Meine Wahrheit Digital - Diverse - E-Book

Meine Wahrheit Digital E-Book

Diverse

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Beschreibung

Packende Schicksale, aufregende Familiendramen und zu Herzen gehende Bekenntnisse: in diesem modernen Erlebnismagazin ist alles enthalten! Die Geschichten in den Zeitschriften geben einen offenen, ehrlichen und ungetrübten Einblick in das Leben von Frauen. Abhängig von der Zeitschrift kann man die Geschichten als eine Art Lebensbeichte sehen. Diese Online-Zeitschrift enthält: - Reise-Tipp: Ruhrgebiet - Endlich 50 - Verzweifelte Frauen - Familiendrama - Bloß kein Arzt - Völlig verzweifelt - Erschütternde Erkenntnis - Meine Schuld - Von beiden betrogen - Auf Irrwegen - Ohne Gewissen - Tod im Urlaub E-Book 1: Reise-Tipp: Ruhrgebiet E-Book 2: Endlich 50 E-Book 3: Verzweifelte Frauen E-Book 4: Familiendrama E-Book 5: Bloß kein Arzt E-Book 6: Völlig verzweifelt E-Book 7: Wahre Liebe oder Schuld? E-Book 8: Erschütternde Erkenntnis E-Book 9: Meine Schuld E-Book 10: Von beiden betrogen E-Book 11: Auf Irrwegen E-Book 12: Ohne Gewissen E-Book 13: Tod im Urlaub

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Seitenzahl: 197

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Inhalt

Meine Wahrheit Digital

Endlich 50

Verzweifelte Frauen

Familiendrama

Bloß kein Arzt

Wahre Liebe oder Schuld?

Erschütternde Erkenntnis

Meine Schuld

Von beiden betrogen

Auf Irrwegen

Ohne Gewissen

Tod im Urlaub

Meine Wahrheit Digital – 21007 –

Meine Wahrheit Digital

Diverse

Reise-Tipp: Ruhrgebiet

Revier im Wandel

Bochumer Bermudadreieck statt Berliner Nachtle-ben, Abraumhaldenwandern statt Allgäuer Alpen, Hochofen statt Eiffelturm – so lauten spektakulär die Alternativen, die das Ruhrgebiet zu bieten hat. Die Region umfasst 53 Städte und Gemeinden mit insgesamt 5,3 Millionen Einwohnern aus 170 verschiedenen Nationen – es ist eine Metropole, nicht nur von industriegeschichtlicher Bedeutung.

Geprägt wurde das Ruhrgebiet einst durch Men-schen, die aus allen europäischen Ländern kamen; unter härtesten Bedingungen entstand hier das Revier, ein Herzstück der deutschen Industriewirt-schaft. Unter Tage und an den Hochöfen mussten sich die Arbeiter trotz Sprachbarrieren und kultu-reller Eigenarten blind aufeinander verlassen kön-nen. Der Niedergang der Montanindustrie Ende des letzten Jahrhunderts hat enorme Veränderun-gen bewirkt, die die Menschen mit großer Tatkraft angepackt haben: Heute defi niert sich die Region als Dienstleistungs- und Tourismusmetropole, de-ren neues Markenzeichen die kulturelle Vielfalt ist.

Als Reisegebiet ist das Ruhrgebiet eine gute Alter-native, für jeden, der in der Nähe bleiben möchte, was nicht weiter schwerfällt, denn das Ruhrgebiet hat einiges zu bieten: das berühmte Museum Folk-wang in Essen, die Küppersmühle für Moderne Kunst in Duisburg, das Ruhr-Museum auf der Ze-che Zollverein – die, 1986 stillgelegt, heute zum UNESCO-Kulturerbe gehört – und Oberhausens berühmtes Stadttheater, um nur einige der kultu-rellen und architektonischen Highlights zu nennen. Aber nicht nur charmante Industriekultur lässt sich im Revier fi nden. Der idyllische Baldeneysee, das angrenzende Bergische Land und viele Grün-anlagen sind beliebte Erholungsgebiete. Neben den Metropolen laden auch idyllische Orte mit ihren Fachwerkhäusern und urigen Einkehrmöglichkei-ten ein.

