Meine Wahrheit Digital - Diverse - E-Book

Meine Wahrheit Digital E-Book

Diverse

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Beschreibung

Packende Schicksale, aufregende Familiendramen und zu Herzen gehende Bekenntnisse: in diesem modernen Erlebnismagazin ist alles enthalten! Die Geschichten in den Zeitschriften geben einen offenen, ehrlichen und ungetrübten Einblick in das Leben von Frauen. Abhängig von der Zeitschrift kann man die Geschichten als eine Art Lebensbeichte sehen. Diese Online-Zeitschrift enthält: - Spätes Glück - Partnertausch - Im Zwiespalt - Der unsichtbare Hund - Intimes Bekenntnis - Betrogener Mann - Meine letzte Reise - So gemein - Wegen Facebook und Twitter - Verratene Liebe - Darf diese Liebe sein? - Verzweifelt und einsam E-Book 1: Reise-Tipp: Frühling im Allgäu E-Book 2: Spätes Glück E-Book 3: Partnertausch E-Book 4: Im Zwiespalt E-Book 5: Der unsichtbare Hund E-Book 6: Intimes Bekenntnis E-Book 7: Betrogener Mann E-Book 8: Meine letzte Reise E-Book 9: So gemein E-Book 10: Wegen Facebook und Twitter E-Book 11: Verratene Liebe E-Book 12: Darf diese Liebe sein? E-Book 13: Verzweifelt und einsam

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Seitenzahl: 190

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Meine Wahrheit Digital

Reise-Tipp: Frühling im Allgäu

Spätes Glück

Partnertausch

Im Zwiespalt

Der unsichtbare Hund

Intimes Bekenntnis

Betrogener Mann

Meine letzte Reise

So gemein

Wegen Facebook und Twitter

Verratene Liebe

Darf diese Liebe sein?

Verzweifelt und einsam

Meine Wahrheit Digital – 21006 –Meine Wahrheit Digital

Diverse

Reise-Tipp: Frühling im Allgäu

Die Zugspitze am Horizont, Enzian am Wegesrand

Im Herzen des Allgäus liegt der Luftkurort Nesselwang auf fast 900 Höhenmetern, eingebettet in eine beeindruckende Bergkulisse zwischen Seen, Wiesen und Wäldern. Direkt vor der Haustür starten die schönsten Wanderwege durch die unberührte Voralpenlandschaft, dabei sind die Städte Kempten, Füssen und Marktoberdorf nur rund 20 Kilometer entfernt. Der Aufstieg von Nesselwang zu den beiden Hausbergen Alpspitze und Edelsberg lohnt sich, denn das Panorama reicht bis zu den höchsten Gipfeln Bayerns und Tirols, zur Zugspitze und auch zum Schloss Neuschwanstein. Es gibt aber auch einfache Touren, etwa die sechs Kilometer kurze Runde zum Attlesee und Kögelweiher: Auf breiten Wegen durchs Naturschutzgebiet lässt sich sogar ein Kinderwagen schieben. Unterwegs sind in geschützten Feuchtbiotopen seltene Bergblumen wie Enzianund Orchideen sowie schillernde Libellen zu beobachten. An Sommertagen ist der Höhepunkt der Tour dann ein erfrischendes Bad im glasklaren Bergsee. Größere Herausforderungen warten beispielsweise auf einer sportlichen Tageswanderung über die Reuterwanne: Auf gut elf Kilometern sind 740 Höhenmeter zu bewältigen, der Gipfel bietet mit 1.541 Metern eine atemberaubende Aussicht. Der Aufstieg führt fast ausschließlich über abwechslungsreiche Bergpfade. Fürs Wandern auf eigene Faust emp ehlt sich die Nesselwanger Wanderkarte im Taschenformat, in der die schönsten Touren verzeichnet sind. Im Tourenportal unter www.nesselwang.de sind weitere Themen- und Fernwanderwege, Nordic-Walking-Strecken und auch Mountainbike-Routen zu nden. Sie können mitsamt Kartenausschnitt und Höhenprofil ausgedruckt oder als GPS-Track heruntergeladen werden.

