Madame Bonheur und das gestohlene Gemälde - Lilou Favreau - E-Book
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Beschreibung

Privatdetektiv Xavier Degrange und Wahrsagerin Madame Bonheur haben einen neuen Fall: Ein toter Geschäftsmann und ein gestohlenes Gemälde führen sie nach Aix-en-Provence. Für Leser:innen der »Périgord-Reihe« von Julie Dubois  »Die Monster waren nur noch Schatten. Maggie atmete tief durch und deckte die nächste Karte auf. Es war der Narr. Und er stand auf dem Kopf.«  Als ein wohlhabender Geschäftsmann in Aix-en-Provence tot aufgefunden wird, geht die Polizei von einem Raubmord aus. Schließlich ist ein wertvolles Gemälde gestohlen worden. Doch die Tochter des Toten ist sich da nicht so sicher und engagiert Privatdetektiv Xavier Degrange und Wahrsagerin Madame Bonheur. Können die beiden ihren zweiten Fall wieder mit Einfallsreichtum, Intuition und Tarotkarten lösen? 

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© Piper Verlag GmbH, München 2024

Redaktion: Christiane Geldmacher

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Covergestaltung: Alexa Kim »A&K Buchcover«

Covermotiv: depositphotos.com (zager, lifeonwhite), pixabay.com (jean52Photostock), shutterstock.com (Konstanttin)

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Widmung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Für Ellie, Patricia und Manuela

Kapitel 1

Maggie begleitete den Kunden hinaus, den die Hauptsaison in ihre Wahrsagestube gespült hatte, und nutzte das Päuschen, um ihren Oleander zu gießen. Die ersten Blüten waren aufgegangen und leuchteten in sattem Himbeerrot. Sie zupfte ein paar gelbe Blättchen ab und wollte soeben wieder ins Haus gehen, als ein Wagen heranfuhr und auf der gegenüberliegenden Straßenseite anhielt. Maggie blickte auf, und ihr Herz tat einen kleinen Sprung, als sie Xaviers taubenblauen Citroën erkannte. Seit ihren ersten gemeinsamen Ermittlungen, die sie mit einem wunderbaren Wochenende im Hotel von Maggies Freundin Emmanuelle hatten ausklingen lassen, war nur eine gute Woche vergangen. Und doch hatte sie den charmanten Privatdetektiv bereits vermisst.

Maggie stellte die blecherne Gießkanne zur Seite und ging ihm entgegen.

»Bonjour, Xavier! Was für eine schöne Überraschung! Was führt dich denn nach Roussillon?«

»Na, du natürlich!« Er kam mit wenigen schnellen Schritten heran und nahm sie zur Begrüßung kurz in den Arm. »Und ich habe dir etwas mitgebracht.«

»So? Was denn?«

»Einen neuen Fall.«

»Oh, spannend! Na, dann komm mal rein.«

Xavier eilte zum Auto zurück und schnappte sich seine Tasche vom Rücksitz. Anscheinend war er vorbereitet und hatte schon Unterlagen für ihre neuen Ermittlungen dabei. Die Neugier kitzelte Maggie in der Nase, und erst jetzt bemerkte sie, dass sie nicht nur Xavier, sondern auch das »Detektiv spielen«, wie ihre beste Freundin Colette es augenzwinkernd nannte, vermisst hatte. Zwar arbeitete sie nach wie vor gerne als Wahrsagerin. Aber auch die gemeinsamen Ermittlungen mit dem smarten Privatdetektiv wollte sie nicht mehr missen.

Als Maggie sich umwandte und zurück ins Haus gehen wollte, erblickte sie Ferdinande. Er war Landwirt und betrieb einen Bauernhof am Rande von Roussillon. Maggie kannte ihn und seine Familie ganz gut von ihren regelmäßigen Besuchen in deren Hofladen. Dort gab es nicht nur Eier, Fleisch und Gemüse, sondern auch jeden Tag ein typisch französisches Gericht zum Mitnehmen. Colette und Maggie nutzten dieses Angebot oft und gerne. Sein Cassoulet zum Beispiel war legendär.

Doch so oft sie schon dort eingekauft hatte, Ferdinande hatte sie hingegen noch nie aufgesucht. Umso überraschter war Maggie, dass er sich nun vor ihrer Tür herumdrückte. Er hatte die graue Kappe, die er stets auf seinem kurzen Haar trug, abgenommen und drehte sie verlegen in den Händen. »Oh, ich sehe, du bist gerade beschäftigt«, murmelte er, als ihre Blicke sich trafen.

