Mit mentaler Wettkampfvorbereitung zum Erfolg - Michael Draksal - E-Book

Mit mentaler Wettkampfvorbereitung zum Erfolg E-Book

Michael Draksal

0,0

Beschreibung

Mentale Wettkampfvorbereitung - hier steht, wie's geht! Leistungssportler aufgepasst: Im Training super, im Wettkampf mies? In diesem Handbuch werden Lösungen und echte Hilfen für den "Trainingsweltmeister" dargestellt. Konkrete Handlungsanweisungen, wissenschaftlich fundiert, mit zahlreichen Fotos direkt vom Mentaltraining auf dem Sportplatz.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 211

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Über den Autor

 

 

Michael Draksal ist Sportwissenschaftler und Sportpsychologe mit eigener Beratungspraxis in Leipzig. Seit 1996 berät er Sportler und deren Angehörige sowie Trainer vom Nachwuchs- bis in den Profibereich.

 

Arbeitsschwerpunkte: Trainingslehre, Sportpsychologie, Karrieremanagement.

 

Sein Motto: Alles gelingt dem, der zu warten versteht.

(Wolfgang Pauli – in Anlehnung an Henry W. Longfellow)

 

www.wettkampfvorbereitung.de

Inhalt

Zu diesem Buch

1. Mentales Training – Eine Einführung

2. Mentale Wettkampfvorbereitung im Überblick

3. Motivation

3.1. Terminplanung

3.2. Erfolgsmonitoring

3.3. Umfeldmanagement

3.4. Den inneren Schweinehund überlisten

3.5. Alles aus sich herausholen

3.6. Erholungsoptimierung

3.7. Die Bedeutung von Fehlern & Niederlagen

3.8. Der Durchbruch

3.9. Zusammenfassung

4. Konzentration

4.1. Einführung

4. 2. Modelle der Konzentration

4.3. Die Aufmerksamkeit richtig auslenken

4.4. Vom Denken zum Handeln

4.5. Flow – plötzlich klappt alles wie von selbst

4.6. Konzentrierter Lifestyle

4.7. Systematisches Konzentrationstraining

4.8. Konzentration im Wettkampf

4.9. Zusammenfassung

5. Mentales Techniktraining

5.1. Einführung

5.2. Vorübungen zum Visualisieren

5.3. Skript erstellen

5.4. Knotenpunkte bilden

5.5. Bewegungsgefühle einarbeiten

5.6. Intensitäten bestimmen

5.7. Mentales Techniktraining

5.8. Messverfahren zur Erfolgskontrolle

5.9. Abruf im Wettkampf

5.10. Zusammenfassung

6. Aufbau von mentaler Stärke

6.1. Einleitung

6.2. Prognose und Feedback

6.3. Meine Stärken

6.4. Handlungssicherheit

6.5. Mentales Training unter Belastung

6.6. Psychotricks – mentale Kriegsführung

6.7. Transfer: In Prüfungen mental stark bleiben

6.8. Grenzen

6.9. Zusammenfassung

7. Zusammenfassung

8. Hinweise für Trainer

Literaturverzeichnis

Aktuelles Verlagsprogramm

Register

A

B

C

D

E

F

G

H

K

L

M

N

O

P

Q

S

T

U

V

W

Z

Michael Draksal

 

 

 

 

Mit mentaler Wettkampfvorbereitungzum Erfolg

 

Das große Handbuch für Sportler, Übungsleiter & Trainer

 

 

 

 

Draksal, Michael (2007). Mit mentaler Wettkampfvorbereitung zum Erfolg. 3. überarbeitete & erweiterte Auflage.

Leipzig: DRAKSAL Fachverlag.