Spätes Glück

Hilde T. (72): »Liebe kennt kein Alter.«

Nachdem mein Mann völlig unerwartet an einem Herzinfarkt verstarb, verzog ich mich in mein Schneckenhaus. Erst meine alte Schulfreundin Gerda holte mich zurück ins Leben. Doch als ich einen netten Herrn kennenlernte, musste ich den Widerstand meiner Tochter erleben. Achtundvierzig Jahre war ich mit meinem Benno verheiratet. Heutzutage trennen sich Paare schon nach dem ersten kleinen Streit. Aber in unserer Generation war es üblich, das einmal gegebene Versprechen nicht mehr zu brechen. Natürlich gab es Höhen und Tiefen in

unserer Ehe. Die Zeit als Benno aufgrund von Stress auf der Arbeit zu viel Alkohol trank. Oder als er in seiner Midlife-Krise mit der Mutter der besten Freundin unserer Tochter anbandelte. Damals hätte ich ihn am liebsten vor die Tür gesetzt. Doch wenn es drauf ankam, konnte ich

mich auf Benno verlassen. Ich weißnicht, ob ich ohne ihn meine Krebserkrankung durchgestanden hätte. Die Zeit flog dahin und ehe wir uns versahen, hatten wir die Siebzig überschritten. In einem Jahr wollten wir Goldene Hochzeit feiern. Ich steckte schon mitten in den Vorbereitungen, machte mir bereits Gedanken über die passende Lokalität und wen wir alles zu diesem Fest einladen sollten. »Du weißt doch gar nicht, ob wir diesen Tag noch erleben«, grummelte Benno, wenn ich über meinen Notizen grübelte. Ich nahm diesen Einwand nicht sehr ernst. Klar, in unserem Alter sollte man sich schon ab und an mit dem Tod auseinandersetzen. Aber ich fühlte mich nicht anders als mit Anfang fünfzig. Aber ging es Benno genauso? Zu Beginn unserer Rentenzeit bereisten wir ferne Länder und genossen die neu gewonnene Freiheit. In den letzten zwei Jahren spürte ich jedoch, dass Bennos Interesse dafür spürbar nachließ. Selbst für Theater- und Museumsbesuche in unserer Stadt konnte ich ihn nicht mehr begeistern. »Lass mal, zu Hause ist es doch auch schön«, sagte er dann. Zunächst maß ich dem keine Bedeutung bei. Doch wenn ich ihn heimlich beobachtete, fiel mir auf, wie seine Energie immer mehr verloren ging. Ich hielt dies für den natürlichen Alterungsprozess, der bei dem einen eher und bei dem anderen später einsetzte.

