Midwater Saga - Gesamtausgabe - Paula Bergström - E-Book

Midwater Saga - Gesamtausgabe E-Book

Paula Bergström

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Beschreibung

Die Midwater-Saga Gesamtausgabe Dir versprochen Lady Fawn Midwater war schon als Kind Francis Bankbain, dem Duke of Addington, versprochen. Doch Francis heiratete eine andere, die ein Kind von ihm unter dem Herzen trug. Nun ist er seit einigen Jahren Witwer und lebt zurückgezogen. Sein bester Freund Shamus Woodblank, der Earl of Croyden, ist der Meinung, dass Francis sich wieder verheiraten sollte. Auf einem Empfang treffen Fawn und Francis aufeinander. Sie nimmt ihm immer noch übel, dass er sie wegen einer anderen verlassen hat. Als er an Informationen kommt, macht er Fawns Vater ein Angebot, dass Bowen Midwater nicht ablehnen kann ... Dir verpflichtet Per Vertrag wurde festgelegt, dass die älteste Tochter des Viscont of Avon, den ältesten Sohn des Earl of Lonsdale heiraten soll. Davon will Imogen jedoch nichts wissen. Da sie ihren Bräutigam auf den Tod nicht ausstehen kann, flieht sie mit Lupus Cardiff, einem verarmten entfernten Cousin. Jedoch endet diese Fluch eher als vermutet und Imogen wird aus einer heiklen Situation gerettet. Nun steht sie in der Schuld von Stuart Woodstock, der ihr plötzlich gar nicht so zuwider scheint, wie sie vermutet hat. Allerdings ist sie jetzt diesem Mann verpflichtet, was ihre Lage nicht besser macht ... Dir verziehen Gwendolyn Beckfinch ist vom Leben enttäuscht. Obwohl sie die älteste Tochter des Earl of Hatfield ist, arbeitet sie im Laden von Mrs Coburn, der feinsten Hutmacherin in London. Nach einem Zwischenfall bei ihrem Debüt in der feinen Gesellschaft, hat sie sich von ihrer Familie getrennt, um diese vor einem Skandal zu schützen. Als Blair Franklin den Laden betritt, ist die Vergangenheit plötzlich wieder präsent. Blair, der mitlerweile den Titel des Duke of Rathbone geerbt hat, erkennt in Gwendolyn die Frau wieder, die er einst geliebt, aber vor der feinen Gesellschaft bloßgestellt hat. Er bittet Gwen um Vergebung, doch sie kann ihm nicht verzeihen ...

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Kurzbeschreibung

Dir versprochen

Lady Fawn Midwater war schon als Kind Francis Bankbain, dem Duke of Addington, versprochen. Doch Francis heiratete eine andere, die ein Kind von ihm unter dem Herzen trug. Nun ist er seit einigen Jahren Witwer und lebt zurückgezogen. Sein bester Freund Shamus Woodblank, der Earl of Croyden, ist der Meinung, dass Francis sich wieder verheiraten sollte. Auf einem Empfang treffen Fawn und Francis aufeinander. Sie nimmt ihm immer noch übel, dass er sie wegen einer anderen verlassen hat. Als er an Informationen kommt, macht er Fawns Vater ein Angebot, dass Bowen Midwater nicht ablehnen kann ... 

Dir verpflichtet

Per Vertrag wurde festgelegt, dass die älteste Tochter des Viscont of Avon, den ältesten Sohn des Earl of Lonsdale heiraten soll. Davon will Imogen jedoch nichts wissen. Da sie ihren Bräutigam auf den Tod nicht ausstehen kann, flieht sie mit Lupus Cardiff, einem verarmten entfernten Cousin. Jedoch endet diese Fluch eher als vermutet und Imogen wird aus einer heiklen Situation gerettet.  Nun steht sie in der Schuld von Stuart Woodstock, der ihr plötzlich gar nicht so zuwider scheint, wie sie vermutet hat. Allerdings ist sie jetzt diesem Mann verpflichtet, was ihre Lage nicht besser macht ...

Dir verziehen

Gwendolyn Beckfinch ist vom Leben enttäuscht. Obwohl sie die älteste Tochter des Earl of Hatfield ist, arbeitet sie im Laden von Mrs Coburn, der feinsten Hutmacherin in London. Nach einem Zwischenfall bei ihrem Debüt in der feinen Gesellschaft, hat sie sich von ihrer Familie getrennt, um diese vor einem Skandal zu schützen. Als Blair Franklin den Laden betritt, ist die Vergangenheit plötzlich wieder präsent. Blair, der mitlerweile den Titel des Duke of Rathbone geerbt hat, erkennt in Gwendolyn die Frau wieder, die er einst geliebt, aber vor der feinen Gesellschaft bloßgestellt hat. Er bittet Gwen um Vergebung, doch sie kann ihm nicht verzeihen ...

Paula Bergström

Midwater-Saga

Gesamtausgabe

Edel Elements

Edel Elements

Ein Verlag der Edel Germany GmbH

© 2018 Edel Germany GmbHNeumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edel.com

Copyright © 2018 by Paula Bergström

Covergestaltung: Marie Wölk, Wolkenart

Konvertierung: Datagrafix

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des jeweiligen Rechteinhabers wiedergegeben werden.

