Manon Lescaut - Antoine-Francois Prevost - E-Book
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Antoine François Prévost

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  • Herausgeber: e-artnow
  • Kategorie: Erotik
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Dieses eBook: "Manon Lescaut" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Der Roman Manon Lescaut gilt heute als Prévosts Meisterwerk. Es ist die Geschichte des jungen Kleinadeligen Des Grieux, der vor dem Beginn seines geplanten Theologiestudiums der hübschen, ihrerseits fürs Kloster bestimmten Manon Lescaut begegnet, gemeinsam mit ihr nach Paris durchbrennt und aus Liebe zu ihr nach und nach alle seine Vorstellungen von Anstand und Ehre über Bord werfen muss... Antoine-Francois Prevost (1697-1763) war ein französischer Schriftsteller. Heute ist er nur noch mit einem einzigen seiner zahlreichen Werke bekannt, dem Roman Manon Lescaut.

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Antoine-Francois Prevost

Manon Lescaut

Die Abenteuer der Manon Lescaut und des Chevalier des Grieux
Übersetzer: Wilhelm Cremer
e-artnow, 2016 Kontakt: [email protected]
ISBN 978-80-268-6737-1

Inhaltsverzeichnis

Vorwort des Verfassers
Geschichte der Manon Lescaut
Erster Teil
Zweiter Teil

Vorwort des Verfassers

Inhaltsverzeichnis

Die Abenteuer des Chevalier des Grieux hätte ich auch in meine »Erinnerungen und Erlebnisse eines Mannes von Stande« einreihen können. Da sie aber keine notwendigen Beziehungen dazu haben, glaubte ich doch, daß der Leser sie mit größerer Befriedigung als gesondertes Werk aufnehmen würde. Eine so ausgedehnte Erzählung hätte den Faden meiner eigenen Geschichte zu lange unterbrochen, und obgleich ich mich durchaus nicht für einen peinlich genauen Schriftsteller ausgebe, so weiß ich doch, daß eine Erzählung von allen Zugaben frei sein muß, die sie schwerfällig und verwickelt machen. Wie es ja auch Horaz sagt:

Ut jam nunc dicat jam nunc debentia dici,Pleraque differat, ac praesens in tempus omittat.1

Man braucht sogar noch nicht einmal eine so gewichtige Autorität heranzuziehen, um eine so einfache Wahrheit zu beweisen, denn der gesunde menschliche Verstand verlangt die Befolgung dieser Regel.

Wenn das Publikum meine Lebensgeschichte mit Genuß und Anteilnahme aufgenommen hat, so wage ich es ihm zu versprechen, daß ihm die neue Gabe nicht minder gefallen wird. Man wird in dem Geschick des Herrn des Grieux ein erschreckendes Beispiel für die Gewalt der Leidenschaften finden. Ich schildere hier einen verblendeten jungen Mann, der seinem eigenen Glück aus dem Wege geht und sich freiwillig in das ärgste Unglück stürzt; der bei allen Gaben, durch die sonst eine glänzende Laufbahn verbürgt wird, doch zugunsten eines ruhmlosen und unsteten Lebens auf alle Vorteile des Reichtums und der Geburt verzichtet; der sein widriges Geschick kommen sieht und ihm doch nicht ausweichen will; der davon gequält und bedrückt wird und doch die Heilmittel verschmäht, die man ihm immer wieder anbietet, und die sein Unglück in jedem Augenblick beenden könnten; kurz einen zwiespältigen Charakter, eine Mischung von Tugenden und Lastern, einen ewigen Gegensatz von guten Vorsätzen und schlechten Handlungen. Alles dieses liegt der gegenwärtigen Schilderung zugrunde. Verständige Menschen werden ein Werk von solcher Art nicht als eine unnütze Arbeit ansehen. Ganz abgesehen von dem Vergnügen einer angenehmen Lektüre, wird man hier wenige Ereignisse finden, die nicht einer sittlichen Belehrung dienen könnten, und meiner Meinung nach erweist man dem Publikum einen beträchtlichen Dienst, wenn man es belehrt, indem man es unterhält.