Benno war stets ein Frühaufsteher. Jeden Morgen um sechs Uhr sprang er aus dem Bett, während ich noch mindestens eine Stunde liegen blieb. Stand ich dann endlich auf, hatte mein Mann bereits das Frühstück vorbereitet und die Zeitung geholt. Auch an jenem Morgen, der mein Leben verändern sollte, vernahm ich im Halbschlaf, wie Benno sich aus dem Bett wühlte. Er beugte sich über mich und gab mir einen Kuss auf die Wange. Dann schnappte er sich ein Handtuch aus dem Schrank und verließ unser Schlafzimmer. Ich hörte das Plätschern der Dusche und dämmerte weg. Wie lange, weiß ich nicht mehr genau. Das Wasser plätscherte immer noch, als ich nach dem Wecker tastete. Mit Erstaunen stellte ich fest, dass es schon nach sieben Uhr war. Sollte mein Mann über eine Stunde geduscht haben? Ein merkwürdiges Gefühl überkam mich. Schnell stand ich auf, fuhr in die Pantoffeln und eilte ins Badezimmer. Als ich die Tür aufmachte, schlug mir Wasserdampf ent die Beine meines Mannes. Mit einem Schrei stürzte ich zu ihm. Benno lag nackt auf den Fliesen und rührte sich nicht. Ich drehte ihn um und sah, dass seine Augen bereits gebrochen waren. Trotzdem versuchte ich ihn wiederzubeleben. Doch weder ein Mund-zu-Mund-Beatmung noch eine Herzmassage brachten ihn ins Leben zurück. Wie lange mochte er so dagelegen haben? Ich hatte weder einen Hilferuf noch das Geräusch eines stürzenden Körpers bemerkt. Was sollte ich jetzt tun? Die Polizei rufen, den Krankenwagen oder gleich den Bestatter? Völlig kopflos sprang ich auf und rannte ins Wohnzimmer. Ich griff nach dem Telefonhörer und wählte die Nummer unserer Tochter. Es dauerte eine Weile, bis sie den Hörer abnahm. »Papa ist tot.« Ich merkte, wie meine Tochter am anderen Ende der Telefonleitung etwas Zeit brauchte, um diese Nachricht zu verarbeiten. Schließlich sagte sie, dass sie sofort käme und beendete das Gespräch. Jetzt erst bemerkte ich, dass ich vollkommen durchnässt war. Ich zitterte am ganzen Körper. Die Diagnose lautete Herzinfarkt. Aber diese Nachricht drang gar nicht richtig zu mir durch. Ich war vollkommen gelähmt. Die Welt um mich herum schien unter einer Watteschicht verborgen. Meine Tochter kümmerte sich um das Erledigen sämtlicher Formalitäten, den Besuch beim Bestatter, das Aussuchen der Grabstelle. Obwohl ich sonst ihre Art, alles an sich zu reißen, nicht mochte, war ich jetzt dankbar dafür. Ich konnte es immer noch nicht fassen, dass mein Benno nicht wiederkehren würde. Zwar war das Bett neben mir leer und auch sein Platz im Fernsehsessel, trotzdem redete ich den ganzen lieben Tag mit ihm und bat ihn bei Entscheidungen um Hilfe. Die Beerdigung lief für mich wie in einem Film ab. Der Pfarrer fand anerkennende Worte über meinen Ehemann. Aber der Mann, den er da schilderte, hatte mit meinem Benno nur die Daten gemein. Was ihn auszeichnete, konnte der junge Pfarrer

nicht im Geringsten nachvollziehen. Vielleicht war dies ein Generationsproblem. Sabine, meine Tochter, führte mich zu dem offenen Sarg, in dem Benno aufgebahrt war. Ich begriff nicht, dass der wächserne Körper mein Mann war. Mir wurde schwindlig. Ich griff nach einer Hand. Ich brauchte eine Weile, bis ich erkannte, dass es die Hand meiner Enkelin

Maike war und nicht die von Benno. Hinterher erzählten mir Freunde und Verwandte, was für eine würdevolle Beerdigung es gewesen sei. Ich nickte zustimmend, hatte jedoch die ganze Zeit ein Gefühl der Leere. Diese Empfindung ließ auch in den folgenden Wochen nicht nach. Natürlich bemühte sich meine Tochter sehr um mich. Aber auch Sabine stand noch unter Schock. Schließlich war sie von klein auf ein Papakind. Während ich mich immer wieder mit ihr heftig stritt, fand sie bei meinem Mann ein verständnisvolles Ohr. Sie brauchte ihn nur mit ihren dunklen kullerrunden Augen anzusehen, und schon wurde er schwach. Verbot ich ihr den Diskobesuch, rannte sie zu Benno, und nach nicht einmal fünf Minuten bekam sie ihren Willen. Wahrscheinlich waren wir uns zu ähnlich, und deshalb flogen ständig die Fetzen.

Erst als Maike zur Welt kam, verstanden wir uns besser. Aber ein inniges Mutter-Tochter-Verhältnis hatten wir nie. Trotzdem hatte sie wohl jetzt das Gefühl, dass sie sich um mich kümmern muss. Durch ihre Doppelbelastung als Mutter und erfolgreich Anwältin war dies bestimmt nicht einfach für sie. Aber als ich sie daraufhin ansprach, wehrte sie immer ab. Doch eines Tages rückte sie mit ihrer Vorstellung von meinem Leben heraus. Inzwischen war ein Vierteljahr vergangen. Sabine hatte Apfelkuchen gebacken und wir tranken gemeinsam Kaffee.