ISBN: 978-3-96215-207-9

www.facebook.com/EdelElements/

www.edelelements.de/

Kurzbeschreibung:

Lady Fawn Midwater war schon als Kind Francis Bankbain, dem Duke of Addington, versprochen. Doch Francis heiratete eine andere, die ein Kind von ihm unter dem Herzen trug. Nun ist er seit einigen Jahren Witwer und lebt zurückgezogen. Sein bester Freund Shamus Woodblank, der Earl of Croyden, ist der Meinung, dass Francis sich wieder verheiraten sollte. Auf einem Empfang treffen Fawn und Francis aufeinander. Sie nimmt ihm immer noch übel, dass er sie wegen einer anderen verlassen hat. Als er an Informationen kommt, macht er Fawns Vater ein Angebot, dass Bowen Midwater nicht ablehnen kann ... 

Paula Bergström

Dir versprochen

Midwater-Saga 1

Edel Elements

Edel Elements

Ein Verlag der Edel Germany GmbH

© 2017 Edel Germany GmbH Neumühlen 17, 22763 Hamburg

www.edel.com

Copyright © 2017 by Paula Bergström

Covergestaltung: Marie Wölk, Wolkenart

Lektorat: Christin Ullmann

Korrektorat: Martha Wilhelm

Konvertierung: Datagrafix

Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des jeweiligen Rechteinhabers wiedergegeben werden.

ISBN: 978-3-96215-029-7

www.facebook.com/EdelElements/

www.edelelements.de/

1

Sie wollte geliebt werden. Etwas anderes als eine Liebesheirat kam für sie nicht infrage, dessen wurde sich Fawn Midwater in diesem Moment bewusst. Sie beobachtete ihre Cousine Edith Blyditt, die zu ihrer Vermählung mit dem 5. Earl of Esher, Fenton Shipsell, eingeladen hatte. Edith sah wunderschön aus in ihrem Brautkleid mit dem Schleier aus Brüsseler Spitzen. Der zarte Elfenbeinton unterstrich ihren Porzellanteint und die sanften blauen Augen. Die Seide schmiegte sich eng an ihren zarten Körper. Edith sah äußerst zerbrechlich aus.

Im Grunde tat Edith Fawn leid. Denn jedem der Gäste war klar, dass Edith es nur auf den Titel des Earls abgesehen hatte. Fenton Shipsell war nicht besonders gut aussehend und für seine Herzlosigkeit bekannt. Der strenge Zug um seinen Mund ließ den Unwillen erkennen, mit dem er diese Zeremonie über sich ergehen ließ. Er war auf einen Erben aus, mehr steckte für ihn nicht hinter dieser Eheschließung. Und es war fraglich, ob Edith eine Schwangerschaft überstehen würde, bei ihrer zarten Konstitution. Es war allgemein bekannt, dass der Earl wegen seines fortgeschrittenen Alters sobald als möglich ein Kind zeugen wollte. Doch all das schien Edith egal zu sein. Ihr war nur wichtig, wie viele neue Kleider sie sich schneidern lassen konnte und zu welchen Bällen sie eingeladen werden würde. Dabei hätte sie eine wesentlich bessere Partie machen können, wenn sie sich nur ein wenig mehr Zeit gelassen hätte. Immerhin war sie mit neunzehn Jahren noch jung genug, um auf einen geeigneten Kandidaten zu hoffen.

Fawn schüttelte heimlich den Kopf über solch antiquierte Ansichten, denen zufolge eine Frau nur gut versorgt sein musste, um glücklich zu sein. Sie würde nur heiraten, wenn sie sich sicher war, dass der Mann sie liebte und ehrte. Dass er sie um ihretwillen ehelichte, nicht um die Konventionen einzuhalten oder des Geldes wegen.

Im großen Salon des Stadthauses der Familie Shipsell hatte sich alles eingefunden, was Rang und Namen hatte. Die Shipsells waren sehr vermögend und man suchte ihre Bekanntschaft. Der Salon war üppig mit Blumen ausgestattet, Lakaien reichten Getränke in edlen Kristallgläsern, und ein Buffet mit lauter Köstlichkeiten wurde geboten. Diese Hochzeit würde noch Tage, nein Wochen in aller Munde sein. Ebenso Edith und dieser Traum von einem Hochzeitskleid.

Unauffällig blickte Fawn sich um und schlüpfte durch eine halb offene Tür, die in den Garten führte. Sie hatte genug gesehen und musste sich ablenken, damit niemand ihre Abscheu gegen diese Verbindung bemerkte. Die Gesellschaft an ihrem Tisch kam auch ohne sie aus. Ihre Bindung zu Edith war bei Weitem nicht so eng, wie ihre Cousine es gern sah. Zum einen lag es daran, dass Fawn Edith für töricht hielt, zum anderen hegte sie eine Abneigung gegenüber Ediths Mutter, der verwitweten Baroness of Warnham, der Schwester ihres so sehr geliebten Vaters. Lady Minerva war eine kleine gehässige Frau, die alles in ihrer Macht Stehende veranlasst hatte, damit ihre Tochter einen Earl heiratete. Vermutlich wäre ein Duke ihr lieber gewesen, doch anscheinend hatte man beschlossen zu nehmen, was kam. Fawn seufzte leise.

Tief atmete Fawn die laue Nachmittagsluft ein. Sie liebte den Frühling in London. Es war einer dieser Tage, an denen die Sonne schien und es bereits so warm war, dass Fawn keinen Umhang benötigte. Der Garten war einer der schönsten, die Fawn je betreten hatte. Überall gab es üppige Blumenbeete, und ganz besonders die Rosenstöcke hatten es ihr angetan. Die Blütenpracht war überwältigend, eine reinste Farbenexplosion. Vereinzelt zierten Steinfiguren, die aus China stammen mussten, den Weg. Sie waren grazil gemeißelt und sahen exotisch aus. Man konnte über die Shipsell sagen, was man wollte, aber Geschmack hatte sie.

