Modelle - Vorbilder - Leitfiguren - Hans Mendl - E-Book

Modelle - Vorbilder - Leitfiguren E-Book

Hans Mendl

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Beschreibung

Autonomie und Selbstverantwortung zählen zu den wichtigsten Erziehungszielen. Da scheint der Blick auf Andere keinen Platz zu haben. Doch kann der Prozess einer Selbstbildung ohne die Orientierung an anderen Personen und Vorbildern gelingen? Wir benötigen Impulse von außen, um uns an ihnen zu orientieren, aber auch uns gegen sie abzugrenzen und so das eigene Leben zu gestalten. Wie hat man sich ein solches Lernen an fremden Biografien vorzustellen? Welche Personen eignen sich dafür? Was sind attraktive religiöse Modelle, die zur Entwicklung eigenen Glaubens beitragen können? Denn auch in der religiösen und moralischen Erziehung geht man aus guten Gründen von einem Subjektansatz aus. Wie also müssen Leitfiguren gestrickt sein, damit sie bei der Suche nach eigenem Leben und Glauben förderlich sind?

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Religionspädagogik innovativ

Herausgegeben von

 

Rita Burrichter

Bernhard Grümme

Hans Mendl

Manfred L. Pirner

Martin Rothgangel

Thomas Schlag

Band 8

Die Reihe „Religionspädagogik innovativ“ umfasst sowohl Lehr-, Studien- und Arbeitsbücher als auch besonders qualifizierte Forschungsarbeiten. Sie versteht sich als Forum für die Vernetzung von religionspädagogischer Theorie und religionsunterrichtlicher Praxis, bezieht konfessions- und religionsübergreifende sowie internationale Perspektiven ein und berücksichtigt die unterschiedlichen Phasen der Lehrerbildung. „Religionspädagogik innovativ“ greift zentrale Entwicklungen im gesellschaftlichen und bildungspolitischen Bereich sowie im wissenschaftstheoretischen Selbstverständnis der Religionspädagogik der jüngsten Zeit auf und setzt Akzente für eine zukunftsfähige religionspädagogische Forschung und Lehre.

Hans Mendl

Modelle – Vorbilder – Leitfiguren

Lernen an außergewöhnlichen Biografien

Verlag W. Kohlhammer

1. Auflage 2015

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Satz: Andrea Siebert, Neuendettelsau

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-026348-2

E.Book-Formate:

pdf:       ISBN 978-3-17-026349-9

epub:    ISBN 978-3-17-026350-5

mobi:    ISBN 978-3-17-026351-2

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich.

Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Vorbilder im Wandel der Zeiten

