicht hilft, dann ein frisch gebackener Cupcake!
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Seitenzahl: 198
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Dunkle Gedanken in den Highlands
MacTavish & Scott bekommen einen ungewöhnlichen Auftrag: Mr und Ms Brown wenden sich hilfesuchend an die Detektei - sie haben Angst um ihre Tochter Demi. Seit einer persönlichen Krise beschäftigt sie sich obsessiv mit dem Thema Mindset und Positives Denken. Sie besucht Online-Kurse bei dem charismatischen Mentalcoach Hrørek und fährt immer wieder zu seinen Seminaren. Als sie schließlich bei einem Camp in den Highlands weder auf Nachrichten reagiert noch ans Telefon geht, sehen die Browns sie in ernster Gefahr. Ùna übernimmt und schleicht sich unter falschem Namen in das Camp ein. Ist Demi einer Sekte verfallen und wird von einem gewissenlosen Guru um ihr Geld betrogen?
Finola MacTavish und Anne Scott sind die Lady Detectives von Edinburgh. Gemeinsam mit dem Computergenie Lachie lösen sie die erstaunlichsten Kriminalfälle - und machen mit Herz, Mut und ungewöhnlichen Methoden den Verbrechern der Stadt das Leben schwer. Seit Neuestem haben sie Verstärkung von einer dritten Detektivin. Doch auch in ihrem eigenen Leben geht es mitunter turbulent zu. Wie gut, dass Finola immer die passende Kräutermedizin ihrer Granny zur Hand hat. Und wenn die nicht hilft, dann ein frisch gebackener Cupcake!
Im Bann des Gurus
»Bitte schön: Einmal Latte macchiato und dazu meinen schönsten Karamell-Cupcake. Mit Schokoschmetterlingen.« Laurie stellte das Kaffeeglas und den Kuchenteller auf die Verkaufstheke und strahlte Finola an.
»Cool, dass das Café gerade noch leer ist, da können wir wenigstens mal kurz privat miteinander reden. Du hast ja sonst nie Zeit!«
»Höre ich da einen Vorwurf in deinen Worten?«, fragte Finola. »Wenn ich mich richtig erinnere, hast du unsere Verabredung letzte Woche abgesagt, nicht ich.«
Laurie seufzte tief. »Aber du warst jetzt fünf Tage so gut wie gar nicht zu erreichen! Wo hast du dich denn rumgetrieben?«
Finola lachte. »Wenn du’s wirklich wissen willst – ich hatte einen Fall in Melrose. Aber mehr kann ich dir leider nicht verraten. Detektivin-Geheimnis.«
»Melrose Abbey sagt mir was«, erwiderte Laurie nachdenklich. »Da waren wir mal mit der Schulklasse. Schicke Ruine. Und danach haben wir noch Abbotsford besichtigt und sind auf Sir Walter Scotts Spuren gewandert. Hinterher mussten wir einen Aufsatz darüber schreiben, das war weniger schön. Aber wenn mir jemand Scotts Anwesen schenken wollte, würde ich nicht Nein sagen.«
»Denkst du etwa, ich?«
»Ich dachte, Craig und du, ihr seid inzwischen fündig geworden? Ich erinnere mich an eine superkurze Nachricht von dir. Doch nicht etwa … Hatte dein Fall am Ende mit eurer Haussuche zu tun? Ihr zieht hoffentlich nicht echt nach Abbotsford!« Laurie riss die Augen auf.
»Nein, natürlich nicht«, beruhigte Finola sie. »Der Kaufpreis würde möglicherweise unsere Mittel ein winziges bisschen übersteigen. Außerdem wäre es mir zu weit zur Detektei. Oder ich müsste in einem der Räume dort eine Außenstelle von MacTavish & Scott eröffnen. Das wäre vom Namen her sogar äußerst passend, findest du nicht?«
»Würde so klingen, als hättest du ein gemeinsames Unternehmen mit dem Geist des guten alten Sir Walter«, stellte Laurie fest.
