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Professor Feuerlein hat eine unglaubliche Erfindung gemacht: Ein Wesen, das sich schnell vermehrt, sich nur von Luft ernährt und viel sehr gutes Fleisch abgibt! Dieses Wesen, genannt Munaster, soll gegen den Nahrungsmangel auf der Welt helfen. Als er seine Erfindung seinen Kollegen und den Kindern im Labor vorstellt, sind alle hellauf begeistert. Doch am nächsten Morgen stellen sie mit Schrecken fest, dass sich das Munaster stark vermehrt hat - und sich statt von Luft lieber von Fleisch und Blut der Menschen ernähren will! Als die Munaster, die jetzt nur noch als Monster bekannt sind, sich zu Tausenden auf dem Planeten ausbreiten, werden auch Luna, Nina und Nico aus ihrem Alltag herausgerissen und müssen Hals über Kopf in die Wildnis fliehen, während ihre Heimatstadt dem Erdboden gleichgemacht wird. Ein Glück, dass Nico ein paar gute Naturzauber kennt. Doch dann werden sie getrennt!
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Seitenzahl: 442
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Der Anfang vom Ende der Welt
Ein schreckliches Ereignis
Monster
Nullilula
Wichtige neue Erkenntnis
Warum ich?
Eine dunkle Zeit
Auf ins Abenteuer!
Vollmondnacht
Der Hexenberg
Grünes Feuer
Die Entscheidung
Gelbes Blut
Geschichten
Das Überwindungsmain
Hartes Training
Sklavenarbeit
Ein altes Bündnis
Der heilige Schmuck
«The Battle Begins»
Nacht der übernatürlichen Kräfte
Wilhelm der Rote
Mutter Natur
Die Legende der Monster
Die ewige Sonne
Eine erfreuliche Bekanntschaft
Unglaubliche Geschichten
Quatschköpfe!
Banküberfall
Endlich mal Ruhe!
Der Tod
Chilompatis
Endlich sicher
Elis Palast
Anhang (Dank, Portrait der Autorin)
Ich widme dieses Buch allen, die mir geholfen haben, diesen Traum zu verwirklichen.
Professor Feuerlein jauchzte: «Ich habe es geschafft! Ich habe es endlich geschafft! Von nun an müssen die Menschen nicht mehr so hart arbeiten, und sie haben immer etwas zu essen! Ich habe es tatsächlich geschafft!»
Seine Kollegen, Professor Klimmerting und Professor Ohnehose, sowie ihre jungen Laborschüler sahen ihn erregt an: «Wirklich? Hast du es tatsächlich geschafft?», fragte Professor Ohnehose mit vor Aufregung quietschender Stimme. In Wirklichkeit hiess er eigentlich Ohnenhosten, aber alle nannten ihn immer nur Ohnehose.
Klimmerting, den die Schüler zum Spass manchmal Professor Klingelton nannten, blickte Feuerlein nur sprachlos an. Er schien Feuerlein sofort zu glauben, aber es schien ihm die Sprache verschlagen zu haben.
Die Schüler drängten sich neugierig um die Arbeitsnische von Professor Feuerlein, um einen Blick auf die neueste Erfindung des Professors zu werfen, doch Feuerlein hatte sie zugedeckt, da er erstens nicht wollte, dass es alle gleich sahen, und da er seine Erfindung zweitens noch schützen wollte.
«Vorsichtig», flüsterte er, «erschreckt es nicht! Es ist noch sehr empfindlich, aber ich habe das Gefühl, dass das nicht mehr lange so sein wird. Aber bis dahin muss man vorsichtig mit ihm umgehen! Ich nenne es: das Munaster!»
Alle wurden ganz leise und sahen respektvoll auf die Abdeckung, darauf wartend, dass Professor Feuerlein diese zur Seite zog, und sie endlich sehen liess, was er nun wirklich erfunden hatte. Sie waren zum Zerreissen gespannt.
Doch Feuerlein liess sich Zeit mit der Vorstellung. Er erklärte ausführlich, wie er so weit gekommen war und warum das Munaster noch so sensibel war.
Die anderen hörten geduldig zu, doch alle waren gespannt auf das Ergebnis von Feuerleins Forschung und wollten unbedingt das Munaster sehen.
Nach einer halben Stunde ballte Olivia die Hände zu Fäusten und wollte sich wutentbrannt auf Feuerlein stürzen, da sie sehr ungeduldig und hitzig war, doch Felix hielt sie zurück. Anders als sie es bei allen anderen tun würde, verprügelte Olivia ihn nicht, sondern schnaubte nur wütend und starrte Feuerlein feindselig an.
Olivia war zehn Jahre alt und stammte aus einer Bauernfamilie, doch wie bei den meisten anderen Kindern war sie nun eine Waise: Ihre Eltern waren bei einem Waldbrand ums Leben gekommen, als sie Olivia vor dem Feuer beschützen wollten. Olivia war deshalb total verbittert, doch hier hatte sie ein neues Zuhause bei den verrückten Professoren gefunden und Felix kennengelernt.
Felix kam aus einer reichen Familie, jedoch war er nicht glücklich, weil seine sechs Jahre ältere Schwester hatte ihn immer eine Missgeburt genannt, da sie eifersüchtig gewesen war, weil er jetzt auch Aufmerksamkeit bekam und sie nicht mehr die ungeteilte Aufmerksamkeit ihrer Eltern hatte. Jetzt hatte sie «einen süssen, kleinen Bruder», wie ihre Eltern immer sagten.
Julia, so hiess die Schwester, hatte in Gegenwart ihrer Eltern immer wirklich nett getan, doch immer, wenn sie allein waren, hatte sie Felix ohne Grund geschlagen und ihm mit allem Übeln gedroht, wenn er es irgendjemandem verriet. Sie hatte ihm das Leben zur Hölle gemacht.
Niemand merkte es, und Julia tat immer so nett, dass Felix sowieso niemand geglaubt hätte, wie gemein seine grosse Schwester war. Deshalb hatte er gar nie versucht, es jemandem zu sagen, sondern hatte einfach versucht, zu tun, was seine Schwester befahl, damit sie ihn nicht wieder schlug.
Mit der Zeit hatte ihr Verhältnis dafür gesorgt, dass Julia zu einer verwöhnten, tussigen, zickigen «Prinzessin» wurde, während Felix meistens zurückhaltend und unauffällig war und mit allem zufrieden schien, vermutlich, weil alles besser war, als mit seiner Schwester zu streiten. Er war ziemlich vorsichtig und zurückhaltend und vertraute niemandem vollständig, bis dieser Jemand gezeigt hatte, dass man ihm oder ihr vertrauen konnte.
Als Felix sechs Jahre alt war, hatten seine Eltern einen so heftigen Streit, dass der Vater die Mutter mit einem schweren Gegenstand so fest auf den Kopf geschlagen hatte, dass er sie – natürlich aus Versehen – erschlagen hatte.
Als er das begriff, war er so verzweifelt, dass er Selbstmord beging, was natürlich für beide Kinder schrecklich war, doch Julia liess all ihre Wut und Verzweiflung an Felix aus, was natürlich auch nicht half.
Aus irgendeinem Grund beschlossen diejenigen, die sich nun um die Waisenkinder kümmern sollten, dass die Kinder weiterhin in der riesigen Villa der Eltern allein mit den Dienstboten leben sollten und dass Julia sich um Felix kümmern sollte.
Das tat sie auch: Sie machte Felix im kommenden Jahr das Leben so zur Hölle, dass Felix mit sieben weglief, da selbst er – obwohl er mit mieser Behandlung aufgewachsen war – es nicht mehr aushielt.
Die Professoren hatten ihn damals aufgenommen, wie sie das mit allen Waisenkindern machten, die völlig verzweifelt waren. Sie gaben denen, die sonst nirgends mehr leben konnten, ein neues Zuhause.
Felix war nun schon zwei Jahre lang hier, und er hatte sich gut eingelebt. Er schien zufrieden zu sein und war meistens erstaunlich fröhlich, wenn man bedachte, was er alles durchgemacht hatte.
Olivia war erst seit einem halben Jahr hier, und sie war noch längst nicht über den Verlust ihrer Eltern hinweggekommen. Doch hier waren alle nett zu ihr, und alle kümmerten sich um einander.