»Bonjour, Ferdinande, schön, dich zu sehen. Was gibt es denn?«

Er kniff die Lippen zusammen. Sein Blick flatterte kurz zu Xavier, der gerade das Auto absperrte und dann näherkam. »Nichts eigentlich.« Er winkte ab, die Kappe noch immer in der Hand. Dann lachte er kurz und schnaubend. »Ich wollte mir nur die Karten legen lassen.«

Maggie runzelte die Stirn. Ferdinandes Verhalten kam ihr komisch vor. Zumal er sonst immer so gut gelaunt war und Witze über ihre Hexerei riss. Dass er nun mit ernster Miene auftauchte und ihre Dienste in Anspruch nehmen wollte, irritierte und beunruhigte sie zugleich. War womöglich etwas passiert, das ihm Sorgen bereitete? Maggie ging einen Schritt auf ihn zu. »Was ist denn los? Ist alles in Ordnung?«

Er lächelte gequält, was eher einer Grimasse glich. »Natürlich ist alles in Ordnung. Ich komme ein andermal wieder.«

Ehe sie ihn zum Bleiben überreden konnte, machte Ferdinande kehrt und eilte davon. Verdattert sah Maggie ihm nach. »Das war doch komisch, oder?«, sagte sie zu Xavier, der nun neben ihr stand.

»Hmmm«, brummte der. »Vielleicht möchte er sich die Karten legen lassen, und nun war es ihm doch peinlich, dass er an solchen Hokuspokus glaubt.«

Maggie stemmte empört die Fäuste in die Seiten.

»Für mich bist du natürlich über jeden Zweifel erhaben, aber manche Leute denken ebenso.«

»Ja, ja«, Maggie winkte lachend ab. Tatsächlich wusste sie, dass Xavier große Stücke auf sie hielt und sogar mehr an ihre Wahrsagekünste glaubte als sie selbst. Außerdem konnte sie ihm ohnehin nicht böse sein. »Nun komm schon rein.«

Im Vorbeigehen nahm Maggie das Metallschild mit, das an der offenen Tür baumelte, und Kunden in ihre Wahrsagestube locken sollte. Sie würde es wieder aufhängen, wenn Xavier weg war.

Der folgte ihr in die Wohnküche. Sie deutete auf die kleine hölzerne Sitzecke, und er nahm Platz.

»Was hast du letzte Woche so gemacht?«, fragte Maggie, während sie Kaffee kochte.

»Ein paar kleinere Fälle. Der gehörnte Ehemann aus Marseille hat mich an zwei Bekannte weiterempfohlen, obwohl mein Treuetest an seiner Frau ja nicht sehr erfreulich für ihn ausging.«

»Du hast die letzte Woche also damit verbracht, Dates zu haben und Frauen zu verführen?«

»Wenn du es so ausdrückst, hört es sich nicht nach Arbeit an. Das war ganz schön anstrengend!«

»Und wie ging es aus?«

Xavier bemühte sich ganz offensichtlich, nicht breit zu grinsen, was Maggie mehr verriet, als ihr lieb war.

»Die Damen konnten mir nicht widerstehen«, gestand er schließlich mit einem entschuldigenden Schulterzucken.

»Wie schön für dich.« In Maggie rumorte es. Schon bei dem ersten Treuetest, den sie mitbekommen hatte, war sie eifersüchtig geworden. Sie musste ihre Gefühle in den Griff bekommen, wenn sie professionell mit Xavier zusammenarbeiten wollte. Dass der sich anscheinend durchaus in der Rolle des Herzensbrechers gefiel, machte die Sache nicht gerade einfacher. Am besten, sie konzentrierte sich voll und ganz auf den neuen Fall.

Maggie stellte zwei gefüllte Kaffeetassen auf den Tisch. Da Xaviers Café au Lait eher ein Becher Milch mit einem Schuss Kaffee war, hatte sie seine Tasse nur zur Hälfte gefüllt und eine Flasche Milch mit auf dem Tisch platziert. Schließlich setzte sie sich zu ihm. »Willst du mir jetzt noch weiter von deinen angeblich beruflichen Liebesabenteuern vorschwärmen, oder erzählst du mit etwas über unseren neuen Fall?«

Lächelnd beugte Xavier sich über die Tassen hinweg zu ihr vor. »Man könnte fast meinen, du wärest eifersüchtig.«

Maggie wandte ertappt den Blick ab und konzentrierte sich auf ihren Kaffee. »Quatschkopf«, murmelte sie in ihre Tasse.