»Vielleicht sollte ich noch einmal gründlich darüber nachdenken? Man kann sich in Abbotsford durchaus hochklassig einmieten. Fünf Sterne. Aber Craig hätte dann eine sehr weite Anfahrt zu seiner Bank. Nein, wir bleiben brav in Edinburgh und nehmen mit einem kleineren Eigentum vorlieb, das wir finanzieren können. Jetzt, wo Craig endlich das Geld aus dem Verkauf des Hauses in Fairmilehead hat, kriegen wir das hin.«
»Da fällt mir ein Stein vom Herzen! Die Schwierigkeiten mit Amanda sind also beseitigt?«
Finola trank ein paar Schlucke Latte macchiato, der nun genau die richtige Temperatur hatte.
»Nicht ganz. Sie ruft noch immer unter allen möglichen Vorwänden an. Aber wenigstens ist der Hausverkauf abgewickelt, sodass Craig mit ihren Marotten klarkommt.«
»Gut. Sie kann sich ja nicht bis in alle Ewigkeit an ihn klammern. Jetzt verrat mir aber endlich, wo ihr hinziehen werdet!«
»Cluny Gardens.«
»Das ist ja gar nicht weit!«
Finola lächelte. »Ja, die Lage finden wir auch ganz passend. Und dazu haben wir mit der Hermitage of Braid und dem Blackford Pond gleich noch ein Stück Natur vor der Haustür.«
»Cool. Falls du zur Einweihungsparty Cupcakes brauchst …«
Finola betrachtete die bunten Küchlein in der Auslage. »Das werde ich mir ernsthaft überlegen.«
»Ich könnte mir eine besondere Geschmacksrichtung und Deko ausdenken«, bot Laurie an. »In euren Lieblingsfarben. Mit ganz vielen Herzchen – oder lieber Sternchen?«
»Darüber reden wir, wenn es so weit ist. Wir haben zwar heute Nachmittag den Termin zur Vertragsunterzeichnung, aber dann wollen wir noch ein paar der Räume streichen, bevor wir einziehen. Oder streichen lassen, je nachdem, wie viel wir sonst zu tun haben. Ich hoffe sehr, dass meine Aufträge sich ein Weilchen nur online oder in der unmittelbaren Umgebung erfüllen lassen, damit ich zwischendurch noch einen schicken Malerhut aufsetzen kann.« Sie grinste.
»Sonst musst du eben deiner Kollegin Ùna die Fälle übertragen, für die man nach Timbuktu reisen muss.«
»So einfach ist das nicht.« Finola nahm einen weiteren Schluck. »Sie hat ja erst wenig Erfahrung als Detektivin. Außerdem geht jetzt die Schule wieder los, und ihre Kinder sind aus den Ferien zurück in Aberdeen. Da wollen Anne und ich ihr natürlich die Wochenendbesuche ermöglichen.«
»Wäre es nicht einfacher, die beiden würden hierher zu ihrer Mutter ziehen?«
»Es ist so kurz vor dem Schulabschluss schwierig mit einem Schulwechsel. Und wahrscheinlich hätte Donovan was dagegen.«
»Aber die Kinder leben ohnehin nicht bei ihrem Vater, sondern im Internat beziehungsweise bei der Familie einer Freundin.« Laurie schüttelte den Kopf. »Ich an Ùnas Stelle hätte den Mann ja angezeigt, nachdem, was er mit ihr gemacht hat.«
Finola schwieg. Anne und sie hatten mit Ùna ausführlich darüber gesprochen. Und das mehr als einmal. Doch ihre neue Mitarbeiterin blieb fest bei ihrer Ansicht, dass es für Tyrone und Sheena schlimm genug gewesen war zu entdecken, dass ihr Vater ihre Mutter betäubt und in einer Berghütte eingesperrt hatte. Und das nur, weil er nicht damit klarkam, dass sie sich von ihm getrennt hatte. Eine öffentliche Anklage und ein Prozess würden ihre Kinder unnötig belasten, das wollte Ùna um jeden Preis verhindern. Immerhin war Donovan sich durchaus sehr bewusst, dass sie ihre Meinung jederzeit ändern konnte, und vermied weitere Konfrontationen.
Zeit für einen Themenwechsel.