ISBN 978-3-932908-16-3

eISBN

 

Gesamtherstellung

DRAKSAL Fachverlag

Postfach 10 04 51

D-04004 Leipzig

Deutschland

 

Cover:

Kathrin Wüstenberg

 

Satz:

Holm Klix

 

Fotos:

Téo Lannié

PhotoAlto.de

Tobias Schall

www.schall-fotos.de

 

E-Book-Konvertierung: Satzweiss.com Print Web Software GmbH

 

 

Als Ergänzung erschienen

 

 

Mentales Training im Leistungssport (DVD) Praxis-DVD für Sportler, Trainer & Sportpsychologen. Laufzeit: ca. 108 Min ISBN/EAN 978-3-932908-04-0

…weitere interessante Produkte in unserem online-Shop

 

www.wettkampfvorbereitung-shop.de

 

 

Die Übungsblätter aus diesem Ratgeber dürfen nur für den privaten Eigenbedarf herauskopiert werden! Wenn Sie Interesse an einer Nutzungslizenz haben, nehmen Sie Kontakt zu uns auf: www.draksal-verlag.de Die unerlaubte Verwendung von urheberrechtlich geschützten Texten ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat!Holen Sie sich die Lizenz, wenn Sie die Texte in Seminaren und Beratungen benutzen möchten.

 

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Genehmigung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung oder auszugsweise Vervielfältigung, Mikroverfilmung und Einspeicherung in elektronische Systeme, sowie für die Verwertung in Beratungen, Seminaren und Vorträgen.

Das vorliegende Buch ist sorgfältig erarbeitet worden. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Eine Haftung des Autors oder des Verlages für Personen-, Vermögens- oder Gesundheitsschäden, die sich aus in diesem Buch gemachten Empfehlungen ergeben, ist ausgeschlossen.

Verwendete Produktnamen sollen nicht zu der Annahme führen, dass diese Bezeichnungen frei verfügbar sind. An einigen Stellen werden Verweise zu Internetseiten gesetzt. Dieser Service soll als Ergänzung der dargestellten Ausführungen verstanden werden. Da sich die Inhalte jedoch dem Einfluss des Draksal Fachverlages entziehen, distanzieren wir uns hiermit ausdrücklich von diesen Seiten und weisen darauf hin, dass für die Inhalte von externen Internetseiten ausschließlich deren Betreiber verantwortlich sind.

 

Bei der Verwendung in Seminaren ist auf dieses Buch hinzuweisen.

 

© 2007 DRAKSAL Fachverlag, Leipzig – Printed in Germany.

Zu diesem Buch

In diesem Buch geht es nicht um Ausdauer, Schnelligkeit, Trainingspläne oder Bewegungstechniken. Es geht um den mentalen Bereich, der auf einem Spitzenniveau heiß diskutiert wird, der aber meiner Ansicht nach auch schon viel früher gefördert werden sollte, im Nachwuchsbereich und zwar als «ganz normale» Ergänzung zum regulären Training.

 

Denn: Ohne hohe Konzentration sind die Fortschritte einfach zu langsam, eine falsche Körperwahrnehmung senkt die Effektivität des Trainings («die richtige Belastungsdosierung»), ohne stabile Motivation kann niemand langfristig Erfolg haben, ohne mentale Vorbereitung auf Wettkämpfe gelingt das Abrufen einer persönlichen Bestleistung zu selten und ohne Entspannungsfähigkeit dauert die Regeneration unnötig lange.

 

In den letzten 15 Jahren hat sich die praktische Sportpsychologie in Deutschland weit entwickelt. Höhepunkt war sicher die mentale Vorbereitung der deutschen Fußballnationalmannschaft, auf die Jürgen Klinsmann besonderen Wert gelegt hat, oder die mentale WM-Vorbereitung der deutschen Handballnationalmannschaft mit dem bekannten Ergebnis des WM-Titels. Der Nutzen des Mentaltrainings ist ja längst wissenschaftlich bewiesen (vgl. FELTZ & LANDERS 1983). Trotzdem ist in vielen Sportarten ein systematisches Durchführen mentaler Übungen immer noch die Ausnahme.