Mit langsamen Schritten lief Fawn tiefer in den Garten hinein und nahm auf einer steinernen Bank Platz, die unter einer großen Kastanie stand.

»Lady Midwater, welch eine Freude, Ihnen zu begegnen. Ich nehme an, Ihnen ist die Luft im großen Salon auch zu stickig geworden.«

Fawn blickte auf und sah in das Gesicht des Earls of Croyden. Er war ein guter Bekannter ihres Vaters, obwohl er nur wenig älter als sie selbst war. Sie glaubte, sich zu erinnern, dass er vor einigen Monaten in der gleichen Woche seinen fünfundzwanzigsten Geburtstag gefeiert hatte, in der Fawn dreiundzwanzig geworden war.

»Mylord, wie schön, Sie zu sehen.« Sie erhob sich, ging ein paar Schritte auf ihn zu und reichte ihm die Hand. Shamus Woodblank nahm ihren behandschuhten Arm und deutete einen Handkuss an.

»Wenn ich mich richtig erinnere, war ich früher immer Shamus für Sie, Fawn.«

Sie nickte und errötete leicht. »Wie recht Sie haben, Shamus. Ich muss es über all die Jahre, die wir uns nicht gesehen haben, vergessen haben. Seit wann sind Sie wieder in London?«

»Ich bin vor zwei Monaten aus Übersee zurückgekehrt, da die Geschäfte meiner Familie dort abgeschlossen sind. Gerade rechtzeitig, um der Hochzeit meines Freundes, des Earls of Esher, beizuwohnen. Er kann sich glücklich schätzen, Ihre reizende Cousine zur Frau zu bekommen.«

Fawn lächelte gequält. »Wie man es nimmt. Ich persönlich finde Edith zeitweilig ein wenig anstrengend, aber ich muss ja auch nicht mein Leben mit ihr teilen.«

Shamus brach in Lachen aus. »Ich habe Ihre Ehrlichkeit schon immer zu schätzen gewusst, liebe Fawn. Sind Sie ohne Begleitung hier?«, fragte der Earl und blickte sich suchend um.

»Ich begleite meinen Vater. Sein Rheuma plagt ihn seit Tagen, daher hat er sich vorübergehend zurückgezogen. Und Sie? Wo haben Sie Ihre Begleitung gelassen?«, fragte Fawn freiheraus. Sie war neugierig darauf zu erfahren, ob es eine Frau an Shamus’ Seite zu entdecken gab. Er war seit Jahren einer der begehrtesten Junggesellen der Londoner Gesellschaft und alle Welt wartete darauf, dass endlich eine Heiratskandidatin an seinem Arm auftauchte.

»Oh, meine Begleitung kommt mit schnellen Schritten auf uns zu.« Er deutete mit dem Kinn über Fawns Schulter hinweg und sie drehte sich neugierig um. Als sie die Person erkannte, griff sie nach Shamus’ Arm, aus Angst, ihre Knie könnten nachgeben.

»Das ist doch …« Sie brachte den Satz nicht zu Ende, er blieb ihr regelrecht im Halse stecken.

»Mein lieber Bankbain, hast du es auch nicht länger ausgehalten?«, rief Shamus seinem Freund Francis zu. Der 7. Duke of Addington kam ihnen lächelnd entgegen, doch als er Fawn erkannte, verblasste das Lächeln, als hätten sich die Wolken vor die Sonne geschoben. Auch seine Schritte verlangsamten sich, als wollte er auf dem Absatz kehrtmachen.

Fawn blickte bei dieser Reaktion beschämt zu Boden und wünschte, sie könnte sich in Luft auflösen. Ihre Wangen brannten heiß und sie atmete hektisch. Über eine lange Zeit hinweg hatte sie sich immer wieder vorgestellt, wie das erste Zusammentreffen nach dem Ereignis, mit dem der Duke sie vor den Augen der ganzen Welt brüskiert hatte, ablaufen würde. Doch dann hatte er sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Fawn hatte nicht damit gerechnet, ihm nun so unerwartet gegenüberzustehen.

»Lady Midwater.«

Francis nickte ihr mit versteinerter Miene zu.

»Euer Gnaden.« Fawn blickte ihm kurz in die Augen, reckte ihr Kinn und schaute dann zu Shamus. »Ich denke, ich hatte für heute genügend frische Luft. Meine Herren, wenn ich mich verabschieden darf.« Sie versuchte sich an einem Lächeln, raffte den Rock ihres Kleides und lief in Richtung Haus. Sie musste sich zusammenreißen, damit ihre Beine sie nicht zu schnell dem Haus entgegentrugen und so der Eindruck entstehen könnte, sie rannte vor etwas davon.

»Du hättest mir sagen müssen, dass sie heute anwesend ist«, knurrte Francis und blickte seinen Freund wütend an.

