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Ovid

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Beschreibung

Ovids "Metamorphosen" ist ein episches Gedicht, das die Wandlungsfähigkeit von Wesen und Dingen thematisiert und auf meisterhafte Weise die Mythen und Legenden der griechisch-römischen Antike verbindet. In 15 Büchern entfaltet der Autor eine Vielzahl von Geschichten, in denen Menschen, Tiere und Götter sich verwandeln, um tiefere Wahrheiten über die Natur des Daseins zu offenbaren. Ovids eleganter und oft verspielter Stil, der seine komplexen Themen mit einer Leichtigkeit verbindet, macht das Werk zu einem Meilenstein der lateinischen Literatur und resümiert die kulturellen Strömungen seiner Zeit, in denen das Verlangen nach Schönheit und Transformation vorherrschend ist. Ovid, geboren im Jahr 43 v. Chr., war ein römischer Dichter, dessen Leben und Werk stark von der politischen Landschaft seiner Zeit geprägt waren. Sein Exil unter Kaiser Augustus, das als Strafe für ungenannte Vergehen ausgesprochen wurde, hatte entscheidenden Einfluss auf seine Schaffenskraft und Themenwahl. "Metamorphosen" spiegelt seine Faszination für Wandel und die oft tragischen Konsequenzen von Verlangen wider, was möglicherweise auch eine persönliche Reflexion seiner eigenen erlebten Transformationen war. Für Leser, die sich für antike Mythen, die menschliche Natur und die zeitlosen Themen von Veränderung und Identität interessieren, ist "Metamorphosen" eine unverzichtbare Lektüre. Ovids Kunstfertigkeit, Geschichten zum Leben zu erwecken, macht dieses Werk sowohl lehrreich als auch unterhaltsam, und es lädt ein, die Parallelen zwischen den antiken Erzählungen und der heutigen Welt zu erkunden. In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen: - Eine prägnante Einführung verortet die zeitlose Anziehungskraft und Themen des Werkes. - Die Synopsis skizziert die Haupthandlung und hebt wichtige Entwicklungen hervor, ohne entscheidende Wendungen zu verraten. - Ein ausführlicher historischer Kontext versetzt Sie in die Ereignisse und Einflüsse der Epoche, die das Schreiben geprägt haben. - Eine Autorenbiografie beleuchtet wichtige Stationen im Leben des Autors und vermittelt die persönlichen Einsichten hinter dem Text. - Eine gründliche Analyse seziert Symbole, Motive und Charakterentwicklungen, um tiefere Bedeutungen offenzulegen. - Reflexionsfragen laden Sie dazu ein, sich persönlich mit den Botschaften des Werkes auseinanderzusetzen und sie mit dem modernen Leben in Verbindung zu bringen. - Sorgfältig ausgewählte unvergessliche Zitate heben Momente literarischer Brillanz hervor. - Interaktive Fußnoten erklären ungewöhnliche Referenzen, historische Anspielungen und veraltete Ausdrücke für eine mühelose, besser informierte Lektüre.

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Veröffentlichungsjahr: 2023

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Ovid

Metamorphosen

Bereicherte Ausgabe. Mythologie: Entstehung und Geschichte der Welt von Publius Ovidius Naso
In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen
Bearbeitet und veröffentlicht von Good Press, 2023
EAN 8596547675402

Inhaltsverzeichnis

Einführung
Synopsis
Historischer Kontext
Autorenbiografie
Metamorphosen
Analyse
Reflexion
Unvergessliche Zitate
Notizen

Einführung

Inhaltsverzeichnis

Alles ist Verwandlung. In Ovids Metamorphosen wird Wandel nicht als Ausnahme, sondern als Grundzustand der Welt begriffen. Formen lösen sich auf und entstehen neu; Stimmen wechseln, Perspektiven kippen, Grenzen geraten in Fluss. Der Text macht erfahrbar, wie Identität nicht starr, sondern beweglich ist, wie Macht, Begehren und Zufall Körper, Landschaften und Geschichten umformen. So verwandelt sich auch das Erzählen selbst: Es nimmt auf, überblendet, verknüpft, bis aus vielen Einzelszenen ein weit gespanntes Bild entsteht. Wer hier zu lesen beginnt, betritt eine Welt, in der das Unwahrscheinliche regelhaft und das Regelhafte staunenswert wird.

Verfasser ist Publius Ovidius Naso, geboren 43 v. Chr., gestorben 17 oder 18 n. Chr., einer der bedeutendsten Dichter der römischen Antike. Die Metamorphosen entstanden in der frühen Kaiserzeit unter Augustus und wurden vermutlich um 8 n. Chr. abgeschlossen. Das Werk umfasst 15 Bücher in daktylischen Hexametern und verbindet eine Fülle griechischer und römischer Mythen zu einer erzählerischen Großform. Der Bogen reicht von kosmologischen Anfängen bis in die römische Gegenwart des Autors. Dass das Gedicht keinen engen Gattungsrahmen akzeptiert, sondern epische Weite mit elegischer Sensibilität mischt, gehört zu seinen charakteristischen Innovationen.

Ovid schrieb in einem kulturellen Klima, das Tradition festigte und zugleich literarische Experimente ermöglichte. Er kannte die großen Epen, spielte aber ebenso virtuos mit Motiven der Liebeselegie und der kleinen epischen Form. Diese Erfahrung schärft in den Metamorphosen den Blick für Gefühl, Situation und Perspektivwechsel. Das Gedicht ist kein offizielles Staatsnarrativ, sondern ein Kunstwerk, das normative Erzählordnungen durchlässig macht. Indem Ovid bekannte Stoffe neu arrangiert, kommentiert und kontrastiert, entsteht ein Panorama, das gleichermaßen Erinnerung konserviert und Erfindung feiert. So entsteht ein Kanon der Verwandlungen, der Altes bewahrt, indem er es verwandelt.

In knapper Zusammenfassung: Die Metamorphosen entfalten eine lange Folge mythischer Geschichten, lose verknüpft und doch zielgerichtet geordnet. Götter, Menschen, Tiere, Pflanzen und Steine wechseln ihre Gestalt; die Welt erscheint als Bühne unablässiger Umformungen. Die Erzählung schreitet über Zeiten und Räume, verwebt Episoden, lässt Stimmen ineinandergreifen und führt den Leser von Ursprüngen über Heroisches bis in eine römische Gegenwart. Der rote Faden ist das Motiv der Verwandlung selbst, das Schicksale verbindet, Konflikte zuspitzt und Lösungen ermöglicht, ohne dass damit eine einzige Botschaft festgeschrieben würde.

Ovids Erzähltechnik ist von überraschender Modernität. Übergänge entstehen aus Wortspielen, zufällig wirkenden Begegnungen, inneren Spiegelungen und Erzählungen in der Erzählung. Figuren werden zu Erzählern, Nebenmotive wachsen unvermutet zu Hauptachsen heran, und kleine Szenen werfen lange Schatten. Diese Netzstruktur erzeugt Kohärenz ohne starre Hierarchie. Der Erzähler bleibt präsent, doch selten belehrend: Er arrangiert, ironisiert, moduliert den Ton. So entsteht ein poetischer Raum, in dem Witz neben Tragik, Staunen neben Erkenntnis steht. Die Vielstimmigkeit ist kein Stilmittel am Rand, sondern das Verfahren, das die Welt des Textes trägt.

Form und Sprache tragen dieses Programm. Der daktylische Hexameter, das klassische Versmaß der epischen Tradition, wird bei Ovid zu einem elastischen Medium, das Szenen pointiert, Bewegungen rhythmisiert und Bilder scharf stellt. Prägnante Metaphern, anschauliche Vergleiche, präzise Tempowechsel und kunstvolle Übergänge schaffen Lebendigkeit und Klarheit. Ovids Stil verbindet Leichtigkeit mit höchster Kunstfertigkeit: Er ist zugänglich und raffiniert zugleich. Diese Balance erklärt, weshalb das Werk sowohl in philologischen Seminaren als auch in künstlerischer Praxis seit Jahrhunderten als Werkstatt der Formen und Gesten dient.

Thematisch kreisen die Metamorphosen um Identität, Macht, Begehren und Gewalt. Verwandlung erscheint als Flucht und Strafe, als Geschenk und Verlust, als kosmische Ordnung wie als individuelle Erfahrung. Das Gedicht lotet Grenzerfahrungen aus: zwischen Sprache und Schweigen, Körper und Bild, Freiheit und Zwang. Es fragt, wie Geschichten handeln, wenn Menschen es nicht mehr können, und wie Formen sprechen, wenn Stimmen versagen. Dabei zeigt Ovid die Ambivalenz von göttlicher Autorität und menschlichem Verlangen, ohne einfache Urteile zu liefern. Ethik und Ästhetik sind hier nicht getrennt, sondern in der Bewegung der Erzählung miteinander verschränkt.