*

Ich habe die letzten Tage hin- und

her überlegt. Aber das Beste wird

sein, wenn du zu uns ziehst. Dann

bist du nicht mehr so alleine.«

Natürlich traf ihr Angebot einen

wunden Punkt. Zwar fand ich mich inzwischen in meinem Alltag zurecht,

dagegen nahm mir die Einsamkeit die

Luft zum Atmen. Ich vermisste Bennos

schlurfenden Gang, sein leises

Schnarchen und sein falsches Singen

unter der Dusche. Jetzt war es nur

noch still in der Wohnung. Schon

wollte ich dem Plan meiner Tochter

zustimmen. Doch dann musste ich

daran denken, wie oft wir uns früher

gestritten hatten. Inzwischen war sie

erwachsen, aber ihre Dominanz hatte

sie nicht verloren. Alles musste immer

nach ihrem Kopf gehen. Sie würde versuchen, mein Leben zu bestimmen.

Das würde ich nicht ertragen.

»Dein Angebot ist ganz lieb«, sagte

ich schließlich zu ihr. »Aber wir würden

uns ständig in die Haare kriegen.

Ich will nicht unser gutes Verhältnis

zerstören.« Es brauchte ein paar

Sekunden, bis es aus meiner Tochter

herausbrach: Ich wäre doch gar nicht

in der Lage, alleine zu leben. Letztendlich

habe sich der Papa um alles

gekümmert. Ich würde schon sehen,

was ich von meiner Sturheit hätte. Ein

Schwall wütender Worte ergoss sich

über mich. Sie gab mir gar keine

Möglichkeit, ihr meine Argumente

darzulegen. Als sie fertig war, packte

sie ihren Apfelkuchen wieder ein und

verließ türenschlagend meine Wohnung.

*

Hinterher fragte ich mich, ob es

eine gute Idee war, ihr Angebot

auszuschlagen. Natürlich hätte

mich unterordnen müssen. Aber war

dies so schlimm? Nun war es zu spät.

Wochenlang sprach Sabine kein einziges

Wort mit mir. Danach besuchte sie

mich wieder, aber äußerst selten.

Unser Verhältnis hatte sich fast so

abgekühlt wie in den Zeiten ihrer

Pubertät. So versuchte ich zunächst,

mit meiner Trauer allein zurechtzukommen. Ich verschloss mich auch vor

unserem alten Freundeskreis. Zwar

realisierte langsam mein Kopf, dass

Benno nicht wiederkommen würde,

aber das machte es nicht besser. Wie

sollte ich dies einem befreundeten

Ehepaar erklären, das glücklicherweise

noch nicht in dieser Situation war.

Ehrlich gesagt, ich beneidete diese

Paare um ihr Glück der Zweisamkeit.

So reagierte ich harsch auf ihre mitleidsvollen

Bekundungen. Die Folge

war, dass sich meine Freunde immer

mehr von mir zurückzogen. Wer

wollte schon mit einer trauernden

Witwe zu tun haben, die um sich biss,

wenn man ihr zu nahe kam.

Nur Gerda ließ sich von meiner

abweisenden Art nicht beeindrucken.

Obwohl wir so verschieden waren,

hatte unsere Freundschaft seit der

Schulzeit gehalten. Gerda war eine

kleine, rundliche Person, die auch mit

Anfang siebzig die reinste Lebensfreude

ausstrahlte. Sie war insgesamt dreimal verheiratet, und auch jetzt

ließ sie nichts anbrennen, wie Benno

sich immer auszudrücken pflegte. Er

hatte Gerda nie gemocht.

Nach Bennos Tod wollte ich Gerda

ebenfalls nicht sehen. Immer wieder

hatte sie mich angerufen und gefragt,

ob wir nicht zusammen etwas unternehmen

könnten. Regelmäßig lehnte

ich dies ab. Doch meine Freundin ließ

sich nicht so leicht abwimmeln.

Eines Mittags klingelte es Sturm.

Als ich die Tür öffnete, blickte ich in

Gerdas strahlendes rundes Gesicht.

»Ich will dich zurück ins Leben

holen!« Sie fiel gleich mit der Tür ins

Haus und knallte eine Flasche Sekt

auf den Tisch. Ich sah sie verdutzt an.