Das Revier bietet also vielfältige Möglichkeiten, das Gebiet zwischen Rhein, Ruhr und Lippe genauer kennen und am Ende wohl auch lieben zu lernen.

Endlich 50

Birgit Z. (51): "Nur noch leben wie ich es will."

Mit fünfzig merkte ich plötzlich, dass mein Leben in eine Sackgasse geraten war. Ich war immer zufrieden gewesen, aber nie wirklich glücklich. Jetzt wollte ich mehr. Ich wollte meine Träume verwirklichen. Aber was waren meine Träume?

Bis zu meinem 50. Lebensjahr war ich mit meinem Leben zufrieden. Alles hatte sich zum Guten gewendet, auch wenn es mir nicht immer leicht gefallen war, meine Ziele zu erreichen. Aber ich hatte es geschafft. Ich hatte meine Jugendliebe Manfred geheiratet, meine Kinder waren das, was man wohlgeraten nennt, und beruflich hatte ich mein Karriereziel auch erreicht: Ich war zur Abteilungsleiterin befördert wor-den. An meinem 50. Geburtstag konn-te ich ein positives Resümee meines Lebens ziehen: Ich gehörte zu den glücklichen Menschen. Aber ich war nicht glücklich. Auch wenn ich fest-stellte, dass mir immer alles gelungen war, war ich nicht glücklich. Ich woll-te Ruhm und Anerkennung, keine Blumensträuße und Pralinenschachteln zum Geburtstag. Mit diesem Wunsch im Herzen setzte ich alles aufs Spiel.

Mein erster Besuch galt meiner Bank, um meine, besser gesagt, unse-re finanziellen Verhältnisse zu über-prüfen. Der Kredit für das Haus war so gut wie abbezahlt, weitere Ver-pflichtungen hatten wir nicht. Wir hatten es sogar geschafft, ein kleines Guthaben anzusparen, auch wenn man so etwas heutzutage gar nicht mehr tut. Mit diesem Geld wollten Manfred und ich uns im Alter eine Schiffsreise um die ganze Welt oder etwas Ähnliches gönnen. Es war nur für uns gedacht, für den Ruhestand. Doch nach Ruhe war mir nicht, des-halb ließ ich mir den Betrag auszahlen und nahm ihn mit nach Hause. Als nächstes kündigte ich meine Stelle als Abteilungsleiterin. Die Kündigungs-frist war so lang, dass mir genug Zeit blieb, meinen Plan für Ruhm und Anerkennung auszuarbeiten, denn wenn ich ehrlich war, wusste ich noch gar nicht, wohin mich mein Herzens-wunsch führen würde. Ich wusste nur eines: Ich würde etwas unternehmen, und dabei würde sich mir niemand in den Weg stellen. Meinen Chef bat ich um absolutes Stillschweigen, was meine Kündigung betraf. Ich wollte nicht, dass es meine Kollegen erfuh-ren und schon gar nicht mein Mann oder meine Kinder. Mein Mann war mein größtes Problem. Ich würde Manfred nichts von meinen Plänen erzählen, denn ich wusste, dass er mich nicht verstand. Er war glücklich mit dem, was wir hatten, er liebte seine Arbeit und sein Hobby, die Brieftauben. Er war im Züchterverein, saß dort im Vorstand und kümmerte sich auch noch um den Heimatverein, in dem es für ihn immer etwas zu tun gab. Manfred langweilte sich nicht, er fühlte sich gebraucht und gefordert. Zwischen uns herrschte inzwischen die Gewohnheit, dass wir keine Worte brauchten, um etwas vom anderen zu erfahren. Jedenfalls brauchte ich keine, um meinen Mann zu verstehen. Ob er mich verstand, wusste ich nicht zu sagen. Vermutlich hatte er keine Ahnung von meinem Gefühlsleben, meiner Unzufriedenheit, meiner Sehnsucht nach Aufmerksamkeit. Ich würde ihn einfach vor vollendete Tat-sachen stellen, wenn ich die Tatsa-chen geschaffen hatte. Dann konnte er sich entscheiden, was er tun wollte.

