Mit siebzehn hat man noch Träume - Miranda Lee - E-Book

Mit siebzehn hat man noch Träume E-Book

Miranda Lee

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Beschreibung

Mit siebzehn träumt Paige davon, Antonio zu erobern - mit 23 scheint sie am Ziel. Denn kaum nach Hause zurückgekehrt, führt ihre Jugendliebe sie aus - und weder sie noch Antonio können sich der erotischen Faszination dieser Nacht entziehen. Von Antonios Absprache mit ihrem Vater ahnt Paige jedoch ebenso wenig wie von den Skrupeln, die Antonio deswegen hat …

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Seitenzahl: 202

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IMPRESSUM

Mit siebzehn hat man noch Träume erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 1999 by Miranda Lee Originaltitel: „The Blackmailed Bridegroom“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 1320 - 2000 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Susann Willmore-Gartell

Umschlagsmotive: AntonioGuillem GettyImages

Veröffentlicht im ePub Format in 3/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733755843

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Der Jumbojet, der am Flughafen von Mascot eintraf, hatte sich um zwanzig Minuten verspätet. Antonio war einer der ersten Passagiere, die das Flugzeug verließen. Der Vorsitzende der europäischen Abteilung von Fortune Productions sah nicht gerade so aus, als hätte er einen anstrengenden vierundzwanzigstündigen Flug von London nach Sydney hinter sich. Sein modischer grauer Anzug saß weiterhin tadellos, keine Knitterfalten waren zu sehen. Er hatte das glatte schwarze Haar nach hinten gekämmt und war frisch rasiert. Die dunklen Augen sahen klar und erholt in die Welt.

Natürlich hing dies mit den Vorzügen eines Fluges in der ersten Klasse zusammen.

Aber Antonio Scarlatti war nicht immer auf diese luxuriöse Weise geflogen. Er wusste, wie es war, stundenlang gedrängt in einem Zug zu stehen, keine Zeit zum Schlafen zu haben und dann auf Leute zu treffen, die die Nase über ihn rümpften, weil sein Anzug zerknittert und sein Job alles andere als prestigeträchtig war.

Er hatte nicht die geringste Absicht, auf dieses Niveau wieder herabzusteigen. Es war ihm gelungen, ganz nach oben an die Spitze zu gelangen, und dort wollte er auch bleiben. Die Welt war für Gewinner da. Und für die Reichen. Mit vierunddreißig war Antonio endlich beides.

Die Firmenlimousine stand mit laufendem Motor am üblichen Platz für ihn bereit. Antonio stieg hinten ein und ließ sich erleichtert in die weichen Polster sinken.

„Morgen, Jim“, begrüßte er den Chauffeur.

„Morgen, Tone.“

Antonio lächelte leise. Er war wieder in Australien, das ließ sich nicht leugnen. In London und überall sonst in Europa sprachen ihn die Fahrer nur mit „Mr. Scarlatti“ an. Aber hier war alles viel zwangloser. Außerdem kannten Jim und er sich jetzt schon seit vielen Jahren.

Schön, wieder zu Hause zu sein, dachte Antonio. Endlich konnte er dem üblichen Rummel einmal für zwei Wochen entgehen. In seinem Vertrag stand, dass er alle drei Monate zwei Wochen lang nach Hause fliegen und sich dort erholen konnte. Das war auch nötig, denn für gewöhnlich arbeitete er sieben Tage in der Woche. Es war seine Aufgabe, die vielen hundert Fernsehprogramme, an denen Fortune Productions die Rechte besaß, an die europäischen Fernsehsender zu verkaufen und dafür Werbung zu machen. Dieser Job beschäftigte ihn rund um die Uhr.

„Direkt nach Hause, Jim“, sagte er und schloss die Augen. Er hatte sich vor einigen Jahren ein luxuriöses Apartment gekauft, das einen wunderbaren Blick auf das Hafenbecken von Sydney bot. Er konnte es kaum noch erwarten, den Komfort, den die Wohnung bot, zu genießen. In den letzten Tagen war er von einem Termin zum anderen gehetzt und hatte viele wichtige Leute treffen müssen. Jetzt brauchte er nur noch Ruhe und Frieden.