Man kann nicht über die Vorschriften der Moral nachdenken, ohne mit Verwunderung zu bemerken, daß sie zu gleicher Zeit geschätzt und mißachtet werden, und man fragt sich, warum das menschliche Herz doch so seltsam ist, die Ideen des Guten und Vollkommenen zu lieben, um im wirklichen Leben ihnen aus dem Wege zu gehen. Wenn Menschen von einer gewissen Bildung und Kultur doch einmal prüfen wollten, womit sie sich am meisten in ihren Unterhaltungen oder auch in ihren einsamen Träumereien beschäftigen, so werden sie ohne weiteres bemerken, daß es fast immer moralische Betrachtungen sind. Es sind die köstlichsten Augenblicke ihres Lebens, wenn sie sich allein oder in Gesellschaft eines Freundes mit offenem Herzen unterhalten über den Zauber der Tugend, die Süßigkeit der Freundschaft, die Wege zum Glück, die Schwächen der Natur, die uns davon entfernen, und die Mittel, die diese Schwächen heilen können. Horaz und Boileau heben, wenn sie das Bild eines glücklichen Lebens entwerfen, eine solche Unterhaltung als einen der schönsten Züge hervor. Woher kommt es dann aber, daß man so leicht von der Höhe solcher Ideen hinabsinkt, bis man sich auf dem Niveau des Alltagsmenschen befindet? Ich glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich diesen Widerspruch zwischen unseren Ideen und unserer Lebensführung folgendermaßen erkläre: Die Vorschriften der Moral sind sehr unbestimmt und allgemein gehaltene Grundsätze, die man nur mit großer Schwierigkeit auf die besonderen Einzelheiten unserer Sitten und Handlungen anwenden kann.

Machen wir uns die Sache an einem Beispiel klar. Gut veranlagte Seelen fühlen, daß Milde und Menschenfreundlichkeit schätzenswerte Tugenden sind, und haben eine Neigung, sie auszuüben. Aber im Augenblick, da sie sie betätigen wollen, weichen sie unschlüssig zurück. Liegt hier auch wirklich ein Anlaß vor? Weiß ich, wieweit ich gehen soll? Täusche ich mich auch nicht über den Gegenstand?

Hundert Schwierigkeiten tun sich auf. Man möchte wohltätig und freigebig sein und fürchtet, betrogen zu werden. Man will nicht als Schwächling erscheinen, indem man zu weich und zu gefühlvoll ist. Mit einem Wort, man schwankt zwischen den Empfindungen, die Pflichten, die in den allgemeinen Begriffen der Menschlichkeit und Güte nur dunkel zum Ausdruck gebracht werden, entweder in übertriebenem Maße oder gar nicht auszuüben. In dieser Ungewißheit vermögen nur Erfahrung oder Beispiel den Trieb des Herzens vernünftig zu regeln. Aber die Erfahrung ist kein Vorzug, den sich jedermann, wie er will, verschaffen kann. Sie hängt von den verschiedenartigen Verhältnissen ab, in die uns das Schicksal versetzt. Es bleibt also nur das Beispiel übrig, das der Mehrzahl der Menschen bei der Pflege der Tugend als Richtschnur dienen kann.

Grade für Leser von dieser Art nun können Bücher wie das vorliegende von äußerstem Nutzen sein, wenigstens wenn sie von einem ehrlichen und vernünftigen Menschen geschrieben sind. Jede Tatsache, die man berichtet, ist eine Stufe zur Einsicht, eine Unterweisung, die der eigenen Erfahrung hilft. Jedes Abenteuer ist Vorbild, nach dem man sich richten kann, denn es braucht nur den Umständen, in denen man sich befindet, angepaßt zu werden. So ist dieses ganze Werk eine moralische Abhandlung, die in unterhaltsame Übungen zerfällt.

Vielleicht wird ein sittenstrenger Leser daran Anstoß nehmen, daß ich in meinem Alter noch einmal die Feder zur Hand nahm, um über Abenteuer und Liebesereignisse zu schreiben; aber wenn die Erwägung, die ich soeben gemacht habe, begründet war, so bin ich gerechtfertigt. War sie falsch, dann diene es mir zur Entschuldigung, daß ich mich geirrt habe.

Fußnoten

1 ... daß man immer wisse, was zu sagen ist, doch vieles, was sich auch noch sagen ließe, jetzt zurückbehalte und für den Platz, wo man's bedarf, verspare. (Übersetzung von Cristoph Martin Wieland.)

Geschichte der Manon Lescaut

Erster Teil

Inhaltsverzeichnis

Ich bin genötigt, den Leser bis zu jener Zeit meines Lebens zurückzuführen, da ich den Chevalier des Grieux zum erstenmal traf. Es war das etwa sechs Monate vor meiner Abreise nach Spanien. Obgleich ich nur selten aus meiner Einsamkeit heraustrat, so machte ich doch aus Gefälligkeit gegen meine Tochter verschiedene kleine Reisen, die ich so kurz wie möglich gestaltete.

Eines Tages kam ich von Rouen zurück. Sie hatte mich gebeten, vor dem normannischen Landtag ihre Rechte auf einige Güter zu vertreten, auf die sie durch meinen Großvater mütterlicherseits Ansprüche besaß. Ich machte meinen Rückweg über Evreux, wo ich zum erstenmal übernachtete, und kam am nächsten Tag zur Essenszeit nach Passy, das fünf oder sechs Meilen davon entfernt liegt. Zu meinem Erstaunen fand ich, als ich in dem Ort anlangte, die ganze Einwohnerschaft in großer Aufregung. Die Leute stürzten sich förmlich aus ihren Häusern und liefen in Scharen nach dem Tor einer elenden Ausspannung, vor der zwei bedeckte Frachtwagen standen. Die Pferde waren noch angeschirrt, sie dampften vor Müdigkeit und Hitze, und man sah, daß sie soeben erst angekommen waren.