»Aber lass uns nicht über Ùna sprechen oder über hypothetische Aufträge, die noch niemand an MacTavish & Scott vergeben hat. Wie geht’s dir? Wie läuft’s mit deinem Daniel?«
Laurie zog eine Grimasse. »Ich bin nicht sicher.«
»Das heißt …?«
»Deshalb wollte ich ja mal mit dir sprechen. Es ist gerade etwas schwierig, weil …«
Das Türglöckchen bimmelte, und zwei junge Frauen betraten das Café. Sie wechselten ein paar Worte auf Französisch, grüßten und setzten sich an eines der Tischchen. Sie nahmen die Getränkekarte zur Hand und sahen, während sie diskutierten, immer wieder zu der handbeschriebenen Tafel, die die kleinen Tagesgerichte anzeigte.
Laurie sog die Luft ein. »Da ist sie schon vorbei, die freie Redezeit«, murmelte sie.
»Du hättest mich einfach gleich mit deinen Problemen überschütten sollen, statt dich mit Craig und mir und Ùna zu beschäftigen.« Finola leerte ihr Glas. »Ich muss ohnehin los. Wir haben gleich noch eine Besprechung in der Detektei, bevor Sean und Stella kommen. Aidan und Iain sind vorhin schon eingetrudelt.«
»Annes Söhne?«
Finola nickte. »Ende August ist immer Familientreffen bei den Scotts.«
»Dann langweilt sich Anne dieses Wochenende bestimmt nicht.«
»Anne und sich langweilen? Wenn du das für möglich hältst, kennst du sie nicht. Die Detektei, ihre Malerei und nicht zuletzt Lachie – sie hat sich erst kürzlich beklagt, dass sie so selten Zeit hat, mal eine Freundin zu treffen.«
Finola blickte nachdenklich auf den Teller mit dem Karamelltörtchen. »Jetzt störe ich nicht länger. Deine Gäste wollen sicher gleich bestellen. Pack mir doch bitte meinen Cupcake ein, ich ess ihn lieber später, und ich nehm noch drei andere dazu. Die übliche Auswahl zum Versüßen der Besprechung. Ach, und außerdem zwei von den ganz bunten da drüben.«
Laurie nickte und holte eine der weißen Schachteln mit der Prägung Laurie’s Café aus dem Regal. Natürlich kannte sie die Lieblingssorten von Anne, Lachie und Ùna und setzte die Küchlein sorgfältig in die Verpackung, während Finola ihre Bankkarte zückte.
Sie zahlte und nahm ihren Einkauf von der Theke. »Ruf mich heute Abend einfach mal an, wenn du Zeit hast, dann können wir wenigstens ein bisschen am Telefon quatschen«, schlug sie vor. »Ab nächste Woche sehen wir uns ohnehin wieder regelmäßig beim Scottish Country Dancing.«
»Wird Zeit, dass die Sommerpause rum ist«, stellte Laurie fest. »Mir fehlt die sportliche Betätigung. Joggen ist einfach nicht mein Ding.«
»Wenn’s dir nur ums Tanzen geht, könntest du mal mit Daniel zu einem Ceilidh gehen. Oder auch ohne ihn. Gibt’s doch genug.«
»Danke, das hab ich in der Touristensaison vor ein paar Jahren einmal probiert. Da war eine Clique betrunkener junger Schweden. Die konnten nicht tanzen und ließen sich auch nicht bei den Schritten helfen, sondern standen oder hüpften nur wild im Weg rum.« Sie schüttelte den Kopf. »Ist nichts für mich, dann bin ich lieber faul und werde steif in den Beinen. Und jetzt hau ab, ich muss arbeiten!«
Laurie ging hinüber zu dem Tisch, wo die beiden Französinnen schon darauf warteten, dass sie ihre Bestellung entgegennahm.
Finola verließ grinsend das Café und machte sich auf den Weg in die Albert Terrace zum Büro von MacTavish & Scott.
Anne saß mit Aidan und Iain, ihren beiden jüngeren Söhnen, in der Küche und genoss den Begrüßungstee. Immer wieder glitt ihr Blick zu Iain, an dessen neuen Bart sie sich erst gewöhnen musste. Der Junge sah so viel älter aus als bei ihrem Besuch bei ihm vor einem halben Jahr!