 

Dieses Arbeitsbuch schafft Abhilfe! Weniger theoretisch, sondern ganz praktisch mit mentalen Trainingseinheiten, die entweder direkt in das reguläre Training integriert werden oder ein optimales Ergänzungstraining darstellen. Trainer finden in einem Kapitel über Coaching Hilfestellungen für ihre Trainingspraxis. Natürlich hat ein Buch auch seine Grenzen. Um es ganz deutlich zu sagen:

 

1. Es wird überhaupt nichts bringen, wenn du dir die Übungen nur durchliest

 

2. Es wird wenig bringen, die Übungen nur einmal auszuprobieren – Mentaltraining muss langfristig und regelmäßig durchgeführt werden

 

3. Es gibt Schwierigkeiten, die nicht über ein Buch in den Griff zu bekommen sind, da ein Buch zwangsläufig immer verallgemeinern muss und somit nicht auf deine individuelle Situation eingehen kann

 

Trotz dieser Grenzen, die ein Arbeitsbuch – und sei es noch so praxisnah – hat, liegt im mentalen Bereich die große Chance, schneller voranzukommen als je zuvor, dadurch häufiger Erfolgserlebnisse zu verzeichnen und auf die Art den Spaß am langfristigen Leistungsaufbau nicht zu verlieren.

 

Man muss nicht unbedingt Olympiasieger werden, um zu erfahren, welche Faszination im Wettkampfsport liegt. Diese Faszination, eine antrainierte Leistung vor Publikum zu präsentieren und dafür im Falle eines Sieges hohe Anerkennung zu erhalten – das ist ein Lifestyle mit intensiven Erlebnissen: von bitteren Niederlagen bis zu grandiosen Erfolgen…

 

Ich wünsche dir viel Spaß auf diesem spannenden Weg!

 

Michael Draksal,

im März 2007

1. Mentales Training – Eine Einführung

Frage?

• Hast du eigentlich schon einmal mental trainiert?

• Nein? O.k., ich stelle die Frage anders:Hast du dir schon einmal vor einem Wettkampf irgendwelche Gedanken gemacht?

• Na klar!, wirst du vielleicht jetzt sagen… aber: Allein dieses «sich-Gedanken-Machen» ist bereits mentales Training – nur halt sehr unsystematisch durchgeführt.

 

 

Worauf wirken Gedanken?

1. Physiologie: Gedanken bewirken Reaktionen im Körper, bei der Atmung und dem Muskeltonus, Zittern. Gedanken können dich verkrampfen oder entspannen lassen. Wichtig zur Förderung der Regeneration: Nach 20 Minuten tiefer Entspannung sind bereits 30% Laktat abgebaut!

 

2. Emotionen: Gedanken wirken auf Gefühle – und wir wissen, dass Gefühle wie Freude, Genuss, Lust am Leistungsvergleich usw. am ehesten Höchstleistung fördern. Ebenso will der richtige Umgang mit Niederlagen gelernt sein

 

3. Ärger, Wut, Enttäuschung: nicht schönreden, sondern damit umgehen können!

 

4. Motivation: Man kann sich über die eigenen Gedanken pushen und Leistungsreserven freisetzen – oder man kann sich gedanklich aufgeben und dadurch persönliche Bestleistungen verhindern

 

5. Technik: Es werden Bewegungsabläufe gedanklich durchgespielt, leider oftmals die schlechtesten Versuche, anstatt mal seine besten Aktionen nach einem Wettkampf mental zu verstärken

 

6. Erscheinungsbild & Charisma: Man sieht es jemandem an, wenn er sehr nervös ist. Und wir sind fasziniert von der Selbstsicherheit einiger Menschen. – Wichtiger Punkt für mentale Stärke im Wettkampf! «Sieger zweifeln nicht – Zweifler siegen nicht»

 

 

Übung 1

Was für Gedanken führen wohl nervöse Menschen?Kannst du dich daran erinnern, was du denkst, wenn du im Wettkampf nervös wirst?