Die nächsten Wochen verbrachte ich mit Ideensuche. Ich schrieb alles, was mir einfiel, auf kleine Zettel. Jede noch so verrückte Idee brachte ich zu Papier, von der Bankräuberin bis hin zum Fernsehstar. Natürlich wusste ich, dass ich weder eine Straftat begehen wollte noch eine Begabung für die Bühne hatte. Das alles hatte ich in meinen Jugendjahren schon ausprobiert und war kläglich gescheitert. Die Straftat war so winzig, dass ich mit einer Entschuldigung davonkam, und bei der Schulaufführung von Romeo und Julia hatte ich als Gräfin Capulet mehr als einmal mei-nen Text vergessen. Dennoch notierte ich diese Ideen, denn ich hatte in einem Buch gelesen, dass es mindestens 100 Ideen sein mussten, um die einzig wahre zu finden. Ich hatte mir einen Zettelblock mit über 100 Blatt gekauft, beschrieb eine Seite nach der anderen und warf sie in einen leeren Schuhkarton, den ich extra für diesen Zweck aufgestellt hatte. Wenn der Block leer war, wollte ich den Schuhkarton öffnen und nachsehen. Wobei der Autor des Buches behauptet hatte, dieses sei gar nicht notwendig. Wenn die richtige Idee dabei sei, wüss-te man es sofort. Also dachte ich mir Dinge aus und schrieb sie auf. Jeden Abend. In der Hoffnung, dass es funk-tionierte. Und das tat es. Ich war noch nicht einmal verwundert.

An jenem Abend war Manfred auf der monatlichen Sitzung des Züchtervereins, ich hatte mich mit einem Glas Wein an den Tisch gesetzt und meinen Zettelblock hervor-geholt. Zwar hatte ich nicht genau im Kopf, welche Ideen schon alle in meinem Karton lagen, aber das war mir egal. Der Block hatte mehr als 100 Seiten, da durfte schon einmal etwas doppelt sein. Ich hatte gerade ›die Welt umsegeln‹, ›bei einer Quiz-Show mit-machen‹ und ›Straßenkinder in Mexiko retten‹ notiert, als ich es wusste: Rodeoreiterin. Ich kam gar nicht dazu, dieses Wort auszuschreiben, weil meine Hand zitterte und mir der Schweiß aus-brach. Ich zwang mich trotzdem dazu, riss das Blatt vom Block und stellte mich mit dem Zettel in der Hand an das Fenster zum Garten. Draußen war es schon dämmrig geworden, ich sah auf die Sträucher, die den Rasen einfassten, und ließ meinen Gedanken freien Lauf. Rodeoreiterin. Ich erinnerte mich daran, dass ich als Kind einmal bei einer Veranstaltung gewesen war, auf der Leute in Cowboy-Kostümen Kunst-stücke vorgeführt hatten. Damals war ich völlig fasziniert gewesen von der Wildheit der Pferde, die durch die Arena stürmten. Ich erinnerte mich auch noch an die Tiere, die mit einem Lasso eingefangen wurden, und an die Mutigen, die es gewagt hatten, auf Bullen zu reiten. Das würde ich auf keinen Fall tun. Ich war ja nicht lebens-müde. Ich wollte nur etwas Besonderes tun. Ich stand noch am Fenster, als mein Mann heimkam und mich ver-wundert fragte, was ich im Dunkeln sehen könnte. Ich antwortete ihm nicht, denn dann hätte ich sagen müssen: einen Corral mit Pferden, meinen Stetson und ein kariertes Hemd. Ich hatte mich nie für Pferde oder Reiten interessiert, aber nach diesem Abend wollte ich nichts anderes als erst einmal reiten lernen. Ich suchte in der näheren Umgebung nach einem Reiterhof, der auch für alte Anfänger etwas übrig hatte. Reiten war ein Sport für junge Mädchen, aber nicht für ältere Frauen. Doch da irrte ich mich schon zum ersten Mal. Man freute sich über mein Interesse, bot mir ein Schnupperwochenende an, bei dem ich sowohl etwas über Pferde lernen würde als auch meine ersten Erfahrungen auf dem Rücken dieser Tiere machen könnte. Ich sagte sofort zu und erklärte meinem Mann, dass mein Chef mich für eine Fortbildung angemeldet hätte. Manfred fragte nicht nach, sondern akzeptierte es, dass ich mich Freitag Mittag in mein Auto setzte und so tat, als würde ich gen Süden reisen. Stattdessen fuhr ich noch nicht einmal zwanzig Kilometer in den übernächsten Ort, mietete mich in einer Pension ein und machte mich auf zu meinem ersten Pferdetreffen. Ich war furchtbar nervös und, wie ich erwartet hatte, die einzige ältere Teilnehmerin. Nur ein Mann Mitte dreißig stach aus der Menge der jungen und kichernden Mädchen her-aus. Schnell kamen wir miteinander ins Gespräch, denn wie auch ich hatte er bislang gar keinen Kontakt zu Pferden und Reitern gehabt. Gemeinsam staunten wir über all die Besonderheiten, die es im Umgang mit Pferden zu beachten galt. Unser Reitlehrer Andreas war ein junger Mann mit langen blonden Haaren, die er zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Er wirkte drahtig und athletisch, was sicherlich davon kam, dass er nichts anderes tat als Ställe auszumis-ten, Pferde zu striegeln und sie über das Gelände zu bewegen. Die jungen Mädchen hingen nahezu an seinen Lippen und kamen aus dem Kichern gar nicht heraus, wenn er in seiner enganliegenden Reiterhose posierte, um die richtige Körperhaltung auf dem Pferd zu demonstrieren. Mein Leidensgenosse stöhnte auf, als der Reitlehrer die Mädchen wiederholt zur Aufmerksamkeit anhielt. Auch mir ging das Gegacker auf die Nerven. Das wird sich legen, Birgit«, sagte der Reitlehrer zu mir.

