Manchmal gewinnt der Bessere - Metin Tolan - E-Book

Manchmal gewinnt der Bessere E-Book

Metin Tolan

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Beschreibung

»Deutschlands womöglich coolster Physikprofessor.« DER SPIEGEL »So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere.« Was Lukas Podolski nach der WM-Niederlage 2006 zerknirscht bekannte, beweist der Dortmunder Physikprofessor Metin Tolan: Fußball ist der ungerechteste Sport der Welt! Würden sich auf dem grünen Rasen nämlich je elf Physiker begegnen, wäre Schluss mit falschen Abseitsentscheidungen, Bananenflanken ins Aus und schlecht positionierter Abwehr. Denn die Physik kann, was Günter Netzer und Co. nur versuchen: Fußball erklären. Wer hätte gedacht, dass im Elfmeterschießen die Reihenfolge der Schützen entscheidend ist? Und wer wagt vom Wembley-Tor 1966 zu behaupten: »Der könnte drin gewesen sein«? Metin Tolan wagt es! Und lüftet absolut unbestechlich alle Geheimnisse rund ums runde Leder.  Tolan liefert nicht nur eine sonnenklare Analyse, warum Deutschland 2014 einfach Weltmeister werden musste, sondern auch eine Prognose für die Weltmeisterschaft 2018 in Russland.

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Überarbeitete und erweiterte Neuausgabe

E-Book ISBN 978-3-492-95245-3

© Piper Verlag GmbH, München 2018

© Piper Verlag GmbH, München 2010 unter dem Titel

»So werden wir Weltmeister«

Covergestaltung: Büro Jorge Schmidt, München

Covermotiv: VALERY HACHE/AFP/Getty Images

Datenkonvertierung: readbox Publishing GmbH, Dortmund

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Grundsätzlich werde ich versuchen zu erkennen, ob die subjektiv geäußerten Meinungen subjektiv sind oder objektiv. Wenn sie subjektiv sind, würde ich an meiner objektiven Linie festhalten. Wenn sie objektiv sind, werde ich überlegen und vielleicht die objektiven, subjektiv geäußerten Meinungen der Spieler mit in meine objektiven einfließen lassen.

(Antwort von Bundestrainer Erich Ribbeck bei der Europameisterschaft 2000 auf die Frage, wie er mit Ratschlägen von Spielern umgehe)

VORWORT FUSSBALL – EIN EINFACHES SPIEL?

Fußball – das bedeutet prickelnde Emotionen, heißer Kampf, überschwängliche Euphorie und Spannung pur. Die Physik hingegen prickelt überhaupt nicht, ist völlig kalt und emotionslos, kommt ohne Kampf und Euphorie aus, und viele Leute empfinden sie als alles andere als spannend. Dabei hat sie jedoch einen entscheidenden Vorteil: Die Physik ist objektiv, völlig frei von subjektiven Einflüssen und absolut unbestechlich.

Im Fußball kann man eigentlich (fast) alles mit den Mitteln der Physik erklären, denn wenn Bälle durch die Luft fliegen, geschieht dies nach den Gesetzen der Physik. Der Ball unterliegt natürlich der Schwerkraft, er wird durch den Luftwiderstand genauso gebremst wie ein Radfahrer, und manchmal wirken auf ihn auch noch der Wind und die sogenannte Magnus-Kraft ein. Diese Kräfte bestimmen dann seine Flugbahn. Befindet sich das runde Leder erst einmal in der Luft, wird es zum Spielball der Naturgesetze. Der Flug eines Fußballs erweist sich übrigens wegen seines Gewichts relativ zum Luftwiderstand im Vergleich zum Tischtennis-, Golf- oder Basketball als besonders schwer zu berechnen. Es scheint fast so, als ob uns die Natur davon abhalten will, dem emotionalen Fußballspiel mit den kalten Werkzeugen der Naturwissenschaft seine Geheimnisse zu entlocken!

Auch ein Schuss ist ein mechanischer Vorgang, sodass die Physik ihn erklären kann. Hier kann man mit dem Gesetz der Impulserhaltung die grundlegenden Mechanismen verstehen. Toni Kroos wird niemals einen 200 km / h schnellen Schuss zustande bringen, sondern immer bei 120 bis 130 km / h hängen bleiben, egal, wie sehr er sich anstrengt. Es ist leicht einzusehen, dass die Physik dies mit ihren Gesetzen verhindert und so dem Können und der Kraft der Spieler Grenzen setzt. Aber wer hätte gedacht, dass die Tor- und Ergebnisverteilung in der Fußball-Bundesliga mit einer Formel beschrieben werden kann? Wer würde vermuten, dass man exakt beweisen kann, dass Fußball zwar der ungerechteste Sport der Welt, dafür aber auch der interessanteste ist? Wer würde annehmen, dass es davon abhängt, in welchem Monat man geboren ist, ob man Fußballprofi wird oder nicht? Und wer hätte gedacht, dass im Elfmeterschießen die optimale Reihenfolge der Schützen entscheidend ist?

