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Geschichten für Kinder in 2 Teilen. Im Teil 1 erlebt eine kleine Haselmaus, aus dem Winterschlaf erwacht, ein ganz normales Jahr mit ihren Freunden. Im Teil 2 kommen ungeliebte und gejagte Tiere zu Wort.
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Seitenzahl: 66
Veröffentlichungsjahr: 2018
Hildegard Lehnert
MinnieundDie Gejagten
© 2018 Hildegard Lehnert
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN
Paperback:
978-3-7439-8097-6
Hardcover:
978-3-7439-8098-3
e-Book:
978-3-7439-8099-0
Illustration: Kim Angie Cicuttin, www.kimangiecicuttin.com
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung
Hildegard Lehnert
Minnie
Aus dem Leben einer Haselmaus
PROLOG
Minnie räkelte sich wohlig in ihrem Kobel und wischte sich die großen schwarzen Äuglein aus. Sie war lange und tief abgetaucht, monatelang, wie es ihr vorkam. Die spärliche Luft, die sich an dem mächtigen Baumstumpf vorbei in die Erdhöhle bis zu ihrem Nest vortastete war schon warm, nichts mehr zu spüren von frostigen Nächten, die sie ganz offensichtlich verschlafen hatte.
Es war Ende Oktober gewesen, erinnerte sie sich, und die Nächte erreichten die ersten Minusgrade, als sie ihren Energiesparmodus aktivierte und sich auf den Winterschlaf vorbereitete. Sie hatte sich, geleitet von einem ausgeprägten Überlebensinstinkt, über die Wochen davor schon einen nicht zu kleinen Fettwanst angefressen, zog aus ihrem Kobel im Haselnussstrauch hinter der Scheune in ein 50cm tiefes Erdloch unter dem Stumpf einer längst vergessenen Rotbuche, nicht ohne dieses höchst komfortabel mit Blättern und Moos ausgepolstert zu haben, bunkerte noch ordentlich Nüsse für ihre Aufwachphase und fiel, als alles vollbracht war, zufrieden in einen komaähnlichen Tiefschlaf, genannt TORPOR.
Und jetzt war sie wach. Richtig wach. Und ihr Instinkt sagte ihr – es war Frühjahr. Der Winter war vorbei – Zeit aufzustehen! Sie tastete sich an die Haselnüsse, die dicht bei dem kreisrunden Ausgang ihres Nestes gelagert waren, und bohrte ihre spitzen Zähnchen in die Schale. Ihre Körpertemperatur war schon von Werten knapp über dem Gefrierpunkt auf fast Normalwert gestiegen, ihr Stoffwechsel angeleiert und die kleine Haselmaus hatte einen jesusmäßigen Hunger.
Sie hatte ordentlich an Gewicht verloren, wie sie feststellte. Ein paar Tage würde sie schon brauchen, um ihren Körper wieder in Schwung, die Beine in Bewegung und den Schwanz in Form zu bringen. Deswegen auch der Vorrat an Haselnüssen. Und dann würde sie wieder in ihr Sommerquartier im Haselstrauch neben der Scheune umziehen…wenn denn der Kobel nicht schon von einem irrläufigen Zaunkönig belagert war wie letztes Jahr. Ihre Nester waren sich ja auch wirklich sehr ähnlich, das schon, aber sie konnte dem Zaunkönig klarmachen, dass er sich in fremden Gefilden, nämlich in ihren, befand und der hatte, einsichtig und harmoniebedürftig wie er nun mal war, letztendlich bereitwillig das Feld geräumt. „Minnie!“ flüsterte es von draußen. „ Minnie! Bist Du schon wach?“
OVE! Ove, ihr großer Freund, ihr Beschützer. Natürlich waren Siebenschläfer größer als Haselmäuse, keine Frage, aber das machte ihr nichts aus. Sie waren Freunde und würden es immer bleiben. „Noch nicht so richtig, Ove, aber bald!“ rief sie nach oben…und Ove setzte sich geduldig vor das Erdloch und wartete……..wie so oft……..
Das erste Jahrund wie Minnie Ove kennenlernte
So richtig konnte sich Minnie an ihre Kindheit nicht erinnern, aber ihre Mutter hatte ihr viel erzählt. Sie waren damals 4 Geschwister, 3 Mädchen und ein Bub. Mitten am Tag hatten sie ihre Mutter völlig unvorbereitet aus dem Schlaf gerissen und sich an das Licht der Welt gedrängt, kaum grösser als ein Kleinfingernagel, keine 3 Gramm schwer, blind und nackig. Man schrieb den 10. Juli, die Luft war warm und das Nest weich und geräumig. Das war jetzt 2 Jahre her.
Das erste, woran sie sich erinnerte, war das Licht! Sie war etwa 14 Tage alt und durch Mamas Milch schon wohlgenährt als sie die ersten Sonnenstrahlen durch die immer noch geschlossenen Lider registrierte.
Und dann ging auch alles ganz schnell. Mama brachte ihnen nach und nach bei, was sie für ihr Leben wissen mussten. Sie entwöhnte sie von den geplagten Zitzen, ersetzte langsam die Muttermilch durch Samen, Beeren und Blätter, auch kleine Insekten und Vogeleier bereicherten den Speiseplan. Und mit dem Ausreifen der Zähne kamen die Nüsse an die Reihe.