1.1 Vorbilder – „in“ oder „out“?

1.1.1 Vorbilder – einst „in“

1.1.2 Vorbilder – kritisiert und dann „out“

1.1.3 Das „Auswandern“ der Vorbilder aus der Pädagogik

1.1.4 Renaissance der Vorbilder

1.1.5 Lernaufgaben und Literaturhinweise

1.2 Vorbilder – Orientierungsmarken in postmoderner Pluralität

1.2.1 Vorbilder: Ein sozialwissenschaftliches Rätsel

1.2.2 Die Zeitsignatur: Postmoderne als Herausforderung

1.2.3 Die Notwendigkeit: Die „Kinder der Freiheit“ im „Wahlzwang“

1.2.4 Die Herausforderung: Jugendliche auf der Suche nach Sinn

1.2.5 Das Ziel: Fit werden für den Umgang mit Pluralität

1.2.6 Das Desiderat: Orientierungsmarken benennen!

1.2.7 Das Exempel: Orientierung an fremden Biografien

1.2.8 Die Gesellschaftliche Bedeutung: Heroen für die Zivilgesellschaft

1.2.9 Die Leuchttürme: Engagement vs. Cocooning

1.2.10 Lernaufgaben und Literaturhinweise

1.3 Das Personal – mediale oder alltägliche Vorbilder?

1.3.1 Das semantische Grundproblem

1.3.2 Große Vorbilder – mediale Stars dominieren

1.3.3 „Mutter ist die Beste!“ – Familiäre Vorbilder dominieren

1.3.4 Vorbild und Geschlecht

1.3.5 Abgründe der empirischen Sozialwissenschaften: ein Resümee

1.3.6 Rückkehr der Helden?

1.3.7 Eine Lanze für die „mittlere Ebene“

1.3.8 Ein Überangebot an fremden Biografien

1.3.9 Begriffsklärung

1.3.10 Lernaufgaben und Literaturhinweise

2. Konzepte der Vorbildthematik: theologisch, lernpsychologisch, religionspädagogisch

2.1 Der Himmel aller Heiligen – theologische Modelle

2.1.1 Heilige – Realsymbole für das, was Christsein ausmacht?

2.1.2 Heilige als Spiegelungsfiguren

2.1.3 Zieloption 1: asketische Heiligkeit

2.1.4 Zieloption 2: weltverwobene Heiligung

2.1.5 Von der Alltagsheiligung zur schrittweisen Vervollkommnung

2.1.6 Linux versus Microsoft

2.1.7 Den Himmel weiten – die Hütt’n der Heiligen füllen!

2.1.8 Lernaufgaben und Literaturhinweise

2.2 Lernpsychologische Modelle

2.2.1 Abschied von einem einseitigen Vorbild-Begriff

2.2.2 Verhaltenstheorie: Bewunderung und Nachahmung

Die Alltagsrelevanz des Nachahmungslernens

Helden und die Entwicklung eines moralischen Universums

Identitätsbildung und nachahmendes Erproben von Lebensmöglichkeiten

Handlungslernen: Orientierung an Personen

Problematisierung von Bewunderung und Nachahmung

Resümee: die Grenzen der Wertübertragung

2.2.3 Lernen am Modell

Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Verstärkungsprozess

Werterhellung und Wertkommunikation

Chancen und Grenzen des Lernens am Modell

2.2.4 Lernen als Problemlösen: Diskursethik

Diskursethik: moralisch und politisch argumentieren lernen

Diskursethik konkret

Wertentwicklung und Wertkommunikation

Grenzen der Diskursethik

2.2.5 Projektlernen

Compassion – ethisch handeln lernen

Lernen an professionellen Helfern

Weitere interpersonelle Projektideen

Chancen und Grenzen des Projektlernens

2.2.6 Spiegelneurone – Rehabilitation des Nachahmungslernens?

„Warum ich fühle, was du fühlst“

Spiegelneurone und orientierendes Lernen

Kritische Anfrage: Entscheidungsfreiheit?

2.2.7 Integration von Nachahmungs-, Modell-, Diskurs- und Handlungslernen

2.2.8 Lernaufgaben und Literaturhinweise

2.3 Religionspädagogische Folgerungen

2.3.1 Ausgangs- und Zielpunkt: die lernenden Subjekte

2.3.2 Religionspädagogische Zielbereiche eines Lernens an fremden Biografien

2.3.3 Religionsdidaktische Implikationen

2.3.4 Verzicht auf unmittelbare Transfers? Die Rolle der Lehrkraft

2.3.5 Kriterien für die Personenauswahl

Dilemmataugliche Entscheidungssituationen

Gelebtes Ethos

Offenheit für Anti-Typen

Biografische Prägnanz

Motivtransparenz

Reale und fiktive Personen und Personengruppen

Zieloption: Modelle, Vorbilder, Leitfiguren als Spiegelfolien für orientierendes Lernen

Kriterienraster für die Suche nach Modellen, Vorbildern und Leitfigur

2.3.6 Lernaufgaben und Literaturhinweise

3. Modelle, Vorbilder, Helden

3.1 Local heroes – Helden auf Augenhöhe

3.1.1 Problemanzeige und Herausforderung

Darf’s ein bisschen mehr sein?

Vorteile der Local heroes

Spurensuche – Wahrnehmungsschulung

Die Fundorte und Beispiele im Überblick

Was macht Menschen zu Helden?

3.1.2 Lernchancen

Alltagsheiligung

Ausflüge in gute Welten

Das Ziel: Unterbrechung jugendlicher Gleichgültigkeit

Religiöse Deutungsmuster

3.1.3 Lernfelder – Personengruppen

Jugendliche lernen an Jugendlichen

Lebensgeschichtliche Ausblicke: Orientierung an Erwachsenen

Die Bedeutung historischer Local heroes

Den Horizont weiten: „Peace Counts“

Lernen an Menschen mit Beeinträchtigungen

3.1.4 Didaktische Perspektiven

Im Kontakt mit den Local heroes: Bill Pucas Projektidee

„Ich kann den Augenblick besser machen“ (Walter Bichlmeier)

Die Chance neuer Medien: Skype & Co.