Der literarische Einfluss ist enorm. Antike und Mittelalter lasen Ovid als Fundus von Stoffen, Motiven und Formen; humanistische Schulen machten ihn zum Sprach- und Stilmodell. Autoren wie Dante, Chaucer, Boccaccio und Shakespeare griffen Szenen, Bilder und Verfahren auf und verwandelten sie weiter. Auch in der Neuzeit prägen Ovids Stoffe Theater, Lyrik und Roman: vom Spiel mit Masken und Rollen bis zur Reflexion über Kunst und Wirklichkeit. Wer europäische Literaturgeschichte liest, trifft Ovid immer wieder, sichtbar in Anspielungen, verdeckt im Aufbau von Szenen und in der Art, wie Geschichten sich ineinander fügen.

Nicht weniger weit reicht die bildkünstlerische Wirkung. Maler und Bildhauer der Renaissance und des Barock fanden in Ovid einen ikonografischen Katalog, der Emotion, Bewegung und Moment der Verwandlung sichtbar macht. Werke von Künstlern wie Tizian, Rubens oder Bernini zeigen, wie literarische Transformation in Farbe, Marmor und Raum übersetzt werden kann. Diese Tradition setzt sich fort: Ovidische Motive finden sich in Oper, Ballett, Film und Bildromanen. Dass ein Gedicht so viele Medien inspiriert, liegt an seiner plastischen Bildkraft und an seiner Offenheit für Deutung und Aktualisierung.

Als Klassiker gilt dieses Werk, weil es Maßstäbe setzt: in Reichweite und Komposition, in sprachlicher Kunst und interpretativer Offenheit. Es verbindet den monumentalen Atem des Epos mit der Beweglichkeit der Episode, das Allgemeine mit dem Detail. Durch die Konzentration auf Verwandlung bietet es ein Ordnungsprinzip, das Vielfalt nicht nivelliert, sondern verständlich macht. Die Metamorphosen sind dabei weder dogmatisch noch esoterisch. Sie eröffnen Lektüren, statt sie zu verschließen. Gerade diese produktive Unabschließbarkeit macht das Werk zu einem dauerhaften Bezugspunkt und zu einer Schule des Lesens.

Für heutige Leserinnen und Leser ist das Gedicht aus mehreren Gründen relevant. Es zeigt, wie Identitäten situativ und wandelbar sind, und sensibilisiert für Macht- und Gewaltverhältnisse, die Körper und Stimmen betreffen. Es reflektiert ökologische und zeitliche Prozesse, in denen Natur und Kultur ineinandergreifen. Es denkt vor, wie Erzählungen sich verketten, verändern, in neue Medien überschreiben lassen. In einer Gegenwart, die durch Migration, technologische Beschleunigung und kulturelle Hybridität geprägt ist, macht Ovid erfahrbar, wie Wandel nicht nur Verlust bedeutet, sondern auch Möglichkeit und Gestaltung.

Wer die Metamorphosen heute liest, begegnet einem Buch, das zugleich Erbe und Experiment ist. Seine zeitlosen Qualitäten liegen in der sprachlichen Eleganz, der dramaturgischen Erfindungskraft und der ethischen Komplexität. Ovid lädt dazu ein, die Welt als ein Geflecht von Geschichten zu sehen, die einander verwandeln und verständlich machen. In dieser Perspektive liegt die Aktualität: Man lernt, Veränderung zu lesen und in Veränderung zu lesen. So bleibt das Werk ein lebendiger Klassiker, nicht durch Autorität, sondern durch seine unerschöpfliche Fähigkeit, neue Augenblicke, neue Fragen und neue Formen hervorzubringen.

Synopsis

Inhaltsverzeichnis

Die Metamorphosen des römischen Dichters Publius Ovidius Naso sind ein episches Gedicht in 15 Büchern, entstanden im frühen 1. Jahrhundert n. Chr. Es entfaltet eine fortlaufende Erzählkette, in der Mythen, Sagen und Legenden durch das gemeinsame Motiv der Verwandlung miteinander verbunden sind. Beginnend beim Ursprung der Welt und ausgreifend bis in die augusteische Gegenwart, verknüpft der Erzähler Schauplätze, Geschlechterfolgen und thematische Übergänge. Im Mittelpunkt stehen die Macht der Götter, die Verletzbarkeit der Sterblichen und die Spannung zwischen Begehren, Wissen und Grenzen. Der Ton wechselt zwischen spielerisch und ernst, doch die leitende Idee bleibt: Wandel strukturiert Natur, Geschichte und Identität.

Zu Beginn ordnet ein schöpferisches Prinzip das vormals chaotische Gemenge, trennt Elemente und setzt Naturgesetze. Die Abfolge der Weltalter skizziert moralische Erosion vom Goldenen zum Eisernen Zeitalter. Daraus erwächst ein göttlicher Entschluss zur Reinigung der Erde durch eine Flut. Zwei rechtmäßige Überlebende erhalten die Aufgabe, das Menschengeschlecht unter rätselhaften Vorgaben zu erneuern. Der Übergang von kosmischer Entstehung zu menschlicher Geschichte markiert einen ersten großen Wendepunkt: Schuld, Mitleid und Recht treten neben physische Ordnung. Die Verwandlung wirkt nicht nur als Strafe oder Rettung, sondern als Prinzip, das Fortbestand trotz Bruch und Verlust ermöglicht.

In den folgenden Episoden rücken Begegnungen zwischen Göttern und Menschen in den Vordergrund. Begehrende Blicke, Eifersucht und das Missachten von Grenzen erzeugen Konflikte, die in Verwandlungen münden. Der Sonnengott verfolgt eine Nymphe; der oberste Gott verbirgt eine Geliebte; eine Gefährtin der Jägerin wird zur Zielscheibe göttlichen Zorns. Häufig schützt die Verwandlung vor unmittelbarer Gewalt, bindet die Betroffenen jedoch dauerhaft an eine neue Daseinsform. Motive wie Verkennung, Namenswechsel und die Macht der Sprache strukturieren die Übergänge. Die Geschichten betonen, wie Körper, Identität und sozialer Status unter göttlicher Aufsicht jederzeit veränderbar sind.

Ein größerer Zyklus entfaltet sich rund um Theben. Die Gründung der Stadt folgt auf eine Entführung über das Meer und den Sieg über ein schlangenhaftes Ungeheuer; aus Blut erwachsen unerwartete Krieger. In diesem Milieu verdichten sich Konflikte um Sehen und Gesehenwerden: Ein Jäger überrascht eine Göttin beim Bad; ein Sterblicher misstraut dem neuen Gott des Weins und provoziert sein Schicksal; eine Liebesbegegnung mit dem höchsten Gott endet in verhängnisvoller Nähe zur göttlichen Macht. Diese Episoden verbinden politische Ordnung, Ritual und Privatheit und zeigen, wie Verwandlung als Reaktion auf Überschreitung sozialer und religiöser Normen wirkt.

Erzählungen um Licht, Kunst und Maß loten Grenzüberschreitungen aus. Ein Sohn wagt sich an das Wagenlenken seines göttlichen Vaters und bringt die Welt an den Rand des Zusammenbruchs, was eine göttliche Korrektur erzwingt und trauernde Verwandlungen nach sich zieht. Später spiegeln Handwerk und Kunst menschliche Ambition: Ein Erfinder sucht den Ausweg aus politischer Einschließung; eine Weberin fordert eine Göttin heraus; eine Mutter prahlt mit ihrer Fruchtbarkeit. Mal wird Vermessenheit gebrochen, mal Frömmigkeit belohnt, wie bei einem alten Paar, das Gäste ohne Rangunterschiede beherbergt. Wieder fungiert Verwandlung als Spiegel moralischer Haltungen und als Grenze der Selbststeigerung.

Der Fokus wechselt zu Heldengeschichten und Prüfungen. Ein Retter mit einem wundersamen Haupt besiegt ein Meeresungeheuer und verbindet heroische Tat mit Liebesversprechen. Ein athenischer Fürst bereist gefährliche Straßen und Labyrinthe, wobei seine Gegner und Weggefährten neue Gestalten annehmen. Die Jagd auf ein gewaltiges Tier entzündet Streit, der eine Familie spaltet; eine Läuferin verknüpft Wettkampf, Begehren und göttliche Einwirkung. Auch Arbeiten eines überragenden Helden zeigen, wie Ruhm durch Leid und Grenzerfahrungen erkauft wird. In diesen Episoden fungiert Verwandlung als erzählerischer Abschluss, als Schutz, Mahnung oder Nachhall der Taten, ohne die heroische Aura zu zerstören.

Ein Sänger tritt hervor und macht die Macht der Kunst selbst zum Gegenstand. Nach einem Verlust, den seine Stimme zu bannen versucht, gewinnt er als Erzähler innerhalb der Erzählung Autorität. Seine Lieder berichten von schaffender Liebe, von Sehnsucht jenseits sozialer Tabus und von der Verletzlichkeit jugendlicher Schönheit. Figuren entstehen neu aus Bildern, versprechen Treue unter Bedingungen oder erkunden verbotene Nähe; stets rahmt die Verwandlung das Spannungsfeld zwischen Wunsch und Gesetz. Der Ton wird zarter und reflektierter, doch der Grundkonflikt bleibt: Worte und Formen können Grenzen kurzzeitig überschreiten, nicht aber die Veränderlichkeit der Welt aufheben.