Ich hielt einen Augenblick an, um mich nach der Ursache des Auflaufs zu erkundigen, aber ich konnte von der neugierigen Bevölkerung keine Aufklärung bekommen. Die Leute beachteten meine Frage gar nicht, sondern drängten sich noch immer stoßend und lärmend nach der Ausspannung. Endlich sah ich einen Polizeisoldaten, der ein Bandelier trug und eine Flinte auf der Schulter hatte, an dem Tor, und ich winkte ihm mit der Hand, zu mir zu kommen. Ich bat ihn, mir den Grund zu dem Durcheinander mitzuteilen.

»Es ist nichts Wichtiges, mein Herr«, sagte er mir. »Wir haben hier nur ein Dutzend Freudenmädchen, die ich und meine Gefährten nach Havre de Grâce bringen, von wo sie nach Amerika eingeschifft werden. Es sind ein paar hübsche darunter, und das erregt offenbar das Interesse dieser biederen Landleute.«

Ich wäre mit dieser Erklärung weitergeritten, wenn mich nicht die Ausrufe einer alten Frau festgehalten hätten. Sie kam händeringend aus dem Gasthof und schrie, so etwas sei unmenschlich, da müßte einen ja Entsetzen und Mitleid überkommen.

»Was gibt es denn?« fragte ich sie.

»Ach, mein Herr, kommen Sie herein,« sagte sie, »und sehen Sie selbst, ob ein solcher Anblick nicht herzzerreißend ist.«

Ich wurde jetzt doch neugierig und stieg vom Pferde, das ich meinem Stallknecht überließ. Nur mit Mühe konnte ich mich durch die Menge drängen und trat dann ins Haus, wo ich allerdings etwas sehr Ergreifendes sah.

Unter den zwölf Mädchen, die zu je sechs an der Taille zusammengekettet waren, befand sich eine, deren Gesicht und ganze Erscheinung so wenig zu ihrer augenblicklichen Lage zu passen schien, daß ich sie in jeder anderen Umgebung für eine Dame vom höchsten Rang gehalten hätte. Ihre Traurigkeit und der schmutzige Zustand ihrer Wäsche und ihrer Kleidung beeinträchtigten ihre Schönheit so wenig, daß ihr Anblick mir Achtung und Mitleid einflößte. Sie versuchte trotzdem, soweit es ihr die Kette erlaubte, sich abzuwenden, um ihr Gesicht vor den Blicken der Zuschauer zu verbergen. Die Bewegung, die sie machte, um sich zu verstecken, war so natürlich, daß sie aus einem Gefühl der Bescheidenheit zu kommen schien.

Da sich die sechs Wachtsoldaten, die diese unglückliche Schar begleiteten, ebenfalls im Zimmer befanden, nahm ich ihren Anführer zur Seite und bat ihn, mir etwas Genaueres über das Schicksal dieses schönen Mädchens mitzuteilen. Er konnte mir aber nur eine ganz allgemeine Auskunft geben.

»Wir haben sie«, sagte er mir, »auf Anordnung des Herrn Polizeipräfekten aus dem Arbeitshaus geholt. Sicherlich war sie nicht wegen ihrer guten Aufführung dorthin gelangt. Ich habe sie unterwegs wiederholt ausgefragt, sie weigert sich aber hartnäckig, mir zu antworten. Obwohl ich nun keine Anweisung erhalten habe, sie mehr als die anderen zu schonen, habe ich ihr doch immer einige Erleichterungen zukommen lassen, denn sie scheint mir etwas besser zu sein, als ihre Gefährtinnen. Übrigens,« fügte der Beamte hinzu, »dort ist ein junger Mann, der Ihnen besser als ich über die Ursachen ihres Mißgeschicks Auskunft geben könnte. Er ist ihr von Paris aus gefolgt und hat kaum einen Augenblick aufgehört, zu weinen. Er muß entweder ihr Bruder oder ihr Geliebter sein.«

Ich wandte mich nach der Zimmerecke, wo dieser junge Mann saß. Er schien in tiefes Grübeln versunken zu sein. Niemals habe ich ein lebendigeres Bild des Schmerzes gesehen. Er war sehr einfach gekleidet, aber man erkannte auf den ersten Blick einen Mann von Stand und guter Erziehung. Ich näherte mich ihm. Er erhob sich, und ich entdeckte in seinem Blick, in seinen Gesichtszügen und in seinen ganzen Bewegungen etwas so Vornehmes und Edles, daß in mir unwillkürlich ein wohlwollendes Gefühl für ihn aufstieg.