Es ist nicht genau überliefert, wo zuerst mit dem Fußballspielen begonnen wurde. Verschiedene Quellen nennen China als Ursprungsland, weil dort schon im zweiten Jahrtausend vor Christi Geburt ein fußballähnliches Spiel namens »Ts'uh-küh« ausgetragen wurde. »Ts’uh« bedeutet dabei »mit dem Fuß stoßen«, und die Übersetzung von »küh« lautet »Ball«. Gespielt wurde mit einem aus Lederstücken zusammengenähten Ball, der mit Tierhaaren oder Federn gefüllt war. Das Spiel geriet in China aber im Laufe der Zeit in Vergessenheit. Auch aus dem antiken Griechenland und von den Römern sind fußballähnliche Spiele bekannt. Leider ist deren Regelwerk nicht überliefert. Sie dienten vermutlich zur Ertüchtigung der Soldaten in der Armee und waren damit wohl alles andere als friedliche Spielchen.

In England wurde Fußball bereits im Mittelalter als brutales Kampfspiel ohne Regeln gespielt. Die Wurzeln liegen dabei in der Nähe von Derby bei Ashbourne. Dort spielten ganze Dörfer gegeneinander, die oft kilometerweit voneinander entfernt lagen. Der Ball musste dabei durch das gegnerische Stadttor oder eine ähnlich markante Einrichtung getrieben werden. Da es keine Regeln gab, konnte eine beliebige Zahl an Spielern pro Mannschaft teilnehmen. Ohne Regeln konnten sich die Spieler auch ungestraft gegenseitig die Knochen brechen und die Köpfe einschlagen. Das Spiel war so gewalttätig, dass es zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert verboten wurde. Im 14. Jahrhundert wurde in Frankreich über ein fußballähnliches Spiel mit dem Namen »La Soule« berichtet, das in der Normandie heimisch war. In Norditalien wurde bis ins 18. Jahrhundert das »Calcagno« (Fußtritt) gespielt, und in Florenz wird mit dem bis heute jährlich stattfindenden Kostümfußball »Calcio storico« – bei dem es nur wenige Regeln gibt und es entsprechend rustikal zugeht – an ein Fußballereignis aus dem Jahr 1530 erinnert.

Das Mutterland des heutigen Fußballs ist zweifellos England. 1848 wurden in Cambridge die ersten Regeln verfasst, 1857 gründeten Kricketspieler mit dem FC Sheffield den ersten Fußballclub der Welt, und 1863 wurde mit der Football Association (FA) der erste Fußballverband gegründet, der das Regelwerk zentral vorgab und weiterentwickelte. In Deutschland wird Fußball erst seit 1871 gespielt. Fußball galt zur Zeit des Turnvaters Jahn, in der kräftige Männer am Barren oder Reck das Bild des erfolgreichen Sportlers verkörperten, aber eher als »Mädchensport« und entwickelte sich deswegen nur sehr zögerlich. Der Deutsche Fußball Bund (DFB) wurde erst am 28. Januar 1900 in Leipzig gegründet und nach dem Zweiten Weltkrieg am 10. Juli 1949 in Stuttgart erneut aus der Taufe gehoben.