»Ich dachte, das wäre dir bekannt, wo die Braut nun mal Fawns Cousine ersten Grades ist. Aber ich vergaß, dass dich die feine Gesellschaft Londons schon seit Jahren nicht mehr interessiert. Allerdings ist Edith bereits seit zwanzig Jahren Fawns Cousine, und das hast selbst du gewusst. Also schieb mir nicht den schwarzen Peter zu, nur weil du ihr über den Weg gelaufen bist.«

»Ich wusste, dass es eine ganz schlechte Idee ist, mich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Ich hätte nicht mitkommen sollen. Mir liegt nichts an der feinen Gesellschaft Londons oder irgendeiner anderen Stadt.«

»Francis, wie lange willst du noch den Einsiedler spielen? Deine Trauerzeit ist seit zwei Jahren vorbei, du kannst dich nicht ewig verstecken. Du hättest auf meinen Rat hören und Fawn heiraten sollen anstatt Ivy. Es gab immer Gerüchte, dass du nicht der Vater ihres ungeborenen Kindes warst, und deine Frau auf dem Totenbett hat diese bestätigt. Du bist dieser hässlichen Erpressung nur durch ihren und den Tod des Kindes entgangen. Eine Fügung des Schicksals, wenn du mich fragst …«

»Ich wollte einen Erben, deshalb habe ich Ivy geheiratet«, unterbrach Francis seinen Freund grob. Dieses Thema war für ihn abgeschlossen. Er wollte nicht an Ivy und das Kind denken, das alle ins Unglück gestürzt hatte. Egal, ob es nun sein Erbe gewesen wäre oder nicht. Doch Ivy war während der Geburt gestorben. Und das Ungeborene mit ihr. Nun hatte Francis nichts mehr. Keine Ehefrau, keinen Erben. Dafür die Erinnerungen an eine Jugendliebe, die ihm einfach nicht aus dem Kopf gehen wollte, der er die Ehe versprochen hatte und die er durch seine Heirat mit Ivy öffentlich gedemütigt hatte. Eine Frau, die gerade praktisch vor ihm weggerannt war.

Nicht ein Tag verging, an dem er nicht an Fawn Midwater dachte. Die Frau, die ihm seit Kindheitstagen versprochen, die für ihn vorbestimmt gewesen war, und die er verlassen hatte für eine Frau, die ihm ein Kuckuckskind unterjubeln wollte. Er hatte Ivy in einer Nacht-und-Nebel-Aktion geheiratet, ohne vorher mit Fawn darüber zu sprechen. Von seiner Vermählung hatte sie nur durch ihre Freundin erfahren und war daraufhin für mehrere Monate aufs Land geflüchtet. Aus zuverlässigen Quellen wusste er, dass es ihr sehr schlecht ergangen war. Sie hatte kaum etwas gegessen oder getrunken, und das über Monate, sodass die Ärzte das Schlimmste befürchtet hatten. Doch irgendwann war sie zur Vernunft gekommen und hatte sich wieder dem Leben zugewandt. Bowen Midwater, Fawns Vater, hatte ihm eine Nachricht zukommen lassen, in der er ihm mitteilte, dass es ihr wieder besser ginge und er sich keine Vorwürfe zu machen brauchte.

Doch genau das tat er. Er hatte die einzige Frau, die je sein Herz berührt hatte, vor der Londoner Gesellschaft bloßgestellt und blamiert. Das würde sie ihm wohl ihr Leben lang nicht verzeihen. Und Francis konnte es ihr nicht verdenken.

Ihre unverhoffte Begegnung hier hatte ihn auf dem falschen Fuß erwischt. Er hatte Fawn um Verzeihung bitten oder zumindest mit freundlichen Worten begrüßen wollen, doch es war ganz anders verlaufen. Ein Grund mehr, sich wieder in seine eigenen vier Wände zu begeben, dorthin, wo ihn niemand mit strafenden Blicken verurteilen und er keinem anderen Leid zufügen konnte.

»Bankbain, lass uns ein Glas auf die Braut und den Bräutigam trinken. Ich glaube, du kannst es vertragen. Und ich auch«, schlug Shamus vor.

2

Fawn nahm ein Glas Punsch, das ein Lakai auf einem Tablett an ihr vorbeitrug, und trank einen tiefen Schluck. Sie musste den Schock verarbeiten, dass ausgerechnet der Duke of Addington an diesem Empfang teilnahm.

»Liebes, was ist mit dir? Geht es dir nicht gut?« Glynnis Greenwood, ihre beste Freundin seit Kindertagen, trat auf sie zu und blickte Fawn besorgt an.

»Du glaubst nicht, wem ich im Garten begegnet bin«, flüsterte Fawn, kaum die Lippen bewegend.

Glynnis’ Blick glitt zu den Türen, die in den Garten führten, und in diesem Moment betrat Shamus Woodblank gefolgt von Francis Bankbain den Raum.

»O mein Gott, ich sehe es gerade mit eigenen Augen, sonst würde ich es dir vermutlich nicht glauben. Der Duke hat sich seit Jahren nicht auf eine Einladung hin blicken lassen. Warum jetzt dieser Sinneswandel? Hast du mit ihm gesprochen?«, wisperte Glynnis ihr zu.

»Ich habe ihn begrüßt. Das muss reichen.«

»O Gott, sie kommen auf uns zu.«

Die Worte ihrer Freundin versetzten Fawn in helle Aufregung. Ihr Herz begann, wie verrückt zu schlagen, und sie suchte nach einer Ausrede, um sich zu verabschieden. Vielleicht sollte sie nach ihrem Vater sehen und dann heimlich das Fest verlassen. Doch bevor ihr die passenden Worte einfallen wollten, gesellte sich Shamus zu ihnen und begrüßte Glynnis.

»Lady Greenwood, welch Freude, Ihnen zu begegnen.«

»Lord Woodblank, Sie sind wieder zurück.« Glynnis schenkte Shamus ein Lächeln. »Euer Gnaden. Ich bin überrascht, Sie hier anzutreffen.« Ihre Worte für Francis klangen wesentlich kühler.