»Hoffentlich störe ich Sie nicht«, sagte ich, indem ich mich neben ihn hinsetzte. »Möchten Sie wohl meine Neugierde befriedigen, etwas über diese schöne Person zu erfahren, die mir durchaus nicht für den traurigen Zustand geschaffen scheint, in dem ich sie erblicke.«

Er antwortete mir aufrichtig, daß er mir nicht sagen könne, wer sie sei, ohne sich dabei auch zu nennen, und er habe bestimmte Gründe, unbekannt bleiben zu wollen. »Ich kann Ihnen aber trotzdem mitteilen, was diese Elenden da auch schon wissen«, fuhr er fort und wies auf die Polizisten. »Nämlich, ich liebe sie mit einer solchen heftigen Leidenschaft, daß ich dadurch zum unglücklichsten aller Menschen werde. Ich habe in Paris alles versucht, sie frei zu machen. Aber alle Rechtsgesuche, Schleichwege und Gewaltanwendungen waren vergebens, und so habe ich mich entschlossen, ihr zu folgen, selbst wenn es bis an das Ende der Welt geht. Ich werde mich mit ihr einschiffen und nach Amerika fahren.«

»Was aber das Unmenschlichste ist,« fügte er hinzu, indem er wieder auf die Polizisten wies, »diese feigen Halunken wollen mir nicht erlauben, mich ihr zu nähern. Ich hatte die Absicht, sie einige Meilen von Paris entfernt offen anzugreifen, und mich mit vier Mann verbunden, die mir für eine beträchtliche Summe ihre Hilfe versprochen hatten. Die Verräter ließen mich einfach im Stich und machten sich mit meinem Geld davon. Da es mir nun auf diese Weise unmöglich wurde, mit Gewalt etwas auszurichten, streckte ich die Waffen. Ich schlug aber den Polizisten vor, mir wenigstens zu gestatten, ihnen zu folgen, wofür ich sie entschädigen wollte. Geldgierig stimmten sie zu. Sie wollten aber jedesmal bezahlt werden, wenn sie mir die Gelegenheit gewährten, mit meiner Geliebten zu sprechen. In kurzer Zeit hat sich meine Börse geleert, und jetzt, da ich keinen Sou mehr habe, stoßen sie mich brutal zurück, wenn ich einen Schritt auf sie zu mache. Erst vorhin, als ich mich ihr trotz ihrer Drohungen zu nähern wagte, besaßen sie die Unverschämtheit, eine Gewehrmündung auf mich zu richten. Um ihrer Habgier Genüge zu tun und den Weg zu Fuß fortsetzen zu können, bin ich gezwungen, hier ein armseliges Pferd, das mich bisher getragen hat, zu vekaufen.«

Obgleich er diesen Bericht scheinbar mit ziemlicher Ruhe gab, fielen ihm doch zum Schluß einige Tränen aus den Augen. Mir erschien sein ganzes Abenteuer ungewöhnlich seltsam und ergreifend.

»Ich dränge Sie nicht,« sagte ich zu ihm, »mir Ihr Geheimnis zu entdecken; aber wenn ich Ihnen in irgendeiner Beziehung nützlich sein kann, so stehe ich Ihnen ganz zur Verfügung.«

»Ach,« antwortete er, »ich sehe nicht den kleinsten Hoffnungsschimmer. Ich muß mich meinem Schicksal in seiner ganzen Strenge unterwerfen. Ich gehe daher nach Amerika; dort werde ich wenigstens frei sein mit der, die ich liebe. Ich habe an einen meiner Freunde geschrieben, der mir in Havre de Grâce einige Hilfe erweisen wird. Meine einzige Sorge ist, glücklich dorthin zu gelangen und unterwegs diesem armen Geschöpf soviel Erleichterung wie möglich zu verschaffen.«

Damit warf er seiner Geliebten einen traurigen Blick zu.

»Ich will Ihre Sorgen erleichtern«, sagte ich. »Hier ist etwas Geld, nehmen Sie es, bitte, an. Es tut mir leid, daß ich Ihnen nicht in anderer Weise dienen kann.«

Ich gab ihm, ohne daß die Wächter es bemerken konnten, vier Louisdor, denn ich begriff wohl, daß sie ihm ihre Vergünstigungen viel teurer verkaufen würden, wenn sie es gewußt hätten. Mir kam sogar der Einfall, mit ihnen einen Handel abzuschließen, um dem jungen Liebenden die Erlaubnis zu verschaffen, bis Havre jederzeit mit seiner Geliebten reden zu können. Ich winkte also dem Anführer, zu mir zu kommen, und machte ihm einen entsprechenden Vorschlag. Trotz seiner Frechheit schien er sich etwas zu schämen.