Olivia war heimlich in Felix verliebt, doch sie wusste, wie sie das verheimlichen konnte. Niemand ausser ihr wusste das. Olivia war auch nicht so eine, die sich besonders schön machte, nur weil sie verliebt war. Aber natürlich freute sie sich immer, wenn sie etwas mit Felix zusammen unternehmen konnte.
Olivia war hübsch, auch wenn sie das selber nicht wusste. Sie hatte ihre blonden Haare immer zu einem Zopf oder zu zwei Zöpfen geflochten. Sie trug immer ein einfaches, blaues Kleid – welches ihre blauen Augen betonte – und braune Sandalen, nichts Besonderes halt. Doch sie war von Natur aus hübsch.
Was Felix anging: Er hatte braune, immer zerzauste Haare, ungefähr schulterlang. Und es war kein richtig regelmässiger Haarschnitt, am ehesten mit Hayden Christensens (Anakins) Frisur in Star Wars drei zu vergleichen, doch eigentlich auch ganz anders… – auf jeden Fall echt schwierig zu beschreiben.
Er hatte helle grüne Augen und trug meistens T-Shirt und Shorts, doch er schien auch keine Mühe damit zu haben, ein Kleid zu tragen. (Einmal hatten sie eine Art Kostümfest veranstaltet, an dem die Mädchen typische Jungs-Kleidung und die Jungs Kleidchen tragen mussten. Die Mädchen hatten damit verständlicherweise weniger Probleme gehabt als die Jungs.) Auf jeden Fall schien es Felix ziemlich egal zu sein, was er trug, solange man sich darin gut bewegen konnte.
An all das dachte Olivia nun, anstatt Feuerlein bei seinem «überaus spannenden» Vortrag zuzuhören, wie man so ein supertolles Munaster erschuf.
Alle, ausser Feuerlein, Ohnehose und Klingelton sahen gelangweilt und genervt aus, sogar Felix. Alle Schüler wollten nun unbedingt das Munaster sehen.
Doch Feuerlein schien noch lang nicht fertig zu sein und erzählte weiterhin ganz ausführlich, was er alles gemacht hatte, um das Munaster zu erschaffen.
Schliesslich fing Olivia aus Langeweile an, im Labor umherzuschauen. Ihr Blick blieb – natürlich – mal wieder an Felix hängen. Auch Felix sah Feuerlein nicht mehr an – das tat ausser Klimmerting und Ohnehose sowieso niemand mehr. So ziemlich alle sahen sich im Labor um, vielleicht, um an etwas auf Feuerleins Tisch zu erahnen, wie das Munaster aussah.
Dann begegneten sich Olivias und Felix’ Blicke. Anders, als viele andere es getan hätten, wurde Olivia nicht rot, sie schaute nicht schnell weg – nein, sie erwiderte Felix’ Blick, mit der Entschlossenheit, nun keine Schwäche zu zeigen, Felix nicht zu zeigen, was sie für ihn empfand. Doch in ihrem Hinterkopf fing wieder eine leise Stimme an, zu sagen, wie süss er doch sei.
Hör auf!, schalt sie sich, du sorgst noch dafür, dass du doch noch rot wirst, und dann ist alles umsonst! Sie hatte keine Ahnung, was Felix dann denken, wie er reagieren würde, doch sie wollte es eigentlich auch gar nicht wissen.
Also nahm sie sich zusammen und erwiderte Felix’ Blick kühl. Felix runzelte verwirrt die Stirn: «Ist was? Hab ich… hab ich dir irgendetwas getan?»
Erst jetzt ging Olivia auf, dass sie wohl kalt und herablassend blickte, obwohl sie es gar nicht so meinte. Erschrocken schaute sie dann weg, und murmelte zerknirscht: «Tut… tut mir leid, wirklich! Ich wollte… ich wollte nicht so schauen… Ich war mit meinen Gedanken woanders», entschuldigte sie sich.
Felix lächelte. «Na, dann ist ja alles gut. Ich hab mir nur Sorgen gemacht, weil ich dachte, du seist sauer auf mich», erklärte Felix. «Warum sollte ich denn sauer auf dich sein???», fragte Olivia ungläubig. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass irgendjemand wütend auf Felix sein konnte. Abgesehen von Julia, diesem Arsch!
«Vielleicht, weil ich irgendwas falschgemacht habe», murmelte Felix nachdenklich. Olivia lachte: «Du und etwas falsch machen??? Also bitte! Vergiss es! Du machst nie was falsch!», erklärte sie bestimmt. «Nie!»
Felix schüttelte entschieden den Kopf: «Hey, ich bin auch nicht perfekt! Und ausserdem habe ich wohl wirklich ein paar echt fatale Fehler gemacht», widersprach er leise, den Blick zu Boden gerichtet.
Olivia legte ihm die Hand auf den Arm. «Das stimmt nicht!», flüsterte sie beruhigend, «Das hat nur deine Schwester immer gesagt. Dabei ist sie diejenige, die definitiv mehr als nur etwas falsch gemacht hat!»
Felix schüttelte den Kopf. «Das stimmt nicht. Daran ist nicht Julia schuld. Sie hat so oft wie möglich gesagt, ich mache alles falsch, aber ich habe tatsächlich auch einmal was sehr Wichtiges möglicherweise total falsch gemacht, als ich klein war. Ich habe…»
Doch, was immer er sagen wollte, er sprach es nicht aus, sondern sah plötzlich interessiert nach vorne. Offenbar hatte Feuerlein seinen Vortrag endlich beendet. Wie Felix das mitbekommen hatte, konnte sich Olivia allerdings echt nicht erklären.
Aber momentan spielte das auch keine Rolle, denn Feuerlein fing nun langsam, mit einem übermütigen Ausdruck auf dem Gesicht, an, den Vorhang zur Seite zu ziehen, und alle reckten die Hälse, um als Erste einen Blick auf das geheimnisvolle Munaster zu werfen.
Olivia wollte es auch unbedingt sehen, also stieg sie kurzerhand auf einen Arbeitstisch, um über die Köpfe der anderen zu schauen. Und da lag es! Eine Art Elefantenbaby ohne Rüssel, mit rosaroter Haut, ungefähr einen Meter lang. Als es seine Augen öffnete, sah Olivia, dass sie rötlich–braun waren.
Sie atmete erleichtert auf. Sie hatte insgeheim befürchtet, dass das Munaster unheimlich und gefährlich sei, aber nix da: Es sah niedlich aus! Und es schien absolut keine Bedrohung zu sein.
Die anderen schienen derselben Meinung zu sein, und Feuerlein wurde mit Komplimenten überhäuft. Er sah ziemlich selbstzufrieden aus, und dazu hatte er auch allen Grund. Das Munaster schien perfekt!
Nun, zum eigentlichen Zweck des Munasters; es sollte gegen den Nahrungsmangel auf der Welt helfen, denn es vermehrte sich sehr schnell, brauchte gerade mal eine Nacht, um erwachsen zu werden, brauchte keinerlei Nahrung, ausser Luft, und gab wunderbares Fleisch ab. Auf jeden Fall sollte es das sein. Aber das funktionierte natürlich nur, wenn man alles richtig machte. Hatte Feuerlein das getan? Das würden sie wohl bald herausfinden…
Auf jeden Fall würde das Munaster unglaublich viele Probleme lösen, da es sich auch ganz klein machen konnte, aber trotzdem unglaublich viel und gutes Fleisch gab. Und es würde dem Erfinder wohl Millionen einbringen.
Nach eingehender Bewunderung erklärten die Professoren allerdings, dass es schon spät war und dass die Kinder ins Bett mussten. Diese maulten, aber da es sowieso nichts nützte, gehorchten sie schlussendlich doch und gingen in die nach Geschlechter getrennten Schlafzimmer.
Allerdings konnte von schlafen keine Rede sein; alle Mädchen schwatzten wild durcheinander, wie süss das Munaster sei, besser gesagt: alle ausser Olivia.
Schliesslich stiess ein Mädchen sie in die Schulter und fragte: «Was ist, Olivia? Findest du das Munaster nicht süss?» – «Doch, natürlich!», antwortete Olivia zerstreut, «Aber ich denke gerade an jemanden, der noch viel süsser ist als das Munaster…»
Die Mädchen sahen sie stirnrunzelnd an: «Süsser als das Munaster?», fragte eine, als ob sie nicht glauben könnte, dass jemand niedlicher als das Munaster sein kann.