»Meine Damen. Ich hielt es für angemessen, der Einladung zum Hochzeitsempfang des Earls of Esher Folge zu leisten«, erwiderte Francis steif. Die Worte aus seinem Mund hörten sich an, als wäre er einem notwendigen Übel gefolgt. »Aber ich denke, es wird Zeit, mich zu verabschieden.«

»O nein. Das dürfen Sie uns nicht antun, Francis. Der Tanz wird gleich eröffnet und der liebe Shamus hat mir einen Walzer versprochen. Nicht wahr?« Glynnis streifte mit ihrem zusammengefalteten Fächer Shamus’ Arm.

»Aber natürlich, lassen Sie uns in den Ballsaal gehen. Kommst du, Francis?« Der Earl blickte seinen Freund vielsagend an, der nur knurrend nickte.

Francis war anzusehen, dass ihm das ganz und gar nicht recht war. Auch er schien wohl nach einer passenden Ausrede zu suchen, um sich zu verabschieden. Er blickte Fawn an und es schien ihm nichts anderes übrig zu bleiben, als ihr seinen Arm anzubieten, um den Anstand zu wahren. Im ersten Moment wollte Fawn ihn einfach stehen lassen, doch dann siegte ihr Stolz. Der Duke sollte nicht bemerken, wie sehr sein Auftauchen sie aus der Fassung brachte, also legte sie ihre Hand auf seinen Arm und ließ sich in den Saal führen. Sie spürte die Blicke, die alle Anwesenden ihr zuwarfen, als sie den Saal betraten, in dem das Streichquartett für den Ehrentanz des Brautpaares aufspielte. Ihr Erscheinen in Begleitung des Dukes of Addington gab allen Klatschmäulern neuen Stoff für Spekulationen. Sofort wurde hinter ausgebreiteten Fächern und vorgehaltenen Händen getuschelt. Der ganzen feinen Gesellschaft Londons war die Heirat des Dukes mit einer anderen Frau – obwohl alle davon ausgegangen waren, dass er Fawn ehelichen würde – nicht entgangen. Immerhin waren sie gottlob nicht verlobt gewesen. Anstatt dem Brautpaar mit den Augen zu folgen, starrten viele Fawn in Francis‘ Gesellschaft an. Wenigstens schenkte Fawn selbst dem Brautpaar die Aufmerksamkeit, die es verdiente. Ihre Cousine strahlte ihren frisch angetrauten Ehemann aufgeregt an, während der Lord Mühe hatte, ihr nicht auf die Füße zu treten. Sie drehten sich zu einem Walzer, doch Shipsell schien es gar nicht erwarten zu können, dass der Tanz endete. Er war offenbar wirklich kein sonderlich netter Zeitgenosse.

Fawn setzte einen arroganten Gesichtszug auf, hob ihr Kinn und übersah die neugierigen Blicke, die sie musterten. Es ging hier nicht um sie.

Das glückliche Brautpaar beendete seinen Ehrentanz und die Gäste begaben sich nun auf die Tanzfläche.

»Wenn ich bitten darf.« Shamus hielt Glynnis die Hand hin und sie legte die ihre lächelnd hinein.

Etwas befangen blieb Fawn neben Francis stehen und blickte sich um. Wie konnte Glynnis sie nur so einfach mit Francis zurücklassen, wo sie doch wusste, wie sehr sie ihn verachtete? Das schien Glynnis‘ Art zu sein zu intervenieren, denn sie war der Meinung, dass Francis der richtige Mann für sie war. Wenn ihr Vater doch nur hier wäre und sie aus dieser misslichen Lage befreien könnte. Suchend blickte sie sich nach ihm um.

»Darf ich Sie um diesen Tanz bitten, Lady Midwater?« Die Stimme des Dukes drang leise an ihr Ohr und Fawn schloss für eine Sekunde die Augen. Bitte nicht. Die Nähe dieses Mannes verstörte sie. Sie wollte ihn meiden, konnte es aber gleichzeitig nicht. Als wohnten zwei Seelen in ihrer Brust.

»Sind Sie der Meinung, dass wir den Klatschmäulern noch mehr Gesprächsstoff bieten sollten, Euer Gnaden?« Fawn öffnete ihren Fächer, der an einem um ihr zartes Handgelenk geschlungenen Band hing, und wedelte damit leicht vor dem Gesicht, um zu Luft zu kommen. Doch eigentlich wollte sie nur verhindern, dabei beobachtet zu werden, wie sie sich mit Bankbain unterhielt.

»Glauben Sie nicht, dass wir ohnehin das Gesprächsthema des Abends sind? Was kann da ein Tanz noch anrichten?«, erwiderte der Duke selbstbewusst, nahm ihre Hand und geleitete sie sanft zur Tanzfläche.

Fawn war viel zu überrascht, als dass sie sich dagegen sträuben konnte, und ließ sich in die Arme nehmen. Gekonnt führte Francis sie über die Tanzfläche, drehte sich mit ihr im Kreis. Er war ein äußerst eleganter Tänzer. Wie bei einem Karussell flogen die neugierigen Gesichter an Fawn vorbei, denen sie jedoch keine Beachtung schenkte.

»Wir werden heute auf jeden Fall das Gesprächsthema des Abends sein«, flüsterte er ihr zu und verzog den Mund. Sollte das etwa die Andeutung eines Lächelns sein? Fawn war sich nicht ganz sicher. Seinem Körper so nah zu sein, brachte sie vollends aus dem Konzept. Sie war verwirrt, denn mehr als drei Jahre lang hatte sie sich vorgestellt, wie es sein würde, dem Duke gegenüberzutreten, um ihm ihre Meinung über ihn ins Gesicht zu schleudern, und nun tanzte sie sogar mit ihm. Sie konnte es nicht fassen. Wenn ihr Vater sie sehen könnte, würde er glauben, sie hätte den Verstand verloren.

