Meine wilden Kerle - Wiebke Rhodius - E-Book

Meine wilden Kerle E-Book

Wiebke Rhodius

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Beschreibung

In der Schwangerschaft war Wiebke Rhodius fest davon überzeugt, ein Mädchen zu bekommen. Umso überraschter war sie, als ihre Frauenärztin lächelnd verkündete: "Es wird ein Junge!". Und auch beim zweiten Versuch war schnell klar: bye-bye Kleidchen und Zöpfchen! Seitdem meistert die Autorin den Alltag mit ihren zwei Jungs heldenhaft: räumt Stöcke aus dem Kühlschrank, lässt sich dreimal täglich von einem der beiden erschießen und verhindert kleine und große Katastrophen. Ihre Geschichten zeigen, wie toll es ist, Söhne zu haben. Denn: langweilig wird es nie!

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Seitenzahl: 188

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Buch

In der Schwangerschaft war Wiebke Rhodius fest davon überzeugt, ein Mädchen zu bekommen. Umso überraschter war sie, als ihre Frauenärztin lächelnd verkündete: »Es wird ein Junge!« Und auch beim zweiten Versuch war schnell klar: bye-bye Kleidchen und Zöpfchen! Seitdem meistert die Autorin den Alltag mit ihren zwei Jungs heldenhaft: räumt Stöcke aus dem Kühlschrank, lässt sich dreimal täglich von einem der beiden erschießen und verhindert kleine und große Katastrophen. Ihre Geschichten zeigen, wie toll es ist, Söhne zu haben. Denn: Langweilig wird es nie!

Autorin

Jungsmama Wiebke Rhodius, geboren 1980, ist studierte Juristin. Nach der Geburt ihres ersten Sohnes gab sie den Anwaltsberuf auf und gründete einen Onlineshop für Papierwaren. Sie, der Jungspapa und die wilden Kerle leben in München.

Wiebke Rhodius

Meine wilden Kerle

Aus dem Leben einer Jungsmama

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

1. Auflage

Originalausgabe Februar 2018

Copyright ©: Wilhelm Goldmann, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Dieses Buch wurde vermittelt durch die Literaturagentur Kai Gathemann GbR

Umschlag: Uno Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: Indianer: Getty Images/Marla Rutherford

Mitte: Getty Images / Engel & Gielen / LOOK-foto

Strand: Getty Images / Barbara Peacock

FinePic®, München

Redaktion: Nina Lieke

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

MZ ∙ Herstellung: cb

ISBN 978-3-641-21694-8V001

www.goldmann-verlag.deBesuchen Sie den Goldmann Verlag im Netz:

Inhalt

Von Hühnern und Aliens

Männer machen Jungs

Die Liste

Drei, zwei, eins …

Über Stock und Stein

Tot, töter, ich

Die Waffentante

Von Bänken und Spielplätzen

Zwei Sorten Mama

Lego-was?

Ein Haus auf einer Blumenwiese

Das große Fressen

Die Macht der Kleckergene

Der Waschklon

Hose, Shirt, fertig!

Alles neu macht der Winter

Schockstarre

Dreck und andere Schweinereien

Der Siegeszug des Fußballtrikots

Sport ist Mord?!

Elsa vs. Sir Fangar

Alle Jahre wieder

Die Fünf-Minuten-Krankheit

Helden des Alltags

Ring, Ring, Radau!

Der Ton macht die Musik

Kamikaze

Kampfhähne

Zwerg Nase hat’s nicht leicht

Zuckerbrot und Peitsche

Pfui Spinne

Ein Bad für die Hausherrin

Eine Sandschlange kommt selten allein

Der Apfel

Ich will doch nur spielen

Ein Ball für alle Fälle

Das neue Kellerkind

Sarfe Sähne

Superhelden unter sich

Ich wär dann mal weg

Pinocchio hat kurze Beine

Wer hat Angst vorm Klo?

Gar nicht prickelnd

Hund, Katze, aus

Strandurlaub

Muss das wirklich sein?

Ein Tag als Junge

Gennen will gelernt sein

Schöne, heile Welt

Ist da wer?