Die Balance zwischen Stolz und Bescheidenheit

Helden müssen nicht perfekt sein!

3.1.5 Projektideen: Beispiele in Hülle und Fülle

Porträt Leah – Kontakt mit leukämiekranken Kindern über das Internet

Porträt Andreas & Co. – ehrliche Finder

Projekt Wendelstein: „Unsere tolle Typen“ – „Wir als kleine Helden“

Porträt Pfarrmesner Georg Wagner – ein grenzenloser Helfer

… und die Folgen?

3.1.6 Lernaufgaben und Literaturhinweise

3.2 Heilige, Helden und Heroen

3.2.1 Problemanzeige und Herausforderung

Die mehrfache Bedeutung „großer“ Heiliger

Die pädagogische Anfrage: Nachteile „großer“ Christen

Die theologische Anfrage: Überhöhung legendarischer Darstellungen

Die psychologische Anfrage: Fehlgeleitete Heiligkeitsideale

Die verständliche Folgerung: „Bitte mach keinen Heiligen aus mir!“

3.2.2 Lernchancen

Zwischen Weltflucht und Weltgestaltung

„Abenteurer Gottes“ als Repräsentanten einer gutenWelt

Gegentrends zur „in“- und „out“-Gesellschaft

Transzendierung des Alltags – heilige Scheu

Heilige als Spiegelfolien und Hoffnungszeichen

Lernperspektiven: kulturgeschichtlich, gesellschaftlich, anthropologisch

3.2.3 Lernfelder und Personengruppen

Die großen Heiligen

Kirchengeschichte in der eigenen Region begegnen: Local Christians

Fiktive Biografien

3.2.4 Besondere Lernmodalitäten

Die Notwendigkeit: Große Christen „erden“

Konflikt- und Entscheidungssituationen thematisieren

Wechselseitige Anfragen: Didaktik des Dialogs

Oral history – im Gespräch mit Zeitzeugen

Renaissance der christlichen Namenspatrone

Zum Schluss: Ein kleiner Eignungs-Check

3.2.5 Lernaufgaben und Literaturhinweise

3.3 Lernen an biblischen Personen

3.3.1 Herausforderung und Problemanzeige

Der garstige Graben zwischen Bibel und Heute

Biblische Personen – nachahmenswert?

Biblische Personen – reduziert und kaschiert

Petrus – ein frommer Fels in der Brandung – oder ein Mensch wie wir?

3.3.2 Lernchancen

Dialogische Bibelarbeit

Biblische Personen als Resonanzräume für eigene Erfahrungen

Narrative Identität

Ermutigende Lebensentwürfe und Handlungen

Die Chance von Leerstellen in biblischen Geschichten

3.3.3 Lernfelder und Personengruppen

Die Bedeutung biblischer Beziehungsgeschichten

Die andere Stimme: Frauengestalten der Bibel

Frauen und Männer am Rande

Konkrete Impulse für einen Dialog mit biblischen Personen

3.3.4 Beispiele und besondere Lernmodalitäten

Kain und Abel – vom Lohn der Arbeit

Josef – ein Spiegel für das, was Mensch-Sein ausmacht

Der barmherzige Outlaw

Der reich gedeckte Tisch

3.3.5 Lernaufgaben und Literaturhinweise

3.4 Jesus Christus

3.4.1 Herausforderung und Problemanzeige

Jesus Christus – ein Vorbild?

Die Nachfolge Christi – Christus als Leitbild

Jesus, das vorbildliche Kind?

Jesus und die Kinder

Jesus und die Jugendlichen

3.4.2 Lernchancen

Jesus als Lehrer diakonischer Liebe

Jesus als Prophet

Jesus als Mahner des Gotteswichtigen

Jesus als Lehrer der Gottesbeziehung

Jesus, ein menschenfreundlicher und lebensfroher Mensch

Jesus und die Torheit des Kreuzes

3.4.3 Lernfelder und Beispiele

Jesus-Spiegelungen in der Medienwelt

Jesus nachbilden – mit Jesus ins Bild kommen

„Sie nahmen Jesus beim Wort“

3.4.4 Lernaufgaben und Literaturhinweise

3.5 Medienhelden

3.5.1 Herausforderung und Problemanzeige

Die Wahrnehmungsbrille: Vorbild oder Idol

Getaufte Stars

Kinder und Medienhelden: Souveräner als man meint

3.5.2 Lernchancen

Eine andere Haut überziehen

Filmhelden als „Spiegel“

Identitätsbildung durch (Film-)Helden

3.5.3 Lernfelder und Beispiele

Daily Soaps: voll das Leben!