Im nächsten Moment fing sie an zu

lachen. Obwohl mir nicht danach zu

Mute war, konnte ich mich ihrer

ansteckenden Fröhlichkeit nicht entziehen

und stimmte mit ein. Das sei

doch schon mal ein guter Anfang,

erklärte Gerda zufrieden. Dann

musterte sie mich kritisch von der

Seite.

»Willst du den Rest deines Lebens

als schwarze Trauerkrähe herumlaufen?

Du hast noch bestimmt gut und

gerne fünfzehn Jahre vor dir. Genieße

die Zeit.« Sie nahm meine Hand,

zerrte mich zu meinem Kleiderschrank

und holte ein paar frische

Sommerkleider hervor. Sie forderte

mich auf, diese anzuprobieren. Als

ich mich dagegen sträubte, sagte sie,

dass Benno es bestimmt nicht gut

finden würde, wenn ich mich so in

mein Schneckenhaus verkrieche.

Wahrscheinlich war es diese

Bemerkung Gerdas, die mich dazu

brachte das erste Kleid anzuziehen.

Währenddessen ließ Gerda den Korken

der Sektflasche knallen. Mit

jedem Schluck des prickelnden

Getränks wurde ich lockerer. Ich

fand Spaß daran, mich vor Gerda zu

präsentieren. Diese bombardierte

mich mit Komplimenten, befand

allerdings: »Du brauchst dringend

ein paar neue Klamotten!«

Ich hatte kaum Zeit zu widersprechen,

denn Gerda bestellte flugs ein

Taxi, und ehe wir uns versahen,

waren wir im Zentrum der Stadt.

Gerda bummelte mit mir durch die

bekannten Boutiquen, und ich probierte

die verschiedensten Kleider

an. Schließlich entschieden wir uns

für zwei, die mir besonders gut standen Glücklich kam ich nach zwei

Stunden wieder zu Hause an. Ich sah

auf das große Porträtfoto von Benno.

Er lächelte.

*

Tatsächlich hätte ich ohne

Gerdas Hilfe nicht so leicht

den Schritt zurück ins Leben

geschafft. Immer wieder animierte

sie mich, etwas zu unternehmen.

Zunächst sträubte ich mich. Ich hatte

Angst vor dem Gerede der Nachbarn.

Ich wollte nicht als ›lustige Witwe‹

in Verruf geraten. Aber mit der Zeit

mochte ich die gemeinsamen

Nachmittage mit meiner Jugendfreundin

nicht mehr missen. Wir

bummelten durch die Stadt, trafen

uns im Café, gingen ins Kino oder

besuchten Ausstellungen.

Ich weiß nicht mehr, wer von uns

beiden zuerst diese Anzeige entdeckte.

Jedenfalls beugten wir uns

über die Annonce in einem Stadtmagazin

und mussten kichern. In dicken

Buchstaben stand da: ›Auch mit

Anfang siebzig kann das Leben noch

Spaß machen. Besuchen Sie unseren

Tanzkursus für die reifere Generation.‹

Gerda stieß mir in die Seite und

fragte: »Mischen wir noch einmal die

Männerwelt auf?«

»Na, zumindest den etwas reiferen

Teil davon«, erwiderte ich grinsend.

Lachend sahen wir uns schon über

das Parkett schweben, in den Armen

eines älteren Gentlemans.

Kurzentschlossen rief ich bei der

angegebenen Nummer an. Auf meine

Fragen, ob denn der Kurs auch etwas

für eine alleinstehende Witwe sei,

erklärte mir die freundliche Frauenstimme,

dass hier schon so mancher

sein Glück für den letzten Lebensabschnitt

gefunden habe. So weit sollte

es ja nicht kommen, trotzdem hatte

ich ein wenig Herzklopfen, als ich

zusammen mit Gerda eine Woche

später den Tanzsaal betrat. Es war

bestimmt dreißig Jahre her, dass ich

zum letzten Mal das Tanzbein

geschwungen hatte. In meiner Jugend

war ich eine leidenschaftliche Tänzerin.

Doch als ich Benno kennenlernte,

hörte dies schlagartig auf.

Mein Mann war ein ausgesprochener

Tanzmuffel. Die wenigen Male, die

wir zum Tanzen gingen, waren für

mich eine Qual. Benno war total unrhythmisch und trat mir ständig

auf die Füße.