Wer das Blatt nicht ehrt …

Was nicht pappt, wird pappend gemacht

Ein Rudel Chaos

Glow Hockey oder: wie ich zur Heldin wurde

Eine Uniform für Mama

Von Möbeln und Nerven

Die Sammelfieberkrankheit

Chaos im Kinderzimmer

Guck mal, wer da bastelt

Das Fantavieh

Kackakuchen und andere Köstlichkeiten

Alles, was rauswill

Ötzi trifft Christo

Der Nackedei

Check, check

Pinkeln leicht gemacht

Frisuren machen Leute

Das Schwiegermonster

Die Söhnchenmutter

Gute Aussichten

Von Hühnern und Aliens

Ich bin ein Huhn. Ein Huhn aus einer Hühnerfamilie. Denn in meiner Familie gibt es fast nur Frauen.

Ich habe eine Schwester, zwei Tanten, zwei Nichten, drei Cousinen, zwei Patentanten, eine Patentochter und eine Mama. Das war’s. Abgesehen von den Männern, die eben zu dieser Konstellation dazugehören. Da ist es doch nur logisch, dass ich eine Mädchenmama werde. Habe ich jedenfalls immer geglaubt.

»Ich seh da was«, hatte meine Frauenärztin gesagt. Sonst erstmal nichts.

Na klar, siehst du was, die Kleene ist ja auch schon ziemlich groß geworden, hab ich gedacht.

»Er ist aber sehr zeigefreudig.«

Ratter, ratter, ratter.

Hatte sie gerade »Er« gesagt?

»Da, sehen Sie, jetzt bewegt er sich.« Tatsächlich. Er. Sie hatte »Er« gesagt.

»Wird das ein Junge?« Doofe Frage. »Er« wird natürlich ein Junge! Es heißt ja schließlich nicht »der Mädchen«!

»Ja. Herzlichen Glückwunsch, Sie bekommen einen kleinen Jungen!«

Ratter, ratter, ratter.

Es ist jetzt nicht so, dass ich mich nicht gefreut hätte, schließlich hatte ich ja ein gesundes Baby im Bauch. Ich hatte nur eben nicht mit einem männlichen Baby gerechnet. Das musste ich erst einmal sacken lassen. Also sagte ich nichts. Die Frauenärztin beendete ihre Untersuchung und reichte mir lächelnd den Ausdruck des Ultraschallbildes.

»Danke.«

Ratter, ratter, ratter.

War da jetzt wirklich ein Junge in meinem Bauch? Ein echter, vollständiger Junge, ich meine, einer mit kleinem Pipimann? Undenkbar. Ich studierte eingehend das Bild, konnte aber nichts Penisartiges darauf erkennen. Aber wenn die Ärztin sich so sicher war, musste ja was dran sein. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Ein richtig männliches Wesen also. Irgendwie fühlte ich mich, als hätte ein Alien mich besiedelt, ohne mich vorher um Erlaubnis zu fragen.

Heute klingt es auch für mich echt bescheuert, aber der Gedanke, dass in meinem absolut weiblichen Frauenkörper mit absolut weiblicher Familienumgebung auf einmal ein männliches Baby mit Komplettausstattung heranwuchs, war einfach seltsam für mich.

Ein Junge in meinem Bauch. Ein männliches Baby.

Die Schockstarre hielt noch etwa zwei Tage an, erst dann sickerte die Botschaft langsam richtig zu mir durch. Ein Junge. Ich würde einen Jungen bekommen. Ich. Das Huhn aus der Hühnerfamilie.

Jungs sind doch auch süß! Ja wirklich! Man kann ihnen zwar keine Zöpfe flechten, keine süßen Kleidchen anziehen, nicht mit Puppen spielen, geschweige denn die neuesten Barbies kaufen, später nicht mit ihnen shoppen oder Kaffee trinken gehen, die rufen irgendwann auch nicht mehr zu Hause an und so weiter und so fort, aber Jungs sind doch auch echt süß!

So ungefähr arbeitete es in mir.

Bis ich mich wirklich damit arrangierte und anfing, blau gestreifte Bodys zu kaufen statt rosafarbene. Und die winzig kleinen Bodys sind auch in Blau so niedlich, dass der Farbunterschied gar nicht so sehr ins Gewicht fällt. Sicherheitshalber kaufte ich aber trotzdem einen einzigen rosa Body. Einen mit einem pinken Hasen drauf. Bloß für den Fall, dass die Ärztin sich vielleicht doch geirrt hatte.