„Tut mir leid, Tone, aber daraus wird nichts“, entgegnete der Chauffeur, während er an der langen Reihe von Taxen vorbeifuhr, die dort auf die nächsten Passagiere warteten. „Der Boss möchte, dass du mit ihm frühstückst.“

Antonio öffnete die Augen und stöhnte leise. Er hoffte, dass es sich bei diesem Frühstück nicht um eines jener Medientreffen handelte, für die Conrad eine Schwäche hatte und die er von Herzen verabscheute.

„Und wo, zum Teufel, soll das stattfinden?“, fragte er irritiert.

„Im Taj Mahal.“

„Na, wenigstens etwas“, murmelte Antonio.

Das Taj Mahal war Jims Spitzname für Conrad Fortunes Residenz in Darling Point. Der Name war gut gewählt. Es gab in der Gegend nur wenige Gebäude, die so protzig waren. Und Darling Point war einer der exklusivsten Vororte von Sydney.

Die Außenfassade des Hauses zierten mehr Säulen als das Kolosseum, im Foyer lag mehr Marmor aus als im Britischen Museum, und die Statuen und Springbrunnen im Garten hätten einer römischen Villa alle Ehre gemacht. Hinter dem Haus befanden sich ein solarbeheizter riesiger Swimmingpool und zwei Tennisplätze.

Antonio fand das Haus ausgesprochen geschmacklos. Aber es war gleichzeitig auch imponierend, daran konnte kein Zweifel bestehen. Junge Debütantinnen rissen sich geradezu um Einladungen auf eine von Conrads berühmten Partys, zu der Prominente aus dem ganzen Land kamen. Magazine und Fernsehprogramme berichteten live über diese Ereignisse, und alle wollten wissen, was sich hinter den gut gesicherten hohen Mauern abspielte.

„Hast du eine Idee, was der alte Knabe von mir will?“, fragte Antonio stirnrunzelnd.

„Keine Ahnung“, erwiderte Jim.

Antonio gab es auf, darüber nachzudenken. Er würde den Grund schon noch erfahren.

Fünfzehn Minuten später hielt die Limousine in der Einfahrt an. Diesmal ging Jim um den Wagen und öffnete Antonio die Tür.

„Das wirst du nicht brauchen“, bemerkte er, als Antonio nach seinem Laptop greifen wollte.

Antonio warf ihm einen scharfen Blick zu. Jim wusste also doch, was Conrad von ihm wollte. Es sah ganz so aus, als wäre es keine geschäftliche Angelegenheit.

Das wurde ja immer merkwürdiger!

Auf sein Klingeln hin öffnete die Haushälterin ihm die Tür. Evelyn musste etwa Ende vierzig sein. Sie war eine füllige, mütterliche Frau, genauso bieder wie alle anderen Hausangestellten. Nachdem Conrad einmal in seinem Leben auf ein Hausmädchen hereingefallen war, das ebenso attraktiv wie ehrgeizig gewesen war, hatte er seine Lektion gelernt. Obwohl er inzwischen fast siebzig war, interessierte er sich noch immer sehr für das andere Geschlecht. Man munkelte, dass er drei Geliebte habe – eine hier in Sydney, eine in Paris und eine auf den Bahamas.

Evelyn war jetzt bereits seit über zehn Jahren seine Haushälterin. Sie war tüchtig und zuverlässig. Aber was noch wichtiger war, sie war sehr verschwiegen, besonders der Presse gegenüber.

„Mr. Conrad erwartet Sie bereits“, sagte sie zu Antonio. „Er ist im Salon.“

Der Salon führte hinaus auf die Terrasse, die an den Pool grenzte. Die hohen Fenster lagen nach Nordosten, was bedeutete, man hatte das ganze Jahr über Licht. An einem Wintermorgen war dieser Raum ein richtiger Traum. Im Sommer wurde es dort allerdings trotz der Klimaanlage manchmal sehr heiß. Auch im Frühling war es schön, dann besaß die Luft eine erfrischende Kühle.

Conrad saß an dem großen, ovalen Glastisch in der Mitte des Raums. Er trug einen dunkelblauen Morgenmantel. Trotz seines fortgeschrittenen Alters besaß er noch immer eine volle silbergraue Haarmähne. Auffallend waren seine stechenden hellblauen Augen. Als Antonio eintrat, begutachtete sein Boss ihn von Kopf bis Fuß. Antonio blieb dies natürlich nicht verborgen. Was fiel dem alten Knaben ein, prüfte er ihn etwa auf seine Tauglichkeit als Serienstar? Was mochte er von ihm wollen?