Später rückt der Krieg um Troja und seine Folgen ins Zentrum. Streit um Waffen, List und Stärke stellt die Frage nach dem Vorrang von Tat oder Wort. Die Fallgeschichte der Stadt erscheint ausschnitthaft, verknüpft mit individuellen Schicksalen, die in neue Existenzen übergehen. Der Weg eines Flüchtlingsführers nach Westen, die Apotheose eines Ahnvaters und die Gründungssagen Italiens bilden die Brücke zur römischen Identität. Romulus und seine Gefährten werden in den Zusammenhang göttlicher Fürsorge gestellt. Indem griechische Mythen in römische Genealogien münden, verwandelt sich Erinnerung in politische Herkunft und bereitet den Boden für eine zeitgenössische Ordnung.

Den Abschluss markieren Erhöhungen und ein Ausblick auf Dauer jenseits des Einzelnen. Die Vergöttlichung eines römischen Staatsmannes und die Verehrung des herrschenden Hauses werden als Teil eines kosmischen Plans präsentiert. Zugleich formuliert der Dichter das Vertrauen, dass sein Werk Vergehen übersteht, weil es Wandel nicht negiert, sondern in Form fasst. So verbinden sich poetische Selbstbehauptung und politische Gegenwart. Die Metamorphosen hinterlassen die Einsicht, dass Veränderung das Grundgesetz von Natur und Geschichte ist, doch Sinn durch Erzählung und Kunst gestiftet werden kann. Die nachhaltige Bedeutung liegt in dieser doppelten Bewegung von Verlust und Gestaltung.

Historischer Kontext

Inhaltsverzeichnis

Als Ovid seine Metamorphosen verfasste, stand Rom unter der Herrschaft des Prinzeps Augustus. Nach Jahrzehnten der Bürgerkriege war um 27 v. Chr. eine neue Staatsordnung entstanden, die formal republikanische Institutionen bewahrte, faktisch jedoch die Führung beim Kaiser bündelte. Senat, Magistrate und traditionelle Priesterkollegien blieben sichtbar, doch das kaiserliche Haus prägte Politik, Religion und Öffentlichkeit. Die offizielle Erzählung von Frieden und Wiederaufbau, die sogenannte pax Augusta, strukturierte die Selbstdeutung. In dieser Atmosphäre der Konsolidierung, in der Ordnung und Erneuerung beschworen wurden, entwarf Ovid eine epische Erzählung über Wandel. Zeitlich gehören Entstehung und Veröffentlichung der Metamorphosen an die Schwelle vom 1. Jh. v. Chr. zum 1. Jh. n. Chr.

Publius Ovidius Naso wurde 43 v. Chr. im mittelitalischen Sulmo geboren und entstammte dem Ritterstand. Er erhielt in Rom eine umfassende Ausbildung in Grammatik und Rhetorik, die ihn in die Welt öffentlicher Vorträge und gelehrter Anspielungen einführte. Früh probierte er die politische Laufbahn, legte kleinere Ämter ab und wandte sich dann entschieden der Dichtung zu. Ovid bewegte sich in literarischen Kreisen, die mit aristokratischer Förderung verknüpft waren, insbesondere im Umfeld des Messalla Corvinus. Seine Elegiendichtung machte ihn rasch berühmt. Dieses soziale und institutionelle Gefüge der Hauptstadt – Patronage, Rezitationen, Konkurrenz – bildet den kulturellen Hintergrund, aus dem die Metamorphosen hervorgingen.

Die literarische Landschaft der augusteischen Zeit wurde von kanonischen Stimmen geprägt: Vergil hatte mit der Aeneis ein Nationalepos vorgelegt, Horaz die Lyra der römischen Moral- und Staatsdichtung gestimmt, Properz und Tibull die Elegie verfeinert. Mäzene und andere Förderer boten Schutz und Resonanzräume, setzten zugleich Erwartungen. In diesem Feld galt das Epos als privilegiertes Medium staatstragender Deutung. Ovids Entschluss, ein episches Werk in Hexametern zu schreiben, stand daher im Dialog mit der Aeneis – aber er wählte keinen linearen Gründungsstoff, sondern eine Kette von Mythen. Diese Wahl markiert ästhetische Eigenständigkeit und reagiert auf die belastete Nachkriegszeit mit poetischer Vielfalt.

Die Metamorphosen entstanden vermutlich in den frühen Jahren des 1. Jahrhunderts n. Chr. und wurden 8 n. Chr. veröffentlicht. Sie umfassen fünfzehn Bücher in daktylischen Hexametern und reihen Hunderte von Verwandlungsgeschichten von der Weltschöpfung bis in Ovids Gegenwart. Im selben Jahr wurde Ovid von Augustus nach Tomis am Schwarzen Meer verbannt. Er selbst sprach kryptisch von einem „Gedicht und einem Fehler“ als Ursachen, wobei die Liebeslehre Ars amatoria oft mit den moralischen Reformen in Verbindung gebracht wird. Ovid beklagte, das Werk unvollendet versandt zu haben; gleichwohl zirkulierte es rasch in Rom, getragen von Freundeskreisen und dem Buchhandel.

Augusteische Ideologie stellte Sittlichkeit, Frömmigkeit und die Rückkehr zu mos maiorum ins Zentrum. Gesetzespakete wie die lex Iulia de maritandis ordinibus und die lex Iulia de adulteriis (späte 20er v. Chr.) sowie die lex Papia Poppaea (9 n. Chr.) sollten Ehe und Nachkommenschaft fördern. Gleichzeitig untermauerte die Herrschaft ihre Legitimität mit mythischen Genealogien, insbesondere der Abstammung von Venus über Aeneas und Julius Caesar. Ovids Epos endet mit der Vergöttlichung Caesars und einem Ausblick auf Augustus. Damit bindet er sein Werk an offizielle Narrative, wahrt jedoch durch die allgegenwärtige Verwandlung eine poetische Perspektive, die Stabilitätsbehauptungen subtil in Bewegung hält.

Zum politischen Programm gehörte die religiöse Erneuerung: restaurierte Tempel, reaktivierte Kulte und Priesterschaften sowie die Pflege der römischen Kalenderfeste prägten die Öffentlichkeit. Ovid selbst widmete dem Festkalender mit den Fasti ein eigenes Gedicht, dessen Entstehung zeitlich mit den Metamorphosen überlappt. Beide Werke teilen das Interesse an Ätiologien: Erzählungen, die Rituale, Orte und Namen erklären. In den Metamorphosen erscheinen solche Ursprungsmythen als Verbindungsglieder zwischen göttlicher Vergangenheit und gegenwärtiger Stadtkultur. So knüpft Ovid an die religiöse Landschaft seiner Zeit an, ohne sie bloß abzubilden; er fügt ihr ein gelehrtes, oft ironisches Erinnerungsnetz hinzu.

Rom veränderte sich baulich tiefgreifend. Augustus präsentierte sich als Erneuerer der Stadt, die er sprichwörtlich aus Ziegeln in Marmor verwandelt haben wollte. Monumente wie das Forum Augustum mit dem Tempel des Mars Ultor (eingeweiht 2 v. Chr.) und der Ara Pacis (geweiht 9 v. Chr.) inszenierten Geschichte, Genealogie und Frieden in Bildprogrammen. Diese Räume waren mit mythischen Exempla gefüllt. Ovids Metamorphosen stehen in Resonanz zu diesem visuellen Gedächtnis: Die dichterische Galerie von Gestalten und Geschichten lässt sich wie ein poetisches Pendant zu öffentlichen Bildreihen lesen und spiegelt die allgegenwärtige Verknüpfung von Mythos, Politik und Stadtraum.

Die Reichsweite erweiterte sich im späten 1. Jahrhundert v. Chr. deutlich: Nach dem Sieg über Kleopatra und Antonius wurde Ägypten 30 v. Chr. dem Imperium einverleibt, im Osten kamen die Partherbeute – symbolisch die Rückgabe der Feldzeichen 20 v. Chr. – der augustäischen Selbstdarstellung zugute, und in den Alpen sowie an Rhein und Donau wurden Grenzen gesichert. Diese Expansion brachte Menschen, Götterbilder und Erzählungen in Bewegung. Ovid integriert Mythen aus Griechenland, Kleinasien, dem Nilraum und Italien in einen weitgespannten Kosmos. Die geografische Breite der Metamorphosen entspricht dem Bewusstsein eines Publikums, das in einem vernetzten Mittelmeerreich lebte.

Die Stofftradition der Metamorphosen wurzelt in griechischer Dichtung und Gelehrsamkeit. Ovid verarbeitet Elemente aus Hesiods Kosmologie, aus homerischen Epen und Hymnen sowie aus hellenistischen Autoren wie Kallimachos und Nikandros. Er greift zugleich auf mythographische Handbücher und römische Vorläufer zurück und übersetzt sie in eine lateinische, urban geprägte Stimme. Charakteristisch ist die kunstvolle Verknüpfung der Episoden, bei der gemeinsame Motive, Namen und Orte wie Gelenke fungieren. Diese Arbeitsweise reflektiert die gelehrte Kultur der augusteischen Zeit, in der Zitat und Allusion als Ausweis von Bildung galten und Bibliotheken einen Kanon zugänglich machten.