 

 

Übung 2

Was für Gedanken führen wohl mental starke Menschen?Kannst du dich daran erinnern, was du denkst, wenn im Wettkampf alles perfekt läuft?

 

 

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Champions im Wettkampf positive, optimistische, zuversichtliche, gewinnorientierte Gedanken führen (ohne sich selbst dabei etwas vorzumachen), während Verlierer bereits in Gedanken das eigene Versagen durchspielen.

 

Manchmal ist es sogar hinderlich, überhaupt etwas zu denken, wie du vielleicht weißt: Wenn es richtig super läuft, dann denkt man gar nicht mehr wirklich darüber nach, was man gerade macht. Man geht einfach in der Bewegung auf und alles scheint völlig mühelos und fast automatisch zu laufen. Diesen optimalen Leistungszustand kann man nicht erzwingen, aber man kann lernen, die richtigen Gedanken zu führen, um dadurch die eigene Leistung von der mentalen Seite her optimal zu unterstützen.

 

Die Wissenschaft, die sich intensiv mit dem Mentaltraining beschäftigt, ist die Sportpsychologie. Da wird zum Teil ein ganz erheblicher Aufwand betrieben, um zu gesicherten Aussagen zu kommen. Hier eine Übersicht.

 

 

Einige interessante Facts

Wer sein praktisches Training mit mentalem Training kombiniert, macht etwa 15% schnellere Trainingsfortschritte, als jemand der nur praktisch trainiert (FELTZ & LANDERS 1983).

 

Mentales Training erhöht die Toleranz gegenüber körperlicher Belastung um ca. 30% (BUND 2004).

 

Sportler, die von ihrer Leistung überzeugt sind, können diese viel besser abrufen als Sportler, die an sich selbst zweifeln (MAHONEY & AVENER 1977).

 

Wenn man sich nur vorstellt, ein Krafttraining durchzuführen, hat dies schon Auswirkungen auf die Kraftentwicklung. In der Studie von YUE (1990) lagen die Kraftzuwächse durch ein mentales Maximalkrafttraining nach 4 Wochen bei 22%! Allerdings im Anfängerbereich und mit kleinen Muskelgruppen. Dennoch ein erstaunlicher Befund, der z.B. bei verletzungsbedingten Trainingspausen relevant wird.

 

Es gibt keinen bedeutsamen Einfluss des Trainingsumfangs auf die Leistungsentwicklung (EMRICH & PITSCH 1998). Besser wird man also nicht durch mehr Training, sondern vor allem durch besseres Training («Qualität vor Quantität»), was ein starkes Argument für ein begleitendes Mentaltraining ist: Reduziere deine Trainingsumfänge und steigere die Effektivität deines Trainings durch mentale Übungen.

 

Mentales Training für Chirurgen & Zahnmediziner: 15% bessere Operationsergebnisse (IMMENROTH 2003) – ein beunruhigendes Ergebnis wie ich finde…

 

Mentales Training mit Bluthochdruck-Patienten: 10mmHg Senkung in 6 Monaten nur durch Vorstellung! (Hildesheimer Gesundheitstraining bei Prof. UNTERBERGER/FH Göttingen)

 

Champions haben ein viel genaueres Bewegungsgefühl als Anfänger. Sie kennen ihren Körper besser und können ihre Körpersignale besser einschätzen. Im Schwimmen zählt das Wassergefühl seit Neuestem mit zu den konditionellen Fähigkeiten! Das ist bahnbrechend, denn es bedeutet, dass das Gefühl im Wasser auf einer Stufe mit Kraft und Ausdauer steht.

 

 

Frage?

Wie fühlst du dich bei deiner Bewegung im Wettkampf? Kannst du deine Leistung richtig einschätzen, wenn dir die gelaufene Zeit/die Weite/das Ergebnis nicht gesagt wird?