Jungs und Sportler, Mädchen und Stars

Altersangemessene Vorbilder wahrnehmen

Thematische Nähe und Altersverschiebung

Erfolg – ein attraktives Motiv auch für „Underdogs“

Jede Zeit hat ihre medialen Helden

Vom Helden zum Kind und Jugendlichen

3.5.4 Lernaufgaben und Literaturhinweise

3.6 Lehrerinnen und Lehrer als Vorbild

3.6.1 Herausforderung und Problemanzeige

„Ich bin superwichtig!“

„Be a teacher – be a hero“ – der Ausgangspunkt

Lehrerprestige im Wandel

Das Bundesverdienstkreuz für Lehrerinnen und Lehrer?

3.6.2 Lernchancen

Erwartungen an Lehrerinnen und Lehrer – Anregung zur Selbstreflexion

Vorbild, Denkanstoß oder Spiegel?

3.6.3 Religionslehrende als Vorbilder: Lernfelder und Beispiele

Religionslehrerinnen und -lehrer als Vorbilder? – Normative Ansagen

Religionslehrende im Spiegel empirischer Studien

Religionslehrerinnen und -lehrer als Beziehungskünstler

„Fast alles hängt vom Lehrer ab“

Religionslehrerinnen und -lehrer als „personales Medium“

Selbstreflexion: Religionslehrerinnen und -lehrer als Vorbilder?

3.6.4 Lernaufgaben und Literaturhinweise

3.7 Eltern als Vorbild

3.7.1 Herausforderung und Problemanzeige

Eltern: die Top-Vorbilder!

Vom Wandel eine Beziehungsmusters

Transformation der familiären Streitkultur

Der andere Straßengraben – Kinder und Eltern brauchen Grenzen!

3.7.2 Lernchancen

Grüße an die Eltern: Ihr seid unsere Vorbilder!

Anregungen zur innerfamiliären Kommunikation

3.7.3 Eltern als religiöse Vorbilder: Lernfelder und Beispiele

Zwischen Hauskirche und privatisierter Religion

Sprachlose Vorbilder im Glauben

Alphabetisierungshilfen im Leben und Glauben

„Wenn Dein Sohn, wenn Deine Tochter Dich fragt …“

3.7.4 Lernaufgaben und Literaturhinweise

3.8 Gebrochene Biografien

3.8.1 Herausforderung und Problemanzeige

„Du schaffst alles, wenn du nur willst!“

Die Theologie des kritisch gebrochenen Vorbilds

3.8.2 Lernchancen

Identität entwickeln – fragil, narrativ, dynamisch

Die breite Palette gebrochener Biografien

3.8.3 Lernfelder und Beispiele

Lernen an Antihelden

Lernen an biblischen Sündern

Größe im Sterben

Umgang mit Gebrochenheit und Scheitern

3.8.4 Lernaufgaben und Literaturhinweise

4. Didaktisch-methodische Hinweise

4.1 Diskursethische Methodenvielfalt

4.1.1 Dialogisch-diskursethische Grundmethoden

4.1.2 Die Bedeutung von moralischen Dilemmageschichten

4.1.3 Dilemmageschichten aufbereiten – ein Beispiel

4.1.4 Diskursethik konkret: Eine Muster-Mindmap für die Bearbeitung

4.1.5 Ein globales diskursethisches Diskussionsmodell

4.1.6 Der Vorteil indirekter Empathieangebote

4.1.7 Lernaufgaben und Literaturhinweise

4.2 Methodische Tipps – alphabetisch geordnet

4.2.1 Methoden von A–Z

4.2.2 Lernaufgaben und Literaturhinweise

4.3 Die Datenbank Local heroes

4.3.1 Die Entstehung und das Ziel der Local-heroes-Homepage

4.3.2 Das Herzstück: Die Beispiele der Local heroes

4.3.3 Der reflektierte Umgang mit der Datenbank

4.3.4 Der interaktive Ansatz der Homepage Local heroes

4.3.5 Die Unterstützer

4.3.6 Die sonstigen Serviceleistungen der Datenbank

4.3.7 Lernaufgaben und Literaturhinweise

4.4 Die Ausstellung „Helden auf Augenhöhe“

4.4.1 Die Entstehung und das Ziel der Local-heroes-Ausstellung

4.4.2 Die erkenntnissteuernde Kraft der Beispiele und Bilder

4.4.3 Didaktische Steuerungselemtente

4.4.4 Lernaufgaben und Literaturhinweise

5. Literaturverzeichnis

6. Personen- und Namensregister

Einleitung

 

Bilde dich selbst, und dann wirke auf andere durch das, was du bist!