Xavier lehnte sich schmunzelnd zurück und trank ebenfalls einen Schluck. Dann holte er sein Notizbüchlein und einen Schnellhefter aus der Tasche, die neben ihm auf dem Holzboden stand. Yvette Delon stand vorne auf dem Hefter. Maggie erinnerte sich an den Schriftzug Charles Josserand auf der Mappe des letzten Falls. Yvette musste demnach ihre neue Auftraggeberin sein.

»Also? Was hast du für mich?«

»Einen toten Geschäftsmann und ein verschwundenes Gemälde.«

»Uuuh, das hört sich gut an.« Maggie biss sich auf die Lippe. »Ich meine natürlich nicht, dass er tot ist, der arme Kerl.«

»Nun, arm war er nicht gerade. Eher im Gegenteil.«

Maggie dachte an die Villa ihres letzten Auftraggebers. »Wir ermitteln also wieder in der Hautevolee?«

Xavier nickte. »Könnte man so sagen. Das Opfer heißt Robert Delon. Seine Tochter Yvette hat mich kontaktiert.«

»Und wieso? In einem Mordfall ermittelt doch automatisch die Polizei.«

Xavier klappte die Mappe auf. »Als man die Leiche fand, fiel auf, dass ein Gemälde gestohlen worden war. Yvette meinte, die Polizei gehe von einem Raubmord aus, da es in der letzten Zeit wohl mehrere Einbrüche in der Gegend gegeben habe. Sie ist sich da jedoch nicht so sicher, zumal sonst nichts gestohlen wurde.«

»Verstehe. Das Misstrauen gegen die Behörden spielt uns also wieder einmal in die Karten.«

»Richtig. Apropos Karten. Wie läuft es bei dir? Hier in Roussillon ist ganz schön viel los inzwischen. Der Parkplatz vorne bei den Ockerfelsen ist rappelvoll.«

Wie es lief? Maggie wusste gar nicht, wo sie anfangen sollte zu erzählen. Ihre Wahrsagerei hatte sich in der letzten Zeit verändert, was sie nicht zuletzt Xavier und seinem Glauben in sie zu verdanken hatte. Aus einer Show mit dickem schwarzen Lidstrich und Klimbim war etwas geworden, was ihr wichtig war. Einmal war sie mit der Deutung der Karten völlig überfordert gewesen. Früher hätte Maggie einfach überlegt, was die Kundschaft wohl hören wollte und etwas erfunden. Doch diesmal hatte sie sich entschuldigt und ein Nachschlagewerk zurate gezogen. Erleichtert konnte sie feststellen, dass ihr diese neue Gewissenhaftigkeit nicht als mangelndes Wissen angekreidet sondern positiv aufgenommen wurde.

»Ja, die Reisezeit hat begonnen«, beschränkte sie sich schlicht auf das Offensichtliche. »Einerseits ist das gut fürs Geschäft, weil immer wieder Touristen spontan hereinkommen. Andererseits wird es sicherlich nicht lange dauern, bis ich die dörfliche Idylle vermisse.«

»Ob voll oder leer, auf dein idyllisches Roussillon musst du erst einmal verzichten. Unser Fall führt uns nach Aix-en-Provence. Wann hast du Zeit für einen Ausflug?«

Kapitel 2

Als Maggie und Xavier am Nachmittag durch ein großes eisenbeschlagenes Holztor das Grundstück von Robert Delon betraten, war Maggie augenblicklich in das Anwesen verliebt. Das alte, herrschaftliche Stadthaus hatte nicht das Geringste mit der Villa ihres letzten Arbeitgebers gemein, was für Maggie durch und durch positiv war. Hier wäre sie sofort eingezogen.

Das Haus sowie die den Garten umgebende Mauer waren aus Sandstein. Bäume spendeten Schatten, Blütenduft hing in der Sommerluft, und das Plätschern eines kleinen Springbrunnens vollendete die Idylle. Das Eingangstor ähnelte einem Portal in eine andere Welt, und war man erst hindurch, konnte man kaum glauben, dass man sich noch mitten in der Stadt befand.

Da sie nicht gewusst hatten, wie die Parksituation sein würde, hatte Xavier seinen Wagen ein paar Straßen weiter abgestellt. Doch das wäre nicht nötig gewesen. Rechts neben der Haustür war ein großes Tor im selben dunklen Holz in die Sandsteinvilla integriert worden. Da es offenstand, spähten sie hinein. Der Hausherr hatte das halbe Erdgeschoss zu einer Garage umfunktioniert. Maggie entging nicht, dass Xaviers Augen beim Anblick des Jaguars, der dort stand, kurz aufleuchteten.