Ich sah irritiert auf, nicht ich hatte geseufzt, es war mein Leidensgenos-se. Ich schaute zu ihm, aber er schüt-telte nur sanft den Kopf. Wir kommen dann zum Aufsatteln«, sagte Andreas und wies auf den Sattel, der zu Anschauungszwecken ausgestellt war.

Sattelblatt, Schweißblatt, Pauschen, Steigbügel: Mir schwirrte der Kopf vor all den Fachbegriffen, mit denen Andreas nur so um sich warf. Danach kam das Zaumzeug an die Reihe und ich war völlig verwirrt. Halfter, Tren-se, Stirnriemen, Zügel? Was war jetzt was? Ich beschloss, mir keines dieser Worte zu merken, und tat mir damit einen Gefallen. Beim Westernreiten gab es wieder völlig andere Begriffe. Was ich kennenlernen wollte, war das Gefühl, auf einem Pferderücken zu sitzen. Das kam erst am Tag danach. Am nächsten Morgen standen mein Leidensgenosse Peter und ich am Zaun und warteten auf den Beginn unseres Kurses. Andreas und einige der Mädchen führten die Pferde aus dem Stall und banden sie an einer langen Stange an. »Bist du aufgeregt?«, fragte Peter.

»Hm«, gab ich zur Antwort und betrachtete jedes der Tiere intensiv. Sie sahen edel aus mit ihrer Größe, dem glänzenden Fell, den großen Augen. »Welches nimmst du?«, fragte er. Das da drüben«, sagte ich und zeigte auf eine hellbraune Stute. »Sie sieht so klug aus«, fügte ich hinzu.Ich hätte gerne den Schwarzen«, sagte Peter und wies auf ein großes Tier, das kaum stillstehen mochte. Na, der ist bestimmt für den Reitlehrer«, sagte ich.

Doch wir hatten uns völlig geirrt. Nachdem die Pferde angebunden waren, winkte Andreas uns zu, und wir betraten die Reithalle, in der zwei Tiere auf uns warteten. Teilt euch auf in zwei Gruppen, die Jüngeren dort drüben zu Vanessa, die Größeren bleiben bei mir.« Andreas` Stimme klang bestimmt und konzent-riert.