Formal schreibt Ovid ein Epos, doch die Gattung wird elastisch. Statt eines linear voranschreitenden Heldennarrativs bietet er eine Kette heterogener Geschichten, die durch das Leitmotiv der Verwandlung zusammengehalten werden. Elegische Töne, Witz und rhetorische Virtuosität durchziehen die Darstellung. Diese Mischung entspricht einer republikanisch-kaiserzeitlichen Redekultur, in der Deklamationen und Schulrhetorik das Denken in Beispielen, Pointen und Perspektivwechseln schulten. Die Metamorphosen knüpfen an das Prestige der epischen Form an und transformieren es zugleich – ein ästhetischer Kommentar zur politischen Transformation Roms, der sich nicht auf Programmschriften beschränkt, sondern Vielfalt performativ ernst nimmt.

Die Sozialpolitik des Regimes zielte auf geregelte Sexualmoral, Erbfolge und Haushaltsordnung. Ovid kannte diese Debatten aus seiner eigenen elegischen Produktion. In den Metamorphosen begegnen häufig Verfolgungsszenen, Zwang und Gewalt in erotischen Kontexten, oft mit göttlichen Akteuren. Solche Erzählungen standen in einem Spannungsfeld zur öffentlichen Moralrhetorik, ohne sie direkt zu kommentieren. Viele Leser haben darin eine Sensibilisierung für Machtasymmetrien gesehen, die das Ideal geordneter Beziehungen in Frage stellt. Historisch greifbar ist, dass das Werk die Ambivalenz zwischen normativer Ordnung und individuellen Leidenschaften zur Darstellung bringt – ein Thema der augusteischen Gesellschaft.

Mit der neuen Staatsform wurde „Gesetz und Ordnung“ propagiert, doch das System beruhte auch auf persönlicher Autorität. Ovids eigenes Schicksal – die Verbannung ohne ordentliches Gerichtsverfahren – zeigt die Reichweite kaiserlicher Macht. In den Metamorphosen erscheinen Verwandlungen häufig als göttliche Sanktionen oder Belohnungen, die das Verhältnis von Recht, Gnade und Willkür problematisieren. Die juristische Prägung der römischen Bildung, zu der Kasuistik und Beispielfälle gehörten, spiegelt sich in Ovids Neigung, Ursachenketten zu erzählen und Benennungen zu motivieren. So verknüpft das Epos die Weltordnung mit einem Rechtsempfinden, das immer wieder von übermenschlichen Eingriffen überformt wird.

Die materielle Buchkultur Roms trug wesentlich zur Verbreitung des Werks bei. Papyrusrollen wurden in städtischen Skriptorien kopiert, Buchläden am Argiletum handelten mit neuen Ausgaben, und öffentliche Rezitationen schufen Aufmerksamkeit. Seit Asinius Pollio existierte eine öffentliche Bibliothek; Augustus richtete weitere Bibliotheken ein, darunter auf dem Palatin. In dieser Infrastruktur erreichten die Metamorphosen rasch eine breite Leserschaft. Ovids Klage, er könne das Werk im Exil nicht mehr überarbeiten, kontrastiert mit der offensichtlichen Zirkulation von Abschriften. Die Kombination aus privater Patronage, kommerziellem Buchhandel und öffentlichen Sammlungen stabilisierte den Bestand römischer Dichtung.

Ökonomisch profitierte Italien von längeren Friedensphasen, die Handel, Agrarproduktion und Luxusgüterverkehr förderten. Eine wohlhabende Oberschicht investierte in Häuser, Kunst und Salonkultur, in denen Literaturrezitationen zum sozialen Ereignis wurden. Diese Milieus prägten Ovids urbane Stimme und den geschliffenen Witz seiner Erzählhaltung. Zugleich stützte eine breitere Schicht von gebildeten Freigelassenen, Schreibern und Lehrern das literarische Leben organisatorisch ab. Die Metamorphosen sind Produkt dieser arbeitsteiligen Kultur: ein gelehrtes Werk, das in geselliger Aufführung ebenso funktionieren konnte wie in stiller Lektüre, und so die unterschiedlichen Rhythmen des augusteischen Alltags berührt.

Das Exil nach Tomis am Schwarzen Meer führte Ovid an einen Rand des Imperiums. In seinen Exildichtungen beschreibt er Klima, Sprache und Sitten der Region und markiert die Distanz zur römischen Hauptstadt. Diese Erfahrung der Peripherie verlieh dem Thema des Wandels eine biografische Schärfe, auch wenn die Metamorphosen vor der Abreise abgeschlossen wurden. Zeitlich nahe lag zudem die Varuskatastrophe (9 n. Chr.), die im Reich ein Gefühl der Verletzlichkeit nährte. Vor diesem Hintergrund lesen sich die mythischen Umbrüche nicht als bloßer Eskapismus, sondern als Spiegel einer Welt, die Ordnung beschwor und Wandel erlebte.

Frühe Reaktionen deuten auf große Popularität bei Leserinnen und Lesern, während die offizielle Gunst ausblieb. In der folgenden Generation würdigten Rhetoriklehrer und Kritiker Ovids Einfallsreichtum, monierten aber gelegentlich mangelnde Strenge – eine Spannung, die seine Stellung im Kanon prägte. In der bildenden Kunst der frühen Kaiserzeit zirkulierten zahlreiche mythologische Szenen in Wandmalerei und Relief, die mit Ovids Erzählungen inhaltlich korrespondierten. Auch wenn direkte Abhängigkeiten im Einzelfall schwer zu erweisen sind, spricht die thematische Übereinstimmung dafür, dass das Werk rasch zu einem gemeinsamen Referenzrahmen der römischen Kultur wurde.

Im Ergebnis kommentieren die Metamorphosen die augusteische Epoche, indem sie die Welt als Abfolge von Formenwechseln zeigen. Das Epos integriert offizielle Leitbilder – fromme Herkunft, Friedensordnung, Vergöttlichung – und stellt ihnen eine Logik des Wandels zur Seite, die Macht, Begehren und Zufall sichtbar macht. Ohne programmatische Anklage eröffnet Ovid ein Panorama, in dem Ordnung und Instabilität unauflöslich verschränkt sind. So wird das Werk zum poetischen Archiv seiner Zeit: Es bewahrt Mythen, reflektiert politische und kulturelle Strategien der Gegenwart und hält die Frage offen, wie dauerhaft jede behauptete Form des römischen Gemeinwesens sein kann.

Autorenbiografie

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Publius Ovidius Naso (43 v. Chr.–17/18 n. Chr.) war einer der prägenden Dichter der augusteischen Zeit. Bekannt ist er vor allem für die Metamorphosen, ein episches Panorama mythischer Verwandlungen, sowie für seine elegischen Liebes- und Lehrgedichte Amores, Heroides, Ars amatoria, Remedia amoris und das kalendarische Fasti. Sein Leben spiegelt die Spannungen zwischen künstlerischer Freiheit und politischer Ordnung: 8 n. Chr. wurde er von Kaiser Augustus an den Rand des Reiches verbannt. Ovids Werk verband Gelehrsamkeit mit Witz, erzählerischer Kühnheit und formaler Virtuosität und wurde zu einem Grundpfeiler der europäischen Dichtung.

In der römischen Literatur steht Ovid neben Vergil und Horaz, unterscheidet sich jedoch durch spielerische Ironie, unerschöpfliche Erzählfreude und eine Poetik der Verwandlung. Seine Texte kreisen um die Macht der Sprache, die Wandelbarkeit der Formen und die Frage, wie Tradition neu erzählt werden kann. Unter den Bedingungen der augusteischen Kulturpolitik entwickelte er eine Kunst, die zugleich anschlussfähig und widerständig erscheint. Der breite Publikumserfolg in Rom, die schnelle Verbreitung seiner Bücher und der spätere Kanonstatus belegen seine zeitgenössische Wirkung und seine außerordentliche Nachwirkung in Schule, Gelehrsamkeit und künstlerischer Produktion.

Bildung und literarische Einflüsse

Ovid wurde in Sulmo in den Abruzzen geboren und entstammte dem römischen Ritterstand. Früh kam er nach Rom, wo er eine umfassende rhetorische Ausbildung erhielt, die auf eine Karriere im öffentlichen Leben zielte. Die Schulung in Deklamation, Argumentation und stilistischer Eleganz prägte seine spätere Dichtung nachhaltig. Er bekleidete kurzzeitig niedere Ämter, verließ jedoch den hergebrachten cursus honorum zugunsten der Literatur. Die Entscheidung, der Poesie Vorrang zu geben, steht bei ihm im Zeichen eines Bewusstseins für die Wirkungskraft des Wortes, das er produktiv in die poetische Form übersetzte.