»Sie müssen Monsieur Degrange sein!«

Überrascht sah Maggie auf. Sie hatte die junge Frau, die bei einer Harley Davidson schräg hinter dem Jaguar gestanden hatte, gar nicht bemerkt.

»Das bin ich. Entschuldigen Sie, dass wir hier so reinschleichen. Wir hätten klingeln sollen.« Xavier ging auf sie zu und schüttelte ihre Hand. Maggie folgte ihm und stellte sich als seine Kollegin vor.

Die junge Frau bestätigte ihre Vermutung, dass sie Yvette Delon, ihre Auftraggeberin, war. Auf Xaviers Entschuldigung hin winkte sie nur schweigend ab. Sie trug einen schwarzen Hosenanzug und hatte das glatte, hellbraune Haar zu einem hohen Pferdeschwanz straff zurückgebunden. Yvette wirkte edel und selbstbewusst, doch ihr Händedruck war schlaff und die Augen rotgerändert. Wie sehr der Verlust ihres Vaters sie mitnahm, konnte ihre professionelle Aufmachung nicht verbergen.

»Kommen Sie, ich zeige Ihnen die Wohnung meines Vaters«, kam sie direkt zur Sache und wandte sich der Treppe zu.

Schweigend stiegen sie hinauf.

»Hat ihr Vater hier allein gewohnt?«, fragte Xavier, als sie die Tür im ersten Stockwerk passierten und weitergingen.

»Überwiegend«, antwortete Yvette über die Schulter, ohne stehen zu bleiben. »Wenn ich in Aix bin, dann bewohne ich den ersten Stock. Doch das kam in letzter Zeit nicht mehr so oft vor.«

Wenn Maggie ihre Eltern besuchte, schlief sie auf der Couch im Wohnzimmer, da aus ihrem alten Kinderzimmer inzwischen ein Abstellraum geworden war. Zwar war ihre Familie nicht arm, doch der Unterschied war dennoch frappierend. Und doch hätte Maggie nicht tauschen mögen. Lächelnd dachte sie daran, wie ihre Eltern immer versuchten, möglichst leise den Frühstückstisch zu decken, während sie nebenan auf dem Sofa lag, und dabei unglaublich laut waren, ohne es zu bemerken.

Die Wohnungstür im zweiten Stock stand offen.

»Hat die Polizei den Tatort bereits freigegeben?«, vergewisserte sich Xavier, ehe sie eintraten.

Yvette nickte. »Ja, gestern schon. Aber ich habe nichts verändert. Mir war schnell klar, dass ich mir Unterstützung holen würde, und ich wollte, dass Sie sich hier vor Ort ein möglichst unmittelbares Bild machen können, was hier am Donnerstagabend geschehen ist.« Abrupt blieb sie stehen. »Nur das Blut, das Blut habe ich weggemacht.« Yvettes Stimme zitterte. Sie fuhr sich mit der Hand über beide Augen. Dann straffte sie sich und ging hinein.

Die Wohnung war stilvoll eingerichtet. Vereinzelte antike Stücke ergänzten die ansonsten moderne Ausstattung und sorgten für einen exquisiten Touch. Dem Hausherrn war es damit gelungen, eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen. Robert Delon hatte anscheinend ein gutes Händchen für solche Dinge gehabt.

Yvette führte sie ins Wohnzimmer. Hinter breiten gläsernen Schiebetüren erspähte Maggie Palmen in Tontöpfen auf einer kleinen Dachterrasse. Von dort aus flutete das Sonnenlicht in den Raum.

Die Auftraggeberin lenkte ihren Blick auf die seitliche Wand. Diese machte einen Knick, sodass der nach hinten versetzte Teil im Schatten lag. Ein Regal zwischen eben dieser Ecke und der Terrassentür verstärkte den Effekt. Sie traten an die Schattennische, die knapp drei Meter breit sein musste. Eine große Glasscheibe hing dort an der Wand, und es dauerte einen Moment, bis Maggie begriff, dass dahinter das gestohlene Gemälde gehangen haben musste, von dem Xavier ihr erzählt hatte. Die Stelle war perfekt dafür – einerseits durch Schatten und Scheibe geschützt, andererseits jedoch so exponiert, dass das Gemälde sicherlich gut zur Geltung gekommen war. In der Decke waren kleine unscheinbare LED-Spots eingesetzt worden. Vermutlich hatten sie das Bild zusätzlich in Szene gesetzt.