 

 

Was gehört noch zum mentalen Training?

1. Ein wichtiger Bereich ist die Leistungsoptimierung und zwar beim Techniktraining, Konditionstraining, der Leistung im Wettkampf und Regeneration.

 

Techniktraining

Sportliche Techniken müssen irgendwie abgespeichert werden, damit es Leistungszuwächse gibt. Diesen Lernprozess kann man optimieren, indem man die Bewegungen gedanklich durchspielt. Das sieht man häufig bei Sportlern, wenn sie vor ihrem Versuch den Ablauf mental durchgehen: Die Augen sind geschlossen, und man kann von außen richtig erkennen, dass diese Sportler gerade ihr «Kino im Kopf» eingeschaltet haben.

 

Konditionstraining

Wir hatten schon gesehen, dass mehr Training nicht gleich mehr Leistung bedeutet. Das Erfolgsprinzip heißt: Trainiere hart, aber gib deinem Körper nach dem Training auch ausreichend Zeit zur Erholung!

Wie viel Erholung ein Sportler braucht, muss jeder selbst merken (Stichwort «Körperwahrnehmung»), denn so etwas kann kein Trainer von außen erkennen. Das mag zunächst erstaunen. Aber überlege einmal: Glaubst du wirklich, dass jeder Mensch gleich reagiert, wenn er 4x pro Woche Krafttraining durchführt? Aus den Studien wissen wir, dass bei Trainingsgruppen ca. 1/3 der Athleten unterfordert, 1/3 überfordert und nur 1/3 optimal belastet ist. Lerntheoretisch und biologisch sinnvoller ist es daher, auf die Signale des Körpers zu hören und wenn dir dein Körper sagt Ich bin heute topfit, fordere mich! dann auch wirklich hart zu trainieren. Wenn dein Körper sagt Ich brauche heute Ruhe! dann auch ganz konsequent regenerative Maßnahmen anzusetzen wie Sauna oder Massage.

Aus diesem neuen Ansatz ergeben sich zwei Folgerungen für die Praxis: 1. Die Bedeutung von Trainingsplänen nimmt ab. 2. Die Bedeutung der Pause nimmt zu. Ich möchte das in diesem Einführungskapitel nicht zu sehr vertiefen, nur so viel: Trainingspläne können immer nur einen Rahmen vorgeben (roter Faden) – aber du musst selbst merken, was dein Körper heute braucht und das dann deinem Trainer mitteilen, damit er genau die richtigen Trainingsreize für den heutigen Tag setzen kann. Probiere dieses intuitive Training einfach mal aus… du wirst feststellen, dass dein Körper viel mehr Pause benötigt als allgemein angenommen. Oder anders ausgedrückt: Um am Wettkampftag topfit zu sein, kann es durchaus sein, dass du deine letzte Krafttrainingseinheit 14 Tage vorher absolvierst!

Nur wer hat schon die Nervenstärke, vor einem Wettkampf nicht zu trainieren – aber genau das folgt aus diesem neuen Ansatz und als prominentes Beispiel wird dazu immer Sebastian Coe zitiert, der 1979 einen Weltrekord über 800m mit 1:42,33 Min aufgestellt hat. Wie kam es dazu?

Coe trainierte hart, musste jedoch aufgrund einer Verletzung und wegen seiner Abschlussprüfung an der Uni das Training im Winter 1978 bis Anfang 1979 komplett einstellen. Erst im Mai – nach bestandenem Examen – fing er überhaupt wieder an zu trainieren, um 12 Wochen später persönliche Bestzeit und Weltrekord zu laufen. Genauso wie Seb Coe berichten auch andere hart trainierende Athleten, wie gut sie sich plötzlich nach einer Pause fühlten. Der Körper braucht harte Reize, keine Frage. Aber mindestens genauso wichtig ist die trainingsfreie Zeit danach für die Anpassungsreaktion. Und diese benötigte Zeit scheint viel länger zu sein, als bisher angenommen.