Hatte sie nicht, mein Sohn hat den rosa Body aber trotzdem getragen. Das darf er auf keinen Fall erfahren, denn rosa geht für Jungs ja gar nicht, aber wenn ich den Body eben schon mal dahatte …

Auch an den kleinen Pipimann in meinem Bauch gewöhnte ich mich. Jeder Embryo pinkelt, dann ist der Ausgang auch schon egal. Also Entwarnung für alle Mamis, die ebenfalls mit einem Mädchen gerechnet und eine freudige Jungsnachricht bekommen haben.

Frauen sind ja flexibel. So wie ich.

Und dann, nach etwa zwei weiteren Monaten Schwangerschaft, habe ich mich richtig auf den Kleinen gefreut.

Ich werde eine coole Jungsmama! Das ist doch großartig! Keine blöde Prinzessin Lillifee und kein albernes Püppi an- und ausziehen den ganzen Tag. Yippie!

Männer machen Jungs

Ich gebe zu, ich hatte auch noch meine zweite Chance im Blick. Denn wir wollten auf jeden Fall zwei Kinder. Und so gab es ja noch einmal eine Möglichkeit, ein kleines Mädchen zu bekommen. Beim zweiten Mal klappt es sicher!

Großer Bruder und kleine Schwester, das ist doch die beste Konstellation, die es gibt. Dann hätte ich beides, einen coolen kleinen Jungen und ein süßes Mädel. Perfekt!

Wäre da nicht meine Frauenärztin gewesen.

»Da seh ich was.«

Zu dem Zeitpunkt hatte ich meinen süßen kleinen Linus ja schon seit über zwei Jahren, und um nichts in der Welt hätte ich ihn eintauschen wollen. Schon gar nicht gegen ein Mädchen.

Und ich wusste ja auch, dass es durchaus nicht ungewöhnlich ist, dass ein kleiner Schniedelträger in mir heranwächst. Trotzdem erwischte mich die Nachricht auch beim zweiten Mal eiskalt. Dieses Mal zwar ohne das Aliengefühl, aber der Gedanke, dass ich tatsächlich auch die zweite und damit höchstwahrscheinlich letzte Chance verpasst hatte, eine Tochter zu bekommen, haute mich einfach um.

Tschüss Schleifchen, Kleidchen und Zöpfchen. Auf Nimmerwiedersehen, hab ich gedacht, und mich eine ganze Weile selbst bemitleidet. Wie doof eigentlich, denn heute weiß ich: Es ist echt cool, eine Jungsmama zu sein. Jedenfalls meistens …

Für das Geschlecht des Nachwuchses ist ja bekanntermaßen der Mann verantwortlich. »Mein Mann kann nur Mädchen/Jungs«, wird etwa gesagt oder: »Soll’s ein Seemann werden, muss der Mann Gummistiefel beim Sex tragen.«

Und es gibt auch das Sprichwort: »Jungs machen Jungs, Männer machen Mädchen.« Hmm, es wird zwar behauptet, dass jedem Sprichwort zumindest ein kleines Fünkchen Wahrheit anhaftet, aber: Was ist mit den Familien, die beides haben? Einen Jungen und ein kleines Mädchen? In der Reihenfolge, zuerst Junge, dann Mädchen, ließe sich der Spruch noch belegen. Dann ist der Mann eben mit fortschreitender Zeit weiter gereift, vom Jungen zum Mann geworden.

Doch in den Fällen, in denen zuerst ein Mädchen das Licht der Welt erblickt und dieses Mädchen dann irgendwann später einen kleinen Bruder bekommt, hakt es. Der Mann wird sich ja nicht rückentwickelt haben, oder? Jedenfalls in den meisten Fällen sollte das nicht anzunehmen sein.

Aus diesem Grunde sind wir, und speziell mein Mann, Anhänger der Gegenbewegung, die da behauptet: »Männer machen Jungs, Jungs machen Mädchen.«

Selbstverständlich ist mir bewusst, dass sich auch dieser Spruch nicht in allen Fällen rechtfertigen lässt. Wenn, ja, wenn nämlich zuerst ein Junge und dann ein Mädchen geboren wird. Doch das behalte ich schön für mich. Auf keinen Fall soll der Mann im Haus annehmen, ihm hafte irgendein Makel an. Und so, wie es jetzt ist, sind wir ja auch sehr zufrieden.