Xavier musterte die leere Gemäldeaufhängung und die Befestigung der Glasscheibe. »Hat man Fingerabdrücke gefunden?«

Yvette schüttelte den Kopf. »Absolut nichts. Der Täter muss Handschuhe getragen oder die Scheibe nach dem Diebstahl fein säuberlich poliert haben.«

Maggie trat an die Schiebetür heran. Die Dachterrasse war weitgehend uneinsehbar. Lediglich zwei Fenster des Nachbarhauses boten einen Blick in das Wohnzimmer, doch die waren dank des Gartens so weit entfernt, dass dort zur Tatzeit jemand mit einem Fernglas hätte stehen müssen, um Hinweise liefern zu können.

»Beschreiben Sie mir bitte das Bild.« Xavier zückte bereits sein Notizbüchlein.

»Tut mir leid, das kann ich nicht. Mein Vater hatte eine Sammlung verschiedener Gemälde. Sie ist in seinem Landhaus, dort hat er sich eine private Galerie eingerichtet. Erstens hatte ich nie einen richtigen Überblick über seine Bilder und zweitens hat er immer wieder mal ein anderes mit hierhergenommen. Das wechselte.« Sie zuckte mit den Schultern. Mit etwas enttäuschter Miene ließ Xavier sein Büchlein sinken.

»Die Küche ist dort vorne.« Yvette deutete auf die Tür auf der anderen Seite des Raumes gegenüber der Gemäldenische.

Aus Xaviers Unterlagen wusste Maggie, dass Robert Delons Leiche dort gefunden worden war. Sie schluckte.

»Dürfen wir?«, fragte Xavier vorsichtig nach.

»Deshalb sind Sie ja hier, nicht wahr?« Yvette klang plötzlich heiser und räusperte sich. »Ich komme mit und koche uns einen Kaffee.«

Als Xavier zögerte, bedeutete sie ihm voranzugehen. Maggie folgte ihm mit einem plötzlichen mulmigen Gefühl. Yvette war tough. An ihrer Stelle hätte Maggie den Kaffee lieber aus dem ersten Stock nach oben geholt, als in der Küche zu werkeln, in der gerade erst ihr Vater ermordet worden war.

Als sie sich umblickte, machte sich Erleichterung in Maggie breit. Der beige Fliesenboden war sauber, die Küchenfronten glänzten in strahlendem Weiß. Nichts hier deutete mehr auf ein blutiges Verbrechen hin.

»Man hat ihn hier gefunden zwischen der Küchenzeile und der Kochinsel.«

Maggie zuckte zusammen, obwohl Yvettes Stimme nicht mehr war als ein Flüstern. An solche Tatortbegehungen musste sie sich erst noch gewöhnen. Die Situation zerrte an ihren Nerven. Sie wusste nicht, wie sie sich geschlagen hätte, wenn sie hier Zeichen eines Kampfes, Blutspuren oder gar eine Leiche vorgefunden hätten.

Während Yvette sich tapfer der Kaffeemaschine zuwandte, ging Xavier schweigend zwischen Küchenzeile und Kochinsel auf und ab, drehte sich schließlich um die eigene Achse und brummte ein grüblerisches »Hmmm.«

»Was denkst du?«, wollte Maggie wissen.

»Ich versuche nur, mir die Situation vorzustellen. Wenn Delon vielleicht gehört hat, dass jemand in der Wohnung ist und die Räuber überrascht hat, müsste er dann nicht im Wohnzimmer oder wenigstens vorn an der Küchentür gefunden worden sein?«

Maggie runzelte die Stirn und wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. »Nicht unbedingt. Vielleicht dachten die Einbrecher, es wäre niemand zu Hause. Er hörte etwas und hat gerufen. Vielleicht nach Yvette oder seiner Haushälterin. Er könnte gedacht haben, eine von ihnen ist es. Auf sein Rufen hin sind die Räuber dann in die Küche gekommen.«

Yvette hatte sich abgewandt und beteiligte sich nicht an ihren Spekulationen. Maggie biss sich auf die Lippe. Was für eine blöde Situation, hier am Tatort zu stehen und in ihrem Beisein über den Hergang zu spekulieren.

»Du hast recht. So würde es durchaus passen«, murmelte Xavier.

Da setzte das Brummen der Kaffeemaschine ein, und Maggie war froh darüber.