Olivia sah auf: «Ja, natürlich! Wisst ihr ernsthaft nicht, an wen ich denke?», fragte sie ungläubig. Die Mädchen schüttelten alle verwirrt den Kopf. Das konnte doch nicht wahr sein! Fanden sie das Munaster tatsächlich am süssesten, oder hatten sie Felix tatsächlich vergessen? Olivia konnte beides nicht glauben.
Doch dann schlug sich Leslie gegen die Stirn: «Mann, sind wir blöd! Ich weiss jetzt, an wen Olivia denkt! Wie konnten wir ihn nur vergessen??? Und natürlich ist er süsser als das Munaster!»
Endlich!, dachte Olivia. Leslie hatte es kapiert. Aber die anderen Mädchen starrten sie immer noch fragend an. Leslie seufzte: «Ernsthaft, Mädels? An wen denken wir wohl? Keinen Schimmer? Im Ernst? Oje. Na gut, ich löse es auf: Felix.»
Jetzt kapierten die anderen Mädchen es endlich auch, und alle fingen an, durcheinander zu reden. Sie schienen sich alle das Gleiche zu fragen. Erstens: Wie hatten sie Felix vergessen können? Zweitens: War Olivia etwa verliebt? (Die Antwort auf die zweite Frage war übrigens ja.)
Sie fingen an, über Jungs zu reden, und Olivia schlief dann irgendwann ein, da sie erstens müde war und sich zweitens nicht für dieses Thema interessierte. Sie freute sich auf morgen.
Doch als sie am nächsten Tag aufwachte, rannten alle Mädchen panisch durcheinander. Auf Olivias erschrockene Frage, was denn passiert sei, antwortete ein Mädchen: «Das Munaster hat sich über Nacht unglaublich vermehrt, und alle Babys sind schon erwachsen! Feuerlein hat es mit dem Erwachsenwerden wohl zu gut gemeint. Aber das ist nur ein Teil des Problems: Die Munaster wollen sich statt nur von Luft lieber von Fleisch und Blut ernähren – dem Fleisch und Blut der Menschen! Wir sind in dieses Zimmer gerannt und haben die Tür verschlossen, und die Jungs haben das Gleiche getan, aber einige Jungs sind noch draussen.»
Olivia keuchte entsetzt auf: «Was ist mit Felix?» – «Ich weiss es nicht», antwortete das andere Mädchen (Jill hiess sie) händeringend, doch Olivia konnte ihr ansehen, dass sie die Antwort zu wissen glaubte – es Olivia jedoch nicht antun konnte, ihr die ganze Wahrheit zu sagen – oder auf jeden Fall das, was ziemlich sicher die Wahrheit war.
Olivia fing verzweifelt an, zu schluchzen; sie hatte ihre Eltern und ihr Zuhause verloren, und konnte den Gedanken nicht ertragen, dass irgendjemand von ihrer neuen Familie starb – besonders nicht Leslie oder Felix!
Plötzlich hörte sie draussen schnelle Schritte, und ein Junge rief: «Kommt raus Mädchen, ihr müsst hier raus! Die Monster sind fast da! Und sie lassen sich von Türen und Schlössern nicht aufhalten! Ihr müsst sofort hier raus!»
Neben Olivia sah Leslie hoffnungsvoll auf: «Felix?», war alles, was sie herausbrachte. Dann stürmte sie zur Tür, entriegelte sie so schnell sie konnte und riss sie auf.
Tatsächlich stand Felix im Türrahmen. Leslie schloss ihn überglücklich in die Arme und seufzte erleichtert. «Felix, du bist am Leben! Aber… ach du meine Güte!», stiess sie hervor, als sie Felix genauer ansah.
Auch Olivias Herz machte einen Entsetzenssprung, als sie Felix’ Verletzungen sah (er hatte einige Krallenspuren im Gesicht), doch Felix wischte das Thema mit einer Handbewegung zur Seite. «Mir geht’s gut. Aber ihr müsst raus hier! Sofort! Die Monster sind schon fast da!»
Das brachte die Mädchen in Bewegung, doch es war schon zu spät; Als sie auf den Flur hinaustraten, sahen sie die Munaster – oder Monster, wie Felix sie jetzt nannte – schon auf sich zu stürzen.
«Lauft!», schrie Jill. «Ich halte sie so lange wie möglich auf!» – «NEIN!», schrien die anderen Mädchen, doch Amanda, Jills Zwillingsschwester, schob sie vorwärts und rannte dann zurück, um ihrer Schwester zu helfen. Den Mädchen blieb nichts anderes übrig, als zu rennen.
Während sie rannten, trafen sie auf einige Jungs, welche auch auf dem Weg zur Türe waren, doch als sie dort ankamen fanden sie heraus, dass die Monster ihnen den Weg versperrten, indem sie überall herumstanden, brüllten und niemanden lebendig durchliessen.
«Aufteilen!», brüllte Leslie und nahm Felix an die eine und Olivia an die andere Hand. Viele andere taten es ihr gleich, versuchten mit ihren besten Freunden oder Geschwistern zusammen zu sein und rannten dann los, durch die Monster.
Auch Leslie rannte los, und irgendwie schafften sie es lebendig hinaus. Leslie führte sie sicher durch die Monster und wich geschickt Schlägen und allem möglichen anderen aus.
Als sie gerade draussen angekommen waren, flog hinter ihnen das Labor der drei Professoren in die Luft.
Leslie rannte auf den Wald zu, doch Olivia hörte genau, wie diese schrecklichen neuen Kreaturen immer mehr aufholten…
Luna war es langweilig. Es war eine schrecklich langweilige Schulstunde. Mathe! Und noch dazu laberte der Lehrer vorne über schriftliche Addition und Subtraktion, obwohl Luna das schon lang kapiert hatte. Und nur, weil einige Idioten das nicht verstanden, musste sich jetzt die ganze Klasse einen einstündigen Vortrag über schriftliches Rechnen anhören. Hmpf! Ignoranten!
Zum Glück war nachher Pause. Und nach der Pause hatte sie Chemie, ihr Lieblingsfach! Das liebte Luna am Mittwoch. Die Doppelstunde Chemie nach der Pause war jeweils das Beste der ganzen Schulwoche. Endlich war die Stunde vorbei! Diese 45 Minuten waren Luna wie 45 Jahre vorgekommen.
In der Pause suchte sie sich einen ruhigen Platz. Irgendwann setzte sie sich zu Nina, die auf einer Mauer sass. Eigentlich mochte Luna die Mädchen in dieser Schule nicht, aber bei Nina war das etwas Anderes. Nina kicherte. «Was ist denn so Lustiges passiert?», fragte Luna sie. «Ach, du kennst doch diese fiesen Jungs, die immer jüngere Kinder mobben, oder?» – «Ja, aber das ist doch nicht lustig, sondern gemein! Was gibt es da zu lachen?», fragte Luna verblüfft.
«Ach nein, so war das nicht gemeint! Sie haben es bei Nico versucht!» – «Ach so, ja dann ist ja klar! Was hat er mit ihnen gemacht?», fragte Luna lachend. Nico war eigentlich nicht gerade dafür bekannt, dass er sich gut wehren konnte. (Also gegen Schläge. Was giftige Kommentare anging… da konnte sich nur Luna mit ihm messen.) Das lag aber nur daran, dass ihn ausser den zwei Mädchen noch niemand beim Pflanzenzaubern gesehen hatte.
«Nun, er ist zwischen den Bäumen dort hinten durchgerannt, und dann fiel, ganz zufälligerweise, einem Angreifer ein Ast auf den Kopf, ein anderer verhedderte sich in einer Wurzel, ein Dritter übersah ein Loch im Boden… Aber der Chef der Bande, den hat es wirklich erwischt: Als alle zu Boden gingen, hat er sie angebrüllt: Was seid ihr doch für Trottel! Echt, das sind doch nur ein paar Bäume! Ich zeig euch mal, wie man das macht!
Er stapfte weiter, übersah eine Wurzel, fiel hin und stiess sich den Kopf ziemlich heftig an einem Baum an. Aber nicht so fest, dass er das Bewusstsein verlor. Dann kam die Pausenaufsicht, um zu sehen, was los war, vergewisserte sich, dass die Kinder nicht ernsthaft verwundet waren, und schimpfte sie dann fürchterlich aus. Danach wurden die Eltern benachrichtigt» Die beiden Mädchen kringelten sich vor Lachen.