»Nicht, daß wir uns weigern, mein Herr,« antwortete er mit verwirrter Miene, »ihn mit diesem Mädchen reden zu lassen. Aber er möchte am liebsten immerfort bei ihr sein, und das wird uns unbequem. Da ist es doch nicht mehr wie recht, daß er uns etwas für diese Unbequemlichkeit bezahlt.«

»Gut,« sagte ich zu ihm, »wieviel wäre dann nötig, um Ihnen diese Unbequemlichkeit weniger fühlbar zu machen?«

Er besaß die Dreistigkeit, zwei Louisdor zu verlangen; ich gab sie ihm sofort.

»Aber nehmen Sie sich wohl in acht,« sagte ich zu ihm, »daß Sie mich nicht betrügen. Ich werde diesem jungen Mann meine Adresse geben, damit er mir darüber berichten kann, und seien Sie überzeugt, daß ich wohl in der Lage bin, Sie zur Rechenschaft zu ziehen.«

Die Sache kostete mich also sechs Louisdor.

Der vornehme Anstand und die aufrichtige Erkenntlichkeit, mit der dieser junge Unbekannte mir dankte, brachten mich zu der Überzeugung, daß er von edler Herkunft war und meine Freigebigkeit wohl verdiente. Ehe ich ging, sprach ich auch noch einige Worte mit seiner Geliebten. Sie antwortete mir mit einer so sanften und anmutigen Bescheidenheit, daß mir beim Weiterreiten unwillkürlich tausend Gedanken über den unbegreiflichen Charakter der Frauen kamen.

Ich langte wieder in meiner Einsamkeit an und erhielt keine Nachrichten über den weiteren Verlauf dieses Abenteuers. Es vergingen dann fast zwei Jahre, und ich hatte es gänzlich vergessen, als der Zufall mir Gelegenheit gab, einen genauen Bericht darüber in allen Einzelheiten kennenzulernen.

Ich war mit meinem Schüler, dem Marquis de ***, von London nach Calais gekommen und, wenn ich mich recht erinnere, im »Goldenen Löwen« abgestiegen, wo uns bestimmte Gründe zwangen, den ganzen Tag und die folgende Nacht zu verbringen. Als ich des Nachmittags durch die Straßen schlenderte, glaubte ich denselben jungen Menschen zu erkennen, mit dem ich das Zusammentreffen in Passy gehabt hatte. Er befand sich in sehr schlechter Kleidung und war viel blasser, als ich ihn das erste Mal gesehen hatte. Offenbar war er gerade in der Stadt angekommen, denn er trug unter dem Arm ein altes Felleisen. Da er aber ein so schönes Gesicht hatte, das man nicht so leicht vergaß, wußte ich sofort, mit wem ich es zu tun hatte.

»Wir müssen diesen jungen Mann ansprechen«, sagte ich zu dem Marquis.

Seine Freude war fast unbeschreiblich, als er mich ebenfalls erkannte.

»Ach, mein Herr,« rief er und küßte mir die Hand, »ich kann Ihnen also doch noch einmal meine unauslöschliche Dankbarkeit aussprechen!«

Ich fragte ihn, woher er käme. Er sagte mir, er käme zu Schiff von Havre de Grâce, wohin er vor kurzem aus Amerika zurückgekehrt wäre.

»Sie scheinen mir nicht in sehr guten Geldumständen zu sein«, sagte ich zu ihm. »Gehen Sie zum ›Goldenen Löwen‹, wo ich auch wohne. Ich werde Sie dort sofort treffen.«

Ich kehrte dann auch wirklich um, denn ich war voller Neugierde, die Einzelheiten seines Mißgeschicks und die Umstände seiner Amerikareise zu erfahren. Ich erwies ihm tausend Aufmerksamkeiten und gab Anweisung, es ihm an nichts fehlen zu lassen. Er wartete nicht ab, bis ich ihn bat, mir seine Lebensgeschichte zu erzählen.

»Mein Herr,« sagte er, »Sie haben so edel an mir gehandelt, daß ich es mir als eine abscheuliche Undankbarkeit anrechnen müßte, wenn ich Ihnen irgend etwas von mir verheimlichte. Ich will Ihnen daher nicht nur mein Unglück und meine Leiden erzählen, sondern auch meine Fehler und meine schändlichsten Schwächen. Ich bin sicher, wenn Sie mich auch verdammen, so werden Sie doch zugleich auch nicht umhin können, mich zu beklagen.«

Ich muß hier dem Leser mitteilen, daß ich seine Geschichte fast sofort, nachdem ich sie hörte, niederschrieb, und daß es daher sicherlich nichts Genaueres und Wahrheitsgetreueres geben kann als diese Erzählung. Ich gebe auch ebenso wahrheitsgetreu die Ge danken und Gefühle wieder, die der junge Abenteurer in der elegantesten Form von der Welt zum Ausdruck brachte.