Kapitel 3

»Sie glauben nicht daran, dass Ihr Vater sterben musste, weil er Einbrecher überrascht hat?«

»Nein. Schauen Sie, der Fernseher, die Soundanlage, alles ist noch da. Im Schlafzimmer steht eine Schatulle mit teuren Uhren, in der Garage ein Jaguar. Soweit ich das beurteilen kann, fehlt absolut nichts außer diesem Bild.«

Nachdenklich nahm Maggie einen Schluck ihres Café au Lait. Sie hatten sich im Wohnzimmer des Opfers niedergelassen. Immer wieder wanderte ihr Blick zu der Nische, die sie förmlich anzustarren schien. »Die Räuber könnten gezielt wegen des Gemäldes gekommen sein. Die Glasscheibe lässt darauf schließen, dass es sehr wertvoll war.«

»Das war es bestimmt«, gab Yvette ihr recht. »Mein Vater hatte ein Faible für die französischen Impressionisten.«

»Erzählen Sie uns von Ihrem Vater«, bat Xavier.

»Was möchten Sie wissen?«

Er zuckte mit den Schultern. »Alles, was wichtig sein könnte. Was hat er beruflich gemacht? Gab es Rivalen oder gar Feinde? Wie sah sein Privatleben aus?«

Yvette seufzte. »Puh, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.«

»Lassen Sie sich Zeit.« Als wollte Xavier seine Worte untermauern, lehnte er sich etwas zurück und trank von seiner Tasse.

Maggie tat es ihm gleich. Unter anderen Umständen hätte man diesen Kaffeeplausch hier Dank des exquisiten Ambiente durchaus genießen können.

»Er war Vermögensberater. Früher hat er bei einer Bank gearbeitet. Aber irgendwann hat er sich selbstständig gemacht. Er hat das Geld seiner Kunden überwiegend in Aktien, Fonds und ETFs angelegt, früher auch Immobilien, aber das hat er bald aufgegeben.«

»Warum?«

»Ach, das gab immer Ärger. Immobilien sind ein Knochenjob.«

»Das klingt, als hätten auch Sie Erfahrung damit?«, fragte Maggie nach.

»Ja, ein bisschen. Ich habe nach meinem BWL-Studium mit dem Gedanken gespielt, mich darauf zu spezialisieren, mich dann aber bald ebenfalls umorientiert.«

»Sie sagen, es gab Ärger – mit wem genau? Könnte das mit seinem Tod zu tun haben?«, wollte Xavier wissen.

»Das kann ich mir nicht vorstellen. Das letzte Immobilienprojekt liegt schon einige Jahre zurück.«

»Könnten Sie uns trotzdem weitere Informationen dazu raussuchen?«

»Natürlich.« Sie hielt inne. »Entschuldigen Sie, ich habe Ihnen gar nichts zum Kaffee angeboten. Mein Vater liebte Süßes. Er hat sicher irgendein Gebäck in der Küche.«

Maggie und Xavier lehnten dankend ab. Yvette fuhr sich mit der Hand über die Augen. Die Geste wirkte angestrengt. Das Gespräch nahm sie anscheinend mehr mit, als sie sich anmerken lassen wollte.

»Möchten sie eine Pause machen? Wir können auch später noch mal wiederkommen«, schlug Xavier vor, dem Yvettes Zustand wohl auch aufgefallen war.

Doch die schüttelte energisch den Kopf. »Es geht schon. Je mehr Informationen Sie haben, desto schneller können Sie Papas Mörder finden.«

»Okay. Erzählen Sie uns von seinem Privatleben.«

»Seine Freundin heißt Désirée. Ich muss zugeben, dass ich kein sehr inniges Verhältnis zu ihr habe.« Sie blickte nachdenklich auf die Tasse in ihren Händen, als wollte sie deren verschnörkelten Henkel studieren. »Ich vermute, das ist normal, dass man Vorbehalte gegen die Frauen hat, die den Platz der eigenen Mutter einnehmen. Wenn ich so darüber nachdenke, kam ich mit keiner seiner Freundinnen besonders gut aus.«

»Was ist mit Ihrer Mutter?«, fragte Xavier.

»Sie wohnt in Arles. Meine Eltern haben sich vor vielen Jahren scheiden lassen.«

Maggie horchte auf. Irgendwie war sie davon ausgegangen, dass Robert Delons Ehefrau verstorben war. »Wie war das Verhältnis der beiden?«

»Sie hatten im Grunde keines mehr. Soweit ich weiß, war da in den letzten Jahren null Kontakt. Sie haben sich nicht einmal mehr zum Geburtstag gratuliert oder so etwas.« Ein Schatten huschte über Yvettes Gesicht. Maggie konnte sich gut vorstellen, dass sie unter der Trennung und der anschließenden Funkstille gelitten hatte. Ob als Kind oder Erwachsene, die Eltern blieben die Eltern. »Sie haben ein Landhaus erwähnt. Ist das auch in der Nähe von Arles? Hat Ihre Familie dort früher gewohnt?«

»Nein. Arles ist die Heimatstadt meiner Mutter. Aber meine Eltern und ich haben früher tatsächlich zusammen in dem Landhaus gewohnt. Wahrscheinlich bedeutet es mir deshalb so viel. Es liegt bei Lourmarin, also etwa eine dreiviertel Stunde von hier.«

»Gehört das Haus nun Ihnen?«, hakte Xavier nach.