„Setzen Sie sich, Antonio“, befahl Conrad. „Wie wär’s mit einem schönen starken Kaffee?“ Ohne Antonios Antwort abzuwarten, nahm er die Kaffeekanne und goss ihm eine Tasse ein.

„Also, was ist los? Warum wollten Sie mich sprechen?“, fragte Antonio, nachdem er die Tasse entgegengenommen hatte.

Conrad warf ihm einen abschätzigen Blick zu, und Antonio spürte erneut, wie sich ihm der Magen zusammenzog. Er wusste instinktiv, dass ihm das, was sein Boss ihm zu sagen hatte, nicht gefallen würde.

„Paige ist wieder da“, verkündete dieser unvermittelt.

Na und, hätte Antonio fast gefragt? Was war daran so ungewöhnlich?

Conrads unberechenbare Tochter war seit ihrem siebzehnten Lebensjahr immer wieder von zu Hause fortgelaufen. Genauso regelmäßig war sie auch wieder zurückgekehrt, etwa im Abstand eines Jahres. Aber kaum war sie wieder da, hatte sie meist auch schon begonnen, ihre Koffer zu packen. In den meisten Fällen hatte sie ihrem Vater verkündet, dass sie mit Freundinnen zusammenziehen werde. Aber in dem Bericht des Privatdetektivs, den ihr Vater engagiert hatte, stand meist, dass sie mit einem gut aussehenden Mann zusammengezogen war, einem Künstler oder Musiker. Paige hatte offensichtlich eine Schwäche für kreative Menschen. Natürlich teilten sie mehr als nur den Kühlschrank miteinander.

Zuerst hatte Conrad sich Sorgen gemacht, dass man Paige wegen ihres Geldes ausnutzen würde. Eine ganze Familie hätte ohne Probleme von der monatlichen Überweisung leben können, die er seiner Tochter schickte. Aber merkwürdigerweise hatte Paige von Anfang an nicht einen Penny von dem Geld angerührt. Dabei hatte es sich um beträchtliche Summen gehandelt. Als Conrad feststellen musste, dass sie das meiste davon an Greenpeace überwiesen und sich einen Job gesucht hatte, hatte er die Zahlungen eingestellt.

„Dann soll sie doch arbeiten, wenn sie es unbedingt will“, hatte er damals wütend zu Antonio gesagt. Aber natürlich gefiel es ihm gar nicht, wenn er erfuhr, dass sie als Kellnerin in irgendeinem Café oder als Barfrau in einem Club arbeitete.

Seine größte Angst bestand allerdings darin, dass Paige von einem ihrer Wohngemeinschaftsfreunde schwanger wurde und das Baby dann mit nach Hause bringen würde. Babys waren Conrad ein Gräuel. Und dieser Umstand brachte Antonio auf eine Idee.

„Sie ist doch nicht zufällig schwanger, oder?“, fragte er besorgt.

„Nein, aber sie wird ziemlich viel Ärger bekommen, wenn nicht langsam etwas passiert, das versichere ich Ihnen. Wussten Sie eigentlich, dass sie nächste Woche dreiundzwanzig Jahre alt wird?“

Antonio war überrascht. Wie schnell die Zeit vergangen war!

„Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie alles probiert haben“, sagte er aufrichtig. Die meisten Mädchen hätten sich um das gerissen, was Paige alles hatte. Ein wunderschönes Heim. Designerkleidung. Eine monatliche Zuwendung, die einer Prinzessin würdig gewesen wäre. Aber sie hatte alles zurückgewiesen.

„Nein“, sagte Conrad in diesem Moment. Er sah Antonio scharf an. „Es gibt etwas, was ich noch nicht probiert habe.“

„Und das wäre?“

„Heirat“, verkündete Conrad. „Einen Mann zu heiraten, der sie im Griff hat.“

Antonio konnte nicht anders, er musste einfach lachen.

„Sie glauben doch wohl nicht ernsthaft, dass Paige einen Mann heiraten würde, den Sie ihr ausgesucht haben, oder?“

„Nein, natürlich nicht. Ich dachte mehr an einen Mann, den sie sich ausgesucht hat. Um es genau zu sagen, habe ich an Sie gedacht.“

Antonio blickte ihn entgeistert an.