Seine literarische Sozialisation vollzog sich im Dialog mit der alexandrinischen Gelehrsamkeit und der römischen Elegie. Modelle boten die Hellenisten, vor allem die auf Kürze, Pointierung und gelehrte Anspielung bedachte Ästhetik, sowie zeitnahe römische Dichter wie Properz und Tibull. Zugleich setzte Ovid sich mit Vergils epischem Maßstab auseinander, ohne dessen gravitätischen Ton zu übernehmen. Aus der Rhetorik übernahm er Muster der Argumentführung, des Perspektivwechsels und der kunstvollen Variation, die sein Spiel mit Rollen und Stimmen tragen. Griechische Mythographie und römische Religionskunde lieferten den Stoff für spätere Erzähl- und Aitiendichtung.

Literarische Laufbahn

Mit den Amores etablierte Ovid seine Stimme im elegischen Distichon: urbane Liebesgedichte, die das Rollen-Ich als gewitzten Liebenden zeichnen und Konventionen bewusst ausstellen. Die Heroides erweiterten das Spektrum, indem sie mythische Heldinnen in fiktiven Briefen zu Wort kommen ließen und bekannte Sagen aus weiblicher Perspektive neu rahmten. Beide Sammlungen zeigen seine Meisterschaft im Pointieren von Gefühlen, im Spiel mit literarischen Erwartungen und in der Balance aus Ironie und Empathie. Schon hier tritt jene narrative Beweglichkeit hervor, die später die Metamorphosen prägen sollte, verbunden mit dichterischer Musikalität und kontrollierter Leichtigkeit.

In den Lehrgedichten über Liebe betrat Ovid bewusst provokatives Terrain. Die Ars amatoria inszeniert die Kunst des Verführens als elegante Rhetorik gesellschaftlicher Rollen, während die Remedia amoris den Rückzug aus leidenschaftlicher Verstrickung choreographieren. Mit den Medicamina faciei femineae zeigte er obendrein Interesse an modischer und ästhetischer Kultur. Diese Texte verbanden unterhaltsame Didaxe mit subtiler Reflexion über Normen und Macht, trafen den Ton einer stadtrömischen Öffentlichkeit und sorgten zugleich für Anstoß im Umfeld moralpolitischer Reformen. Ovids Erfolg war groß, doch die Spannung zwischen spielerischer Dichtung und offizieller Programmatik verschärfte sich.

Die Metamorphosen bilden den Höhepunkt seines innovativen Erzählens: fünfzehn Bücher, die ein Netz aus mythischen Wandlungsgeschichten knüpfen, von der Weltschöpfung bis in die römische Gegenwart. Ovid arrangiert Episoden ineinander verschlungen, nutzt Übergänge, Motivreihungen und akustische Effekte, um Vielfalt und Kontinuität zu vereinen. Die Gedichte erschließen die Ambivalenz von Gewalt, Begehren, Kunst und Erinnerung und lassen Figuren in Grenzbereichen zwischen Mensch, Tier, Pflanze und Sternenwelt auftreten. Die poetische Einheit entsteht weniger aus heroischer Teleologie als aus raffinierter Montage, die Traditionen neu ordnet und die Macht der Form über Stoffe demonstriert.

Parallel arbeitete Ovid an den Fasti, einem aitiologischen Gedicht zum römischen Kalender. In sechs erhaltenen Büchern verbindet er Monatsordnung, Festbräuche und Göttergeschichten zu einer poetischen Topographie römischer Zeit. Das Werk stellt Fragen nach Ursprung, Ritual und Deutungshoheit und knüpft damit an die religiös-politische Selbstdarstellung Roms an, ohne auf die charakteristische Leichtfüßigkeit seiner Art zu verzichten. Ursprünglich auf zwölf Bücher angelegt, blieb es unvollendet. Die Unterbrechung hängt mit der späteren Verbannung zusammen, die Ovids Lebensumstände tief veränderte und seine Arbeitspläne sowie seine literarische Öffentlichkeit nachhaltig beeinträchtigte.

Die Verbannung brachte eine deutliche Wendung des Tons. In den Tristia und den Epistulae ex Ponto verarbeitete Ovid den Bruch mit Rom, die Härte des Klimas am Schwarzen Meer und die Distanz zum Zentrum. Er entwickelte die Kunst der Bittschrift in Versen, adressierte Freunde und Mächtige und reflektierte das Schicksal des Dichters als Außenseiter. Trotz Klage und Selbstverteidigung bleiben Stilbewusstsein, metrische Virtuosität und Intertextualität erhalten. Mit dem Ibis kehrte er kurzzeitig zur gelehrten Schmähdichtung zurück. Die Exillyrik dokumentiert zugleich private Not und eine poetische Theorie der Resilienz durch Schrift.

Überzeugungen und Engagement

Ovids Werk bekennt sich weniger zu einer festen philosophischen Schule als zu einer Poetik der Veränderung. Er untersucht das Verhältnis von Begehren, Sprache und sozialer Ordnung und zeigt, wie Rollen, Namen und Körper in Bewegung geraten. In den Heroides lässt er marginalisierte Stimmen der Mythologie artikulieren und betont so die interpretative Offenheit tradierter Stoffe. Seine Lehrgedichte verteidigen die Autonomie spielerischer Kunst gegen starre Normierung, ohne die Gefahren sozialer Grenzüberschreitungen zu verharmlosen. In den Exilbriefen wirbt er um Milde und erinnert an die integrative Kraft der Kultur. Die Fasti verbinden poetische Lust mit pietätvoller Deutungsarbeit.

Letzte Jahre und Vermächtnis

Im Jahr 8 n. Chr. wurde Ovid an die Schwarzmeerküste nach Tomis verbannt. Er selbst führte die Maßnahme auf ein Gedicht und einen nicht näher erläuterten Fehltritt zurück; die genauen Umstände bleiben ungeklärt. Von Rom abgeschnitten, setzte er sein Schreiben unter schwierigen Bedingungen fort, überarbeitete bestehende Projekte und schuf neue Bücher der Klage und Bitte. Eine Rückkehr wurde zu seinen Lebzeiten nicht gewährt. Ovid starb, nach antiker Überlieferung, 17 oder 18 n. Chr. in Tomis. Sein Tod markierte keinen Abschluss der Wirkung, denn seine Texte zirkulierten weiter in römischer und später lateinischer Bildungstradition.

Die Nachgeschichte Ovids ist außerordentlich breit. Im Mittelalter wurden seine Mythen moralisiert und gelehrt kommentiert; in der Renaissance galten Metamorphosen und Heroides als Schatzkammer der Erzählstoffe. Dichter wie Dante, Chaucer, Shakespeare und Milton griffen auf seine Szenen und Erzähltechniken zurück. Bildende Künstler fanden in seinen Geschichten ikonische Motive, von Liebesverwandlungen bis zu Aitiologien der Sterne. Ovids Eleganz, sein metrisches Können und seine Freude an Variation prägten Poetik und Rhetorik weit über die Antike hinaus. Philologie und Theorie lesen in ihm einen Meister des intertextuellen Erzählens, dessen Fantasie Europas Mythengedächtnis dauerhaft formte.

Metamorphosen

Hauptinhaltsverzeichnis
Erstes Buch
Die Schöpfung
Die Weltalter
Lykaon
Deukalion
Daphne
Io
Zweites Buch
Phaeton
Kallisto
Der Rabe und die Krähe
Ocyrhoe
Battus
Aglauros
Europa
Drittes Buch
Kadmus in Thebe
Kadmus in Illyrien
Aktäon
Semele
Narcissus und Echo
Pentheus
Viertes Buch
Des Minyas Töchter
Leukothoe
Ino und Athamas
Fünftes Buch
Perseus
Die Musen
Ceres
Sechstes Buch
Arachne
Niobe
Die Frösche
Marsyas
Prokne und Philomela
Orithya
Siebentes Buch
Medea
Die Myrmidonen
Cephalus und Prokris
Achtes Buch
Scylla und Minos
Dädalus
Meleagros
Achelous
Erisichthon
Neuntes Buch
Des Herkules Tod
Galanthis
Dryope
Iphis
Zehntes Buch
Orpheus und Eurydice
Cyparissus
Hyacinthus
Pygmalion
Venus und Adonis
Elftes Buch
Midas
Thetis und Peleus
Cëyx und Halcyone
Der Taucher
Zwölftes Buch
Fama
Die Lapithen und Zentauren
Ajax und Ulysses
Dreizehntes Buch
Ajax und Ulysses
Polyxena
Acis und Galatea
Glaukus und Scylla
Vierzehntes Buch
Glaukus und Scylla
Picus
Des Äneas Vergötterung
Pomona und Vertumnus
Romulus und Hersilia
Fünfzehntes Buch
Pythagoras
Cäsars Vergötterung
Sphragis

Erstes Buch

Inhaltsverzeichnis

Die Schöpfung

Inhaltsverzeichnis

Vor dem Meer und der Erd' und dem allumschließenden Himmel, War im ganzen Bezirk der Natur ein einziger Anblick, Chaos genannt, ein roher und ungeordneter Klumpen: Nichts mehr, als untätige Last, nur zusammengewirrte Und mißhellige Samen der nicht einträchtigen Dinge. Niemals kreisete jetzt ein welterleuchtender Titan, Noch erneuere Phöbe des Monds anwachsende Hörner. Auch nicht schwebte die Erd' in rings umgossenen Lüften, Wägend sich selbst durch eignes Gewicht; noch streckte die Arme Weit um den Rand der Länder die mächtige Amphitrite. Wo die Erde nun war, dort war auch Luft und Gewässer. Nicht zum Stehn war jetzo das Land, noch die Woge zum Schwimmen, Noch voll Lichtes die Luft: kein Ding hatt' eigne Gestalt noch. Anderes war dem anderen feind: in dem selbigen Körper Übete Kaltes den Kampf mit Hitzigem, Feuchtes mit Trocknem, Weicheres rang mit Hartem, und Lastendes gegen das Leichte.