»Ja, alles gehört nun mir. Er hatte nach meiner Mutter zwar einige Frauen, aber ich bin sein einziges Kind geblieben.«

Das Erbe konnten sie demnach als Motiv ausschließen. Oder konnte Yvette womöglich selbst die Täterin sein und sie als Ablenkungsmanöver engagiert haben? Wenn Maggie in ihren ersten Erfahrungen als Privatdetektivin an der Seite von Xavier eines gelernt hatte, dann, dass wirklich alles möglich war und man nichts und niemanden voreilig ausschließen durfte. Doch wenn sie sich Yvettes zitternden Hände, ihre fahrigen Bewegungen und ihre roten Augen ansah, dann war sie sich sicher, dass ihre Trauer nicht gespielt war. Doch was sie bei all den neuen Informationen und Yvettes Zweifel ebenfalls nicht ausschließen durften: dass es sich eben vielleicht doch um einen Raubmord handelte. »Wer wusste alles von der Kunstsammlung Ihres Vaters?«, fragte sie deshalb nach.

Doch als Antwort bekam sie nur ein Schulterzucken. »Das weiß ich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er es an die große Glocke gehängt hat. Außerdem denke ich mir, dass die Einbrecher doch eher nach Lourmarin gekommen wären, wenn sie es auf die Gemälde abgesehen gehabt hätten, oder? Dort ist ja diesbezüglich viel mehr zu holen.«

»Der Täter könnte das Bild hier bei einem Besuch zufällig gesehen haben«, warf Xavier ein.

»Hmmm. Und im Landhaus sind auch die Sicherheitsvorkehrungen besser.«

»Können wir uns das in den nächsten Tagen mal ansehen?«

»Ja, ich werde vermutlich ab übermorgen dort sein. Lassen Sie uns telefonieren, ja?«

»Apropos telefonieren, das Mobiltelefon Ihres Vaters hat vermutlich die Polizei, oder?«

»Das Diensthandy haben sie mitgenommen, ja. Sein privates haben wir bisher nicht gefunden.«

Xavier runzelte die Stirn. »Seltsam. Haben Sie versucht, anzurufen?«

»Natürlich. Mehrmals. Doch es war immer ausgeschaltet. Soweit ich weiß, will die Polizei eine Ortung veranlassen.«

Schließlich erhoben sie sich und Yvette begleitete sie die Treppe hinunter. Als sie durch die Garage nach draußen gingen, sagte sie plötzlich: »Soll ich Sie informieren, wenn ich den Jaguar verkaufe? Ich werde ihn nicht behalten.«

Ertappt fuhr Xavier sich durchs Haar und blieb neben dem dunkelgrünen Oldtimer stehen.

»Zu gerne würde ich jetzt Ja sagen, aber ich muss zugeben, dass der Wagen leider außerhalb meiner Preisklasse liegt.«

»Schade. Es ist ein schönes Stück, und mein Vater hat ihn immer gut gepflegt. Doch ich bevorzuge moderneren Komfort …«, sie deutete zur Harley, »… oder zwei statt vier Räder.«

Maggie hatte ehrlich Probleme, Yvettes Hosenanzug gedanklich gegen Bikerklamotten auszutauschen. Doch ihre junge Auftraggeberin konnte sich Maggie bestimmt auch nur schwer mit schwarzem Lidstrich und einem bunten Tuch um den Kopf gewickelt in ihrer Wahrsagestube vorstellen. Zwar war ihr Berufsoutfit beim Kartenlegen inzwischen etwas dezenter geworden, doch ganz darauf verzichten konnte Maggie an manchen Tagen trotzdem nicht. Gerade, wenn Zweifel an ihr nagten, dann flüchtete sie sich noch immer gerne mal hinter eine mystische Fassade. Und eines musste man ihr lassen: Gerade bei den Touristen kam ihr Gipsy-Look ausgezeichnet an.