Wilhelm von Humboldt

 

Brauchen Menschen heute Vorbilder? In einer Zeit, zu deren Signatur die radikale Individualisierung zählt, drängt sich die Frage nach einem Lernen an anderen Personen nicht unmittelbar auf. Selbstverwirklichung ist die Chiffre für das Bildungsideal des modernen Menschen. Autonomie und reflektierte Selbstverantwortung zählen zu den wichtigsten Erziehungszielen. Da hat der Blick auf andere keinen Platz.

Gleichzeitig hat sich der Mythos der Moderne, der selbstbestimmte Mensch könnte sich aus eigenen Kräften eine stabile Identität stiften, längst verflüchtigt. Der Prozess der Selbstentwicklung scheint ohne die Orientierung an anderen Personen, an Modellen, Vorbildern, Leitfiguren, Helden, Heiligen und Idolen nicht zu gelingen. Es gibt deshalb gute Argumente, die gegen die Vorstellung von Lernen im Sinne einer reinen Selbstentfaltung sprechen: Wir benötigen Impulse von außen, um dann in Auseinandersetzung, Orientierung und Abgrenzung dazu das eigene Leben zu gestalten.

Zudem hat das Materialobjekt unseres Interesses auch eine immense gesellschaftliche und politische Bedeutung: Es handelt sich um Menschen, die mutig, entschieden, zivilcouragiert agierten und agieren. Deshalb bedarf es neben der Förderung einer individuellen Verantwortlichkeit auch einer ideologiekritischpolitischen Reflexion und Ausweitung (Grümme 2009, 90–93): Gerade Zivilgesellschaften sind auf Menschen angewiesen, die über den Tellerrand hinausschauen und prosozial Verantwortung übernehmen; das stellt aber auch kritische Anfragen an das Funktionieren und die Schwachstellen politisch-sozialer Bedingtheiten.

Aber selbst wenn man zum Ergebnis kommt, dass auch am Leben anderer gelernt werden kann und muss: Wie stellt man sich ein solches Lernen an fremden Biografien vor? Welche Personen eignen sich mehr dafür und welche weniger? Haben die heutigen Kinder und Jugendlichen überhaupt Vorbilder?

Und wenn ja: Sind das für heutige Kids nicht in erster Linie die bekannten Idole aus der Glanz- und Glimmerwelt der Medien?

Als Religionspädagoge frage ich weiter: Was sind attraktive religiöse Vorbilder, die zur Entwicklung eigenen Glaubens beitragen können? Denn auch in der religiösen Erziehung geht man aus guten Gründen von einem Subjektansatz aus. Wie müssen Heilige gestrickt sein, damit sie bei der „Suche nach eigenem Glauben“ (Schweitzer 1996a) förderlich sind? In welchen Personen steckt moralisches Potenzial, das die Entwicklung des eigenen moralischen Universums fördern kann?

Das Buch ist so konzipiert, dass man es auch kapitelweise lesen und – je nach Interesse und Vorwissen – durchaus auch mit einem anderen als dem ersten Kapitel beginnen kann. Jedes Kapitel endet mit einer Zusammenfassung der zentralen Erkenntnisse und lädt über die angefügten kompetenzorientierten Aufgaben zu einer Verarbeitung des Gelesenen ein.

In den ersten beiden Hauptkapiteln erfolgt von verschiedenen Perspektiven aus eine grundsätzliche und allgemeine Annäherung an die Vorbildthematik: Unter „Vorbilder im Wandel der Zeiten“ soll mit Rückgriff auf sozialwissenschaftliche Daten dargestellt werden, in welchen Wellenbewegungen die Thematik im letzten Jahrhundert mehr oder weniger bedeutsam war: Nach einer Phase der Verabschiedung des Vorbilds in der Gesellschaft und in der Pädagogik lässt sich in den letzten 15 Jahren eine Renaissance des Vorbilds belegen. Im nächsten Kapitel versuche ich, Motive für die Trendwende zu ergründen: Wieso braucht der postmodern individualistisch ausgerichtete Mensch fremde Personen als Orientierungsmarken?