Sie lernten, wie man kletterte, sie lernten, vor wem sie auf der Hut sein mussten, besonders aufmerksam studierten sie die Bilder von Fuchs, Wildkatze, Hermelin, Greifvögeln, Eulen und Waldkäuzen, die Mama ihnen eintrichterte, alles Feinde, hatte sie gesagt, und trotz des Gepaukes blieb immer noch viel Zeit zum Spielen.
Sie hatten eine schöne, aber kurze Kindheit, und nach 6 Wochen setzte Mama die Bälger vor die Tür. Sie seien jetzt groß genug!!!
Es gibt viel Platz auf der Welt für kleine Haselmäuse, und sie hatte ihren Platz hinter der Scheune in einem alten Haselgebüsch schnell gefunden. Mama hatte sie natürlich auch in die Kunst des Nestbaus eingeweiht, was ihr jetzt gut zu pass kam. Es war nicht so weit von zuhause weg, aber Mama war ein Einzelgänger und sie sollte auch zu einem werden…und so war der Kontakt zu ihr und den Geschwistern völlig abgerissen.
Mit zunehmendem Alter hellte sich ihr dunkles Babyfell bis auf eine leicht gelbbräunliche Farbe auf, Brust und Kehle wurden sogar fast ganz weiß, und sie wuchs heran. Mit 9 Monaten hatte sie das stattliche Gewicht von 23 Gramm bei einer Größe von 8 cm erreicht, der haarige Schwanz trug mit 4 cm das Seinige bei, sodass sie auf eine Gesamtgröße von 12cm kam. Nicht gerade Gardemaß, und sie wäre zufrieden gewesen, wenn nur der Schwanz etwas größer gewesen wäre. Sie wußte, im Idealfall machte bei Haselmäusen die Länge des Schwanzes etwa die Hälfte der Gesamtgröße aus, aber bei ihr war er einfach zu kurz!… und das machte ihr für lange Zeit das Leben richtig schwer. Wochenlang wurde sie, sobald sie ihren Kobel nachts verließ, nicht nur von Artgenossen gemobbt.
„Bei der war wohl ´n Feldmaus mit im Spiel!“
„Stummelschwanz! Stummelschwanz!“…….und als die Attacken nicht mehr nur verbal waren, hielt sie es nicht mehr aus und verließ den Haselstrauch und ihren Kobel gar nicht mehr.
Ihren Vater hatte sie ja nie kennengelernt. Der hatte sich zeitig aus dem Staub gemacht und Mama hatte die Bälger alleine großgezogen. Aber sie hätte sich nie mit einer Feldmaus eingelassen, da war sich Minnie sicher. Und außerdem hatten Feldmäuse einen glatten Schwanz und nicht haarig wie sie!
Sie hatte sich schon ein paar Wochen durchgefressen, Samen und Blätter gab es genug, der benachbarte Brombeerstrauch hatte seine Früchte zur Verfügung gestellt und die Zeit der Nüsse stand vor der Tür, aber ewig würden die Vorräte auch nicht ausreichen………da stand er plötzlich nachts vor ihrer Tür: OVE
Zunächst war er nur als riesiger Schatten vor dem vollen Mond auszumachen, mehr als doppelt so groß wie sie und 6x schwerer, und Minnie hatte ordentlich Angst, aber als er näher kam und mit ruhiger Stimme auf sie einredete wußte sie, das war kein FEIND.
Ove kam aus Friesland – daher der Name.
Durch den Verlust gewachsener Wälder, die ein Siebenschläfer als Rückzugsort unbedingt braucht, war ihm im Norden die Lebensgrundlage entzogen worden, und er hatte keine andere Möglichkeit gesehen, als nach Süden zu flüchten, als WIRTSCHAFTSFLÜCHTLING, wie er sarkastisch bemerkte, denn als solcher war auch er seit langem dem Gespött und Mobbing der Umgebung ausgeliefert, wie eben Minnie auch. „RUCKSACK“ war noch das harmloseste Schimpfwort, was er sich anhören musste. Er hatte sein Revier unweit von Minnie, hatte ihre Lage beobachtet und gesehen, dass sie nicht mehr lange würde durchhalten können. Und so war er gekommen, um seine Hilfe anzubieten.
Sie hatten vieles gemeinsam, wie sie beide feststellten, nicht nur das Mobbing, was sie beide traurig machte. Beide verschliefen sie gerne den Tag, sie im Kobel, er eher in Baumhöhlen, alten Dachgebälken oder Erdlöchern, manchmal ergatterte er sogar einen Nistkasten. Der Nestbau war so gar nicht seine Sache, denn für ein Nest war er zu groß und zu schwer. Das war auch der Grund, warum Minnie ihn nicht zu sich hereinbat. Beide stammten sie aus der gleichen Familie, nämlich der der Bilche. Beide waren nachtaktiv, d.h. nachts wach und auf Pirsch. Beide hielten Winterschlaf, von