»So früh hab ich echt nicht mit euch gerechnet«, sagte sie.
Die beiden jungen Männer grinsten sich an.
»Aidan ist vorgestern schon zu mir nach Oxford gekommen«, erklärte Iain, »und dann sind wir gestern zusammen zu seiner Freundin Sylvie nach Berwick gefahren und haben dort übernachtet. Deshalb war es heute nicht mehr weit.«
»Berwick-upon-Tweed, nicht North Berwick«, warf Aidan erklärend ein.
»Sylvie? Etwa die Austausch-Französin aus deiner Klasse?«, fragte Anne überrascht.
»Ja, sie ist wieder nach Großbritannien zurückgekommen«, Aidan grinste, »und hat einen Lehrer geheiratet. Zum Glück einen Französischlehrer, der es zu schätzen weiß, wie sie in ihrer Muttersprache fluchen kann.«
»Ich wusste gar nicht, dass ihr noch Kontakt habt.«
»Mum, du musst nicht alles wissen!« Aidan schüttelte den Kopf.
»Gut, dass du das sagst«, stimmte Anne ihm zu. »Wir sind alle erwachsen und sollten das Privatleben der anderen respektieren.«
Aidan und Iain wechselten einen kurzen Blick. Sie hatten im Frühjahr nicht gerade begeistert reagiert, als Anne ihnen mitgeteilt hatte, dass Lachie für sie mehr geworden war als ein Angestellter der Detektei. Immerhin schienen sie sich mittlerweile an den Gedanken gewöhnt zu haben.
»Habt ihr von Sean und Stella gehört? Haben sie sich endlich geäußert, wann sie gedenken, hier aufzutauchen? Keiner von beiden hat meine Nachfrage beantwortet!«
»Die kommen irgendwann mit dem Flieger«, wusste Iain und nahm sich einen Schokoladenkeks. »Um vier rum, glaub ich, oder um fünf. Die müssen beide noch bis mittags arbeiten.«
»Gut. Da ich annehme, dass ihr keine Vollzeitbetreuung eurer Mutter braucht, werde ich bis dahin ein bisschen meinem Job nachgehen.«
»Gibt’s heut Haggis?«, fragte Aidan.
Anne lächelte. »Habt ihr Entzugserscheinungen? Selbst schuld, wenn ihr aus Schottland wegzieht.«
»Sobald ich hier eine Doktorandenstelle kriege, komm ich wieder«, versicherte Iain.
»Du willst nach deinem Studium promovieren?«, erkundigte sich Aidan überrascht bei seinem Bruder.
»Klar. Und für Wissenschafts- und Medizingeschichte ist natürlich Edinburgh mit seiner glorreichen Vergangenheit der ideale Ort.«
»Habt ihr für heute Nachmittag noch Pläne, oder wollt ihr einfach abhängen?«, fragte Anne.
»Ich hab um fünf ’ne Verabredung mit Bella«, antwortete Aidan.
»Mein Bruder macht eine Ich-besuche-alle-meine-Verflossenen-Tour«, witzelte Iain. »Erst Sylvie, jetzt Bella. Fehlen nur noch Amy und Claire und Sophie und …«
Aidan boxte seinen Bruder kräftig gegen den Oberarm. »Du bist ja nur neidisch.«
Bevor Iain etwas zurückgeben konnte, hörte man die Haustür ins Schloss fallen. Anne stand auf und schaltete den Wasserkocher ein.
»Das wird Finola sein. Ich überlasse euch also euren Streitereien. Wenn ihr mir früher gesagt hättet, wann ihr ankommt, hätte ich die Detektei-Besprechung auf den Morgen verlegt.«
»Ach, Mum, wir sind doch alle erwachsen und brauchen deine Fürsorge nicht mehr.« Iain grinste. »Du musst uns nur verraten, wo du die Kekse aufbewahrst, dann kommen wir schon zurecht. Du hast doch sicher noch shortbread?«
Anne schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, die letzten shortbread fingers hat Finola gestern aufgegessen, nachdem sie mit einer etwas schwierigen Klientin über das Honorar verhandeln musste.«
»Iain! Du hast bei deinen Lieblingskeksen Konkurrenz bekommen!«, rief Aidan. »Diese Finola muss ich kennenlernen.«
»Kein Problem. Hier bin ich«, sagte eine Frauenstimme.