Im Nu waren die kichernden Mädchen verschwunden. Mit Peter und mir bestand unsere Gruppe nur noch aus fünf Personen, die nun ihre ersten Erfahrungen machen sollten. Die Jolie ist ein ruhiges Tier, ihr könnt unbesorgt sein«, sagte Andreas. Wer von euch will anfangen?«

Er ließ uns aufsteigen und sitzen, um ein Gespür für das Tier zu bekom-men. Dann machte jeder von uns eine Runde, geführt an der Longe, und wir durften wieder absteigen. Andreas korrigierte unsere Sitzhaltung, erklär-te uns das korrekte Auf- und Abstei-gen, und nachdem wir alle zwei Mal geübt hatten, war er zufrieden. Er könne jetzt mit uns hinausgehen, sagte er und besprach sich mit seiner Kolle-gin Vanessa. Dann standen wir wieder auf dem Hof, einige der Pferde warte-ten noch immer. Begrüßt die Tiere«, sagte Andreas. Wer von euch will anfangen?«

Er ließ uns aufsteigen und sitzen, um ein Gespür für das Tier zu bekom-men. Dann machte jeder von uns eine Runde, geführt an der Longe, und wir durften wieder absteigen. Andreas korrigierte unsere Sitzhaltung, erklär-te uns das korrekte Auf- und Abstei-gen, und nachdem wir alle zwei Mal geübt hatten, war er zufrieden. Er könne jetzt mit uns hinausgehen, sagte er und besprach sich mit seiner Kolle-gin Vanessa. Dann standen wir wieder auf dem Hof, einige der Pferde warte-ten noch immer. »Begrüßt die Tiere«, sagte Andreas.Lernt sie kennen, schaut mal, wo der Kontakt zwischen euch und dem Tier gut funktioniert. Ich bin gleich bei euch.« Er ließ uns allein und ver-schwand im angrenzenden Haus. Ich ging zu der Stute hinüber, die ich schon vorher angeschaut hatte. Als ich näher trat, spürte ich ihre Wärme und ihren Atem. Ich sprach sie leise an, strich ihr über den Hals. Sie wand-te mir den Kopf zu, schnaubte leise. Ich spürte, wie mein Herz klopfte. Ich war aufgeregt. Ich fühlte das Wohl-wollen des Tieres, war beeindruckt von der Nähe, die sich zwischen uns entwickelte. Na, das sieht ja aus wie der Beginn einer Freundschaft«, ertönte eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um, und Andreas strahlte mich an. »Du kannst sie schon mal satteln?«, fragte er.

Ich schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass ich das problemlos schaffe.« Ach was, du schaffst das«, sagte Andreas gönnerhaft und wies in Rich-tung Stall. »Sie heißt Sophie. Ihr Sat-tel hängt ganz links. Da sind Namens-schilder drüber, du kannst also nichts falsch machen.«

Ich stapfte in den Stall, suchte den Sattel, fand ihn und schleppte ihn hin-aus. Als ich ihn hochheben wollte, ging mir fast die Puste aus. Peter kam mir zu Hilfe. Ich glaube, das ist eine Frage von Training«, sagte er, und gemeinsam hievten wir den Ledersattel hinauf. Sophie ließ alles mit sich geschehen; sie verzog praktisch keine Miene, als ich den Gurt festzog und dann auch noch das Zaumzeug anlegte. Ja, wunderbar, alles korrekt«, sagte Andreas, als er meine Arbeit kontrollier-te. »Und du bist sicher, dass du das noch nie zuvor gemacht hast?«, fragte er. Ich schaute ihn erstaunt an. Ich mein ja nur«, sagte er. »Ist sel-ten, dass wir hier Naturtalente antref-fen«, fügte er hinzu.

Dieser Satz traf mich. Ein Naturta-lent? Andreas sollte recht behalten. Als hätte ich es von Kindesbeinen an gelernt, sobald wir im freien Gelände waren, konnte ich reiten. Die verschiedenen Gangarten, der Umgang mit den Zügeln, meinen Füßen, dem Körpergewicht und der Haltung – ich konnte es einfach. Zwar erklärte Andreas alles mit ruhiger Stimme, aber das brauchte ich nicht. Ich beherrschte es. Noch vor der Mittagspause war mir klar, dass das, was ich hier tat, meine Bestimmung war.

Der Rest des Wochenendes war wie ein Traum. Zwar war ich noch immer Teilnehmerin beim Schnupperwochen-ende, aber das Schnuppern hatte ich nicht nötig. Ich genoss es, mit Sophie über die Wiese zu reiten. Ich ließ sie traben, Schritt gehen und sogar galop-pieren, obwohl das gar nichts für Ungeübte war, wie Andreas erklärt hatte. Als ich am Sonntagnachmittag den Hof verließ, hatte ich Tränen in den Augen. Ich musste mich von Sophie trennen, das Reiten vorerst ver-gessen und wieder die sein, die am Freitag ihr Zuhause verlassen hatte. Ich litt furchtbar, nicht zuletzt wegen des Muskelkaters, den ich hatte.