Hier folgt also sein Bericht, dem ich bis zur letzten Zeile nichts hinzufüge, was nicht von ihm ist:

Ich war siebzehn Jahre alt und beendete die oberste Klasse auf dem Gymnasium zu Amiens, wohin mich meine Eltern, die zu einer der ersten Familien von P*** gehören, geschickt hatten. Ich führte ein so besonnenes und geregeltes Leben, daß mich meine Lehrer für ein Musterbeispiel des Gymnasiums erklärten. Nicht, daß ich mir besondere Mühe gab, diese Lobsprüche zu verdienen, aber ich besaß von Natur eine sanfte und ruhige Veranlagung und eine besondere Neigung zum Studieren, so daß man mir meine natürliche Abneigung gegen das Laster als Tugend anrechnete. Meine Herkunft, der Erfolg meiner Studien und einige äußerliche Vorzüge brachten mir die Bekanntschaft und Achtung aller besseren Leute der Stadt.

Die öffentliche Prüfung bestand ich mit so allgemeinem Beifall, daß der Herr Bischof, der ihr beiwohnte, mir vorschlug, mich dem geistlichen Stand zu widmen, in dem ich mir, wie er sagte, größere Auszeichnung verschaffen würde als in dem Malteserorden, für den mich meine Eltern bestimmt hatten. Sie ließen mich schon das Malteserkreuz tragen unter dem Namen eines Chevalier des Grieux. Als die Ferien kamen, traf ich meine Vorbereitungen, zu meinem Vater zurückzukehren, der versprochen hatte, mich bald auf die Ritterakademie zu schicken.

Beim Abschied von Amiens war es mein einziges Bedauern, daß ich dort einen Freund zurückließ, mit dem ich immer aufs zärtlichste vereinigt gewesen war. Er zählte einige Jahre mehr als ich, und wir waren zusammen erzogen worden. Da aber seine Familie nur wenig begütert war, hatte er nur die Wahl, sich dem geistlichen Stande zu widmen, und er mußte in Amiens zurückbleiben, um hier die zu diesem Beruf nötigen Studien zu betreiben. Er hatte unendlich viele gute Eigenschaften, seine besten werden Sie im Verlauf meiner Geschichte kennenlernen, in der vor allem seine Hingabe und sein Edelmut alles übertreffen. Hätte ich damals seinen Rat befolgt, dann wäre ich immer weise und glücklich geblieben. Und selbst in dem Abgrund, in den mich meine Leidenschaften gestürzt haben, hätte ich immer noch etwas aus dem Schiffbruch meines Vermögens und meines Rufs gerettet, wenn ich dann wenigstens aus seinen Vorwürfen Nutzen gezogen hätte. Aber für alle seine Bemühungen hat er nur den Schmerz geerntet, einzusehen, daß sie umsonst waren und manchmal übel belohnt wurden durch einen Undankbaren, der sie übelnahm oder sie als Zudringlichkeiten auffaßte.

Ich hatte die Zeit meiner Abreise von Amiens fest gesetzt. Ach, warum setzte ich sie nicht für einen Tag früher fest! Dann hätte ich meinem Vater meine ganze Unschuld zurückgebracht. Es war gerade am Tage vor meiner festgesetzten Abreise aus der Stadt, und ich schlenderte mit meinem Freund, der Tiberge hieß, durch die Straßen, als wir den Postwagen aus Arras ankommen sahen, und ihm zu dem Gasthof, wo diese Wagen halten, folgten. Uns trieb dabei nichts anderes als die Neugierde. Verschiedene Frauen stiegen aus und verschwanden dann. Eine aber, eine sehr junge, blieb allein auf dem Hof, während ein Mann von vorgerücktem Alter, der ihr als Führer zu dienen schien, bemüht war, ihr Gepäck herauszuschaffen. Sie erschien mir so reizend, daß ich, der ich niemals an die Verschiedenheit der Geschlechter gedacht, noch ein Mädchen mit irgendwelcher Aufmerksamkeit betrachtet hatte, daß ich, dessen Vernünftigkeit und Zurückhaltung von aller Welt bewundert wurde, plötzlich bis zum Wahnsinn entflammt wurde. Ich besaß den Fehler, daß ich außerordentlich schüchtern und leicht aus der Fassung zu bringen war, aber in diesem Augenblick verspürte ich von meiner Schwäche durchaus nichts und ging ohne weiteres auf die Herrin meines Herzens zu.