*

Kaum hatten Gerda und ich den

Tanzsaal betreten, kam eine

Frau in den Vierzigern strahlend

auf uns zu und begrüßte uns als

Neuankömmlinge. Es war Melanie,

unsere Tanzlehrerin. Erleichtert stellte

ich fest, dass der Anteil der Frauen

und Männer doch ausgeglichen war.

Alle waren so in unserem Alter und

hatten sich herausgeputzt. Die Männer

trugen Anzug und die Frauen schicke

Kleider. Als Melanie zur ersten

Tanzrunde aufrief, musterten die älteren

Herren uns ältere Damen. Ich

fühlte mich mit einem Schlag in meine

Tanzschulzeit zurückversetzt. Die

Angst davor, als Einzige nicht auserwählt

zu werden, beschlich mich.

Dies erwies sich als vollkommen

überflüssig. Zwei Herren, der eine

etwas fülliger, der andere ein hochgewachsener

Mann mit graumelierten

Schläfen, steuerten direkt auf mich

zu. Letzterer erreichte mich als Erster

und bat um den Tanz. Ich war darüber

nicht unglücklich, denn der Herr war

durchaus attraktiv. Ich warf dem

Fülligeren eine entschuldigende Geste

zu und folgte dem Sieger bereitwillig

auf das Tanzparkett.

Herbert war ein hervorragender

Tänzer. Er schwebte mit mir geradezu

über das Parkett. Ich genoss es, in den

Armen dieses fremden Mannes zu

liegen. Natürlich tanzte ich an diesem

Abend nicht nur mit Herbert. Aber

war es nun bewusst oder unbewusst,

jedenfalls suchten und fanden wir uns

an diesem Abend immer wieder. Zwischen

uns gab es so eine gewisse

Schwingung. So wunderte es mich

nicht, als er im Anschluss der Tanzstunde

mich und Gerda fragte, ob wir

nicht Lust auf ein Gläschen Wein hätten,

beim Italiener gleich um die Ecke.

Eigentlich wollte ich ablehnen. Bennos

Tod lag gerade mal ein Jahr

zurück, und mich jetzt schon wieder

zu vergnügen, kam mir falsch vor.

»Gegen ein Gläschen Wein kann

niemand etwas haben«, erwiderte

Gerda, ehe ich etwas sagen konnte.

Mir blieb also nichts anderes übrig

und ging mit. Mein schlechtes Gewissen

verstummte bald. Es blieb nicht

nur bei dem einen Glas. Herbert konnte wunderbar pointiert erzählen und

nahm dabei sich und sein Alter nicht

so ganz ernst. Trotzdem erfuhr ich

auch etliches Privates über ihn. Er war

drei Jahre älter als ich. Früher besaß

er eine Tierarztpraxis, die nun sein

Sohn übernommen hatte. Seit Frau

war vor drei Jahren an Brustkrebs

gestorben. Zunächst habe ihn dies

völlig aus der Bahn geworfen. Doch

irgendwann wurde ihm klar, dass das

Leben zu kostbar sei, um es einfach

verstreichen zu lassen. Seitdem versuche

er, jeden Tag zu genießen. Seine

Worte trafen mich tief ins Herz. Herbert

hatte recht. Auch ich wollte mich

nicht mehr länger verkriechen.

Auf dem Nachhauseweg, Herbert

hatte sich bereits von uns verabschiedet,

sah mich Gerda auf einmal an.

»Na, zwischen euch hat es ja mächtig

gefunkt.«

Entsetzt sah ich Gerda an und fragte

sie, wie sie darauf käme.

»Ich habe doch Augen im Kopf.

Jedenfalls freue ich mich für dich.«

Ich erklärte ihr, dass sie wohl nicht

ganz richtig im Kopf sei. Niemals hätte

ich die Absicht, nach Bennos Tod eine

neue Beziehung anzufangen. Gerda

nahm mich einfach in die Arme.