Vermutlich stammt der Spruch von den Männern, die einen Trost dafür suchen, dass sie keinen Stammhalter gezeugt haben, sondern ein oder mehrere Mädchen. Jungsmachen wird da nämlich als etwas Einfaches dargestellt, ein Mädchen zu zeugen dagegen als verdammt schwierig.

Mal ehrlich, das ist alles dummes Zeug. Können sich nur die männlichen Geschöpfe dieser Erde ausgedacht haben. Ist in Wirklichkeit alles Zufall, und alles gleich unanstrengend für die Männer.

Ich glaube vielmehr an einen Spruch, den mir eine Freundin mit auf den Weg gegeben hat.

Sie meinte: »Du bekommst, was du schaffen kannst.«

Bist du also tapfer und zu allen Schandtaten bereit, kriegst du einen Jungen.

Bist du eher Typ Weichspüler, gibt’s ein Mädel.

Bislang dachte ich zwar, ich sei Typ Weichspüler, vorsichtig, ruhig, besonnen, gar nicht hart im Nehmen. Aber, na ja, da habe ich mich wohl verdammt falsch eingeschätzt – kann ja mal passieren.

Die Liste

Frauen machen gerne Listen. Ich liiiebe Listen. Ohne Listen, das ginge gar nicht. Ich mache Listen für den Einkauf, für Erledigungen, im Job und eben auch in allen sonstigen Fällen.

Also gab es auch Listen für die Namensfindung unserer Kinder. Und da ich ja sicher war, ein Mädchen zu bekommen, gab es eine ziemlich lange Liste mit Mädchennamen.

Und nur für den absolut unwahrscheinlichen Fall, dass doch ein Junge herauskommen sollte, gab es auch eine Liste mit Jungsnamen. Zwar nur eine kurze, aber immerhin eine Liste. Genau genommen enthielt die Jungsliste drei Namen.

Als wir dann erfuhren, dass es tatsächlich ein Junge wird, hätte ich eigentlich erleichtert sein müssen, denn die Auswahl eines Jungennamens erschien angesichts der mageren Liste weitaus einfacher als die eines Mädchennamens.

Mein Mann war erleichtert.

Ich nicht.

Eine gewisse Auswahl musste schon sein, fand ich.

Nachdem ich die ungefähr 100 Namen umfassende Mädelsliste schweren Herzens erst einmal sicher in meinem Schreibtisch verstaut hatte – es war ja sehr wahrscheinlich, dass ich sie für späteren weiblichen Nachwuchs noch brauchen würde –, sah ich mir die Jungsnamen noch einmal genauer an. Nicht zu gebrauchen, entschied ich, nicht ausführlich genug, nichts schön Klingendes dabei.

Ich hätte mir bei den Jungsnamen mehr Mühe geben müssen. Was hatte ich mir bloß dabei gedacht?!

Tja, jetzt hatte ich den Salat.

Also nochmal das Internet befragt, und: Fehlanzeige! Es gab keine schönen Jungsnamen. Wirklich, keinen einzigen.

Dagegen Mädchennamen, uuuiii, der da zum Beispiel, Mädchenliste wieder raus und gleich dazugeschrieben.

Jetzt aber Schluss damit, es wird ein Junge, also nicht nach Mädchennamen suchen! Gedanklich haute ich mir auf die Finger und schaffte es, wirklich nur noch vier weitere Mädchennamen zu ergänzen, bevor ich die Liste ganz weit unten in der Schublade verstaute, sodass es echt Mühe machen würde, sie wieder herauszukramen.

Jungsname, Jungsname, Jungsname.

Hallo, Google, wo hast du die tollen Jungsnamen versteckt? Die eloquenten, intelligenten, cleveren und charmanten Jungs müssen doch auch irgendwie heißen?

Entweder waren die Namen zu einfallslos oder jemand anderes hieß schon so. Es war zum Haareraufen! Nichts Brauchbares! Und nach zwei Stunden Recherche erschienen mir die drei Namen auf meiner Liste auf einmal ganz großartig. Drei Namen, das ist doch eine super Auswahl!

Fand mein Mann auch. Er hat dann auch nur noch vier Wochen gebraucht, um sich für meinen Favoriten zu entscheiden.