Manfred merkte es nicht, dass ich nach Stall, Mist und Pferden roch, als ich unser Haus betrat. Er saß im Wohnzimmer auf dem Sofa und sah sich seine Sportsendung an. Er rief mir zu, dass er gekocht hätte und das Essen im Backofen stünde. Wenn ich Hunger hätte, sollte ich mich bedie-nen. Ich bedankte mich kurz und kümmerte mich zuerst um meine Kleidung und mich selbst. Der durch-dringende Geruch musste so schnell wie möglich beseitigt werden, sonst würde ich gar nicht in meinem alten Leben ankommen können. Ich stopfte alles in die Waschmaschine und stellte mich anschließend unter die Dusche. Unter dem heißen Wasserstrahl wusch ich alles ab, was mich an das vergan-gene Wochenende erinnern konnte. Nur meine Gedanken, die waren nicht wegzukriegen.

Eine Woche später hatte ich einen Plan. Wenn mein Arbeitsvertrag aus-lief, musste ich sofort umsteigen. Ich hatte im Internet recherchiert und mich nach langer Suche für eine Ranch in den USA entschieden, die mir alles bot: Unterricht, Arbeit und die Teilnah-me an einem Cowboy-Leben. Die Hill View-Ranch lag in Texas, und man konnte seinen Aufenthalt dort durch die Mitarbeit am täglichen Farmleben finanzieren. Wenn Andreas´ Feststel-lung meines Naturtalents richtig war, dann könnte ich unter Umständen sogar länger dort bleiben als die geplanten vier Wochen. Die jedenfalls hatte ich gebucht, mir ein Flugticket gekauft und mich für einen Englisch-Crash-Kurs angemeldet. Wenn ich schon alles auf eine Karte setzte, dann wollte ich wenigstens mitreden kön-nen. Was mir blieb, war eine Ausspra-che mit meinem Mann. Ohne ein Wort zu verschwinden, konnte ich ihm nicht antun. Ihn mitnehmen wollte ich aller-dings auch nicht. Dass irgendetwas anders war als sonst, merkte Manfred nach ungefähr vier Wochen. Eines Abends stand er in der Küchentür, als ich die Töpfe abwusch, die nicht mehr in die Spülmaschine passten. Warum musst du eigentlich Eng-lisch lernen?«, fragte er mich.

Ich hielt kurz inne und besah meine Hände im Spülwasser. Überall liegen Zettel mit engli-schen Wörtern und was sie bedeuten«, fuhr er fort. » Vokabeln«, sagte ich.

» Genau. Vokabeln. Warum lernst du die? Ist bei euch in der Firma irgend-was los? Musst du demnächst ins Ausland oder was?«

Ich spürte mein Verlangen, ihm eine Lüge aufzutischen. Es wäre so einfach, ihm etwas von Geschäftsreisen und Auslandsaufenthalten zu erzählen. Ich packte den Kochtopf und bearbeitete ihn mit dem Spülschwamm, während ich im Kopf nach Worten suchte. » Nein, so ist es nicht«, sagte ich und scheuerte. Es wäre fair, ihm die Wahr-heit zu sagen. Auch wenn Lügen einfa-cher war. »Ich kann es dir erklären, aber nicht hier zwischen Spülbecken und Küchentür«, sagte ich entschieden und hoffte, dass er das Zittern meiner Stimme nicht bemerkte.

» Dann mache ich schon mal einen Wein auf und setze mich aufs Sofa?«, schlug Manfred vor. Er öffnete die Kühlschranktür, holte eine Flasche Weißwein heraus und nahm sie mit ins Wohnzimmer.

Erleichtert ließ ich den Schwamm sinken. Der Boden des Topfes war so blank wie noch nie. Ich werde mir eine längere Auszeit nehmen«, sagte ich zu Manfred, als ich mich zu ihm in die Sitzecke gesetzt hatte. Bewusst hatte ich den Sessel gewählt, denn körperliche Nähe war mir jetzt zu viel. Wie, Auszeit? Wovon? Was soll das?«, fragte er.