„An mich?“ Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet.

„Ja, an Sie. Jetzt tun Sie doch nicht so, als würde Sie das groß überraschen. Meinen Sie, ich wüsste nicht, was passiert ist, bevor Paige damals zum ersten Mal von zu Hause fortgelaufen ist? Nachdem ich den Privatdetektiv engagiert habe, hat er als Erstes unser Personal interviewt. Jemand hat den kleinen Zwischenfall am Pool zwischen Paige und Ihnen mitbekommen. Das hätten Sie nicht gedacht, was?“

Als Antonio die Situation erklären wollte, bedeutete Conrad ihm, zu schweigen.

„Sie brauchen sich vor mir nicht zu rechtfertigen“, verkündete er. „Meiner Meinung nach haben Sie genau das Richtige getan. Woher hätten Sie auch wissen können, dass das kleine Dummchen Ihre Zurückweisung so ernst nehmen und mit gebrochenem Herzen davonlaufen würde?“

„Aber ihr Herz war doch gar nicht gebrochen“, erwiderte Antonio empört. „Jedenfalls hat sie nicht lange gezögert, sich den nächsten Liebhaber zu angeln. Mit ihrem Kummer kann es also nicht weit her gewesen sein.“

„Aber ein Mädchen vergisst ihre erste Liebe niemals.“

„Unsinn! Ich war nie ihre erste Liebe. Das hat sie sich alles nur eingebildet.“

Das war ja unglaublich! Er hatte Paige damals noch nicht einmal geküsst. Er war sehr höflich zu ihr gewesen, als sie in den Ferien aus dem Internat nach Hause gekommen war, und er hatte sich öfter angeregt mit ihr unterhalten, wenn sie sich zufällig trafen. Er hatte damals als Conrads persönlicher Assistent gearbeitet, es war sein erster Job bei Fortune Productions gewesen. Niemand war überraschter gewesen als er, als Paige sich ihm an jenem Tag am Pool praktisch in die Arme geworfen und ihm ihre glühende Liebe gestanden hatte.

Natürlich war dies nur die Schwärmerei eines verliebten Teenagers gewesen, und er hatte die Sache dementsprechend behandelt. Trotzdem war ihm klar, dass Paige die personifizierte Verführung für jeden Mann war, denn sie war außerordentlich hübsch. Außerdem hatte sie an jenem denkwürdigen Tag einen so knappen Bikini getragen, dass er den Blich kaum hatte abwenden können. Er hatte nämlich eine Schwäche für blonde Frauen, besonders für große, schlanke blonde Frauen mit blauen Augen, mit einer großen Oberweite und einer Taille, die man mit zwei Händen umspannen konnte.

All dies besaß Paige in reichem Maß. Antonio hatte sie damals resolut zurückgewiesen und ihr klipp und klar erklärt, dass er ihre Gefühle nicht erwidere. Er konnte sich auch noch erinnern, sie als ein dummes kleines Ding bezeichnet zu haben.

Das hatte nicht gestimmt, wie er sich selbst eingestehen musste. Sie mochte ein dummes kleines Ding sein, aber sie war gleichzeitig ungewöhnlich hübsch und sehr, sehr sexy. Als er sie an manchen Abenden beim Essen in ihren kurzen, engen Kleidern gesehen hatte, hatte er viele verbotene Träume gehabt. Wenn Paige die Tochter eines anderen Mannes gewesen wäre, wäre die Szene am Pool vielleicht anders verlaufen. Aber Antonio lag viel an seinem Job, und er würde ihn bestimmt nicht wegen eines jungen Mädchens aufs Spiel setzen, das die Tochter seines Bosses war.

Vielleicht hätte ich sie nicht so brutal zurückweisen sollen, hatte er im Nachhinein gedacht. Es war ihm nicht entgangen, wie gedemütigt sie sich hinterher gefühlt hatte. Sie hatte sogar Tränen in den Augen gehabt. Und natürlich hatte er sich auch Vorwürfe gemacht, als er erfuhr, dass sie fortgelaufen und nicht zur Schule zurückgekehrt war. Das war kurz vor ihrer Abschlussprüfung gewesen.