Sonst haben wir niemandem von unserer Namenswahl erzählt. Denn es hätte bestimmt viiiieele Argumente gegen unsere Wahl gegeben. Und ich wäre durchaus beeinflussbar gewesen, hätte mein Nachbar mir mitgeteilt, dass wir unser Kind auf keinen Fall so nennen können, weil so der Sohn einer Schwester eines Bekannten heißt, der heute als Bankräuber in U-Haft sitzt.

Wir haben uns also namenstechnisch bedeckt gehalten und unseren ersten Sohn erfolgreich Linus getauft. Und den zweiten Maximilian. Obwohl wir – was Maxi angeht – nicht die Einzigen waren. Na ja, da hat unser Sohn später in der Schule wenigstens die Chance, dass nicht er gemeint ist, wenn die Lehrerin einen der 20 anwesenden Maxis aufruft, um ihn die Aufgabe an der Tafel lösen zu lassen.

Die Mädelsliste habe ich trotzdem aufgehoben. Einfach aus nostalgischen Gründen. Man weiß ja nie …

Drei, zwei, eins …

Sisyphos ist ’n Witz gegen mich! Nein ehrlich, einen lächerlichen Felsbrocken den Berg hochschieben – pah!

Ich entferne gerade zum fünften Mal vier so gut wie leere Pizzakartons vom letzten Familienessen aus dem Zimmer meines älteren Sohnes und bringe sie zurück in die Küche. Wo mein Sohn sie zwei Minuten später wiederentdeckt. Und dann geht das von vorne los. Denn Pizzakartons machen sich einfach prima als Behausung von Lego-Männchen. Oder zum Bemalen. Na ja, jedenfalls mutiere ich so ungewollt zu einem sehr gefragten Pizzakarton-Transportunternehmen. Das ist wirklich sinnlos!

Doch meine Aufgabe besteht nicht nur darin, die Kartons unter dem Sessel herauszutauchen, ohne dabei die darin vor sich hin vegetierenden Champignon- und Käsereste auf dem Boden zu verteilen, nein, gleichzeitig brülle ich rüber ins Wohnzimmer, wo die beiden Jungs sich – so wie es sich anhört – gerade zur Strecke bringen.

Entnervt schmeiße ich die Pizzakartons auf den Küchenboden, um den Sterbenden im Wohnzimmer zu Hilfe zu eilen. Oder ihnen die Ohren langzuziehen. Je nachdem, wie ernst die Lage ist.

Und – sie ist nicht sooooo ernst.

Grund des Geschreis: Der kleine Maxi, zwei Jahre alt, hat auf dem Sofa eine Feder entdeckt. Federn aus dem Sofa rausziehen gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen meiner Söhne. Hat was Zerstörerisches, da stehen Jungs drauf. Das nur zur Erklärung. Und dann hat Linus es gewagt, die von Maxi entdeckte Feder einfach selbst herauszuziehen. Natürlich ohne den Kleinen vorher ganz lieb um Erlaubnis zu bitten. Rums, bums, Feierabend.

»Ja und? Es ist nur eine bescheuerte kleine Feder!«, möchte ich herausschreien, stattdessen höre ich mich sagen: »Okay, Linus, bitte gib Maxi die Feder.«

Standardantwort: »Nein!«

Linus hält die Feder hinter seinen Rücken, während Maxi in noch größeres Wutgeschrei verfällt. Was hatte ich erwartet? Ich reiße mich zusammen und verdrehe nicht die Augen.

»Linus, letzte Chance!«

Herausfordernd blitzt er mich an. Auch Maxi ist verstummt. Alle warten.

Dann ich: »Okay, ich zähl bis drei.«

Erschrockenes Linus-Gesicht.

Das funktioniert immer. Aber warum es funktioniert – keine Ahnung. Was denken die Jungs wohl, was bei »drei« passiert? Geht dann die Welt unter? Oder verschwinden alle Spielsachen aus ihren Zimmern? Schwingt sich Spiderman höchstpersönlich zum Fenster rein, um die Ungerechtigkeit in unserem Wohnzimmer zu rächen?

Ehrlich gesagt – ich wüsste es selbst gern, denn ich bin nie bis drei gekommen! Meine Freundinnen auch nicht. Hab ich nachgefragt. Scheint also ein allgemein verbreitetes Phänomen zu sein.