Anne, die gerade eine frische Kanne Tee fürs Büro aufgoss, drehte sich um.
Finola stand mit einer großen weißen Schachtel in der Hand im Türrahmen und lächelte.
»Hi. Ich bin Finola, schön, dass wir uns endlich mal persönlich kennenlernen«, sagte sie. »Zur Feier des Tages hab ich euch beiden auch was mitgebracht.«
Sie trat in die Küche, stellte die Schachtel auf dem Schrank ab, nahm zwei Tellerchen heraus und legte jeweils einen der Cupcakes darauf. Dann servierte sie diese mit einer kleinen Verbeugung.
»Der Rest ist für unsere Besprechung«, sagte sie zu Anne.
»Was ist das?«, fragte Iain und musterte das bunte Etwas auf seinem Teller skeptisch.
»Frag nicht, iss!«, mahnte ihn Aidan. »Danke, Finola, auch im Namen meines unhöflichen Bruders.«
Iain warf ihm einen bösen Blick zu. »Ey. Ich war gerade dabei, Danke zu sagen! Aber dieses Grün und Orange zusammen mit Lila und Rot – die Farben haben mich einfach total geblendet. Und all die bunten Perlen …«
Aidan hob den Cupcake auf. »Ich finde die Kombination scharf. Wäre vielleicht das Richtige für Ms Hesseltine-Simpsons neues Wohnzimmer. Sie will etwas, was niemand hat …«
Anne und Finola überließen die beiden sich selbst und verzogen sich mit der Teekanne und der weißen Schachtel ins Büro, wo Lachie und Ùna bereits in der Besprechungsecke saßen und sich unterhielten.
»Wir sollten es heute kurz machen«, schlug Lachie vor, »damit Anne genug Zeit für ihre Söhne hat.«
»Es liegt ohnehin nicht viel an«, sagte Anne, holte ihre Liste vom Schreibtisch und nahm Platz. Sie sah zu, wie Finola die Cupcakes verteilte, bevor sie sich ebenfalls setzte.
Dann begann sie mit Punkt eins: »Also. Wir haben immer noch Probleme mit der Abschlussrechnung für den Chalmers-Fall. Wenn am Montag das Geld nicht eingegangen ist, müssen wir wohl eine drohende dritte Mahnung rausschicken.«
Ùna nickte. »Ich behalte das scharf im Blick. Wir hatten so etwas ja schon befürchtet, so enttäuscht, wie Mister Chalmers sich von dem Ergebnis von Finolas Nachforschungen gezeigt hatte.«
»Ich habe seinen Auftrag ausgeführt und den Fall geklärt«, sagte Finola verärgert. »Er sollte also meine Arbeit respektieren und bezahlen, auch wenn er sich ein anderes Ergebnis gewünscht hätte. Immerhin weiß er nun Bescheid.«
Anne nickte. »Darüber müssen wir nicht diskutieren. Leider gibt es immer wieder mal solche Klienten. Deshalb nehme ich auch keine Aufträge mehr ohne Vorschuss an.«
»Und bei umfangreicheren Ermittlungen schicken wir Zwischenrechnungen«, fügte Ùna hinzu.
»Wie sieht es mit dem Erben der alten Dame aus Stockbridge aus, Lachie?«, erkundigte sich Anne.
»Gut. Es ist übrigens eine Erbin. Ich habe sie in Kanada gefunden, und die Rechtsanwaltskanzlei hat heute Morgen bereits ihre Anschrift von mir bekommen, sodass man sie nun kontaktieren kann.«
»Sehr gut. Ist sonst noch etwas offen?«
»Die anderen Fälle in dieser Woche waren schnell zu erledigen. Alles unkompliziert. Ùna hat die Rechnungen schon geschrieben und rausgeschickt.«
»So etwas höre ich gerne.«
Nun wandte sich Anne an Finola. »Was ist mit dem Pferdediebstahl?«
»Ich muss nur noch den Abschlussbericht schreiben«, antwortete die. »Anne weiß es bereits, aber hier noch mal für alle: Es war gar kein echter Diebstahl. Eines der Mädchen, die im Reitstall mithelfen, die Pferde zu versorgen, hat sich die Stute für einen kurzen Ausritt geliehen, ohne zu fragen, und ist unterwegs abgeworfen worden. Das Tier ist dann weggelaufen, und diesen Vorfall wollte das Mädchen vertuschen, indem sie behauptet hat, jemand hätte das Pferd geklaut.«
»Heißt das, dass wir mit lauter abgeschlossenen Fällen ins Wochenende gehen können?«, fragte Anne.