1872 fand in Glasgow das erste Fußball-Länderspiel statt – Schottland spielte gegen England 0:0. Im selben Jahr wurde mit dem noch heute ausgespielten FA-Cup der erste nationale Fußballwettbewerb eingeführt. 1888 spielten zum ersten Mal zwölf Teams in einer Liga den Meister aus. Preston North End beendete die Saison ungeschlagen als Erster vor Aston Villa und den Wolverhampton Wanderers, zwei Teams, die auch heute noch außerhalb Englands bekannt sind. In der Saison 2017 / 18 spielten immerhin noch vier Teams dieser allerersten zwölf Mannschaften in der englischen Premier League! Der Fußball wurde in England auch sehr früh professionalisiert. Seit 1897 wird das Leder auf der Insel von vertraglich an einen Verein gebundenen Profikickern getreten. Auch das Kaufen von Spielern kam recht schnell in Mode. So wurde schon im Jahr 1905 der Spieler Alf Common für über 1 000 Pfund von Sunderland nach Middlesbrough transferiert. Die Professionalität des Fußballs hat sich seitdem dramatisch weiterentwickelt und hat inzwischen mehr als bedenkliche Ausmaße angenommen. Spieler fühlen sich nicht mehr einem Verein zugehörig, sondern wechseln munter mitten in der Saison zu dem Verein, der noch mehr Geld bietet. Windige Berater handeln Verträge aus, die mehr als fragwürdig sind und mitunter auch kriminelle Steuervermeidungsmodelle enthalten.1 Heutzutage sind Jahresgehälter von weit über zehn Millionen Euro keine Seltenheit, und Paris Saint-Germain hat im Sommer 2017 für den brasilianischen Star Neymar vom FC Barcelona sage und schreibe 222 Millionen Euro Ablöse gezahlt! Das Geld droht den schönen Fußball zu zerstören, und man darf gespannt sein, wie lange sich die (zahlenden!) Fans diese Exzesse noch gefallen lassen.

Auf dem Festland brauchte die Professionalisierung etwas länger. Hier wurde in Österreich im Jahr 1924/25 die erste Profiliga eingeführt, der schnell weitere professionelle Ligen in den anderen europäischen Ländern folgten. Eine der wenigen Ausnahmen war Deutschland. Hier ist mit der Bundesliga erst 1963 eine Profiliga eingeführt worden. Vorher galt der strikte Amateurstatus, dessen Verletzung streng bestraft wurde. Die deutschen Weltmeister von 1954, die das »Wunder von Bern« schafften, bekamen für ihren historischen Triumph lächerliche 2 500 Mark, einen Fernseher, einen Lederkoffer und einen Motorroller. Aber was ist schon schnödes Geld gegen die Unsterblichkeit der 54er- Helden …

Das British Empire umfasste im Jahr 1919 etwa ein Fünftel der gesamten Erdoberfläche. Somit konnte der Fußball, so wie er auf der Insel gespielt wurde, über die ganze Welt verbreitet werden. Interessant ist aber, dass bis heute der Fußball in der ehemaligen britischen Kolonie Indien nie so recht heimisch wurde. Indien hat sich bisher nur ein einziges Mal für eine Weltmeisterschaft qualifiziert – 1950 in Brasilien –, wobei man genau genommen noch nicht einmal von einer Qualifikation reden kann, da das Land als einziger Vertreter Asiens automatisch gesetzt war. Allerdings wollten die Spieler ohne Schuhe antreten, weil sie es nun mal so gewohnt waren. Dies wurde von der FIFA untersagt, und der indische Verband zog seine Mannschaft daraufhin zurück. Seitdem hat man vom indischen Fußball nicht mehr viel gehört.

Der Fußball-Weltverband, die Fédération Internationale de Football Association (kurz FIFA), wurde am 21. Mai 1904 in Paris im Hinterhaus des Sitzes der Union Française de Sports Athlétiques gegründet. Heutiger Sitz der FIFA ist Zürich. Die Gründungsakte wurde von den Bevollmächtigten der Verbände der Schweiz, der Niederlande, Frankreichs, Belgiens, Dänemarks, Spaniens und Schwedens unterzeichnet. Deutschland ist noch am selben Tag per Fernschreiben der FIFA beigetreten. 1909 kam Südafrika, das Gastgeberland der Weltmeisterschaft 2010, als erstes nicht-europäisches Land hinzu, und 1912 waren Argentinien und Chile die ersten südamerikanischen Länder, denen ein Jahr später die USA folgte. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1946 traten die britischen Verbände in die FIFA ein. Davor war man auf der Insel der Auffassung, dass im Mutterland des Fußballs ohnehin der beste Fußball gespielt werde und man sich daher nicht mit dem Rest der Welt messen müsse – ein gigantischer Trugschluss, bedenkt man heute das mäßige Abschneiden der britischen Teams bei den bisherigen Welt- und Europameisterschaften. Heutzutage gehören der FIFA mit 211 Fußballverbänden deutlich mehr Mitglieder an als den Vereinten Nationen, die es nur auf 193 Länder bringen. Die FIFA ist damit der weltweit größte und auch mächtigste Sportverband, dessen Reputation aber in den letzten Jahren insbesondere durch die Vergabe der Weltmeisterschaft 2022 nach Katar und die dadurch offen zutage getretene hemmungslose Korruption stark gelitten hat. Auch hier hat die bedingungslose Kommerzialisierung bereits zerstörerische Züge angenommen. Am 10. Januar 2017 beschloss die FIFA unter ihrem neuen Präsidenten Gianni Infantino, dass ab dem Jahr 2026 die Weltmeisterschaft mit 48 Teams ausgetragen werden soll. Eine Entscheidung, die rein kommerzielle und machttaktische Gründe hat. Sportlich wird ein solches Turnier immer weiter entwertet, wie die Trainer aller größeren Nationen bemerkt haben.2