Eine kritische Darstellung der wichtigsten empirischen Untersuchungen zum Thema erfolgt mit dem Ziel einer Klärung: Welche Vorbilder dominieren heute – öffentliche oder private, nahe oder ferne, große oder kleine? Die Vorgehensweise mag manchem zu kleinschrittig und pingelig erscheinen, sie strebt jedoch eine differenzierte Analyse der sozialwissenschaftlichen Studien und in manchen Teilen eine Entmythologisierung zentraler Untersuchungen zum Thema an.

In einem nächsten Schritt werden konzeptionelle Eckdaten zur Bedeutung von Vorbildern und zur lernpsychologischen Begründung eines Lernens an fremden Biografien erläutert: Zunächst erfolgt eine theologische Reflexion mit Bezug auf den Begriff des „Heiligen“: Welche Konzepte von „Heiligkeit“ gibt es in Theologie und Kirche, und welches ist das tragfähigere für die heutige Welt? Dem schließt sich die Frage an, welche lernpsychologischen Konzepte einer Orientierung an fremden Biografien existieren und mit welchen moralpsychologischen Vorstellungen ethischer Erziehung sie korrespondieren. Hier soll deutlich werden, dass in pädagogischen Kontexten nie nur die Frage des „Vorbilds an sich“ gestellt werden kann; als „Vorbild für mich“ kommen immer auch entsprechende Vorstellungen über passende und fragwürdige Lernprozesse bei einer Auseinandersetzung mit fremden Biografien ins Spiel.

Religionspädagogische Folgerungen schließen diese beiden grundlegenden ersten Kapitel ab; sie münden in eine Beschreibung von Kriterien, die handlungsleitend für die Auswahl fremder Biografien sein können.

Im zentralen dritten Kapitel werden die grundsätzlichen Überlegungen an verschiedenen Personen und Personengruppen konkretisiert: An welchen fernen und nahen, großen und kleinen, realen und fiktiven Personen kann denn überhaupt etwas gelernt werden? In jedem der folgenden Kapitel wird jeweils eine Personengruppe genauer betrachtet. Jedes Teilkapitel ist nach demselben Aufbauprinzip konzipiert: Unter „Herausforderung und Problemanzeige“ wird die soziologische und pädagogische Besonderheit der jeweiligen Gruppe unter die Lupe genommen und unter „Besondere Lernchancen“ ihr Lernpotenzial erhoben. Mit zahlreichen Beispielen sollen diese Vorüberlegungen dann konkretisiert werden: Wie kann religionspädagogisch verantwortet an fremden Biografien unterschiedlicher Couleur gelernt werden? Weiterführende Literaturhinweise und kompetenzorientierte Aufgabenstellungen runden die Kapitel jeweils ab.

Die Darstellung beginnt mit den Local heroes. Sie nehmen in diesem Band eine besondere Stellung ein, weil sich damit ein eigenes Forschungsprojekt, eine Internet-Präsentation und eine Wanderausstellung verbinden, die in den Kapiteln 4.3 und 4.4 noch genauer erläutert werden.

Im nächsten Kapitel werden Notwendigkeit, Grenzen und Chancen einer Orientierung an großen Persönlichkeiten, Helden und Heiligen reflektiert. Dabei wird bereits einleitend verdeutlicht, dass der Fragehorizont (Heilige als Vorbilder) die Bedeutungsvielfalt des Heiligen und der Heiligen bewusst einschränkt, um von da aus mögliche Lernwege zu skizzieren.

In der Bibel begegnen uns interessante und provozierende Personen gleichermaßen. Ausgelotet werden soll, unter welchen Bedingungen einer dialogischen Bibelarbeit auch an diesen Biografien gelernt werden kann.

„Jesus Christus – ein Vorbild?“ So lautet die Überschrift des nächsten Kapitels. Das Fragezeichen ist schon deswegen berechtigt, weil ein historischer Rückblick zeigen wird, wie sehr dieser Jesus Christus zu allen Zeiten fragwürdig war – allerdings pädagogisch gelegentlich auch sehr fragwürdig als Vorbild thematisiert wurde. Aufgezeigt werden in diesem Kapitel auch neuere Modelle orientierenden Lernens an Jesus Christus.