Doch als der Privatdetektiv wenig später berichtete, dass sie an der Nordküste mit einem Surfer zusammenlebe, der viel älter war als sie, hatten sich Antonios Schuldgefühle gelegt. Offensichtlich besaß die Hütte, in der die beiden ihr romantisches Leben lebten, nur ein einziges Schlafzimmer. Man konnte sich also unschwer vorstellen, was sich dort abspielte. Die Beziehung war ganz gewiss nicht nur rein platonisch. Paige hatte es auch gar nicht bestritten, als Antonio höchstpersönlich auf Conrads Bitte dort aufgetaucht war, um sie wieder zurückzuholen.

Antonios Ego hatte einen schweren Schlag erlitten, als er sah, wie gleichgültig sie ihn begrüßt hatte. Sie schien über ihre Schwärmerei schnell hinweggekommen zu sein. Aber die Gefühle, die er vielleicht für sie hätte entwickeln können, lösten sich schnell in Luft auf, als er sah, unter welchen Umständen sie mit ihrem Freund lebte.

In seinen Augen bedeutete Paige nichts Gutes, mit ihr hatte man nur Ärger. Deshalb vermied er auch jede Begegnung mit ihr, was glücklicherweise nicht so schwer war. Zuletzt hatte er sie auf Conrads letzter Weihnachtsparty im vorigen Jahr gesehen. Damals hatte sie ein extrem kurzes rotes Cocktailkleid getragen, das reizvolle Einblicke in ihr Dekolleté gewährte. Verärgert hatte Antonio sich eingestehen müssen, dass er sie am liebsten auf der Stelle in ihr Schlafzimmer getragen, dort ausgezogen und die ganze Nacht geliebt hätte.

Stattdessen hatte er versucht, sie zu ignorieren, und sich alle Mühe gegeben, sich um seine damalige Begleiterin, eine Anwältin, die ebenfalls für die Firma arbeitete, zu kümmern.

Seit jenem denkwürdigen Abend hatte er Paige nicht mehr gesehen, schließlich hatte er sie komplett vergessen. Und jetzt machte ihr Vater ihm diesen Vorschlag!

„Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Conrad“, erwiderte er kopfschüttelnd.

„Es ist mein voller Ernst.“

„Aber die Idee ist doch absurd!“

„Ja? Warum? Damals war sie bis über beide Ohren in Sie verliebt, ob Ihnen das nun gefällt oder nicht. Glauben Sie etwa, ich hätte nicht gemerkt, wie Frauen auf Sie reagieren? Wenn Sie wollten, könnten Sie jede haben. Ein junges Mädchen wie Paige sollte für Sie doch gar kein Problem sein.“

„Aber ich will gar nicht, dass sie sich in mich verliebt“, entgegnete Antonio heftig. „Und ich habe auch nicht vor, sie zu heiraten. Schlagen Sie sich die Sache aus dem Kopf.“

„Darf ich fragen, warum?“

Antonio hätte es ihm erklären können, wenn er gewollt hätte. Es war noch gar nicht so lange her, da hatte er sich unsterblich verliebt – ausgerechnet in die Tochter seines ehemaligen Bosses. Er war davon ausgegangen, dass Lauren ihn genauso liebte wie er sie. Aber als es dann um ihre Entscheidung ging, hatte sich herausgestellt, dass sie doch nicht bereit war, sich mit einem Mann zu verbinden, dessen Eltern italienische Einwanderer gewesen waren und der außer seinem guten Aussehen wenig vorzuweisen hatte. Antonio hatte damals als Weinhändler gearbeitet und ein durchschnittliches Gehalt bezogen. Aber das hatte Lauren nicht genügt. Er war für sie nur eine kurze Episode gewesen, dann hatte sie sich schließlich in die Arme eines Mannes geflüchtet, der ebenso reich war wie ihr Vater.

Antonio hatte das sehr getroffen. Er war am Abend ihrer Verlobung total betrunken auf der Party erschienen und hatte ihr eine Szene gemacht. Natürlich war er sofort gefeuert worden, und es hatte mehrere Monate gedauert, bis er einen neuen Job gefunden hatte. In der Zwischenzeit hatte er von der Hand in den Mund gelebt. Als Conrad ihn schließlich als persönlichen Assistent engagiert hatte, war er überglücklich gewesen. Wahrscheinlich war ihm die Tatsache, dass er über fünf Sprachen fließend sprach, dabei zu Hilfe gekommen.