Die Entwicklung in Deutschland verlief ebenfalls rasant. Heute ist der DFB mit über 25 000 Vereinen, über 160 000 gemeldeten Mannschaften und fast sieben Millionen Mitgliedern der größte und reichste Einzelsportverband der Welt. Bei der totalen Kommerzialisierung des Fußballs und den in den letzten Jahren zutage getretenen Strukturen innerhalb des DFB wirkt es grotesk, dass dieser DFB immer noch als eingetragener, gemeinnütziger Verein mit Sitz in Frankfurt am Main firmiert.

Schon 1905 dachte die FIFA darüber nach, eine Weltmeisterschaft mit Nationalteams auszuspielen. Dieser Plan wurde aber erst im Jahr 1930 mit dem ersten WM-Turnier in Uruguay verwirklicht. Vorher galten die olympischen Fußballturniere als eine Art Ersatz-Weltmeisterschaft. Uruguay gewann auf heimischem Boden den ersten Titel mit 4 : 2 im Endspiel gegen Argentinien. Dieser Trend sollte sich fortsetzen: Amerikanische Teams gewannen fortan die Weltmeisterschaft immer dann, wenn sie auf amerikanischem Boden ausgetragen wurde, während europäische Teams in Europa triumphierten. Die einzige Ausnahme waren die Brasilianer 1958 in Schweden, die das Endspiel mit 5 : 2 und einem überragenden siebzehnjährigen Pelé gegen die Gastgeber gewannen. Brasilien gewann auch das erste Turnier im Jahr 2002 auf asiatischem Boden. 2010 wurde das erste Mal eine WM-Endrunde in Afrika ausgetragen. Hier gewann mit Spanien ein Team aus Europa. Auch die Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien sollte wieder eine Ausnahme darstellen. Der deutsche Triumph im Endspiel durch Mario Götzes Traumtor zum 1 : 0 gegen Argentinien in der 113. Minute am 13. Juli 2014 war der erste Titelgewinn eines europäischen Teams auf amerikanischem Boden.

Für die WM 2018 in Russland ist dann wohl alles offen denn das »Gesetz« der Serie scheint ja nicht mehr zu gelten.

Deutschland ist mit den vier Titeln 1954, 1974, 1990 und 2014 hinter Brasilien, das bisher fünfmal triumphierte, das zweiterfolgreichste WM-Team der Geschichte. Zwar gewannen die Italiener den Titel auch viermal, aber Deutschland hat mit vier weiteren Finalteilnahmen, vier dritten und einem vierten Platz eine mehr als eindrucksvolle Gesamtbilanz bei den insgesamt 18 WM-Teilnahmen vorzuweisen.

Auf 13 Halbfinalteilnahmen kommt nicht einmal Brasilien.

Auch hat sich Deutschland bisher immer, wenn man wollte oder durfte, für eine WM-Endrunde qualifiziert. 1930 wollte man genauso wie Italien wegen der Reisestrapazen nach Uruguay nicht, und 1950 durfte man nicht, weil Deutschland wegen seiner Rolle im Zweiten Weltkrieg noch nicht wieder in die FIFA aufgenommen worden war.

Eindrucksvoll ist auch die deutsche Bilanz bei den seit 1960 ausgespielten Fußball-Europameisterschaften. Hier konnten unsere Jungs bei 15 Turnieren drei Titel (1972, 1980 und 1996), drei Vizemeisterschaften (1976, 1992 und 2008) und drei weitere Halbfinalteilnahmen erringen. Die letzten unglücklichen Niederlagen in der Vorschlussrunde gegen Italien bei der EM 2012 in Polen und der Ukraine und 2016 gegen Frankreich, als man am Gastgeber scheiterte, sind sicher noch in bester Erinnerung. Wer hätte aber seinerzeit gedacht, dass die Europameisterschaft 1996, die die Vogts-Truppe im Londoner Wembley-Stadion durch das »Golden Goal« von Oliver Bierhoff in der 95. Minute errang, für sage und schreibe 18 Jahre der letzte Titel unseres Teams sein würde?