«So ein Pech aber auch!», rief jemand von hinten. «Aber ich kann ganz bestimmt nichts dafür! Ich meine, die Natur macht, was sie will. Und sie mag diese Idioten nicht!» Verwirrt drehten sich die Mädchen um. «Nico!», rief Nina, «Das hast du toll gemacht!» – «Danke» Nico grinste. «Aber sagt es niemandem!» – «Was denn? Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst! Das war doch reiner Zufall!», erklärten die beiden Mädchen grinsend und wie aus einem Munde.
Nico lachte. «Das ist auch gut so. Aber mal im Ernst; habt ihr es jemals jemand anderem erzählt?» – «Nein, natürlich nicht!» – «Nee, niemals!» – «Dann ist es ja gut!», antwortete Nico beruhigt, «Ich hab natürlich auch niemandem euer Geheimnis verraten!»
Sie redeten noch ein bisschen über dieses und jenes und verzehrten ihren Znüni. Dann war die Pause auch schon vorbei, und sie gingen zurück ins Schulhaus. Während sich Luna auf die nächste Stunde wirklich freute, regte sich Nina auf: «Oh Mann! Jetzt haben wir Turnen. Und ich hasse Turnen!» Nico grinste. «Na dann, viel Spass!»
Nina trottete unzufrieden Richtung Turnhalle. Sie lief in die Garderobe, um sich umzuziehen. Dort waren die meisten anderen Mädchen schon und redeten und kreischten alle durcheinander. Warum mussten die auch immer so einen Riesenkrach machen?
Nina zog sich missmutig um und lief dann in die Turnhalle. Heute standen Fussball und Volleyball auf dem Stundenplan, die beiden Ballspiele, die Nina (nebst Handball und Basketball) am meisten hasste. Also eigentlich hasste sie alle Ballspiele.
Na, sie würde die Turnstunde schon überleben. Sie wollte mal ein bisschen optimistisch sein, aber das war schwierig, da sie Sport nun mal verabscheute. Sie wünschte sich Nicos Optimismus. Aber den hatte sie leider nicht. Es war ja schon schlimm genug, überhaupt Turnen zu haben, und dann hatte sie auch noch diese schrecklichen, furchtbaren Ballspiele… Igitt! Es war zum Kotzen!
Als die Turnstunde anfing, versuchte Nina, sich möglichst wenig zu beteiligen. Es war ihr zuwider, und sie hoffte, dass ihr diesmal ein intensives Spiel erspart würde. Sie hatte Glück. Sie war mit den besten Spielern der Klasse in der Gruppe, weshalb sie fast nichts tun musste. Glücklicherweise war auch die Turnstunde irgendwann zu Ende, und Nina konnte nach Hause gehen.
Luna war unterdessen wesentlich glücklicher mit ihrem Unterricht. Sie war sehr gut in Chemie und, sie liebte dieses Fach auch, was einen grossen Unterschied machte. Luna freute sich immer auf Chemie. Sie war die Beste in Chemie.
Sie genoss die Chemiestunde in vollen Zügen. Wie wundervoll es doch war, wenn man sich auf etwas freuen konnte. Wenn es Chemie nicht gäbe, wüsste Luna nicht, worauf sie sich jeweils freuen sollte.
Als Nico ins Klassenzimmer kam, brüllten die Jungs alle durcheinander. Sein Banknachbar antwortete auf seine Frage, was denn los sei: «Ach ja, ich habe ja ganz vergessen, dass du nicht dabei warst beim Fussball. Wir haben gegen die anderen gewonnen. Endlich mal!»
«Oh. Na dann, herzlichen Glückwunsch» – «Danke. Wir haben eine tolle neue Strategie» – «Super! Oh nein», beschwerte sich Nico und senkte die Stimme, «Die alte Schachtel ist angekommen.»
Mit «Die alte Schachtel» war die Mathelehrerin gemeint, die immer versuchte, die Kinder auf altmodische Weise zu erziehen, weshalb sie überhaupt nicht beliebt war.
Sie schlug mit einem Holzstab an die Tafel: «Ruhe, aber sofort! Hier herrscht Disziplin! Anders als die anderen Lehrer weiss ich noch genau, wie man unerzogene Kinder erzieht! Wenn sie reinschwatzen, was macht man dann, Leon?»
«Man hält ihnen eine Standpauke und haut ihnen auf die Finger!», antwortete Leon wie aus der Pistole geschossen. «Ja. Und wenn es das zweite Mal vorkommt, Kim?» – «Dann müssen sie Strafarbeiten machen!» – «Genau», antwortete die Mathelehrerin mit einem bösen Funkeln in den Augen. «Und wenn Kinder ungezogene Kommentare machen oder wüst reden, Nico?» – «Ohrfeige» – «Mach gefälligst ganze Sätze!» – «Dann geben Sie den Kindern eine Ohrfeige.»
«Genau! Jetzt haben wir die wichtigsten Regeln repetiert. Jetzt holt die Bücher raus und zeigt mir eure Hausaufgaben!» Alle Kinder holten sofort die Hausaufgaben und zeigten sie. Niemand vergass je die Hausaufgaben in Mathe. Denn dann hielt einem die Lehrerin eine Standpauke und man musste zehn Seiten Strafaufgaben zu Hause machen.
Aber auch die Doppelstunde Mathe war irgendwann vorbei. Die alte Schreckschraube gab ihnen wieder zehn Heftseiten Hausaufgaben. Dadurch kam sie zwar mit dem Stoff immer locker durch, vergraulte aber auch die Kinder (was ihr egal war).
Als die drei Kinder nach Hause gingen, mussten sie erst einmal Hausaufgaben machen. Nina hatte vor der Pause Deutsch gehabt, und jetzt musste sie einen drei- bis vierseitigen Aufsatz schreiben. Das tat sie zwar sehr gern, aber es kostete auch viel Zeit.
Luna hatte sehr viele Hausaufgaben in Chemie, was ihre Begeisterung gleich etwas dämpfte. Heute hatte sie nämlich lauthals verkündet, dass sie die Beste in Chemie war, worauf der Lehrer meinte, sie solle das erst einmal beweisen, und ihr dreimal so viele Hausaufgaben wie den anderen aufgegeben hatte.
Und Nico regte sich über die Mathelehrerin auf. Das tat übrigens die ganze dritte Klasse. Die Mathelehrerin war einfach grässlich. Eine alte Schreckschraube, die das Gefühl hatte, einen Erziehungsauftrag zu haben. Dabei sollte sie doch nur unterrichten!
Aber was brachte es, sich aufzuregen? Dadurch wurden die Hausaufgaben auch nicht weniger. Als die Kinder fertig waren, widmeten sie sich alle drei verschiedenen Beschäftigungen: Luna machte chemische Experimente und versuchte, nicht das Haus in die Luft zu jagen, da sonst die Nachbarn sauer wären.
Nina las – zum x-ten Mal – ihr Lieblingsbuch über Psychologie und versuchte immer noch, das menschliche Gedächtnis zu verstehen und zu verstehen, was ihre Fähigkeit damit zu tun hatte. Dafür musste es doch eine logische Erklärung geben! Später akzeptierte sie, dass es Zauberei war, sonst gab es keine Erklärung.
Und Nico spielte – natürlich – in der Natur mit den Tieren. Er konnte sich mit den Tieren unterhalten und sie spielten gerne Fangen, Verstecken, oder Ratespiele. Was sie manchmal auch machten, war eine «Witzrunde»: Sie setzten sich alle in einem Kreis auf den Boden und erzählten der Reihe nach einen Witz. (Das war Nicos Lieblingsspiel. Denn die Tiere kannten erstaunlich viele gute Witze!) Der Witz, bei dem am meisten gelacht wurde, bekam einen Punkt. Und dann spielten sie in Runden, bis ihnen keine Witze mehr einfielen. Wer am Schluss die meisten Punkte hatte, gewann.