Ich holte Luft, weil das, was jetzt kam, auch ihn treffen konnte. »Ich bin mit meinem Leben unzufrieden und das nicht erst seit gestern. Schon seit Jahren. Mich langweilt dieses Leben. Die Kinder sind groß, stehen auf eige-nen Füßen. Du hast dein Leben, deine Hobbys, deine Arbeit. Das, was ich habe, finde ich langweilig. Ich will etwas anderes. Deshalb werde ich aussteigen aus diesem Leben.«

Manfred saß mir mit offenem Mund und großen Augen gegenüber. Es war so, wie ich vermutet hatte: Meine Ankündigung traf ihn wie ein Ham-merschlag. Er sagte nichts. Ich schwieg ebenfalls. Es war still im Wohnzimmer, das Ticken der Uhr wurde immer lauter. Nach einigen Minuten hielt ich es nicht mehr aus. Mein Arbeitsvertrag läuft Ende April aus. Anfang Mai fliege ich in die USA«, sagte ich.

Mein Mann antwortete nicht sofort. Ich sah, dass sich seine Schultern strafften, er setzte sich aufrecht. Dann räusperte er sich. »Hast du einen Anderen?«, fragte er. » Nein.«

» Warum? Ich meine, warum kün-digst du deine Stelle? Warum in die USA? Was willst du da?« Seine Fra-gen kamen wie aus der Pistole geschossen. Ich sagte es schon: Mir ist lang-weilig in meinem Leben. Es gibt keine Herausforderung, es macht mir keinen Spaß. Ich will nicht mehr.«Bin ich dir auch zu langweilig?Was ist mit mir?«

Ich betrachtete ihn, sah ihm in die Augen. Er hatte es auf den Punkt gebracht: Er war mir zu langweilig. Selbst die Stute Sophie war spannen-der gewesen als dieser Mann. Es hatte zwischen uns geknistert, sie hatte mich verstanden, wir hatten etwas gemeinsam erlebt. Mit Manfred gab es keine Gemeinsamkeiten. Vielleicht hatte es sie früher gegeben, aber davon war nichts geblieben. Du bist doch zufrieden mit dir und deinem Leben?«, fragte ich. »So jedenfalls sehe ich dich.«

Er beugte sich zu mir herüber. Jetzt blitzten seine Augen, es schien, als seien sie dunkler geworden. Ein Zei-chen dafür, dass er wütend wurde. Heißt das, dass ich langweilig bin?Dass meine Hobbys langweilig sind und dich anöden? Du hast dich ja auch nie dafür interessiert! Du woll-test nie mitfahren zu Flugwettbewer-ben und Züchterschauen. Auch die Radausflüge vom Heimatverein waren dir nie gut genug!« Ich war erstaunt. Diese Diskussion hatten wir früher so oft geführt. Vor-würfe hin und her. Er die Hobbys, ich die Kinder, denn für sie und die Auf-gaben, die mit ihnen verbunden waren, hatte er sich nicht interessiert. Mit dem Auszug der Kinder waren auch diese Streitigkeiten verschwun-den. Ich hatte es gar nicht bemerkt. Wieder musste ich zugeben, dass mein Mann recht hatte. Dieses Mal sagte ich es laut: »Du hast in allen Punkten recht.«

Manfred schwieg. Ich nutzte die Gelegenheit.

Seit die Kinder ausgezogen sind, haben wir keine Gemeinsamkeiten mehr. Deine Hobbys habe ich nie geteilt, ich war immer gut beschäftigt mit den Kindern und meiner Arbeit. Ich habe keine eigenen Hobbys, und das ist sicherlich der Auslöser von allem. Ich glaube, wir haben uns auch kaum noch etwas zu sagen, oder?« Das letzte Wort setzte ich zögernd dahinter, ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt eine Antwort von ihm hören wollte. Dann verschwinde. Du musst auch nicht mehr wiederkommen.« Manfred stand auf und verließ das Wohnzimmer.

Ich hörte, wie die Haustür ins Schloss fiel. Er war gegangen. Auf der Stelle fühlte ich mich unendlich erleichtert. Ich hatte es geschafft. Und es war einfacher gewesen, als ich gedacht hatte. Ich würde tun, was er gesagt hatte: Meinen Koffer packen und verschwinden.