Solchen Streit hub endlich die beßre Natur und die Gottheit: Welche vom Himmel das Land, von dem Land abtrennte die Wasser, Und von der dunstigen Luft den gekläreten Himmel emporhub. Dieses nunmehr entwickelt, und frei aus der blinden Verwirrung, Schied sie in eigenen Räumen, und stiftete Frieden und Freundschaft. Siehe die feurige Kraft des gewichtlos wölbenden Himmels Schimmert' empor, und wählte den obersten Ort in den Höhen. Ihm ist nahe die Luft, wie an Leichtigkeit, also an Wohnung. Dichter denn beid' ist die Erd', und zog den gröberen Urstoff, Niedergedrückt durch Schwere von sich; die umflutende Nässe Nahm den äußersten Sitz, und band den gediegenen Erdkreis.

Als in Ordnungen nun, wer jener auch war von den Göttern, Abgeschichtet den Wust, und die einzelnen Schichten gegliedert; Formt' er die Erd' im Beginn, und schuf, daß nirgend ihr ungleich Wär' ein Teil, die Gestalt der groß gerundeten Kugel. Dann ergoß er die Sunde, damit sie empor in den Sturmwind Schwöllen, und rings die Gestad' umwalleter Lande bestürmten. Sprudel auch rief er hervor, Landseen und unendliche Sümpfe; Und abschüssige Ström' umdämmt' er mit schlängelnden Ufern: Die in verschiedenem Lauf teils untergeschlürft sich verlieren, Teils in das Meer ausgehn und, geherbergt von dem Gefilde Freierer Flut, anschlagen für grünende Borde den Felsstrand. Weit auch streckt' er die Ebenen aus, und senkte die Täler, Deckte mit Laube den Wald, und erhob die steinigen Berge. Wie zwei Zonen zur Rechten, und zwei zur Linken den Himmel Quer durchziehn, und dazwischen die heißere fünfte sich ausdehnt: So begrenzte die innere Last mit der selbigen Anzahl Sorgsam der Gott; und es ruhn gleichviel Erdgürtel darunter. Die in der Mitte sich dehnt, ist unbewohnbar vor Hitze; Zwei deckt türmender Schnee; zwei ordnet' er zwischen den beiden, Welchen er Mäßigung gab, mit Frost die Flamme vermischend. Über sie raget die Luft: die so viel, als gegen die Erde Leichter wiegt das Gewässer, an Last vor dem Feuer gewinnet. Dort auch hieß er die Nebel, und dort die Gewölke sich lagern, Und, um menschliche Herzen zu bändigen, hallende Donner, Und mit leuchtenden Blitzen die kalt anstürmenden Winde. Diesen auch verstattete nicht der Erschaffer des Weltalls, Wild zu durchschwärmen die Luft. Kaum jetzt wird ihnen verwehret, Da doch jeder für sich herweht aus gesonderter Gegend, Daß sie die Welt nicht zerreißen: so uneins toben die Brüder. Eurus entwich zu Aurora, zur nabathäischen Herrschaft, Und zu dem Persergebiet, und den Höh'n am Lichte des Morgens Hesperus, und die Gestade, von westlicher Sonne gewärmet, Sind dem Zephyrus nah. Der schaudernde Boreas nahm sich Szythia samt dem Wagen des Pols. Im entgegenen Lande Trieft aus stetem Gewölk der regenstürmende Auster. Oben verbreitet' er dann die geklärete Reine des Äthers, Ohne Gewicht, und ganz von irdischer Hefe geläutert. Kaum nun hatt' er das alles verzäunt in sichere Grenzen, Als, die lange gepreßt in der wirrenden Masse sich bargen, Alle Gestirn' anfingen hervorzuglühen am Himmel.

Daß auch keinerlei Raum lebendiger Wesen entbehrte, Herrschen Stern' auf himmlischer Flur, und Gestalten der Götter; Eigen ward das Gewässer den blinkenden Fischen zur Wohnung; Tiere durchstreiften die Erd', und die Luft ein Gewimmel von Vögeln.

Aber ein heiligeres, hochherziger denkendes Wesen Fehlt' annoch, das beherrschen die anderen könnte mit Obmacht. Und es erhub sich der Mensch: ob ihn aus göttlichem Samen Schuf der Vater der Ding', als Quell der edleren Schöpfung; Oder ob frisch die Erde, die jüngst vom erhobenen Äther Los sich wand, noch Samen enthielt des befreundeten Himmels. Aber Japetus Sohn, mit fließender Welle sich mischend, Bildete jen' in Gestalt der allversorgenden Götter. Und da in Staub vorwärts die anderen Leben hinabschaun, Gab er dem Menschen erhabenen Blick, und den Himmel betrachten Lehret' er ihn, und empor zum Gestirn aufheben das Antlitz.

Also ward, die neulich so roh noch war und gestaltlos, Umgeschaffen die Erde zum Wunderbilde des Menschen.

Die Weltalter

Inhaltsverzeichnis

Erst entsproßte das goldne Geschlecht, das, von keinem gezüchtigt, Ohne Gesetz freiwillig der Treu und Gerechtigkeit wahrnahm. Furcht und Strafe war fern. Nicht lasen sie drohende Worte Auf dem gehefteten Erz; nicht bang vor des Richtenden Antlitz Stand ein flehender Schwarm: ungezüchtiget waren sie sicher. Nie vom eignen Gebirg', um der Fremdlinge Welt zu besuchen, Stieg die gehauene Fichte hinab in die flüssige Woge: Außer dem ihrigen kannten die Sterblichen keine Gestade. Noch umgürteten nicht abschüssige Graben die Städte. Nicht die grade Drommete von Erz, noch gewundene Hörner, Auch nicht Helm war jetzo, noch Schwert: und der Söldner entbehrend, Lebeten nun sorglos in behaglicher Ruhe die Völker. Selbst annoch, unbeschatzt, und dem Karst nie pflichtig, noch jemals Wund vom schneidenden Pflug, gab freudiger alles die Erde; Und mit den Speisen vergnügt, die sonder Zwang sich erhuben, Pflückten sie Arbutusfrucht, und des Bergtals würzige Erdbeern, Auch des rauhen Geranks Brombeer, und die rote Kornelle, Und vom gebreiteten Baume des Jupiter fallende Eicheln. Ewig waltete Lenz, und sanft mit lauem Gesäusel Fächelten Zephyrus Hauche die saatlos keimenden Blumen. Bald auch gebar Feldfrüchte der ungeackerte Boden, Ohn' Auffrischung ergraute die Flur von belasteter Ähre. Rings nun Bäche von Milch, rings walleten Bäche von Nektar; Rings auch tröpfelte gelb aus grünender Eiche der Honig.

Als Saturnus versank in des Tartarus Dunkel, und herrschend Jupiter lenkte die Welt; da erwuchs die silberne Zeugung, Weniger köstlich denn Gold, doch mehr als rötliches Erz noch. Jupiter engte nunmehr der Urwelt ewigen Frühling, Sonderte Winter, und Gluten, und herbstliche Ungewitter Vom kurzblühenden Lenz, und schuf vier Räume des Jahres, Jetzo geschah, daß die Lüfte, von trockener Schwüle gesenget, Glüheten, und vor dem Winde das Eis hartstarrend herabhing. Jetzo suchten sie Häuser zum Schirm: ihr Haus war die Höhle, Oder ein dichtes Gestaud', und mit Bast verbundene Reiser. Jetzt ward Samen der Ceres in langgezogenen Furchen Untergescharrt, und es seufzt' im drängenden Joche der Pflugstier.

Hierauf folgte das dritte Geschlecht, von eherner Zeugung, Wütender schon von Natur, und gewandt zu schrecklichen Waffen; Doch unsündig annoch. Darin schloß die eiserne Abart.