So vertrieben sich die Kinder den Nachmittag. Das machten sie eigentlich fast jeden Nachmittag, wenn sie sich nicht gerade trafen. Sie verabredeten sich öfters, auch wenn sie sich dann nie auf eine Beschäftigung einigen konnten. Luna wollte etwas mit Chemie oder Dinge auflösen, Nina wollte etwas mit Psychologie, und Nico wollte in die Natur und bekam jedes Mal einen Wutanfall, wenn auch nur «Bäume auflösen» erwähnt wurde. (Was ja auch irgendwie verständlich war.)
Deshalb machten eher mal die Mädchen etwas zusammen. Nico spielte sowieso am liebsten mit den Tieren. Nina und Luna mochte er, aber eigentlich nur sie, denn auch er spürte, dass die Magic Kids nicht wie andere Kinder waren. Er spielte nicht so gern mit anderen Kindern (vor allem aus der Klasse) und das war auch der eine Grund, warum er beim Fussball nicht mitgemacht hatte. Der andere Grund war, dass er Fussball einfach nicht mochte.
Einerseits mochte er – wie Nina – Ballspiele allgemein nicht, andererseits spielten die aus der Parallelklasse total brutal und überhaupt nicht fair. So machte es natürlich keinen Spass, ausser für die, die so gern Fussball spielten, dass es ihnen nichts ausmachte, wenn jemand brutal spielte (das waren die meisten Jungs und ungefähr die Hälfte der Mädchen).
Am nächsten Tag trafen die Kinder sich vor der Schule. Sie wollten noch kurz miteinander reden, bevor die Schule anfing. Aber Nico kam zu spät. «Tschuldigung, verschlafen», keuchte er. Luna seufzte: «Nico, wenn wir abmachen, dass wir uns vor der Schule treffen, musst du früher ins Bett!» – «Es war deine Idee. Ich hab dir gleich gesagt, dass ich sehr wahrscheinlich zu spät komme! Aber du hast mir ja nicht zugehört! Das machst du übrigens nie!», schimpfte Nico wütend.
Jetzt meldete sich auch Nina zu Wort: «Ich hab auch gesagt, dass ich es keine gute Idee finde. Ich hab zu wenig geschlafen. Aber was solls? Es ist jetzt halt so. Und wenn wir uns noch lange streiten, kommen wir zu spät in die Schule!» Das brachte die anderen dazu, den Streit auf sich beruhen zu lassen und die Türen anzusteuern, was gut war, da es in zwei Minuten das zweite Mal läutete.
Am nächsten Tag (am Freitag) geschah nichts Besonderes. Alles war wie immer. Doch ein paar Tage später, als sie sich in der Pause trafen, waren alle drei ganz aufgeregt: «Habt ihr die Nachrichten gesehen?», fragte Luna ausser Atem. «Nein, aber Zeitung gelesen», antwortete Nina. «Geht es um diese schrecklichen Monster, die sich überall in der Welt verbreiten?» – «Ja», antwortete Luna, panisch nach Luft ringend, «sie machen alles kaputt! In den Nachrichten haben sie Bilder von kaputten Städten gezeigt. Es ist schrecklich!»
«Ich hab auch davon gehört», murmelte Nico. «Die Bäume flüstern. Die Monster machen die Natur kaputt. Sie sind eine Riesenkatastrophe! Sie zerstören alles, was ihnen in den Weg kommt. Irgend so ein verrückter Professor hat die erschaffen, um den Nahrungsmangel in der Welt zu bekämpfen. Sie sollten sich von Luft ernähren. Aber stattdessen ernähren sie sich lieber von menschlichem Fleisch und Blut. Und sie vermehren sich unglaublich schnell. Es ist schrecklich!» – «Nico!», rief Luna überrascht. «Woher weisst du das alles? In den Nachrichten hiess es nur, dass sie offenbar von Menschen erschaffen wurden, sonst nichts.»
«Nun, ich sagte doch, die Bäume flüstern», antwortete Nico. «Und sie wissen das von den Bäumen, die neben dem Labor stehen oder standen und direkt durch die Fenster sehen konnten. Und von Tieren, die in der Nähe oder sogar im Labor drin waren. Und das sind wohl die zuverlässigsten Quellen.»
Nina seufzte: «Ich habe dich schon oft um die Fähigkeit beneidet, mit Tieren und Pflanzen reden zu können. Damals dachte ich, es wäre unterhaltsam… aber ich wusste nicht, wie praktisch es sein kann! Meinst du wirklich, dass es sich genau so abgespielt hat?» – «Also bitte!», zeigte sich Nico empört. «Willst du damit etwa sagen, dass du den Bäumen nicht glaubst??? Die Bäume lügen doch nicht! Nie und nimmer! Und bei sowas irren sie sich auch nicht! Nie im Leben!»
«Nein, so war das nicht gemeint», rief Nina beschwichtigend, «Es tut mir leid. Ich kann es nur irgendwie nicht glauben. Obwohl… eigentlich schon. Es klingt logisch. Wow, ich glaube, das weiss sonst kein Mensch – ausser, jemand im Labor hat überlebt…» – «Jetzt red doch nicht so!», stöhnte Nico. «Ich weiss von den Bäumen, dass dort drei Professoren und lauter Kinder und Jugendliche drin waren. Und ich weiss auch, dass mindestens ein paar der Kinder die Explosion, wie auch die darauffolgende Verfolgung der Monster überlebt haben.»
«Was???», fragte Nina entsetzt. «Kinder waren dort drin? Und nicht alle sind lebendig rausgekommen?» – «Ja», antwortete Nico, «aber die meisten kamen schon lebendig raus. Nur überlebten sie dann die Verfolgungsjagd nicht, weil sie zu langsam oder verwundet waren.» Nina keuchte auf: «Das ist ja entsetzlich! Kinder umgebracht, nur weil irgend so ein verrückter Professor Monster erschaffen hat, die keine Monster sein sollten und sich total schnell vermehren! Das kann doch nicht wahr sein!»
«Es ist wahr», widersprach Nico. «Und stell dir vor – bei den Angriffen der Monster auf die verschiedenen Städte sind noch viel mehr Kinder umgekommen. Also allgemein Menschen. Auch in abgelegenen Dörfern, von denen es niemand bemerkt hat. Schon Hunderte sind diesen Monstern zum Opfer gefallen, und bald werden es tausende sein! Und ausserdem kommen sie immer näher!» Luna stöhnte: «Oh Mann, ich kann es nicht glauben! Ich will es nicht glauben! Diese Monster könnten jederzeit hier ankommen und uns umbringen! Das ist fürchterlich!»
In diesem Moment läutete es, und alle Kinder strömten auf den Eingang zu. Auch die Magic Kids mussten wieder ins Schulgebäude, auch wenn sie lieber noch länger über die furchterregenden Monster geredet hätten.
Nach der Schule trafen sie sich draussen wieder. Gerade als sie nach Hause gehen wollten, geschah etwas Seltsames; alle drei spürten etwas, wie einen Stich. Plötzlich kreischte ein Mädchen: «Hilfe! Monster! Kann sie denn niemand aufhalten??? Aaaaaaahhhhhhh!!!!!!» Die Magic Kids fuhren herum.
Tatsächlich! Riesige Monster wüteten auf dem Schulgelände. Sie waren alle unterschiedlich: Einige waren riesengross, andere wiederum recht klein. Einige hatten dichtes Fell, andere schienen «nackt» zu sein. Manche Monster waren gestreift, einige gefleckt, ein paar waren einfarbig und ein paar wenige hatten einen solchen Farbenmix im Fell, das man sich fragte, ob das natürlich war. (War es natürlich nicht.)
Es gab so gut wie keine Farbe, die man im Fell der Monster nicht sah. Die felllosen Monster waren weniger farbenfroh: Sie waren alle einfarbig und entweder braun, rosa oder grün.
Die meisten Monster hatten vier Beine, es gab aber auch welche mit drei, fünf oder sechs Beinen. Sie hatten ganz unterschiedliche Formen, von denen man keine richtig zuordnen konnte.
Viele hatten grosse scharfe Zähne oder Hörner, so gross, dass es ein Wunder war, dass die ihnen nicht schon längst den Schädel eingedrückt oder ihnen das Genick gebrochen hatten. Auf jeden Fall waren die Hörner oder Zähne absolut furchterregend. Die Monster waren allgemein ausserordentlich furchterregend, weshalb auch auf dem ganzen Schulgelände Panik herrschte; alle rannten durcheinander und versuchten, sich in Sicherheit zu bringen.