 

 

Leistung im Wettkampf

Es liegen Welten zwischen einem Hochsprung im Training und einem Hochsprung im Finale der deutschen Meisterschaft! Auch hier helfen mentale Trainingsformen, die antrainierte Leistung unter Prüfungsbedingungen besser abrufen zu können. Bei der mentalen Wettkampfvorbereitung versucht man, sich an die Bedingungen des Wettkampfes zu gewöhnen.

 

Ein interessantes Experiment hierzu: Es wurden zwei Gruppen gebildet, die Vokabeln lernen sollten. Die eine Gruppe lernte an Land, die zweite Gruppe im Taucheranzug unter Wasser. Nach der Lernphase wurde getestet. Dafür wurde jede Gruppe in zwei Teilgruppen aufgeteilt, und zwar sollte die eine Hälfte jeder Gruppe den Test an Land durchführen, die andere Hälfte sollte den Test im Taucheranzug unter Wasser durchführen.

 

Ergebnisse:

 

- Die Personen, die an Land gelernt hatten, waren auch beim Test an Land super

 

- Die Personen, die unter Wasser gelernt hatten, waren auch beim Test unter Wasser super

 

- Die Personen, die an Land gelernt hatten und nun unter Wasser getestet wurden, versagten völlig

 

- genauso wie die Personen, die unter Wasser gelernt hatten und nun an Land getestet wurden

 

Erklärung: Wir lernen nicht nur die eigentlichen Inhalte (Techniken, Bewegungen, Taktik, Verhalten), sondern auch stets die Bedingungen, die beim Lernen vorherrschen. Wenn wir die Inhalte nun unter anderen Bedingungen reproduzieren sollen, haben wir damit ein Problem!

 

Konsequenzen für die Trainingspraxis: Wurftechniken, Bewegungen, Taktiken und Verhaltensregeln im Training durchzugehen, ist immer nur der erste Schritt, denn es ist genauso wichtig die Bedingungen des Wettkampfes zu trainieren. Dieses Bedingungslernen ist das Grundprinzip der mentalen Wettkampfvorbereitung: Man hat nur einen Versuch, der zählt, Anwesenheit von Zuschauern & Kampfrichtern, vom Ergebnis hängen Konsequenzen ab, ungewohnter Ort, ungewohnte Zeit usw.

Auf diesen Aspekt werde ich später noch detailliert eingehen.

 

Regeneration

Oft wird Mentaltraining auf Entspannungstraining reduziert. Fakt ist, dass gezielte Entspannung die Körperwahrnehmung und die Regeneration fördert. Dass Mentaltraining jedoch noch viel mehr als Entspannungstraining ist, sollte bereits jetzt deutlich geworden sein.

 

 

2. Mentale Trainingsformen können eingesetzt werden, um den langfristigen Leistungsaufbau zu unterstützen. Die Stichwörter sind Umfeldmanagement, Erfolgsplanung, Psychologie der Höchstleistung und nachsportlicher Karriereverlauf.

 

Umfeldmanagement

Die sportliche Leistung ist immer auch abhängig von der allgemeinen Lebenssituation. Du kennst das doch: Wenn es in der Schule stressig wird und viele Klassenarbeiten anstehen, fällt es dir schwer, im Wettkampf den Kopf frei zu bekommen. Oder schon vorher: Wenn du eigentlich für die Klassenarbeit lernen müsstest, aber gerade heute eine Leistungsdiagnostik im Training ansteht – hierzu gibt es hilfreiche Techniken des Zeitmanagements, die wir noch besprechen werden.