Stracks nun stürmte daher in die Zeit der schlechteren Ader Jeglicher Greu'l: es entflohen die Scham, und die Treu', und die Wahrheit; Deren Stell' einnahmen der laurende Trug und die Arglist, Heimliche Tück', und Gewalt, und die frevelnde Sucht zu gewinnen. Unbekannteren Winden entfaltete Segel der Schiffer; Und da sie lang' untätig auf luftigen Bergen gestanden, Wagten die Kiele den Sprung durch nie erkundete Wasser. Auch die Erde, zuvor wie Luft und Sonne gemeinsam, Zeichnete jetzt vorsichtig mit langer Grenze der Messer. Auch nicht Saaten allein und schuldige Nahrung erzwang man Herrisch vom reichen Gefild: man drang in die Tiefen der Erde, Und wie sorgsam versteckt, und entrückt zu den stygischen Schatten, Grub man die Schätze hervor, Anreizungen aller Verbrechen. Schon war schädliches Eisen, und Gold, heilloser denn jenes, Ausgewühlt; da erhub sich der Krieg, und kämpfte mit beidem; Und in der blutigen Hand erschüttert' er rasselnde Waffen. Nun lebt alles vom Raub, kein Gastfreund schonet den Gastfreund, Noch der Eidam den Schwäher; auch liebende Brüder sind selten. Meuchlerisch stellet das Weib dem Gemahl nach, dieser der Gattin; Und Stiefmütter bereiten aus falbem Kraute den Gifttrank; Selber auch späht voreilend der Sohn nach den Jahren des Vaters. Frömmigkeit sank vor Gewalt; Asträa selber, die Jungfrau, Floh, der Himmlischen letzte, die blutgefeuchteten Länder.

Lykaon

Inhaltsverzeichnis

Als von den obersten Höh'n Saturnius schaute die Greuel, Seufzet' er auf, und was, neulich geschehn, noch wenig bekannt war, Denkend den gräßlichen Schmaus des lykaonischen Tisches, Faßt' er im Geist endlosen und Jupiters würdigen Unmut. Schleunig beruft er den Rat; und es eilt die berufne Versammlung.

Hoch erstreckt sich ein Weg, am heitern Himmel erscheinend, Der, Milchstraße genannt, durch schimmernde Weiße sich ausnimmt. Hierauf gehn die Götter zur Burg des donnernden Vaters, Und in den Königspalast. Rechts wimmeln und links an dem Wege Vorhöf' edeler Götter mit offener Pforte des Saales. Abwärts wohnt die Gemeinde; doch vorn die Gewalten des Himmels, Groß an Macht und berühmt, in geheiligten Wohnungen hausend.

Als sich die Oberen dort im marmornen Raume gesetzet, Drauf, erhabner an Sitz, mit elfenbeinenem Zepter, Schüttelte dreimal und viermal des Haupts graunvolle Umwallung Jupiter, daß ihm die Erde, das Meer und der Himmel erbebten. Also entströmte nunmehr unwilligen Lippen die Rede:

Nicht um die Weltherrschaft war sorgenvoller in jenem Laufe der Zeit mein Herz, da der Schlangenfüßigen jeder Hundert Arme beschloß zum eroberten Himmel zu heben. Denn so wild auch tobte der Feind, so hing doch von einem Stande des Reichs, von einer gemeinsamen Quelle, der Krieg ab. Jetzo muß ich, so weit als Nereus hallt um den Erdkreis, Ganz austilgen das Menschengeschlecht. Bei den Fluten des Abgrunds Schwör' ich, die unter der Erd' im stygischen Haine sich winden: Alles versucht' ich zuvor. Doch unausheilbaren Schaden Müsse der Stahl abschneiden, daß nicht mitkranke Gesundes. Hab' ich ja doch Halbgötter, und ländliche Mächte, die Nymphen, Faunen und Satyre auch, und das Berggeschlecht der Silvane: Diese, von uns noch nicht der olympischen Ehre gewürdigt, Sollten zum wenigsten frei die verliehene Erde bewohnen. Glaubet ihr aber genug, ihr Oberen, jene gesichert; Da mir selbst, der den Donner, der euch handhabe und lenket, Meuchlerisch nachgestellt, voll ruchtbarer Wildheit, Lykaon?

Ringsum braust die Versammlung; in glühendem Eifer verlangt man Ihn, der solches gewagt. Mit Hand und Stimme bezähmte Jupiter jenes Gemurmel; und lautlos saßen sie alle. Als nun schwieg das Geschrei, durch Königswürde gebändigt, Brach von neuem die Stille Saturnius, also beginnend:

Schon hat jener die Straf' (entschlagt euch der Sorge!) gebüßet. Aber die Missetat und die ahndende Rache vernehmt jetzt. Unsere Ohren erreichte der Ruf des verdorbenen Alters: Diesen gefälscht mir wünschend, entschweb' ich den Höhn des Olympus, Und durchspähe die Erd', ein Gott in menschlicher Bildung. Säumnis wär' es, wie groß die Verschuldungen rings ich gefunden, Aufzuzählen; es war das Gerücht selbst unter der Wahrheit. Über den Mänalus ging ich, den struppigen Nährer des Wildes, Über Cyllene daher, und die Fichtenhöh'n des Lycäus. Jetzt in den unwirtbaren Palast des Arkaderkönigs Trat ich hinein, als Nacht der späteren Dämmerung folgte. Zeichen gab ich, ein Gott sei genaht; und die Menge begann mich Anzuflehn. Erst lachte des Flehns und Gelübdes Lykaon. Bald: Es entscheid' ein Versuch, so redet er, ob er ein Gott sei, Oder ein sterblicher Mensch; hier gilt's ungezweifelte Wahrheit Mich im Schlummer bei Nacht durch plötzlichen Tod zu verderben Trachtet er: also gefällt's den Versuch zu machen um Wahrheit! Noch nicht hatt' er genug: vom molossischen Volke gesendet War ein Geißel daselbst; dem bohrt' er den Dolch in die Gurgel; Und die zerhauenen Glieder, die halb noch lebenden, kocht' er Teils in siedender Flut, teils brät er sie über dem Feuer. Wie er das Mahl auftischte, da warf ich mit rächendem Strahle Auf die Penaten das Haus, die würdig waren des Eigners. Doch der Erschrockene flieht; und die Stille der Flur nun erreichend, Heulet er auf, und müht sich umsonst zu reden; es sammelt Wut von ihm selber der Mund; und er rennt in gewöhnlicher Mordlust Gegen das schwächere Vieh, und freut sich auch jetzo des Blutes. Rauh in Zotten zergehn die Gewand', und in Beine die Arme. Auch als Wolf behält er die Spur der vorigen Bildung: Gleich ist die Gräue des Haars, und gleich der Trotz in dem Antlitz, Gleich der funkelnde Blick, und gleich die Gebärde der Wildheit.

Hin ist geschwunden das Haus; doch nicht ein Haus nur verdient es, Unterzugehn. Wo die Erde sich ausstreckt, tobt die Erinnys. Alles rennt, wie verschworen zum Unheil. Alle sogleich denn Sollen uns, was sie verdient, so will's die Gerechtigkeit, büßen!

Jupiters Rede verstärkt ein Teil durch Worte, die mehr noch Fachen des Zürnenden Glut, die anderen deuten ihm Beifall.

Deukalion

Inhaltsverzeichnis

Jetzo beschloß der Vater, das frevle Geschlecht zu vertilgen Unter der Flut, Platzregen vom ganzen Himmel entsendend. Eilig sperrt er nunmehr in des Äolus[1] Höhlen den Nordwind, Und was sonst für Hauche den Zug der Gewölke verscheuchen. Notus allein wird gesandt: und mit triefenden Schwingen entfleucht er, Sein scheusäliges Haupt pechschwarz in Dunkel gehüllet; Schwarz von Güssen der Bart; den greisenden Haaren entströmt Flut; Nebel umlagern die Stirn, ihm taut's von Gefieder und Busen; Und wie in breiter Hand abhängende Wolken er drückte, Donnert es; dicht nun stürzen die Regenschauer vom Äther. Auch die Botin der Juno, mit mancherlei Farben bekleidet, Iris schöpft nun Gewässer, und reicht den Wolken die Nahrung. Schon sind die Saaten gestreckt, schon liegen beweint des Bestellers Wünsch' und Gelübd', und des Jahrs langwieriger Schweiß ist verloren.

Nicht vorn Himmel allein zürnt Jupiter; sondern ihm sendet Sein blaulockiger Bruder des Meers mithelfende Fluten. Schnell die Götter der Ströme berufet er. Als sie versammelt Nun den Palast anfüllten des Königes: Langer Ermahnung, Sprach er, bedürfen wir nicht. Willfahrt mit aller Gewalt nun! Solches ist not! Eröffnet die Wohnungen eures Gestrudels, Räumt die Dämme hinweg, und spornt die entzügelten Ströme!