Die Mobber, die sich immer so angeberisch aufführten, rannten davon wie kleine Kinder. Doch sie hatten keine Chance. Die Monster waren zu schnell. Schon setzten sie zum Sprung an und – Happ! – hatten sie die Jungs auch schon im Mund. Sie kauten und spuckten Knochen aus… – es war auf jeden Fall klar, dass die Mobber tot waren. (Und es war nicht gerade appetitlich.)
«Na, die werden auf jeden Fall niemanden mehr mobben!», bemerkte Nico trocken. «Nico, so kenn ich dich ja gar nicht!», rief Luna erschrocken. «Ich auch nicht!», murmelte Nina. «Ich weiss auch nicht warum, aber ich glaube, das ist nicht der richtige Ort, um sich darüber zu wundern. Vorsicht!», rief Nico. Ein grosses Monster kam auf die Magic Kids zu gerannt. Sie wichen ihm aus, aber es kam zurückgerannt.
«Lauft!», schrie Nina. Das liessen sich die anderen nicht zweimal sagen, und zu dritt rannten sie los. Um viele Ecken, durchs Gebüsch… quer durch die ganze Stadt. Aber die Monster blieben ihnen dicht auf den Fersen. Es wurden immer mehr. Schliesslich standen die Magic Kids in einer Sackgasse.
Als es schon schien, als müssten sie elendiglich sterben, kam Luna etwas in den Sinn: Sachen auflösen! Mann, war sie blöd!
Warum war sie vorher nicht daraufgekommen? Sie probierte es und – tadaa! – die Mauer löste sich auf. Schnell rannten die Kinder weiter.
Plötzlich trat ihnen ein Polizist in den Weg, der sie aufhalten wollte. «Bitte lassen Sie uns durch! Monster!» – «Jaja, genau! Das könnte euch so passen! Das ist Beamtenbeleidigung! Das ist – Hä? Wo bin ich? Moment… wer bin ich???» Doch die Kinder waren schon lang weitergerannt.
Nina hatte den Polizisten verwirrt, damit sie weiterrennen konnten. Der Polizist war leider nicht so schnell. Er wurde aufgefressen. Die Magic Kids hatten Glück: die Monster waren auf Lunas Pfütze ausgerutscht. Es gab immer eine Pfütze, wenn sie etwas aufgelöst hatte. z.B., wenn sie Stein aufgelöst hatte, hatte die Pfütze die Farbe von Stein. Bei Zucker war sie süss, usw. Das hatte ihnen ein bisschen Zeit verschafft.
Schnell rannten sie weiter. Endlich waren sie am Ende der Stadt angekommen. Aber damit war der Horror natürlich nicht vorbei. Wenigstens würde es jetzt einfacher sein, da Nico die Natur beeinflussen konnte. Und schon tauchte das erste Hindernis auf: eine Wand aus Bäumen. Doch als die Magic Kids näherkamen, bogen sich die Bäume auseinander, damit sie zwischen ihnen hindurchrennen konnten.
Danach traten die Bäume wieder zusammen und verwandelten sich in eine massive Felswand. «Das dürfte sie notdürftig aufhalten», keuchte Nico. «Warum hast du die Bäume in eine Felswand verwandelt?», fragte Nina verwirrt. «Erstens, weil die Monster sonst die Bäume kaputt machen würden, und zweitens, weil eine Felswand viel stabiler ist als eine Wand aus Bäumen.», antwortete Nico. «Lauft!», schrie Luna, denn die Monster prallten bereits mit voller Wucht gegen die Felswand.
Also legten die Magic Kids noch einen Zahn zu. Nach einiger Zeit jedoch blieb Nico stehen. «Ich kann nicht mehr! Und überhaupt, ich bin ja schön blöd! Was muss ich laufen? Wozu kann ich denn bitteschön die Natur beeinflussen???» – «Äh, Nico?», fragte Nina. Doch schon hoben die Bäume die Kinder in die Luft und warfen sie einander zu, immer weiter weg von den Monstern. Zuerst kreischten die Mädchen vor Schreck – und Nico lachte sich kaputt über ihre Gesichter – aber dann merkten sie schnell, dass das nur Nicos Magie war, nicht irgendein böser Zauber.
«Mann hast du mich erschreckt!», keuchte Nina. «Mich auch! Und warum hast du uns ausgelacht???», fragte Luna genervt. «Was ausgelacht? Eure Gesichter waren einfach zu lustig. Ich hab euch nicht ausgelacht!», verteidigte sich Nico. «Ja, wow», antwortete Luna verächtlich, «Aber genau so lacht man auch Leute aus! Du könntest echt mal ein bisschen aufpassen, dass man es nicht falsch versteht. Und ausserdem ist es so oder so nicht nett!»
«Blablabla! Bist du meine Mutter, oder was?! Und übrigens: Die Monster sind auch nicht nett!» – «Jetzt tu nicht so! Du weisst genau, dass das nicht nett ist – und red dich jetzt nicht mit den Monstern raus! Ausserdem bin ich älter als du und weiss wohl eher…» – «Ich rede mich nicht raus! Und du hast keinen Erziehungsauftrag!», schimpfte Nico.
«Äh, Leute… Vielleicht solltet ihr mal aufhören zu streiten und daran denken, dass uns die Monster ja immer noch auf den Fersen sind!», mischte sich Nina ein. «Ach ja, stimmt!», rief Nico, und augenblicklich wurden die Kinder wieder schneller. Das war auch gut so, denn in der Ferne hörten sie schon wieder die Monster brüllen, die die Felswand gerade eben überwunden hatten.
Am Abend, als die Kinder langsam müde wurden, setzten die Bäume, die sie bis jetzt geworfen hatten, sie an einer Lichtung ab. «Und was sollen wir jetzt machen?», fragte Nico gähnend. «Nico, hast du denn überhaupt keine Angst?», fragte Nina verblüfft. «Warum sollte ich Angst haben? Wir sind in der Natur. Und in der Natur fühle ich mich sicher. Sie ist sozusagen mein zweites Zuhause!», erklärte Nico. «Apropos Zuhause: Ich hab Heimweh! Und ich hab Hunger!», jammerte Luna.
«Na, das eine lässt sich ändern», murmelte Nico, und augenblicklich wuchsen um sie herum Sträucher, Büsche und Bäume mit leckerem Obst und Beeren. «Wow!», staunte Nina, «Ich staune immer wieder über die Vielfalt der Natur! Danke Nico!» – «Gern geschehen! Aber jetzt essen wir mal!», antwortete dieser grinsend.
Nachdem sie gegessen hatten, kletterte Nico wieder auf einen Baum, dessen Äste scheinbar zufällig mit denen des Nachbarbaumes verwoben waren und eine Art Hängematte bildeten. «Wow! Kannst du das auch für uns machen?», fragte Luna. «Na klar!», antwortete Nico, und schon waren zwei weitere «Hängematten» bereit.
Als es immer dunkler wurde, kamen Mücken. Aber so ganz miese kleine Dinger, deren Stiche nicht nur juckten, sondern auch ziemlich wehtaten. Und sie liessen sich nicht einmal verscheuchen! Bald reichte es Luna, und sie löste die Mücken einfach auf. Dafür waren ihr die anderen sehr dankbar, und endlich schliefen alle ein.
Der nächste Tag war wunderschön. Die Sonne schien, doch die Schönheit war trügerisch. An diesem Morgen war etwas Schreckliches passiert! Als die Magic Kids aufwachten, hörten sie von einer Katastrophe. Also, besser gesagt, Nico hörte davon, weil die Bäume es ihm erzählten. Also liessen sich die Kinder von den Bäumen zu einer hoch gelegenen Stelle bringen, um die Katastrophe zu sehen.
Als sie um sich schauten, verschlug es ihnen den Atem; dort wo ihre Heimatstadt gewesen ist, war jetzt nur noch ein Trümmerhaufen! Doch damit nicht genug; überall waren Monster, die in der Natur wüteten, Bäume kaputt machten und alle Leute, die noch am Leben waren, auffrassen.
Die Kinder waren entsetzt. Sie überlegten, was sie jetzt tun könnten, aber es fiel ihnen nichts ein. Es war schrecklich! Sie waren auf einer Art Berg. Langsam sammelten sich die Monster um diesen Berg, um die Kinder zu fressen. Oder auf jeden Fall sah es so aus.