»Wenn du nichts Neues auf deiner Liste hast …« Lachie sah sie aufmerksam an.
Anne seufzte leise. »Da ist tatsächlich eine Sache. Vorgestern hab ich den Anruf dazu bekommen. Aber der Auftrag ist bisher noch nicht bestätigt.«
»Worum geht’s?«, erkundigte sich Finola. »Es wäre sinnvoll, schon ein paar Details zu wissen, falls der Klient oder die Klientin sich entscheidet, uns einzuschalten, und nicht dich persönlich am Telefon hat.«
Anne drehte das Blatt in ihrer Hand um. Hier standen die ersten Notizen, die sie bei dem Telefongespräch gemacht hatte.
»Bisher weiß ich Folgendes: Die Browns machen sich Sorgen um ihre Tochter. Die ist vierzig, Single und beschäftigt sich seit einer persönlichen Krise – es geht, wenn ich die Andeutungen richtig verstanden habe, wohl darum, dass ihre Beziehung nicht ganz glatt auseinandergebrochen ist …«
»Kann passieren«, sagte Ùna trocken.
»Ja. Also seitdem interessiert sich Demi Brown für Themen wie Mindset und positives Denken und so. In diesem Zusammenhang hat sie Online-Kurse – offenbar nicht gerade günstige – bei einem Mentalcoach gemacht, der sich Rorik nennt. Die Schreibweise ist allerdings pseudowikingisch, also: H – R – dieses schräg durchgestrichene O – R – E – K.«
»Sehr apart«, warf Finola ein. »Und jetzt gibt’s Probleme mit diesem Hrørek?«
»Vielleicht, vielleicht auch nicht. Die Eltern sind auf jeden Fall besorgt, dass der Mann ihre Tochter ausnimmt. Er verordnet ihr immer wieder zusätzliche Kurse, die sie angeblich benötigt, um ihren Geist zu befreien und weiterzuentwickeln. Dazu erhält sie seit Kurzem auch noch Privatcoachings bei ihm. Und heute fährt sie zu einem einwöchigen Trainings- oder Meditations- oder Sonst-was-Camp irgendwo in der Nähe von Perth.«
»Du hast gesagt, die Eltern machen sich Sorgen«, warf Finola ein. »Denken sie, dass dieser Hrørek ihre Tochter in seinen Bann gezogen und zu viel Einfluss auf sie hat? Oder dass es sich gar um eine Art Sekte handelt, die sie finanziell ausnutzt?«
»Sie sind sich nicht sicher, was dahintersteckt. Sie haben nur festgestellt, dass sich Demi offenbar sehr verändert hat.«
»Das muss nichts Schlechtes sein«, warf Ùna ein. »Ich habe mich seit meiner Trennung von Donovan auch sehr verändert. Sogar ohne Mentalcoach.«
»Muss ich mir jetzt Sorgen um dich machen?«, fragte Finola und riss die Augen weit auf.
»Ich glaube nicht, dass es angebracht ist, darüber zu spotten«, sagte Lachie. »Wir können natürlich nicht auf den ersten Blick sehen, ob es einen Grund gibt, doch wir sollten die Befürchtungen der Eltern ernst nehmen. Schließlich kennen sie ihre Tochter gut.«
Anne nickte. »Außerdem, ich hab’s ja schon gesagt, haben sie uns noch keinen Auftrag erteilt. Sie wollen wohl erst das Camp abwarten und danach in Ruhe noch mal mit ihrer Tochter sprechen.«
»Warum haben sie dann überhaupt hier angerufen?«, wunderte sich Finola.