»Eins …« Linus schiebt das Kinn vor.

»Zwei …«

»Och Mann, Mama!«, mault er.

»Und die letzte Zahl heißt …« Das war’s.

Linus schmeißt mir die Feder vor die Füße und flitzt in sein Zimmer. Situation geklärt.

Jedenfalls fast. Der Kleine steht vor der Feder, rührt sich aber nicht. Schlechtes Zeichen.

»Neeeeiiin!«, brüllt er dann.

Noch schlechteres Zeichen.

»Was denn?« Wieso klinge ich verzweifelt? Du hast doch jetzt deine bescheuerte Feder, denke ich, was denn noch?

»Feder soll in Sofa. Is will Feder rausziehen!«

Betonung auf »is«, was »ich« heißt, wie die gut eingearbeitete Mama weiß.

Dieser trotzige Blick ist nur die Vorstufe eines gewaltigen Wutanfalls, falls Mama dem wirklich wahnsinnig wichtigen Wunsch des kleinen Sohnemannes nicht auf der Stelle nachkommt.

Mal ehrlich, es ist doch wirklich essenziell, dass man die begehrte Feder nicht nur zurückbekommt, sondern auch unbedingt selbst aus dem Sofa herauszieht. Klar, dafür habe ich absolutes Verständnis.

Jetzt verdrehe ich doch die Augen und – man glaubt es kaum – versuche, die bescheuerte Feder wieder in das bescheuerte Sofa zurückzustopfen.

»Drei!«, denke ich bei mir, als das endlich erledigt und Maxi damit beschäftigt ist, die Feder wieder aus dem Sofa herauszupulen. Immerhin ist jetzt Ruhe.

Ich gehe zurück in die Küche, um schnell die Pizzakartons zu verstecken, bevor mein Ältester sie wieder einer seiner Messie-Ecken zuführt. Doch ich komme zu spät. Die Kartons sind schon weg.

Okay, okay, ihr habt es geschafft! Ich ergebe mich. Aber nur für heute! Morgen gewinne ich, denke ich, und weiß jetzt schon, dass das nicht stimmt.

Willkommen im Alltag einer Jungsmama!

Über Stock und Stein

Ein Grund, warum ich Mädchen wollte, war, dass ich immer dachte, dass Jungs nichts anderes machen, als mit Stöcken irgendwo draufzuhauen.

Heute weiß ich, dass Jungs immer mit Stöcken irgendwo draufhauen.

Aber nicht nur das. Sie ballern damit auch irgendwas ab. Oder irgendwen.

Echt aussehende Knarren sind bei uns verboten, also müssen Stöcke dafür herhalten. Stöcke sind echte Alleskönner. Wusste ich nicht, bevor ich Söhne hatte. Stöcke eignen sich zum Ballern, Fechten, Graben, Hauen, Bauen, Stochern, Schlagen, Kochen, Wischen, Zerkleinern, Fuchteln, Drohen, Essen und Werfen. Und immer so weiter.

Ich kann mich nicht daran erinnern, als kleines Mädchen irgendwann einmal einen Stock auch nur angefasst zu haben. Ein Stock war für mich ein von einem Baum abgefallener Ast, an dem vorher mal grüne Blätter gewachsen waren. Nichts, was man einsammeln sollte, denn es ist ja tot. Und außerdem könnte ja Schmutz daran sein.

Es ist auch Schmutz dran. Meistens jedenfalls. Das hindert Jungs aber nicht, ständig Stöcke mit sich herumzutragen und diese auch in größeren Mengen zu horten. Überall. Am liebsten im Fußraum meines Autos oder in unserer Wohnung. Könnte ich das Stock-Auffanglager gewinnbringend über eBay verticken, ich wäre eine reiche Frau. Ich arbeite bis heute daran, die immensen Stockvorräte in unserer Wohnung aufzustöbern und nach und nach an ihren neuen Standort vor unserer Wohnungstür zu verlagern.

Kleine Jungs sind wirklich sehr einfallsreich, was gute Stockverstecke angeht. Sogar in unserem Kühlschrank habe ich einmal ein ansehnliches Exemplar gefunden. Das bisschen Butter hatte der Stock gut überstanden.