Ganz in Gedanken versunken nahm Fawn nicht wahr, wohin sie sich auf der Tanzfläche bewegten. Als der Walzer endete, fand sie sich nah des Ausgangs zum Garten wieder. Der Duke nahm Fawns Arm und führte sie in die Anlage hinaus.

»Sie gestatten? Ich denke, ein wenig frische Luft wird Ihnen guttun.«

»Was soll das, Euer Gnaden? Mir steht keineswegs der Sinn danach. Wie Sie wissen, kenne ich den Garten bereits.«

Francis lachte amüsiert auf und zog Fawn in eine dunkle Ecke der Terrasse. Die Sonne war bereits untergegangen und Fackeln erleuchteten den Garten, doch es gab einige Stellen, die nicht erhellt waren.

»Fawn, es gab mal eine Zeit, da waren wir über Euer Gnaden hinaus und du hast mich Francis genannt«, meinte er im ruhigen Ton. Er stand sehr nah vor ihr, überragte sie um mehr als eine Haupteslänge, sodass Fawn den Kopf in den Nacken legen musste, um zu ihm aufzublicken.

»Ja, damals waren wir Kinder. Dumme Kinder«, bemerkte sie und vermied es, in sein Gesicht zu sehen. Vielmehr blickte sie auf seinen Querbinder. Der dezente Elfenbeinton passte gut zu der eisblauen Weste, die er über seinem Hemd trug. Der Gehrock war dunkelblau und von feinster Qualität. Ohne Zweifel ein Modell, das Henry Creed entworfen hatte. Jeder, der etwas auf sich hielt, kaufte seine Kleidung bei Creed. Das war der Name unter den Londoner Herrenausstattern.

»Fawn?« Francis blickte sie fragend an und Fawn musste ihre Gedanken ordnen. Was sann sie hier über die Kleidung des Dukes nach? Sie schüttelte innerlich den Kopf über sich selbst. Wie töricht sie doch war.

»Euer Gnaden, ich halte es nicht für angebracht, dass wir …«

Ohne auf ihre Worte zu hören, machte Francis einen Schritt auf sie zu, legte eine Hand auf ihre Hüfte und zog sie an seinen Körper.

»Ich habe einen nicht wiedergutzumachenden Fehler begangen«, murmelte er und neigte den Kopf, legte seine Lippen auf ihren Mund.

Für einen Augenblick hielt Fawn still, genoss diese Berührung. Niemand sonst befand sich auf der Terrasse, keiner konnte sie hier im Dunkeln beobachten. Doch als sein Kuss drängender wurde, trat sie einen Schritt zurück und befreite sich aus seinem Griff. »Wie können Sie es wagen?«, zischte sie aufgeregt.

Die Augen des Dukes funkelten im Dunkeln und Fawn wurde wieder klar, was sie früher an ihm fasziniert hatte. Der Blick seiner dunkelblauen Augen, die stets einen besonderen Glanz ausstrahlten. Er war schon immer ein gut aussehender Mann gewesen mit seinem schwarzen Haar und den blauen Augen, dem Grübchen am Kinn und den vollen Augenbrauen. Er wirkte einschüchternd, doch sobald er lächelte, überzog dieses Lächeln sein ganzes Gesicht. Leider tat er es nur selten und im Augenblick konnte Fawn darauf verzichten.

»Fawn, bitte entschuldige. Es ist einfach über mich gekommen.«

Er machte erneut einen Schritt auf sie zu, doch Fawn wich zurück, als würde er ihr Angst einflößen. »Bitte, Fawn. Ich wollte mich bei dir für das, was ich dir angetan habe, entschuldigen.«

»Etwa mit einem Kuss? Indem Sie über mich herfallen, als wäre ich ein liederliches Weibsstück? Dafür gibt es keine Entschuldigung, Euer Gnaden. Wir waren niemals eng verbunden, geschweige denn verlobt. Sie haben die Frau geheiratet, die Sie liebten, und Ihr Verlust tut mir leid. Aber ich bin nicht bereit, Ihrem Vergnügen zu dienen. Es gibt genügend Frauen, die gern diese Position einnehmen würden. Schauen Sie sich nur um. Ich stehe dafür jedoch nicht zur Verfügung.« Nach dieser Offenbarung raffte sie die Röcke ihres Kleides und verschwand durch die nahe gelegene Tür in den Ballsaal.

Mit mahlendem Kiefer blieb Francis zurück. »Du wirst noch lernen, mich zu begehren«, hörte sie ihn knurren, doch sie achtete nicht darauf, sondern machte sich auf die Suche nach ihrem Vater, damit sie endlich diesen grauenvollen Ort verlassen konnte.

3

Bowen Midwater saß an seinem Schreibtisch, den Kopf auf die Hände gestützt und die Augen geschlossen. Seine Migräne plagte ihn zusätzlich zu den üblichen Rheumabeschwerden. Obwohl das Wetter in diesem Moment schön war, wusste er, dass es bald umschlagen und Regen einsetzen würde. Er spürte es in seinen Knochen. Jeder Wetterumschwung kündigte sich durch starke Schmerzen in den Gelenken an. Doch viel mehr als seine körperlichen Leiden peinigten ihn die Sorgen um seinen Besitz. Der Berg an Rechnungen wuchs ins Unermessliche, während die Pachteinnahmen immer geringer wurden, weil die Pächter kaum noch Geld verdienten. Wohin sollte das alles noch führen?