Obgleich sie noch jünger war als ich, nahm sie meine Höflichkeiten ohne bemerkbare Verlegenheit entgegen. Ich fragte sie, warum sie nach Amiens käme, und ob sie hier Bekannte hätte. Sie antwortete mir unbefangen, ihre Eltern schickten sie hierher, damit sie Nonne würde. Die Liebe hatte mich in dem Augenblick, seit sie von mir Besitz genommen, schon so erleuchtet, daß ich diese Absicht als einen tödlichen Schlag für meine Wünsche empfand. Ich sprach zu ihr in einer Art, die ihr meine Gefühle wohl verständlich machte, denn sie war viel erfahrener als ich. Man schickte sie ja gerade deshalb ins Kloster, um ihrem Hang zum Vergnügen entgegenzutreten, der sich schon damals bei ihr gezeigt hatte, und der in der Folge ihr und mein Unglück herbeiführen sollte. Ich bekämpfte die grausame Absicht ihrer Eltern mit allen Gründen, die meine wachsende Liebe und meine scholastische Beredsamkeit mir nur eingeben konnten.

Sie zeigte sich weder streng noch abweisend. Sie sagte mir nach einem Augenblick des Schweigens, daß sie nur zu gut voraussähe, wie unglücklich sie sein würde, aber daß das wohl offenbar der Wille des Himmels sei, indem er ihr keine Möglichkeit ließe, diesem Schicksal auszuweichen. Ihre sanften Blicke, der Zauber ihres traurigen Gesichts, während sie dieses sagte, vielleicht auch mein böses Gestirn, das mich ins Verderben ziehen wollte, gestatteten mir nicht, einen Augenblick mit meiner Antwort zu zögern. Ich versicherte ihr, wenn sie sich ein wenig auf meine Ehre und auf die unendliche Neigung, die sie mir schon jetzt einflößte, verlassen wollte, dann würde ich mein Leben daran setzen, sie aus der Tyrannei ihrer Eltern zu befreien und glücklich zu machen.

Ich habe mich später, wenn ich darüber nachdachte, unendlich oft verwundert, woher mir damals diese Kühnheit und Gewandtheit im Ausdruck kam. Aber man hätte nie aus der Liebe eine Gottheit gemacht, wenn sie nicht manchmal Wunder wirkte. Ich fügte noch tausend beschwörende Worte hinzu.

Meine schöne Unbekannte wußte gut, daß man in meinem Alter kein Betrüger ist. Sie gestand mir, wenn ich eine Möglichkeit sähe, sie zu befreien, daß sie mir dann Köstlicheres als ihr Leben schuldig zu sein glaubte. Ich wiederholte ihr, ich sei bereit, alles zu unternehmen. Da ich aber nicht genug Erfahrung besaß, um mir plötzlich einen Weg, ihr zu helfen, auszudenken, verharrte ich bei dieser unbestimmten Versicherung, die weder ihr noch mir viel helfen konnte.

Ihr bejahrter Argus war inzwischen zu uns herangetreten, und alle meine Hoffnungen wären zu nichts zerronnen, hätte sie nicht genügend Witz gehabt, um der Unfruchtbarkeit meines eigenen zu helfen. Zu meinem Staunen redete sie mich bei der Ankunft ihres Führers mit Vetter an und sagte mir ohne den geringsten Anschein irgendeiner Verlegenheit, sie sei sehr glücklich, mich hier in Amiens getroffen zu haben. Sie wollte deshalb ihren Eintritt ins Kloster auf den nächsten Tag verschieben, um das Vergnügen zu genießen, mit mir zu Abend zu speisen. Ich verstand sehr gut den Sinn dieser List und schlug ihr vor, in einem Gasthof zu übernachten, dessen Besitzer sich in Amiens niedergelassen hatte, nachdem er lange Zeit bei meinem Vater Kutscher gewesen, und der mir in jeder Beziehung ergeben war.

Ich führte sie selbst dorthin, während der alte Begleiter ein wenig zu murren schien, und mein Freund Tiberge, der überhaupt nichts von diesem Vorgang begriff, ohne ein Wort zu sprechen, folgte. Unsere Unterhaltung hatte er nicht gehört, da er, während ich meiner schönen Gebieterin Liebesworte zuflüsterte, im Hofe auf und ab ging. Da ich mich vor seiner Sittsamkeit fürchtete, entledigte ich mich seiner, indem ich ihn um eine Besorgung bat. So hatte ich also das Vergnügen, als ich zur Herberge kam, die Königin meines Herzens allein zu unterhalten.

Ich erkannte bald, daß ich weniger Kind war, als ich es zu sein glaubte. Mein Herz öffnete sich tausend Empfindungen der Lust, von denen ich niemals etwas geahnt hatte. Eine süße Glut durchrann alle meine Adern. Ich befand mich in einem Zustand der Verzücktheit, die mich manchmal des Gebrauchs der Sprache beraubte, und der ich nur durch meine Blicke Ausdruck geben konnte.