Danach stehen „Idole, Stars und Sternchen“ im Mittelpunkt – jedoch nicht unter abwertender Perspektive, sondern mit dem Ziel, die Attraktivität dieses Personenkreises und das sich hier bietende Potenzial für Entwicklungsprozesse von Kindern und Jugendlichen unvoreingenommen wahrzunehmen.

Die beiden folgenden Kapitel sind den am meisten verkannten Vorbildern gewidmet – den Lehrern und den Eltern.

Abschließend wird das Lernpotenzial von „Gebrochenen Biografien“ erhoben. Dieser Blickwinkel ist motiviert von der Grundüberzeugung, dass eben nicht der perfekte Held das beste Vorbild darstellt, sondern jeder Mensch in seiner Gebrochenheit und vielleicht gerade wegen seiner Gebrochenheit einen Spiegel für andere Menschen darstellen kann.

Nachdem die Personenkreise durchbuchstabiert sind, erfährt das Buch nochmals eine ganz praktische Wendung: Es werden didaktisch-methodische Möglichkeiten aufgezeigt, wie ein „Dialog mit Fremden“ inszeniert werden kann. Abschließend werden die Datenbank Local heroes und die Ausstellung „Helden auf Augenhöhe“ erläutert; die Leser sollen zum aktiven Umgang mit diesen Serviceleistungen motiviert werden!

Im Namensregister eröffnet sich nochmals der Kosmos der Modelle, Vorbilder und Leitfiguren – von den großen bekannten bis hin zu den unbekannten Local heroes. Die knappen Daten wollen zum weiteren Recherchieren anregen und zur Suche im Buch, unter welcher Perspektive denn die gewünschte Person thematisiert wird.

Das vorliegende Buch stellt eine gründliche Überarbeitung und Neukonzeption des Buchs „Lernen an (außer-)gewöhnlichen Biografien“ dar, das 2005 erschienen und inzwischen vergriffen ist. Auch wenn der grundsätzliche didaktische Ansatz eines Umgangs mit fremden Biografien inzwischen weit verbreitet, erprobt und anerkannt ist, so gab es doch genügend Anregungen zur Umarbeitung im Detail, neue Literatur zur Thematik und weitere Fragestellungen, die aufgegriffen werden mussten.

Je nach eigenem Stand (als Eltern, als Kind, als Lehrer, als ehemalige Schüler) wird man diese Kapitel von einer unterschiedlichen Warte aus lesen. Sie wollen dazu motivieren, die Frage eines Lernens an Biografien als eine zu begreifen, in die man als Mensch zu allen Zeiten und in allen Lebensphasen involviert ist.

Und sie wollen Mut machen, sich selbst als Vorbild zu sehen.

„Lernen an fremden Biografien“ stellt zwar einen Forschungsschwerpunkt meines Lehrstuhls dar, trotzdem muss das Vorhaben ohne weitere personelle und materielle Unterstützung neben den anderen anstehenden Aufgaben in Forschung, Lehre und Verwaltung durchgeführt werden. Ich danke deshalb den Local heroes am Lehrstuhl, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den studentischen Hilfskräften, die sich engagiert und kreativ auf ganz unterschiedliche Weise am Projekt beteiligen: Dr. Rudolf Sitzberger, Akademischer Oberrat am Lehrstuhl, kümmert sich seit Jahren um die kompetente Betreuung und immer wieder notwendige Umgestaltung der Homepage, meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Carolin Schrenk, Elisabeth Fuchs-Auer und Manuel Stinglhammer haben Unterrichtsideen beigesteuert und die Ausstellung und andere Praxisprojekte betreut; meine Sekretärin Ulrike Oerterer hat sich wie immer mit größter Sorgfalt und Übersicht den Korrekturarbeiten gewidmet. Die studentischen Hilfskräfte Christina Allmesberger, Lena Ettengruber, Marlene Klaffenböck, Andrea Scheid, Christina Wagner und Marion Wagner haben auf unterschiedliche Weise – bei der Pflege der Homepage und dem Einstellen neuer Beiträge, bei der Erstellung des Literaturverzeichnisses und des Registers, bei formalen und inhaltlichen Korrekturen und bei der Entwicklung kreativer didaktischer Ideen – mitgewirkt. Danken möchte ich auch dem Auer-Verlag Donauwörth, der großzügig die Erlaubnis erteilt hat, Grafiken aus dem Vorgängerwerk aus dem Jahr 2005 zu übernehmen. Ein besonderer Dank gilt auch Jürgen Schneider und Julia Zubcic vom Kohlhammer-Verlag für die spontane Aufnahme des Buchs in die Reihe „Religionsdidaktik innovativ“ und die umsichtige Betreuung des Buchprojekts.