Ein Klopfen an der Tür ließ ihn aufhorchen. »Ja bitte.«

»Entschuldigen Sie die Störung, Mylord. Sie haben Besuch«, verkündete James, der Hausdiener.

Hinter James kam die Gestalt des Dukes of Addington zum Vorschein.

»Euer Gnaden! Ich bin überrascht, dich hier zu sehen.« Bowen traute seinen Augen nicht recht. Es war mehr als drei Jahre her, seit er ihn zuletzt gesehen hatte. Er war mit Bankbains Vater, dem verstorbenen Duke, gut befreundet gewesen und eigentlich hätte Francis einmal seine Fawn heiraten sollen. Doch es war ganz anders gekommen.

»Bowen, wie schön, dich gesund vorzufinden.« Francis reichte ihm die Hand.

»Bitte entschuldige, Francis, aber mein Rheuma macht es mir im Moment unmöglich, mich schnell zu erheben.«

»Bitte bleib sitzen. Es ist nicht nötig, dass du aufstehst. Darf ich mich setzen?«, fragte Bankbain und nahm bereits Platz.

»Francis, es ist wirklich lange her, dass wir uns gesehen haben. Dein Verlust tut mir und meiner Familie sehr leid …«

Francis winkte ab. »Es ist gut, alter Freund. Ich bin darüber hinweg. Man muss lernen, mit den Gegebenheiten zu leben. Das habe ich getan.«

Obwohl er seine Worte so leichtherzig sprach, sah Bowen den Schmerz in Francis’ Augen. Er wollte es nicht zugeben, aber der Verlust seiner Ehefrau und des ungeborenen Kindes setzte ihm immer noch zu.

»Was führt dich zu mir? Du warst früher häufig ein Gast in meinem Haus und ich muss zugeben, dass ich dich in all den Jahren sehr vermisst habe.«

»Ich war Gast in einem Haus, das dir bald nicht mehr gehören wird, verehrter Freund.«

Dieser Satz ließ das Lächeln auf Bowens Gesicht in Sekunden gefrieren. »Ich bin mir nicht sicher, was genau du damit sagen willst.«

»Bowen, wir beide wissen ganz genau, was ich da andeute. Ich habe von deinen Schuldscheinen erfahren, die du bei diversen dubiosen Veranstaltungen hinterlassen hast. Ein Mann wie du sollte nicht spielen, Bowen. Du bist zu redlich und leicht durchschaubar, ein gefundenes Fressen für skrupellose Betrüger. Dir bleiben ganze vier Tage, um diese Schuldscheine auszulösen, oder du verlierst dein Haus und deine Ländereien.«

Bowen senkte den Kopf. »Ich weiß, und ich habe keine Ahnung, wie ich das Geld dafür auftreiben soll. Das Spiel ist ein übles Laster, dem ich leider zu sehr verfallen bin.« Er vergrub die Hände in seinem bereits ergrauten Haar. »Wenn Fawn davon erfährt, wird sie mir die Hölle heißmachen.«

»Sie weiß also gar nichts davon, dass sie bald ihr Heim verlieren wird?« Francis schüttelte den Kopf. Bowen hatte es Fawn verheimlicht. Wie konnte er nur so weit gehen?

»Nein, mein Freund. Fawn weiß nichts davon. Sie wird todunglücklich sein. Sie liebt dieses Haus und wenn wir es verlassen müssen, wird sie in das Haus meiner Schwester ziehen müssen, um dort als Gouvernante zu leben. Das wird ihr Tod sein«, sann Bowen leise darüber nach, ohne Francis anzusehen.

»Vielleicht kann ich dir behilflich sein.« Francis griff in seine Jackentasche und holte drei Papiere heraus. »Wie der Zufall es will, bin ich in den Besitz deiner Schuldscheine gelangt.« Er hielt sie in die Höhe und legte sie dann auf den Tisch.

»Wie bist du an diese Papiere gekommen?«, fragte Bowen überrascht und ließ die Schuldscheine nicht aus den Augen, als handelte es sich dabei um ein gefährliches Tier.

»Das tut nichts zur Sache. Du solltest dich glücklich schätzen, dass ich sie habe.«

»Aber natürlich wirst du sie mir nicht einfach so überlassen«, warf Bowen ahnungsvoll in den Raum.

»Da vermutest du richtig, mein Freund. Zwei Bedingungen stelle ich: Ich werde dich weiterhin in diesem Haus leben und dir deine Güter lassen, wenn du mir versprichst, dich von den Spieltischen fernzuhalten. Sobald ich dessen gewahr werde, dass du an einem Glücksspiel teilgenommen hast, werde ich die Schuldscheine zur sofortigen Fälligkeit einlösen. Du weißt, was das zu bedeuten hat.«

»Natürlich, Euer Gnaden«, murmelte Bowen ehrwürdig.

»Mein Freund, es besteht kein Grund zur Förmlichkeit. Wir sind weiterhin freundschaftlich verbunden.«

Schweiß trat auf Bowens Stirn. »Und wie lautet deine zweite Bedingung?« Er schien zu ahnen, dass noch etwas Schwerwiegendes auf ihn zukam.