 

Erfolgsplanung

Erfolg ist tatsächlich planbar. Champions haben vor allem eines gelernt, nämlich Niederlagen zu nutzen, um danach noch schneller voranzukommen: Es sind gerade die Niederlagen, die einen Lernimpuls auslösen, den man ohne die bittere Erfahrung der Niederlage niemals in dieser Intensität gehabt hätte. Hierzu gibt es zahlreiche Beispiele von grandiosen Leistungen, die alle erst nach Niederlagen erreicht wurden. Damit man dieses Tal der Tränen bis zum Ende durchwandert und nicht an den Niederlagen verzweifelt (an den Erfahrungen also, die im Grunde die Leistungsentwicklung mehr als alles andere beschleunigen), helfen mentale Übungsformen.

 

Psychologie der Höchstleistung

Was unterscheidet den Experten vom Abbrecher? Hierzu gibt es in der Sportpsychologie einen eigenen Forschungszweig («Expertiseforschung»), wo man bereits eine ganze Reihe an erstaunlichen Ergebnissen gefunden hat. Ganz interessant ist die Sache mit der Konzentration: Ein Champion konzentriert sich so sehr beim Training, dass im Prinzip jede Trainingseinheit für ihn neu ist.

Wenn wir eine neue sportliche Technik lernen, sind wir aufmerksam und konzentriert bei der Sache. Dadurch machen wir schnelle Lernfortschritte und schon bald beherrschen wir diese Bewegung. Unser Organismus ist nun so angelegt, dass er seine mentalen Ressourcen möglichst schonen möchte, das heißt, sobald die neue Technik einigermaßen klappt, verringert sich die benötigte Konzentration und die Bewegungen laufen zunehmend automatischer und «müheloser» ab. Das ist für das Abrufen der gelernten Techniken im Wettkampf auch genau richtig, denn wer zu viel über seine Bewegungen nachdenkt, bremst sein Verhalten. Im Wettkampf muss daher alles ganz automatisch, mühelos und wie von selbst ablaufen, auch wenn die Technik zu dem Zeitpunkt noch fehlerbehaftet ist. Nach dem Wettkampf geht es allerdings weiter und jetzt kommt der entscheidende Punkt: Der Organismus ist so angelegt, dass er diese automatisch ablaufenden Bewegungen auch weiterhin ohne größere Anstrengungen produzieren möchte, sprich möglichst automatisch. Wenn wir uns also weiter verbessern wollen, müssen wir im Training extrem konzentriert arbeiten und allen natürlichen Automatisierungstendenzen widerstehen. Und das ist mit hoher Anstrengung verbunden!

 

Der dreifache Olympiasieger, fünffache Weltmeister und zwölffache Weltrekordler im Schwimmen, Michael Groß, bringt es auf den Punkt. Auf die Frage, ob ihm das ständige Bahnenziehen nicht langweilig werde, sagte er: Ich habe noch nie eine Bahn wiederholt!

Damit ist gemeint, dass wir im Training gar nicht aufmerksam genug arbeiten können! Es geht darum, aus jeder Bahn, jeder Runde, jedem einzelnen Versuch den maximalen Lernimpuls zu ziehen. Für den Champion ist jede Bewegung im Training neu, auch wenn sie schon tausendfach wiederholt wurde. Wer nicht mit jeder Körperfaser dabei ist, fällt zurück in seinen Bewegungsautomatismus. Dort gibt es keine oder kaum Verbesserungen, zumindest sind die Fortschritte weit weniger vorhanden als beim aufmerksamen Training. Daraus erklärt sich eine Beobachtung, die Uta Pippig (Weltrekordhalterin im Marathon mit 2:21,45 Std, Boston-Marathon) einmal über ihr Training folgendermaßen zusammenfasste: Das Beste am Training ist die Dusche danach! Das eigentliche Training ist extrem hart und anstrengend, muss extrem hart und anstrengend sein, wenn man ganz nach vorne kommen will. Viele Champions berichten daher, dass sie kaum Spaß haben während einer Trainingseinheit! Aber umso mehr Spaß vor dem Training (Vorfreude) und nach dem Training (Freude darüber, richtig gut trainiert zu haben). Der Weltklasse-Athlet freut sich zwar riesig auf das Training und empfindet auch danach große Freude. Er hat aber nicht wirklich Spaß während der Trainingseinheit, sondern beschreibt seine Empfindungen dort eher mit den Begriffen hochkonzentriert, besonders aufmerksam, diszipliniert, zielorientiert, analytisch, angestrengt. Der Punkt ist sicherlich jetzt klar geworden. Achte mal auf deine Empfindungen vor, während und nach dem Training. Und versuche durch ein entsprechendes Verhalten («so tun, als ob») die effektivsten Gemütszustände aktiv herbeizuführen.