»Sie wollten sich erkundigen, was es kosten würde, wenn sie uns einschalten, um Hrørek zu überprüfen«, antwortete Anne. »Aber eigentlich hatte ich das Gefühl, sie mussten vor allem einfach mal mit jemandem über ihre Ängste reden. Demi ist ihr einziges Kind.«
Ùna nickte verständnisvoll. »Dann hoffen wir mal, dass sich alles ohne uns regelt, das wäre für die Familie wohl am besten. Obwohl uns damit natürlich ein Honorar entgeht.«
»Aber wir brauchen auch keine Zeit zu investieren«, kommentierte Finola. »Ich habe an diesem Wochenende anderes zu tun, als mich um irgendeinen geldgierigen Guru zu kümmern. Craig und ich kriegen nachher die Schlüssel für unser neues Haus. Und dann gehen wir Farbe kaufen, um zu streichen.«
Anne lächelte angesichts von Finolas Freude, dass es nun endlich so weit war. »Gut. Ihr wisst Bescheid, was zu tun ist. Ansonsten wünsche ich euch schon mal ein schönes Wochenende! Wenn noch was sein sollte, findet ihr mich in der Küche.« Sie stand auf.
»Nimm deinen Cupcake mit!«, empfahl Finola. »Wir beenden noch in Ruhe unsere Teepause hier, und dann geh ich an meinen Bericht. Einverstanden? Lachie? Ùna?«
Beide nickten und nahmen sich ihre Küchlein.
Auch Anne griff zu und biss sofort ein Stück von ihrem mit weißer und dunkler Schokolade verzierten Cupcake ab. »Nicht, dass sonst einer meiner Sprösslinge denkt, er kann mir was wegessen«, sagte sie zwinkernd.
Ùna nutzte den freien Samstag, um nicht nur ihr eigenes Zimmer, sondern auch die Räume, die sie mit Jamala teilte, einmal gründlich sauber zu machen. Sie stellte das Radio an, riss das Wohnzimmerfenster auf und genoss den Sonnenschein und die warme Luft, die hereinströmte.
Jamala war in die Stadt gefahren, um sich ein neues Outfit für die Hochzeit ihres Bruders zu kaufen und danach eine Freundin zu treffen, das würde dauern. Ùna hatte also Zeit und Ruhe, um sich dafür zu revanchieren, dass sie immer noch bei ihrer Schulfreundin Jamala wohnen konnte, obwohl dies eigentlich nur als kurze Übergangslösung gedacht gewesen war.
Doch mittlerweile hatten sie sich aneinander gewöhnt, und keine von ihnen schnitt dieses Thema an. Sie verstanden sich besser denn je, ließen einander ihr jeweiliges Leben führen, ohne sich einzumischen, und genossen die gemeinsamen Abende, an denen sie Serien schauten oder einfach über Gott und die Welt diskutierten. Natürlich war Ùna auch nicht unglücklich, dass sie Jamala eine geringere Miete zahlte, als sie es für eine eigene Wohnung getan hätte.
Der Staubsauger heulte auf und begann seine Arbeit. Zwar war der Song im Radio nun nicht mehr zu hören, aber Ùna trällerte ihn einfach weiter und machte dazu ein paar Tanzschritte.
Sie hatte mit Anne und Finola abgesprochen, den nächsten Freitag freizunehmen, sodass sie früher nach Aberdeen fahren und wirklich das ganze Wochenende mit ihren Kindern verbringen konnte. Entsprechend war sie voller Vorfreude.
Nach dem Saugen wischte sie gründlich Staub, auch in den Regalen, in denen Jamala jede Menge Nippes stehen hatte und die Ùna deshalb normalerweise lieber ihr überließ.
Das Handy klingelte. Ob das schon Sheena war? Sie würde heute mit der Familie ihrer Freundin Linn, die sie nach den Ereignissen vor zwei Monaten aufgenommen hatte, von einer gemeinsamen Ferienreise nach Aberdeen zurückkehren. Sie hatte versprochen, sich gleich zu melden, wenn sie angekommen waren.
Nein, es war nicht Sheena. Und auch nicht Tyrone, sondern eine fremde Nummer. Wahrscheinlich eine Weiterleitung aus der Detektei.