Passau, 24.6.2014 (Gedenktag des hl. Johannes des Täufers)

1.         Vorbilder im Wandel der Zeiten

1.1        Vorbilder – „in“ oder „out“?

Ich bin mein eigenes Idol!

Stefan Effenberg

Die Frage, ob Vorbilder „in“ oder „out“ sind, muss mit Blick auf die Geschichte differenziert beantwortet werden. Die untenstehende Grafik aus der „Shell-Studie 2000“ (Deutsche Shell 2000, Bd. 1, 217) belegt, dass die Bedeutung von Vorbildern einem Wandel unterworfen ist. Bis in die 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts hinein waren Vorbilder wichtig, dann erfuhr das Vorbild bis in die 90er-Jahre einen rapiden Bedeutungsverlust. Seitdem lässt sich ein stetiger Bedeutungszugewinn verzeichnen. Wie sich diese Entwicklungen erklären lassen, soll in einem ersten Schritt genauer beschrieben werden.

1.1.1      Vorbilder – einst „in“

Für die Kriegs- und erste Nachkriegsgeneration war die Orientierung an Vorbildern eine Selbstverständlichkeit: „Zu keiner Zeit haben mir Leitbilder gefehlt. Sie haben mir geholfen, zu unterscheiden und richtig zu handeln“ (Hagedorn 1999, 157), bringt Rudolf Hagedorn (geb. 1927) die eigenen Reflexionen, wieso er als Jugendlicher kein Nazi geworden war, auf den Punkt. Zeitgenossen Hagedorns können mühelos reale oder fiktive Vorbildgestalten ihrer Jugend benennen: Der emeritierte Erziehungswissenschaftler Horst Rumpf (geb. 1930) schwärmte in seiner Jugend für Siegertypen wie Fritz Szepan (Fußballer), Max Schmeling (Boxer), Bernd Rosemeyer (Rennfahrer) und Manfred von Richthofen (Flieger) (Rumpf 2000, 75f.). Diese Siegertypen lagen aber auch, wie Rumpf selbst einräumt, auf der Linie der propagandistischen Beeinflussung durch die Nazis. Das ließ später die gesamte Vorbildthematik zum Problem werden, und darin liegt der Keim für die spätere Krise des Vorbilds überhaupt.

Belege für eine unkritische Helden-Idealisierung in dieser Generation und für ihre politische Funktionalisierung und religiöse Verbrämung gibt es genügend: So beschreibt Horst Rumpf das 506 Seiten starke „Ehrenbuch deutscher Lehrer“ aus dem Jahre 1932, das „eine schier unglaubliche Vielfalt von Dokumentationen heldenhaften Kämpfens, Siegens und Sterbens deutscher Volksschullehrer“ (Rumpf 2000, 58; Führen 1932, 15) enthält. Rumpf stellt folgende Kostprobe des im Ersten Weltkrieg gefallenen Konrad Müller aus Feucht vor:

„Meine Lieben! … Wie Ihr wisst, war es von je mein ersehnter Wunsch, wirklich einmal im Ernst an der Verteidigung unseres Vaterslandes teilzunehmen. Es ist so gekommen, und völlig ruhig, getrost auf Gottes Beistand, ziehe ich mit aus … Denn mein Mut, meine selige Freude in Gott spornen mich zu Höchstleistungen an. Ich selbst also halte mein Leben nicht mehr teuer, denn wenn sie uns den Leib nehmen, ich habe das Gefühl inniger Gottverbundenheit. Also geht es zwar ernst, aber sehr gefasst in die Schlacht. Es ist mir ein Stolz, als Euer Jüngster den Heldentod zu sterben … Ein herzliches Lebtwohl Euch allen Euer Konrad. Heil! Sieg!“

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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