Seit jenem Tag hatte Antonio wie ein Verrückter gearbeitet, um kontinuierlich in der Firma aufzusteigen. Jetzt war er fast an der Spitze, und er dachte nicht im Traum daran, alles, was er erreicht hatte, für ein verwöhntes junges Ding aufs Spiel zu setzen.

„Falls ich jemals heiraten sollte, Conrad“, sagte er eisig, „muss ich in diese Frau unsterblich verliebt sein.“ Dass das geschehen würde, war ziemlich unwahrscheinlich.

Als sein Boss darauf nichts erwiderte, fragte er nach: „Wenn ich mich weigere, kostet es mich dann meinen Job?“

Conrad schüttelte entschieden den Kopf.

„Nein, natürlich nicht. Wofür halten Sie mich?“

Diese Frage wollte Antonio lieber nicht beantworten. Aber es war allgemein bekannt, dass man nicht aus reiner Menschenliebe zu einem der reichsten Männer Australiens wurde. In den sechs Jahren, in denen er für Conrad arbeitete, hatte Antonio viele Informationen über dessen Geschäftsmethoden gesammelt.

Conrad kam von ganz unten. Er war der Sohn bettelarmer polnischer Immigranten und hatte damals seinen Namen von Fortuneski in Fortune verändert. Er hatte das Glück gehabt, einer der Männer der ersten Stunde für das australische Fernsehen zu sein. Das war in den fünfziger Jahren gewesen. Er hatte als Kameramann angefangen, später eine eigene Firma gegründet und schließlich die Rechte für eine amerikanische Game Show erworben, die wie eine Bombe eingeschlagen hatte. So hatte er seine erste Million gemacht. Dem waren weitere Game Shows und noch mehr Millionen gefolgt. In den sechziger Jahren war er dann der Erste gewesen, der eigene Soaps entwickelt hatte, darunter eine Serie, die besonders sexy und skandalös war. Durch diesen Erfolg wurde sein Vermögen noch vermehrt, und inzwischen zählte Fortune Productions zu den größten Firmen im Lande.

Conrad hatte immer für seine Arbeit gelebt und nicht im Traum daran gedacht, jemals zu heiraten. Damals war er erst fünfundvierzig Jahre alt gewesen. Aber dann hatte er den Fehler gemacht, seiner Haushälterin freie Hand gegeben, das Personal nach Belieben einzustellen und auch zu feuern, und sie hatte Paiges Mutter engagiert, damit sie bei Tisch bediente. Es kam, wie es kommen musste. Nach einem längeren alkoholisierten Abendessen wurde Paige gezeugt.

Für Conrad war dies ein Schlag ins Gesicht gewesen. Doch angesichts der drohenden Vaterschaft hatte er das einzig Richtige getan und die Frau geheiratet. Natürlich hatte er gehofft, dass sie ihm einen Sohn schenken würde, der irgendwann einmal das Geschäft übernehmen konnte. Stattdessen wurde Paige geboren.

Die Verbindung zwischen ihm und der Frau war nicht sehr glücklich, und als sie nach einem Jahr mit einem Vertreter nach Amerika floh, war Conrad nicht besonders erschüttert gewesen. Antonio vermutete, dass die Nachricht ihres Todes, sie war wenige Jahre später an einer Überdosis Schlaftabletten in einem New Yorker Hotel gestorben, Conrad ebenfalls wenige schlaflose Nächte beschert hatte.

Er war schließlich kein besonders sentimentaler Mann.

„Ich habe vor, mich gegen Ende des Jahres aus dem Geschäft zurückzuziehen“, fuhr Conrad in diesem Moment fort. Antonio kehrte schlagartig in die Gegenwart zurück. „Ich plane, für die restlichen Jahre auf den Bahamas zu leben. Dann wird natürlich meine Position als Vorstand der Firma frei. Ich möchte Ihnen hiermit mitteilen, dass ich Sie als meinen Nachfolger ausersehen habe“, setzte er genüsslich hinzu.

Antonio hielt den Atem an. Das war ja eine fantastische Nachricht!

„Aber nur, wenn Sie bis dahin mein Schwiegersohn sind.“

„Das ist ja ungeheuer“, rief Antonio wütend aus. „Wissen Sie, wie man das nennt? Erpressung!“

Conrad schüttelte den Kopf.