Fräulein Manon Lescaut, denn das war, wie sie mir erzählte, ihr Name, schien von diesem Eindruck ihrer Reize sehr befriedigt zu sein. Wie ich zu bemerken glaubte, war sie nicht weniger bewegt als ich. Sie gestand mir, daß sie mich liebenswert fände und entzückt sein würde, mir ihre Freiheit zu verdanken. Sie wollte wissen, wer ich sei, und diese Kenntnis vermehrte noch ihre Zuneigung, denn sie war nur von gewöhnlicher Herkunft und fühlte sich geschmeichelt, einen solchen Geliebten, wie ich es war, erobert zu haben. Wir unterhielten uns über die Möglichkeiten, einander anzugehören.

Nach allen möglichen Erwägungen fanden wir kein anderes Mittel als das der Flucht. Wir mußten die Wachsamkeit des Begleiters täuschen, der zwar nur ein Bedienter, aber durchaus kein dummer Mensch war. Wir einigten uns dahin, daß ich während der Nacht einen Reisewagen bereitstellen und in aller Frühe zurückkommen sollte, ehe man im Gasthof wach war. Dann wollten wir uns still davonmachen und geradeswegs nach Paris fahren, um uns dort trauen zu lassen. Ich besaß ungefähr fünfzig Taler, die die Frucht meiner kleinen Ersparnisse waren; sie hatte etwa das Doppelte. Als unerfahrene Kinder bildeten wir uns ein, daß diese Summe nie ein Ende nehmen könnte, und in gleichem Maße waren wir von dem Erfolg unserer sonstigen Pläne überzeugt.

Nachdem ich mit einem Genuß, wie ich ihn nie vorher empfunden, zu Abend gespeist hatte, zog ich mich zurück, um unseren Plan in die Wege zu leiten. Meine Maßnahmen waren um so leichter auszuführen, weil ich ja die Absicht hegte, am nächsten Tag zu meinem Vater zurückzukehren, und mein kleines Gepäck schon fertiggemacht war. Ich brauchte also nur meinen Koffer forttragen zu lassen und für fünf Uhr einen Wagen zu bestellen. Um diese Zeit mußten die Stadttore schon geöffnet sein. Aber nun fand ich ein Hindernis, an das ich nicht gedacht hatte, das aber um ein Haar meinen ganzen Plan vereitelt hätte.

Tiberge war zwar nur drei Jahre älter als ich, aber doch schon ein ziemlich gereifter Mensch von sehr beherrschter Lebensführung. Er liebte mich mit einer außerordentlichen Zärtlichkeit, und der Anblick eines so hübschen Mädchens, wie es Fräulein Manon war, meine Beflissenheit, sie zu begleiten, und dann der auffallende Eifer, mit dem ich ihn fortgeschickt, hatten in ihm doch einigen Argwohn wegen meiner Liebe erweckt. Er hatte es nicht gewagt, in den Gasthof, wo er mich allein gelassen, zurückzukehren, denn er fürchtete, mich durch sein Erscheinen zu kränken. Aber er war zu meiner Wohnung gegangen, um dort auf mich zu warten, und ich fand ihn auch noch da, obgleich es bei meiner Ankunft schon zehn Uhr war. Seine Anwesenheit machte mich verdrießlich, was er leicht an meinem gezwungenen Wesen bemerkte.

»Ich bin überzeugt,« sagte er mir ganz offen, »daß du über einen Plan nachdenkst, den du vor mir verbergen willst. Ich sehe es an deinem Gesicht.«

Ich antwortete ihm ziemlich barsch, ich sei nicht verpflichtet, ihm über alle meine Pläne Rechenschaft zu geben.

»Gewiß nicht,« fuhr er fort. »Aber bisher hast du mich immer als einen Freund behandelt, und eine solche Eigenschaft setzt etwas Vertrauen und Offenheit voraus.«

Er drängte mich so stark und so anhaltend, ihm mein Geheimnis zu entdecken, daß ich, da ich ihm nie etwas verhehlt hatte, auch meine Liebe voll und ganz gestand. Er nahm meine Beichte mit einer so ausgesprochenen Mißbilligung auf, daß ich unwillkürlich erzitterte. Ich bereute sofort meine Offenherzigkeit, mit der ich ihm meinen Fluchtplan mitgeteilt hatte.

Er sagte mir, er sei zu sehr mein Freund, um sich dem nicht mit all seinen Kräften zu widersetzen. Zunächst einmal wolle er mir alle Gründe vorhalten, die mich vielleicht noch umstimmen könnten. Wenn ich dann aber nicht von meinem abscheulichen Entschluß zurückträte, dann würde er Leute benachrichtigen, die der Sache ein Ende für immer machen könnten. Er hielt mir nun eine ernsthafte Strafrede, die über eine Viertelstunde dauerte und mit der Drohung endete, mich anzuzeigen, wenn ich ihm nicht mein Wort gäbe, mich anständiger und vernünftiger aufzuführen.