Ein kleines Lächeln trat auf Francis’ Gesicht, als er sich Fawns Reaktion auf seine Forderung vorstellte. Sie würde vermutlich zum ersten Mal ihre Contenance verlieren und aus der Haut fahren. Jetzt würde es schwierig werden. »Ich möchte, dass du mir Fawn zur Frau gibst. Sie soll die neue Duchess of Addington werden.«

»Nein, dem wird Fawn niemals zustimmen«, rief Bowen aufgebracht und stand umständlich auf und stieß dabei seinen Stuhl nach hinten, sodass er laut über den Boden rutschte. »Du weißt nicht, was Fawn durchgemacht hat. Ich werde sie nicht verraten. Nicht für dieses Haus und für keine Ländereien der Welt. Das ist völlig unmöglich.«

Genau diese Antwort hatte Francis erwartet. »Dann tut es mir leid, lieber Bowen. Wenn du nicht bereit bist, mir zu helfen, werde ich es auch nicht sein. Quid pro quo heißt es doch so schön. Ich gebe etwas, dafür bekomme ich etwas. Deine Besitztümer für die Hand deiner Tochter. Ein einfacher Handel.«

»Du hast sie schon einmal gewollt und sie dann sitzen gelassen. Woher soll ich wissen, dass es dir diesmal ernst ist? Ein weiteres Mal verschmäht zu werden, das würde Fawn umbringen.« Bowen setzte sich wieder, weil ihm das Stehen merklich Schmerzen bereitete, und stützte seinen Kopf in die Hände.

»Ich gebe dir mein Wort. Und damit Fawn nicht an der Ernsthaftigkeit meines Angebots zweifelt, will ich, dass die Trauung am Ende der Woche vollzogen wird.«

»Am Ende der Woche? Das ist in drei Tagen. Wie soll ich Fawn in der kurzen Zeit davon überzeugen, dich zu ehelichen?« Bowen blickte Francis ratlos an und schien in Minuten gealtert zu sein. Seine Augen trugen dunkle Ringe, die Haut wirkte grau und eingefallen.

»Mein lieber Bowen, ich bin hier, um von dir einen Gefallen einzufordern. Du weißt, was passiert wäre, hätte ich diese Schuldscheine nicht in meinen Besitz gebracht.«

Resigniert nickte Bowen. »Ja, natürlich. Ich würde in vier Tagen alles verlieren. Nun wird es meine Tochter sein, die ich verliere. Wie kannst du mir keine Wahl lassen?«

»Das ist nur eine Frage der Perspektive. Du verlierst vielleicht deine Tochter, doch Fairfield Heights wird eine neue Herrin gewinnen.«

4

Es kam selten vor, dass Fawn von ihrem Vater in sein Arbeitszimmer gerufen wurde, daher blickte sie James überrascht an, als er ihr die Nachricht überbrachte. Sie schloss das Buch, in dem sie gerade gelesen hatte, und erhob sich.

Den ganzen Vormittag über hatte ihr Vater eine Besprechung mit einem Mann geführt, dessen Namen sie nicht in Erfahrung hatte bringen können, da sich James, der Hausdiener, in Schweigen gehüllt hatte. Nun wollte ihr Vater sie sehen und Fawn betrat voller Ungeduld den Raum.

»Du hast mich rufen lassen, Vater.« Mit einem Lächeln auf den Lippen näherte sie sich dem Schreibtisch, hinter dem ihr Vater saß und sie unheilvoll anblickte.

»Bitte setz dich, mein Kind.« Er stützte die Ellbogen auf die Tischplatte und legte die Fingerspitzen aneinander.

Fawn kam der Aufforderung nach und setzte sich auf die vordere Kante des Stuhls. Ein ungutes Gefühl beschlich sie und sie war viel zu aufgeregt, um es sich bequem zu machen. Es war eindeutig, dass es hier nicht um belangloses Geplauder ging.

»Fawn, ich hatte heute Morgen Besuch vom Duke of Addington«, begann ihr Vater, kam aber nicht weiter.

»Was? Francis war hier? Was wollte er?« Sie wippte ungeduldig mit den Füßen. Warum war er nach all den Jahren in das Haus ihres Vaters gekommen? Früher war er wöchentlich zu Besuch gekommen, doch seit seiner Heirat hatte er sich nicht mehr sehen lassen. Auch nicht, nachdem er Witwer geworden war. Er schien mit ihrer Familie abgeschlossen zu haben.

»Fawn, bevor ich zu dem Grund komme, muss ich dir von einer sehr unerfreulichen Begebenheit berichten.«

»Noch unerfreulicher als der Besuch des Dukes?«, fragte Fawn und hob eine ihrer elegant anmutenden Augenbrauen.

»Bitte, Fawn, unterbrich mich nicht. Es ist ohnehin schon schwer genug, dir davon zu berichten.«

»Du meinst, mir von deinen Spielschulden zu erzählen?« Die Frage rutschte Fawn einfach so über die Lippen, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte.

Die Reaktion ihres Vaters sprach Bände. Sein Gesicht überzog eine Röte, die man sonst nur bei prüden Jungfrauen beobachten konnte.

»Hast du wirklich geglaubt, ich wüsste nicht davon? Es gibt wohl kein Mitglied der Londoner Gesellschaft, das nicht von deinen Geldschwierigkeiten und der Spielsucht weiß. Es ist ein offenes Geheimnis, auch wenn du anscheinend noch nichts davon gehört hast. Wie auch? Du scheinst ja mit Taubheit gegenüber jeglichem Tratsch gesegnet zu sein.«

»Fawn, bitte. Sei nicht so hart.« Es war ein kläglicher Versuch, seine Tochter milde zu stimmen.