Die drei gerieten in Panik. Was sollten sie tun? Es schien, als gab es keinen Ausweg. Doch dann erschien plötzlich eine Art Tunnel, durch den die Kinder flüchten konnten. Sie hörten die Monster wütend brüllen, aber das war ihnen egal. Sie rannten, so schnell sie konnten, durch den Tunnel und kamen dort, wo ihre Stadt einst gewesen war, wieder hinaus.
Sie hatten keine Ahnung was sie jetzt tun sollten, sie wussten nur, dass sie so schnell wie möglich von diesem Ort wegwollten. Bloss, in welche Richtung? Sie hatten keine Ahnung, wo es noch keine Monster hatte; sie wussten nur, dass aus Osten und Norden ziemlich lautes Monstergebrüll zu hören war.
Also liefen sie nach Westen. Sie hatten keine Ahnung, ob das eine gute Idee war, aber es blieb ihnen nichts anderes übrig, denn auch aus dem Süden kam schon Gebrüll. Schliesslich flüchteten sie sich auf einen hohen Hügel. Sie hofften, dass sie dort einigermassen sicher wären.
Die Monster kamen immer näher. Die Kinder hatten Angst, aber weniger vor den Monstern als vielmehr vor etwas anderem. Nur hatten sie keine Ahnung, wovor sie Angst hatten und warum sie vor den Monstern keine Angst hatten, aber es war Tatsache.
Plötzlich waren die Monster weg. Darüber wunderten sich die Kinder, weil sie wussten, dass ihre Kräfte nicht im Stande waren, so etwas zu tun. «Mir ist nicht sehr wohl dabei… Das ist doch bestimmt eine Falle!», befürchtete Luna. «Mir ist auch nicht wohl dabei, aber was sollen wir tun? Ich meine, wenn wir jetzt ziellos rumrennen, bis wir müde sind, was nützt uns das?», gab Nico zu bedenken.
Schliesslich entschieden sie, dass es wohl das Beste wäre, wenn sie sich zuerst mal ausruhen und dann weitersahen. Es kam ihnen ein bisschen komisch vor, denn sie hatten gerade erst zu Mittag gegessen und niemand von ihnen hielt normalerweise ein Mittagsschläfchen. Aber sie waren so müde…
Als Luna aufwachte, fühlte sie sich überhaupt nicht wohl in ihrer Haut. Sie versuchte sich zu bewegen, aber sie war gefesselt! Dann fiel es ihr wieder ein; sie hatten gerade zu Mittag gegessen, als sie plötzlich ganz schläfrig wurden. Vermutlich hatten die Monster einen Zauber ausgelöst, damit sie langsam einschliefen. Natürlich! Das war‘s! Aber wo war sie jetzt?
Plötzlich kam ihr eine schreckliche Erkenntnis: Sie war von den Monstern gefangen worden! Und nicht nur sie: Direkt neben sich sah sie Nina, die auch gerade aufwachte. «Wo bin ich?», fragte Nina ganz benommen. Dann schien sie zu bemerken, wo sie war, denn sie wurde blass und sah sich verängstigt um. Nico hingegen schlief weiterhin, denn man konnte ihn nicht mit einer ,kleinen Entführung‘ aufwecken. Schliesslich wachte er aber von selbst auf und wunderte sich, wo er war. «Wir sind in einem Monsterlager, falls du das noch nicht bemerkt hast», antwortete Luna entnervt. Danach sah sie sich um.
Überall um sie herum waren schauerliche Monster. Nico war wütend und behauptete, Luna habe ihn geweckt. (Das stimmte zwar nicht, aber Nico war eben sauer, weil Luna so getan hatte, als wäre er dumm. Wir sind in einem Monsterlager, falls du das noch nicht bemerkt hast. Er war eben gerade erst aufgewacht!) Luna hingegen meinte, dass Nico ja sowieso nicht zu wecken war, wenn er schlief. Beide waren kurz davor wieder zu streiten. «Hey Leute! Wir haben ein Problem, schon vergessen?», ermahnte sie Nina. Augenblicklich waren die zwei Streithähne wieder still.
Dann kamen nervige Fliegen. Luna war so genervt, dass sie versuchte, die Fliegen aufzulösen. Das schaffte sie jedoch nicht. Ihr war sehr mulmig zumute. «Das liegt vermutlich an den blöden Handschuhen!», vermutete Nico grummelnd. «Was für Handschuhe?», fragte Luna erschrocken.
Dann bemerkte sie es selbst. Alle drei Kinder hatten Handschuhe aus kleinen Kettenringchen an, die sie offensichtlich daran hinderten, ihre Fähigkeiten zu benutzen. Luna war entsetzt, aber sie fragte sich gleichzeitig auch, warum die Monster sie nicht umgebracht hatten. Darauf sollte sie jedoch sowieso gleich eine Antwort kriegen. Denn plötzlich fingen die Monster an zu streiten. Sie stritten darüber, ob sie die Kinder wie befohlen zum Chef bringen sollten, oder ob sie sie nicht auch gleich auffressen könnten.
«Igitt, ich will nicht zum Monsterchef!», jammerte Luna und schauderte. «Willst du lieber aufgefressen werden?», fragte Nina, aber auch ihr schauderte sichtbar bei dem Gedanken an einen Monsterchef. «Was meinst übrigens du dazu, Nico?» – «Ich meine, dass ich diesen Monsterangriff gern überleben würde» – «Jaah, aber würdest du lieber aufgefressen, oder vor den Monsterchef gebracht werden?» – «Egal, das mit der grössten Überlebenschance!» – «Du bist unmöglich! Echt!» – «Das weiss ich selber! Aber wir können ja eh nicht selber entscheiden! Übrigens, Nina, warum hast du heute so schlechte Laune?» – «Ich habe zu wenig und schlecht geschlafen!» – «Aha. Kann man so schlechte Laune bekommen, wenn man zu wenig geschlafen hat?»
Nico war eben meistens gut gelaunt, auch wenn er manchmal etwas aufbrausend war und dauernd mit Luna aneinandergeriet. Dann war er natürlich nicht gut gelaunt. Er hatte auch immer genug Schlaf. Er konnte gar nicht verstehen, wie man in der Natur schlecht gelaunt sein konnte (ausserdem hatte er die Monster schon wieder fast vergessen). Nico hatte auch Glück, denn wenn er schlief, war er nicht wach zu kriegen. Er wachte erst auf, wenn er genug geschlafen hatte. Das war in vielen Situationen mühsam, zum Beispiel, wenn er in die Schule musste, oder eben jetzt, wenn die Monster näherkamen.
Jetzt wurden aber alle wieder daran erinnert, dass sie nicht allein waren. Die Monster schienen sich geeinigt zu haben und packten die Kinder unsanft an den Armen und zerrten sie zu einer halbwegs versteckten Lichtung.
Da lag der Monsterboss, dick und fett, auf einer Mischung aus Thron und Bett. Nico kicherte. «Nico, das ist kein Witz, sondern bitterer Ernst!», zischte ihm Luna wütend zu. «Aber er sieht aus wie Jabba!» «Na und? Es ist nicht lustig!», zischte Luna noch wütender. «Äh, Leute… ich glaube das ist der falsche Ort zum Streiten!», ermahnte sie Nina.
«Ach ja, stimmt! Jabba hat schlechte Laune» – «Nico vielleicht solltest du ein bisschen Respekt zeigen» – «Respekt? Haben die Star Wars-Heinis jemals vor Jabba Respekt gezeigt? Nein!» – «Du solltest das wirklich ernster nehmen, ver–» – «Hey, ich kann nichts dafür, dass du schlecht geschlafen hast!», erinnerte sie Nico.
Grummelnd wandte sich Nina ab. «Jabba» – ähh, der Monsterboss – hatte sich inzwischen bei seinen Monstern über die Kinder informiert. «Ihr also magisch fähick?» – «Was fragt er?», fragte Luna. «Ich glaube, er fragt, ob wir wirklich magische Fähigkeiten haben», antwortete Nina. Die Kinder nickten. «Jabba» schien zufrieden. «Ihr magisch fähick. Ihr dumm?» Kopfschütteln. «Test. Test machen. Aber zuerst noch ande mach.» – «Der redet ja total unverständlich!», murrte Nico.