Kapitel 4

»Ist es okay für dich, wenn wir eine Nacht hier vor Ort bleiben? Ich würde gerne zeitnah mit Delons Lebensgefährtin sprechen und der Haushälterin, die seine Leiche gefunden hat.«

Maggie versuchte, sich nicht zu offen anmerken zu lassen, wie sehr sie sich freute, wieder mit Xavier unterwegs zu sein. Insgeheim hatte sie sogar gehofft, dass sie in Aix übernachten würden. »Das habe ich mir schon gedacht und vorsichtshalber meine Zahnbürste eingepackt«, antwortete sie glücklich und hob demonstrativ ihre große Handtasche hoch, in der ihr Kulturbeutel und Wechselwäsche steckten. »Übermorgen müsste ich allerdings wieder zu Hause in Roussillon sein. Da habe ich Termine zum Kartenlegen.«

»Wunderbar! Ich kenne hier ein interessantes Hotel, das dir bestimmt gefallen wird.«

»Ich bin gespannt!«

Sie ließen den Wagen auf dem recht zentralen Parkplatz stehen, den sie glücklicherweise ergattert hatten. Maggie hängte sich bei Xavier ein, und gemeinsam schlenderten sie durch die Straßen. Aix-en-Provence galt gemeinhin als Stadt der Kunst und Kultur, in der es viele Paläste und Museen zu bestaunen gab. Maggie hatte sich fest vorgenommen, sich einen Reiseführer zu ihrem nächsten Ermittlungsausflug mitzunehmen. Aber dann war alles so schnell gegangen, dass sie es verpasst hatte. Doch bestimmt würde Xavier wieder die eine oder andere Information für sie parat haben. Schließlich bezeichnete er sich selbst immer als Reisenden und war schon viel hier in Südfrankreich herumgekommen.

Sie spazierten eine schmale Gasse entlang, die sie an einem charmanten Kino vorbeiführte. Um die Filmplakate herum zierten Malereien von Säulen und Löwenköpfen das Gemäuer, um das ansonsten so schlichte Gebäude an den Charme alter Theater erinnern zu lassen. Einige Schritte weiter spuckte die Gasse sie direkt in den Cours Mirabeau, ein Boulevard und eine der Hauptadern der Stadt, in der das Leben von Aix-en-Provence pulsierte. Das bunte Treiben hier wurde durch zahlreiche Marktstände verstärkt, an denen überwiegend Stoffwaren feilgeboten wurden.

»Wie hübsch!«, schwärmte Maggie mit Blick auf die Stände.

»In Aix gibt es fast jeden Tag irgendeinen Markt. Da finden wir bestimmt Gelegenheit, einen zu besuchen, wenn du möchtest. Am Rathausplatz zum Beispiel gibt es einen Blumenmarkt und am Place Richelme werden jeden Vormittag allerhand Köstlichkeiten angeboten.«

»Ach, ich liebe so etwas!« Entzückt sah sie in beiden Richtungen die breite von Bäumen gesäumte Straße entlang. »Wenn es morgen in unseren Zeitplan passt, hätte ich nichts gegen ein paar Leckereien vom Markt.«

Xavier grinste. »Ich dachte mir fast, dass du so etwas sagen würdest.«

»Hey, willst du etwa andeuten, ich sei verfressen?«

»Das hast du gesagt, nicht ich!« Lachend zog er sie über die Straße.

»Du warst es, der gleich bei unserem ersten Treffen eine Eisdiele angesteuert hat!«

»Touché.«

Maggie erinnerte sich gerne daran, wie sie gemeinsam im Hafen von Cassis gesessen hatten. Damals hatten sie sich noch vorsichtig abgetastet, und sie war hin und hergerissen gewesen zwischen der Aufregung, mit Xavier als Privatdetektivin zu arbeiten und der Angst davor, dass er merken könnte, dass es mit ihrer Wahrsagekunst nicht so weit her war, wie er sich erhoffte. Die Erinnerung fühlte sich an, als wären seitdem Monate vergangen, dabei waren es nur wenige Wochen.

Xavier steuerte zielstrebig eine kleine Gasse auf der anderen Straßenseite an. Kaum hatten sie sie betreten, stoppte er vor einem beigen zweistöckigen Gebäude mit weißen Fensterläden. Um den Eingang herum und im unteren Bereich des Hauses war der etwas unregelmäßige Sandstein freigelegt worden und verlieh rustikalen Charme. An zwei schmiedeeisernen Schnörkeln hingen Laternen zu beiden Seiten der hölzernen Eingangstür. Darüber prangte ein ebenfalls dunkles Metallschild mit der Aufschrift Hotel des Augustins.

»Voilá, wir sind da.« Xavier machte eine einladende Geste.