»Lass es zu, wenn es passiert. Es

gibt nichts Schöneres, als sich zu verlieben,

egal wie alt man ist.« Wenige

Augenblicke später verabschiedete sie

sich von mir. Als ich im Bett lag,

dachte ich über ihre Worte nach. Ein

Körnchen Wahrheit steckte wohl

darin. Tatsächlich gefiel mir Herbert

wirklich. Aber war es nicht absurd,

sich in meinem Alter noch einmal zu

verlieben? Schließlich war ich ja

keine siebzehn mehr.

*

Der Besuch des Tanzkurses

gehörte inzwischen für mich

zum Höhepunkt der Woche.

Mittlerweile tanzte ich nur noch mit

Herbert, und Melanie kürte uns zum

idealen Tanzpaar. Auch Gerda hatte

einen festen Tanzpartner gefunden.

Winfried, ein ehemaliger Winzer, der

genauso lebenslustig wie Gerda war.

Sie passten wirklich perfekt zusammen.

Derweil gehörte es zu unserer

wöchentlichen Routine, dass wir im

Anschluss ein Gläschen Wein trinken

gingen. Winfried kannte sich naturgemäß

da besonders gut aus. Ich liebtediese Abende, und mit Herbert kam ich

mir immer näher. Ich mochte seine

charmante Art, sein Lächeln. Wenn

sich unsere Blicke trafen, verspürte ich

dieses berühmte Kribbeln in der

Bauchgegend. Ich hätte es nicht für

möglich gehalten, dass ich dies noch

einmal erleben würde. Inzwischen

unternahmen wir bereits auch Sachen

ohne Gerda und Winfried. Wir gingen

gemeinsam ins Theater und ins

Museum. Herbert konnte wunderbar

Dinge erklären, und ich hörte ihm gerne

zu. Jedes Mal brachte er mich mit seinem

Auto nach Hause. Bevor ich dann

in meine Wohnung ging, umarmten wir

uns. Jedoch hatten wir uns bis jetzt noch

nie geküsst, ganz zu schweigen davon,

dass ich Herbert in meine Wohnung

gebeten hätte. Für den letzten Schritt

war ich noch nicht bereit.

*

Dass sich dies änderte, lag ausgerechnet

an meiner Tochter.

Herbert und ich hatten an einem

Samstagvormittag eine Matinee im

Museum besucht. Er brachte mich nach

Hause und wir verabschiedeten uns.

»Mutter!« Hinter meinem Rücken

hörte ich einen empörten Schrei. Ich

erkannte sofort die Stimme meiner

Tochter. Erschrocken fuhr ich herum

und blickte in ihre vor Zorn sprühenden

Augen. Obwohl ich mir keiner

Schuld bewusst war, fühlte ich mich

ertappt.

»Das ist Herbert, und das ist meine

Tochter Sabine«, stotterte ich etwas

verlegen. Meine Tochter würdigte

Herbert keines Blickes. Stattdessen

packte sie mich am Arm und zerrte

mich einige Meter von ihm weg.

»Wie soll ich das verstehen. Wer ist

dieser Kerl?«, zischte Sabine, dabei

bebte ihr Busen voller Wut.

»Herbert ist ein guter Freund, mit

dem ich ab und an einmal etwas

unternehme.«

»Ein guter Freund!« Ihre Stimme

überschlug sich fast vor Empörung.

Dann brach es aus ihr heraus: Dass

Benno gerade einmal ein Jahr unter

der Erde sei und ich mich schon mit

irgendwelchen fremden Kerlen

herumtreiben würde. Dabei sah sie

mich an, als wäre ich eine Hure. Ich war fassungslos über die Worte meiner Tochter und noch viel fassungsloser über ihre Blicke. »Ich habe auch noch ein Leben nach deinem Vater«, rief ich voller Wut.

Sabine musterte mich kalt. »Ich weiß nicht mehr, ob du noch Herr deiner Sinne bist. Jedenfalls scheint dich dieser feine Herr ganz schön um den Finger gewickelt zu haben. Ich werde für dich einen Termin bei einem Psychiater machen.« Dann wandte sie sich von mir ab und stöckelte mit ihren hochhackigen Schuhen in Richtung ihres Wagens. »Willst du mich etwa für verrückterklären lassen?«, schrie ich ihr hinterher.