«Jabba» befahl etwas Unverständliches. Die Monster packten die Kinder und schleiften sie weg, zu ein paar Bäumen in der Nähe. «Was machen wir jetzt?», jammerte Nina. «Keine Ahnung», antwortete Luna genauso niedergeschlagen. Nico schien nicht weniger bedrückt.
Dann – nach zwei, drei Stunden – passierte plötzlich etwas Seltsames: die Monster fingen an zu brüllen, und manche bäumten sich auf. «Was haben die denn?», fragte Nico erschrocken. «Vielleicht sind Feinde in der Nähe», vermutete Luna.
«Ja, das könnte sein», stimmte Nina ihr zu. «Es tönt auf jeden Fall gar nicht gut!», murmelte Nico. «Ich hab Angst!» – «Ich dachte, du hast in der Natur keine Angst, sie sei wie dein zweites Zuhause?», fragte Nina verwundert. «Ja, aber die Monster bringen alles durcheinander! Sie machen die Natur kaputt, fressen Menschen, und so weiter. Anders kann ich mir das mit der Angst nicht erklären!», jammerte Nico leise.
«Hey Nico, was ist los? Bist du krank?», fragte Nina besorgt. «Die Monster machen die Natur kaputt. Normalerweise erträgt mein Körper das. Aber jetzt ist nichts normal! Die blöden Monster! Was haben die eigentlich hier zu suchen? Tauchen einfach auf, machen alles kaputt und fressen Menschen, als ob das selbstverständlich wäre!», grummelte Nico und seine Stimme, die einen trotzigen Ton angenommen hatte, klang schon wieder viel kräftiger.
Luna musste schmunzeln bei dem Gedanken, dass sich aufregen ihm offenbar guttat. Bei den meisten Menschen war es nämlich andersherum. Aber Nico war ja auch nicht normal. Luna war das übrigens auch nicht, und das wusste sie auch. Nur zeigte sie das nicht so stark wie Nico. Und Nina war auch nicht normal. Keines der Magic Kids war normal, aber bei Nico merkte man das wohl am schnellsten und am besten. Na, das war aber auch typisch!
Luna dachte nach. Die Monster schienen nicht mit vielen Gegnern zu rechnen. Eher mit einem, der dafür sehr stark war. Woher sie das wusste? Das hätte sie auch gern gewusst. Konnte sie Gedanken lesen? Sie überlegte, was die Monster wohl vorhaben könnten.
Plötzlich hatte Luna eine Idee: Egal, was die Monster planten, sie waren abgelenkt und würden es wohl weniger bemerken, wenn die Kinder abhauen würden. Ausserdem dachte Luna, dass sie sich dann vielleicht irgendwo in der Natur verstecken könnten.
Sie drehte sich gerade zu den anderen um, um ihnen ihren Plan zu erklären, als ihr noch eine Idee kam: was, wenn… – nein! Das konnte nicht sein! Oder doch? Egal, sie drehte sich zu den anderen um und erzählte ihnen, was sie vorhatte.
Die anderen waren wenig überzeugt, aber sie hatten auch keine bessere Idee. Also warteten sie. Es kam ihnen wie eine Ewigkeit vor, aber irgendwann schienen die Monster bereit zum Kampf. Lunas Verdacht von vorher – der, den sie nicht glauben konnte – verhärtete sich mit jeder Sekunde.
Ja, die Monster bereiteten sich vor, nur – sie waren offenbar diejenigen, welche angriffen. Allerdings schienen sie mit keinem Fussmarsch zu rechnen, obwohl meilenweit keine Feinde waren. Alle Monster waren schwer beladen, und damit konnten sie schlecht laufen.
Eines der Monster brüllte ganz laut, und alle setzten sich in Bewegung. Luna hatte es bis zum letzten Augenblick nicht glauben können, aber die Monster gingen tatsächlich auf den Monsterboss los. Und sie waren schnell. Der Monsterboss, der offenbar nicht mit einer Monsterrebellion gerechnet hatte, konnte ihnen nichts entgegensetzen.
«Jabba» brüllte und fluchte, aber es sah gar nicht gut aus. die Monster stürzten sich auf ihn und er konnte dem ersten Angriff nur mit Müh und Not standhalten. Er sah plötzlich panisch aus. Ja, damit hatte er bestimmt nicht gerechnet! Er sah, dass er den Ungeheuern nicht allzu lange Widerstand leisten konnte, aber er griff sie an. Er war offenbar durch den Schreck wahnsinnig geworden.
Währenddessen versuchten die Kinder, sich zu befreien. Es war sehr schwierig, und wenn die Monster aufgepasst hätten, hätten sie es bestimmt nicht geschafft. Aber die Monster passten ja nicht auf. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, mit «Jabba» zu kämpfen.
«Sehr schön!», flüsterte Nico, «Jetzt reissen sie sich gegenseitig in Stücke, und wir haben Zeit, uns zu befreien» Sie versuchten, die Fesseln zu lösen, aber es funktioniert nicht. Da kam Luna ein Gedanke: «Natürlich!», sie wollte sich mit der Hand an die Stirn schlagen, aber ihre Hände waren ja gefesselt, «Wir müssen zuerst die Handschuhe loswerden! Sonst schaffen wir das nie! Also, hat irgendjemand eine Idee, wie wir diese Handschuhe loswerden?»
«Nee, leider nicht», murmelte Nina bedrückt. Nico sah sich währenddessen aufmerksam Ninas Hände an. Luna fragte sich, was das wohl sollte. «Was machst du denn da?» – «Ich sehe mir die Handschuhe an, und überlege, ob und wie man diese ausziehen kann. Nur hab ich keinen blassen Schimmer wie!», seufzte Nico.
«Lass mich mal sehen», grummelte Luna genervt. «Ich glaub, ich weiss, wie», murmelte Nina düster, «Gar nicht!» Nico stieg währenddessen rückwärts über seine Hände und holte sie so nach vorne. «Wenn wir schon mit gefesselten Händen rennen müssen, dann will ich sie wenigstens vorne haben», erklärte er unzufrieden, «denn sonst fall ich hunderprozentig auf die Fr – ähh Schnauze – und kann dann nicht mehr aufstehen»
«Ich weiss, was du vorher sagen wolltest», begann Luna drohend, «und das ist echt nicht schön! Und Schnauze ist auch nicht viel besser.» – «Wie gut, dass wir alle Zeit der Welt haben, um uns darüber zu streiten», bemerkte Nico sarkastisch, «Wir sind ja nicht von kämpfenden Monstern umringt und wollen nicht lebendig rauskommen, vom Flüchten ganz zu schweigen!»
Luna grummelte Verwünschungen, aber leider hatte Nico Recht. Und ausserdem wurde der Kampf immer schlimmer, die Monster rissen aneinander, Blut spritzte, und Felsbrocken flogen durch die Gegend. Die Kinder mussten aufpassen, dass sie nicht umgebracht wurden.
Also holte Luna auch ihre Hände nach vorne. Nina hatte das während des kurzen Streits gemacht. Dann rannten sie los. Zwei Monster bemerkten die Flucht der Kinder, aber diese schafften es irgendwie, die Monster zu verwunden. Dann rannten sie weiter. Sie rannten, so schnell sie konnten und so leise sie konnten, doch es half nichts. Nina stolperte über eine Wurzel und fiel hin. Leise fluchend rappelte sie sich wieder auf.
Die Kinder rannten, so schnell sie konnten, weiter, aber sie hörten die Monster wütend hinter sich brüllen, allerdings schienen diese nicht sicher zu sein, was sie zuerst tun sollten: die Kinder einfangen, oder «Jabba» umbringen. Denn der war erstaunlicherweise immer noch am Leben.
Sie entschieden sich offenbar dafür, zuerst die Kinder einzufangen, denn als diese hinter sich schauten, sahen sie, wie die Monster immer näherkamen. Offenbar liessen sie ein paar Wachen zurück, die «Jabba» bewachen sollten. Darunter erkannten die Kinder auch die zwei, die sie verwundet hatten. Allerdings hatten sie momentan echt grössere Probleme!
Die Monster kamen immer näher. Die Kinder rannten wild durch den Wald, verloren sich fast, fanden einander wieder und merkten, dass die Bestien nur noch etwa zehn Meter hinter ihnen waren und rasch aufholten. Also sprangen sie ins Gebüsch und versteckten sich dort.