 

Nachsportlicher Karriereverlauf

Was kommt nach dem Sport? Hier hilft eine solide Karriereplanung, die dir als Athlet eine Menge bringt, nach der Devise: Du weißt, dass alles geregelt ist, um es als Profi zu versuchen – und wenn die Sportlerkarriere irgendwann zu Ende ist, stehen dir danach viele Türen offen.

Mit dieser Gewissheit im Rücken, kann man während des Trainings natürlich viel besser abschalten. Nur wer will schon während der aktiven Zeit an die nachsportliche Karriere denken? Solche Karriereplanungen kommen daher meist von außen (müssen sogar von außen kommen, weil man als Leistungssportler den Überblick nicht hat, sozusagen den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht). Ein seriöser Mentaltrainer stellt den Sport stets in einen größeren Zusammenhang und wird rechtzeitig deine nachsportliche Karriere thematisieren, nicht zuletzt deshalb, um dadurch deine Leistungsentwicklung während der aktiven Zeit zu beschleunigen.

 

 

3. Desweiteren helfen mentale Übungen bei der Prävention von Sportverletzungen, bzw., wenn es doch zu Verletzungen gekommen ist, beim mentalen Aufbautraining nach Sportverletzungen

 

Eine Sportverletzung ist in den allermeisten Fällen Ausdruck von Unstimmigkeiten im Training und/oder in anderen Lebensbereichen. Es ist eindeutig erwiesen, dass Champions ihre Körpersignale viel besser verstehen können und dementsprechend darauf reagieren. Solche Übungen zur Steigerung der Körperwahrnehmung können speziell zur Prävention von Sportverletzungen eingesetzt werden.

Während einer verletzungsbedingten Trainingspause geht es inhaltlich beim Mentaltraining um die Bereiche Zielverschiebung und neue realistische Zielsetzung, Umgang mit Enttäuschungen, mentales Techniktraining, Aufbau von mentaler Stärke.

 

 

4. Trainerberatung (Kommunikation & Coaching), Beratung für Eltern und Lebenspartner von Leistungssportlern

 

Der Einfluss des Trainers auf die Entwicklung des Sportlers ist enorm. Ebenso zeigen Biografien von Leistungssportlern wie wichtig die Unterstützung der Eltern ist. Wenn man Mentaltraining ganzheitlich auffasst, sollten immer auch Trainer, Eltern & Lebenspartner in den Trainingsprozess einbezogen werden.

 

 

5. Für Profis ist noch der Bereich «Umgang mit Medien» relevant (Kameratraining)

 

Profis wirken oft unglaublich souverän vor der Kamera. So etwas kann natürlich durch ein spezielles Medientraining gefördert werden.

 

 

Frage?

Wie wichtig ist also der mentale Bereich im Vergleich zum Ausdauer-, Kraft-, Schnelligkeits- und Techniktraining – was meinst du?Und wie viel Trainingszeit verwendest du bisher auf das Ausdauertraining, Krafttraining, Schnelligkeitstraining, Techniktraining, Mentaltraining?Es ist an der Zeit, den mentalen Bereich endlich systematisch anzugehen.