Jener gebot's, sie kehren zurück, und lösen der Quellen Mündungen; und mit Getümmel entrollen sie all in die Meerflut. Selbst nun schwang in die Feste der Gott den gewaltigen Dreizack; Und sie erbebt', und spaltet Raum weitbusigen Wassern. Über die Bord' entstürzen durch offene Felder die Ströme; Und mit der Saat Weinbäume zugleich, und das Vieh, und die Männer Raffen sie, Wohnungen auch, und der Götter geheiligte Kammern. Wenn ja der Häuser noch eins ausdauerte, und unerschüttert Trotzte dem Jammergeschick; doch überwallte den Giebel Höhere Flut, und es wankten im drückenden Strudel die Türme. Nirgend erschien durch Grenzen das Meer und die Erde gesondert: Offene See war alles, und flutete sonder Gestad' auf Einer erklimmt den Hügel voll Angst; der andere rudert Dort im gebogenen Kahn, wo er jüngst Pflugstiere gelenket. Über die Saaten hinweg und das eingesunkene Landhaus Schiffen sie dort und fangen den Fisch in dem Wipfel der Ulme. Oft, wie es trifft, wird der Anker in grünende Wiesen geheftet, Oft auch scharrt anstoßend der Kiel an dem unteren Weinberg. Und wo eben ihr Gras die schmächtigen Ziegen gerupfet, Lagern jetzt den gedunsenen Leib mißförmige Robben. Nereus' Töchter erstaunen, die Hain', und die Städt', und die Häuser Unter den Wellen zu sehn; in dem Bergwald hausen Delphine, Springen in hohem Gezweig' und stoßen an bebende Eichen. Schafe durchschwimmet der Wolf; gelbmähnige Löwen und Tiger Führet die Flut; nichts frommt die Gewalt des Blitzes dem Eber, Nichts dem enttragenen Hirsche der leichtgehobene Schenkel. Lange nach Erd' umbiegend, wo auszuruhen vergönnt sei, Sinkt mit ermatteten Schwingen ins Meer der streifende Vogel. Über die Höh'n stieg tobend der Tief' unermeßlicher Aufruhr, Und von befremdender Brandung erscholl das geschlagene Berghaupt. Meist entrafft das Gewoge die Sterblichen: welcher die Woge Schonete, diese bezähmt mit dürftiger Nahrung der Hunger.

Zwischen Hämonias Flur und der attischen breitet sich Phokis, Ehmals fruchtbares Land, da es Land war; aber anjetzo Meer, und ein breites Gefilde der schnell einbrechenden Wasser. Siehe, da klimmt zu den Sternen ein Berg mit doppeltem Gipfel. Schroff, Parnassus genannt, und überschauet die Wolken. Als Deukalion hier (denn das übrige deckte die Meerflut) Samt dem vermähleten Weib anhaftete, fahrend im Schifflein; Flehn den korycischen Nymphen sie beid' und den Mächten des Berges, Themis auch, der erhabnen Verkündigerin am Orakel. Nie war besser gesinnt, noch mehr auf Billigkeit achtend, Irgendein Mann, nie frömmer ein Weib in Verehrung der Götter. Jupiter, der weitsumpfend den überschwemmeten Erdkreis, Und nur überig sah von so viel Tausenden einen, Und nur überig sah von so viel Tausenden eine: Ganz unsträflich sie beid', und beid' Anbeter der Gottheit, Trieb die zerstreuten Gewölk', und, die regnenden Lüfte mit Nordwind Reinigend, zeigt er dem Himmel die Erd', und der Erde den Himmel.

Ausgezürnt hat endlich das Meer. Hinlegend den Dreizack, Sänftigt der Herrscher die Wog'; und ihn, der empor aus dem Abgrund Ragte, die Schulter bedeckt mit angewachsenen Muscheln, Ruft er, den bläulichen Triton, heran; und die Schneckendrommete Heißt er ihn füllen mit Hauch, und zurück durch lautes Geschmetter Brandungen rufen und Ström'. Er faßt das gehöhlete Meerhorn, Welches gedreht in die Breit' anwächst von der untersten Windung: Welches Horn, wann Atem auch mitten im Meer es empfangen, Alle Gestad' umhallt vom Niedergang bis zum Aufgang. Jetzt auch, sobald es den Mund im triefenden Taue des Bartes Rührte dem Gott, und gehaucht ausrief den befohlenen Rückzug, Ward es von allem Gewässer der Land' und der Meere gehöret; Und so weit das Gewässer es hörete, ward es gebändigt.

Schon hat Ufer das Meer; voll wallen die Ström' in den Betten; Niedriger rollen die Bäche; hervor gehn sichtbar die Hügel; Mählich steigt das Gefild', und wächst aus versiegenden Wassern; Und nach daurender Frist hebt endlich der Wald die entblößten Wipfel empor, und zeigt nachbleibenden Schlamm auf den Blättern. Hergestellt war die Erde. Doch jetzt die Leere betrachtend, Und wie in Totenstille der Welt Einöde verstummt war, Sprach Deukalion so mit quellender Träne zu Pyrrha:

O du, Schwester und Weib, du einzige jetzo der Frauen, Welche gemeinsamer Stamm mir erst, und vervetterte Sippschaft, Dann das Lager verband, nun selbst die Gefahr mir verbindet! Rings in den Landen der Welt, die der Morgen bestrahlt und der Abend, Sind wir beide das Volk; das übrige raubte die Meerflut! Nicht ist auch noch jetzo die Sicherheit unseres Lebens Völlig gewiß; uns schrecken hinfort noch Wolken die Seele. Was, wenn ohne den Gatten verschont dich hätte das Schicksal, Was, Unglückliche, wäre dein Mut? Wie könntest du einsam Dann ertragen die Angst? durch wessen Tröstung den Kummer? Denn ich (glaube mir das), wenn dich auch hätte der Abgrund, Folgete dir, o Gattin, und mich auch hätte der Abgrund! Könnt' ich doch die Völker der Welt durch Künste des Vaters Wieder erneu'n, mit Seelen gebildete Erde belebend! Wir nun sind, wir beide, der Rest des Menschengeschlechtes, (Also gefiel's dort oben!) und Beispiel' unserer Gattung!

Jener sprach's; sie weinten. Der Schluß war jetzo, die Gottheit Anzuflehn, und Hilfe durch heilige Lose zu suchen. Ohne Verzug nahn beide sofort den cephisischen Wassern, Noch nicht lautere Bäche, doch schon bekannte, durchwatend. Als sie nunmehr dem Sprudel entschöpfete Taue gesprenget Auf die Gewand' und das Haupt; zum Tempel der heiligen Göttin Wenden sie jetzo den Schritt: dem oben das Dach in des Mooses Schändendem Wuste sich barg, und glutlos jeder Altar stand. Dann den geweiheten Stufen genaht, sank nieder aufs Antlitz Mann und Weib, und küßte das kalte Gestein mit Erzittern. Und: Wenn billigem Flehn, so sagten sie, himmlische Mächte Freundlich erweichen ihr Herz, wenn Zorn der Götter gebeugt wird; Sag', o Themis, wodurch der Verlust der Sterblichen heilbar Sei, und rette die Welt, o du Gütige, nun aus der Sintflut!

Aber die Göttin, gerührt, antwortete: Weicht aus dem Tempel; Hüllt euch beide das Haupt, und löst die gegürteten Kleider; Werft sodann die Gebeine der großen Erzeugerin rückwärts.

Lange stauneten sie; nun brach die schweigende Stille Pyrrha zuerst, und versagte dem Götterspruche Gehorsam; Und um Verzeihung bittet ihr ängstlicher Mund, wenn sie schaudre, Durch zerstreutes Gebein der Erzeugerin Schatten zu kränken.

Beide durchdenken indes die in wirrendes Dunkel gehüllten Worte des göttlichen Spruchs, und erwägen sie wohl miteinander. Dann zur Epimethide begann der Sohn des Prometheus Also mit sanfterem Laut: Entweder uns täuscht die Besinnung, Oder Frömmigkeit will, nicht Freveltat, das Orakel. Zeugerin ist ja die Erd', und die Stein' in dem Leibe der Erde Sind, wie mir deucht, das Gebein: dies sollen wir hinter uns werfen.

Ihres Gemahls Auslegung vernahm zwar froh die Titanin, Nur war in Zweifel die Hoffnung: so sehr mißtrauen sie beide Noch dem Göttergebot. Doch harmlos wird der Versuch sein.

Talwärts gehn sie, verhüllen das Haupt, und entgürten die Kleider, Heben gebotene Stein', und werfen sie hinter den Rücken. Alles Gestein (wer glaubt' es, wofern nicht zeugte die Vorwelt?) Legte die Härt' allmählich nun ab, und die trotzende Starrheit, Schmeidigte mehr sich und mehr, und geschmeidiger nahm es Gestalt an. Bald, als wachsend es schwoll, und mild schon seine Natur sich Äußerte, schien es beinah, wie einige, noch unenthüllte Menschengestalt; doch so, wie von angehauenem Marmor, Nicht vollendet genug, und roheren Bildnissen ähnlich. Welcher Teil des Gesteins mit etwas Safte gefeuchtet War, und der Erde verwandt, der gab dem Leibe die Glieder; Festeres, was unbiegsamer starrt, wird in Knochen verwandelt; Was als Ader erschien, das bleibt gleichnamige Ader. Und nur wenige Frist, so gewann durch Gnade der Götter Alles Gestein, das der Mann aussendete, männliche Bildung, Und dem Wurfe des Weibes entblühete weibliche Schönheit. Drum sind wir ein hartes Geschlecht, ausdauernd zur Arbeit; Und wir geben Beweise, woher wir zogen den Ursprung.