Der weltweite Erfolg des Fußballs wird immer wieder auch damit begründet, dass es sich um ein einfaches, für den Zuschauer leicht nachvollziehbares Spiel handelt. Dieses Buch soll daran nichts ändern – keine Angst! Wenn man aber anfängt, Fragen zu stellen, dann wird der Fußball schnell recht kompliziert, zumindest wenn man diese Fragen mit den objektiven Mitteln der Mathematik und Physik beantworten will. Zum Beispiel, ob es mathematische Gründe dafür gibt, dass eine Mannschaft in einer Saison super drauf ist und unter die ersten fünf in der Tabelle kommt, im folgenden Jahr die gleichen Spieler mit dem gleichen Trainer aber völlig versagen und vielleicht sogar absteigen. Ja, dafür gibt es tatsächlich einen mathematischen Grund! Eine weitere Frage betrifft die Schieds- und Linienrichter. Kann man mathematisch und physikalisch feststellen, ob unsere Referees eigentlich gut oder schlecht sind? Ja, man kann! Unsere Referees sind sogar besser, als es die Physik erlaubt. Noch kurioser ist die Frage, ob Fußball etwas mit Radioaktivität zu tun hat. In der Tat! Fußball hat etwas mit Radioaktivität zu tun. Kann man physikalisch begründen, warum eigentlich noch niemand im »Aktuellen Sportstudio« sechs Mal an der legendären Torwand aus sieben Metern die 55 Zentimeter großen Löcher getroffen hat? Ja natürlich, hierfür gibt es einen ganz objektiven und profanen mathematisch-physikalischen Grund. Kann man objektiv erklären, warum der Frauenfußball im Augenblick noch nicht so interessant ist wie der Männerfußball? Ja man(n) kann! Wird der Frauenfußball irgendwann einmal so attraktiv sein wie der Männerfußball? Er wird in (ferner?) Zukunft sogar noch attraktiver werden, was sich erstaunlicherweise mathematisch exakt begründen lässt. Ist der Austragungsmodus einer Weltmeisterschafts-Endrunde mathematisch optimal? Nein, ganz und gar nicht! Er birgt sogar sehr große Gefahren für Manipulationen. Gibt es eine optimale Reihenfolge, in der unsere Jungs zum nächsten Elfmeterschießen antreten sollten? Ja, die gibt es tatsächlich! Am Ende des Buches wird dann sogar streng mathematisch ausgerechnet, warum der Weltmeistertitel 2014 für Deutschland so gut wie unvermeidbar war und wer der Titelträger des Turniers in Russland 2018 sein wird. Allerdings ist auch die Mathematik vor Fehlern nicht immer gefeit …

Dies sind nur einige der Fragen, denen hier auf den Grund gegangen wird. Sie werden in diesem Buch so viel Neues über Fußball lernen, dass Sie im Freundeskreis mit diesen Kenntnissen sicher großen Eindruck schinden können. Selbst der »Fußball-Professor« Ralf Rangnick wird nicht mithalten können! Leider werden an der einen oder anderen Stelle des Buches ein paar Formeln benötigt. Ja, Sie werden sogar auf so etwas Grausames wie »Bessel-Funktionen« stoßen! Doch alles wird auch ausführlich in Worten erklärt. Sollten die Formeln Sie an die dunkelsten Kapitel Ihrer Schulzeit erinnern, so überspringen Sie diese Stellen einfach. Wer im Umgang mit Formeln etwas geübt ist, kann so allerdings die objektiven Begründungen manch subjektiv erscheinender Tatsachen etwas leichter nachvollziehen – Schau’n mer mal!

1 Siehe das Buch von Rafael Buschmann und Michael Wulzinger: »Football Leaks: Die schmutzigen Geschäfte im Profifußball – Ein SPIEGEL-Buch« (2017).

2 Ein »durchschnittlicher« FIFA-Präsident ist 20 Jahre im Amt. Bisher hat jeder der letzten drei FIFA-Präsidenten in seiner Amtszeit die Zahl der WM-Teilnehmer um etwa zehn erhöht, vornehmlich um seine Wiederwahl zu sichern, denn hier haben kleine Verbände wie etwa der der Fidschi-Inseln genauso viele Stimmen wie der große DFB. Wenn dieser Trend unvermindert weitergeht, dann werden im Jahr 2346 alle Nationen an der WM- Endrunde teilnehmen!

Ende der Leseprobe