„Sie irren sich, mein Lieber. So pflegt man, Geschäfte zu machen, das ist alles. Wer kann sich besser um eine Firma kümmern als ein Mitglied der Familie? Als Italiener sollten Sie doch wissen, wovon ich spreche.“

Antonio konnte sich nur noch mühsam zurückhalten.

„Und was passiert, wenn ich ablehne?“

„In diesem Fall würde ich Brock Masters dasselbe Angebot machen. Er kommt meiner Meinung nach ebenfalls für diesen Job infrage – für beide Jobs.“

Antonio biss sich auf die Lippe. Brock Masters war Vorsitzender der North American Division. Nach außen hin war er sehr charmant, aber man konnte ihm nicht trauen. Er war zwar sehr attraktiv, aber seine Moralvorstellungen glichen denen des Marquis de Sade.

„Er würde die Firma ruinieren“, sagte Antonio entsetzt. „Und er würde Ihre Tochter zerstören“, setzte er hinzu.

„Wenn Sie das wirklich glauben“, meinte Conrad, „wissen Sie doch, was zu tun ist.“

„Hat Ihnen schon einmal jemand gesagt, dass Sie völlig skrupellos sind?“

„Schon öfter.“

„Wollen Sie deshalb, dass ich Ihre Tochter heirate?“

Conrad schüttelte den Kopf. Er wirkte plötzlich sehr ernst.

„Paige braucht endlich einen richtigen Mann, nicht immer diese Jungen, mit denen sie sich umgibt. Einen richtigen Mann, der ihr Grenzen setzt und der ihr aber auch das gibt, was sie braucht.“

„Und das wäre?“

„Was alle Frauen sich wünschen. Liebe, natürlich.“

„Aber Conrad! Verdammt noch mal, Sie wissen doch ganz genau, dass ich sie nicht liebe.“

Conrad zuckte die Schultern.

„Liebe ist doch sowieso nur eine Illusion. Sagen Sie Paige einfach, dass Sie sie lieben. Solange der Sex zwischen Ihnen beiden gut ist, wird sie den Unterschied gar nicht merken. Und ich gehe davon aus, dass er gut sein wird. Die Damen scheinen in dieser Hinsicht ja alle sehr zufrieden mit Ihnen zu sein.“

Antonio starrte seinen Boss an. Einen Moment lang tat ihm Page fast leid, weil sie einen so kaltblütigen Mann zum Vater hatte. Aber er war natürlich auch nicht dumm, und er wusste ganz genau, dass seine Tage bei Fortune Productions gezählt waren, wenn er das Angebot ablehnte. Brock Masters war sein schärfster Konkurrent. Er würde sich alle zehn Finger nach einem solchen Angebot lecken. Es gab natürlich immer die Möglichkeit, dass er kündigte und sich nach einem anderen Job umsah. Aber er hatte schon viel in die Firma investiert, und natürlich lag ihm seine Karriere sehr am Herzen. Die Vorstellung, dass Conrad seine einzige Tochter mit einem Mann verkuppeln wollte, der für seine Kokainsucht, seine amoralische Haltung und seine perversen Vorlieben bekannt war, gefiel Antonio ganz und gar nicht.

Nein, das hatte Paige nicht verdient, auch wenn sie ein naives junges Ding sein mochte.

Er gab sich einen Ruck und nickte.

„Also gut“, sagte er entschlossen. „Ich nehme Ihr Angebot an. Aber ich möchte, dass wir alles schriftlich festhalten.“

„Natürlich, mein Junge.“ Conrad strahlte. „Gar kein Problem. Ich werde sofort meinen Anwalt bitten, ein entsprechendes Schreiben aufzusetzen. Wenn Sie heute Abend zum Dinner kommen, können Sie es gleich mitnehmen.“

Antonio sah ihn stirnrunzelnd an. „Heute Abend?“

Conrad nickte.

„Ich dachte, je früher Sie loslegen, desto besser. Schließlich müssen Sie in vierzehn Tagen wieder in London sein. Eine kleine Romanze wird Ihnen gut tun. Paige könnte dann als Ihre Verlobte gleich mit Ihnen zurückfliegen.“

Antonio blickte ihn ungläubig an.

„Sie erwarten doch wohl nicht, dass es so schnell geht, oder? Glauben Sie, sie willigt in so kurzer Zeit ein, mich zu heiraten?“