Wie die Jungs sie immer wieder reinschmuggeln, keine Ahnung. Denn bevor sie die Wohnung betreten, unterziehe ich sie einer eingehenden Leibesvisitation. Außer Stöcken und Steinen gibt es nämlich echt eklige Dinge, die es irgendwie in alle Taschen schaffen. Auch gerne in die Handtasche der Jungsmama.

»Das ist Müll«, sage ich zu meinem Sohn, nachdem ich ein richtig langes Stück vergilbtes Flatterband aus seiner Hosentasche gezogen habe.

»Das ist kein Müll!«, schallt es mir entgegen. »Das ist eine Schlange. Die muss mit meinen Rittern kämpfen.«

Ich betrachte das verdreckte Band eingehend. Soll ja keiner behaupten, ich würde die Ideen meines Sohnes nicht ernst nehmen. Aber eine Schlange?

»Das ist Müll.« Ich bleibe dabei.

Bringt mir aber nichts. Mein Sohn schnappt sich das Band und flitzt davon. Ich verdrehe die Augen. Gut, sollen doch die Ritter gegen die Schlange kämpfen, vielleicht kratzt sie ja dabei ab, denke ich, und lasse ihn gewähren. Es gibt auch wirklich Schlimmeres als ein zehn Jahre altes Flatterband, das er irgendwo aus einer stinkenden Stadtpfütze am Straßenrand gezogen hat.

Von meinem geheimen Plan, das Band später zu entsorgen, wenn Sohnemann schläft, weiß er nichts. Das ist eh mein Masterplan. Die Dinge verschwinden auf wundersame Weise über Nacht. Da kann man nichts machen!

Nur finden dürfen die Jungs sie dann nicht mehr.

Vor allem der Große fragt genau nach. Zum Beispiel, wie es denn kommt, dass seine Lieblingssteine im Mülleimer liegen. Also die Steine, die er am Rand des Spielplatzes gefunden hat, dort, wo sich immer alle Kinder erleichtern, die nicht mehr einhalten können.

Mist! Hab ich wieder vergessen, meine Spuren zu verwischen.

»Keine Ahnung«, heuchle ich dann. »Muss wohl Merle gewesen sein.«

Merle ist unsere Haushaltshilfe und – bitte entschuldige, liebe Merle – auch mein Sündenbock für alles, was ich meinen Söhnen gegenüber nicht anders erklären kann.

»Hmmm«, macht mein Sohn. Ich halte den Atem an.

»Wir können sie ja abwaschen«, sagt er.

Oh nein!!!

Zehn Minuten später bin ich damit beschäftigt, die ekligen, vollgepinkelten Steine in der Badewanne von den Essensresten zu befreien, die ich rücksichtslos darauf entsorgt hatte.

Ich bin nicht sicher, ob es in Mädelshaushalten auch so zugeht, aber an ein gesteigertes Interesse an Dingen direkt aus dem Müll kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern. Mädels haben, glaube ich, tatsächlich ein anderes Schmutzempfinden als Jungs.

Mädels sind ordentlich, ruhig, wissen sich gut selbst und vor allem leise zu beschäftigen, und: Sie hauen nicht mit Stöcken irgendwo drauf.

So sieht jedenfalls mein Bild von einem normalen Mädchen aus, und ich bin sicher, die anderen Jungsmamas denken genauso. Quatsch, rufen jetzt sicher alle Mädelsmamas. Unsere Mädchen sind genauso wild und ungestüm wie deine Jungs!

Aber ich bleibe trotzdem dabei. Noch nie, wirklich noch nie bin ich von einem Mädchen kaltblütig mit irgendwas abgeknallt worden. Sie etwa?

Tot, töter, ich

»Buff, baff, is hab dis abgesießt! Mama ist tot!« Strahlend schaut mein kleiner zweijähriger Maxi zu mir hoch.

Ich strahle zurück, wuschel ihm durch die Haare und gehe einfach weiter. Ist doch ganz normal!

Ich weiß nicht, wie viele Tode ich schon gestorben bin. Tod durch Knarre, Tod durch Drache, Tod durch Schwert, Tod durch Spaten, Tod durch Wasser, Tod durch Salami, was auch immer, hab ich alles schon erlebt. Meine Söhne sind sehr erfinderisch, was das Ausdenken von neuen Todesarten für ihre liebe Mami angeht, und ich lasse sie gewähren. Denn etwas daran ändern zu wollen ist sinnlos.